00:00:00
Laura, erinnerst du dich an die Folge 113, in der wir über die KronzeugInnen-Regelung gesprochen haben?
00:00:16
Erinnerst du dich auch noch an meinen Fall?
00:00:18
Ja, den fand ich ja ganz schlimm.
00:00:20
Genau, ich habe von einem zehnjährigen Mädchen erzählt, dass von ihrem Stiefvater sexuell missbraucht und später auch zwangsprostituiert wurde.
00:00:27
Und der Täter hatte das halt geschafft, seine Stieftochter auch noch so zu manipulieren, dass sie in dem Moment dachte, das alles selbst zu wollen.
00:00:34
Und an den Fall kannst du dich besonders gut erinnern, aber auch viele unserer ZuhörerInnen, denn den Fall vergisst man ja nicht so schnell, weil das halt wirklich heftiger Tobak war und halt auch inhaltlich anders als viele Fälle, die wir bisher hatten.
00:00:48
Ich würde gerne noch ein paar Gedanken zu einer Diskussion teilen, die danach auf unserer Instagram-Seite stattgefunden hat, auf Mordlust der Podcast.
00:00:57
Und zwar schrieb da jemand, ob es den Fall denn wirklich gebraucht hätte und ob wir den jetzt thematisieren mussten, weil True Crime ja eigentlich der Unterhaltung dienen würde.
00:01:09
Und er würde es schwierig finden, dazu so einen grauenhaften Fall zu nehmen.
00:01:14
Also erstmal finde ich schwierig, dass man jetzt differenziert sozusagen, also sagt, dieser Fall ist schlimmer, dieses Opfer hat es schlimmer getroffen als ein anderes Opfer.
00:01:27
Ich meine, alle unsere Fälle sind schlimm und ich glaube, dass auch unterschiedliche Menschen unterschiedliche Fälle als besonders schlimm empfinden.
00:01:36
Klar, das hängt ja auch damit zusammen, was man selber für Erfahrungen gemacht hat und was für Ängste man auch selber hat.
00:01:42
Also natürlich werden unterschiedliche Fälle unterschiedlich wahrgenommen, aber ich finde wichtig, dass wir Taten nicht miteinander konkurrieren lassen.
00:01:50
Also von wegen, welche war die Schlimmere?
00:01:54
Genau. Und es ist ja auch so, und das haben wir auch schon öfters im Podcast gesagt, dass wir selber diese Fälle natürlich auch nicht gerne erzählen, weil die uns natürlich auch mitnehmen.
00:02:03
Aber in unserer Folge, in der wir über Gewalt gegen Kinder gesprochen haben, haben wir auch ganz explizit gesagt, dass es so wichtig ist, dass man auch diese Fälle erzählt, weil darüber sonst nie gesprochen wird.
00:02:14
Weil in der Talkshow dann jeder abschaltet oder wenn sonst irgendwo jemand darüber berichtet, wie oft sexueller Missbrauch an Kindern stattfindet, dann packt man halt lieber die Zeitung weg oder was weiß ich.
00:02:25
Und wenn alle so denken würden, wie diese Person, die das kommentiert hat, dann würde man gar nicht mehr darüber reden. Und die Lobby für diese Kinder wäre noch kleiner, als sie ohnehin schon ist.
00:02:35
Genau. Also wir können das natürlich total verstehen, wenn bestimmte Leute bei einigen Folgen ausschalten oder sagen, das kann ich mir einfach nicht anhören, weil da einfach die Sensibilität für zu groß ist.
00:02:44
Aber genau wegen dem, was du gerade gesagt hast, sehen wir ja True Crime, also die Art von True Crime, die wir machen, nicht als Unterhaltung.
00:02:52
Also für uns ist das vor allem Informationsvermittlung, meinetwegen auch Infotainment, weil es um Geschichten geht, die erzählt werden.
00:02:58
Aber am Ende ist das immer noch ein journalistisches Format.
00:03:01
Also ja, mehr szenisch erzählt, mehr angereichert mit Infos, damit man sich das alles besser vorstellen kann.
00:03:07
Das liegt aber auch an dem Medium, am Podcast, aber trotzdem sind es immer noch echte Fälle.
00:03:13
Deswegen haben wir auch unseren Vorstellungssatz hier zum Anfang des Jahres geändert.
00:03:17
Und wie du sagst, ist es eben wichtig, auch solche Sachen zu erzählen, auch wenn die für einige Menschen zu hart sein mögen, bei anderen Menschen eventuell Anzeichen erkennen können oder sie werden eventuell auch durch den Podcast ermutigt, Sachen zu thematisieren, wenn sie einen Verdacht haben.
00:03:32
Da haben wir auch schon einige Rückmeldungen zu bekommen von unseren HörerInnen, also zu verschiedenen Geschichten.
00:03:38
Also sei das, dass sie jetzt einen Missbrauchsfall angezeigt haben oder was weiß ich.
00:03:42
Und ich wollte das jetzt hier nochmal so betonen, weil die Fälle, also Lauras Fall kenne ich jetzt nicht, aber mein Fall hat bei der Bearbeitung bei mir ähnliche Gefühle ausgelöst, wie der von dem ich gerade erzählt habe, also diesem zehnjährigen Mädchen.
00:03:57
Und trotzdem ist es wichtig, ihm hier heute eine Bühne zu geben.
00:04:02
Und damit herzlich willkommen bei Mordlust, einem Podcast der Partner in Crime.
00:04:06
Wir reden hier über wahre Verbrechen und ihre Hintergründe.
00:04:08
Mein Name ist Paulina Kraser.
00:04:10
Und ich bin Laura Molas.
00:04:11
In jeder Folge gibt es ein bestimmtes Oberthema, zu dem wir zwei wahre Kriminalfälle nacherzählen, über die diskutieren und auch mit Menschen mit Expertise sprechen.
00:04:20
Hier geht es um True Crime, also auch um Schicksale von Menschen.
00:04:23
Bitte behaltet das immer im Hinterkopf.
00:04:25
Das machen wir auch, selbst dann, wenn wir zwischendurch mal etwas ungehemmt kommentieren.
00:04:28
Das ist für uns eine Art Comic Relief, aber natürlich nicht despektierlich gemeint.
00:04:32
Paulina, hast du dich schon mal so richtig hilflos in einer Situation gefühlt?
00:04:40
Also mir fallen spontan zwei Situationen ein.
00:04:45
Einmal, das hatte ich in Bezug auf meinen Arm damals nicht im Podcast erzählt, glaube ich.
00:04:51
Aber nachdem ich den Unfall hatte, brauchte ich ja dringend eine Physiotherapie.
00:04:56
Und da bin ich beim ersten Mal bei jemandem gelandet, wo ich sagen muss, der hat mich an einer Stelle angefasst, die nicht mein Arm war und wo ich mich wirklich sehr unwohl mitgefühlt habe und danach auch nicht wieder hingegangen bin, wo ich auch so einen schockstarren Moment hatte.
00:05:13
Ich möchte jetzt bitte keine Nachrichten von PhysiotherapeutInnen bekommen, die sagen, dass dichter Körperkontakt normal ist bei sowas.
00:05:18
Das war eine recht eindeutige Situation, die ich da erlebt hatte.
00:05:21
Und für mich war das in dem Moment so einschneidend und schlimm, weil ich in dem Moment wusste, dass ich mich körperlich nicht zur Wehr setzen könnte, wenn ich müsste, weil ich hatte ja nur einen Arm.
00:05:31
Also ich war körperlich sozusagen der Person ja unterlegen.
00:05:34
Das passiert ja eh oft im Verhältnis Mann-Frau.
00:05:38
Aber da jetzt nochmal umso mehr, zwar in der Corona-Zeit und da war noch ein anderes Mal, da bin ich über ein Privatgelände gelaufen und da waren so einige Parks gesperrt.
00:05:49
Und als ich damit für so lang gegangen bin, das hat ein Polizist gesehen und der hat mich wahnsinnig unmöglich angeschrien und mir mit einer Strafanzeige gedroht.
00:05:58
Fair enough, ich habe was Falsches gemacht, gar kein Thema.
00:06:01
Aber der hat mit mir geredet, als wäre ich drei Jahre alt und war super respektlos.
00:06:06
Und am liebsten hätte ich gesagt, dass der sich mal wieder einkriegen soll.
00:06:11
Aber weil er mir schon gedroht hat und sich auch so bedrohlich vor mir aufgebaut hat, hatte ich dann halt auch Angst in dem Moment.
00:06:20
Und ich will jetzt bitte keine Nachrichten von PolizistInnen bekommen, die meinen, wir bäschen sowieso immer nur die Polizei.
00:06:25
Ich weiß, das sind nicht alle.
00:06:26
Und das war ein spezielles Arschloch.
00:06:29
Und die gibt es in allen Berufskreisen.
00:06:31
Die Kollegen, die ein bisschen weiter weg standen, die waren auch ganz nett.
00:06:34
Aber im Grunde fand ich beide Situationen unfair, weil in der einen gab es ein Stärkenmissverhältnis und in der anderen Machtmissverhältnis.
00:06:44
Stärke eigentlich auch, weil der ist ja auch bewaffnet.
00:06:47
Ja, und er ist bewaffnet.
00:06:48
Wobei ich sagen muss, das hat mir in dem Moment nicht so die Angst gemacht, weil weiter hinten Kollegen von dem standen.
00:06:53
Und ich dachte, also das habe ich in dem Moment nicht als Bedrohung gesehen.
00:06:55
Aber einfach dieses Machtverhältnis, er kann jetzt entscheiden, ob ich in Zukunft als straffällig unbescholtene Bürgerin gelte oder nicht.
00:07:05
Ja, bei mir sind diese hilflosen Situationen eigentlich immer eher mit Krankenhaus verbunden.
00:07:12
Also auch mit irgendwie ich als Patientin.
00:07:16
Zum Beispiel, wenn ich irgendwie kurz davor bin, eine Narkose zu bekommen.
00:07:21
Weil ich dann einfach denke, hier ist niemand, der mich kennt oder dem ich wirklich vertraue.
00:07:27
Und ich bin gleich einfach weg und man kann mit mir eigentlich machen, was man will.
00:07:32
Also diese Situation, da fühle ich mich immer ganz hilflos und halt so unter einem Kontrollverlust.
00:07:38
Aber auch generell im Krankenhaus, wenn du halt darauf angewiesen bist oder beim Arzt oder bei der Ärztin, dass die Menschen da sich richtig um dich kümmern.
00:07:47
Und auch das richtige Entscheiden und in deinem Sinne handeln.
00:07:51
Das weiß ich ja nicht, wenn ich da liege.
00:07:53
Ja, das mag ich halt gar nicht, wenn man sich so auf andere Leute verlassen muss, die man nicht kennt.
00:07:58
Genau, also auch ganz klar ein Abhängigkeitsverhältnis.
00:08:00
Und heute geht es in unserer Folge auch um Personen, die von anderen abhängig und auch im Kräfteverhältnis anderen unterlegen sind.
00:08:10
Es geht nämlich um Schutzbefohlene, also Menschen, die wie Kinder oder Menschen mit Krankheiten wehrlos und deswegen generell auch Gefährdeter sind, Opfer von Gewalttaten zu werden.
00:08:20
Und in unserer Folge nämlich von den Menschen, die eigentlich für sie sorgen sollten.
00:08:24
Und das ist besonders perfide und deswegen gibt es dafür auch einen eigenen Straftatbestand.
00:08:28
Und um den geht es in den Fällen, die wir heute mitgebracht haben.
00:08:31
Mein Fall zeigt, dass schützenswerte Menschen nur dort wirklich sicher sind, wo ihnen auch Mitgefühl entgegengebracht wird.
00:08:39
Alle Namen habe ich geändert.
00:08:41
Und die Triggerwarnung findet ihr wie immer in der Folgenbeschreibung.
00:08:45
Jeden Morgen, wenn Mama und Papa arbeiten müssen, öffnen sich für Lina die Pforten der Kita Dumbo und Tinkerbell.
00:08:51
Dort angekommen, hängt die Dreijährige ihre Jacke an einen der tief angebrachten Haken im Flur, tauscht ihre kleinen Straßenschuhe gegen Pantöffelchen aus und dann wird gespielt.
00:09:01
Ob draußen oder drinnen, ob malen, basteln oder wie eine kleine Tinkerbell auf dem Trampolin hüpfen, bis sie erschöpft zu Boden sinkt.
00:09:09
Zum Ausruhen geht es dann ins Traumzimmer, in dem die kleinen mit Sonne und Mond verzierten Holzbetten auf die Kita-Kinder warten.
00:09:16
Solange die schlafen, können die ErzieherInnen kurz durchschnaufen.
00:09:20
An manchen Tagen ist das nötiger als an anderen.
00:09:22
Der 29. Oktober 2019 ist so ein Tag.
00:09:26
Weil viele MitarbeiterInnen im Urlaub oder krankgeschrieben sind, herrscht an diesem Dienstag Personalmangel.
00:09:32
Die übrig gebliebenen Erwachsenen haben also besonders viel zu tun.
00:09:35
Eine Erzieherin, die noch recht neu im Team ist, hat gerade Wickeldienst, als die kleine Lina auf dem Tisch vor ihr plötzlich keine Luft mehr bekommt.
00:09:43
Als sie sich Hilfe von ihren Kolleginnen holt, sind die Lippen der Dreijährigen schon blau angelaufen.
00:09:49
Lina droht zu ersticken.
00:09:50
Zum Glück weiß die Kita-Leiterin, was zu tun ist.
00:09:53
Sie nimmt das kleine Mädchen auf den Arm und drückt ihr so zwischen die Schulterblätter,
00:09:57
dass sich Lina strecken muss und sich ihr Brustkorb weitet.
00:10:00
Kurze Zeit später kehrt wieder Leben in den kleinen Kinderkörper.
00:10:04
Linas Atemzüge werden allmählich tiefer und mit ihr können auch die ErzieherInnen wieder aufatmen.
00:10:09
Als der Notarzt eintrifft, ist Lina aber immer noch benommen.
00:10:13
Sie braucht eine Sauerstoffmaske und wird sofort ins Krankenhaus gebracht.
00:10:17
Weil das Kind an einem angeborenen Herzfehler leidet, machen sich ihre Eltern besonders große Sorgen.
00:10:22
Doch die ÄrztInnen glauben nicht, dass der Atemaussetzer in der Kita etwas mit ihrer Vorerkrankung zu tun hat.
00:10:28
Aber auch sonst können die MedizinerInnen keine Ursache für den Vorfall finden.
00:10:32
Nur eine hat eine Erklärung.
00:10:35
Die kleine Lina.
00:10:36
Und würde man ihr richtig zuhören, dann würden womöglich zukünftige Verbrechen verhindert werden.
00:10:41
Ein halbes Jahr später in einer anderen Stadt.
00:10:44
Inzwischen hat die Corona-Pandemie die Welt lahmgelegt.
00:10:48
In Deutschland bleiben alle Kindertagesstätten wochenlang geschlossen.
00:10:52
Für Katja ist die Zeit eine Herausforderung.
00:10:54
Sie zieht ihre zwei Söhne Samuel und Luca und ihre Tochter Emilia alleine groß.
00:10:58
Die Jungs sind sechs und zehn Jahre alt, Emilia erst zwei.
00:11:02
Weil Katja in dieser Zeit natürlich trotzdem weiterarbeiten muss, hilft ihr eine Freundin wochenlang bei der Betreuung der Kids aus.
00:11:08
Aber vor allem Emilia vermisst die anderen Kinder der Affenbande.
00:11:12
So heißt ihre Kita, in der sie vor der Pandemie jeden Tag ausgelassen toben und ihrer Fantasie freien Lauf lassen konnte.
00:11:20
Wie aufgeweckt und fantasievoll ihr Kind ist, wird Katja immer wieder aufs Neue bewusst.
00:11:24
So freut sie sich darüber, dass ihre Tochter die Kinderbücher schon ganz alleine betrachtet und dann anfängt, ganze Geschichten zu den Bildern zu erzählen.
00:11:32
Außerdem kann Emilia sich schon gut Dinge merken und macht es ganz klar, wenn sie jemanden nicht mag oder wenn ihr etwas nicht gefällt.
00:11:38
Dann verschränkt die Zweijährige entschieden die Arme vor der Brust und sagt, nein, mache ich nicht.
00:11:44
Ein Satz, den sie aber wahrscheinlich niemals zum Laufradfahren oder zum Naschen von Süßigkeiten sagen würde.
00:11:49
Das macht Katjas einzige Tochter nämlich besonders gern.
00:11:52
Und wenn das Wetter gut ist, darf sie beides auch bestimmt an ihrem Geburtstag machen.
00:11:56
Der steht nämlich kurz bevor.
00:11:58
In zwei Wochen wird Emilia drei Jahre alt.
00:12:00
Vorher aber hat Mutter Katja ein vorgezogenes Geburtstagsgeschenk für sie.
00:12:05
Denn am 21. April darf Emilia nach fünf Wochen endlich wieder in die Kita.
00:12:09
Dank der Notbetreuung.
00:12:12
Für Katja ist es eine riesige Entlastung, dass sie ihre Tochter gut betreut weiß, solange sie arbeiten geht.
00:12:17
Und für Emilia ist es ein Grund zur Vorfreude.
00:12:20
Die Kleine ist sogar so glücklich über die Nachricht, dass sie am Vorabend vor lauter Aufregung kein Auge zumacht.
00:12:26
Dementsprechend müde ist sie dann am nächsten Morgen um 7.30 Uhr, als Katja sie an dem weißen Haus mit der blau-gelben Tür der Erzieherin Vanessa übergibt.
00:12:34
Emilia erfährt von ihrer Betreuerin, dass sie heute das einzige Kind in der Gruppe ist.
00:12:39
Es gibt zwar noch eine andere, um die sich zwei Erzieherinnen kümmern, aber sie müssen aufgrund der Pandemieschutzmaßnahmen unter sich bleiben.
00:12:45
Schade für Emilia.
00:12:47
Aber erst mal nur halb so wild, denn die Zweijährige legt sich schon kurze Zeit später aufs Sofa und schläft ein.
00:12:54
Als sie wieder aufwacht, ist neben Vanessa auch Erzieher Erik gekommen.
00:12:57
Zusammen frühstücken die drei, dann wird gespielt.
00:13:00
Draußen steht Emilia ein Spielplatz mit Hängebrücke und Rutsche zur Verfügung.
00:13:04
Drinnen kann sie ihr Gleichgewicht auf einem Parcours aus bunten Elementen testen.
00:13:08
Heute muss sie nicht mehr Rücksicht auf die anderen Kinder nehmen.
00:13:11
Heute hat sie alle Spielsachen nur für sich allein.
00:13:13
Genau wie die Aufmerksamkeit von Vanessa und Erik.
00:13:17
Doch es dauert nicht lange, da kommt die Müdigkeit wieder über Emilia.
00:13:20
Sie wird weinerlich und quengelig und mag sich nicht mehr an die Spielregeln halten.
00:13:25
Auch beim anschließenden Mittagessen kriegt die Zweijährige nur ein paar Weintrauben und ein bisschen Joghurt runter.
00:13:30
Dann sagt Emilia, dass sie jetzt müde sei.
00:13:32
Der Mittagsschlaf ist wohl bitter nötig.
00:13:35
Also geht Erik mit ihr zu den kleinen Betten im Ruheraum.
00:13:38
Beide wissen, jetzt ist Zeit für ihr gemeinsames Ritual.
00:13:41
Während Emilia auf die Matratze krabbelt, hebt Erik die Bettdecke an und sagt,
00:13:45
Ene mene meck, die Emilia ist jetzt weg.
00:13:48
Dann wirft er die Decke über sie und Emilia ruft, stimmt gar nicht, ich bin noch hier.
00:13:53
Und jetzt ist Schlafenszeit.
00:13:56
Deshalb bettet Erik die Kleine gut ein und verabschiedet sich von hier.
00:13:59
Wenn Emilia erwacht, wird er nicht mehr in der Kita sein.
00:14:02
Seine Schicht endet um die Mittagszeit und Vanessa übernimmt die Betreuung wieder allein.
00:14:06
Als Erik die Tür hinter sich schließt und Emilias Augen langsam zufallen,
00:14:10
weiß niemand, in welcher Gefahr sich das kleine Mädchen jetzt befindet.
00:14:14
Es ist etwa 15 Uhr, als Katja auf der Arbeit zum ersten Mal auf ihr Handy schaut.
00:14:19
Es erscheinen mehrere verpasste Anrufe von der Kita ihrer Tochter auf ihrem Display.
00:14:24
Irgendwas muss passiert sein.
00:14:26
Besorgt ruft Katja zurück.
00:14:28
Am anderen Ende nimmt eine Frauenstimme ab.
00:14:30
Frau Huppertz, Frau Huppertz, Emilia atmet nicht mehr.
00:14:33
Und dann sagt die Frau am Telefon noch etwas, dessen Bedeutung Katja jetzt noch nicht verstehen kann.
00:14:38
Tut mir leid, ich wollte das nicht.
00:14:40
Sofort fährt Katja los.
00:14:43
Kurz Zeit später steht sie vor dem sterilen Bett auf der Kinderstation eines Krankenhauses,
00:14:47
in dem jetzt ihre Tochter liegt.
00:14:49
Heute Morgen hat sie Emilia noch kerngesund und voller Vorfreude in die Kita gebracht.
00:14:54
Jetzt liegt sie reglose da, während Schläuche an ihr befestigt sind, die dafür sorgen, dass Emilia noch atmet.
00:14:59
Ein Anblick, der jedem Elternteil das Herz in Stücke zerreißen würde.
00:15:03
Katja wird jetzt darüber aufgeklärt, was mit ihrem Kind passiert ist.
00:15:07
Emilia war nach dem Mittagsschlaf in der Kita bewusstlos aufgefunden worden.
00:15:11
Die Erzieherin und der Notarzt hatten mehrmals versucht, sie durch Herzdruckmassagen und Mund-zu-Mund-Beatmung zu reanimieren, ohne Erfolg.
00:15:18
Erst als Emilia an die Sauerstoffversorgung angeschlossen wurde, setzten ihr Puls und ihre Atmung wieder ein.
00:15:23
Bis dahin musste ihr Gehirn mehrere Minuten lang ohne Sauerstoff auskommen.
00:15:28
Diese Informationen reißen Katja den Boden unter den Füßen weg.
00:15:32
Die Arbeit, die Pandemie und alles, was vor einer Stunde noch wichtig war, verliert seine Bedeutung.
00:15:37
Alles, auf was es jetzt ankommt, ist Emilias Leben und dass ihr kleiner Körper bald wieder von selbst atmen kann.
00:15:42
In den nächsten Tagen muss Katja mit ansehen, wie Emilia von oben bis unten untersucht wird und am Ende eine vernichtende Diagnose steht.
00:15:51
Die Ärztinnen können jedenfalls keine natürliche Ursache für Emilias Zustand feststellen.
00:16:08
Dafür steht ein Verdacht im Raum.
00:16:10
Einem Arzt sind kleine rote Punkte auf den Augenlidern und im Gesicht der Zweijährigen aufgefallen.
00:16:16
Ein möglicher Hinweis auf Strangulation oder Ersticken.
00:16:20
Aufgrund dieser Vermutung wird die Polizei eingeschaltet.
00:16:23
Denn es ist durchaus möglich, dass jemand dafür gesorgt hat, dass Emilia keine Luft mehr bekommt.
00:16:28
Der Albtraum, in dem sich Katja befindet, wird immer grauenvoller.
00:16:32
Wer sollte ihrer Tochter so etwas antun und warum ausgerechnet in der Kita?
00:16:36
Einem Ort, an dem sie glaubte, Emilia in guten Händen zu wissen.
00:16:40
Am 3. Mai 2020 ist Emilias dritter Geburtstag und Katja, Samuel und Luca wünschen sich nichts sehnlicher,
00:16:47
als dass sie aus dem Koma erwacht und eigenständig atmet.
00:16:50
Normalerweise könnte Emilia jetzt drei Kerzen auf ihrem Geburtstagskuchen ausblasen und danach mit dem Laufrad durch die Gegend düsen.
00:16:57
Stattdessen liegt das kleine Mädchen seit zwölf Tagen reglos in ihrem Krankenhausbett.
00:17:01
Einen Tag später wird die Hoffnung im Keim erstickt.
00:17:05
Emilia wird nie wieder Kerzen auf einem Kuchen ausblasen.
00:17:08
Die Ärztinnen erklären Katja, dass das Gehirn ihrer Tochter irreversibel geschädigt ist.
00:17:13
Emilia ist hirntot.
00:17:14
Noch am selben Tag muss sich Katja von ihrer Tochter verabschieden und zusehen, wie die Maschinen abgestellt werden.
00:17:21
Das regelmäßige Piepsen stoppt und mit diesem nimmt Emilia ihren letzten Atemzug.
00:17:27
Also du gibst dein Kind in der Kita ab und dann ruft dich jemand tagsüber an und erzählt dir dann sowas.
00:17:35
Das ist so schlimm.
00:17:36
Ich glaube auch, dass es ganz schwer zu begreifen ist, wenn du das nicht mitbekommen hast.
00:17:42
Wenn du sie das letzte Mal gesehen hast und sie voller Vorfreude in diese Kita gegangen ist und das nächste, was du siehst, ist sie reglos im Krankenhausbett.
00:17:51
Das passt ja gar nicht zusammen.
00:17:53
Für Katja beginnt die schwerste Zeit ihres Lebens.
00:17:56
Wie soll man weitermachen, wenn einem das genommen wird, was einem am wichtigsten war?
00:18:00
Und wie soll man mit dem Schmerz umgehen, der unendlich zu sein scheint?
00:18:04
Katja weiß, dass sie nun stark sein muss.
00:18:07
Nicht nur für sich selbst, sondern auch für Samuel und Luca, die ihre Schwester verloren haben.
00:18:11
Aber alleine schafft sie das nicht.
00:18:13
Das ist ihr schnell klar.
00:18:14
Katja und ihre Jungs brauchen professionelle Hilfe.
00:18:17
Um die Geschehnisse zu verarbeiten, beginnen sie und der 10-jährige Samuel eine Psychotherapie.
00:18:22
Auch Luca soll eines Tages daran teilnehmen.
00:18:24
Aber im Moment möchte der 6-Jährige noch nicht.
00:18:27
Und Katja gibt ihm die Freiheiten, die er braucht, um mit seinem Kummer so umzugehen, wie er möchte.
00:18:32
Katjas Trauer hat sich wie ein schwarzer Schleier über ihr Leben gelegt.
00:18:36
Dabei kommt allerdings eine Frage immer wieder an die Oberfläche.
00:18:39
Wer ist für den Tod ihrer Tochter verantwortlich?
00:18:43
Das herauszufinden liegt nun in den Händen der Mordkommission.
00:18:46
Schon kurz nach dem Hinweis des Krankenhauses führt die Spur die ErmittlerInnen in die Kita-Affenbande.
00:18:51
Genauer genommen zur Erzieherin Vanessa.
00:18:54
Schließlich war die 25-Jährige die verantwortliche Betreuerin zur Zeit von Emilias Atemstillstand.
00:18:59
Sie war es, die die Erzieherin aus der anderen Gruppe zu Hilfe rief, als Emilia bereits blass war und ihr Kopfschlaff zur Seite hing.
00:19:07
Und sie war es, die sich während der Reanimierung seltsam verhielt.
00:19:10
Sie half zwar bei der Herzdruckmassage, weigerte sich aber, Emilia von Mund zu Mund zu beatmen.
00:19:15
Nachdem das Mädchen schließlich ins Krankenhaus gebracht wurde, erklärte Vanessa ihren Kolleginnen gegenüber dann auch noch, dass alles ihre Schuld sei.
00:19:23
Aha, und hat sie das begründet?
00:19:25
Nee, und die Kolleginnen erzählen der Polizei jetzt auch, dass sie von einem Unfall ausgegangen sind und deswegen der Bemerkung von Vanessa nicht wirklich Beachtung geschenkt haben und sie eher noch getröstet haben.
00:19:36
Ja, aber wenn es ein Unfall war, kann man ja auch mal sagen, das ist alles meine Schuld, weil ich habe nicht hingesehen oder so.
00:19:43
Aber je mehr von Vanessas Vergangenheit ans Licht kommt, desto unwahrscheinlicher wirkt ein Unfall auf die ErmittlerInnen.
00:19:49
Diese haben sich nämlich in der Zwischenzeit bei den drei anderen Kitas umgesehen, in denen Vanessa seit ihrer Ausbildung gearbeitet hat.
00:19:56
Überall hören die PolizistInnen dasselbe.
00:19:58
Das Arbeitsverhältnis mit Vanessa wurde jeweils nach kurzer Zeit beendet.
00:20:02
Nicht nur, weil ihr jegliche Empathie und der Zugang zu Kindern fehlte, sondern weil sie auch immer wieder unzumutbare Erziehungsmethoden an den Tag legte.
00:20:10
Und besonders pikant, überall haben Kinder plötzlich an Atemnot gelitten, nachdem sie mit Vanessa alleine waren.
00:20:18
Ende Mai, wenige Wochen nach Emilias Tod, berufen Polizei und Staatsanwaltschaft an eine gemeinsame Pressekonferenz ein.
00:20:24
Die Plätze sind restlos belegt, das Interesse der Medien riesig.
00:20:28
Als der Leiter der Mordkommission vor den wegen Corona in Plastik gehüllten Mikrofonen Platz nimmt, wirkt sein Gesichtsausdruck wie versteinert.
00:20:35
Neben Emilia spricht er von drei weiteren Kindern, die offenbar misshandelt wurden.
00:20:40
Vielmehr kann er nichts sagen, weil die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind.
00:20:44
Nur so viel, eine Erzieherin sitzt wegen des dringenden Tatverdachts auf heimtückischen Mord in Untersuchungshaft.
00:20:50
Der Kommissar erklärt, wie groß die Betroffenheit selbst unter hartgesottenen ErmittlerInnen ist.
00:20:55
Das bereitet einigen von uns schlaflose Nächte.
00:20:58
Die Ermittler nehmen diesen Fall persönlich.
00:20:59
Auch die, die keine kleinen Kinder haben, sagt er den PressevertreterInnen im Saal.
00:21:04
Die haben im Anschluss zahlreiche Fragen, von denen viele unbeantwortet bleiben.
00:21:09
Auf der Suche nach Antworten klopfen viele JournalistInnen deshalb selbst an die blaugelbe Tür der Kita-Affenbande.
00:21:15
Dort sorgen deshalb inzwischen Sicherheitsleute dafür, dass der Betrieb für die anderen Kinder normal weitergehen kann.
00:21:21
Die Tür bleibt zu und so bleibt der Presse nur das weiße Gebäude von außen, vor dem Kuscheltiere, Kerzen und Steine liegen, die die Kita-Kinder für Emilia bemalt haben.
00:21:30
Darauf sind kleine Engel und Regenbögen zu sehen.
00:21:33
Auf einem Stein steht, du bist für immer in unseren Herzen.
00:21:37
Die Trauer und die Anteilnahme sind riesig, auch dann noch, als sechs Monate später der Prozess gegen Vanessa startet.
00:21:51
Es ist der 17. November 2020, als Katja den Gerichtssaal betritt.
00:21:55
Sie hat abgewartet, bis die JournalistInnen ihre Fotos gemacht und die Kameras niedergelegt haben.
00:22:00
Auf keinen Fall möchte sie auf den Bildern zu sehen sein.
00:22:03
Ihre Anwältin hat für sie zur Presse gesprochen, hat erklärt, dass Katja im vergangenen halben Jahr mehr existiert, als gelebt hat.
00:22:11
Seitdem sie weiß, dass eine ganz bestimmte Person für den Tod ihrer Tochter verantwortlich ist,
00:22:15
plagt Katja die Frage, ob Emilias Tod hätte verhindert werden können, wenn man die Frau früher gestoppt hätte.
00:22:22
Und die Frage nach dem Warum steht noch in den Sternen.
00:22:25
Warum tut man Kindern als Erzieherin so etwas an?
00:22:27
Um darauf endlich eine Antwort zu erhalten, ist Katja heute hier, als Nebenklägerin.
00:22:32
Als Katja nun schweigend neben ihrer Anwältin Platz nimmt,
00:22:36
trennen sie nur wenige Meter und zwei Plexiglasscheiben von der Frau, die ihr ihre Tochter genommen haben soll.
00:22:41
Die Angeklagte trägt ein grünes Wollkleid mit Zopfmuster und sieht aus, als würde sie darin versinken.
00:22:48
Mit ihrem runden Gesicht und den langen braunen Haaren wirkt sie jünger als 25 Jahre.
00:22:52
Es ist nicht einfach, dieses Erscheinungsbild mit der Tat in Einklang zu bringen,
00:22:56
die ihr nun vom Staatsanwalt vorgeworfen wird und die die Anwesenden in den Ruheraum der Kita-Affenbande führt.
00:23:03
Vanessa ist an dem verhängnisvollen Tag dafür verantwortlich, alle 10 bis 15 Minuten zu kontrollieren, ob Emilia noch schläft.
00:23:11
Das ist die Anweisung der Kita. Vanessa ist dabei die Einzige, die diese Kontrolle durch Auflegen der Hand auf den Brustkorb des Kindes durchführt.
00:23:18
Doch beim leichten Auflegen bleibt es nicht.
00:23:21
Irgendwann zwischen 13.30 Uhr und 14.45 Uhr drückt die Erzieherin ihre Hände mit aller Kraft auf Emilias kleinen Oberkörper.
00:23:30
So lange, bis kein Sauerstoff mehr in ihr Gehirn gelangt und sie blass und bewusstlos in ihrem Bettchen liegt.
00:23:35
Dann deckt Vanessa ihr Opfer wieder bis über die Schultern zu, verlässt den Raum und sagt einer Kollegin Bescheid, dass sie Emilia nicht wach kriegt.
00:23:43
Doch jede Hilfe, die Vanessa holt, kommt zu spät.
00:23:47
Mehr Glück haben der zwei Jahre alte Dennis und der drei Jahre alte Ferhat.
00:23:51
Den beiden drückt Vanessa laut Anklage in den Jahren 2017 und 2018 in zwei verschiedenen Kitas mehrfach beim Einschlafen und beim Wickeln so stark auf den Brustkorb, dass auch sie an Atemnot leiden und bewusstlos werden.
00:24:03
Viermal kommt ärztliche Hilfe, um Dennis zu versorgen.
00:24:06
Dreimal Rückenrettungskräfte für Ferhat an, der unter Asthma und Sprachdefiziten leidet.
00:24:12
Und offenbar kommt niemand auf die Idee, dass eine Erzieherin etwas mit den plötzlichen Atemaussetzern der Kinder zu tun hat.
00:24:18
Nicht mal als die dreijährige Lina nach ihrer Atemnot in der Kita Dumbo und Tinkerbell sagt, dass sie auf den Bauch gedrückt wurde, ermittelt die Polizei.
00:24:26
Die Eltern erklären ihrer Tochter, dass es normal ist, dass man beim Wickeln ein bisschen mehr auf den Bauch drücken muss.
00:24:32
Dabei berichtet Lina ihren Eltern nicht zum ersten Mal von Misshandlungen, denen sie in der Kita ausgesetzt war.
00:24:39
Erzieherin Vanessa soll sie sogar einmal die Treppe heruntergestoßen haben.
00:24:42
Boah, ihre Eltern gehen auch hier von einem Versehen aus.
00:24:46
Als Vanessa Lina schließlich beim Wickeln auf den Brustkorb drückt, ist Lina bei vollem Bewusstsein.
00:24:51
Um sich zu wehren, sagt sie Stopp, doch Vanessa lässt erst von ihr ab, als sie bewusstlos wird und blau anläuft.
00:24:57
Nach der Anklageverlesung beginnt Vanessa zu weinen, woraufhin sie aus dem Saal gebracht wird.
00:25:03
Der erste Prozestag ist damit beendet.
00:25:05
Die Anwesenden müssen bis zum nächsten warten, um eine Stellungnahme der Angeklagten zu hören.
00:25:10
Doch viel kommt nicht von der 25-Jährigen, außer, dass sie unschuldig sei und schon immer Erzieherin werden wollte.
00:25:17
Die Frage ist, weshalb.
00:25:19
Doch dass sie für diesen Job nicht gemacht ist, wird schon im praktischen Anerkennungsjahr klar.
00:25:24
Vanessa fehlen Erfahrung, Selbstsicherheit und Vertrauen im Umgang mit Kindern.
00:25:28
Deshalb unterbricht sie die Ausbildung zunächst und arbeitet ehrenamtlich in einer Kita, um die Abläufe und Strukturen besser kennenzulernen.
00:25:36
Einige Monate später nimmt sie die Ausbildung wieder auf und macht schließlich 2018 ihren Abschluss.
00:25:41
Ihre praktische Note bescheinigt ihr mangelhafte Leistung.
00:25:45
Würde es nur darauf ankommen, wäre Vanessa durchgefallen.
00:25:48
Doch sie kann sich mit der Theorie retten und kommt gerade so mit der Gesamtnote ausreichend durch.
00:25:53
Das bedeutet, ab dem Zeitpunkt ist sie staatlich anerkannte Erzieherin.
00:25:58
Von nun an ist Vanessa für den Schutz von kleinen Kindern verantwortlich und darf mit ihnen alleine sein,
00:26:03
obwohl offensichtlich ist, dass sie dafür ungeeignet ist.
00:26:06
Dementsprechend machen sich ihre schlechten Leistungen aber natürlich auch bald im Berufsleben bemerkbar.
00:26:11
Vanessa kann sich keine Tagesabläufe merken und Anregungen nicht umsetzen.
00:26:15
Den Kindern gegenüber wirkt sie reserviert und kalt.
00:26:18
Ihr Umgang mit den Kleinen gleicht mehr dem eines Roboters als dem einer Erzieherin.
00:26:23
Es fällt ihr schwer, die kindlichen Bedürfnisse zu erkennen oder Regeln und Grenzen freundlich zu vermitteln.
00:26:28
So kann sie keine Beziehung zu den Kindern aufbauen und von ihnen auch nicht als Ansprechpartnerin oder Autoritätsperson wahrgenommen werden,
00:26:35
was Vanessa wiederum frustriert.
00:26:37
Und wenn die Kinder nicht hören, wird sie schnell wütend und schreit.
00:26:40
Als einmal beim Frühstück ein Kind dem anderen die Wurst vom Brot klaut, fährt sie es zornig an
00:26:46
Hast du sie noch alle?
00:26:47
Ein andermal verweigert sie einem einjährigen Kind einen ganzen Nachmittag das Trinken,
00:26:52
weil es beim Mittagssnack seinen Becher umgeworfen hat.
00:26:55
Einem einjährigen Kind.
00:26:58
Es darf nicht trinken.
00:26:59
Und ein Dreijähriger, der herumalberte, muss sich einmal zur Strafe auf einen Stuhl alleine in einem Nebenraum setzen.
00:27:06
Angesprochen auf diese Maßregelung erklärt Vanessa, dass sie auch nicht wisse, warum sie das gemacht habe.
00:27:12
Das ist immer eine gute Verteidigungsstrategie.
00:27:16
Weil es aber immer wieder zu solchen Vorfällen kommt, werden all ihre Arbeitsverhältnisse vorzeitig gekündigt oder nach der Probezeit nicht verlängert.
00:27:23
Um Kündigungen oder anderen Stresssituationen bei der Arbeit aus dem Weg zu gehen, fängt Vanessa auch an zu lügen.
00:27:29
So erfindet sie eine geistige Behinderung ihres Bruders, eine lebensgefährliche Krankheit ihres Großvaters und einen Autounfall ihrer Mutter.
00:27:36
Ihre Lügerei führt sogar so weit, dass gegen Vanessa wegen des Vortäuschens einer Straftat ermittelt wird.
00:27:42
Sie hatte bei der Polizei Anzeige erstattet, weil sie nach eigener Aussage von einem Mann im Wald angegriffen worden war.
00:27:47
Vanessa gab an, sie habe beobachtet, wie er dort mit einer Frau gestritten und sich dann über die Frau gekniet habe.
00:27:53
Als Vanessa dazwischen gehen wollte, habe der Fremde sie mit einem Messer im Gesicht angegriffen.
00:27:58
Die Schnittverletzung zeigte sie anschließend ihrem damaligen Freund, der die Polizei rief.
00:28:03
Im Laufe der Ermittlungen kommt allerdings ans Licht, dass sich Vanessa die Schnitte selbst zugefügt und die Geschichte erfunden hat.
00:28:11
Die Staatsanwaltschaft stellt das Verfahren gegen sie, aber wegen Geringfügigkeit ein.
00:28:14
Vanessa wird also nicht für ihre Falschaussage belangt.
00:28:17
Die Polizei legt ihr aber aufgrund ihres Hangs zum Lügen eine psychologische Behandlung ans Herz.
00:28:22
Doch Vanessa entscheidet sich weiter für die Lügen.
00:28:25
Auf der Arbeit erzählt sie ihren KollegInnen selbst nach der Einstellung der Ermittlungen noch von der Geschichte,
00:28:29
zeigt Bilder von den Schnitten in ihrem Gesicht und spielt sich als Retterin auf.
00:28:33
Und auch jetzt, nach all den Berichten ihrer ehemaligen KollegInnen, bleibt Vanessa dabei.
00:28:38
Sie ist unschuldig.
00:28:40
Dabei sprechen nicht nur die ZeugInnen-Aussagen gegen sie.
00:28:43
Allein die Ähnlichkeit der Taten und die gleichen Symptome, die bei den Kindern festgestellt wurden, liegen schwer.
00:28:49
Und in keiner der Kitas sind ähnliche Vorfälle vorgekommen, nachdem Vanessa gegangen war.
00:28:54
Übrig bleibt die Frage, warum hat sie die Kinder angegriffen?
00:28:58
Um das zu beantworten, wird eine psychiatrische Sachverständige in den Zeugenstand gerufen.
00:29:02
Ihrem Gutachten zufolge liegt das Motiv der Angeklagten sehr wahrscheinlich in der Bestrafung der Kinder.
00:29:09
Die Lina sollte nur die Windeln gewechselt bekommen und die Emilia hat gepennt.
00:29:12
Die Sachverständige sagt aber, das schmerzhafte Drücken auf den Brustkorb sei Vanessas Weg, um ihren Schützlingen gegenüber Autorität und Macht auszuüben.
00:29:23
Ganz nach dem Motto, das hast du jetzt davon, beziehungsweise ich bin stärker als du.
00:29:28
Was die Schuldfähigkeit von Vanessa angeht, sei diese nicht vermindert.
00:29:31
Die Angeklagte weise zwar narzisstische Züge mit histrionischen und psychopathischen Anteilen auf, die allgemeinen Kriterien für die Annahme einer Persönlichkeitsstörung legen jedoch nicht vor.
00:29:41
Also wenn ich histrionisch schon höre.
00:29:45
Also nochmal zur Einordnung, Menschen mit dieser Erkrankung, die wollen gerne im Mittelpunkt stehen.
00:29:49
Es gibt immer viel Theater, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken und sie erfinden halt auch gerne Geschichten, um sich interessant zu machen.
00:29:58
Das Gericht schließt sich letztendlich der Gutachterin an.
00:30:01
Auch Emilia war an ihrem letzten Tag in der Kita müde und weinerlich.
00:30:05
Die Kammer hält es für wahrscheinlich, dass sie im Ruheraum nicht auf Vanessa gehört hat und diese sich durch das Quetschen des Brustkorbs durchsetzen wollte.
00:30:13
Dabei gehen die RichterInnen zumindest von einem bedingten Tötungsvorsatz aus.
00:30:17
Schon die kleine Lina hatte nur knapp überlebt.
00:30:20
Als Vanessa ihre Hände sechs Monate später auf Emilias Bauch legte, muss sie zumindest belegend in Kauf genommen haben, dass das kleine Mädchen den Angriff nicht überlebt.
00:30:28
Was im Ruheraum der Kita-Affen-Bande letztlich wirklich passiert ist, weiß niemand außer Vanessa.
00:30:34
Und sie besteht bis zuletzt auf ihre Unschuld.
00:30:36
Und damit gibt sie Katja nicht die Antworten, die sie braucht, um wirklich zu verstehen, warum ihre Tochter sterben musste.
00:30:43
Stattdessen richtet Vanessa ihr Schlusswort ans Gericht und sagt, dass sie immer ein großes Herz für Kinder hatte und immer noch hat.
00:30:50
Sie leide sehr unter den Vorwürfen und habe weder Emilia noch einem anderen Kind jemals etwas zu Leide getan.
00:30:58
Katja muss sich für immer mit der Indizienkette des Gerichts abfinden, die am 5. März 2021 zum schwersten Schuldspruch führt, den das deutsche Gesetz kennt.
00:31:06
Wegen Mordes an Emilia und der Misshandlung von Schutzbefohlenen in zwei Fällen, einmal im Fall von Ferhat und einmal im Fall von Lina, wird Vanessa zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt.
00:31:16
Das Gericht sieht die heimtückische Begehungsweise und die niedrigen Beweggründe als erwiesen an.
00:31:21
Heimtückisch, weil Emilia sich keines Angriffs versah und aus niedrigen Beweggründen, weil Vanessa Emilia tötete, um sie so zu maßregeln und aus ihrer Sicht erzieherische Ziele zu erreichen.
00:31:33
Außerdem stellt die Kammer die besondere Schwere der Schuld fest.
00:31:36
Weitere sechs Fälle von Misshandlung von Schutzbefohlenen gegenüber Ferhat und Dennis, die die Staatsanwaltschaft angeführt hatte, konnte man Vanessa in diesem Prozess nicht eindeutig nachweisen.
00:31:47
Begründung, die Atemnot der beiden Jungs könnte in den anderen Situationen auch medizinische Gründe gehabt haben.
00:31:53
Während das Urteil verlesen wird, starrt Vanessa weinend an die Decke.
00:31:57
Für die Familien von Ferhat, Lina und Emilia wird ein kleines Stück Gerechtigkeit gesprochen.
00:32:02
Dabei wissen die Eltern genau, keine Haftstrafe der Welt kann ihren Kindern die Todesangst nehmen, die sie an dem Ort erleben mussten, an dem sie eigentlich sicher sein sollten.
00:32:12
Um keine Strafe der Welt kann Katja ihre kleine Tochter Emilia zurückbringen, die am Abend vor der Tat, vor lauter Aufregung und voller Vorfreude auf die Rückkehr in ihre geliebte Kita nicht einschlafen konnte.
00:32:23
Also wir haben, als die schon vor Gericht waren, ja von vielen Sachen erfahren, also die, die Vanessa schon Schlimmes gemacht hat in ihrer beruflichen Laufbahn, wie zum Beispiel diesem einjährigen Kind da das Trinken verwehrt.
00:32:36
Woher wussten die das?
00:32:38
Woher wusste die Staatsanwaltschaft das, meinst du?
00:32:41
Ja, das haben tatsächlich ihre ehemaligen Kolleginnen ausgesagt.
00:32:45
Das heißt, die haben alle Kitas befragt, wo die vorher gearbeitet hat und die erzählen dann diese Geschichte.
00:32:50
Komisch, dass das erst jetzt auftaucht.
00:32:52
Ja, ich finde das so schlimm, weil zum Beispiel auch vor allen Dingen diese Sache mit dem, die Treppe runterstoßen.
00:32:59
Und es war nämlich nicht so, dass Lina das nur ihren Eltern erzählt hat und dann wurde darüber nicht mehr geredet.
00:33:05
Nachdem die Sache mit dem Krankenhaus war, gab es nämlich ein Gespräch mit den Verantwortlichen der Kita, Vanessa und Linas Eltern, in dem es sowohl um diese Atemnot-Sache ging, als auch um den Treppensturz.
00:33:17
Und danach wurde Vanessa auch aus dieser Kita entlassen.
00:33:22
Ach so, ich dachte, man hat das der Lina einfach nicht geglaubt.
00:33:24
Genau, die Eltern haben dir das erst nicht geglaubt.
00:33:26
Die haben dann erst nach einem Gespräch verlangt, als auch noch die Geschichte mit dem Krankenhaus kam.
00:33:33
Das heißt ja, entweder war Lina dann so glaubwürdig, dass sie gesagt haben, okay, wir glauben der das jetzt.
00:33:38
Oder vielleicht gab es da ja auch noch andere Gerüchte von KollegInnen oder so, die mal was beobachtet haben, die sich über sie beschwert haben, wissen wir nicht.
00:33:46
Aber also spätestens da war die doch dann schon auffällig.
00:33:51
Ja, aber man hat sie einfach entlassen, ohne dass man das irgendwie gemeldet hätte, um sozusagen andere Kitas vor ihr zu schützen.
00:34:00
Ja, da möchte ich doch fragen, wenn du der Meinung bist, dass die Mitarbeiterin für deine eigene Kita so eine große Gefahr ist, dass du sie feuerst oder gehen lässt, was auch immer.
00:34:11
Wieso bist du dann nicht der Meinung, dass sie vielleicht für andere Kitas auch eine Gefahr sein könnte?
00:34:17
Genau. Und das ist eben ein ganz großer Kritikpunkt in diesem Fall, weil es laut Sozialgesetzbuch nämlich so ist, dass Kitas dem Landesjugendamt melden müssen, wenn MitarbeiterInnen so wie Vanessa auffallen.
00:34:31
Also wenn die durch ihr Verhalten irgendwie das Wohl von Kindern gefährden.
00:34:34
Und das war ja so. Also die Kitas haben alle mitbekommen, wie Vanessa mit den Kindern umging, dass sie sie angeschrien hat, dass sie die isoliert hat und generell irgendwie ganz unangebrachte Maßregelungen verhingen.
00:34:47
Und zum Teil wusste man von Lina ja dann auch, dass Vanessa sogar die Treppe runtergeschubst haben soll oder dieses andere Kind da nicht trinken durfte.
00:34:56
Und laut der Landesjugendämter sind das genau Vorfälle, die meldepflichtig gewesen wären.
00:35:01
Ja, da mag ich mal davon ausgehen, dass das meldepflichtig ist, wenn eine Betreuerin das Kind die Treppe runterschubst.
00:35:10
Naja, und da muss man ja auch sagen, wenn so ein Vorfall passiert wie die Treppe runterschubsen und man geht davon aus, dass das wirklich passiert ist, dann kann man ja vielleicht auch davon ausgehen, dass das nicht die erste Maßnahme war, die diese Person getroffen hat, beziehungsweise Gewalttat einem Kind gegenüber.
00:35:29
Weil Treppe runterschubsen ist ja schon wirklich sehr gewaltsam und doll, ne?
00:35:34
Ja, und das Ding ist, hätten alle Kitas die einzelnen Vorfälle gemeldet, dann wäre ja auch beim Landesjugendamt früher oder später aufgefallen, dass das sich bei der Vanessa häuft und dass es da irgendwie ein System gibt, wie sie mit Kindern umgeht.
00:35:49
Und dann wäre man vielleicht auch darauf gekommen, dass man sie jetzt mal aus dem Verkehr ziehen muss.
00:35:53
Na, und war ja dann auch ja nochmal wegen dieser anderen Sache gegen die ermittelt wurde.
00:35:57
Ja, und das war nämlich das nächste Versäumnis. Als rauskam, dass Vanessa eine Straftat vorgetäuscht hat, hätte nämlich eigentlich die Staatsanwaltschaft der zuständigen Aufsichtsbehörde von Vanessas damaligen Arbeitgeber Bescheid geben müssen.
00:36:12
Weil allein ihr Hang zum Lügen galt schon als psychische Auffälligkeit, die halt dem Wohl von Kindern schaden könnte.
00:36:19
Auch das wäre halt meldepflichtig gewesen. Und das hat die Staatsanwaltschaft dann auch während der Ermittlungen eingeräumt.
00:36:27
Aber man sieht halt, hier ist so eine Kettenreaktion irgendwie abgelaufen und alles, was hätte gemeldet werden sollen, wurde einfach nicht gemeldet.
00:36:36
Ja, und am Ende kommt dann das dabei raus.
00:36:40
Ja, und dann gab es eben nicht nur in Anführungszeichen den Mord an Emilia, sondern ja auch die Misshandlung an Schutzbefohlenen in mehreren Fällen bei ihr.
00:36:49
Und wie diese Sonderform der Körperverletzung rechtlich eingeordnet wird, darum geht es jetzt in meinem AHA.
00:36:54
Erstmal, wer ist überhaupt Schutzbefohlen?
00:36:58
Laut Gesetz sind das Personen, die unter 18 Jahren oder wegen Gebrechlichkeit und Krankheit wehrlos sind.
00:37:04
Darunter fallen also Kinder, Jugendliche und alte Menschen.
00:37:08
Genau wie Menschen, die im Krankenhaus behandelt werden, unter psychischen Krankheiten leiden.
00:37:12
Oder solche, die eine Behinderung haben, die dazu führt, dass sie ihr Leben nicht eigenständig führen könnten.
00:37:18
Das allein macht sie im rechtlichen Sinne aber noch nicht zu Schutzbefohlenen.
00:37:22
Wichtig ist noch, dass sie in der Obhut bzw. unter der Aufsicht einer anderen Person stehen, die die Sorgepflicht übernimmt.
00:37:29
Also wie zum Beispiel eben eine Erzieherin wie Vanessa, ein Pfleger oder auch die eigene Mutter.
00:37:36
Und wenn diese Person den Schutzbefohlenen Menschen dann quält, misshandelt oder böswillig vernachlässigt, dann ist Paragraf 225 StGB die Misshandlung von Schutzbefohlenen erfüllt.
00:37:47
Es geht also gar nicht immer nur um Verletzungen, wie im Fall von Vanessa, sondern unter die Misshandlungen fallen zum Beispiel auch Psychoterror oder wenn man sich mit böser Absicht einfach nicht mehr um die Bedürfnisse der Menschen kümmert, um die man sich eigentlich kümmern soll.
00:38:03
Aber ja, die Täterinnen sind also Menschen, die eigentlich für Sicherheit und Schutz sorgen sollten.
00:38:08
Und deswegen ist das alles auch so hinterhältig, weil die Schutzbefohlenen sind ja nicht in der Lage, für sich selbst zu sorgen.
00:38:15
Und sie müssen sich auf die verlassen, die sie pflegen oder sich um die kümmern sollen.
00:38:21
Und wenn die dann gewalttätig werden, dann können sich die Opfer nicht wehren.
00:38:26
Kleinkinder zum Beispiel können sich ja oft nicht mal artikulieren.
00:38:29
Und auch pflegebedürftige Erwachsene, die können auch oft keine Hilfe holen.
00:38:33
Und die Täterinnen sind ja ganz oft die einzige Bezugsperson.
00:38:37
Ja, und wegen all dem, was du gerade gesagt hast, gibt es natürlich auch eine ganz hohe Dunkelziffer.
00:38:45
Weil sowas halt auch oft gar nicht rauskommt, weil sich die Opfer dann halt keine Hilfe holen können.
00:38:50
Ja, und wenn es aber dann doch rauskommt, dann müssen die Täterinnen mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren rechnen.
00:38:58
Mindestens ein Jahr gibt es, wenn Täterinnen ihre Opfer in Todesgefahr bringen oder ihre Gesundheit oder die körperliche oder seelische Entwicklung schwer schädigen.
00:39:06
So wie das zum Beispiel bei Lina der Fall war.
00:39:09
Weil da hat nämlich das Gericht davon gesprochen, dass sie genauso gut hätte sterben wie überleben können.
00:39:15
Und einmal zur Einordnung.
00:39:17
Natürlich ist der Fall Vanessa ein Einzelfall, dass eine Erzieherin von Kita zu Kita zieht und Kindern die Luft abdrückt, weil die nicht auf sie hören, ist eine Ausnahme.
00:39:27
Aber in letzter Zeit gibt es in ganz Deutschland tatsächlich immer mehr Verdachtsfälle auf Gewalt in Kitas.
00:39:33
Da geht es dann vor allem um Kinder, die nicht oder nicht ausreichend beaufsichtigt werden, aber auch um Kinder, die zum Essen gezwungen werden oder anders irgendwie seelische oder körperliche Gewalt erfahren.
00:39:45
Mal kurz zu dieser Essenssache.
00:39:47
Ich habe mich da neulich mal mit auseinandergesetzt, weil das wusste ich nicht.
00:39:51
Eine meiner Freundinnen hatte nämlich neulich sich darüber beklagt, dass ihre Tochter immer mit einer vollen Brotdose nach Hause kommt und dann abends total Hunger hat.
00:40:01
Und dann habe ich gesehen, dass man als Erzieherin ja quasi nichts mehr darf.
00:40:07
Wie sich das anhört.
00:40:08
Ja, man darf in Deutschland gar nichts mehr.
00:40:11
Nee, aber man darf tatsächlich nach den UN-Kinderrechten auch nicht sagen, du musst es jetzt mal probieren.
00:40:17
Also oder, wenn du das nicht probierst, dann gibt es keinen Nachtisch.
00:40:22
Was ich ehrlicherweise, also natürlich wollen die Kinder lieber das Süße als das Leberwurst probieren oder was weiß ich.
00:40:32
Also da kann ich ja meine Eltern verklagen, weil ich einmal mir den Mund voller Rosenkohl gestopft habe mit dem Plan, das dann auf der Toilette wieder auszuspucken und runterzuspülen, bis mich meine Mutter an der Türschwelle angehalten und halt Stopp gerufen hat und ich dann alles runterschlucken musste.
00:40:49
Ja, ich verstehe den Einwand und ich glaube, dass, ich meine, wir haben keine Kinder, aber ich könnte mir gut vorstellen, dass man da schon mal auch manchmal ein bisschen nachhelfen muss, damit das Kind überhaupt was ist.
00:41:04
Also du setzt es ja dann auch, wenn es ganz klein ist, hin und versuchst mit dem Löffel und noch den Löffel und kämpfst da um jeden Löffel, damit das Kind genug zu sich nimmt.
00:41:15
Wobei man da vielleicht bei Eltern einen Unterschied macht zu ErzieherInnen, weil die, also es ist ja deren Kind.
00:41:23
Auf der anderen Seite ist das Kind ewig lang in der Kita und wenn das da dann nichts zu essen kriegt.
00:41:28
Ja, andererseits denke ich mir, jeder hat halt Sachen, die er nicht mag und ein Kindergaum ist natürlich ein bisschen anders als ein Erwachsenengaum und ich meine, ich musste tatsächlich bei meinen Eltern, abgesehen von dieser einen Rosenkohl-Sache, nie aufessen, aber schon sehr oft bei meinen Tageseltern.
00:41:43
Und manchmal frage ich mich, ob ich vielleicht ein weniger gestörtes Verhältnis zu essen hätte, wenn ich nicht so viele Sachen hätte essen müssen, die ich nicht mochte.
00:41:52
Beim Fleisch war das zum Beispiel auch so, ich mochte das nie so richtig, aber durch die Momente, wo ich es essen musste, habe ich dagegen auch so eine krasse Abneigung entwickelt und ich glaube, dass man mit Zwang langfristig einfach genau das Gegenteil bewirken kann.
00:42:08
Ja, und ich kann mir gut vorstellen, dass in den Fällen, von denen hier gesprochen wird, dass es da eben ganz klar darum ging, sie zum Essen zu zwingen von etwas, was sie auf keinen Fall möchten.
00:42:19
Und wenn es darum geht, dass das Kind einfach nicht verhungert, dann wird man schon was finden, was das Kind ist.
00:42:24
Ja, es ist auf jeden Fall in ganz Deutschland so und in einigen Bundesländern wie NRW hat sich die Zahl der gemeldeten Übergriffe in den letzten Jahren sogar mehr als verdoppelt.
00:42:33
Ja, also was man ja auch mal sagen muss, ist, dass eigentlich in der Kita in der Regel ja nicht nur eine Person mit Kindern zusammen ist, sondern da sind dann halt auch noch andere Vorfälle.
00:43:02
Und wenn das nicht so ein Fall ist wie jetzt von der Vanessa, dann sind da vielleicht auch noch andere BetreuerInnen, die Vorfälle dann auch melden können.
00:43:12
Und da muss man sagen, das ist natürlich was, das fällt komplett weg, wenn wir jetzt an das Zuhause der Kinder denken.
00:43:19
Und da ist die Gefahr deswegen theoretisch ja auch größer.
00:43:22
Also wenn Kinder jetzt von ihren Eltern misshandelt oder vernachlässigt werden, dann kommt das halt oftmals nicht raus, weil es keine Kontrollinstanz gibt.
00:43:32
Oder es kommt halt erst dann raus, wenn es schon so schlimm ist und das dann halt wirklich auch sichtbare Schäden davon getragen hat, das Kind.
00:43:38
Solche Geschichten hatten wir hier im Podcast ja auch schon total oft.
00:43:42
Also zum Beispiel diesen Fall der kleinen Jelli, den habe ich in Folge 17 erzählt, die mit sieben Jahren in der Wohnung ihrer Eltern komplett verwahrlost und unterernährt gestorben ist.
00:43:53
Und die Staatsanwaltschaft hatte damals auch Anklage wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen sowie Mord durch Unterlassung erhoben.
00:44:00
Und die Eltern wurden ja dann auch zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt.
00:44:04
Ja, und solche Fälle hört man ja immer wieder.
00:44:07
Und eben wie du sagst, wenn es rauskommt, ist es halt dann auch schon zu spät.
00:44:12
Und übrigens kommt es vorher auch oft nicht raus, weil Kinder diese Gewalt in vielen Fällen ja gar nicht richtig einordnen können, weil sie manchmal keine andere Art der Erziehung beziehungsweise Beziehung zu Erwachsenen kennen.
00:44:25
Ja, so wie nochmal mein Fall aus Folge 113, wo das zehnjährige Mädchen dachte, das wäre ganz normal, mit seinem Stiefvater Sex zu haben.
00:44:33
Genau. Und wenn man dann nicht zufällig irgendwie aufmerksame NachbarInnen, KindergärtnerInnen oder LehrerInnen hat, die sowas dann wahrnehmen und dann auch noch einschreiten, dann bleibt das leider im Verborgenen.
00:44:47
So, jetzt haben wir ganz viel über Kinder gesprochen, aber das sind natürlich nicht die einzigen, die schutzbedürftig sind.
00:44:52
Das sind natürlich auch die Ältesten der Gesellschaft, ganz besonders die, die nach einem langen Leben auf Pflege von fürsorglichen Menschen angewiesen sind.
00:45:01
Und um die geht es jetzt in meinem Fall.
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Mein Fall zeigt, dass die Würde eines Menschen immer an oberster Stelle stehen muss, auch dann noch, wenn er sie selbst nicht mehr einfordern kann.
00:45:11
Alle Namen habe ich geändert und die Triggerwarnung findet ihr auch in der Folgenbeschreibung.
00:45:15
Es ist ein spätsommerlicher Dienstag im SeniorInnenhaus Sonnensee, irgendwo im Norden Deutschlands.
00:45:22
Elisa Eskat wusste, als sie an diesem Tag ihren Dienst begann, nicht, was das noch für ein Tag werden sollte.
00:45:27
Und jetzt starrt sie fassungslos auf das Handy vor sich, auf dem ein Video abgespielt wird.
00:45:32
Sowas ist ihr in all den Jahren ihrer beruflichen Laufbahn noch nicht untergekommen.
00:45:37
Elisa Eskat ist die Wohnbereichsleiterin der Wohngruppe 2, auf der etwa 45 pflegebedürftige Menschen ein letztes Zuhause gefunden haben.
00:45:46
Wenn Fragen aufkommen, ist Elisa Ansprechpartnerin für die SeniorInnen auf ihrer Etage,
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aber auch für das Pflegepersonal.
00:45:52
Darunter auch die Pfleger Rainer und Aaron, die sie heute aufgesucht haben, um ihr ein Video zu zeigen.
00:45:59
Als die Wiedergabe anfängt, erkennt Elisa am linken Rand des kleinen Bildschirms eine alte Dame mit grauen Haaren,
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die in ihrem Bett liegt.
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Sie trägt nur ein langärmliches Oberteil und eine Unterhose.
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Eine Hand hat sie schützend vor ihrem Gesicht platziert.
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Es ist Hannelore Kraftschick.
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Sie ist schon seit mehreren Jahren hier im Sonnensee und leidet an Demenz.
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Rechts neben ihr steht eine jüngere Frau mit blonden Haaren, die plötzlich und mit voller Wucht ein Gebäckstück in die Richtung von Hannelore wirft.
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Offenbar ist es so hart, dass es hörbar an der Stirn von Frau Kraftschick abprallt und eine blutende Wunde hinterlässt.
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Frau Kraftschick schreit vor Schmerz und hebt ihren zweiten Arm in die Höhe, um ihr faltiges Gesicht zu schützen.
00:46:41
Da streift schon der nächste Wurf ihre Wange.
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Sichtlich verängstigt versucht sie sich aufzusetzen.
00:46:47
Als sie das unter Anstrengung geschafft hat, greift sie nach etwas, das wie ein Kuchenstück aussieht und wirft es kraftlos zurück.
00:46:53
Dabei betont sie immer wieder, wie weh ihr die Würfe der jungen Frau tun.
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Doch die Frau neben ihr bleibt davon unbeeindruckt.
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Stattdessen greift auch die junge Frau jetzt nach einem Kuchenstück und stößt es der hilflosen Frau grob gegen die verschlossenen Lippen.
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Da friss, sagt sie.
00:47:10
Das Video dauert etwas mehr als anderthalb Minuten.
00:47:13
92 furchtbare Sekunden, die zeigen, wie eine wehrlose Seniorin gequält und gedemütigt wird.
00:47:19
Elisa kennt die Frau, die Frau Kraftschick quält.
00:47:23
Sie ist hier bereits seit Jahren als Pflegerin tätig.
00:47:26
Eine geschätzte Mitarbeiterin, die meist für die BewohnerInnen der Wohngruppe 2 zuständig ist.
00:47:32
Niemals hätte sie gedacht, dass so etwas auf ihrer Station passiert.
00:47:36
Rainer erzählt, dass das noch nicht alles sei.
00:47:38
Janina habe auch Betäubungsmittel von den SeniorInnen gestohlen und sie regelmäßig misshandelt.
00:47:44
Das Video habe er heimlich von Janinas Handy auf seines überspielt, um den Missstand aufzudecken.
00:47:49
Elisa ist schockiert.
00:47:51
Sie muss handeln.
00:47:53
Janina ist aktuell im Urlaub.
00:47:55
Sie lässt sich das Video von Rainer und Aaron schicken.
00:47:58
Niemandem im Haus ist so ein Verhalten je aufgefallen.
00:48:00
Und hätten die beiden ihr das Video nicht gezeigt, wie lange wäre das noch so weitergegangen.
00:48:05
Den ganzen Tag lässt Elisa das, was sie dort gesehen hat, nicht los.
00:48:09
Immer wieder schaut sie sich die Szene an, die an einen schlechten Horrorfilm erinnert.
00:48:13
Bis ihr etwas Seltsames auffällt.
00:48:17
Die Aufnahme ist nicht etwa statisch, als hätte Janina das Handy vorher auf den Tisch gestellt, um sich selbst zu filmen.
00:48:23
Nein, sie wackelt.
00:48:24
Und da ist noch etwas anderes.
00:48:27
Elisa nimmt das Handy mit in den Keller, damit es ganz still um sie herum ist und hält sich das Telefon direkt ans Ohr.
00:48:33
Sie hört ein Lachen.
00:48:35
Ein Lachen, das ihr bekannt vorkommt.
00:48:38
Hier stimmt etwas ganz und gar nicht.
00:48:40
Am nächsten Tag sucht Elisa die Hausleitung auf.
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Sie will ihrer Vorgesetzten nicht nur von den Anschuldigungen gegen Janina berichten,
00:48:47
sondern auch davon, dass sie seit gestern noch mindestens einen weiteren Mitarbeiter verdächtigt,
00:48:52
sich an den Misshandlungen beteiligt zu haben.
00:48:54
Und zwar Rainer.
00:48:55
Also den Mann, der ihr das Video erst zugespielt hat.
00:48:59
Elisa ist sich sicher, dass er es ist, der im Hintergrund auf dem Video lacht.
00:49:04
Da stellt sich die Frage, wieso?
00:49:06
Und wieso will er Janina anschwärzen, wenn er selbst daran beteiligt war?
00:49:10
Die beiden Frauen konfrontieren Rainer, der darauf hinzugibt, die Szene gefilmt zu haben,
00:49:15
um damit etwas gegen Janina in der Hand zu haben.
00:49:17
Fraglich finden die Frauen, denn wieso lacht Rainer dann, anstatt zu helfen?
00:49:22
Die Hausleiterin erstattet noch am selben Tag Anzeige gegen Rainer und Janina.
00:49:26
Kurze Zeit später startet die Polizei mit den Ermittlungen.
00:49:30
Tatsächlich finden die Beamtinnen in Janinas Spindtabletten und Betäubungsmittel.
00:49:35
Als die sechs Tage später aus dem Urlaub kommt, erwartet sie eine fristlose Kündigung und eine polizeiliche Vernehmung.
00:49:41
Die Ermittelnden wollen wissen, was es mit dem Video auf sich hat.
00:49:44
Da packt Janina aus.
00:49:46
Sie kann zwar ihre eigene Teilhabe nicht leugnen, belastet aber auch Rainer und Aaron schwer.
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Sie erzählt von Misshandlungen und Diebstählen bei der Arbeit, bei denen Rainer und Aaron genauso beteiligt gewesen seien,
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und untermauert ihre Beschuldigung mit Fotos, die Janina wiederum von den beiden gemacht hat.
00:50:02
Wer sagt die Wahrheit und was haben die drei zu verbergen?
00:50:05
Um Licht ins Dunkel zu bringen, beschlagnahmt die Polizei die Handys der drei und stößt dabei auf eine Chatgruppe des Trios mit dem Namen Panzerknacker.
00:50:14
Schnell steht fest, die Chatgruppe gleicht einer Dokumentation von abfälligen Äußerungen, Demütigung und Gewalttaten,
00:50:22
die über ein Jahr stattgefunden haben, und eröffnet Abgründe,
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die niemand in der scheinbar so beschaulichen Unterkunft für SeniorInnen für möglich gehalten hätte.
00:50:31
Denn auf den ersten Blick gleicht der Schauplatz einer Idylle.
00:50:35
Das SeniorInnenhaus Sonnensee ist außen gelb und orange gestrichen.
00:50:39
Auf vier Etagen finden sich mehr als 90 Zimmer.
00:50:41
Aus vielen Fenstern haben die BewohnerInnen einen Blick ins Grüne.
00:50:45
Im Gartenhäuschen können sie gemeinsam werkeln,
00:50:48
auf der Terrasse hören sie einen nahegelegenen Bach plätschern,
00:50:50
und im nicht durchfluteten Essbereich werden jeden Tag saisonale Speisen gereicht.
00:50:55
Mehr als 130 Männer und Frauen haben hier ein neues Zuhause gefunden.
00:50:59
Ein Zuhause, das ihnen die liebevolle Pflege von mehr als 100 dafür ausgebildeten Menschen verspricht,
00:51:04
weil der Körper oder der Kopf der alten Menschen nicht mehr so funktionieren, wie sie es wollen.
00:51:10
Janina ist eine solche Pflegerin.
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Die 26-Jährige hat eine dreijährige Ausbildung absolviert
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und ihre eigene Großmutter zu Hause gepflegt, bis sie starb.
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Seit 2011 arbeitet sie in Vollzeit im SeniorInnenzentrum Sonnensee.
00:51:23
Dort lernt sie auch Rainer kennen.
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Und obwohl er gute 20 Jahre älter als sie ist,
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verstehen sich die beiden blendend.
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Aus KollegInnen werden bald FreundInnen,
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die sich freuen, wenn sie für gemeinsame Dienste eingeteilt sind.
00:51:35
In der Früh- und der Spätschicht sind sie und die anderen PflegerInnen
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siebeneinhalb Stunden für die BewohnerInnen im Einsatz.
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Das bedeutet, ihnen aus dem Bett helfen,
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sie waschen, anziehen oder zu Terminen begleiten.
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Es ist ein anstrengender Job.
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Viele der BewohnerInnen brauchen bei allem, was sie tun, Pflege.
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Damit einhergeht eine große Verantwortung, die nochmal zunimmt, wenn man im Sonnensee Nachtdienst hat.
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Der Nachtdienst bedeutet eine 10-Stunden-Schicht und die alleinige Verantwortung für so 45 schlafende BewohnerInnen.
00:52:04
Janina und Rainer übernehmen diese Schicht trotzdem gerne, weil sie mit einem Nachtzuschlag entlohnt wird.
00:52:09
Ein Bonus, den die beiden gut gebrauchen können.
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Denn was die beiden neben ihrer Freundschaft noch vereint, sind die Minuszahlen auf ihren Konten.
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Rainer hat bereits Privatinsolvenz angemeldet.
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Janina hat mit ihren 26 Jahren 12.000 Euro Schulden angehäuft.
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Beruflich und privat pflegt Janina einen Umgang mit Leuten, denen es ähnlich geht.
00:52:30
Auch Aaron, den Janina vom Feiern kennt, hat Geldprobleme.
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Er ist zwar erst 20 und wohnt noch bei seinen Eltern,
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trotzdem belaufen sich seine Schulden mittlerweile auf 11.000 Euro.
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Auf Janinas Rat hin bewirbt er sich 2015 im SeniorInnenhaus Sonnensee.
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Mit seiner Einstellung tut sich das Trio Janina, Rainer und Aaron zusammen.
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Eine Freundschaft, die schon bald für alle um sie herum zu einer Gefahr wird.
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Die Lösung für ihre Geldprobleme sieht das Trio nämlich vor der eigenen Nase.
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Sie beklauen meist demenzkranke BewohnerInnen, die Bargeld für Notfälle zur Seite gelegt haben.
00:53:02
Janina ist sich sicher, dass denen ohnehin niemand glauben wird, wenn Wertsachen oder Scheine plötzlich fehlen.
00:53:09
Die drei nutzen die Gelegenheiten, die sich ihnen zufällig bieten oder lenken die BewohnerInnen gezielt ab,
00:53:13
um dann ihre Geldbeutel oder Wertfächer zu durchsuchen.
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Mal bringen sie 60 Euro an sich, mal sind es mehr als 1.000.
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Jedes Mal wird die Beute unter den dreien aufgeteilt.
00:53:23
Im Gruppenchat, den sie Panzerknacker nennen, feiern sie sich dafür.
00:53:27
Dort häufen sich Lobesfümnen wie Ich bin ein Fuchs oder Wir sind die Besten.
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Okay, cool, dass sie sich als Füchse sehen, wenn sie dementen Menschen was klauen,
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die davon wahrscheinlich gar nichts mitbekommen und wenn sie das mitbekommen, das vielleicht gar nicht einordnen können.
00:53:45
Voll die Leistung.
00:53:47
Ja, und weil denen das noch nicht genug Selbsterhöhung ist, beleidigen sie die BewohnerInnen in dieser Gruppe auch noch als Biester und dumme Säue.
00:53:56
Für die drei sind die BewohnerInnen vor allem eins, eine anstrengende Last im Arbeitsalltag.
00:54:01
Aus dem Verlauf der Gruppe wird klar, spätestens seit deren Gründung hat von den drei niemand mehr das Beste für die Menschen im Sinn,
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deren Leben sie eigentlich erleichtern sollten.
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Stattdessen machen sie es sich zur Aufgabe, sie zu demütigen und ihnen die letzte Selbstbestimmung zu nehmen,
00:54:16
die ihnen geblieben ist, das auf Fotos und Videos festzuhalten und sich darüber zu amüsieren.
00:54:21
Es ist der Abend des 31. Dezember 2015, die letzte Nacht des Jahres, als Aaron und Rainer gemeinsam Spätdienst haben.
00:54:29
Weil heute Silvester ist, werden im Haus weiße Hütchen mit roten, blauen und gelben Punkten verteilt,
00:54:34
um die BewohnerInnen in Festtagssaune zu versetzen.
00:54:36
Für die an Demenz erkrankte Hannelore Kraftschick haben die Pfleger etwas anderes im Sinn.
00:54:41
Statt dem bunten Hut ziehen sie ihr eine lange Unterhose über den Kopf und ein paar Socken über die Hände.
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Dann setzt sich Rainer neben sie und lacht in Arons Handykamera.
00:54:50
Die entstandenen Fotos werden in die Gruppe geschickt und mit
00:54:54
Unsere Frau Kraftschick sieht aus wie Otto bei den sieben Zwergen, kommentiert.
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Janina antwortet, beste Alter, die Bilder sind faschingsreif.
00:55:03
Die verhältnismäßig harmlose Aufnahme ist die erste von vielen, die in den nächsten Monaten im Chat geteilt werden.
00:55:09
Sie alle verletzen nicht nur das Persönlichkeitsrecht der BewohnerInnen, sondern auch ihre Würde.
00:55:14
Im Februar legt Aaron Schinken und Käse aufs Gesicht von Hannelore und spritzt sie mit Wasser nass, bis sie friert.
00:55:20
Im März bewirft Janina dieselbe Frau mit Gebäck.
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Es ist das Video, das Monate später bei der Hausleitung landet.
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Einer anderen Bewohnerin kämmt Aaron die Haare wie Hitler zurecht und malt ihr einen entsprechenden Bart mit Lippenstift auf die Oberlippe.
00:55:33
Doch es ist noch lange nicht der Höhepunkt der Angriffe gegen die hilflosen BewohnerInnen.
00:55:38
Am 4. März 2016 tippt Rainer eine Nachricht.
00:55:44
Das ist der Sound, den wir gerade eingespielt haben und nicht euer Handy.
00:55:47
Rainer, 17.42 Uhr.
00:55:49
Hey, Janina und ich ficken Frau Hoffmann mit einer Wiener, wenn Christian Essen ausfahren tut.
00:55:56
Aaron, 17.42 Uhr.
00:55:58
Nee, komm Alter, ihr seid assi.
00:55:59
Oh Mann, würde ich gern sehen.
00:56:01
Mach ein Video, ich will auch was zum Lachen haben.
00:56:03
Rainer, 17.45 Uhr.
00:56:05
Ja, Janina, mach das Video.
00:56:07
Aaron, 17.50 Uhr.
00:56:09
Lol, schade, dass ich nicht dabei bin.
00:56:12
Bärbel Hoffmann, die heute ein helles Nachthemd mit dunklen Punkten trägt,
00:56:16
ahnt nicht, was sie erwartet, als Rainer und Janina ihr Zimmer betreten.
00:56:20
Sie leidet an Schizophrenie und schreit manchmal unvermittelt.
00:56:23
Auf Fragen kann sie höchstens mit Ja oder Nein antworten.
00:56:26
Seit einem Schlaganfall vor wenigen Wochen ist die alte Dame außerdem bettlägerig.
00:56:30
Sie kann sich also nicht wehren, als einer von beiden ihr die Unterhose runterzieht,
00:56:34
sich einen Handschuh überzieht und das wahr macht, was sie im Chat angekündigt hatten.
00:56:38
Die beiden filmen den sexuellen Missbrauch und schicken noch ein Foto hinterher.
00:56:42
Wie ekelhaft ist das denn?
00:56:44
Das ist ja nur schrecklich.
00:56:46
Wie kann man so ekelhaft und scheiße sein?
00:56:49
Was sind das für, boah, ich finde das so schlimm.
00:56:52
Ich kann mir das gar nicht, ich finde diese Menschen so, so, so, so unterirdisch.
00:56:58
Ich musste mich bei diesem Fall so doll distanzieren, weil ich kriege ja schon einen Heulkrampf,
00:57:04
wenn ein sehr alter Mann im Restaurant alleine sitzt.
00:57:09
Ja, das weiß ich.
00:57:11
Obwohl die ja das gar nicht brauchen, mein Mitleid und so.
00:57:14
Oder wenn sie eine Sache im Regal nicht richtig greifen können und wir erinnern uns alle an die Corona-Zeit,
00:57:19
wo ich diese Oma verfolgt habe, weil ich ihr unbedingt beim Einkaufen helfen wollte
00:57:23
und die wahrscheinlich schon Angst vor mir bekommen hat.
00:57:25
Also ich musste mich hier emotional so doll davon distanzieren, sonst hätte ich das denen jetzt nicht erzählen können.
00:57:30
Denn das ist auch noch nicht das Schlimmste, was die drei machen.
00:57:34
Zwei Monate später folgt der nächste Höhepunkt.
00:57:38
Die Aufnahme, die danach im Chat landet, zeigt Aaron, wie er der im Bett liegenden Gisela Bär
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ein durchsichtiges Glas mit gelber Flüssigkeit reicht.
00:57:59
Sie setzt es an ihre Lippen, ekelt sich aber so sehr vor dem Inhalt, dass sie das Glas zurückgeben möchte.
00:58:05
Aaron lässt ihr keine Wahl.
00:58:06
In energischem Ton befehlt er.
00:58:09
Gisela richtet sich mühsam auf.
00:58:12
Dann nimmt sie einen Schluck, setzt wieder ab und hustet vor Ekel.
00:58:15
Aaron herrscht sie an.
00:58:18
Gisela lehrt das Glas.
00:58:20
Der Inhalt läuft ihr teilweise am Mund herunter.
00:58:22
Währenddessen kippt Aaron weiteren Urin aus einem anderen Behälter auf ihrem Kopf aus.
00:58:27
Janina wirkt im Hintergrund mehrfach.
00:58:29
Aaron lacht nur.
00:58:30
Die Chatgruppe Panzerknacker ist mittlerweile zum Sammelsurium von grauenhaften Misshandlungen
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und verrohter Sprache geworden.
00:58:38
Rainer filmt eine Bewohnerin dabei, wie sie sich mit einer Toilettenbürste den nackten Oberkörper kratzt und bezeichnet sie im Chat als Fotze.
00:58:45
Aaron spuckt einer alten Dame ins Gesicht.
00:58:50
Bei einer Spätschicht zu dritt verabreichen sie neun BewohnerInnen Abführmittel, um einer Kollegin die nachfolgende Nachtschicht zu erschweren.
00:58:57
Viele von ihnen bekommen Durchfall.
00:58:59
Janina, Rainer und Aaron fühlen sich großartig unantastbar und allen anderen in Sonnensee überlegen.
00:59:06
Über Monate quälen sie wehrlose Menschen, um sich über sie lustig zu machen.
00:59:10
Nicht wissend, dass sie sich durch das Protokollieren ihrer eigenen Straftaten schon bald selbst verraten werden.
00:59:19
Alle drei sind mittlerweile entlassen, während die Ermittlungen wegen des Verdachts auf Misshandlungsschutz Befohlener seit wenigen Wochen laufen.
00:59:26
Berge an Akten stehen der Polizei zur Verfügung.
00:59:30
Die ausgedruckten Chatprotokolle der Panzerknacker-Gruppe sowie die Gespräche zwischen den einzelnen Beteiligten füllen 23 dicke Ordner.
00:59:38
Zudem sind unzählige Sprachnachrichten, Videos und Bilder dokumentiert.
00:59:42
Deswegen dauert es drei Monate, bis die PolizistInnen auf die Nachrichten im Panzerknacker-Chat stoßen, die die Ermittlungen noch einmal grundlegend verändern werden.
00:59:52
Kurz vor Weihnachten 2015 im Panzerknacker-Chat.
00:59:56
Janina, 18.21 Uhr.
00:59:59
Ich würde mit euch auch morden.
01:00:01
Rainer, 18.33 Uhr.
01:00:04
Also ich kann mir ja auch sehr viel vorstellen, was ich mit euch machen würde, aber auf Mord bin ich noch nicht gekommen.
01:00:09
Janina, 18.34 Uhr.
01:00:11
Doch, wer uns nicht passt, wird dezent entsorgt.
01:00:14
Frau Weber steht ganz oben.
01:00:16
Der Dialog, der von lachenden Emojis und Herzen begleitet ist, offenbart, dass die BeamtInnen noch lange nicht die ganzen Abgründe dessen kennen, was in Sonnensee über Monate hinweg unbemerkt blieb.
01:00:29
Der Jahreswechsel zu 2016 steht an, als Aaron die Nachtschicht vom 29. auf den 30. Dezember schiebt.
01:00:36
Der Chat mit den Panzerknackern ist erst wenige Tage her.
01:00:39
Seitdem haben sie ihren Plan, gemeinsam zu töten, konkretisiert.
01:00:43
Aaron soll derjenige sein, der es tut.
01:00:45
Und das Opfer soll nicht wie ursprünglich geplant Hildegard Weber sein, sondern die 85-jährige Ursula Sehne, die in den letzten Wochen sichtlich abgebaut hat.
01:00:54
Die Frau mit den grauen Locken und der kleinen Lücke zwischen den beiden Vorderzehen war früher einmal Chefsekretärin einer amerikanischen Bank und hat jahrelang in den USA und in Frankreich gelebt.
01:01:03
Für den Ruhestand kommt sie zurück in ihre deutsche Heimat.
01:01:06
Und als sie an Demenz erkrankt, entscheidet sie selbst, ins Seniorinnenhaus Sonnensee zu ziehen.
01:01:11
Sie hat keine Kinder, die sich um sie kümmern könnten, also will Ursula ihre Pflege den Menschen überlassen, die dafür ausgebildet sind.
01:01:18
Als Aaron nun an Ursulas Bett tritt, hat er nicht die Pflege, sondern das Gegenteil im Sinn.
01:01:23
Zwischen 20.30 Uhr und 6.30 Uhr in der Früh am nächsten Morgen ist er als einziger Pfleger für die ganze Station verantwortlich.
01:01:31
Eine Fachpflegekraft von einer anderen Station kommt nur in Notfällen und nur dann, wenn Aaron sie ruft.
01:01:36
Ursula Sehne kommt in dieser Nacht niemand zur Hilfe.
01:01:39
Ihre Krankheit ist bereits so weit fortgeschritten, dass sie nicht mehr sprechen kann.
01:01:44
Sie ist absolut wehrlos, als der Pfleger ihr Aktrapid verabreicht.
01:01:47
Ein schnell wirksames Insulin, das BewohnerInnen mit Diabetes vor Mahlzeiten bekommen, um den Blutzuckerspiegel zu senken.
01:01:53
Doch Ursula hat keinen Diabetes. Sie braucht kein Insulin.
01:01:57
Deshalb rutscht ihr Blutzuckerwert schnell in den Keller.
01:02:00
Sie wird bewusstlos, fängt an zu zittern und zu röcheln.
01:02:03
Aaron hilft ihr nicht.
01:02:04
Stattdessen spritzt er immer mehr Insulin in den Körper der alten Dame.
01:02:07
Via Textnachrichten hält er Janina und Rainer auf dem Laufenden.
01:02:11
Gemeinsam beraten die drei, von welchen BewohnerInnen Aaron noch mehr Insulin abzwacken kann, um noch schneller den Tod von Ursula herbeizuführen.
01:02:18
Er weiß, ihm bleibt nur noch Zeit bis zur Schichtübergabe am frühen Morgen, um seine Tat zu vollenden.
01:02:24
Es ist fast ein Uhr in der Nacht, als sich Janina ins Bett verabschiedet.
01:02:27
Janina um 9.50 Uhr.
01:02:31
Schreibt mir den Todeszeitpunkt, auch wenn ich penne.
01:02:33
Unser erster Mord.
01:02:34
Jetzt verbündet uns endlich alles, bis wir zusammen sterben.
01:02:37
Aaron um 0.52 Uhr.
01:02:40
Aaron um 0.55 Uhr.
01:02:42
Ich muss gucken, dass die die Nacht heute weg ist.
01:02:45
Janina um 1.03 Uhr.
01:02:46
Ja, aber am Tag wissen wir nicht, was die mit ihr machen.
01:02:49
Zur Not Luft weg.
01:02:50
Aaron um 1.04 Uhr.
01:02:52
Janina um 1.08 Uhr.
01:02:54
Hinter ihre letzte Nachricht setzt Janina das Emoji eines Äffchens, das sich den Mund zuhält.
01:03:02
Drei Stunden später drückt Aaron Ursula tatsächlich die Luft weg.
01:03:05
Von 22 Uhr am Abend bis 4 Uhr am Morgen hat ihr Körper um ihr Leben gekämpft.
01:03:10
Drei Ladungen des Insulins hat sie überlebt, aber als Aaron ihr ein Kissen aufs Gesicht presst, hat sie keine Chance mehr.
01:03:16
Sie sieht aus, als wäre sie friedlich eingeschlafen.
01:03:18
Niemand vermutet ein Fremdverschulden und niemand stellt Fragen.
01:03:23
Auch dann nicht, als zwei Monate später eine weitere Bewohnerin immer wieder in die Unterzuckerung rutscht.
01:03:28
Hildegard Weber, die die drei schon seit langem als Opfer im Auge haben, ist mit Anfang 60 ins SeniorInnenhaus gezogen und damit jünger als die meisten BewohnerInnen in Sonnensee.
01:03:38
Geistig ist sie noch fit, nur körperlich leidet sie unter einer Darmkrankheit, die es ihr schwer macht, Essen bei sich zu behalten.
01:03:45
Das führt wiederum dazu, dass Hildegards Blutzuckerwert immer wieder in kürzester Zeit in den Keller fällt.
01:03:50
Doch es ist nicht die Krankheit, die ihr schließlich zum Verhängnis wird.
01:03:53
Sondern ihre fordernde Art.
01:03:55
Hildegard legt viel Wert darauf, dass die Dinge so gemacht werden, wie sie es möchte.
01:03:59
Ihre Pflege kann für das Personal im Haus deswegen anstrengender sein als bei anderen.
01:04:03
Im Panzerknacker-Chat unterhalten sich Janina, Rainer und Aaron deswegen seit Monaten darüber, dass sie, Zitat, weg muss.
01:04:10
Wann immer sich die Gelegenheit bietet, spritzen sie der Frau Insulin, um ihren Zustand zu verschlechtern.
01:04:16
Februar hat Rainer Spätschicht.
01:04:18
In der Nacht zuvor hat Aaron Hildegard erneut Insulin verabreicht.
01:04:22
Am Nachmittag muss die stark unterzuckerte Frau auch deshalb vom Rettungsdienst versorgt werden.
01:04:26
Als der das SeniorInnenhaus um 17 Uhr verlässt, hat sich ihr Zustand stabilisiert.
01:04:31
Ihr Blutzuckerwert liegt wieder im Normalbereich.
01:04:34
Sie ist bei Bewusstsein, bis Rainer an ihr Bett tritt.
01:04:36
Bis zum Ende seines Spätdienstes verabreicht er Hildegard in ihrem Schlaf und von den anderen PflegerInnen unbemerkt mindestens vier Ladungen Insulin.
01:04:45
Als Aaron direkt danach die Nachtschicht antritt, ist sie bereits schläfrig und leidet unter Atemaussetzern.
01:04:50
Die Männer stehen nun gemeinsam vor dem Bett ihres Opfers und spritzen noch mehr Insulin in den Körper der hilflosen Frau.
01:04:56
Etwa zwei Stunden später meldet Aaron der diensthabenden Fachpflegerin, dass er Hildegard ohne Vitalwerte gefunden habe.
01:05:04
Als die Vorgesetzte das Zimmer betritt, kann sie nur noch ihren Tod auf dem Pflegeprotokoll vermerken.
01:05:09
Nachfragen stellt wieder niemand.
01:05:11
Die Textnachrichten, die die PolizeibeamtInnen auf dem Mobiltelefon finden, sind so ausführlich, dass niemand am Wahrheitsgehalt zweifelt.
01:05:18
Darüber hinaus stimmen die Todeszeitpunkte der BewohnerInnen mit denen im Chat dokumentierten Taten überein.
01:05:24
Zwar kann die Rechtsmedizin aufgrund der bereits eingeäscherten Körper nicht mehr untersuchen, woran die Frauen wirklich gestorben sind.
01:05:31
Trotzdem ist sich die Polizei sicher, sie müssen jetzt wegen Mordes ermitteln.
01:05:35
Janina, Rainer und Aaron werden nur wenige Tage später festgenommen.
01:05:39
Aaron ist der Einzige, der die Taten in der Vernehmung mit der Polizei einräumt.
01:05:43
Allerdings verharmlost er sie auch.
01:05:45
Die beiden wären ohnehin zeitnah gestorben.
01:05:48
Im Falle von Hildegard hätte er dem Pflegepersonal in Sonnensee sogar einen Gefallen getan.
01:05:52
Eine Antwort auf die Frage, warum er gemeinsam mit Rainer und Janina hilfsbedürftige alte Menschen gequält, schikaniert und getötet hat, hat er nicht.
01:06:01
Es ist dieselbe Frage, die beim Prozessauftakt im September 2017 im Mittelpunkt steht.
01:06:06
Die Verhandlung der sogenannten Altenheim-Morde findet in einem weißen Gerichtssaal mit glänzendem Parkettboden statt.
01:06:13
Gemeinsam mit ihren VerteidigerInnen neben Rainer, Janina und Aaron an drei nebeneinander aufgestellten schwarzen Tischen Platz.
01:06:20
Als die Pressefotos macht, verstecken sie ihre Gesichter hinter aufgeklappten Aktenordnern.
01:06:24
Insgesamt finden sich 33 Taten in der Anklageschrift, die die Panzerknacker verübt haben sollen.
01:06:30
Unter anderem Mord, Misshandlung von Schutzbefohlenen, gefährliche Körperverletzungen, schwerer sexueller Missbrauch,
01:06:37
Verletzungen des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen und Diebstahl.
01:06:41
Und obwohl sie sich als Opfer Menschen gesucht haben, die ihnen hilflos ausgeliefert waren,
01:06:46
ist spätestens jetzt die Zeit vorbei, in der sie nicht mit Gegenwehr rechnen können.
01:06:50
Sowohl Frau Kraftschick, die von Janina mit Gebäck beworfen wurde,
01:06:54
als auch der Sohn der getöteten Hildegard Weber, haben die Nebenklage im Prozess angenommen.
01:06:58
Wie viele andere Angehörige von BewohnerInnen und Mitarbeitenden des Hauses Sonnensee,
01:07:04
erhoffen sie sich Antworten von den Angeklagten.
01:07:06
Niemand von ihnen hatte je damit gerechnet, dass von den PflegerInnen eine Gefahr ausgehen könnte.
01:07:11
Im Gegenteil. Wohnbereichsleiterin Elisa Eskatz sagt vor Gericht aus, wie tief der Schock noch immer sitzt.
01:07:18
Janina galt im SeniorInnenzentrum als ihre rechte Hand.
01:07:21
Aaron fiel zwar häufig vorlaut und überdreht auf, war aber bei den BewohnerInnen sehr beliebt.
01:07:26
Rainer sagten die KollegInnen eine besonders einfühlsame Art nach.
01:07:30
Doch die Antworten, die nur die Angeklagten kennen, bleiben aus.
01:07:34
Auf die Frage, warum er die BewohnerInnen gequält und getötet hat, entgegnet Aaron schlicht,
01:07:38
Gute Frage, nächste Frage.
01:07:40
Rainer und Janina lassen sich im Laufe des Prozesses nur zu einzelnen Diebstählen und einigen wenigen Körperverletzungen ein.
01:07:47
Die schwerwiegenden Misshandlungen und die Morde, beziehungsweise die Beihilfe zum Mord, bestreiten sie vehement.
01:07:52
Der Chat soll nur ein Rollenspiel gewesen sein.
01:07:55
Makaberes Geschwätz, ein bisschen Spaß, nichts weiter.
01:07:58
Nie habe man die darin verfassten Fantasien ernsthaft ausgelebt.
01:08:02
Komisch, dass die dann wirklich immer dann gestorben sind, wenn die darüber ihre Fantasien hatten.
01:08:08
Die Zusehenden im Gerichtssaal können auch nicht glauben, was sie da hören.
01:08:12
Immer wieder muss die vorsitzende Richterin das Publikum ermahnen,
01:08:15
brusthafte Zwischenrufe in Richtung der Anklage zu unterlassen,
01:08:18
wenn beispielsweise die Fotos und Videos im Gericht gezeigt werden.
01:08:22
Das habe ich mir die ganze Zeit gedacht.
01:08:24
Ich hätte auch, ich hätte nicht still sitzen können im Publikum.
01:08:27
Ich hätte diese Menschen beleidigen müssen.
01:08:30
Ich finde es gut, dass es irgendjemand gemacht hat, damit die das mal gehört haben,
01:08:34
wie diese Taten von der Gesellschaft wahrgenommen werden.
01:08:37
Ich glaube, ich bin da eher Verfechterin eines geregelten Prozesses, aber I feel you.
01:08:41
Und es ist halt in dem Prozess auch so, dass es halt niemandem einfach fällt,
01:08:46
sich das anzusehen, was da gezeigt wird.
01:08:48
Janina, Rainer und Aaron wiederum versuchen es erst gar nicht.
01:08:53
Sie verschließen die Augen.
01:08:54
Janina hält sich außerdem die Ohren zu, als wollten sie nicht wahrhaben, was sie da taten.
01:09:00
Doch dafür gibt es Beweise in Form von Videos, Fotos und den Chatnachrichten.
01:09:04
Immer wieder bestärken sie sich in der Panzerknackergruppe gegenseitig,
01:09:08
den anderen PflegerInnen überlegen zu sein.
01:09:10
Dass ihre Straftaten niemandem auffallen, bekräftigt sie zudem in ihrem Tun.
01:09:14
Jeder Diebstahl und jede Misshandlung verbindet sie.
01:09:18
Der erste gemeinsame Mord gleicht in ihren Augen der Krönung ihrer Freundschaft.
01:09:22
Sie sprechen von sich als die Kings and Queen of the Damned, also den Königen und der Königin der Verdammten.
01:09:30
Die BewohnerInnen sind in ihren Augen minderwertig.
01:09:33
Sie bezeichnen sie als Tiere.
01:09:35
Was die drei tatsächlich vereint, ist nicht etwa ihre Freundschaft,
01:09:38
sondern die tödliche Dynamik, die sich schleichend zwischen ihnen entwickelt hat.
01:09:42
Ihre unterschiedlichen Charaktereigenschaften sind der Nährboden für eine toxische Freundschaft.
01:09:47
Ein psychologisches Gutachten bescheinigt Janina und Aaron narzisstische Tendenzen.
01:09:51
Rainer, der Älteste der Gruppe und der, der am längsten in Sonnensee gearbeitet hat,
01:09:55
hat dagegen wenig Selbstbewusstsein und das Bedürfnis, sich an stärkere Charaktere anzulehnen.
01:10:00
In der Gruppe kommt diese starke Rolle, anfangs Janina und Aaron gleichermaßen zu,
01:10:05
wobei Rainer, dem Chatnach zu urteilen, damals zunehmend romantische Gefühle für Aaron entwickelt.
01:10:11
Aaron erwidert diese Gefühle zwar nicht, genießt aber die Aufmerksamkeit seines älteren Kollegen.
01:10:17
Die beiden tauschen vermehrt private Nachrichten aus, wobei sich ein Machtgefälle untereinander entwickelt.
01:10:22
Rainer will Aaron unbedingt gefallen und so gibt er ihm oft mehr Geld von den gemeinsam erbeuteten Diebstählen ab
01:10:29
und prostituiert sich schließlich sogar für Geld, was er dann an Aaron weitergibt.
01:10:34
Das wiederum verändert die Freundschaft zwischen Janina und Aaron, die sich ja bereits vor ihrer Zusammenarbeit kannten.
01:10:40
Ab Mai 2016, etwa fünf Monate nach der ersten Tat, entfremden sie sich voneinander
01:10:46
und trauen sich plötzlich nicht mehr über den Weg.
01:10:48
Das Gericht vermutet, dass beide den willensschwachen Rainer für sich haben wollen.
01:10:52
Doch genau diese Zuneigung verspielt Janina vollends,
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als sie ihn bei einem Dienst im August aus seiner Sicht völlig grundlos anschreit.
01:11:00
Er solle sie am Arsch lecken, keift Janina und treibt Rainer damit endgültig auf Aarons Seite,
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der nun seine Chance sieht, Janina eins auszuwischen.
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Er überredet Rainer dazu, sie mithilfe eines der Videos bei der Wohnbereichsleitung anzuschwärzen.
01:11:14
Rainer willigt ein.
01:11:16
Beide ahnen nicht, dass sie damit nicht nur Janina ans Messer liefern, sondern auch sich selbst.
01:11:21
Das bestätigt das Urteil, das die Angeklagten neun Monate nach Prozessbeginn erwartet.
01:11:26
Es ist bereits Juni 2018, als das Gericht sein Urteil spricht.
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Lebenslang für alle drei mit besonderer Schwere der Schuld.
01:11:34
Die Kammer hat keinen Zweifel daran, dass die Morde und Misshandlungen gemeinschaftlich verübt wurden,
01:11:39
um einerseits die Gruppenidentität zu stärken und andererseits den eigenen Geltungsdrang zu verwirklichen.
01:11:45
Sie sieht es als erwiesen an, dass allen dreien in ihrem Leben die Fähigkeiten fehlten,
01:11:50
sich von der Masse abzuheben.
01:11:51
Das Morden war für sie die Möglichkeit, ohne besondere Qualifikation etwas Außergewöhnliches darzustellen.
01:11:57
Absolute Macht zu haben, heißt es im Urteil.
01:12:00
Janina wird wegen einfachen Mordes und der Misshandlung von Schutzbefohlenen verurteilt.
01:12:04
Rainer erfüllt dieselben Tatbestände sowie Beihilfe zum zweiten Mord.
01:12:08
Aaron hingegen hat sich des zweifachen Mordes und der Beihilfe zur Misshandlungsschutzbefohlener schuldig gemacht.
01:12:14
Darüber hinaus legt das Gericht ihnen natürlich eine Vielzahl anderer Delikte zur Last.
01:12:19
Ein Berufsverbot wird nicht verhängt.
01:12:21
Das Gericht sieht nämlich den Ursprung des Übels in der Gruppendynamik.
01:12:25
Janina, Rainer und Aaron waren laut Urteil zwar moralisch und charakterlich ungeeignet
01:12:29
dafür in der Pflege zu arbeiten, das allein Rechtfertige, aber nicht die Annahme,
01:12:35
dass sie losgelöst von der Gruppe nach ihrer Haftentlassung weitere Straftaten begehen würden.
01:12:39
Zum selben Schluss kommt auch der Bundesgerichtshof, der den Fall 2019 nach Antrag auf Revision erneut prüft.
01:12:46
Er ändert einige Randpunkte des Urteils, nicht aber das Strafmaß.
01:12:50
Die Panzerknacker wandern damit für mindestens 15 Jahre ins Gefängnis.
01:12:55
Artenklägerin Frau Krafczyk hat den Ausgang des Prozesses nicht mehr mitbekommen.
01:12:59
Die demente Frau ist in der Zwischenzeit verstorben und hat nicht mehr erfahren können, ob es Gerechtigkeit für sie gab.
01:13:04
Wenn sie ihre Haftstrafen abgesessen haben, sind Janina und Aaron Mitte 40 und damit im Gegensatz zu Rainer noch im arbeitsfähigen Alter.
01:13:11
Sie können dann zurück in die Pflege.
01:13:14
Die Frage ist nur, wer sie einstellt.
01:13:16
Im Seniorinnenzentrum Sonnensee ist jedenfalls kein Platz mehr für sie.
01:13:20
Zu groß ist der Schmerz, den die Taten hinterlassen haben.
01:13:23
Eine Sozialwissenschaftlerin soll den MitarbeiterInnen im Nachgang dabei helfen, das Geschehene aufzuarbeiten.
01:13:29
Sie machen sich Vorwürfe, fragen, ob sie etwas falsch gemacht haben.
01:13:32
Die Expertin sagt nein.
01:13:34
Übergriffe und Misshandlungen können passieren.
01:13:36
Wichtig ist, wie man damit umgeht.
01:13:39
In dem vierstöckigen Haus mit dem gelb-orangefarbenen Anstrich heißt das konkret, dass inzwischen der private Gebrauch von Handys während der Arbeitszeit verboten ist
01:13:47
und dass Mitarbeitenden zahlreiche Schulungen zu den Themen Früherkennung und Gewaltprävention durchlaufen haben.
01:13:52
Um das gegenseitige Vertrauen zwischen den Pflegenden und den Angehörigen wiederherzustellen,
01:13:57
haben stundenlange Gespräche und sogenannte Mimik-Resonanz-Trainings stattgefunden.
01:14:01
Sie helfen den Menschen dabei, ihre Lieben anhand ihres Gesichtsausdrucks auch ohne Worte gut zu verstehen.
01:14:08
Darüber hinaus wünscht man sich in Sonnensee vor allem eins, Ruhe.
01:14:12
Ruhe vor denen, die die Wehrlosigkeit der BewohnerInnen ausgenutzt und die eigenen niederen Bedürfnisse über alles gestellt haben.
01:14:19
Ruhe, die es den Pflegekräften ermöglicht, wieder ihrer Arbeit nachzugehen.
01:14:23
Und Ruhe für die SeniorInnen, die nicht länger in Angst leben müssen,
01:14:27
sondern auf der Terrasse wieder den Plätschern des Baches lauschen können.
01:14:32
Also dieser Fall hat mich so fertig gemacht.
01:14:34
Ich bin so wütend.
01:14:36
Schon am Anfang war ich ganz wütend, als du mir diese ganzen Szenen beschrieben hast von den Quälereien und Misshandlungen durch diese drei furchtbaren Menschen.
01:14:48
Und ich habe die ganze Zeit gedacht, ich hoffe, dass die eine hohe Haftstrafe bekommen für das, was sie machen.
01:14:55
Weil, wie wir ja eben schon gehört haben, gibt es für Misshandlungen von Schutzbefohlenen höchstens zehn Jahre, wenn das schwere Fälle waren.
01:15:06
Und ich habe die ganze Zeit gedacht, also ich mit meinem Gerechtigkeitsempfinden würde selbst zehn Jahre quasi zu wenig finden für das, was sie diesen Menschen angetan haben.
01:15:18
Und wie die die Menschenwürde von denen verletzt haben.
01:15:23
Und jetzt muss ich sagen, finde ich, steht da genau die richtige Strafe am Ende.
01:15:27
Und zwar die lebenslange Haft und die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld, weil die genau das für ihre Taten verdient haben.
01:15:36
Die höchste Strafe, die es im deutschen Gesetz gibt.
01:15:40
Ich bin ehrlicherweise ein bisschen irritiert, dass sie kein Berufsverbot bekommen haben.
01:15:45
Also, dass das Gericht das wirklich vor allem in dieser Dynamik von den dreien sieht und nicht dadurch, dass...
01:15:52
Also, ich meine, die sagen ja auch, die waren alle eigentlich nicht geeignet dafür, aber sie hätten es alleine dann wohl nicht gemacht.
01:15:57
Aber die Frage ist ja, sind nicht alle für sich genommen wieder anfällig dafür, wenn sie auf ähnliche Personen treffen?
01:16:06
Ja, also, ich bezweifle, dass die drei jetzt so eine spezielle Dynamik entwickelt haben, die es nie wieder geben wird.
01:16:16
Ja, die müssen ja eigentlich nur noch auf eine weitere Person treffen.
01:16:19
Und vielleicht kann das dann schon wieder diese Dynamik auslösen.
01:16:23
Ich würde aber sagen oder einfach hoffen, dass wenn die rauskommen und sich in einer Pflegeeinrichtung bewerben,
01:16:34
und da gehe ich von aus, muss man sein Führungszeugnis vorlegen und wenn da dann steht, dass man mehr als 15 Jahre in Haft war,
01:16:44
dass man vielleicht seine BewohnerInnen vor diesen Menschen schützen möchte.
01:16:49
Da glaube ich jetzt einfach an den gesunden Menschenverstand.
01:16:52
Und nun ist es ja auch so, dass man mit der besonderen Schwere der Schuld auch nicht unbedingt nach 15, 17 Jahren draußen ist,
01:17:00
sondern vielleicht auch noch länger da drin sitzt.
01:17:02
Und vielleicht wird dann auch noch mal genau hingeguckt, wie sehr sie sich mit den Taten auseinandersetzen.
01:17:06
Das haben sie vor Gericht ja nicht getan.
01:17:08
Da wurde ja bis zum Schluss abgestritten von Rainer und Dingens, Bummens, Kirchens, dass sie das getan haben.
01:17:16
Außer von Aaron, der das halt so halb eingeräumt hat, aber sagte, er wüsste ja nicht, warum er das getan habe.
01:17:21
Gute Frage, nächste Frage.
01:17:22
Fand ich auch eine sehr respektvolle Antwort auf die Frage, warum er Menschen gequält und getötet hat.
01:17:30
Ja, vor allem ist es auch so, es gibt keine nächste Frage.
01:17:33
Uns interessiert hier hauptsächlich das vor Gericht.
01:17:36
Mein Opa, der hatte Parkinson und der war sehr lange in einem betreuten Wohnen, als meine Oma ihn dann nicht mehr alleine pflegen konnte.
01:17:43
Und die war nie so ganz zufrieden mit den PflegerInnen da, weil sie meinte, die waren nicht zugänglich, die haben sich nicht so viel Zeit genommen.
01:17:49
Und die hätten jetzt zum Beispiel keine Zeit gehabt, mal mit ihm spazieren zu fahren oder so, was man ja auch braucht als Person.
01:17:57
Du kannst ja nicht die ganze Zeit in diesem Haus da hocken und das wäre aber wenn, dann wirklich nur sehr selten gewesen.
01:18:02
Und die hätten auch nicht so viel Zeit sich genommen, um mit ihm zu essen.
01:18:07
Und er brauchte aber sehr viel Unterstützung und sehr viel Zeit zum Essen.
01:18:10
Dann habe ich natürlich auch versucht, ihr so ein bisschen zu erklären, dass das, was man für seine Liebsten will als Angehöriger,
01:18:18
natürlich immer irgendwie in der Diskrepanz zu dem steht, was die Pflegekräfte alles innerhalb ihrer Schicht leisten können oder müssen.
01:18:28
Vor allem, wenn es dann irgendwie auch noch eine Personalunterdeckung gibt in der Einrichtung.
01:18:32
Aber auf jeden Fall haben wir gemerkt, dass mein Opa sich da halt einfach nicht so richtig wohl gefühlt hat und dass er auch manchmal blaue Flecke hatte.
01:18:38
Und das war natürlich schwierig für uns, weil wir nicht wussten, wie das passiert ist.
01:18:43
Weil sowas kann halt auch beim Klamottenanziehen passieren oder wenn er hinfällt oder wenn er sich nachts umdreht und mit einem steifen Arm dann einfach gegen sein Bett, gegen sein Krankenbett da stößt.
01:18:54
Ja, und ich kann mir aber vorstellen, dass man sich dann, man möchte sich natürlich beruhigen und sagen, ja, vielleicht kam das davon, dass er irgendwo gegengestoßen ist.
01:19:03
Aber man macht sich ja dann auch Gedanken und fragt sich, ja, was ist, wenn jemand anderes ihm da was antut?
01:19:11
Und man ist dann auch als angehörige Person sehr hilflos.
01:19:14
Und zumindest die Tatsache, dass er sich da nicht so wohl gefühlt hat, ist ja auch ein Zeichen dafür, dass das vielleicht nicht der beste Ort für ihn war.
01:19:23
Und es ist tatsächlich auch so, dass Gewalt in der Pflege nicht erst dann anfängt, wenn man beispielsweise geschlagen wird oder halt solche Sachen wie in meinem Fall passieren.
01:19:32
Das ist natürlich sehr drastisch.
01:19:34
Aber darum geht es jetzt in meinem Aha, also um Gewalt in der Pflege.
01:19:38
Pflegebedürftige sind ja ganz besonders auf die Hilfe von Pflegenden angewiesen.
01:19:42
Und deswegen spricht zum Beispiel die Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege auch schon dann von Gewalt, wenn alte oder kranke Menschen angeschrien werden oder wenn man sie sehr lange auf Hilfe warten lässt, sie finanziell ausbeutet oder beispielsweise die Bewegungsfreiheit raubt.
01:19:59
Wie viele Fälle es da in Deutschland pro Jahr gibt, das ist natürlich schwer zu sagen.
01:20:03
Vor allem, weil sich Betroffene ja sehr häufig wegen ihrer Krankheiten nicht äußern können.
01:20:09
Professor Thomas Görgen von der Deutschen Hochschule der Polizei, der forscht seit Jahren zum Thema Gewalt gegen alte Menschen, besonders in der Pflege.
01:20:17
Und er hat trotz der Schwierigkeiten bei den Ermittlungen versucht, einen Richtwert zu bekommen, wie oft sowas passiert.
01:20:25
Und ich finde, er hat das ganz smart angestellt.
01:20:28
Er hat nämlich nicht die Betroffenen gefragt.
01:20:30
Wir haben vor etlichen Jahren jetzt schon etwa eine Befragung mal durchgeführt unter ambulanten Pflegekräften, die wir gefragt haben nach ihrem eigenen Verhalten gegenüber Pflegebedürftigen in den letzten zwölf Monaten.
01:20:43
Da war es so, dass etwa 40 Prozent der Pflegekräfte, die mindestens einen einschlägigen Vorfall bei sich selbst für das letzte Jahr berichtet haben, das ist dann natürlich eher jemanden anschreien, als jemanden jetzt wirken oder zusammenschlagen.
01:20:59
Im Anschluss haben Professor Görgen und sein Team eine ähnliche Befragung in der stationären Pflege, also in SeniorInnenhäusern durchgeführt.
01:21:06
Und da war die Zahl sogar noch höher.
01:21:08
Etwa 70 Prozent der PflegerInnen haben angegeben, dass sie im letzten Jahr jemanden angeschrien oder grob angefasst haben, sodass den Personen dadurch auch Schmerzen zugefügt wurden.
01:21:20
Die meisten dieser Vorfälle sind nicht solche, wie sie sie in ihrem Podcast jetzt behandelt haben.
01:21:25
Das ist tatsächlich eine herausragende, schwere Spitze, glaube ich.
01:21:30
Schon kann man sagen, dass es eben zu vorsätzlichen Tötungsdelikten und anderen Dingen kommt.
01:21:34
Aber wenn wir diesen weiten Gewaltbegriff nehmen, die Verbreitung müssen wir tatsächlich als groß annehmen.
01:21:40
Also das macht mir ehrlich gesagt ein bisschen Angst, wenn wirklich so viele Menschen das zugeben, weißt du?
01:21:51
Weil das ist ja auch nicht etwas, was man, also da würde ich jetzt von ausgehen, leicht zugibt.
01:21:58
Weil man sich selber auch gar nicht als diese Person sieht und weil man das vielleicht auch von sich wegschiebt.
01:22:04
Also ich könnte mir dann auch vorstellen, dass vielleicht auch welche gesagt haben, nee, nee, nee.
01:22:08
Und deswegen, aber das macht mir ganz dolle Bauchschmerzen, wenn ich daran denke,
01:22:13
dass meine Liebsten auch irgendwann auf Pflege angewiesen sind und wir das als Angehörige nicht mehr leisten können.
01:22:20
Ja, ich habe mich vier Jahre alleine um meine Oma gekümmert und muss aber auch sagen,
01:22:25
also es gab verschiedene Momente, wo ich halt dachte, ich gehe gerade mit ihr nicht so um, wie ich mit ihr umgehen sollte,
01:22:33
weil ich nervlich einfach so am Ende war.
01:22:36
Ich habe natürlich die nie angefasst oder so, aber ich war einfach abgenervt und es gab einige Situationen,
01:22:42
wo ich nicht in Ruhe mit ihr geredet habe, sondern ihr auch gezeigt habe, dass ich jetzt einfach irgendwie abgenervt bin.
01:22:47
Und ich kann mir aber vorstellen, wenn man, weiß ich nicht, 40, 50, 60 Stunden in der Woche mit solchen Menschen arbeitet,
01:22:54
das ist natürlich eine andere Art von psychischer Belastung, wie ein Job, den wir jetzt haben oder so.
01:23:01
Und dass ich sozusagen da eher verstehe, wenn man mal jemanden anschreit, weil sich alte Menschen,
01:23:11
besonders wenn sie schwer krank sind, ja auch nicht immer logisch verhalten und man sie auch nicht immer erreicht mit dem, was man sagt.
01:23:19
Also, dass man da im Umgang manchmal die Beherrschung verliert, natürlich ohne zu schlagen oder so.
01:23:26
Das geht natürlich gar nicht, aber weil wir jetzt auch von anschreien und so reden,
01:23:29
Das ist, glaube ich, ein Problem, was halt in diesem Beruf manchmal aufkommt.
01:23:33
Und ich glaube aber, die Leute, die wissen das dann auch, dass das dann nicht richtig ist.
01:23:37
Sonst würden sie das ja wahrscheinlich bei diesen Umfragen nicht sagen.
01:23:40
Aber ich glaube einfach, dass viele manchmal auch verzweifeln in ihrem Job und den aber so gerne machen,
01:23:45
weil sich sonst auch niemand um die Alten kümmert und sie die nicht allein lassen wollen.
01:23:51
Ja, wenn das jetzt alles nur das Schreien wäre, würde ich das auch unterzeichnen.
01:23:57
Aber ich glaube, dass da ja auch, da wird ja auch davon geredet mit dem Anpacken und so und dass man halt, ja, keine Ahnung, als Angehörige ist das auch was anderes.
01:24:07
Du bist nicht ausgebildet, wenn du da dann überfordert bist und an deine Grenzen kommst.
01:24:13
Ja, aber das, also klar, dass man da mal irgendwie überfordert ist, aber ich finde das trotzdem eine ganz beunruhigende Zahl.
01:24:24
Ja, vor allem meine Oma, die war halt einmal im Krankenhaus und die hat fürchterlich geweint, als ich da ankam.
01:24:31
Und dann sagte sie mir, dass eine Pflegerin ihr so gewaltsam das Hemd angezogen hat, dass ihr Arm noch immer weht hat,
01:24:37
weil die Oma, die war halt nicht mehr so gelenkig und die brauchte so ein bisschen, um in den Ärmel reinzukommen.
01:24:42
Und dann hat die da an ihr gerüttelt und die hat noch so geweint und die mit ihr auf dem Zimmer war, die hat das dann auch bestätigt.
01:24:48
Und dann bin ich halt zu der Leitung und habe das gesagt und die sagte zu mir, ja, ja, das ist bekannt, dass die Pflegerin immer so grob anpackt und dass viele mit der Probleme haben.
01:24:57
Aber was sollen wir machen? So nach dem Motto.
01:25:00
Also ich bin vom Glauben abgefallen, aber in ihrer Antwort hat sie ja auch schon irgendwie impliziert, dass die zu wenig Pflegekräfte haben und dass sie deswegen mit dem leben müssen, was sie haben.
01:25:12
Und ich wollte wiederum auch die Pflegerin nicht darauf ansprechen, weil ich dachte mir so, um Gottes Willen, meine Oma ist ja die nächsten zwei Tage noch mit der alleine hier in gewissen Situationen.
01:25:20
Also ja, das meine ich eben, da ist man dann hilflos, weil du bist auf diese Person angewiesen.
01:25:26
Ja, und es ist halt auch so, dass es in der Pflege tatsächlich noch schlimmer ist als in der Kinderbetreuung, also was die Fachkräfte angeht.
01:25:33
Weil in Deutschland haben wir auch immer mehr alte Menschen, die pflegebedürftig sind.
01:25:38
Gleichzeitig gibt es aber aufgrund von schlechten Arbeitsbedingungen und niedrigen Löhnen auch immer mehr Menschen, die den Job nicht machen wollen.
01:25:46
Und was noch dazu kommt, es gibt auch generell immer weniger Pflegeeinrichtungen, weil es fast nicht mehr möglich ist, die ohne finanziellen Verlust zu betreiben, wie die Zeit berichtet.
01:25:57
Und klar, das alles rechtfertigt natürlich keine Misshandlung oder irgendwas dergleichen, aber der Druck, der auf den Pflegekräften lastet, ist hoch.
01:26:05
Und das ist generell ein Problem und trägt natürlich nie dazu bei, dass die Pflege besser wird.
01:26:10
Nee, und das sagt auch Thomas Görgen, weil der mithilfe dieser Befragung festgestellt hat, dass die PflegerInnen tatsächlich häufiger gewalttätig werden, wenn sie überlastet sind.
01:26:21
Und es gab ja auch diese Weihraff-Reportagen und im Februar 2022 wurden da mehrere InvestigativjournalistInnen in SeniorInnenzentren eingeschleust.
01:26:31
Und die Szenen, die die da aufgenommen haben, die sind wirklich scheußlich.
01:26:35
Also die alten Menschen, die hatten da zum Teil richtige Angst vor den PflegerInnen.
01:26:39
Also weil die die so grob angefasst haben oder immer wieder angeschrien haben.
01:26:44
Also ich erinnere mich daran, wie die einfach so Angst hatten, wenn die in diesen Raum kamen.
01:26:49
Und mal abgesehen davon, die Hygienestandards waren auch absolut grauenhaft.
01:26:53
Und die BetreiberInnen, die haben dann alles abgestritten und auch gesagt so, ja, das ist nur gerade so, weil wir gerade Personalengpass haben.
01:27:02
Jetzt war es aber in meinem Fall zum Beispiel gar nicht so, dass da eine zu hohe Arbeitsbelastung war.
01:27:07
Also die hat es da nicht gegeben.
01:27:09
Das hat die Verteidigung tatsächlich versucht, im Prozess vorzubringen.
01:27:13
Aber das Argument hat mich gezogen, weil sich halt schnell rausgestellt hat, dass Janina, Rainer und Aaron eher langweilig war, als dass sie Überstunden gemacht haben.
01:27:23
Und man muss ja sagen, zum Glück haben die sich da so zerstritten, in Anführungszeichen.
01:27:28
Weil sonst wäre das ja wahrscheinlich auch nie rausgekommen.
01:27:31
Weil das da genauso wie bei Kindern ist, dass das auch nicht rauskommt.
01:27:36
Das braucht dann so eine Aktion oder eben Fernsehteams oder Angehörige, denen sowas dann auffällt.
01:27:43
Da gab es 2016 zum Beispiel auch einen ganz schlimmen Fall in einem Seniorinnenzentrum in Mecklenburg-Vorpommern, wo Angehörige der BewohnerInnen Alarm geschlagen haben.
01:27:54
Als die zuständigen Behörden dann die Einrichtung durchsucht haben, haben sie ganz oben in einem kleinen Kämmerchen im Dachgeschoss eine demenzkranke Frau in einem Gitterbett mit dreckigen Füßen und eingefallenem Bauch gefunden.
01:28:09
Dieser Raum, in dem die Frau war, der war viel zu heiß.
01:28:12
Es hat noch Urin gerochen und auf dem Nachttisch stand eine Schnabeltasse mit noch einem Schlückchen Wasser drin.
01:28:20
An diesen Tisch kam die Frau aber gar nicht ran.
01:28:23
Also ganz, ganz schrecklich.
01:28:25
Und die Fotos, die später von der Frau vor Gericht gezeigt wurden, zu denen hat die Presse dann auch geschrieben, dass sie an die von InsassInnen eines KZs erinnert haben.
01:28:36
Und das Opfer war nur eine von vielen verwahrlosten BewohnerInnen aus dieser Einrichtung.
01:28:42
Die Geschäftsleiterin des Pflegedienstes, die insgesamt drei SeniorInnenhäuser geführt hat und damit sozusagen die Obhut über bis zu 80 Menschen hatte,
01:28:53
die wurde dann unter anderem wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen zu vier Jahren Haft verurteilt.
01:28:59
Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig, sonst hätten wir vielleicht auch den Fall heute erzählt.
01:29:03
Aber immerhin weiß man, dass es der alten Frau nach ihrer Befreiung besser geht und dass die Tochter, die es in die häusliche Pflege genommen hat und bei dem Gerichtsprozess, in dem die Frau die Nebenklage hatte, da stand ihre Tochter ja auch die ganze Zeit bei.
01:29:20
Übrigens sagt auch unser Experte, dass viel steht und fällt mit der Leitung von Einrichtungen.
01:29:26
Aber wenn SeniorInnen halt eben jetzt nicht in Einrichtungen untergebracht sind, sondern zu Hause betreut werden, dann übernehmen die Pflege natürlich auch mal, wenn man einen Pflegegrad hat, PflegerInnen, die dann mal vorbeikommen.
01:29:39
Die sind dann aber in der Regel nicht die ganze Zeit da und Angehörige sind ja meist nicht für die Pflege ausgebildet.
01:29:45
Und das kann natürlich für die psychisch belastend sein, aber auch für die Alten, weil Menschen mit Demenz jetzt zum Beispiel, die machen ja auch eine starke Persönlichkeitsänderung durch und die können dann auch manchmal wütend und aggressiv werden.
01:29:58
Das ist dann natürlich schwierig für Angehörige damit umzugehen.
01:30:01
Ja, und das kann dann eben auch wieder in Gewalt enden. Laut des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung werden etwa 15 bis 20 Prozent der zu Hause versorgten Menschen mit Demenz dann aus diesem Grund fixiert, mit Medikamenten ruhiggestellt oder eingesperrt.
01:30:16
Das muss man sich halt auch mal vorstellen.
01:30:19
Und dabei müssen viele ihre Angehörigen zu Hause pflegen, weil diese SeniorInnenzentren, die sind teuer.
01:30:25
Und wenn man seine Angehörigen wiederum zu Hause pflegt, dann gibt es sogar Geld vom Staat dazu.
01:30:30
Also je nachdem, welchen Pflegegrad die dann haben.
01:30:33
Also wenn es Pflegegrad fünft ist, dann bekommt man vom Staat monatlich bis zu 900 Euro.
01:30:37
Aber das Geld muss man natürlich eigentlich auch wieder ausgeben für die Angehörigen, beispielsweise für Unterstützung.
01:30:44
Also meine Oma, die hatte zum Beispiel Pflegegrad 2 und wir haben halt auch Geld bekommen.
01:30:49
Aber das, was wir ausgegeben haben für Pflege, die für sie vonnöten war, war viel mehr.
01:30:55
Also da kam dann am Ende zweimal am Tag eine Frau für die Tabletten.
01:31:00
Das wurde so ungefähr davon abgedeckt.
01:31:03
Aber wenn die zum Beispiel mit meiner Oma eine Stunde rausgehen sollte oder so, dann mussten wir halt immer was dazu zahlen.
01:31:09
Das wurde immer zusätzlich abgerechnet.
01:31:10
Und ich hatte auch noch eine unterstützende Kraft für die Wohnung zum Putzen einmal die Woche, weil das hat keiner gemacht sonst.
01:31:19
Und meine Oma konnte das natürlich nicht mehr machen.
01:31:22
Und irgendwann kam die Frau, die übrigens früher meine Tagesmutter war.
01:31:25
Deswegen war das dann schön, weil wir die kannten und meine Oma die kannte.
01:31:29
Und ich, meine Eltern haben schon ihr die Pflege von mir anvertraut und ich natürlich dann auch mit meiner Oma.
01:31:36
Aber sie kam dann am Ende auch wirklich jeden Tag.
01:31:38
Und das wurde natürlich nicht übernommen.
01:31:41
Weil dieser Antrag für neue Pflegegrad, weißt du, bis der durchgewiesen wäre, da war meine Oma schon tot dann.
01:31:48
Und viele haben halt die Mittel nicht, Zusatzausgaben aus der eigenen Tasche zu finanzieren und müssen sich dann im Zweifel selbst drum kümmern.
01:31:56
Und bei manchen wenigen ist es aber auch so, die benutzen das Geld gar nicht für ihre Angehörigen.
01:32:03
So war es zum Beispiel bei einem Fall in Osnabrück.
01:32:05
Da hatte eine Frau ihren alkoholkranken und pflegebedürftigen Vater 2018 zur häuslichen Pflege auf ihren Bauernhof geholt.
01:32:13
Aber das Geld, was sie für ärztliche Hilfe oder Medikamente hätte ausgeben müssen, dafür hat sie ihm weiter Alkohol besorgt und ihn in einer kleinen Wohnung auf dem Grundstück sich selbst überlassen.
01:32:25
Das dauerte dann natürlich nicht lange, bis da alles komplett verwarnust war und der Vater dann starb.
01:32:30
Das Ganze flog dann nur auf, weil ihre Schwestern ihren eigenen Vater bei der Polizei dann irgendwann als vermisst meldeten und die Polizei feststellen konnte, dass der alte Mann im Osterfeuer verbrannt wurde.
01:32:42
Und vor Gericht wurde dann klar, dass die Frau halt finanzielle Schwierigkeiten hatte und die Bezüge ihres Vaters einsacken wollte.
01:32:52
Also du hast ja schon gesagt, dir tun alte Menschen per se leid.
01:32:55
Das ist bei mir gar nicht so, weil ich sicher bin, dass da nicht alle nett sind von.
01:33:01
Aber weil in unserem jungen Alter gibt es ja auch viele Arschlöcher und die werden auch irgendwann alt.
01:33:08
Und es gibt auch viele alt, die wollen meinen mitleidlich und die brauchen das nicht, weil die super zurechtkommen.
01:33:13
Oder weil sie auch Arschlöcher sind.
01:33:15
Ja, auch das bestimmt.
01:33:16
Ja, wie zum Beispiel diese furchtbar egoistische Frau, die sich von mir nicht hat helfen lassen wollen in der Corona-Zeit.
01:33:26
Aber ich meine, wenn diese Menschen auf Hilfe angewiesen sind und wehrlos, dann finde ich es wirklich einfach nur ekelhaft, wenn man da dann noch von oben rauftritt, metaphorisch gesprochen.
01:33:43
Weil kein Mensch möchte gerne in dieser hilflosen Situation stecken.
01:33:48
Da haben wir ja auch schon ganz am Anfang drüber geredet.
01:33:51
Das will man nicht.
01:33:53
Man will nicht irgendwo sein und auf andere Menschen angewiesen sein.
01:33:57
Und wenn man dann aber noch von genau den Menschen Gewalt erfährt, die man entweder mit viel Geld bezahlt, dafür, dass sie sich sorgen sollen, oder noch von den eigenen Kindern, dann finde ich das wirklich auf allerletzter Stufe menschlich gesehen.
01:34:13
Und was wir noch sagen möchten, es ist wie bei allen Berufsgruppen, natürlich auch bei ErzieherInnen und PflegerInnen so, dass die meisten anderen Menschen nie etwas antun.
01:34:25
Und generell wollen wir hier natürlich auch eine Lanze für die Person brechen, weil die einen krass harten Job machen und viel zu wenig verdienen.
01:34:33
Und es auch nicht einfach ist, mit Kindern oder mit Kranken oder sehr alten Menschen zu arbeiten.
01:34:38
Genau, weil wenn man jeden Tag mit Krankheit oder Tod konfrontiert wird, also ich würde das gar nicht aushalten.
01:34:45
Ich hätte Paulinas Fall wahrscheinlich auch nicht erzählen können, weil ich das so schlimm finde.
01:34:51
Und deswegen finde ich das so wichtig, dass es eben Menschen gibt, die diesen Job machen und sich kümmern um die alten Menschen, die eben unsere Hilfe brauchen.
01:35:01
Also deine Hilfe brauchen sie nun echt nicht, Laura.
01:35:04
Die von Menschen, die es können.
01:35:07
Das war ein Podcast der Partner in Crime.
01:35:16
Hosts und Produktion Paulina Kraser und Laura Wohlers.
01:35:20
Redaktion Isabel Mayer und wir.
01:35:22
Schnitt Pauline Korb.