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#137 Der kinderfänger

Mordlust
Na, da sind wir doch schon wieder.
Falls ihr euch jetzt wundert, warum wir nach einer Woche schon wieder in eurem Podcast-Feed auftauchen, das ist jetzt immer so.
Genau, das ist ja jetzt unser neues Konzept.
Ihr wisst, jede zweite Woche behandeln wir, wie bisher, ein Oberthema, zu dem jede von uns einen Kriminalfall nacherzählt.
Und in der darauffolgenden Woche erzählen wir nun einen Fall gemeinsam.
Das haben wir bereits bei den Folgen über Hanau gemacht und über die Costa Concordia.
Die Costa-Folge ist aktuell übrigens ja auch immer noch unsere Lieblingsfolge.
Und heute erzählen wir einen Fall, der die Öffentlichkeit sehr bewegt hat.
Dabei geht es unter anderem um zwei Familien, die ein schreckliches Schicksal eint, um fragwürdige Ermittlungsarbeit und um einen Menschen, der von dem Staatsanwalt als Bestie in Menschengestalt bezeichnet wurde.
Mehr dazu gleich.
Und jetzt geht's los mit Mordlust, einem Podcast der Partner in Crime.
Wir reden hier über wahre Verbrechen und ihre Hintergründe.
Mein Name ist Paulina Kraser.
Und ich bin Laura Wohlers.
Heute haben wir euch einen Kriminalfall mitgebracht, den wir zusammen nacherzählen, der uns nachhaltig beschäftigt hat und von dem wir alle hoffentlich irgendwas mitnehmen können heute.
Die Geschichten, die wir hier erzählen, sind immer die Schicksale von Menschen.
Bitte behaltet das im Hinterkopf.
Das machen wir auch.
Selbst wenn wir zwischendurch mal ein bisschen lockerer miteinander sprechen.
Das ist für uns immer so eine Art Comic Relief, aber natürlich nicht despektierlich gemeint.
Alle Namen aus diesem Fall sind geändert, obwohl viele von euch die echten Namen kennen werden.
Und die Trigger-Warnung findet ihr in der Folgebeschreibung.
Es ist Freitag, der 30. Oktober 2015.
Die Parzelle Nummer 27 in der Schrebergartenanlage im Süden Brandenburgs macht einen ungepflegten Eindruck.
Sträucher wuchern wild neben einer schäbigen Hütte.
Ein kahler Apfelbaum reckt seine langen, knorrigen Zweige in den grauen Herbsthimmel.
In dieser tristen Szenerie leuchten die Gestalten, die das Grundstück in den weißen Schutzanzügen betreten geradezu.
Wo sie hin müssen, wissen sie genau.
Ein von Hand gezeichneter Plan, der an eine Schatzkarte erinnert, wie sie Kinder zeichnen würden, verrät es ihnen.
An einer Art Blumenbeet, es ist die Stelle, die das X zwischen Hütte und Apfelbaum markiert, setzen die Personen Spaten und Schaufel an.
Sie graben einen halben Meter tief.
Nur stoßen sie nicht auf einen Goldschatz, sondern auf eine schwarze Plastikfolie, unter der ein durchweichter Karton umwickelt mit Klebeband liegt.
Der Rechtsmediziner, der den Pappkarton aus der Grube hebt, spürt sofort, was sich darin verbirgt.
Als Vater hat er seine Kinder schon oft hochgehoben und ins Bett getragen, wenn sie auf der Couch oder im Auto eingeschlafen sind.
Der Unterschied ist, dass das Kind, das er jetzt durch den Karton an seinem Körper spürt, nie wieder aufwachen wird.
Fast vier Monate zuvor.
In der Erdgeschosswohnung des grau-braunen Plattenbaus im Potsdamer Stadtteil Schlaz packt Katja an diesem Mittwoch, den 8. Juli 2015, gerade die Einkäufe aus, als ihr Sohn Luca fragt, ob er noch ein bisschen draußen spielen dürfe.
Katja denkt kurz nach.
Noch bis vor zwei Wochen hätte sie Luca niemals erlaubt, allein rauszugehen.
Viel zu gefährlich.
Aber jetzt, wo sie hierhergezogen sind und nicht mehr im fünften Stock, sondern in einer Hochparteirewohnung leben, von deren Fenster aus sie ihren neugierigen Jungen quasi direkt beim Spielen beobachten kann, ist die Situation eine andere.
Außerdem ist es ja erst gegen 16 Uhr.
In Ordnung.
Bis zum Abendbrot kann Luca noch raus und Monster jagen, wie er sein Fantasiespiel nennt.
Das lässt sich der zierliche Sechsjährige mit dem blonden Haaren und blauen Augen nicht zweimal sagen.
Ein paar Augenblicke später sieht Katja durch das Küchenfenster ihren aufgeweckten Sohn in seinem Adidas-Shirt, der hellblauen Jeans und den Turnschulen zum Spielplatz direkt vor dem Mehrfamilienhaus laufen.
Eigentlich ist der nicht mehr als ein großer Sandkasten, neben dem ein hölzernes Nashorn steht.
Schaukeln, eine Rutsche oder andere Spielgeräte gibt es nicht.
Vom Fenster aus sieht die 26-Jährige mit den braunen Haaren und den feinen Gesichtszügen, dass heute keine anderen Kinder im Sand buddeln, mit denen Luca spielen könnte.
Aber als Einzelkind kann sich der Sechsjährige gut beschäftigen.
Manchmal ist Luca sowieso gern allein.
Weil er noch klein ist für sein Alter, wird er von den anderen Kindern oft Knirps genannt.
Dann kullern meist die Tränen und er sucht Trost bei Mutter Katja.
Heute ist aber niemand da, der Luca ärgert.
Und nachdem Katja noch ein paar Mal aus dem Fenster geschaut hat, widmet sie sich ihren Vorbereitungen fürs Abendessen.
Als sie gegen halb sieben aus der Haustür tritt, um vor dem Essen noch eine Zigarette zu rauchen, ist sie irritiert.
Luca ist nicht mehr im Sandkasten.
Katja schaut sich um, kann ihren Sohn aber auch sonst nirgends entdecken.
Wo ist er hin?
Er weiß doch, dass er sich nur rund um den Sandkasten aufhalten darf.
Der Grundschüler ist ein volksamer Junge, der eigentlich immer auf seine Mutter hört.
Katja ruft nach ihm, aber sie erhält keine Antwort.
Beunruhigt geht sie zurück in die Wohnung und holt ihren Lebensgefährten.
Sie wollen die Wohnanlage nach Luca absuchen.
Irgendwo muss er ja sein.
Gleichzeitig lockt sich Katja bei Facebook ein und fragt FreundInnen und Bekannte, ob sie Luca gesehen hätten.
Doch niemand kann helfen.
Und so entscheidet sich Katja gut 40 Minuten, nachdem sie Lukas Verschwinden bemerkt hat, die Polizei zu alarmieren.
Kurz darauf wimmelt es in dem Wohngebiet in Potsdam nur so von PolizistInnen.
Über 150 Einsatzkräfte durchkämmen die Gegend, suchen in Büschen, überprüfen Treppenhäuser und Kellerräume.
Über den Dächern knattert ein Hubschrauber und auf und im Fluss Nute, der in der Nähe von Lukas zu Hause vorbeifließt, sind Boote und TaucherInnen unterwegs.
Die hereinbrechende Nacht stoppt die Suchaktion nach dem Sechsjährigen, aber am nächsten Tag geht sie umso gewaltiger weiter.
Zahlreiche PotsdamerInnen schließen sich an, hängen Plakate in der Stadt auf und verteilen 3000 Flugblätter.
Nach nur 24 Stunden hat die Facebook-Gruppe Suche Luca fast 10.000 Mitglieder.
Bei der Polizei gehen derweil einige Hinweise ein, doch keiner führt zu einer heißen Spur.
Das Einzige, was die BeamtInnen herausfinden können, eine Nachbarin will Luca kurz vor 17 Uhr hinter dem Wohnhaus gesehen haben.
Also eine Stunde, nachdem seine Mutter ihn das letzte Mal gesehen hatte.
Wurde es ihm im Sandkasten zu langweilig und er beschloss, ein wenig herumzusträuchen, obwohl ihm seine Mutter das verboten hatte?
Und dann? Hat er sich verlaufen? Oder hat er sich verletzt?
Auf diese Fragen versucht die Polizei so schnell wie möglich Antworten zu finden.
Dafür wird als nächstes der Suchradius erweitert.
Die Polizei bittet um Mithilfe. Wer hat Luca gesehen?
Leuchtet samt Foto von Luca nun immer wieder an den Infotafeln mehrerer Berliner Bahnhöfe auf.
Eine Woche nach Lukas' Verschwinden berichtet dann Aktenzeichen XY darüber.
Nach dem 30-Sekunden-Beitrag gehen neun neue Hinweise ein.
Keiner bringt die Ermittlenden auf die ersehnte Fährte.
Die scheinen dafür Polizeispürhunde aufgenommen zu haben. Und zwar an der Note.
TaucherInnen haben den Fluss zwar schon am Tag von Lukas' Verschwinden abgesucht, aber weil die Tiere dort immer wieder anschlagen, wird der Wasserstand in der Note mithilfe von Absperrbauwerken um 20 Zentimeter abgesenkt und die Einsatzkräfte steigen ein zweites Mal in den Fluss.
Aber Luca taucht nicht auf.
Nach zehn Tagen, in denen nicht nur fast 2000 Polizeibeamtinnen, sondern auch Dutzende BürgerInnen in ganz Potsdam nach dem Sechsjährigen gesucht haben, beendet die Polizei die intensive Suche.
Jetzt kümmert sich nur noch die eigens gegründete Soko Schlarz, benannt nach dem Stadtteil, in dem Luca verschwand, um den Fall.
Lukas' Schicksal liegt in ihren Händen. Um ihn zu finden, gehen die BeamtInnen fast 900 Hinweisen nach, überprüfen die Familie des Jungen mehrfach und wenden sich sogar an selbsternannte HellseherInnen. Ohne Erfolg.
Also, ich bin ja auch anfällig für solche Themen, aber ich finde immer dann, wenn man ernsthaft anfängt, sich auf sowas zu verlassen oder das halt irgendwie in seinem Beruf oder in eine professionelle Richtung geht, dann wird das zum Problem.
Also man kann sich ja gerne in der Freizeit damit beschäftigen, aber alles andere geht mir echt zu weit.
Ja, und ich finde es so schlimm, dass man das immer wieder hört, dass sogenannte HellseherInnen irgendwie an der Ermittlungsarbeit beteiligt werden, wo ich mich natürlich erstens wundere, was da gedacht wird, wie die helfen können.
Und zweitens, was mich sauer macht, weil dadurch ja oft Hoffnung bei den beispielsweise Hinterbliebenen geweckt wird, dass man möglicherweise wie in diesem Fall ein verschwundenes Kind findet oder irgendwie sonst den Fall löst.
Ich habe mal mit der Schwester eines Kriminalopfers gesprochen, das zu dem Zeitpunkt noch als vermisst galt und die hat mir halt gesagt, dass solche Leute, also HellseherInnen, die halt selbst kontaktiert haben und dass die sich in der Zeit natürlich auch an jeden fucking Strohhalm geklammert hat.
Und das ist natürlich auch total verständlich, dass Leute in so einer Situation super anfällig für solche Sachen sind und für solche Menschen, die denen irgendwas versprechen.
Und das ist ja das Perfide dabei, dass die Menschen das natürlich wissen und das ausnutzen.
Und das finde ich halt echt nicht richtig und meinetwegen, wenn jemand bei der Polizei meint, wir versuchen hier alles und wir machen es dann nochmal damit.
Ich würde das aber nicht an die Öffentlichkeit rausgeben, weil es sowieso ein total sensibles Thema ist, wenn solche Menschen, die behaupten, psychik zu sein, ja auch diese sensiblen Informationen bekommen von den Ermittlungsbehörden, was sowieso ein Problem ist.
Ja, also man fragt sich jetzt auch weiterhin in diesem Fall, wo ist Luca?
Am 13. August, mehr als fünf Wochen nach Lukas Verschwinden, spricht der Chefermittler die Worte aus, die keine Mutter und kein Vater jemals hören sollten.
Er sagt, wir rechnen nicht mehr damit, dass Luca noch lebt.
Aber natürlich setzen die Polizeikräfte weiterhin alles daran, den Jungen zu finden.
Inzwischen haben sich drei mögliche Szenarien herauskristallisiert.
Variante 1, Luca ist weggelaufen.
Variante 2, er ist verunglückt, etwa in einen Schacht gefallen.
Und Variante 3, er wurde entführt.
Doch für keine der drei Theorien gibt es konkrete Anhaltspunkte.
Und Luca bleibt auch verschollen, als eine anonyme Privatperson 50.000 Euro für Hinweise auf seinen Verbleib auslobt.
Die Wochen vergehen, die Polizei ermittelt weiterhin in alle Richtungen.
Die Soko steht auch in engem Kontakt zur Ermittlungsgruppe Wald.
Denn Luca ist nicht der einzige vermissten Fall der Polizei und Öffentlichkeit im Sommer 2015 beschäftigt.
In Stendal in Sachsen-Anhalt ist zwei Monate vor Luca die fünfjährige Marie verschwunden.
Das Mädchen mit den blonden Zöpfen und der Zahnlücke fuhr mit ihrer Familie am 2. Mai 2015 nach Stendal.
Sie besuchten Freundinnen, der Eltern, geplant war ein Grillfest in der Nähe eines Waldes.
Die Partyvorbereitungen waren in vollem Gange und auch Marie half eifrig mit.
Gemeinsam mit anderen Kindern suchte sie im Wald Holz für ein Lagerfeuer.
Doch anders als die anderen Kinder kam Marie nicht wieder zurück zum Grillplatz.
Obwohl die Polizei schon eine halbe Stunde später den Wald und die Umgebung durchkämmte, blieb Marie verschwunden.
Als jetzt nach Luca gesucht wird, stellen die ErmittlerInnen eine Verbindung zu Marie her.
Die beiden Kinder sind ähnlich alt und Potsdam und Stender liegen nur etwa gut eineinhalb Autostunden auseinander.
Was, wenn beide Kinder Opfer eines Verbrechens wurden?
Möglicherweise sogar Opfer derselben Person.
Die Soko Schlaz sichtet daher Anfang Oktober nochmal 1000 Fotos, die im Laufe der Ermittlungen gemacht worden sind
und 300 Stunden Videomaterial von Überwachungskameras.
Irgendwo muss es den entscheidenden Hinweis geben.
Vier Wochen später taucht der tatsächlich auf, aber in ganz anderer Form als erwartet
und in Verbindung mit einem anderen Verbrechen.
1. Oktober 2015.
Drei Monate nach Lukas verschwinden, gut 30 Kilometer entfernt.
Die Schlange schiebt sich nur langsam voran.
An die tausend Menschen harren an diesem Donnerstag dicht gedrängt seit Stunden vor dem großen grauen Gebäudeklotz in Berlin-Moabit aus.
Frauen, Männer und Kinder aus verschiedenen Ländern warten auf einen Termin im Landesamt für Gesundheit und Soziales, kurz LAGESO.
Sie alle eint eine Sache.
Sie sind aus ihrer Heimat geflüchtet und hoffen nun in Deutschland auf ein besseres Leben.
Und das kann nur hier beginnen.
Denn das LAGESO ist seit dem Sommer 2015 in Berlin die zentrale Anlaufstelle für Geflüchtete,
unter anderem um Aufenthaltsdokumente zu verlängern und Sozialleistungen zu erhalten.
Deshalb ist auch Bessima an diesem ungewöhnlich warmen Herbsttag hier.
Die zierliche 29-Jährige mit den rot gefärbten Haaren ist mit ihren drei Kindern,
der neunjährigen Ruscha, dem vier Jahre alten Faruk und dem erst ein paar Monate alten Enes,
aus Bosnien-Herzegowina nach Deutschland geflohen.
Wie viele andere Menschen sind die vier in einer Geflüchtetenunterkunft untergekommen.
Um ihren Alltag bestreiten zu können, muss Bessima am Monatsbeginn,
wie jetzt am 1. Oktober, zum LAGESO, um Geld abzuholen.
Dafür steht sie schon seit 6 Uhr morgens in der Schlange.
Das Sozialamt öffnet zwar erst um 9.30 Uhr,
aber sie weiß, dass dort immer hunderte Menschen anstehen, die das Gleiche wollen.
Wenn Bessima Pech hat, kommt sie gar nicht mehr dran,
ehe die SozialarbeiterInnen Feierabend machen.
Deshalb ist sie an diesem Donnerstag schon so früh hergekommen,
gemeinsam mit ihren drei Kindern, die sie nicht allein hätte zu Hause lassen können.
Während sich Bessima mit Söhnchen Enes anstellt,
wird es Ruscha und Faruk in der Warteschlange schnell langweilig.
Deshalb sausen die beiden bald allein auf dem Gelände herum.
Faruk ist ein aufgeweckter, neugieriger Junge.
Der Vierjährige mit den großen dunklen Augen und den dunklen Haaren will die Welt entdecken.
Das macht er am liebsten mit einem Kinderfernglas,
das ihm seine Mama bei Netto gekauft hat.
Denn Faruk ist gerade voll im Piratenfieber.
Er hat sogar eine richtige Augenklappe.
Damit streift er an diesem Vormittag auf dem Lageso-Gelände umher.
Immer wieder kehren er und Ruzsa zu Mama Bessima zurück,
die in der Warteschlange nur langsam nach vorne rückt.
Gegen halb zwölf mittags, Bessima wartet inzwischen seit fünfeinhalb Stunden auf einen Termin im Sozialamt,
kommt Faruk erneut.
Er hat Hunger.
Zum Glück hat Bessima vorgesorgt.
Sie gibt ihrem Sohn ein belegtes Brötchen und sieht zu, wie Faruk zufrieden vor sich hinschmatzt.
Gestärkt läuft er wieder los.
Die Entdeckungstour geht weiter.
Bessima dagegen hofft, dass sie bald dran ist.
Aber voran geht es nur im Schneckentempo.
Tochter Ruzsa steht nach einer Zeit wieder neben ihr,
aber Faruk ist jetzt schon länger weg.
Bessima schickt ihre Tochter los, um nach dem Vierjährigen zu schauen.
Wahrscheinlich ist er zu dem Kindergarten auf dem Gelände gegangen.
Aber Ruzsa kommt ohne ihren Bruder zurück.
Faruk ist auf eigene Faust unterwegs,
so wie viele andere Kinder, die unbeaufsichtigt auf dem Gelände herumlaufen und miteinander spielen.
Um 14.15 Uhr, nach über acht Stunden Warten, ist Bessima endlich an der Reihe.
Sie bekommt ihr Geld ausgehändigt.
Eigentlich will sie jetzt nur noch nach Hause, aber Faruk ist noch immer irgendwo unterwegs.
Mit ihren beiden anderen Kindern im Schlepptau sucht Bessima das Gelände,
das einem lebendigen Wimmelbild gleicht, nach ihm ab.
Zwischen den unzähligen Erwachsenen, die immer noch für einen Termin anstehen,
tummeln sich viele Mädchen und Jungs,
aber den dunklen Schopf ihres Mittleren kann sie nirgendwo entdecken.
Langsam wird Bessima unruhig.
Normalerweise kommt Faruk immer von selbst wieder.
Dass er mehrere Stunden weg bleibt, ohne sich zwischendrin bei ihr zu melden, ist noch nie passiert.
Sie drängt sich zwischen den Wartenden hindurch, ruft Faruks Namen, läuft das Lageso-Gelände ab.
Doch Faruk ist wie vom Erdboden verschluckt.
Nach gut zwei Stunden erfolgloser Suche entscheidet sich Bessima gegen halb fünf, die Polizei einzuschalten.
Allerdings machen die BereitschaftspolizistInnen auch nicht viel mehr, als Bessima bereits getan hat.
Sie durchkämmen das Lageso-Gelände und die Parks in der Nähe des Geländes.
Keine Spur von Faruk.
Tags darauf laufen sie das Areal erneut ab.
Außerdem werden die BewohnerInnen und Sicherheitsleute in der Geflüchtetenunterkunft, in der Bessima mit ihren Kindern lebt, befragt.
Aber niemand kann den PolizistInnen sagen, wo Faruk sein könnte.
Der Vierjährige ist spurlos verschwunden.
Doch anstatt Hubschrauber und eine Hundestaffel anzufordern, um nach ihm zu suchen,
entscheiden sich die PolizeibeamtInnen nach einem Gespräch mit der AusländerInnenbehörde dazu abzuwarten.
Laut den Mitarbeitenden sollen Bessima und ihre Kinder in zweieinhalb Monaten abgeschoben werden.
Die PolizistInnen haben eine Vermutung.
Möglicherweise ist Faruk gar nicht wirklich verschwunden.
Sie fragen sich, ob Faruk nicht vielleicht von seiner eigenen Mutter versteckt wird, um die Abschiebung zu verhindern.
Als sich dann aber ein Zeuge meldet, der Faruk in einem Park gesehen haben will,
leitet die Polizei am Sonntag, drei Tage nach seinem Verschwinden, doch eine öffentliche Fahndung ein.
Also, ich kann nicht mehr.
Drei Tage, drei Tage nachdem ein Vierjähriger verschwunden ist, wird dann mal richtig nach ihm gesucht.
Ja, und ich finde es so absurd, da erst mal nach alternativen Theorien zu suchen, wo dieses Kind sein könnte.
Obwohl man ja sagt, Personen im Alter von bis zu 18 Jahren, also Minderjährige, dürfen ihren Aufenthaltsort nicht selbst bestimmen.
Und bei ihnen wird grundsätzlich von einer Gefahr für Leib und Leben ausgegangen.
Ja, es hört sich ja fast so an wie so Arbeitsverweigerung.
Ja, da stellt man sich vor, da sitzen ein paar PolizistInnen rum, die das gehört haben und eigentlich was machen sollen.
Die dann denken, also bevor wir jetzt einen Finger krumm machen, gucken wir jetzt erst mal, ob nicht vielleicht die Familie was damit zu tun hat.
Anstelle, dass man im Zweifel immer davon ausgeht, dass was Schlimmes passiert ist und dass man erst mal sucht, weil keiner wird sich beschweren, wenn man groß gesucht hat und das Kind hat sich im Schrank versteckt.
Oder die Familie hat dann was damit zu tun gehabt.
Aber sich so zu entscheiden, also wie kann man mit so einer Entscheidung überhaupt leben?
Ja, ich will das jetzt gar nicht unterstellen, dass die das irgendwie mit Absicht gemacht haben, um keinen Finger krumm zu machen.
Aber die sind da ja offenbar so auf Irrwege geraten und das verstehe ich halt nicht.
Ich meine, wenn du als geflüchtete Person in einer geflüchteten Unterkunft lebst, dann sind deine Möglichkeiten, einen Menschen zu verstecken, halt auch relativ gering.
Aber ich finde diese Unterstellung einfach so absurd und auch so grässlich der Mutter gegenüber, weil du ja natürlich auch davon ausgehen musst, dass das Kind wirklich verschwunden ist.
Und dann bist du halt in diesem Land, wo du eh schon so abhängig bist von diesem System und dann hast du das Gefühl, dir wird da nicht geholfen, plus diese Sprachbarriere, die dann auch noch dazu kommt.
Das ist ja einfach nur grausam.
Es ist dann so, dass später ein Polizeisprecher erklären wird, Zitat, Widersprüche in den ersten Aussagen von Bessima seien der Grund für diese Verzögerung gewesen.
Auf und um das Lageso kommen jetzt Spürhunde zum Einsatz.
Außerdem werden dort Plakate in verschiedenen Sprachen aufgehängt, die um Mithilfe bei der Suche nach Faruk bitten.
Wer kann Angaben zu dem Jungen machen, der auf dem Fahndungsfoto mit großen Augen neugierig in die Welt blickt?
Wurde es ihm auf dem Lageso-Gelände zu langweilig, ist er auf eigene Faust losgetigert oder hat ihn jemand mitgenommen?
Um das herauszufinden, machen sich die Ermittelnden daran, das Videomaterial auszuwerten, das die Sicherheitskameras auf dem Gelände der Sozialbehörde rund um die Uhr aufzeichnen.
Dabei entdecken sie an Tag 6 nach Faruks Verschwinden etwas Interessantes.
Eine der Kameras zeigt, dass Faruk am 1. Oktober gegen 14.40 Uhr, etwa zwei Stunden nachdem ihn seine Mutter zum letzten Mal gesehen hat, das Lageso-Gelände in seiner dunklen Jacke und der dunklen Hose hinter sich lässt.
Aber nicht allein. Neben ihm geht ein augenscheinlich junger Mann mit hellen Haaren und Bart.
Der helle Pullover und die helle Hose, die er trägt, scheinen etwas zu groß für ihn.
In der einen Hand hält er einen Plüschteddy und eine Tüte, an der anderen Faruk.
Genau, wenn man sich an dieses Bild zurückerinnert, der eine oder die andere werden das vielleicht noch so vor Augen haben.
Es ist einfach so furchtbar, weil dieser kleine Junge, der so viel kleiner ist als dieser erwachsene Mann, der ihn da an der Hand hält,
man denkt, der guckt sich noch so fragend um und ist so ein bisschen unbedarft einfach.
Und dieser Mann zieht diesen Jungen einfach so halb hinter sich her und geht so ganz zielgerichtet halt weg von dem Gelände.
Und man weiß ja in dem Moment noch nicht, was passiert ist, aber dieses Bild spricht schon tausend Worte.
Da ist ein fremder Mann, der einen kleinen Jungen an der Hand nimmt und sich ihm bemächtigt.
Und das ist einfach der absolute Albtraum aller Eltern, der sich da in diesem einen Bild widerspiegelt.
Und ich glaube, das ist auch so ein Punkt, warum dieser Fall einfach so Wellen geschlagen hat und warum der auch uns so in Erinnerung geblieben ist, ist halt dieses Foto.
Weil du hast ja normalerweise diese Bilder nicht.
Diese Bilder, die das Verbrechen zeigen und zwar wie dieser Mann dieses Kind mitnimmt.
Und da kriege ich auch wirklich Gänsehaut, wenn ich mir dieses Bild anschaue, weil ich ja weiß, was dem Kind dann später passiert.
Und es ist einfach so, man würde halt gerne in dieses Bild reinspringen und diesen Jungen auf den Arm nehmen und einfach weggehen.
Ja, also ich weiß gar nicht, jetzt fange ich jetzt schon an hier zu heulen, obwohl es noch gar nichts passiert ist.
Aber ja, ich finde das Bild einfach nur schrecklich.
Ja, reiß dich jetzt zusammen.
Ja, ich reiß mich zusammen.
Also doch, der Vierjährige ist nicht weggelaufen und schon gar nicht hat ihn seine eigene Mutter versteckt.
Faruk wurde aller Wahrscheinlichkeit nach entführt.
Aber wer ist der Mann?
Um das herauszufinden, wird die Aufnahme veröffentlicht.
Viel Hoffnung haben die ErmittlerInnen allerdings nicht.
Denn das Video ist zu unscharf, als dass man den Mann, der Faruk mitgenommen hat, auch nur ansatzweise identifizieren könnte.
Allerdings gehen in den folgenden Tagen trotzdem über 200 Hinweise ein.
Die ErmittlerInnen, der Soko Faruk, die inzwischen gegründet wurde, überprüfen einen nach dem anderen.
Doch keiner hilft dabei zu ermitteln, wer der fremde Mann ist, wohin er Faruk gebracht oder was er mit ihm gemacht hat.
Die PolizistInnen checken außerdem fast 40 Sexualstraftäter.
Auch das ohne Erfolg.
Also nehmen sie den Stadtteil Moabit, in dem das Lageso liegt, noch einmal genauer unter die Lupe.
Immobilien und Hinterhöfe werden durchsucht, AnwohnerInnen und Geschäftstreibende befragt.
Die Soko hofft vor allem auf weiteres Videomaterial von Lokalen oder Geschäften, das Faruk und seinen mutmaßlichen Entführer deutlicher zeigt.
Aber sie kommen zu spät.
Nirgendwo werden die Aufnahmen länger als ein paar Tage aufbewahrt.
Und das wäre ja dann wahrscheinlich kein Problem gewesen, wenn sie eben nicht drei Tage gewartet hätten, sondern sofort im großen Stil nach dem Kind gesucht hätten.
Ja, das stimmt.
Fast drei Wochen vergehen, bis die Soko dann doch den Datenträger in den Händen hält, der das Rätsel des Mannes lösen wird.
Allerdings ohne es zu wissen.
Denn erst Tage später schaut sich jemand das Material an.
Erst am 26. Oktober wird die unscheinbare Videodatei gesichtet, die ein Ermittler schon fünf Tage zuvor in einer Kneipe nahe des Lageso sichergestellt hat.
Anders als in den anderen Lokalen wurden dort die Aufzeichnungen vom 1. Oktober noch nicht überspielt.
Und entgegen dem Datenschutz filmt diese Sicherheitskamera nicht nur den Lokaleingang, sondern auch den Gehweg davor.
Und darauf sehen die ErmittlerInnen jetzt, 25 Tage nach Faruks Verschwinden, eine Person durchs Video spazieren, die ihnen bekannt vorkommt.
Wie die Aufnahme der Kamera vom Lageso-Gelände zeigt das Video von der Kneipenkamera, ein Mann mit hellen Haaren und heller Kleidung.
An der Hand hält er zwar nicht Faruk, sondern nur eine rote Rewe-Plastiktüte.
Aber nach Statur und Kleidung zu urteilen, muss es derselbe Mann sein.
Ein Blick auf den Zeitstempel bestärkt die ErmittlerInnen in ihrer Theorie.
Das Video von der Kneipe wurde um 13.30 Uhr aufgenommen.
Die Aufnahmen der Sicherheitskamera am Lageso, die den Mann mit Faruk in der Hand zeigen, entstanden um 14.40 Uhr.
Demnach hatte er gut eine Stunde Zeit zum Lageso zu gehen, Faruk zu finden und ihn mitzunehmen.
Endlich haben die ErmittlerInnen etwas in der Hand.
Denn was noch viel wichtiger als der Zeitstempel ist, diese Aufnahme ist, anders als die erste, gestochen scharf.
Das Gesicht des Mannes, eingerahmt von Brille und Bart, ist gut zu erkennen.
Um endlich herauszufinden, wer er ist, geht das Foto an die Presse und wird nicht nur in Berliner, sondern auch in überregionalen Tageszeitungen gedruckt.
Zwei Tage später steht die Polizei im Wohnzimmer einer grau-braun verputzten Doppelhaushälfte in einem Dorf im Süden Brandenburgs.
Britta, die hier mit ihrem Mann lebt, hat die BeamtInnen angerufen.
In der Märkischen Allgemeinen, die sie jeden Morgen vor der Arbeit im Getränkemarkt liest, ist ihr das Fahndungsfoto ins Auge gestochen.
Darüber stand, neue Bilder vom Entführer des kleinen Faruk.
Die 53-Jährige brauchte nur einen Augenblick, um den Mann auf dem Foto zu erkennen.
Es ist ihr eigener Sohn Marc.
So, und was macht man denn, wenn man ein enges Familienmitglied, Vater, Mutter, Sohn, Bruder, Schwester, auf so einem Fahndungsfoto sieht?
Ich stelle mir das so surreal vor, wie diese Frau die Zeitung aufgeschlagen hat und dann sieht sie da ihren Sohn und dann ruft sie halt die Polizei.
Aber würdest du es auch so machen?
Also ich würde ja erstmal hoffentlich davon ausgehen, dass es eine ganz einfache Erklärung für dieses Bild gibt.
Deswegen würde ich auf jeden Fall nicht direkt die Polizei rufen, sondern das Gespräch suchen.
Wenn dann rauskommen würde, the worst nightmare, ja, also dass es halt einen ganz schrecklichen Grund für dieses Bild gibt,
dann würde ich die Person wahrscheinlich oder würde ich der Person sagen, du musst jetzt zur Polizei gehen.
Selber anrufen, glaube ich ehrlich gesagt nicht, dass ich das machen würde.
Genau, sehe ich auch so.
Der Trugschluss in so einem Fall kann natürlich sein, dass du denkst, ja, okay, es wird ja eine normale Erklärung dafür geben.
Ich adressiere das also erstmal an meinen Familienmitglied.
Und wenn es dann aber nicht so ist, dass es eine Erklärung dafür gibt, die nicht auf ein Verbrechen schließen lässt,
dann gibst du der Person natürlich Zeit und schaffst die Gelegenheit, dass sie flieht.
Und da muss man sich natürlich dann am Ende damit auseinandersetzen, okay, bin ich jetzt mit daran schuld,
dass der Täter oder die Täterin, der die halt leider zu meiner Familie gehört, nicht gefasst wird.
Ja, man kann das ja gar nicht sagen, wie würde man dann reagieren.
Das ist ja so eine irre Vorstellung und so emotional.
Aber ich glaube, es wäre für mich echt schwierig, da zu entscheiden, was ich mache.
Ja.
Der schmächtige 32-Jährige, der nicht viel Wert auf sein Aussehen legt und als Nachtwächter bei einer Sicherheitsfirma arbeitet, lebt noch im Hotel Mama.
Im oberen Stockwerk sind ein Schlaf und ein Wohnzimmer sein Reich. Küche und Bad teilt er sich im Erdgeschoss mit den Eltern.
Britta berichtet den PolizistInnen nun, was sie weiß. Am Vortag sitzen sie, Marks Vater und Mark selbst, gemeinsam beim Frühstück, als sie das Bild in der Zeitung entdeckt.
Auf die Frage, wie Mark in die Zeitung komme, schweigt er.
Britta muss dann zur Arbeit, aber das Foto ihres Sohnes schiebt sich immer wieder vor ihr inneres Auge.
Sie schreibt ihm mehrere SMS. Sie will wissen, was ihr Sohn dazu zu sagen hat.
Was er in Berlin macht, mit einem Kind an der Hand, nachdem seit Wochen gesucht wird.
Und sie will wissen, wo dieses Kind jetzt ist. Ist es noch am Leben?
Aber Mark reagiert nicht und als sie am Abend nach Hause kommt, ist er schon bei seiner Arbeit als Nachtwächter.
Am nächsten Morgen weckt Britta ihren Sohn und stellt ihn erneut zur Rede.
Und endlich macht er den Mund auf.
Mark gibt zu, der Mann auf dem Fahndungsfoto zu sein.
Und er erklärt, dass Farouk tot sei.
Britta bringt nur eine Frage über die Lippen.
Warum hast du das getan?
Mark antwortet ihr nicht.
Er murmelt nur, dass er das nicht geplant habe.
Britta überlegt und kommt zu dem Schluss, dass es jetzt nur eine einzige Option gibt.
Mark muss sich der Polizei stellen.
Mark sieht das ein.
Er sucht sich im Internet die Telefonnummern von zwei Rechtsanwälten heraus.
Bevor er aber mit Britta zur Polizei fahren will, möchte er noch kurz weg.
Britta erzählt er, dass er Beweise für seine Tat holen will.
In Wahrheit kauft er aber noch ein Geburtstagsgeschenk für seine Nichte.
Britta vertraut ihrem Sohn, dass er bald zurückkommt.
Doch als sie dann auf ihren Sohn warten, zu Hause sitzt und immer mehr Zeit verstreicht, wird sie unruhig.
Was, wenn Mark sich etwas antut?
Schließlich hält sie das Warten nicht mehr aus und ruft die Polizei.
Wenig später trifft die erste Streife ein.
Als die schon dabei ist, sich einen Überblick zu verschaffen, fährt Mark vor.
Er ist zurück.
Die PolizistInnen fragen ihn, wo Faruk ist.
Mark sagt, sie sollen in seinen Kofferraum schauen.
Die Ermittelnden öffnen daraufhin die Heckklappe seines Wagens, heben eine Decke an und dann stockt ihn der Atem.
Vor ihnen im Kofferraum liegt eine knallgelbe Plastikwanne, ähnlich einer Kinderbadewanne.
Und darin befindet sich, bedeckt mit Katzenstreu gegen den Verwesungsgeruch, der kleine Körper eines toten Jungen.
Die Rechtsmedizin bestätigt später, was bereits auf der Hand liegt.
Es ist Faruk.
Die Handschellen klicken.
Mark wird aufs Revier gebracht.
Als er im Vernehmungsraum Platz nimmt, wirkt er abgeklärt.
Mit ruhiger Stimme beginnt er zu erzählen.
Die BeamtInnen, die ihm gegenüber sitzen, erfahren, was mit Faruk in den letzten Stunden seines jungen Lebens passiert ist.
Der Mann mit dem freundlichen Gesicht berichtet ausführlich und im Detail davon,
wie er den Vierjährigen vom Lageso mitgenommen, ihn später missbraucht und letztlich getötet hat.
Das alles erzählt der 32-Jährige nüchtern, zeigt keine Spur von Schuldbewusstsein.
Ab und zu lächelt er sogar, vor allem als er über den Missbrauch spricht.
Auf die Polizistin der Berliner Mordkommission, die ihn befragt, wirkt es auf verstörende Weise,
als würde er an etwas Schönes zurückdenken.
Dabei sind die Worte, die aus Marks Mund kommen, selbst für erfahrene ErmittlerInnen schwer zu verdauen.
Und dann sagt Mark etwas, das die Ermittelnden irritiert und ahnen lässt,
dass sie noch längst nicht das gesamte Ausmaß von Marks Verbrechen erkannt haben.
Als Mark mit der Schilderung von Faruks Entführung und Tötung fertig ist,
erwähnt er plötzlich einen zweiten Vermisstenfall.
Einen, der sich vor fast vier Monaten ereignet hat, keine 40 Kilometer von Berlin entfernt.
Mark gesteht, dass Faruk nicht sein erstes Opfer war.
Zuvor habe er im Juli bereits den sechsjährigen Luca aus Potsdam umgebracht.
Den Ermittelnden war bisher nicht klar, dass sie mit der Festnahme von Faruks Täter
auch noch ein weiteres furchtbares Verbrechen aufklären werden.
Mark erzählt, dass er Lukas Leiche in einem Schrebergarten 30 Kilometer entfernt von seinem Heimatdorf vergraben habe.
Die Parzelle hat Mark im Vorjahr gekauft und vor kurzem hat er dort zwischen Apfelbaum und Hütte ein Kindergrab geschaufelt.
Weitere Details zu der Tötung von Luca gibt Mark aber nicht preis.
Am nächsten Tag informieren VertreterInnen von Staatsanwaltschaft und Polizei die Öffentlichkeit darüber,
dass ein Mann festgenommen wurde, der sowohl die Entführung und Tötung von Faruk als auch die von Luca gestanden hat.
Das ist die Meldung des Tages.
Und daran kann ich mich noch sehr gut erinnern, denn in dieser Zeit habe ich gerade mein Volontariat gemacht
und war als Austausch bei der Axel Springer Journalistenschule beziehungsweise da halt in der Bild-Redaktion.
Die größten Kritiker der Elche waren früher selber welche.
Und ich musste an diesem Tag die Blattkritik machen.
Das heißt, du bist im großen Konferenzsaal oben und sprichst da in ein Mikrofon,
sind alle Regionalteile zugeschaltet und die Chefredaktion, damals halt noch unter Kai Diekmann, sitzt dann da und hört dir zu.
Und ich habe angefangen mit dieser Blattkritik und auf einmal, so stehen so viele Leute auf,
flüstern sich so gegenseitig was ins Ohr und ich denke, oh Gott, was, habe ich irgendwas gesagt?
Also was, du bist ja total verunsichert, wenn auf einmal so ein Gewusel ist und alle sind ganz aufgescheucht.
Und in dem Moment, ich habe das dann halt einfach durchgezogen und in dem Moment, wo ich fertig war,
kam dann halt der Nachrichtenchef zu mir, weil das war das Ressort, in dem ich damals angesiedelt war,
und sagt, nicht, dass du dich wunderst, wir haben gerade die Information zugeschleckt bekommen,
gefühlt die Bild ja immer ein bisschen vor allen.
Dass Faruks Entführer gefunden wurde und es da gleich eine Pressekonferenz zugibt
und dass das auch der Entführer von Luca ist.
Das heißt, ab der Hälfte meiner Blattkritik hat mir sowieso niemand mehr zugehört,
weil das war einfach das Ding natürlich an dem Tag.
Und damals hatten sie auch noch die Info zugesteckt bekommen,
dass der Fall halt eben vielleicht auch in Verbindung mit der vermissten Marie steht.
Also es ging hier um drei vermisste Kinder, die die deutsche Berichterstattung ja über Monate beschäftigt haben.
Und jetzt steht quasi im Raum, dass man alle vermissten Fälle aufklären kann.
Und da steht so ein Verlag natürlich Kopf.
Ja, vor allem auch deswegen, weil die Bild ja auch die Ersten sein wollen.
Und dann kann ich mir vorstellen, dass da bei dir keiner mehr zuhören konnte,
sondern es nur darum ging, das so schnell wie möglich zu veröffentlichen.
Im Übrigen in Bezug auf die Ersten sein.
Also das war damals schon wirklich so ein Ding, wo ich gemerkt habe, wie schnell die Bild arbeitet
und wie gerissen die auch sind.
Und das meine ich jetzt gar nicht nur negativ, sondern es war natürlich so,
dass ganz viele Reporter aus allen verschiedenen Medien dann zu dem Haus der Eltern von Marc gefahren sind,
sich davor positioniert haben und da geschaltet haben.
Und was macht der Bildreporter, der vor Ort war?
Alle gucken auf dieses Haus, da macht natürlich niemand auf.
Der geht einfach zum Nachbarhaus oder gegenüber und klingelt da und sagt so,
ja, kennen Sie den Marc hier von gegenüber?
Und dann macht da eine Frau auf und sagt, ja, kommen Sie mal rein.
Und dann macht die ein Fotoalbum auf und zeigt dem halt Bilder von dem Marc von früher.
Und die bei der Bild, die waren natürlich so, wie blöd die anderen sind, ne?
Ja.
Ich meine, da muss man natürlich auch dazu sagen, dass andere Medien kein Interesse unbedingt immer
an diesen privaten Geschichten haben, was ja auch gut ist, was wir ja auch oft kritisieren.
Aber für das, was die Bild möchte, für diese Boulevardeske Medienberichterstattung,
für diese Geschichten dahinter, für dieses ganze Persönliche, um das so auszuschlachten und so,
ist das natürlich dann ein super Move gewesen.
Ja.
Und dann passiert Folgendes, also Polizei und Staatsanwaltschaft, die stellen sich den Fragen,
der Presse und währenddessen macht sich in einem Schrebergarten, knapp 60 Kilometer
südlich der Hauptstadt, die Spurensicherung samt Rechtsmediziner dran, Luca zu finden.
Dabei hilft ihnen ein Plan, der aussieht wie eine Schatzkarte.
Marc hat ihn am Vortag gezeichnet.
An der Stelle, die er mit einem X markiert hat, soll Luca vergraben sein.
Und tatsächlich.
In 50 Zentimeter Tiefe, versteckt unter Teichfolie, Erde und Gehwegplatten,
findet der Rechtsmediziner Michael Zockos einen durchweichten Karton mit der Leiche eines Kindes.
Und Zockos beschreibt halt diese Situation recht eindrücklich in dem Podcast Spurensuche vom Sterncrime.
Die haben dann eine ausführliche Folge zum Fall gemacht.
Und da erzählt er eben, dass ihm das erst im Nachhinein aufgefallen ist,
dass er durch den Pappkarton eben diese Kinderleiche gespürt hat.
Und das ist ihm dann auch besonders im Gedächtnis geblieben.
Und es war ein ganz beklemmendes Gefühl, schildert er da.
Und nachdem er eben damals die Leiche obduziert hat, gibt es Gewissheit, es ist Luca.
Während in dem Schrebergarten in Brandenburg Lukas Leiche gefunden wird,
betreten andere Ermittlende in weißen Schutzanzügen die grau-braun verputzte Doppelhaushälfte von Marks Eltern.
Mit den Spurensicherungskoffern in der Hand steigen sie zu Marks Reich in den ersten Stock hinauf.
Sie erhoffen sich hier Antworten auf ihre offenen Fragen zu finden.
Mark hatte zwar detailliert berichtet, was er Fahrrug angetan hat,
Aber was der kleine Luca durchmachen musste, ist noch immer unklar.
Sobald sie die erste Tür öffnen, wird deutlich,
dass das unscheinbare Äußere des Hauses nicht mehr als eine Fassade ist.
Getarnt durch weiße Spitzengardinen an den Fenstern.
Die ErmittlerInnen bahnen sich den Weg durch ein Chaos von leeren Getränkeflaschen,
gefüllten Müllsäcken und überquellenden Papierkörben.
Und je länger sie sich umsehen, desto mehr Gegenstände entdecken sie,
die sich nach und nach zu einem verstörenden Puzzle zusammenfügen.
Unmengen an SM-Zubehör, außerdem Puppen und massenweise aus Zeitungen und Zeitschriften
ausgeschnittene Köpfe von Babys, Kleinmädchen und Jungen.
Dazu Zettel mit handschriftlichen Notizen wie
Kind besoffen machen, Kind fesseln und knebeln, Mund zu kleben.
Och, das ist so grausam.
Und 26 benutzte Kondome.
Spätestens jetzt ist klar, das hier ist nicht einfach eine vermüllte Junggesellenbude.
Marks Räume wirken wie eine Kulisse für eine Mischung aus Horrorfilm und Porno.
Nur, dass das kein Film ist, sondern für zwei kleine Jungen grausame Realität wurde.
Und möglicherweise auch noch für ein drittes Kind?
Denn die Spurensicherung hat bei Mark auch Spielzeug und Kinderkleidung gefunden,
die klassischerweise nicht nur für Jungen, sondern auch für Mädchen geeignet sind.
Wir erinnern uns, im Sommer, als noch nicht klar war, wer Luca entführt hat, hatte man in Erwägung gezogen,
dass Maries und Lukas Verschwinden in Verbindung miteinander stehen könnte.
Hatte man damals schon den richtigen Verdacht?
Hat Marc auch Marie entführt, missbraucht und getötet?
So, und jetzt wird es Zeit, dass wir uns die Ermittlungen mal ein bisschen genauer ansehen.
Weil das ist natürlich auch eine Besonderheit an diesem Fall.
Also Marc hat ja gestanden, dass er nicht nur Faruk, sondern halt auch Luca entführt und umgebracht hat.
Aber wenn man sich jetzt die beiden vermissten Fälle ansieht und wie deren Ermittlungen abgelaufen sind,
dann wird man ja feststellen, wie unterschiedlich die Fälle behandelt wurden.
Obwohl die Ausgangssituation ja eigentlich dieselbe war.
Also ein kleiner Junge, der entführt wurde und das sogar vom selben Täter.
Bei Luca fängt die Polizei ja zum Glück sofort nach diesem Notruf anzusuchen.
Ja, nach 40 Minuten.
Genau, und die fährt wochenlang auf, was geht und ermittelt in alle Richtungen, lässt Wasser ab hier von der Note und so.
Aber bei Faruk passiert erst mal drei Tage gar nichts.
Der verschwindet am Donnerstagnachmittag und erst am Sonntag leitet die Polizei eine Öffentlichkeitsfahndung ein.
Wir haben es vorhin schon gesagt, die Vorgabe ist bei vermissten Kindern,
dass man immer von einer Gefahr für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit ausgehen muss.
Solange die Ermittlungen nichts anderes ergeben.
Aber wenn man gar nicht erst ermittelt, dann ist das natürlich ein Problem.
Und in diesen ersten drei Tagen, die ja durchaus auch sehr wichtig sind für einen Entführungsfall,
wenn man denn davon ausgeht, dass es sich um einen Entführungsfall handelt,
schießen sich die Ermittelnden bei Faruk, anders als bei Luca, erstmal total auf das familiäre Umfeld ein.
Und zwar weil, so hatte es die Polizei ja angegeben, sie wissen, dass seine Familie bald abgeschoben werden soll.
Und dabei gibt es nach Recherchen des Spiegels im Zeitraum von 2011 bis 2015 in Berlin keinen einzigen Fall von vorgetäuschter Kindesentführung mit dem Motiv der Sicherung des Aufenthaltstitels.
Und jetzt guckt man sich die Fälle an und kann sagen, Luca kam aus Deutschland, Faruk kam aus Bosnien.
Und jetzt haben sich damals halt einige Leute und die Presse die Frage gestellt,
ob die Herkunft der Jungs der Grund für diese unterschiedliche Polizeiarbeit gewesen sein könnte.
Das beschäftigt dann halt in der Zeit auch PolitikerInnen, wie der Spiegel berichtet,
spricht Benedikt Lux, innenpolitischer Sprecher der Berliner Grünen im Fall von Faruk, von einer Fahndung zweiter Klasse.
Dabei müsse allein schon beim Verdacht auf Kindesentführung immer mit höchster Priorität ermittelt werden,
natürlich unabhängig von Staatsbürgerschaft oder Herkunftsland.
Die Polizei hat sich im Übrigen zu den Rassismusvorwürfen damals auch geäußert.
Der Berliner Landesvorsitzende des Bundesdeutscher Kriminalbeamter Michael Böhl meinte,
er lege seine Hand dafür ins Feuer, dass, Zitat,
dass keine Kollegin und kein Kollege weniger schnell und sorgfältig ermittelt hat, Zitat,
weil es sich um ein Flüchtlingskind handelte.
Laut ihm hätten diese Vorwürfe viele Berliner ErmittlerInnen damals auch sehr betroffen gemacht.
Ja, und wie wir ja auch schon gesagt haben, sagte die Polizei ja damals,
dass es halt eben diese Unstimmigkeiten in den Aussagen von Faruks Familie gab.
Der Polizeisprecher sagte dann auch explizit,
dass das aber nichts mit einem Generalverdacht gegen die Familie oder gar Ermittlungen gegen sie zu tun hat.
Und er sagte, Zitat, jeder von uns würde alles tun, um ein entführtes Kind zu retten.
Und keinen interessiert da, ob es Faruk oder Stefan heißt.
Und man muss ja jetzt auch generell sagen, das sind harte Anschuldigungen, die man da gegen die Polizei geäußert hat.
Und in diesem Fall, der ja eh schon so brisant ist, hat es dann natürlich auch noch mal mehr Tragik und noch mehr Aufmerksamkeit reingegeben.
Gut acht Monate nach seiner Verhaftung beginnt der Prozess gegen Mark.
Viele Menschen dringen in den Gerichtssaal, um zu sehen, wie dem mutmaßlichen Kindermörder der Prozess gemacht wird.
Die Wut der Öffentlichkeit ist spürbar.
Im Vorfeld gab es mehrere Morddrohungen gegen Mark, weshalb die Justiz reagieren muss.
An diesem Dienstag, den 14. Juni 2016, marschieren im Landgericht Potsdam Sicherheitskräfte auf, wie sonst nur bei Prozessen gegen Rockerbanden.
In dem Raum ist es an diesem Tag stickig.
Die Fenster dürfen selbst an dem heißen Sommertag aus Sicherheitsgründen nicht geöffnet werden.
Mark muss sich jetzt wegen Vergewaltigung, sexuellen Missbrauchs und des Mordes an Luca und Faruk verantworten.
Ihm gegenüber, nur wenige Meter entfernt auf der anderen Seite des Saals, sitzen Lukas Mutter Katja und Faruks Mutter Bessima.
Beide haben die Nebenklage angetreten und begegnen nun dem Mann, der gestand, ihnen ihre geliebten Kinder genommen zu haben.
Dass wirklich er diese grausamen Taten begangen haben soll, ist für viele schwer zu glauben.
In seinem Dorf wurde Mark manchmal Berti genannt, weil er die Menschen mit seiner schmächtigen Figur und dem nachlässigen Haarschnitt an die Handpuppe Bert von Ernie und Bert aus der Sesamstraße erinnerte.
Auch jetzt, vor Gericht, erscheint Mark so wie immer.
In Hochwasserhose und grünen grauem Hoodie, unauffällig, unscheinbar.
Das schmale Gesicht mit der Nickelbrille verbirgt er hinter einem hellen Aktendeckel vor den Kameras der zahlreichen JournalistInnen,
als er neben seinen beiden Verteidigern Platz nimmt.
Als im Saal Ruhe einkehrt, kommt nicht wie gewöhnlich die Staatsanwaltschaft zu Wort, die die Anklageschrift verliest.
Diesmal ist es die Seite der Verteidigung, die zuerst spricht und so den Prozessbeginn verzögert.
Mark möchte eine Verhandlung unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Was hier gesagt werden wird, sei zu schrecklich für Zuhörende.
Außerdem habe er Angst vor dem Pranger, wolle seine Intimsphäre schützen.
Der vorsitzende Richter lehnt den Antrag als unbegründet ab.
Sein Argument, das Informationsinteresse der Allgemeinheit überwiegt.
Es ist bereits kurz vor Mittag, als sich der Staatsanwalt endlich erhebt und für die Öffentlichkeit rekonstruiert,
was Mark, Luca und Farouk angetan haben soll.
Nachtwächter Mark hat Anfang Juli 2015 Urlaub.
Die freien Tage nutzt er dafür, um einen akribisch ausgearbeiteten Plan in die Tat umzusetzen.
Der 32-Jährige will ein Kind in seine Gewalt bringen und mit ihm seine sexuellen Fantasien ausleben.
Mit Gewalt und natürlich gegen den Willen des Kindes.
Am 8. Juli macht er sich auf den Weg ins von seinem Elternhaus knapp 60 Kilometer entfernte Potsdam.
Am späten Nachmittag fährt er dort durch ein Wohngebiet im Stadtteil Schlaz.
Die Augen hält er nach Mädchen oder Jungs offen, die unbeaufsichtigt auf den Gehwegen und Grünanlagen spielen.
Gegen 17 Uhr entdeckt er einen Jungen, der in der Nähe eines Wohnhauses allein rumläuft.
Den sechsjährigen Luca.
Und damit ist seine Wahl des Opfers gefallen.
Mark gelingt es, Lukas Vertrauen zu gewinnen und ihn unter einem Vorwand in sein Auto zu locken.
Wie er das schafft, lässt sich im Nachhinein nicht mehr feststellen.
Auch nicht, wohin er mit ihm fährt.
Was aber feststeht, noch bevor Luca begreifen kann, dass der vermeintlich freundliche Mann etwas Böses im Schilde führt,
betäubt Mark ihn mit Chloroform und fesselt ihn mit Kabelbindern und Paketklebeband.
Später zieht er dem Sechsjährigen eine schwarze, lederartige Maske über den Kopf, die nur Lukas Mund frei lässt.
Er bindet ihm zudem eine medizinische Halskrause, ein sogenanntes Stiffneck in Kindergröße um,
sodass Luca seinen Kopf kaum noch bewegen kann und legt ihm einen Mundknebel an,
der es dem Kind unmöglich macht, seinen Mund zu schließen.
Dann vergewaltigt Mark Luca mindestens einmal oral und mindestens einmal anal.
Weil Mark weiß, dass Luca ihn beschreiben könnte, wenn er den Jungen wieder gehen lässt,
vollzieht er spätestens 19 Stunden, nachdem er Luca entführt hat, den nächsten Schritt seines Plans.
Er erstickt den Sechsjährigen.
Der Todeskampf dauert lange und ist qualvoll, wie aus dem Obduktionsbericht hervorgeht.
Dann steckt Mark den nackten, toten Kinderkörper in Embryonalstellung in einen Plastiksack
und den wiederum in einen Karton, den er mit Klebeband umwickelt.
Mit dem Karton fährt er zu seiner Kleingartenparzelle und vergräbt ihn dort.
Die Grabstelle inszeniert er so, dass neugierige NachbarInnen davon ausgehen müssen,
er lege hier ein Blumenbeet an.
Von Lukas' Entführung bis zum Zeitpunkt, an dem Mark den toten Jungen im Schrebergarten vergräbt,
vergehen maximal eineinhalb Tage.
Kurze Zeit später schickt Mark eine Kondolenzkarte an Lukas' Mutter.
Weil er auf das Kuvert aber nur die Initialen schreibt, kann sie nicht zugestellt werden.
Auf der Karte steht, und das muss man sich mal reinziehen,
in tiefer Trauer um den verstorbenen L-Punkt, Todesursache, ersticken und in Klammern sorry.
Also das ist doch so krank, oder?
Also nee, ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll.
Ich habe das auch, bevor wir uns jetzt so tiefgehend mit dem Fall beschäftigt haben, nicht gewusst.
Also das hat mich nochmal richtig geschockt.
Also ich finde da, und das ist natürlich jetzt eine Mutmaßung, ja, aber es ging ihm nicht nur um die Befriedigung seines Sexualtriebs.
Warum würdest du so eine furchtbare Kondolenzkarte an die Mutter schicken?
Du weißt ganz genau, die vermisst ihr Kind, die sucht überall danach.
Und sie weiß nicht, was mit ihm passiert ist.
Und dann schickst du so eine Karte, sagst, Todesursache, ersticken und dann sorry.
Also ich meine, da könnte man ja jetzt verargumentieren, ja, okay, vielleicht wollte er ihr sozusagen die Unwissenheit nehmen
und ihr damit dann sagen, was passiert ist.
Nope.
Aber ich kann dem jetzt wirklich überhaupt nichts Positives abgewinnen.
Nein, vor allen Dingen auch, ganz ehrlich, in tiefer Trauer.
Ja, also wenn du so tief traurig bist, dann hättest du das wahrscheinlich nicht gemacht.
Also was ist das für eine, ich habe wirklich überhaupt gar keine Worte dafür, wie kann man so was machen?
Wie kann man so heuchlerisch, ekelhaft sein und diese Karte schreiben und auch noch abschicken?
Ja, und dann dahinter sorry.
Ja.
Also das ist wirklich, also furchtbar.
Sorry dafür, dass er Luca brutal vergewaltigt und ermordet hat, ja.
Und mehr hat Marc offenbar auch jetzt nicht vor Gericht zu sagen.
Als der vorsitzende Richter ihn aufruft, schweigt er.
Er reagiert erst, als Lukas Mutter Katja auf eine Krücke gestützt in den Zeuginnenstand tritt,
schwarz gekleidet, das Haar zum Pferdeschwanz zurückgebunden.
Marc atmet lautstark durch.
Katja beantwortet die Fragen des Richters ruhig und gefasst.
Aufwühlend ist für sie aber die Frage, wie es überhaupt zu der schrecklichen Tat kommen konnte.
Ihr Sohn war ein schüchterner Junge.
Warum ging er mit Marc mit?
Hat Marc vielleicht seine Nachtwächteruniform benutzt, um autoritär zu wirken?
Könnte er sich so Lukas Vertrauen erschlichen haben?
Der vorsitzende Richter wendet sich mit diesen Fragen, die nicht nur Katja, sondern alle im Saal umtreiben, direkt an Marc.
Katja habe ein Recht darauf zu erfahren, wie ihr Sohn gestorben sei.
Er sagt, es gibt nur einen, der ihr das genau sagen kann und das sind sie.
Aber von der Anklagebank sind keine Antworten zu hören, nur Atemzüge.
Und das bleibt auch so, als der Staatsanwalt von den letzten Stunden in Faruks kurzem Leben berichtet.
Im Herbst 2015, knapp drei Monate, nachdem er Luca entführt, missbraucht und getötet hat, hat Marc wieder frei und daher zahlt sich auf die Suche, nach seinem nächsten Opfer zu machen.
Wo er dieses finden könnte, erfährt er aus den Medien.
In der Berichterstattung über die Geflüchteten, die ab dem Sommer 2015 in Deutschland Schutz suchen, geht es immer wieder auch darum, dass die Behörden mit der Menge an Menschen überfordert seien
und daher an Anlaufstellen wie dem Lageso in Berlin chaotische Zustände herrschen würden.
Auf den Aufnahmen, die bundesweit über die Fernsehbildschirme flimmern, sieht man immer wieder unbeaufsichtigte Kinder über das Areal laufen.
Marc wittert seine Chance.
In einem solchen Gewusel dürfte es nicht so schwer sein, ein Kind zu finden.
Also setzt er sich am 1. Oktober ins Auto und fährt in die gut eine Stunde entfernte Hauptstadt.
Marc ist gut vorbereitet.
Er hat eine Tasche voller Chloroform, Kabelbinder, Klebeband und Handschellen dabei und ein Blüsch-Teddy.
In Berlin-Moabit angekommen, parkt er den Wagen in der Nähe des Lageso und macht sich zu Fuß auf den Weg dorthin.
Dabei fängt ihn die Kamera ein, die an der Kneipe unweit der Anlaufstelle für Geflüchtete installiert ist.
Kurz nach halb zwei Nachmittags betritt Marc dann das Lageso-Gelände.
Es dauert nicht lange, bis ihm ein kleiner Junge ins Auge fällt, auf den offenbar niemand achtet.
Faruk.
Marc spricht den Vierjährigen an und schenkt ihm den Teddy, den Faruk begeistert in die Arme schließt.
Als das Kind deutlich macht, dass es Durst hat, holt Marc Faruk einen Becher Wasser.
Mehr braucht er nicht zu tun, damit Faruk ihm sein Vertrauen schenkt.
Und so verlässt Marc das Gelände nach nur einer Stunde wieder, mit Faruk an der Hand.
In diesem Moment fängt ihn die Sicherheitskamera des Lagesos ein.
Marc setzt den Jungen in sein Auto, gibt ihm noch mehr Spielsachen und Süßigkeiten.
Wo Marc die nächsten sechs Stunden verbringt und ob er Faruk in dieser Zeit bereits missbraucht, kann nicht aufgeklärt werden.
Klar ist jedoch, dass Marc ihm Schlafmittel verabreicht, um Faruk gegen 21 Uhr in seine Wohnung zu schmuggeln, ohne dass seine Eltern es merken.
Was dann geschieht, kann die Staatsanwaltschaft gut rekonstruieren.
Marc hat den Missbrauch nämlich mit dem Handy aufgezeichnet.
Faruk liegt auf dem Bett, ohne Hose.
Marc streichelt und kitzelt den Jungen.
Faruk versucht, Marc's Hand wegzuschieben, wirkt dabei apathisch.
Seine großen, dunklen Augen, die vorher alles so neugierig aufgesaugt haben, starren ins Leere.
Schließlich zieht Marc dem Vierjährigen die Unterhose aus und streichelt ihn weiter am ganzen Körper.
Als Faruk irgendwann einschläft, legt sich Marc selbst nackt zu ihm und schmiegt sich an ihn.
Am nächsten Morgen, als Marc's Mutter bereits zur Arbeit aufgebrochen ist und sein Vater Einkäufe erledigt, macht Marc weiter wie am Abend zuvor.
Er filmt, wie er an Faruk sexuelle Handlungen vornimmt und den Jungen auffordert, dasselbe bei ihm zu tun.
Die Handyaufnahmen zeigen, dass Faruk weint, verängstigt ist und nicht tun will, was Marc von ihm verlangt.
Immer wieder versucht er, seine kleine Hand wegzuziehen.
Marc ist enttäuscht, das hatte er sich anders vorgestellt.
In der Hoffnung, Faruk umzustimmen, zwingt er ihn dazu, ein Porno zu schauen.
Aber Faruk weigert sich weiter.
Marc wird langsam wütend.
Es läuft überhaupt nicht nach Plan.
Als Faruk dann am Nachmittag wieder anfängt zu weinen und immer wieder nach seiner Mama zu rufen,
hat Marc genug.
Seine Mutter ist zwar immer noch bei der Arbeit, aber sein Vater inzwischen längst wieder vom Einkaufen zurück.
Er darf auf keinen Fall auf den Jungen aufmerksam werden.
Und auch, weil er in wenigen Stunden pünktlich bei der Arbeit sein muss, packt Marc Faruks Hals.
Er ignoriert, dass der Junge mit aller Kraft um sein Leben kämpft und drückt zu.
Als es ihm nicht gelingt, Faruk dadurch zu töten und dieser wieder weint und wimmert, betäubt er den Jungen und fesselt ihn.
Dann zieht Marc den schwarzen Gürtel aus seiner Arbeitshose.
Er drosselt Faruk und legt sich den Gürtel wieder um die Hüften.
Er schaltet den Fernseher ein und isst nebenbei, wie immer, vor der Nachtschicht,
während der tote Faruk quasi neben ihm liegt.
Dann holt er eine gelbe Plastikwanne, legt Faruks Leiche hinein,
stellt die Wanne in die Abstellkammer und sichert sie mit einem Vorhängeschloss.
Auf dem Weg zur Arbeit kauft er Katzenstreu.
Die Tüten entleert Marc später über dem toten Kinderkörper, um den Verwesungsgeruch vorzubeugen.
Auch das hält er mit seinem Handy fest.
Die nächsten Wochen lebt er neben Faruks Leiche.
Erst als ihn seine Mutter auf das Fahndungsfoto in der Zeitung anspricht
und ihm klar wird, dass er entdeckt wurde, stellt er die Plastikwanne in seinen Kofferraum.
Ein paar Stunden später wird er festgenommen.
Ach, das war jetzt hart für dich.
Ja, das war echt hart.
Und ich muss noch kurz sagen, was mir jetzt nochmal aufgefallen ist.
Also die Tatsache, dass er nicht nur den Missbrauch mit seinem Handy festhält,
sondern auch, dass er eben das Katzenstreu auf der Leiche ausschüttet.
Das zeigt für mich auch nochmal, da ging es jetzt nicht nur um Sexuelles, weißt du?
Warum muss man denn das noch filmen, ja?
Ja, genau.
Es ist wirklich grausam.
Wollte seine Grausamkeiten festhalten, für was?
Um sich dann danach auch noch dran zu ergötzen.
Das macht es halt alles so berechnend, auch dass er diesen Plan halt schon ewig hatte und so.
Mann Junge, wenn du solche Gedanken hast, dann hol dir Hilfe.
Also vielleicht geht es den Leuten, die uns jetzt gerade zuhören, ähnlich wie uns.
Es ist sehr hart zu ertragen und man kann sich, glaube ich, nicht mal ansatzweise vorstellen,
wie das für die Eltern ist, die in diesem Gerichtssaal sitzen und sich das mit anhören müssen.
Und bei Bessima kommt jetzt auch noch dazu, dass sie ja gar nicht alle Teile des Prozesses versteht.
Ja, also sie hat zwar einen Dolmetscher dabei, aber der schweigt halt manchmal.
Womöglich vielleicht auch, um ihr furchtbare Einzelheiten zu ersparen.
Aber die 29-Jährige, unter deren Augen sich tiefe, dunkle Ringe in das schmale Gesicht gegraben haben,
weiß längst mehr, als ihr lieb ist.
Mein Kind ist tot, sagt sie immer wieder, als sie in den Zeug in den Stand tritt.
Sie spricht kaum Deutsch, aber diese vier deutschen Worte haben sich in ihr Gedächtnis gebrannt.
Sie ist voller Wut auf Marc, will am liebsten auf ihn losgehen.
Anders als Lukas Mutter lässt Bessima nicht nur Marc, sondern alle Anwesenden den Schmerz spüren,
der sie seit Faruks Entführung zerfrisst.
Über ihren Übersetzer berichtet sie davon, dass sie nach Faruks Beerdigung zweimal schwanger gewesen sei.
Zweimal habe sie das Kind verloren.
Marc sei daher nicht nur für Faruks, sondern auch für den Tod ihrer beiden ungeborenen Kinder verantwortlich.
Über Marc sagt Bessima, Zitat,
Mein größter Wunsch ist, dass er den Rest seines Lebens im Gefängnis verbringen muss.
Er soll bis zu seinem Lebensende im Gefängnis bleiben oder sich selber das Leben nehmen.
Sonst habe ich keine Wünsche mehr.
Nach Bessima sagt auch ihre neunjährige Tochter Ruzia aus.
Die Szene wirkt fast unwirklich.
Die zierliche Neunjährige mit dem roten Haarband, die dem Richter Rede und Antwort steht,
nur wenige Meter entfernt von dem Mann, der ihr und ihrer Familie so viel Leid angetan hat.
Sie erzählt von Schlafstörungen und dass sie aus Angst nach Faruks Entführung nicht mehr in die Schule ging.
Als Ruzia endet, bedankt sich der vorsitzende Richter für ihren Mut.
Ich wünsche dir, dass es dir gut geht, dass du viele Freunde findest und eine Menge in der Schule lernst, sagt er.
Marc scheint die Aussagen von Ruzia, den beiden Müttern und die der anderen ZeugInnen nicht unberührt zu lassen.
Mal schüttet er den Kopf, mal hält er sich die Ohren zu und ab und zu wischt er sich Tränen aus dem Gesicht.
Aber was ihm durch den Kopf geht, was er zu den Vorwürfen zu sagen hat, vor allem die Frage, warum er das getan hat.
Darauf gibt er keine Antworten.
Marc hüllt sich in Schweigen.
Mehr als damals bei der Polizei hat er nichts zu sagen.
Dafür spricht das, was mitten im Gerichtssaal aufgebaut wird, eine deutliche und schreckliche Sprache.
Auf Aktenwagen werden allen Anwesenden zahlreiche Gegenstände präsentiert, die die ErmittlerInnen in Marks Wohnung gefunden haben.
Zum Beispiel der schwarze Gürtel, mit dem er Faruk erdrosselt haben soll, die gelbe Plastikwanne mit dem Katzenstreu und Chloroform, Schlaftabletten, Fesseln und ein Mundknebel.
Dazwischen Kuscheltiere, Kinderkleidung und Schuhe in Größe 27.
Am verstörendsten wirkt eine etwa einen Meter große Puppe, die einem echten fünfjährigen Kind ähnelt.
Mit dem Plastikkörper hat Marc laut dem Staatsanwalt vor Luca und Faruk sein Bedürfnis nach Nähe befriedigt.
Er habe in einer Fantasiewelt gelebt, die Kinderpuppe als Partnerersatz benutzt, mit ihr geschmust, sie im Arm gehalten, an sich gedrückt und mit ihr Geschlechtsverkehr simuliert und sich dabei gefilmt.
Die Puppe habe ihm dann aber nicht mehr gereicht.
Daher habe Marc sich als freundlicher Onkel ausgegeben, um sich zuerst das Vertrauen der Kinder zu erschleichen und sich dann in eine, Zitat, Bestie in Menschengestalt zu verwandeln.
Und dieses Zitat des Staatsanwalts ist etwas, was sich in den nächsten Tagen in vielen Medien wiederfindet.
Und dazu mal kurz. Gerade in der Boulevardpresse werden ja bei der Berichterstattung bei so besonders schlimmer Verbrechen mutmaßliche Täter in öfter mal als Bestien oder Monster dargestellt.
Zum einen, weil das natürlich Neugier weckt und damit auch die Auflage steigert, aber zum anderen auch deswegen, weil sich viele nicht vorstellen können, zu welchen Straftaten manche Menschen fähig sind.
Und das an sich finden wir beide kritisch.
Ja, weil es halt auch nicht zu einer objektiven Kriminalberichterstattung beisteuert.
Und was man damit bewirken will, wie so oft im Boulevard, ist ja, Emotionen hervorzurufen.
Und das ist in diesem Fall natürlich die Wut.
Und ich meine, das ist bei diesen Taten, die Marc begangen hat, ja sowieso vorhanden.
Aber hier wird es halt nochmal als Verstärker wirken, weil da sind Menschen wirklich wütend und angefasst von dieser Tat, die diesem Prozess beiwohnen, ja.
Und dann muss man halt am Ende so ein Sicherheitsaufgebot fahren, weil man Angst hat, dass da ein Angeklagter im Gerichtssaal nicht in Sicherheit ist.
Ja, und hier kommt ja jetzt noch dazu, dass das nicht nur die Boulevardpresse, von der man das ja irgendwo auch erwarten kann, geschrieben hat, sondern dass das vom Staatsanwalt kam.
Also von dem hat die Presse das Zitat Bestie in Menschengestalt.
Genau, und wir sehen das natürlich auch total, dass wir das jetzt am Anfang eingebaut haben.
Das haben wir natürlich mit Absicht gemacht, haben es aber natürlich ja auch gleich als Zitat gekennzeichnet, weil wir das so absurd finden und uns, also uns ist das doch noch nie begegnet, dass ein Staatsanwalt so was sagt.
Ja, also das ist wirklich sonderlich und natürlich auch wirklich kritisch zu betrachten.
Ja, und deswegen gibt es dann damals auch aus den Reihen der Justiz Kritik, weil so eine Aussage dem Angeklagten ja das Menschsein abspricht und damit in gewisser Weise auch die Menschenwürde, die aber ja das oberste Grundrecht in einem Rechtsstaat ist.
Der Rechtsanwalt Julian Rodenbeck sieht solche Aussagen extrem problematisch.
In einem Kommentar in der Zeitschrift Strafverteidiger sagt er, dass sich, Zitat, der Status einer Gesellschaft und die Qualität eines Rechtsstaats auch immer darin zeigen, wie der Staat mit denjenigen umgeht, denen schlimmste Verfehlungen vorgeworfen werden.
Das heißt, StraftäterInnen dürfen und müssen für die Konsequenzen ihres Handelns bestraft werden, klar, aber sie dürfen nicht entmenschlicht werden.
Also, nochmal, die Taten sind unmenschlich und monströs und ich finde, das darf man auch genau so sagen, aber den Menschen dahinter so zu beschreiben, das können wir nicht machen und das kann erst recht nicht ein Staatsanwalt machen.
Genau, wir beschreiben ja auch nie Menschen als böse.
Wir sagen, die Taten sind böse und so, aber unsere Meinung, Laura und ich sagen heute Abend sowieso nur wir, wir finden das so, wir sind empört, wir beruhigen uns jetzt mal.
Wir gehen davon aus, dass kein Mensch nur böse ist.
Ja, da gibt es sicherlich Anteile, die böse sind.
Die Taten sind böse, meinetwegen auch monströs, aber alles andere wirkt so ein bisschen wie aus einem schlechten Roman.
Um näher an den Mann heranzukommen, der für all das Leid verantwortlich ist, aber jetzt keinen Ton mehr dazu sagt, werden die Aussagen des psychiatrischen Gutachters unter Spannung erwartet.
Auch ihm hat Marc zwar nichts von den Taten erzählt, dafür aber von seinem Leben davor.
Genug Informationen für ein 82-seitiges Gutachten, mit dem das Gericht zu verstehen versucht, wie ein junger Mann zu einem zweifachen Kindermörder werden konnte.
Marc, inzwischen 33 Jahre alt, war schon immer irgendwie anders.
PartnerInnen hänseln den Schüler mit den durchschnittlichen Noten, er ist ein Außenseiter ohne FreundInnen.
Als er älter wird, sehnt er sich nach einer Partnerin.
Während seine jüngere Schwester auszieht und eine Familie gründet, bleibt Marc weiter im Elternhaus wohnen, allein.
Zu seiner Mutter Britta hat er ein gutes Verhältnis zu seinem Vater weniger.
Der ist cholerisch, kritisiert immer wieder Marc's Aussehen.
Im Schlabberpulli würde er nie eine Freundin finden.
Aber Marc ist ohnehin viel zu schüchtern, um Frauen anzusprechen.
Der Gutachter diagnostiziert ihm eine selbst unsichere Persönlichkeitsstörung.
Um Kritik, Zurücksetzungen und Misserfolge zu vermeiden, halte sich Marc von Menschen eher fern und habe eine misstrauisch abwehrende Grundhaltung.
Gleichzeitig wird sein Bedürfnis nach körperlicher Nähe immer größer.
So kommt Marc auf den Gedanken, seine sexuellen Bedürfnisse nicht mit einer erwachsenen Person, sondern mit einem Kind auszuleben.
Zuerst mit Luca, dann mit Farouk.
Der Gutachter erklärt das damit, dass Marc bei Kindern, anders als bei Erwachsenen, keine vermeintliche Gefahr von Entwertung oder Ablehnung gedroht habe.
Weil es Marc allein darum gegangen sei, schließt der Gutachter eine Störung der Sexualpräferenz wie Pädophilie aus.
Da muss ich ehrlich sagen, das überrascht mich in dem Fall.
Weil ich verstehe das schon, dass es diese Täter gibt, die so viel Angst vor Zurückweisung haben, dass sie sich gar nicht an Erwachsene herantrauen, um ihre Sexualität zu befriedigen.
Aber sie haben ja in seiner Wohnung diese ganzen ausgeschnittenen Kinderköpfe und Babyköpfe gefunden.
Und das spricht doch eigentlich dagegen.
Ja, das könnte natürlich tatsächlich ein Hinweis auf eine Pädophilie sein.
Aber was sie sagen, was quasi dagegen spricht, ist, dass Marc halt regelmäßig Pornos konsumiert habe, die Gewalt gegen Frauen zeigen und halt keine mit pädophilem Inhalt.
Und ausgeschnittene Kinderköpfe müssen ja jetzt auch nicht unbedingt ein Hinweis auf eine sexuelle Präferenz sein, sondern das könnte auch einfach eine Verbildlichung dieser Grausamkeiten, die sich in seinem Kopf abgespielt haben, sein.
Also ganz unabhängig darauf, worauf er sexuell steht.
Ja, schon. Aber der hat ja auch mit dieser Puppe in Kindergröße geschmust und ja, in Anführungszeichen auch Sex gehabt.
Aber laut dem Gutachter könne weder in Bezug auf Marks vermeidend selbstunsichere Persönlichkeitsstörung noch in Bezug auf seine sexuellen Präferenzen davon ausgegangen werden, dass eine schwere, andere seelische Störung vorlege.
Und das bedeutet auch, Marc ist voll schuldfähig.
Es gibt aber ein nicht unerhebliches Detail, das auch der Gutachter nicht klären kann.
Die Ermittlungen haben ergeben, dass Marc schon Anfang 2013 begonnen hat, den tödlichen Plan zu schmieden, den er zweieinhalb Jahre später gleich zweimal in die Tat umgesetzt hat.
Über Ebay kauft er im Laufe der Monate verschiedene Kameras, Fessel und Knebelartikel, eine medizinische Halskrause für Kinder, eine Bondage-Ledermaske, außerdem Kinderkleidung und Puppen.
In seiner Wohnung findet die Polizei später noch mehr Kindersachen und Spielzeug.
Und auch in Marks Schrebergarten, wo er Lukas Leiche vergraben hat, machen die Ermittlungen eine merkwürdige Entdeckung.
Auf der grünen Fläche befinden sich mehrere kleine Erdhaufen.
Das Ganze mutet an wie ein privater Friedhof.
Bis auf Lukas Leiche finden sich dort zwar keine menschlichen Überreste, aber eine Frage liegt nahe.
Sind Luca und Faruk möglicherweise nicht die einzigen Opfer?
Hat Marc noch mehr Kinder entführt, missbraucht und getötet?
Es gibt mehrere Hinweise, die diese These stützen.
Der Rechtsmediziner Michael Zokos, der Luca ja obduziert hat, ist überzeugt davon, dass Marc eine Art Aufwärmphase hatte,
ehe er innerhalb von nur drei Monaten Luca und Faruk nicht nur entführt und missbraucht, sondern im Anschluss direkt getötet hat.
Solchen extremen Taten gehen laut dem Experten für gewöhnlich weniger schwere Taten voraus.
Außerdem lassen Marks Handydaten darauf schließen, dass er im Frühsommer in Polen war.
Zu dieser Zeit sind auch dort Jungen verschwunden.
Und auf Marks Handy machen die ErmittlerInnen noch weitere Entdeckungen.
Darauf finden sie mehrere Fotos von Kindern, viele davon offenbar heimlich gemacht, auf dem Spielplatz oder in der Fußgängerzone.
Eines ist besonders brisant.
Es wurde ein halbes Jahr vor Lukas Entführung aufgenommen und zeigt einen kleinen, blonden Jungen, der Luca ähnlich sieht.
Er liegt mit geschlossenen Augen da.
Es ist nicht klar, ob er schläft, bewusstlos oder tot ist.
Wer der Junge ist, bleibt unklar.
Nur einen Anfangsverdacht kann die Polizei inzwischen ausschließen.
Mit dem Verschwinden der fünfjährigen Marie aus Stendal hat Marc höchstwahrscheinlich nichts zu tun.
Als sie im Mai 2015 verschwand, trat er seine Nachtschicht an, eineinhalb Autostunden entfernt.
Zu den anderen Fällen, in denen Kinder vermisst werden, haben erste Ermittlungen nichts ergeben.
Und der Einzige, der etwas wissen könnte, schweigt.
Bis zum vorletzten Verhandlungstag.
Nachdem der vorsitzende Richter Marc das letzte Wort erteilt hat,
legt sich eine schwere Stille über den Saal 8 des Potsdamer Landgerichts.
Zehn Tage lang hat Marc kein Wort gesagt, das die offenen Fragen hätte beantworten können.
Er hat den Müttern von Luca und Faruk das Einzige verwehrt, was er ihnen jetzt noch hätte geben können.
Die Wahrheit.
Doch jetzt, am elften Verhandlungstag, setzt Marc zum Reden an.
Er faltet einen Zettel auseinander, seine Hände zittern leicht.
Einen Augenblick später dringt seine Stimme dünn durch den Saal.
Ich möchte mich eigentlich nur entschuldigen bei allen, denen ich mit meinen Taten Leiden zufügte.
Bei Familien und Freunden von Luca und Faruk.
Ich bereue, was ich getan habe.
Ich weiß auch, was ich getan habe.
Es gibt kein Wort auf der Welt, das beschreiben könnte, wie Leid es mir tut.
Wenn ich es ungeschehen machen könnte, würde ich es tun.
Ich selbst aber kann mir das nicht verzeihen.
Und Marc spricht noch weiter.
Ich werde in der Haft alle Behandlungen annehmen, die angeboten werden, damit so etwas auf keinen Fall noch einmal passiert.
Ganz egal, wie das Urteil ausfällt.
Die Verantwortung für die schrecklichen Taten und den Tod von Faruk und Luca wird immer bleiben.
Genauso wie die Gewissheit, dass ich das nicht wieder gut machen kann.
Ja, aber du könntest zumindest einen ganz kleinen Teil dazu beitragen, dass es den Eltern besser gehen würde, indem du sprichst und indem du sagst, warum du es getan hast und indem du die Antworten gibst und indem du die Fragen beantwortest, die die Familien an dich haben.
Und das verstehe ich nicht.
Und da würde ich dann halt auch sagen, weißt du, das hat er ganz toll, vielleicht mutmaßlich bla bla mit seinem Rechtsbeistand aufgeschrieben, um irgendwie am Ende dem Gericht zu zeigen, dass er Reue zeigt.
Aber wenn deine Handlungen danach immer noch nicht die Reue zeigen, sondern du nur sagst, es tut dir leid, was ist das dann wert?
Dann kann er sich das, was er da vorgelesen hat, auch wohin stecken.
Das Urteil fällt am 26. Juli 2016.
Mark wird wegen Mordes in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Entziehung Minderjähriger, Freiheitsberaubung mit Todesfolge und Körperverletzung,
sowie in Lukas Fall darüber hinaus in Tateinheit mit schwerem sexuellem Missbrauch eines Kindes und Vergewaltigung und im Fall von Faruk in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch eines Kindes zur lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt.
Außerdem stellt das Gericht die besondere Schwere der Schuld fest.
Detailliert trägt der vorsitzende Richter die Urteilsbegründung vor, bis um kurz vor zwölf Mittags ein Mark erschütternder Schrei, die mit Bedacht gewählten Worte zerschneidet.
Du bist ein Arschloch, schleidert Bessima, Faruks Mutter, Mark mit schriller Stimme entgegen.
Doch bevor sie auf den Mörder ihres Sohnes losgehen kann, wird sie von Justizmitarbeitenden zurückgehalten.
Bessima versucht sich aus ihrem Griff zu befreien, aber es gelingt der schmalen Frau nicht.
Unter Protest wird sie aus dem Saal gebracht.
Dann ist es wieder still.
Der Richter macht mit der Urteilsbegründung weiter, drei Stunden lang.
Danach gibt es nichts mehr zu sagen.
Mark geht danach in Revision.
Die verwirft der Bundesgerichtshof aber als unbegründet.
Trotzdem kommt es 2019, fast drei Jahre nach dem Urteilsspruch, zu einem Revisionsverfahren, angestrengt vom Staatsanwalt.
Er fordert nämlich zusätzlich zur lebenslangen Haftstrafe mit besonderer Schwere der Schuld die Sicherungsverwahrung für Mark.
Diesem Antrag gibt der BGH statt, mit der Begründung, dass das Potsdamer Landgericht Fehler bei der Gesamtwürdigung gemacht habe.
Es habe die kurze Zeitspanne zwischen dem Mord an Luca und dem an Faruk nicht ausreichend gewichtet und auch nicht die menschenverachtende Weise, in der die Taten begangen wurden.
Daher wird über die Sicherungsverwahrung erneut verhandelt.
Nochmal kurz zu der Sicherungsverwahrung.
Das heißt ja, dass ein Täter oder eine Täterin die Strafe abgesessen hat, aber dann halt trotzdem nicht freigelassen wird, weil die Person einen Hang dazu hat, die Straftaten zu wiederholen.
Also da geht es dann nicht mehr um die Schuld des Täters oder der Täterin, sondern um deren Gefährlichkeit.
Also wenn die Person so gefährlich ist, dass das Gericht der Ansicht ist, dass man die Gesellschaft weiterhin vor diesem Menschen schützen muss.
Und das bedeutet, die Sicherungsverwahrung ist keine Strafe, sondern eine Präventionsmaßnahme.
Die zählt zu den sogenannten Maßregeln zur Besserung und Sicherung.
Und da fällt auch sowas drunter wie die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder das Berufsverbot.
Und weil die Sicherungsverwahrung die Grundrechte der betroffenen Personen ja sehr stark einschränkt, eben weil es halt keine Strafe, sondern eine Prävention ist,
muss auch in der Regel jedes Jahr geprüft werden, ob das noch notwendig ist.
Weil das bei uns in Deutschland ja generell so ist, dass wir stark auf Resozialisierung ausgelegt sein wollen zumindest und man nicht einfach nur so wegsperrt.
Und um zu prüfen, wie Marks Chancen auf die Resozialisierung stehen, versucht man jetzt im Revisionsprozess herauszufinden, wie gefährlich er für die Allgemeinheit ist und ob er einen Hang zu solchen Taten hat, wie er sie bereits begangen hat.
Dafür spreche der kurze zeitliche Abstand zwischen den beiden Morden.
Dagegen, dass Mark zuvor noch nie polizeilich oder juristisch belangt wurde und auch kein hohes Aggressionspotenzial zeige.
Das Problem, Mark hüllt sich erneut in Schweigen.
Er spricht weder über die Taten noch über seine Motive.
Ein Gefängnispsychologe erklärt, Mark sei zumindest momentan stark rückfallgefährdet.
Die Gefährlichkeitsprognose sei sehr ungünstig.
Letztlich entscheidet sich die Kammer aber gegen die Sicherungsverwahrung.
Allerdings unter Vorbehalt.
Das bedeutet, bevor Mark nach seiner lebenslangen Freiheitsstrafe wieder frei kommt, muss das Gericht erneut prüfen, ob Mark zu gefährlich für die Allgemeinheit ist.
Die Mütter von Luca und Farouk nehmen dieses neue Urteil fast regungslos auf.
Sie haben keine Kraft mehr.
Bessi Mark kann nichts mehr dazu sagen.
Damals in der Warteschlange am Lageso war sie voller Hoffnung auf ein glückliches Leben in Deutschland.
Dann kam alles anders und seither ist sie gezwungen, einen Albtraum zu leben, aus dem sie nicht aufwachen kann.
Seit dem schicksalhaften Oktobertag vor fünf Jahren hat sie erst nur geweint.
Aber jetzt sind sogar ihre Tränen versiegt.
Und auch Katja tut sich schwer zu begreifen, was Mark nicht nur Luca, sondern auch ihr angetan hat.
Mit ihrem Sohn ist ein großer Teil von ihr selbst gestorben.
Das Gefühl zu wissen, dass sie Luca nie wieder sehen oder im Arm halten wird, kann sie nicht in Worte fassen.
Jetzt hat Katja nur noch einen Wunsch.
Dass sie in der Nacht nicht mehr die Monster sieht, sondern das Licht am Ende des Tunnels, auf das sie zugehen sollte, um irgendwann wieder Hoffnung und Mut zu haben.
Aber nicht nur die Mütter versuchen einen Weg zu finden und mit ihrer Trauer umzugehen.
In Südbrandenburg wurde ein öffentlicher Ort eingerichtet, um Luca und Faruk zu gedenken.
Aus dem Schrebergarten, in dem die Ermittelnden Lukas Leiche gefunden haben, wurde eine Gedenkstätte.
Lieblingsgarten für Luca und Faruk steht in weißer Schrift auf dem Plexiglassschild.
Dazu zwei Porzellanengel, zwei Hibiskussträucher, frisch gepflanzte Bäume, eine Bank und satt grüner Rasen.
Von dem verwilderten Grundstück mit der schäbigen Hütte, auf dem ein Kindermörder sein schreckliches Verbrechen verstecken wollte, ist nichts mehr übrig.
Bis auf einen alten Apfelbaum, der seine langen Zweige in den Himmel reckt.
Ich glaube, man hat auch schon gut gemerkt, wie nah uns dieser Fall gegangen ist.
Deswegen haben wir ihn ja auch ausgewählt und durch unser neues Konzept konnten wir diesem Fall halt auch den Raum geben, den er irgendwie braucht.
Ja, bei so furchtbaren Geschichten steigt man dann aber natürlich auch noch viel tiefer ein in diese Darkness.
Also die Recherche, das Schreiben, die Aufnahme und so, das ist schon alles echt bitter und vor allem auch, finde ich, weil eben doch dieser Gedanke daran zurückbleibt, dass das nicht die beiden einzigen Opfer von ihm gewesen sein könnten.
Also das mit Marie, übrigens kurze Anmerkung hier dazu, wir wollten eigentlich gerne ihren richtigen Namen nennen.
Sie ist ja immer noch verschwunden und wir haben bei der Polizei nachgefragt, ob es den Ermittlungen irgendwie dienlich wäre, wenn wir unsere Reichweite nutzen und das nochmal thematisieren und vielleicht auch nochmal ein Bild von ihr auf Instagram veröffentlichen.
Aber die Polizei hat sich bei uns nicht zurückgemeldet auf unsere Presseanfrage und unsere beratende Kanzlei sagt, ohne vorherige Absprache mit den Ermittlungsbehörden müssen wir aus anwaltlicher Vorsicht von der Namensnennung abraten.
Deswegen haben wir es jetzt nicht gemacht.
Wir wissen, der Fall ist sehr bekannt.
Viele kennen die Namen und so, aber um uns und die Familie abzusichern, ihr kennt das Spiel, ändern wir dann halt eben die Namen.
Ja, aber nur weil sich das bei Marie halt nicht bewahrheitet hat, heißt das ja eben nicht, dass es doch nicht vielleicht auch noch andere Opfer gab.
Und dafür spricht ja einiges.
Nee, genau.
Es waren ziemlich extreme Taten, wie der Zockers ja auch gesagt hat, die normalerweise jetzt nicht aus dem Nichts kommen und man sich vorher halt nie was zu Schulden hat kommen lassen.
Und dass das irgendwie nicht falsch rüberkommt, wenn wir hier sagen, wie schlimm diese Recherche war und mi, mi, mi jetzt sagen hier.
Uns ist natürlich bewusst, dass wenn wir das schon so schlimm finden, wie das für die Familien war und an allererster Stelle natürlich.
Für diese zwei kleinen Jungs, die das erleben mussten.
Wir finden es aber trotzdem auch wichtig, uns da durchzukämpfen, weil man wirklich immer was lernen kann aus so einer Geschichte.
Und zwar sei es jetzt hier in dem Fall, dass man vielleicht sensibilisiert wird dafür, wie unterschiedlich Ermittlungen durchgeführt werden oder auch wie man mit Angeklagten in der Berichterstattung oder in dem Fall eben auch vor Gericht eigentlich nicht umgehen sollte.
Ja, genau.
Und wir haben jetzt genug.
Wir möchten jetzt Feierabend machen und nächste Woche widmen wir uns wieder einem Oberthema und zwar einem, was eine bestimmte Angst bei manchen noch unterstützen könnte.
Das war ein Podcast der Partner in Crime.
Hosts und Produktion Paulina Kraser und Laura Wohlers.
Redaktion Magdalena Höcherl und wir.
Schnitt Pauline Korb.
Rechtliche Abnahme und Beratung Abel und Kollegen.
Untertitelung des ZDF für funk, 2017