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#142 Der letzte wille

Gleich geht's bei uns los mit einer Mordlust-Folge.
Wir können schon mal verraten, dass es heute um ein Thema geht,
das manche Menschen sehr, sehr glücklich macht
und andere wirklich sehr wütend zurücklässt.
Und was in vielen Familien einen Streit auslöst,
manche davon so schlimm, dass die tödlich enden.
Aber jetzt geht's erstmal um unseren anderen Podcast, Justitias Wille.
Und Leute, wir hatten so einen geilen Start.
Dank euch waren wir auf der Eins der Top-Podcasts.
Vielleicht sind wir es auch immer noch, wir können nicht in die Zukunft gucken.
Vielen, vielen, vielen Dank, dass ihr uns da so unterstützt habt.
Ja, und mittlerweile sind, also ab heute, drei Folgen online.
Ihr hattet hier auf dem Feed ja nur die erste.
Also, falls ihr zwei und drei noch nicht gehört habt,
und dazu müsst ihr auf den Justitias Wille-Kanal.
Also den bitte abonnieren, weil dann verpasst ihr auch keine Folgen.
Weil es kommen ja pro Woche zwei Folgen raus.
Genau, und in der zweiten Folge, da erzählen wir den ersten Fall von Dr. Thorowski.
Das ist ja der Arzt, der da gerade vor Gericht steht.
Und den Fall haben wir auch schon mal hier in Mordlust erzählt.
Und in der Folge, die heute rausgekommen ist, die ihr sofort nach dieser Mordlust-Folge hören solltet,
geht es um einen anderen Mediziner, der auch angeklagt war,
weil er einer psychisch erkrankten Person Suizidhilfe geleistet hat.
Genau, und mit dem sprechen wir auch in der Folge.
Wie gesagt, wenn euch der Podcast gefällt, uns wird es wahnsinnig helfen,
wenn ihr den bewertet und wenn ihr es mit euren Freundinnen teilt, dass ihr den hört.
Wir sehen auch jede Story auf Instagram.
Und freuen uns ganz doll darüber.
Und damit herzlich willkommen zu Mordlust, einem Podcast der Partner in Crime.
Wir reden hier über wahre Verbrechen und ihre Hintergründe.
Mein Name ist Paulina Kraser.
Und ich bin Laura Wohlers.
Wir haben heute wieder ein Oberthema mitgebracht,
zu dem wir zwei wahre Kriminalfälle nacherzählen,
darüber diskutieren und mit Menschen mit Expertise sprechen.
Hier geht es um True Crime, also auch um die Schicksale von Menschen.
Bitte behaltet das immer im Hinterkopf.
Das machen wir auch, selbst wenn wir mal zwischendurch ein bisschen ungehemmter miteinander sprechen.
Das ist aber für uns eher so eine Art Comic Relief,
aber natürlich nicht despektierlich gemeint.
Laura, bevor ich mit meinem Fall loslege,
möchte ich dir eine andere Geschichte erzählen,
und zwar von einem Passagier,
der im September 2007 aus Sicherheitsgründen
unter dem falschen Namen Bubble
von New York nach Florida geflogen ist.
War Bubble der Vor- oder Nachname?
Bubble war einfach der Name,
unter dem der Passagier gereist ist.
Okay, also die Leute an der Passkontrolle
und im Einlass des Flugzeugs
haben sich einfach diesen Reisepass angeguckt,
da stand nur Bubble und die dachten sich,
ja klar, Bubble nehmen wir mit.
Ja, wer könnte Bubble denn sein?
Wer fliegt denn unter falschem Namen?
Naja, zum Beispiel ein Promi.
Aber der Promi, der müsste ja auch irgendwie sein Aussehen verändern,
damit man ihn nicht nur am Namen erkennen würde.
Naja, es sei denn, es gibt irgendwie Leute,
die Zugriff auf die Passagierendenlisten haben
und vor denen möchte man das einfach nur geheim halten.
Hm.
Warte.
Wer könnte Bubble...
War Bubble ein Krimineller?
Nein.
Bubble war ein kleiner Hund.
Und zwar um genau zu sein,
eine weiße, wuschelige Malteser-Dame
und ihr richtiger Name
war eigentlich Trouble.
Und ihre Besitzerin war
die amerikanische Immobilien- und Hotelbesitzerin
Leona Helmsley,
eine Milliardärin,
die jetzt zu Lebzeiten
nicht gerade für ihre Freundlichkeit bekannt war.
Die wurde nämlich von ihren Angestellten
als fiese Königin oder böse Hexe bezeichnet.
Nur ein Lebewesen hat sie geliebt
und vergöttert über alles,
nämlich das kleine Schoßhündchen.
So durfte man Trouble aber nicht nennen.
Leona wollte,
dass man Prinzessin zu ihrem Hund sagt.
Und so hat sie sie auch behandelt.
Also Trouble hat aus der Hand
Krabbenfrikadellen bekommen,
Frischkäse, gedünstetes Gemüse
mit Hähnchen und so.
Also nichts aus der Dose,
alles nur vom Feinsten.
Und als die Hotelerbe dann aber 2007
mit 87 Jahren verstorben ist,
hat sie natürlich auch für ihren Hund vorgesorgt.
Und zwar hat sie mehrere Milliarden
für den Tierschutz hinterlassen,
aber eben auch 12 Millionen Dollar,
etwa 11 Millionen Euro,
für Trouble,
sodass ihre kleine Prinzessin
in dem Luxus weiterleben konnte,
den sie kannte.
Also dieser Hund hat 11 Millionen Euro
umgerechnet geerbt, ja?
So hatte sie es verfügt, genau.
Und deswegen,
wenn Trouble jetzt durch die Gegend reißt,
unter ihrem echten Namen
und nicht unter Babbel,
dann besteht die Chance,
dass jemand Babbel,
Trouble,
kidnappt,
damit die Person dann
Zugriff auf diese 11 Millionen hat,
oder wie?
Wieso Zugriff auf die 11 Millionen?
Weil das wäre ja eine Entführung
und da müsste ja erst jemand erpresst werden.
Naja,
das habe ich jetzt auch gerade gedacht,
aber der Hund hat ja das Geld.
der soll dann erpresst werden.
Du meinst,
Babbel hat das Portemonnaie
mit den 11 Millionen immer mit dabei.
Ja.
In so einer,
kennst du noch diese kleinen Portemonnaie-Umhängetaschen,
die man früher als Kind
so vor der Brust getragen hat?
So eine hat Babbel auch
und da ist die Kreditkarte drin.
Nee, aber sag mal,
warum musst du da jetzt
mit falschem Namen fliegen?
Oder die,
sorry,
Prinzessin meine ich natürlich.
Ja, ja,
die Prinzessin,
weil mit Ruhm kommt natürlich auch Neid
und Trouble hat einfach mehr als 20 Morddrohungen
offenbar von fremden Menschen bekommen
und musste deshalb halt eben
unter falschem Namen
im Privatjet nach Florida fliegen,
wo sie dann von ihrem neuen Herrchen,
das war ein Bekannter von Leona,
in Empfang genommen wurde.
Jetzt könnte man ja meinen,
ja, für die Malteser-Dame
ist alles super gut gelaufen
und der neue Besitzer,
die machen sich da zu zweit
einfach ein schönes Leben,
aber daraus wurde nur teilweise was.
Denn die Enkelkinder von Leona,
die sie aus ihrem Testament gestrichen hatte,
haben gegen den letzten Willen
ihrer Großmutter geklagt,
weil die haben gesagt,
das kann ja wohl nicht sein,
dass hier der Köterich das alles kriegt
und sie haben Recht bekommen.
Ein Richter hat nämlich entschieden,
dass 12 Millionen Dollar
für die Pflege eines Hundes
viel zu viel sind
und dann musste Troubles Besitzer
quasi begründen,
wie viel Geld er eigentlich
für die Pflege braucht
und er kam dann auf
190.000 Dollar im Jahr,
100.000 Dollar für Security,
8.000 Dollar für Hundefriseur,
1200 Dollar für Essen.
Es gab dann nämlich doch nur noch
Dosenfutter
und bis zu 18.000 Dollar
für Tierarztbesuche,
weil Trouble ihren Probleme hatte.
Okay.
Hä, und mal ein Geschenk oder so,
das gönnt man dem Hund
jetzt nicht mehr oder wie?
Was glaubst du denn,
was ein gutes Geschenk
für einen Hund wäre?
Beim Essen,
da bist du nicht dabei.
Ein Ball.
oder eine Spa-Behandlung
oder sowas.
Nicht nur Hundefriseur,
sondern auch ein bisschen
mit Massage und so,
wie das sich für eine Prinzessin
halt so gehört.
Das ging auf jeden Fall
nicht durch.
Also es war in der Kalkulation,
wurde dieser Posten
gestrichen offenbar.
Der Mann hat aber für sich selbst
noch 60.000 Dollar veranschlagt,
um Trouble zu versorgen.
Also zwei Millionen
hat er letztendlich
vom Gericht bekommen.
Genug Geld,
um sie halt noch jahrelang
weiter zu pflegen.
Und die restlichen zehn Millionen,
die Leona eigentlich
an Trouble vererbt hatte,
wurden dann zwischen
den Enkeln aufgeteilt.
Hm.
Gestorben ist Trouble
dann drei Jahre später
mit zwölf Jahren.
Und für sie war auch
ein Platz im Mausoleum,
der Familie Hermsley reserviert.
Und zwar direkt
neben Frauchen Leona.
Dann sind sie jetzt
wenigstens wieder vereint.
Und ich glaube,
ihr Wunsch,
dass ihr Hund
ein schönes Leben hat
oder ein schönes Restleben,
das ist schon aufgegangen.
Auch wenn es am Ende
nicht zwölf,
sondern nur zwei Millionen waren.
Und mit dieser Geschichte
spielen wir ja jetzt
auch schon ein bisschen
auf unser heutiges Oberthema an.
Und zwar die Erbschaft.
Und um den Kreis zu schließen,
auch in dem Fall,
den ich heute erzähle,
gibt es einen Hund,
eine ältere Dame
und Menschen,
die bereit sind zu morden.
Alle Namen habe ich geändert.
Der Heinrich-Lehrpark
ist eine grüne Oase
mitten im wohlhabenden
Berliner Stadtteil Zehlendorf.
Tagsüber trifft man hier
viele Menschen beim Joggen.
An diesem späten Abend
im April 2013
ist der Park dunkel
und menschenleer.
Nur ein älteres Ehepaar
geht noch zwischen
den hochgewachsenen Bäumen,
die am Wegesrand stehen,
mit dem gemeinsamen Hund spazieren.
Da tritt auf einmal
eine Gestalt
zwischen den Bäumen hervor.
Sie zückt eine Eisenstange
und schlägt unvermittelt
auf den 69 Jahre alten Mann ein,
der sofort zu Boden geht.
Während er das Bewusstsein verliert,
spürt er noch, wie der Angreifer
ihm die teure Uhr vom Arm reißt.
Der Mann weiß noch nicht,
dass er an diesem Abend
zwar etwas Wertvolles verliert.
Er wird aber auch
um eine wichtige Erkenntnis reicher.
Rückblick
Nach dem Mauerfall Anfang der 90er Jahre
ist Zehlendorf noch immer einer
der noblen Bezirke
im ehemaligen West-Berlin.
Hier reihen sich prunkvolle Häuser
aneinander.
Die Menschen, die da drin wohnen,
haben meist Geld.
So auch Ernst.
Er ist Ende 40,
nicht besonders groß,
angegrautes Haar
und steckt mitten in einer Scheidung.
Er kann auf eine erfolgreiche Karriere
als Steuerberater zurückblicken.
Seit Jahren führt er seine eigene Kanzlei
und berät wohlhabende Kundinnen.
Unter ihnen auch der Pächter
einer Tankstelle.
Auf dessen Unterlagen
freut sich Ernst immer besonders,
denn die bringt die attraktive
Sekretärin des Unternehmers vorbei.
Sie ist groß und schlank,
kleidet sich auffallend gut,
trägt ihr blondes Haar
als perfekt frisierten Kinnlangbob
und ihre Fingernägel
sind immer akkurat manikürt.
Ihr Name ist Alina
und wenn sie ihre roten Lippen
zu einem Lächeln formt,
macht Ernsts Herz
einen kleinen Hüpfer.
Ernst denkt,
sein Interesse sei einseitig.
Doch eines Tages
fragt ihn Alina,
ob er mit ihr
einen Kaffee trinken gehen würde.
Der Steuerberater
muss keine zwei Sekunden
darüber nachdenken.
Natürlich will er.
Aus dem Kaffee
werden Abendessen
bei Kerzenschein
und gemeinsame Ausflüge
und aus den beiden
schließlich ein Paar.
Der 47-Jährige
ist stolz
auf die drei Jahre ältere
attraktive Frau
an seiner Seite.
Denn sie weiß,
was sie will
und auch,
wie man sich
in den gehobenen Kreisen
in Berlin benimmt.
Sie wird schnell
mit den Menschen warm,
ist zurückhaltend
und gleichzeitig charmant.
Die neuesten Infos
über die Berliner Schickeria
schnappt sie
im Nagelstudio auf.
Ihr Haar lässt sie sich
bei Promi-Friseur
Udo Wald schneiden,
bei dem Ernst und Alina
sogar zur Weihnachtsfeier
eingeladen sind.
Das verliebte Paar
geht gerne aus,
aber die beiden
genießen auch ihre Zweisamkeit.
Die verbringen sie
schon bald
in einer schicken
Maisonett-Wohnung,
die Ernst für sich
und seine Alina
gekauft hat.
Manchmal
kann er sein Liebesglück
gar nicht fassen.
Zum Beispiel,
als er 1996,
fünf Jahre nachdem er
Alina kennengelernt hat,
an Krebs erkrankt.
Ernst hat in der Zeit
oft Angst,
um sich,
aber auch davor,
dass Alina ihn
wegen seiner Krankheit
verlassen wird.
Doch Alina
bleibt an seiner Seite
und geht mit ihm
zur Chemotherapie.
Ihren Job
beim Tankstellenunternehmer
hat sie inzwischen gekündigt.
Stattdessen
kümmert sie sich
hingebungsvoll um Ernst.
Zu Hause putzt sie,
macht die Betten
und kocht vorzüglich.
Seine Krankheit
entzweit sie nicht etwa,
sie bringt sie
noch näher zusammen.
So nah,
dass Alina
ihn noch im selben Jahr
wieder etwas fragt.
So wie damals
nach dem Kaffee.
Diesmal will sie wissen,
ob Ernst sie heiraten will.
Ernsts Antwort
ist dieselbe wie damals.
Ja, natürlich.
Die Hochzeit
folgt kurze Zeit
später in Kärnten,
in den österreichischen Alpen,
wo Ernst ein Ferienhaus besitzt.
An diesem Tag
entsteht eine neue
Patchwork-Familie.
Die beiden bringen
je einen Sohn
aus erster Ehe mit.
2004,
acht Jahre nach ihrer Hochzeit,
ist Ernst
immer noch sehr verliebt
in Alina.
Heute will er ihr
jemanden vorstellen.
Eine andere Frau,
die schon seit 20 Jahren
in seinem Leben ist
und die er regelmäßig trifft,
wenn auch er beruflich.
Seine Klientin Sieglinde.
Vor kurzem
hat er für die 87-Jährige
ihr Testament aufgesetzt,
denn die alte Dame
hat von ihrem verstorbenen Ehemann
ein Vermögen
in Millionenhöhe geerbt.
Kinder oder Familie
hat sie keine,
nur einen Hund
und einen Kanarienvogel.
Ihr ganzes Vermögen
will sie nach ihrem Ableben
dem Berliner Tierheim vermachen.
Und Ernst,
den sie liebevoll
Menklener nennt,
soll sich darum kümmern.
Als Dank hat sie ihm schon jetzt
ihre Ferienwohnung
auf Sylt vermacht.
Aus der Geschäftsbeziehung
ist eine Freundschaft geworden
und Ernst findet,
dass es an der Zeit ist,
dass sich die zwei Frauen
in seinem Leben
einmal kennenlernen.
So treffen sich Alina,
Sieglinde und er
zum gemeinsamen Kaffee trinken.
Seine Alina ist freundlich
schamann,
so wie immer.
Ernst merkt sofort,
dass Sieglinde sie mag,
obwohl die alte Frau
sonst niemanden
an sich heranlässt.
Schon bald treffen sich
die Frauen alleine.
Alina hilft Sieglinde
im Alltag,
sie hat ja sonst keinen,
sagt Alina.
Auch als Sieglinde
ein Jahr später
in ein Senior-Innenzentrum
umziehen muss,
sind Ernst und Alina
an ihrer Seite.
Die alte Dame
legt nun buchstäblich
ihr Leben
in die Hände von Ernst.
Sie überträgt ihm
eine General-
und Vorsorgevollmacht.
So kann Ernst
alle geschäftlichen
und gesundheitlichen
Entscheidungen für Sieglinde treffen,
für den Fall,
dass sie selbst
einmal nicht mehr
dazu imstande ist.
Es ist ein enormer
Vertrauensbeweis,
den er ehrfürchtig
entgegennimmt.
Ernst besucht Sieglinde
fortan regelmäßig
in ihrem luxuriösen
neuen Zuhause,
um nach dem Rechten zu sehen.
Die einzige,
die noch häufiger
an der Tür
der alten Dame klopft,
ist Alina.
Sie nimmt beinahe täglich
die 30-minütige Autofahrt
von Zehlendorf
nach Berlin-Mitte auf sich,
um Sieglinde
im Alltag zu unterstützen.
Sie macht Erledigungen
und leistet ihr Gesellschaft.
Zweieinhalb Jahre
pflegt sie Sieglinde,
die langsam mental abbaut
mit ebenso viel Hingabe,
wie sie sich einst
um Ernst gekümmert hat,
als er krank war.
Sieglinde,
die inzwischen über 90 ist,
ist dankbar für die Zuwendung.
So dankbar,
dass sie schließlich
ihr Testament ändern möchte.
Ihr Vermögen
soll nun nicht mehr
das Tierheim erben,
sondern Alina.
Als Sieglindes
rechtlicher Vormund
gibt Ernst sein Okay
und das Testament
wird notariell geändert.
Alina ist nun Alleinerbin.
Doch sie will offenbar
nicht auf den Tod
der alten Dame warten,
um sich an ihrem
vollen Konto zu bedienen.
Wenige Monate
nach der Änderung
des Testaments
fallen Ernst,
der an der Überprüfung
von Sieglindes
Kontoauszug sitzt,
Abbuchungen von teurer
Kosmetik und Klamotten auf,
die unmöglich
von Sieglinde
selbst stammen können.
Ernst stellt
seine Frau zur Rede.
Ob sie mit Sieglindes
Geld für sich selbst
eingekauft hat,
will er wissen.
Alina wirkt ihn ab.
Im Fall von Sieglindes
Tod würde sie ja
sowieso alles erben.
Wo liegt also der Unterschied,
wenn sie sich jetzt schon
an ihrem Vermögen bedient?
Das stürzt Ernst
in ein Dilemma.
Irgendwo hat seine Frau
da einen Punkt,
aber als Sieglindes
Vormund ist er eigentlich
dazu verpflichtet,
Alina anzuzeigen.
Denn das,
was sie macht,
ist strafbar.
Auf der anderen Seite
kann er doch nicht einfach
seine Frau anzeigen.
Außerdem würde Sieglinde
nie etwas davon merken.
Inzwischen ist sie
an Demenz erkrankt.
Manchmal erkennt sie
ihn nicht einmal mehr.
Aus seiner inneren
Zerrissenheit heraus
füllt Ernst schließlich
eine Strafanzeige
gegen Alina aus
und zeigt sie ihr.
Er hofft,
dass sie das wachrüttelt,
doch stattdessen
wird sie sauer.
Die Diskussion endet
im Streit
und schließlich
legt Ernst das Dokument
zu seinen Unterlagen.
Unentschlossen,
ob er es je abschicken wird.
Ernst schickt
die Anzeige nicht ab.
Trotzdem entfacht
das Thema in seiner Ehe
mit Alina immer wieder
den gleichen heftigen Streit.
Ernst wirft Alina vor,
Sieglinde auszunehmen
und droht ihr mit der Anzeige.
Aber Alina hat auch
ihn in der Hand.
Ernst weiß nämlich
schon viel zu lange Bescheid.
Wenn er den Betrug
jetzt den Behörden meldet,
sitzt er im selben Boot.
So streiten sie,
ohne je eine Lösung
zu finden.
Bis Ernst
eines Tages
nach Hause kommt
und seinen Schlüssel
nicht mehr ins
Schloss der gemeinsamen
Wohnung passt.
Alina hat es ausgetauscht.
Sie war eine räumliche Trennung.
Ihm bleibt nichts anderes übrig,
als sich eine eigene Wohnung
zu nehmen,
auch wenn er Alina
immer noch liebt.
Sie ist sein Ein und Alles.
Mit ihr wollte er bis
ans Ende seiner Tage
glücklich sein.
Ihr scheint es ähnlich
schwer zu fallen,
sich ganz von ihm zu lösen.
So bleiben sie weiter
in Kontakt
und machen sogar
weiter Urlaub zusammen.
Bei einer gemeinsamen
Kreuzfahrt und einem
Formel-1-Rennen in Dubai
darf Ernst
seine Alina
wieder schick ausführen.
Ernst ist zwar
mittlerweile Ende 60
und Alina 70 Jahre alt,
aber sie geben noch immer
ein adrettes Paar ab.
So wie damals,
vor 20 Jahren,
als sie sich
kennengelernt haben.
2012,
kurz nachdem Ernst
und Alina
aus Dubai zurück sind,
erreicht sie die Nachricht
von Sieglindes Tod.
Die alte Dame
ist mit 95 Jahren gestorben.
Nun wird nicht nur
ihr Zimmer
im noblen
Seniorinnenzentrum geräumt,
sondern auch ihre Konten.
Gemäß Sieglindes
2.
im Testament
geht ihr Erbe,
von dem noch
700.000 Euro
übrig sind,
nicht ans Tierheim,
sondern an Alina.
Auch wenn die ihre Gönnerin
in den letzten Jahren
nur noch selten besucht hat.
Mit der Auszahlung
des Erbes
scheint aber nicht nur
Sieglinde,
sondern auch Ernst
für Alina Geschichte zu sein.
Ihr Kontakt wird weniger
und einmal,
als er etwas bei Alina
abholen möchte,
sieht er einen anderen
Mann an ihrer Seite.
Das war es nun endgültig,
denkt Ernst.
Seine Liebesgeschichte
mit Alina
ist ein für allemal vorbei.
Einige Monate später,
an einem Sonntagabend
im April 2013.
Ernst steht
auf dem Balkon
seiner Wohnung
in Berlin-Zehlendorf
und raucht,
als ein nobles Auto
vorfährt.
Es ist bereits
nach 22 Uhr
und dunkel,
deshalb kann er gut erkennen,
dass im beleuchteten
Innenraum des Wagens
Alina hinter dem Steuer sitzt.
Sie ist gekommen,
um ihn zu fragen,
ob sie ihn bei seiner
nächtlichen Gassirunde
mit dem Hund begleiten darf.
Ernst stimmt zu.
Zusammen spazieren sie
in den nahegelegenen Park,
der menschenleer ist.
Da bemerkt Ernst
einen Schatten,
der zwischen den Bäumen
hervortritt.
Ehe er sich versehen kann,
spürt er einen dumpfen Schlag,
der ihn zu Boden wirft
und noch,
wie ihm seine Uhr
abgezogen wird.
Dann wird um ihn herum
alles schwarz.
Als Ernst am nächsten Tag
im Krankenhaus zu sich kommt,
schmerzt sein ganzer Körper.
Er hat ein Schädeltrauma erlitten,
außerdem sind mehrere
seiner Rippen
und ein Badenbein gebrochen.
Was ihn aber noch mehr umhaut
als seine körperlichen Verletzungen,
ist ein Satz,
den er gestern im Park gehört hat.
Ein Satz,
den jemand gesagt hat,
als Ernst schon verletzt
und beinahe bewusstlos
am Boden lag
und der seitdem
in seinem Kopf
wieder heilt.
Wir müssen ihm noch
die Uhr abmachen.
Wir.
Aber neben dem schwarzen Schatten
war sonst nur Alina zu sehen.
Hm.
Jetzt schmerzt
neben dem Körper
auch noch das Herz.
Denn plötzlich fällt
der rosa-rote Schleier ab,
durch den er Alina
jahrelang betrachtet hat.
Und darunter
kommt eine Frau zum Vorschein,
der es womöglich nie
um Liebe ging,
sondern um Geld.
Und dafür hatte sie ihn jetzt
sogar verletzen wollen,
da ist er sich sicher.
Ernst denkt an die feinen Dinner-Partys,
an denen Alina
an seiner Seite geglänzt hat.
Oft auch deshalb,
weil sie vor ihren
gemeinsamen FreundInnen
mit berühmten Bekannten
geprallt hat,
die sie gar nicht hat.
Lügen,
die zwar niemandem schaden,
aber auch nicht nötig gewesen wären.
Ernst hatte sich deshalb gewundert,
aber nie etwas gesagt.
Und dann ist da noch die Sache
mit seinem Ferienhaus
in Österreich.
Ernst hat es einmal vor Jahren
Alinas Sohn
über die Ferien überlassen.
Als Ernst selbst
kurze Zeit später
nach Österreich reist,
erzählt ihm ein Nachbar,
dass Alinas Sohn
vor ihm geprallt habe,
dass er das Anwesen
einmal erben werde,
wenn Ernst nicht mehr sei.
Damals wird Ernst
kurz mulmig.
Er hat weder Alinas Sohn
noch seiner Frau
gegenüber jemals
derartige Versprechungen gemacht.
Aber er stellt sie
auch nicht zur Rede,
versucht die Sache
schnell wieder zu vergessen.
Ganz vergessen
hat Ernst aber nie,
nur verdrängt.
Die Liebe hat ihn blind gemacht,
das wird ihm jetzt klar,
wo er verletzt
im Krankenhaus liegt.
So ist das,
wenn man Red Flags
ignoriert.
So kann's gehen.
Er spricht mit der Polizei
und äußert den Verdacht,
dass seine Noch-Ehefrau Alina
etwas mit dem Überfall
auf ihn zu tun hat.
Die Beamtinnen
nehmen seine Vermutung
ernst,
auch weil es verdächtig ist,
dass Alina beim Angriff
im Park nicht verletzt wurde,
obwohl sie ebenfalls
eine Rolex am Arm trug.
Doch als die Polizei
Alina mit den Anschuldigungen
konfrontiert,
leugnet sie alles
und auch sonst
kann man ihr nichts
nachweisen.
Ernsts Verdacht
bleibt genau das.
ein Verdacht
und der Raubüberfall
auf ihn ungeklärt.
Ein Jahr
und zwei Monate später.
Von Alina
hat Ernst
lange nichts mehr gehört.
Nach dem Vorfall
im Park
hat sie das gesamte Geld
von ihrem ehelichen
Gemeinschaftskonto
abgehoben.
In einem Telefonat
vor zwei Monaten
hat Alina Ernst
um ein Treffen gebeten,
das er abgelehnt hat.
Immerhin hat das letzte Treffen
für den 70-Jährigen
im Krankenhaus geendet.
Stattdessen widmet er sich
inzwischen wieder
alten FreundInnen,
denen er vertrauen kann.
An einem Mittwochabend
im Juni 2014
ist Ernst gerade
auf dem Heimweg
von einem Treffen
eines Kleingartenvereins.
Sein Hund sitzt
auf der Rückbank des Autos,
als Ernst gegen 22.15 Uhr
auf den Parkplatz
vor seinem Haus einbiegt.
Er stellt den Motor ab
und steigt mit einem Fuß
aus dem Wagen aus,
als plötzlich wieder
eine schwarze Gestalt
vor ihm steht.
Dann geht alles ganz schnell.
Ernst fühlt
einen ersten Messerstich
in seiner Brust,
dann einen zweiten.
Er schreit um Hilfe
und versucht sich
gegen den großen
bulligen Typen zu wehren,
der weiter auf ihn einsticht,
doch er hat keine Chance.
Immer wieder
rammt der Mann
das Messer in Ernsts Körper.
Dann, ganz plötzlich,
hört er auf
und rennt davon.
Ernst taumelt
einige Meter
in die Mitte des Parkplatzes,
wo er in sich zusammensackt.
Das Bild,
das sich den PolizistInnen
und SanitäterInnen bietet,
als sie wenig später hinzukommen,
zwingt zum schnellen Handeln.
Ernst hat viel Blut verloren
und kämpft in den Armen
einer Nachbarin
um sein Leben.
Drumherum
stehen noch weitere NachbarInnen,
die seine Hilferufe gehört
und den Notruf gewählt haben.
Doch Ernstverletzungen
sind so schwer,
dass die Hilfe womöglich
zu spät kommt.
13 Messerstiche
sind in seinem Körper gelandet,
im Kopf,
in der Brust
und im linken Arm.
Einer der Stiche
hat seinen linken Brustkorb getroffen
und seine Lunge verletzt,
sie droht zu kollabieren.
Während die Rettungskräfte
den Verletzten
auf schnellstem Weg
ins Krankenhaus bringen,
sehnen sich die PolizistInnen
am Tatort um.
Vielleicht hat der unbekannte Täter
Spuren hinterlassen.
Und tatsächlich,
ein silbernes Gliederarmband
liegt auf der Windschutzscheibe
von Ernsts Auto.
Ein erster Anhaltspunkt,
um das Verbrechen zu lösen,
dessen Skrupulosigkeit
noch viel weiter reicht,
als Ernst es jemals hätte ahnen können.
Er hat Glück im Unglück.
Eine Notoperation
kann sein Leben retten
und ein Jahr nach dem Angriff
sind die 13 Stiche verheilt.
Was bleibt,
sind die Albträume
und die psychischen Probleme,
die ihm seitdem zu schaffen machen.
Genau wie die Frage,
wer ihm das angetan hat.
Um das herauszufinden,
hat sich Ernst
den Prozess,
der im Oktober 2015
vor dem Landgericht Berlin beginnt,
als Nebenkläger angeschlossen.
Er sitzt neben seinem Anwalt,
nur wenige Meter
von der Anklagebank entfernt,
auf der gleich
drei Personen Platz nehmen.
Alina,
seine frühere Ehefrau,
von der er sich
nach dem Angriff
hat scheiden lassen
und zwei Männer,
die ihm fremd sind.
Alle drei
sind wegen versuchten
Mordes angeklagt
und stecken offenbar
hinter einem tödlichen Plan,
der seinen Ursprung
in einem Treffen
vor mittlerweile drei Jahren hat.
Es ist Ende 2012,
Sieglinde ist seit knapp
einem Jahr tot
und Alina reich,
als sie an der Tankstelle tankt,
für deren Pächter
sie früher selbst
als Sekretärin gearbeitet hat.
Zwischen den Zapfsäulen
und der zugehörigen Werkstatt
lernt sie den Tankwart Hamza kennen.
Er hat schwarzes,
kurzes Haar,
ein rundes Gesicht
und ist Mitte 40,
also 26 Jahre jünger als Alina.
Früher hat sie sich die Männer
an ihrer Seite
nach deren Kontostand ausgesucht.
Jetzt, wo sie von Sieglinde geerbt hat,
fällt ihre Wahl
auf den weniger gut betuchten Hamza.
Er lacht viel
und spricht laut.
Sie mag ihn
und er mag sie.
Es dauert nicht lange,
bis die beiden ein Paar werden.
Dass Hamza eigentlich Frau
und Kind hat,
stört Alina nicht
und auch er hat offenbar
kein Problem damit,
zweigleisig zu fahren.
Zu Hause erzählt er,
dass er gerade viel
für einen reichen älteren Mann
namens Ernst arbeite,
dem er bei Immobiliengeschäften helfe.
Dass er eigentlich nicht für Ernst,
sondern für dessen Frau arbeitet,
verschweigt er.
Sie hat ihn als Fahrer angeheuert,
der sie in einem schicken Mercedes
durch Berlin kutschiert.
Das Auto hat sie ihm
gleich dazu geschenkt
und es bleibt nicht
das einzige großzügige Präsent,
das sie ihm macht.
Alina gibt Hamza
auch 45.000 Euro
um Schulden,
die er angehäuft hat,
zu begleichen.
Danach kauft sie ihm
für 22.000 Euro
eine Autowerkstatt
samt Einrichtung.
Bei die nicht läuft,
schenkt sie ihm
weitere 55.000 Euro.
Mit dem Geld
übernimmt Hamza
einen Club
im Berliner Nachtleben,
doch auch der
wirft keinen Gewinn ab.
Das ist aber sowohl Hamza
als auch Alina egal.
Zusammen lebt es sich gut
von Sieglindes Geld,
sowohl in Berlin
als auch auf teuren Urlauben.
Alina lädt ihn zuerst
nach Ägypten ein,
dann nach Dubai,
wo sie mit ihm
das Formel-1-Rennen besucht,
so wie vor zwei Jahren
noch mit Ernst.
Und jetzt wäre er es,
der die Scheidung blockiert
und sie erpresse.
Er wolle ihr Sieglindes
Erbe streitig machen
und sie wegen Erbbetrugs
anzeigen,
sagt sie Hamza.
Wenn er das tue,
dann würde sie
all ihr Geld verlieren.
So weit darf es nicht kommen,
da sind sich beide einig.
Am besten wäre es,
wenn Ernst sterben würde.
Dann wäre Alinas Geld
nicht nur sicher,
sondern es würde sogar
noch mehr werden.
Denn als seine Ehefrau
würde sie von Ernst erben.
Je mehr das ungleiche Paar
darüber nachdenkt,
desto mehr nimmt
der tödliche Plangestalt an.
Nur will sich keiner von ihnen
die Hände dabei schmutzig machen.
Also bringt Hamza Malik ins Spiel.
Er kennt ihn aus dem Nachtleben
und weiß,
dass der bullige Mann,
den jeder als Bär bezeichnet,
Geldprobleme hat.
Eines Abends schlägt er Malik vor,
für Geld Alinas Mann zu töten.
Für 10.000 Euro
geht Malik den Deal ein
und die nächste Phase des Plans
wird eingeläutet.
Alina und Hamza
beschatten Ernst
nun mehrere Wochen lang,
um geeignete Situationen
für den Mord auszukundschaften.
Am Mittwochabend
im Juni 2014,
als Ernst nichtsahn
vom Gartenverein
nach Hause fährt,
ist der Moment gekommen.
Hamza fährt
Ernst unauffällig hinterher,
Malik sitzt
auf dem Beifahrersitz.
Als Ernst
aus seinem Wagen steigt,
ist Malik bereit.
Er stürmt auf Ernst zu,
zückt sein Messer
und sticht auf ihn ein.
Ernst schreit
und schlägt um sich,
wobei er Malik
das Armband vom Handgelenk
reißt,
das später die Polizei findet.
Weil Malik vorbestraft
und seine DNA
deshalb schon bei den
Strafverfolgungsbehörden
gespeichert ist,
kommt die Polizei
über das Armband
erst zu Malik
und schließlich
auch auf dessen Verbindung
zu Hamza und Alina.
Malik zeigt sich schon
während den Ermittlungen
geständig.
Er gibt zu,
den Mordauftrag
von Hamza angenommen
zu haben.
Doch noch als er
auf Ernst eingestochen
hat,
habe er es sich anders
überlegt und von ihm
abgelassen,
sagt Malik.
Auch Hamza gesteht
schließlich am Tatort
gewesen zu sein.
Er weiß die Schuld
aber von sich.
Er sagt,
dass er Malik
nicht für einen Mord
engagiert habe,
sondern nur um Ernst
einen Denkzettel
zu verpassen.
Bei Ernst Alina
schlecht behandelt habe,
sagt Hamza.
Beweisen kann er das
nicht und auch
sonst nichts,
was er sagt.
Im Gegenteil.
Telefongespräche,
die die Polizei
nach der Tat aufgezeichnet
hat und die vor Gericht
verlesen werden,
belegen,
dass Hamza Ernst
selbst nach dem
Mordversuch auf dem
Parkplatz noch töten
wollte.
Am Handy sprechen Alina
und er davon,
dass sie Ernst
erneut bedrohen wollen.
Schätzchen,
ich schwöre es dir,
ich werde seinen Arsch
zwei Teile machen,
sagt Hamza zu Alina,
während Ernst sich
gerade im Krankenhaus
von den Messerstichen
erholt.
Dafür wollte sich
Hamza in der Türkei
eine Waffe besorgen.
Der Abflug stand
bei seiner Festnahme
kurz bevor.
Die Ermittlungsbehörden
gehen davon aus,
dass er mit der Waffe
wahrscheinlich einen
dritten Mordversuch
auf Ernst geplant hatte.
Oder zumindest
einen zweiten,
denn die Attacke im Park,
bei der Ernst
niedergeschlagen wurde,
kann man Hamza
nie mit Sicherheit
nachweisen.
Alina sitzt während
des Prozesses
meist ausdruckslos da.
Ihre Fingernägel
sind noch immer
akkurat rot lackiert,
ihr blondes Haar
ist perfekt frisiert
wie damals.
Doch wenn Ernst
sie heute ansieht,
sieht er nicht mehr
die Liebe seines Lebens
in ihr,
sondern eine alte Frau,
die sich inszeniert
wie eine Schauspielerin.
Es fällt ihm schwer,
sich die Mordpläne
anzuhören,
die sie gegen ihn
geschmiedet hat.
Oder die Liebesbekundung,
die Alina Hamza
in der Haft hat
zukommen lassen.
Vor allen Anwesenden
liest der
vorsitzende Richter
einen Brief vor,
den sie Hamza
geschrieben hat.
Ich gab dir immer Geld.
Ich habe zwei
Werkstätten für dich
gekauft.
Wenn ich raus bin,
kann ich alles für dich
machen.
Ich kann noch zwei
Tankstellen für dich
kaufen.
Ich will nur dich haben.
Ich bin froh,
dass ich dich liebe.
Eine Liebe,
die nur einseitig ist.
Auch das wird
vor Gericht klar.
Denn während Hamza
Alina am Telefon
seine Liebe gesteht,
findet er im Gespräch
mit seiner Mutter
ganz andere Worte
für sie.
Alles,
was ich von dieser
Alten nehmen kann,
ist ein Gewinn für mich,
sagt er.
Und Alina ist kurz
vorm Sterben.
Ich werde alles bekommen.
Ob sie ihm das
tatsächlich versprochen hat
oder ob er nur
davon ausgeht,
bleibt vor Gericht offen.
Fest steht aber,
das Hamza Alina
benutzt hat,
wie sie selbst
einst Ernst
und Sieglinde.
Und fest steht auch,
dass die Beweislage
gegen die drei
Angeklagten erdrückend ist.
Ernst rechnet mit
einer Verurteilung
des Trios.
Doch er kann nicht ahnen,
dass am Schluss
des Prozesses nur zwei
Menschen zur Rechenschaft
gezogen werden.
Hamza,
Alinas Liebhaber,
muss wegen versuchten
Mordes zehn Jahre
ins Gefängnis.
Malik trifft eine
mildere Strafe.
Das Gericht glaubt ihm,
dass er während der Tat
von seiner Mordabsicht
abgerückt ist.
Er wird wegen
gefährlicher Körperverletzung
zu einer Haftstrafe
von fünfeinhalb Jahren
verurteilt.
Ganz kurz.
Also der hat 13 Mal
auf die Person eingestochen
und die glauben ihm,
dass er mittendrin
aufhören wollte, ja?
Mhm.
Okay.
Alles klar.
Alinas Platz
auf der Anklagebank
ist da bereits leer.
Denn am neunten
Verhandlungstag,
also noch mitten im Prozess,
wird vor Gericht verkündet,
dass bei ihr eine Demenz
des Alzheimer-Typs
diagnostiziert wurde.
Alina ist
verhandlungsunfähig
und mit sofortiger Wirkung
aus dem Prozess
ausgeschieden.
Das Verfahren
gegen sie wird eingestellt.
Damit trifft die Drahtzieherin
des geplanten Mordes
keinerlei Strafe
der Justiz.
Stattdessen
teilt sie nun
Sieglinde Schicksal.
What goes around
comes around.
Warte, warte, warte.
Wie alt
ist Alina
beim Prozess?
Mitte 70.
Okay, gut.
Kann natürlich sein,
ne,
in dem Alter,
dass man
eine Demenz
diagnostiziert bekommt,
aber
weiß ich nicht.
diese Frau
ist so eine
gewiefte Person,
bei der könnte ich mir
sehr gut vorstellen,
dass die das
irgendwie gedeichselt hat,
ne,
mit Geld
hier,
hier unterschieben
und da noch
und hier,
schreib mir mal
die Diagnose hin
oder so, ne.
Also das könnte ich mir
bei der auch noch
vorstellen.
Also in letzter Zeit
bist du auch wirklich
kurz vor Schwurbeln,
ne?
Nein.
Was ist das für
eine Verschwörungstheorie
jetzt?
Das ist doch
diagnostiziert.
Aber bei der,
ich glaube,
bei der kein Wort.
Die hat ja
das beste Leben geführt,
sich überall das Geld
rausgezogen
und jetzt kriegt sie es
auch noch hin,
dass sie nicht mehr
ins Gefängnis muss.
Also das stinkt doch
zum Himmel.
Das Schöne ist,
dass du so eine
Kopfform hast,
mit der man auch
Aluhut tragen kann.
Aber wir hören
nochmal,
was jetzt danach
passiert, ja?
Also Ernst kann es
wie du übrigens
nicht fassen, ja?
Also dass die Alina
jetzt hier ungestraft
davon kommt,
dass sie sich nicht
weiter für den
versuchten Mord
verantworten muss
und auch nicht
für den Betrug
an Sieglinde,
der sie schon
zu Lebzeiten
das Geld
aus der Tasche
gezogen hat.
Dafür immerhin
soll trotzdem
jemand zur
Verantwortung
gezogen werden.
Ernst nämlich
selbst.
Im Jahr 2017,
zwei Jahre nach
dem Prozess,
wo er der
Geschädigte war,
nimmt nun er
auf der
Anklagebankplatz.
Der inzwischen
73-Jährige ist wegen
gewerbsmäßiger
Untreue in 95
Fällen angeklagt.
95 Minusbeträge
auf Sieglindes
Konto,
für die er sich
verantworten muss,
denn er kann nicht
leugnen,
dass er wusste,
dass sich seine
Frau am Vermögen
der alten Dame
bereichert hat.
Dabei wäre es
als Sieglindes
vormund seine
berufliche Pflicht
gewesen,
den Betrug zu melden.
Außerdem geht
aus den Überweisungen
auch hervor,
dass sich Ernst
selbst hier und da
Geld genommen hat.
Manche Überweisungen
gehen direkt auf
sein Konto.
Von anderen
wurden Rechnungen
bezahlt,
die mit seiner
Steuerkanzlei in
Verbindung gebracht
werden können.
Immerhin,
manche der Beträge
hat Ernst zurückgezahlt.
Der Gesamtschaden
beläuft sich
trotzdem auf
rund 200.000 Euro.
Geld, das sowohl
in Alinas als auch
in Ernsts Taschen
floss.
Wer sich wie viel
genommen hat,
lässt sich Jahre
später nicht mehr
rekonstruieren.
Darüber hinaus
liegt der Staatsanwaltschaft
ein Attest
von Sieglindes
Arzt vor,
dem zufolge
sie bereits
im Jahr 2005
an Demenz
erkrankt war.
Ihr Realitätsbezug
sei gelockert,
ihre Testierfähigkeit
ausgeschlossen,
steht auf dem Dokument.
Trotzdem hat Ernst
im Jahr 2008
drei Jahre
nach der Diagnose
zugestimmt,
als Sieglinde
plötzlich ihr Testament
ändern wollte
und Alina als
Alleinerbin
eingesetzt hat.
Dem Gericht
stellt sich nun die Frage,
ob Sieglinde
zu dem Zeitpunkt
überhaupt noch
geschäftsfähig war
und wie viel
Ernst
davon wusste.
Ernst schweigt tagelang.
Dann entscheidet er sich
dazu, doch
reinen Tisch zu machen.
Zwar sei Alina
zunächst die treibende
Kraft gewesen,
die sich an Sieglindes
Konto bedient habe,
aber er habe nichts
dagegen unternommen
und mit der Zeit
auch mitgemacht.
Zunächst habe er noch
vorgehabt,
das Geld zurückzuzahlen.
Dann sei es für ihn
aber beinahe Normalität
geworden, sich am Vermögen
von Sieglinde zu bedienen,
sagt Ernst.
Er habe finanzielle
Engpässe überbrückt,
zum Beispiel Möbel
für seine neue Wohnung
gekauft,
als Alina ihn
rausgeworfen hatte.
Dreimal hat er die Miete
für seine Kanzlei
von Sieglindes Geld
bezahlt und auch die
Kreuzfahrt und der Urlaub
in Dubai mit Alina
war für das Ehepaar
quasi umsonst.
Seine Gewissensbisse
habe er weitgehend
verdrängt,
sagt Ernst.
Und er habe sich
eingeredet,
dass Sie Sieglinde
ja nichts wegnehmen.
Sie hätte ihr Vermögen
ohnehin nicht mehr
vollständig ausgeben können.
Über Sieglindes Demenz
wusste Ernst
natürlich Bescheid,
aber weder er
noch der anwesende
Notar hielten es
für nötig,
eine ärztliche
Einschätzung
über ihre
Geschäftsfähigkeit
einzuholen.
Ernst hat das
Testament einfach
abgenickt.
Dass Sieglinde
noch wusste,
was sie tat,
als sie Alina
zur Alleinerbung
gemacht hat,
halten ihre
damaligen
PflegerInnen aber
für ausgeschlossen.
Sieglinde
sei 2005 schon
vollständig
pflegebedürftig
und auch geistig
erheblich
eingeschränkt
gewesen,
berichtet eine
Zeugin.
Die Gültigkeit
des Testaments
wird deshalb
in einem
abgetrennten
Zivilprozess
erneut überprüft.
Was Ernst betrifft,
plädiert die
Staatsanwaltschaft
schließlich
auf eine Bewährungsstrafe,
doch das Gericht
urteilt härter.
Es hält dem
Angeklagten zwar
zugute,
dass Sieglinde
zu Lebzeiten
keinen Nachteil
aus dem Betrug
genommen hat,
trotzdem hat Ernst
ihre Hilflosigkeit
und ihre Krankheit
laut Gericht
ausgenutzt,
um sich zu bereichern.
Denn selbst wenn Alina
die treibende Kraft
des Betrugs war,
er hatte immer
die Tatherrschaft
gegenüber seiner
damaligen Frau,
hat also das
Geschehen kontrolliert.
Nämlich,
weil er als Vormund
jederzeit den Betrug
hätte unterbinden können.
Deswegen entzieht
ihm das Gericht
die Zulassung
als Steuerberater
und verurteilt ihn
wegen gewerbsmäßigen
Betrugs
zu einer
dreijährigen
Haftstrafe.
In dem Zivilprozess
wird Sieglindes
zweites Testament,
das Alina
begünstigt hat,
offiziell für
ungültig erklärt.
So tritt nun wieder
ihr ursprünglich
letzter Wille
in Kraft,
nachdem das Tierheim
in Berlin
ihr ganzes Vermögen
von mehr als
700.000 Euro
hätte erben sollen.
Nur ist von dem Geld
nicht mehr viel übrig
und Alina kann auch
kein Geld mehr beschaffen,
denn sie ist kurz
nach Ernsts Verurteilung
verstorben.
Sie hinterlässt
ihre Wohnung,
ja,
da fasst sie sich
an den Kopf
und reißt sich
die Alufolie wieder ab.
Naja,
die ist doch jetzt nicht,
woran ist sie gestorben?
Das wissen wir nicht.
Sie hinterlässt
ihre Wohnung,
die einst Ernst
finanziert hat,
sowie mehrere teure
Autos und Schmuck,
was alles verkauft wird.
Der Erlös geht
ans Tierheim,
wo das Geld
schon vor sechs Jahren
als sie glinde
starb hätte
ankommen sollen.
Die restliche Summe
muss nun Ernst
aufbringen und zurückzahlen.
Vermögen hat er
keins mehr.
Ernst hat seine Haft
im offenen Vollzug
verbringen dürfen.
Tagsüber hat er
Aushilfsjobs
in seiner Kanzlei
erledigt,
die jetzt seinem
Sohn gehört.
Immer,
wenn sich das Wetter
ändert,
schmerzen ihn die Narben,
die er von den
Messerstichen
davon getragen hat.
Narben,
die ihn immer
an seine große
Liebe erinnern werden
und an den Schmerz,
den sie in ihm
hinterlassen hat.
Ja, Ernst
kann einem auf jeden Fall
leidtun.
Ja, schließlich wurde
13 Mal auf ihn
eingestochen.
Aber das hat mich
jetzt schon am Ende
auch irgendwie
total enttäuscht,
dass er sich
da selber
so bedient hat.
Natürlich,
er hat das schon
auch jahrelang
einfach ignoriert,
aber er hatte ja auch
eine Anzeige
geschrieben,
hat also gewusst
und hat,
ja,
war sich dem auch
bewusst,
dass das halt nicht
geht,
dass man von der
Sieglinde halt
einfach das Geld
nehmen kann.
Und dann hat er es
aber auch selber
gemacht.
Also das hat mich
jetzt am Ende
ein bisschen
schockiert,
weil ich jetzt
sagen muss,
alle Menschen
in diesem Fall
sind mir so
unsympathisch
und man sieht
einfach,
wie dieses
Geld
offenbar das
Schlimmste
aus jedem
Menschen
da rausholt.
Auch eben
aus Ernst,
der am Anfang
noch wusste,
was richtig
und was falsch
ist.
Ja,
also ich
habe sozusagen
auch Mitgefühl
für
diese Tat,
also dass er
da Opfer
wurde.
Und sicherlich
ist Alina
in dieser
Geschichte
die Böse,
auch allein,
dass sie
dann sich ja
nicht mehr
um Sieglinde
gekümmert hat,
nachdem sie
ihr Testament
geändert hat,
ne,
widerlich,
aber Ernst
hat halt eben
nichts getan,
um das zu
verhindern.
Also der hat da
schon einen
beträchtlichen
Anteil
zu beigetragen
und mag er nicht
die treibende
Kraft gewesen sein,
aber der hat sich
moralisch da
so falsch
verhalten.
Ja,
und bezüglich
dieses Wort
goes around
comes around,
also ob das
irgendwie vielleicht
auch was mit
Karma zu tun
hat,
dass sie
am Ende
dieselbe
Krankheit
ereilt hat
wie
Sieglinde,
das stelle ich
ja immer noch
in Frage,
aber
dass es halt
wirklich genauso
war,
dass sie
den Ernst
eben für
das Geld
so ausgenommen
hat
und er
sie so
offenbar
von Herzen
geliebt hat,
dass denn
der Hamza
dasselbe
bei ihr
gemacht hat,
da habe ich
dann schon
gedacht,
ja,
nee,
hat sie
auch irgendwie
verdient.
Ja,
das hat sie
auf jeden Fall
verdient.
Sie hat das
bekommen,
was sie
anderen
gegeben hat
und ihr
wurde das
genommen,
was sie
von anderen
Menschen
genommen hat.
Also,
ja,
die beiden
haben sich
mehr
als einander
verdient.
So generell,
also ich meine,
am Ende wissen wir
das nicht sicher,
aber es hört sich
ja schon so an,
als ob da
echt viel
Oberflächlichkeiten
im Spiel waren
und als ob es
viel auch
im Status
ging.
Ja,
also es ist ja so,
wäre Ernst jetzt
gestorben,
dann hätte Alina ja
nicht nur das Geld
von Sieglinde geerbt,
was sie ja sowieso
schon hatte,
sondern eben auch
noch das von Ernst.
Zumindest war das ja
der Plan,
weil das war ja
immer noch ihr
Ehemann zu der Zeit
und damit kommen wir
zu einer Frage,
die uns wirklich
ständig gestellt wird
und zwar,
können Menschen,
die jemanden
umgebracht haben
oder umbringen
haben lassen,
von ihren Opfern
erben?
Die Frage beantworte ich
jetzt in meinem Aha,
aber zuerst will ich
einmal kurz erklären,
wie Erben in Deutschland
überhaupt so geregelt ist
und das sieht folgendermaßen aus,
also wenn jemand stirbt,
dann hinterlässt die Person
ihr Hab und Gut
und das kann alles sein,
Geld, Immobilien,
Schulden,
was auch immer
und wie das Erbe
verteilt wird,
hängt dann davon ab,
ob der oder die
Verstorbene
ein Testament hat.
Falls nicht,
greift die gesetzliche
Erbfolge.
Das bedeutet,
dass das Vermögen
unter den nächsten
Angehörigen
aufgeteilt wird,
in erster Linie
unter den Kindern
und EhepartnerInnen,
wenn es keinen
Ehevertrag oder ähnliches gibt
und unter den Nachfahren,
also Kindern und Enkelkindern.
Wenn zum Beispiel
der Vater einer Familie stirbt,
dann erbt seine Frau
oder meinetwegen auch sein Mann
oder wer auch immer
50% seines Vermögens.
Die beiden Kinder
teilen sich dann
die andere Hälfte,
also erben jeweils 25%.
Hätte das Paar
nur ein Kind,
dann würde es die anderen
50% komplett bekommen
und wenn ein Kind
wiederum Kinder hat,
aber selbst
nicht mehr lebt,
dann geht das Erbrecht
quasi eine Ordnung weiter
und zwar an die Enkelkinder.
Und falls der
oder die Verstorbenen
ein Testament aufgesetzt hat,
dann gilt immer das,
was da drin steht
und damit so ein Testament
gültig ist,
muss man es handschriftlich
und eigenhändig verfassen
und unterschreiben
oder notariell beglaubigen lassen.
Und man muss beim Ausstellen
des Testaments
geschäftsfähig gewesen sein.
Man muss also wissen,
was man tut,
nicht so wie im Fall
von Sieglinde,
die das aufgrund der Demenz
ja nicht mehr wusste.
Und dann gibt es eine Besonderheit
im Erbrecht,
den Pflichtanteil
für Angehörige.
Der besagt,
dass den nächsten Angehörigen
in jedem Fall
zumindest ein kleiner Teil
des Erbes zusteht.
Also selbst wenn die Oma
ihr ganzes Vermögen
an den Nachbarn vermacht,
können ihr Ehemann
und auch ihre Kinder
einen Pflichtteil
vom Erbe einfordern.
Wie hoch der ist,
hängt davon ab,
wie viele Pflichtteilsbeteiligte
es gibt.
Allgemein gilt,
der Pflichtteil beträgt
die Hälfte
des gesetzlichen Erbes.
Dazu nehmen wir jetzt mal ein Beispiel.
Nehmen wir an,
Laura hat jetzt nur
ihren Ehemann
als Angehörigen
und Laura stirbt
ganz plötzlich
an Überarbeitung.
Tut mir leid,
dass du auf diese Weise stirbst,
aber so wird es sein.
Dann erbt quasi
nach der gesetzlichen Erbreihenfolge
erst mal ihr Mann.
Dann taucht aber plötzlich
ein Testament auf,
in dem sie alles
an mich vererbt.
Wie nett.
Und dann steht mir
ihr ganzes Vermögen zu
und Lauras Mann
würde leer ausgehen.
Außer er sagt,
Halt, Stopp,
ich will als Ehemann
den Pflichtanteil,
der mir zusteht.
Dann würde er halt auch
was vom Erbe bekommen.
Und der Anteil
wäre aber viel kleiner
als der,
der ihm ohne Testament
zugestanden hätte.
Und jetzt kommen wir
zu True Crime zurück,
nämlich zu den vier Fällen,
in denen ErbInnen
komplett leer ausgehen.
Die sind im Paragraf
2339 im BGB geregelt
und dort steht,
erbunwürdig ist,
wer den Erblasser
vorsätzlich
und widerrechtlich tötet
oder zu töten
versucht hat.
Bestes Beispiel
dafür ist Alina.
Eigentlich hätte
ihr als Ehefrau von Ernst
zumindest ein Teil
seines Erbes zugestanden.
Also wir wissen jetzt nicht,
ob er ein Testament hatte
oder nicht.
Vielleicht hat er ja auch
nach den ganzen Streitereien
mit ihr seinen Sohn
als Alleinerben eingesetzt.
Aber selbst dann
hätte sie als Ehefrau
ihren Pflichtanteil
einklagen können.
Aber dadurch,
dass sie versucht hatte,
Ernst töten zu lassen,
hat sie ihren Erbanspruch
komplett verloren.
Das wird im Zivilrecht
gleich behandelt,
wie wenn sie ihn selbst
versucht hätte zu töten.
Und dass dann
der Erbanspruch entfällt,
ist auch richtig so.
Sonst würden mit Sicherheit
viel mehr Menschen
wegen ihres Vermögens
sterben müssen.
Den Anspruch verliert aber auch,
wer jemanden daran hindert,
überhaupt ein Testament
aufzusetzen.
Also wer Erblasser
enttäuscht
oder ihn droht.
Zum Beispiel,
wenn man sagt,
wenn du jetzt kein Testament
schreibst,
in dem ich Alleinerbin bin,
dann haue ich dir
eine rein oder so.
Oder wer Urkundenfeld
schon begeht,
also ein Testament
im Namen eines anderen
verfasst.
Zurück zum Beispiel
von deinem Tod, Laura.
Dein Mann würde
würde also nichts erben,
wenn er Laura zum Beispiel
am Sterbebett
den Stift wegnehmen würde,
mit dem sie jetzt gerade
ihr Testament schreiben will.
Dann würde er sie ja
aktiv daran hindern
und wäre erbunwürdig.
Und ich würde zum Beispiel
meinen Erbanspruch verlieren,
wenn ich nach Lauras Tod
selbst ein Testament
in ihrem Namen aufsetze,
laut dem sie mir
alles vererbt.
Weil wenn das rauskommt,
dann steht mir natürlich
kein Geld zu.
Und dann habe ich darüber hinaus
auch ein Verfahren
wegen Urkundenfälschung
am Hals.
Oder wenn Laura mir
aufgetragen hat
und ich ihr versprochen habe,
dass ich das Geld
jetzt für den Tierschutz ausgebe.
Und ich mir davon
dann aber nur Süßigkeiten kaufe.
Wenn das rauskommt,
weil dein Testamentsvollstrecker
das nachprüft
und wenn man mir nachweisen kann,
dass ich auch nie vorhatte,
das Geld für die Tiere zu spenden,
dann bin ich auch dran.
Dann werde ich
für erbunwürdig erklärt
und weil dann wieder
die gesetzliche Erbfolge greift,
muss ich deinem Mann
dann das ganze Geld,
was ich schon für Süßigkeiten
ausgegeben habe,
auszahlen.
Außer Paulina war bei diesen Aktionen
schuldunfähig,
weil wenn man bei der Tötung
der ErblasserInnen
schuldunfähig war,
dann ist man trotzdem
erbberechtigt.
Das kommt natürlich
nur selten vor,
aber da gab es zum Beispiel
mal einen Fall in Hannover
2016,
da hat ein schizophrener Mann
seine Großeltern getötet,
wurde dann im Strafprozess
für schuldunfähig befunden
und hat dann am Ende
die 140.000 Euro
seiner Großeltern geerbt,
obwohl er sie ja getötet hat.
Ja, stimmt.
Ein anderer Sonderfall betrifft
die Sterbehilfe,
also auch das Thema,
was wir gerade in unserem
neuen Podcast
Justitias Wille behandeln.
Hier geht es jetzt genauer
um die aktive Sterbehilfe,
also das Töten eines Menschen
auf dessen Wunsch.
Das ist hier in Deutschland
ja eine Straftat
und ist im Strafgesetzbuch
als Tötung auf Verlangen
beschrieben.
Das Zivilrecht sieht das
aber ein bisschen anders,
wie uns unser Experte
Hans-Robert Illting,
Fachanwalt für Erbrecht
von der Kanzlei
Abel und Kollegen,
erzählt hat.
Und das liegt an einer Vorschrift,
die es im Erbrecht
schon seit mehr als
120 Jahren gibt
und die sich mit dem
Verzeihen beschäftigt.
Also einmal,
um das zu verstehen,
stellen wir uns mal
einen Fall vor,
bei dem eine Enkelin
ihren todkranken
Großvater täuscht
und ein falsches Testament
in seinem Namen anfertigt,
mit dem sie
nicht nur
einen kleinen Teil,
sondern sein komplettes
Vermögen erben soll.
Aber dann merkt
der Opa das noch
zu Lebzeiten,
verzeiht ihr aber
den versuchten Betrug,
dann wird sie auch
von seinem Erbe
nicht ausgeschlossen.
Also dann ist sie,
obwohl sie eigentlich
nach Paragraf 2339
erbunwürdig wäre,
nicht erbunwürdig,
weil er ihr verziehen hat.
Und in Bezug
auf die Sterbehilfe
hat uns der Experte
das so erklärt.
Jetzt ist es so,
da muss man ja bedenken,
dass die Juristen
durchaus clever sind,
die argumentieren
wie folgt.
Es gibt erbrechtlich
die Möglichkeit
einer sogenannten
Verzeihung
durch den Erblasser
für irgendwelche
Verfehlungen
des eingesetzten Erben,
die dann
nachträglich
erteilt werden kann.
Und wenn das so geht,
geht es natürlich auch
umgekehrt,
dass der Erblasser
schon zu Lebzeiten
eine Einwilligung
und Einverständnis
erklärt.
Und das hat dann
zur Folge,
dass erbrechtlich gesehen
diese Tötung
auf Verlangen
tatsächlich
sanktionsfrei bleibt,
strafrechtlich
allerdings nicht.
Da bleibt es
bei der Tötung
auf Verlangen.
Das ist dann
diese Unterscheidung
zwischen der
strafrechtlichen
Sichtweise
und der erbrechtlichen.
Das geht also
durchaus auseinander
und es hat auch
Auswirkungen auf die
Vortrags- und Beweislast.
Unser Erbe
muss nachweisen,
dass ein
Einverständnis
vorlag.
Wenn er das kann,
bleibt er erbrechtlich
also ungeschoren
und es tritt
keine Erbunwürdigkeit
ein.
Das Zivilrecht
macht da also,
anders als das
Strafrecht,
eine klare
Unterscheidung
zwischen einer Tötung
gegen den Willen
des Opfers
und einer Tötung
auf eigenen Wunsch hin.
Und unser Experte
geht davon aus,
dass diese Unterscheidung
in Zukunft
eh Geschichte
werden könnte,
weil halt das Recht
auf selbstbestimmtes Sterben
zum Persönlichkeitsrecht
gehört und vom
Bundesverfassungsgericht
sehr hoch gehangen wird.
Und deswegen kann sich
unser Experte auch
vorstellen,
dass die Tötung
auf Verlangen
irgendwann legal wird.
Mehr dazu
hört ihr auch
in unserem neuen Podcast.
Und dann wäre
dieser Erbfall,
also eine Person
tötet eine andere
und erbt dann von ihr,
theoretisch nicht
mehr so selten.
Mein Fall zeigt,
dass nicht nur
Charaktereigenschaften,
sondern auch Ungerechtigkeit
über Generationen
hinweg vererbt werden kann.
Alle Namen
habe ich geändert.
Von der Gallienstraße
im Zentrum von Hanau
führen mehrere
kleine Sackgassen hin
zu ruhig gelegenen
Reihenhäusern
mit grünen Gärten.
Eines von ihnen
trägt die Nummer 18.
Zwei Treppenstufen
bereiten den Weg
hinauf zur Eingangstür,
in deren dunkle
Holzfassade
große,
griffelte
Glasscheiben
eingesetzt sind.
Wenn drinnen
das Licht brennt,
kann man von außen
die Umrisse der Menschen
erkennen,
die hinter der Tür leben.
Heute,
in dieser Samstagnacht
im September 2013,
ist es im Haus
aber schon dunkel.
Es ist kurz vor Mitternacht
und fast alle Familienmitglieder
haben sich bereits
in ihre Schlafzimmer
zurückgezogen.
Alle,
bis auf einen Mann,
der im Wohnzimmer
auf dem Sofa
eingeschlafen ist.
Man kann ihn
durchs Küchenfenster
im Licht
des laufenden Fernsehers
liegen sehen.
Erst der durchdringende Ton
der Klingel
lässt ihn aufschrecken.
Schlaftrunken
erhebt er sich
vom Sofa
und trottet die wenigen
Schritte
in den Hausflur.
Dort steckt er
den Schlüssel
ins Schloss,
dreht ihn herum
und öffnet die Tür
nur einen Spalt breit.
Dadurch dringt
ein weiteres
lautes Geräusch
die Stille der Nacht.
Ein ohrenbetäubender
Knall
gefolgt von drei
weiteren.
Vier Schüsse,
die das Leben
der Familie
im Haus
mit der Nummer 18
für immer
verändern.
Januar 1989
24 Jahre
zuvor
Annette
ist auf dem Weg
zur alten
Jagdhütte
ihres Vaters.
Gejagt
hat sie hier noch nie
im Gegensatz
zu ihren Brüdern
Edward und Harald.
Die sind jetzt
auch der Grund,
warum die 30-Jährige
nach so langer Zeit
mal wieder
aufs Land fährt.
Edward und Harald
haben ihre Schwester
zur Hütte zitiert.
Es geht um den Tod
ihres Vaters
bzw. das Erbe
ihres Vaters.
Das Vermögen,
das er im Laufe
seines Lebens
durch den Aufbau
einer Maschinenfabrik
in Hanau
angehäuft hat
und welches
er jetzt hinterlässt,
beläuft sich
auf stolze
850.000 Mark.
Dass die zierliche
Frau mit dem
langen, blonden Haar
davon nicht viel
sehen wird,
ist Annette schon klar,
als sie auf dem
großen Grundstück
ankommt.
Aus dem Testament
ihres Vaters
geht hervor,
dass nur die Männer
der Familie
Edward und Harald
erben sollen.
Nach dem traditionellen
Rollenverständnis
ihres Vaters
sind sie
für die
Vermögensverwaltung
zuständig.
Deshalb soll sein Geld
nur an seine Söhne gehen,
nicht an seine Frau
und schon gar nicht
an seine Tochter.
Für Annette
hat der Vater
lediglich eine
Aussteuer vorgesehen,
eine Art Mitgift,
deren Höhe
er aber nicht definiert hat.
Als Annette
ihren Brüdern
schließlich gegenübersteht,
machen die ihr
allerdings klar,
dass sie auch
auf dieses Geld
verzichten soll.
Genau wie auf den
Pflichtanteil vom Erbe,
der ihr rein rechtlich
gesehen zusteht.
Sie solle das Geld
ihrer Mutter lassen,
die er jetzt ganz
alleine sei,
finden die Brüder.
Annette kann nicht
glauben, was sie da hört.
Was Edward und Harald
von ihr verlangen,
ist an Reistigkeit
kaum zu übertreffen.
Die beiden sollen
jeweils mehrere
hunderttausend Mark
und Annette
gar nichts bekommen?
Es ist wie ein Schlag
ins Gesicht,
aber am Ende des Tages
auch nur ein weiterer
in einer langen Abfolge
an metaphorischen Schlägen,
die Annette von den
männlichen Mitgliedern
ihrer Familie
bereits einstecken musste.
Erst vor ein paar Wochen
wurde über ihren Kopf
hinweg entschieden,
wie ihr Vater
beerdigt werden soll.
Annette durfte ihn
nicht einmal mehr sehen,
bevor er begraben wurde.
Und das Unrecht
zieht sich durch
Annettes Leben
wie ein klebriger Kaugummi,
den sie nicht
abkratzen kann.
Schon als kleines Mädchen
darf sie zum Beispiel
nicht wie ihre Brüder
mit dem Vater zur Jagd.
Obwohl das Hobby
einen enormen Stellenwert
in der Familie hat,
es ist den Männern vorbehalten.
Wie hoch der Stellenwert ist,
wird Annette Anfang der 80er
noch mal ganz bewusst
vor Augen geführt,
als sie mit 22 Jahren
ihren ersten Freund
Bernd mit nach Hause bringt.
Bernd hat sie vor kurzem
auf einem Treffen
einer Studierendenverbindung
kennengelernt.
Er ist ihr direkt aufgefallen,
denn wenn er lacht,
strahlen seine Augen.
Jetzt möchte sie,
dass ihre Eltern
ihn ebenfalls kennen
und lieben lernen.
Bernd ist höflich und nett,
als er Annettes Eltern
in dem prächtigen
vierstöckigen Haus
am Rande der Hanauer Innenstadt
zum ersten Mal gegenübersteht.
Nur zeigt er keinerlei Interesse
an der Jagd,
was bei Annettes Vater
und ihren Brüdern
auf Unverständnis stößt.
Das Hobby
hat unter den Männern
in ihrer Familie Tradition.
Wenn Bernd nicht jagt,
dann passt er nicht
in die Familie.
Da sind sich alle einig,
außer Annette.
Im Gegenteil,
sie weiß schon damals
ganz tief in ihrem Herzen,
dass Bernd genau
der richtige ist.
Und sie behält recht.
Acht Jahre später
ist sie noch immer
sehr glücklich
mit dem Mann
an ihrer Seite.
Bernd ist treu
und zuverlässig.
Er ist ihr Fels
in der Brandung.
Er ist Annettes
neue Familie.
Denn bis heute
haben ihre Eltern
und ihre Brüder
Bernd nie akzeptiert.
Glücklicherweise
sind sie aber auch
nicht mehr Teil
ihres Alltags.
Denn inzwischen
hat ihr Vater
die Firma verkauft
und ist mit seiner Frau
und Annettes
fünf Jahre jüngerem
Bruder Harald
nach Österreich gezogen,
wo sie ebenfalls
ein Jagdrevier besitzen.
Weil Annettes Elternhaus
daraufhin leer stand,
hat sie es sich
mit Bernd
in der Drei-Zimmer-Wohnung
im Dachgeschoss
heimelig gemacht.
Für 350 mag Miete
im Monat,
die sie ihrer Familie
zahlen muss.
Von ihren Brüdern
hört sie nur noch selten,
bis ihr Vater stirbt
und Edward und Harald
ihr klar machen,
dass sie auf ihr Erbe
verzichten soll.
Wieder zu Hause angekommen,
erzählt sie Bernd davon.
Sie ist wütend
und verletzt,
weiß nicht wohin
mit ihren Emotionen.
Bernd ist für sie da,
wie immer.
Er nimmt sie ernst,
lässt ihrem Ärger Raum
und steht ihr dann
mit Rat und Tat zur Seite.
Gemeinsam entscheiden sie,
sich wegen des Erbes
rechtlich beraten zu lassen.
Doch ihr Anwalt
dreht ihn davon ab,
weitere Schritte einzuleiten.
Das Testament des Vaters
sei klar
und bevorstehen würde
ihnen ein langer Rechtsstreit,
an dessen Ende
wahrscheinlich nichts
außer Anwaltskosten
für sie rausspringen würde.
Mit dem Geld
hatte Annette eh nicht gerechnet,
also versucht sie,
die Sache zu vergessen,
was ihr zwei Jahre später
noch leichter fällt.
Denn da kommt Ole
auf die Welt,
ihr kleiner Sohn.
Doch die Freude
der frischgebackenen Eltern
wird von Skepsis getrübt,
als ein Besuch
bei Annettes Familie ansteht.
Annettes Mutter
will nämlich wissen,
wie Bernd,
der da gerade
Verfahrenstechnik studiert,
eine Familie ernähren will.
Der entgegnet,
dass sie das nichts angeht.
Das macht wiederum
Harald wütend,
Annettes jüngeren Bruder,
der sich seit dem Tod
seines Vaters
wie das Familienoberhaupt
aufspielt.
Kein Wunder,
er war schon immer
das Lieblingskind ihrer Mutter.
Und deshalb verlangt
Harald von Bernd,
dass er sich bei seiner Mutter
entschuldigt.
Doch Bernd sieht das nicht ein.
Immerhin hat er alles
unter Kontrolle.
Während sich Annette
nun zu Hause
um den kleinen Ole kümmert,
bricht Bernd sein Studium ab
und nimmt einen Job
als Fahrer bei einer Spedition an,
um Geld zu verdienen.
Mit diesem Schritt
zeigt Bernd Annette
wieder einmal,
was Zusammenhalt
in einer Familie
wirklich bedeutet.
Nämlich,
dass man seine eigenen Bedürfnisse
auch mal hinten anstellt.
und Bernds Fleiß
auf der Arbeit
zahlt sich aus.
Er steigt in den nächsten Jahren
bis in die Geschäftsführung
des Unternehmens auf
und kann so gut
für seine Familie sorgen,
die wächst und wächst.
So ziehen beide
am selben Strang
und halten sich
gegenseitig den Rücken frei.
Während Annette
sich unter der Woche
um die Kinder kümmert
und in ihrer Mutterrolle
voll aufgeht,
übernimmt Bernd das
am Wochenende.
Er begleitet die Kinder
zu Sportveranstaltungen,
schaut ihnen
beim Handballspiel zu
oder fährt mit ihnen Kanu.
Denn Bernd ist
ihr größter Fan.
Er jubelt,
wenn sie Tore machen
und tröstet,
wenn es ihnen nicht gut geht.
Annette könnte stolzer
kaum sein,
Bernd an ihrer Seite zu haben
und sich damals
entgegen der Meinung
ihrer Familie
für ihn entschieden zu haben.
Für ihre große Liebe,
ihren Fels in der Brandung,
den Vater ihrer Kinder.
Also es rührt mich wirklich.
Und das zeigt ja auch,
dass die Familie,
in die man geboren wurde,
nicht immer die Familie ist,
bei der man bleiben muss,
um glücklich zu sein.
Also finde ich gut,
dass sie das gemacht hat,
sich von denen zu trennen,
die ihr nicht gut taten.
Und dann kriegt sie da
so einen tollen Mann
an die Seite.
Die Familienidylle
wird erst wieder gestört,
als Annettes Bruder Harald
wegen eines Jobs
zurück von Österreich
nach Hanau zieht.
Direkt ins Erdgeschoss
des Elternhauses
unter dasselbe Dach
wie Annette und Bernd.
Mit seinem Einzug
verändert sich
die ganze Stimmung
im Haus.
Einmal wirft Harald
wutentbrannt
Annettes Einkäufe
in den Garten,
die sie im Treppenhaus
hat stehen lassen,
weil sie es nicht geschafft hat,
sie allein ins Obergeschoss
zu tragen.
Ein andermal liegen plötzlich
die Kaninchen
der Kindertod im Gras,
weil Harald
seinen Jagdhund
auf sie gehetzt hat.
Oh mein Gott!
Ab da kommunizieren
die Geschwister
nur noch über Briefe
und in einem der Umschläge
steckt im Jahr 2002
die Kündigung
für die Wohnung.
Unterzeichnet von Harald,
der die Hausverwaltung
nach dem Tod
seines Vaters
übernommen hat.
Annette kann nicht fassen,
was sie da liest.
Erst überlegt sie
gerichtlich dagegen
vorzugehen,
doch dann finden Bernd
und sie ein Haus
mit Garten,
das nur 150 Meter
Luftlinie
von ihrem jetzigen
entfernt ist.
Ein kleines Idyll
in der gewohnten Umgebung
und ein Zuhause
fernab vom Familienstreit,
in das sie schließlich
mit ihren vier Kindern
einziehen.
Sechs Jahre lang
haben sie hier Ruhe
von Harald
und seinen Schikanen.
Bis Annette,
die gerade auf Mutter-Kind-Kur
an der Nordsee ist,
einen Anruf
von ihrem anderen
Bruder Edward erreicht.
Ihre Mutter
sei in Österreich gestorben.
Schon in wenigen Tagen
werde sie dort beerdigt,
sagt er.
Annette ist völlig überrumpelt.
Sie bittet ihren Bruder,
die Beerdigung
noch zehn Tage aufzuschieben,
sodass sie nach der Kur
daran teilnehmen kann.
Doch er verneint.
Harald möchte nicht warten,
heißt es.
Also wird Annettes Mutter
begraben,
ohne dass Annette dabei ist.
Fast so wie damals,
als sie nicht bei der Beerdigung
ihres Vaters
mitreden durfte.
Es hat sich also nichts geändert
in den vergangenen Jahren.
Nichts außer eines.
Annette ist inzwischen
50 Jahre alt
und hat es satt,
ständig klein beizugeben.
Diesmal will sie
zumindest für ihr Erbe kämpfen.
Denn sie sieht es schon kommen,
dass ihre Brüder
ihr ihren Anteil
wieder absprechen.
Deshalb wendet sie sich
zurück in Hanau
direkt an einen Rechtsanwalt,
um ihren Pflichtanteil
einzufordern.
Bernd stärkt ihr den Rücken,
wie er es schon immer getan hat
und wie er es auch
weiterhin tun muss.
Denn Annettes Besuch
an der Anwaltskanzlei
tritt einen Erbstreit los,
der Jahre anhält.
Harald blockiert
so ziemlich jede Auskunft,
die der Anwalt einfordert.
Er behauptet,
seine Mutter hätte ihm
nur Schulden vererbt.
Vom Familienvermögen
sei nichts mehr da.
Annette glaubt ihm nicht.
Allein das Haus in Österreich
hat einen Wert
von etwa 200.000 Euro.
Hinzu kommen
Goldbarren,
Schmuck und teure Gemälde,
von denen sie weiß.
Doch das Rechtsverfahren
ist kräftezehrend.
Manchmal spielt Annette
mit dem Gedanken,
alles hinzuschmeißen.
Dann baut Bernd sie wieder auf
und spricht ihr Mut zu.
Er ist der Meinung,
dass mit der familiären Ungerechtigkeit,
die jahrelang
auf Annettes Rücken
ausgetragen wurde,
endlich Schluss sein muss.
Und dann ist da,
vier Jahre nach dem Start
des Erbstreits
endlich ein Lichtblick.
In fünf Tagen
ist ein neuer Gerichtstermin
anberaumt.
Und diesmal sieht alles so aus,
als würde Annette
endlich ein Teil
des Erbes zugesprochen werden.
Doch Annette
traut der Sache
nicht richtig.
Sie hat ein schlechtes
Bauchgefühl
wegen des anstehenden Termins.
Mit dieser bösen Vorahnung
geht sie am Samstag,
den 7. September 2013
ins Bett.
Das Nächste,
das sie vernimmt,
ist die Klingel
an der Haustür.
Wer läutet denn
um 23.30 Uhr noch?
Vielleicht ihr Sohn,
der unterwegs war
und seinen Schlüssel vergessen hat?
Annette hört,
wie ihr Mann,
der mal wieder auf dem Sofa
eingeschlafen ist,
zur Haustür geht.
Dann ertönt ein Knall,
gefolgt von drei weiteren
und einem lauten Poltern.
Annette springt aus dem Bett
und ruft Bernds Namen.
Im Flur angekommen,
sieht sie einen Mann
vor der Haustür
auf dem Boden liegen.
Er antwortet nicht,
aber er atmet.
Er muss sich den Kopf
an der Garderobe gestoßen haben,
vermutet Annette.
Doch dann nimmt sie
sein weißes T-Shirt wahr.
Es ist voller Blut.
Langsam begreift sie,
Bernd hat sich nicht gestoßen.
Er ist schwer verletzt.
Annette fühlt Panik
in sich aufsteigen.
Sie ruft nach ihren Kindern.
Sie braucht Handtücher,
um die Wunde
an seinem Bauch abzudrücken
und sie muss den Rettungswagen rufen.
Ihre zwölfjährige Tochter Inga
erreicht ihr ein Kissen,
das sie unter Bernds Kopf schieben.
Dann ein Handtuch,
mit dem sie gemeinsam versuchen,
die klaffende Wunde zuzudrücken.
Gleichzeitig alarmiert Annette
die 112.
Die Minuten,
bis sie das herannahende
Martinshorn hört,
scheinen endlos.
In Annettes Kopf
ist währenddessen
nur Platz für einen Gedanken.
Bernd muss weiter atmen.
Er muss leben.
Als sie ihren Mann
in die Hände der Rettungskräfte übergibt,
hofft sie weiter.
Doch vergebens.
Fast genau eine Stunde,
nachdem es an der Haustür geklingelt hat,
erliegt Bernd im Krankenhaus
seinen Verletzungen.
Und mit seinem Tod
beginnt für die Familie
die schlimmste Zeit ihres Lebens.
Den nächtlichen Schock
lösen am nächsten Morgen
Trauer und Verzweiflung ab,
die sich Annette breit machen.
Sie fühlt sich leer,
während ihr Haus
voll von fremden Menschen ist.
MordermittlerInnen,
die vor allem den Eingangsbereich
nach Hinweisen darauf untersuchen,
wer hier geschossen hat.
Alles deutet auf eine geplante Tat hin
und auf einen geübten Schützen
oder eine geübte Schützin.
Denn in der doppelt verglasten Haustür
ist nur ein Einschussloch.
Der oder die TäterIn
muss viermal sehr präzise
mit ruhiger Hand
durch die Tür geschossen haben.
Drei Kugeln
sind in Bernds Körper gelandet,
eine weitere
ist einmal quer durchs Haus geflogen
und im Gartenzaun stecken geblieben.
Zudem kann die Polizei
keine Patronenhülsen finden.
Wer auch immer das war,
muss sich im Umgang
mit Waffen ausgekannt haben.
Doch Bernd hatte keine Feinde,
sagt Annette der Polizei.
Er war ein toller Vater,
ein ruhiger, glücklicher Mann.
Sie haben ein harmonisches
Familienleben geführt.
Der einzige Streit,
den sie jemals hatten,
war der Erbstreit mit Harald,
der immer noch anhält.
Und Harald ist ein geübter Jäger.
Er hätte nicht nur die Geschicklichkeit,
sondern auch die Waffe
für so eine Tat.
Oh oh.
Dass er zu solchen Mitteln greift,
kann sich Annette
aber eigentlich nicht vorstellen.
Und wieso sollte Harald
gerade Bernd töten?
Bernd hat zumindest auf dem Papier
ja gar nichts
mit dem Erbstreit zu tun.
Trotzdem klicken noch
am Abend des 8. September
nicht einmal 24 Stunden
nach Bernds Tod
im 100 Kilometer entfernten
Ort nach Städten
die Handschellen.
Harald,
der mittlerweile wieder
in Österreich wohnt,
ist gerade bei seiner
Lebensgefährtin Eiler
in Deutschland zu Besuch.
Doch auf der Polizeidienststelle
leugnet der 49-Jährige
etwas mit der Tat
zu tun gehabt zu haben.
Er habe gestern
auf Eilers kleine Töchter aufgepasst,
weil sie feiern war.
Eiler bestätigt das.
Auch bei einer Hausdurchsuchung
können die Beamtinnen
nichts finden,
was auf Harald
als Täter hindeuten würde.
Damit hat die Polizei
nichts gegen ihn in der Hand
und muss ihn wieder gehen lassen.
Die Beamtinnen
stehen wieder am Anfang
der Ermittlungen
und gleichzeitig
am vorläufigen Ende.
Der Erbstreit
zwischen Annette und Harald
geht derweil
in die nächste Runde.
Beim Gerichtstermin
fünf Tage nach
Bernds Tod
lassen sich beide
Geschwister
durch ihre Anwältinnen
vertreten.
Ihre Rechtsbeistände
einigen sich in ihrer
Abwesenheit auf einen Vergleich.
Demnach soll Annette
einen Pflichtanteil
vom Erbe
über 40.000 Euro
erhalten,
den Harald ihr
auszahlen muss.
Doch der legt kurz
bevor die Frist abläuft
Widerspruch ein.
Seine Begründung lautet,
dass er jetzt,
wo seine Schwester
ihn in einem
Mordfall verdächtigt habe,
keinen Vergleich
mehr eingehen wolle.
Er werde nicht zahlen,
schreibt Harald.
Ein weiterer Schlag
in die Magengrube
für Annette.
Denn jetzt,
wo Bernd tot ist,
fehlt in ihrer Familie
nicht nur der geliebte
Mann und Vater,
sondern auch der
Hauptverdiener.
Gerade jetzt bräuchte
sie das Geld
aus dem Familienerbe,
um in Ruhe zu trauern
und verarbeiten zu können,
dass Bernd in ihrem
gemeinsamen Zuhause
getötet wurde,
dass ihre Kinder,
von denen zwei noch
nicht mal erwachsen sind,
ab sofort ohne Vater
aufwachsen müssen
und dass es weiterhin
keinen Hinweis darauf gibt,
wer ihnen das angetan hat.
So vergehen zweieinhalb Jahre.
Es ist der 3. April 2016,
als Harald und Ayla
im österreichischen Graz
aus dem Flugzeug steigen.
Sie waren gerade
mit Ayla's Töchtern
im gemeinsamen Urlaub
in der Türkei.
Vor zwei Jahren
ist Ayla mit ihren Kindern
zu Harald nach Österreich gezogen.
Hier hat sich die
Patchwork-Familie
ein gutes Leben aufgebaut.
Sie sind in der
kleinen Dorfgemeinschaft
engagiert und haben
Freundinnen gefunden.
Zum Beispiel
das Pärchen
Deya und Umut.
Deya hat Ayla
vor zwei Jahren
auf einer Versteigerungsplattform
im Internet angeschrieben,
weil sie ein Möbelstück
von ihr kaufen wollte.
Bei der Übergabe
haben sich die beiden Frauen
so gut verstanden,
dass sich daraus
eine enge Freundschaft
entwickelt hat.
Denn zufällig
interessieren sich
Deya und ihr Freund Umut,
der ursprünglich
aus Deutschland kommt,
wie Harald und Ayla
für die Jagd.
Zu Aylas 30. Geburtstag
haben die Frauen
ein luxuriöses
Wellness-Wochenende
am Wörthersee verbracht
und zu Haralds 52. Geburtstag
im selben Jahr
haben die Männer
einen gemeinsamen
Jagdausflug
nach Slowenien unternommen.
Und auch heute
ist auf Deya und Umut
Verlass,
denn sie sind extra
die zweieinhalb Stunden
nach Graz gefahren,
um Harald, Ayla
und die Kinder
vom Flughafen abzuholen.
Deya, Ayla und die Mädchen
fahren in einem Auto,
Harald und Umut
in einem zweiten.
Als die Männer
unter sich sind,
kommt Umut
mit einer ungewöhnlichen
Bitte auf Harald zu.
Er will einem beruflichen
Konkurrenten aus dem
Transportgewerbe schaden
und ihm eine sogenannte
Party-Waffe unterschieben.
Eine nicht registrierte
Pistole, die bereits
bei einem Verbrechen
eingesetzt wurde.
Nur weiß er nicht,
wo er so eine Waffe
herbekommt.
Harald muss nicht lange
überlegen.
Er kann eine besorgen,
sagt er.
Umut soll nur prüfen,
ob der Mann,
den er belasten will,
am 7. September 2013
in Deutschland gewesen ist.
Denn da sei die Waffe
eingesetzt worden.
Umut bestätigt das
kurz nach dem Gespräch.
Und die Männer
einigen sich schließlich
auf einen Kaufpreis
von 30.000 Euro.
Einige Wochen später
überlässt Harald Umut
die Pistole,
ohne dass er weiß,
dass er damit
die Waffe,
mit der Bernd erschossen wurde,
direkt in die Hände
der Polizei legt.
Ha!
Denn Deya und Umut
sind seit Jahren
als verdeckte
ErmittlerInnen eingesetzt,
um zu beweisen,
was die Polizei
seit Bernds Tod
vermutet.
Harald muss hinter
dem Mord stecken.
Annette hat der Polizei
damals erzählt,
dass Harald nicht nur
ein erfahrener Jäger,
sondern auch ein guter Lügner ist.
Nicht einmal sein Abitur
hat er bestanden,
sondern stattdessen
das Zeugnis seines
älteren Bruders
als seines ausgegeben.
Er hat nie als Arzt gearbeitet,
obwohl er sich
bis heute so vorstellt.
Ein so gewiefter Hochstapler
muss auch imstande sein,
ein Alibi zu fälschen,
mutmaßt die Polizei.
Harald hatte ja angegeben,
in der Tatnacht
auf die Töchter von Ayla
aufgepasst zu haben,
während die feiern war.
Also entscheiden sie sich
dafür, verdeckte ErmittlerInnen
auf Harald anzusetzen,
um sein Vertrauen zu gewinnen.
Und der Aufwand hat sich gelohnt.
Jetzt, wo die Ermittlungsbehörden
die Tatwaffe mit Harald
in Verbindung bringen können,
reicht die Beweislage
nicht nur für eine Festnahme,
sondern auch für eine Anklage.
Die Staatsanwaltschaft
geht davon aus,
dass Harald wütend
auf seinen Schwager Bernd war,
weil der Annette
im Erbstreit unterstützt hat.
Deshalb habe er Bernd erschossen
und ist im Prozess,
der am 8. November 2016
in Hanau startet,
wegen Mordes angeklagt.
Harald sitzt in Jeans
und hellgrüner Jägerweste
neben seinem Verteidiger
und schweigt.
Statt ihm sprechen heute andere.
Haralds Freundin Ayla zum Beispiel,
die aussagt,
dass der Erbstreit
zwischen Harald und Annette
sie nie sonderlich interessiert habe.
Haralds Ex-Frau,
die ihm einen Mord
nicht zutraut
und schließlich Annette,
die im Prozess
als Nebenklägerin auftritt.
Sie ist fest entschlossen,
jeden einzelnen Verhandlungstag
im Gericht zu sitzen.
Sie will Gerechtigkeit für Bernd,
den Mann,
der ihr gezeigt hat,
was Familienzusammenhalt
wirklich bedeutet.
Und sie will Antworten
von Harald,
ihrem Bruder,
der sie zuerst mit Füßen getreten
und ihr dann mutmaßlich
den wichtigsten Teil
ihrer Familie genommen hat.
Als Annette
in den Zeuginnenstand tritt,
beginnt sie zu erzählen.
Drei Stunden lang,
von ihrer Kindheit,
von ihrem Bruder,
der von der Mutter
bevorzugt wurde
und von den toten Hasen
ihrer Kinder.
Als sie schließlich
bei dem lauen Spätsommertag
im September 2013 ankommt,
kämpft sie mit den Tränen.
Es ist der Tag,
an dem sie zum letzten Mal
zu sechs zu Abend
gegessen haben.
Immer wieder habe sie ihn
durchlebt,
sagt sie schluchzend.
Dann berichtet sie,
dass sie mit ansehen musste,
wie ihrem Mann
in ihren Armen
das Leben aus dem Körper
gewichen ist.
Wie sein Gesicht
plötzlich ganz grau war.
An dem Tag,
der zum schlimmsten
ihres Lebens wurde.
Anschließend
wird ihr ältester Sohn
Ole gehört,
der inzwischen
24 Jahre alt ist.
Er spricht von Bernd
als Vorbild,
der immer ein offenes Ohr
und einen guten Rat
für seine Kinder parat hatte.
Er sei immer da gewesen
und habe alles
für seine Familie getan,
sagt Ole.
Seit sein Vater tot ist,
sei es schwierig
für sie alle.
Nicht nur,
dass sie ihn noch
immer schrecklich vermissten,
auch,
dass das Geld
seitdem immer knapp sei.
Sie alle tun,
was sie können.
Ole unterstützt
seine Mutter
seitdem finanziell.
Sie versuchen,
nach vorne zu schauen
und zu kämpfen,
so wie Bernd es gewollt hätte,
ist sich Ole sicher.
Aber allen im Gericht
wird auch klar,
dass es kein leichter Kampf ist.
Annette laufen während
der Aussage ihres Sohnes
die Tränen übers Gesicht.
Jeder im Saal kann sehen,
wie nah ihr der Prozess geht.
Harald hingegen
scheint die Verhandlung
nicht sonderlich zu beeindrucken.
Er sitzt meist ausdruckslos
auf der Anklagebank
und schweigt weiter.
Dafür soll am 8. Prozestag
noch einmal Eiler gehört werden.
Sie sitzt bereits
am Zeuginnentisch,
ihr schwarzes Haar hochgesteckt,
als der Vorsitzende Richter
sie bittet,
den Saal zu verlassen.
Dann verkündet er eine Änderung,
die völlig überraschend kommt.
Denn die Staatsanwaltschaft
hat mitten im Prozess
eine weitere Mordanklage erhoben
gegen Eiler.
Sie soll die Tat
mit Harald begangen haben,
erklärt der Richter.
Grund für die Annahme
sind Widersprüche
in der Aussage,
die sie zu Anfang
des Prozesses gemacht hat.
Vor allem,
weil sie sich herausgestellt hat,
dass sie gelogen hat,
was ihr Alibi
in der Tatnacht angeht.
Eiler war nämlich
gar nicht mit Freundinnen feiern,
wie sie behauptet hatte.
Ihre Handydaten,
die jetzt erst
drei Jahre später
überprüft wurden,
belegen,
dass sie mit einem Bekannten
bei einem Konzert war.
Dort sind sie allerdings
erst gegen 0.30 Uhr angekommen.
Zum Tatzeitpunkt
eine Stunde vorher
war Eilas Handy ausgeschaltet.
Dafür war das Telefon
ihres Bekannten
aber in einer Funkzelle
in Hanau eingeloggt.
Polizei und Staatsanwaltschaft
halten es für möglich,
dass Eiler
vor dem Konzert
in Wiesbaden
mit ihrem Bekannten
nach Hanau gefahren ist,
um Bernd zu töten.
Und deshalb
wird der Prozess
jetzt neu aufgerollt.
Und jetzt
kommen auch
die verdeckten Ermittler
in Derja und Umo
zu Wort,
denen die jetzt
zwei Angeklagten
einst vertraut haben.
Sie erzählen
von gemeinsamen Abenden,
an denen Harald
und Eiler mehrfach
das Gespräch
auf den Mord
in Hanau gelenkt
und über Bernd
hergezogen haben.
Sowohl Eiler
als auch Harald
wussten,
mit welcher Tat
war für Bernd getötet
worden war,
obwohl das
nicht öffentlich bekannt war.
Außerdem habe Harald
mehrfach erwähnt,
dass er den Mord
zwar nicht begangen,
aber zumindest
begleitet habe.
Umut hielt das lange
für eine Schutzbehauptung.
Jetzt,
wo Eiler als Mittäterin
in Betracht komme,
könnte Haralds Aussage
aber auch stimmen,
sagt der Ermittler
vor Gericht.
Seine Kollegin Derja
berichtet,
dass Eiler
ihrem Vertrauen
erzählt habe,
dass sie sich ein Kind
von Harald wünsche.
Sie war sehr glücklich
mit ihrem gemeinsamen Leben
in Österreich
und mit Haralds Geld,
das die beiden
in großen Mengen
ausgegeben haben.
Dabei zeigt ein Blick
in Haralds Finanzen,
dass er fast pleite war.
Der Mann,
der sich als Mediziner
ausgegeben hat,
geht schon lange
keiner Beschäftigung mehr nach.
Stattdessen hat er
vom Erbe seiner Eltern gelebt,
von dem offenbar
nichts mehr übrig ist.
Die ErmittlerInnen
können nicht jede
Ein- und Auszahlung
auf Haralds Konto
nachvollziehen,
fest steht aber,
dass er tatsächlich
das Haus in Österreich
verkaufen müsste,
um Annette ihren
Pflichtanteil vom Erbe
auszuzahlen.
Den Luxus,
in dem sich Eiler
und Harald
bequem gemacht haben,
würden sie dann
aufgeben müssen.
Und damit habe
die 31-jährige Eiler
ein Tatmotiv gehabt,
Schlussfolger der Staatsanwalt.
Und nach Haralds
ganzen Hass-Tiraden
auch einen Sündenbock.
Bernd.
Nur was am 7. September
2013 genau passiert ist
und wer welche Rolle
gehabt hat,
darauf können sich
Gericht und Staatsanwaltschaft
noch immer keinen Reim machen.
Dann, ein halbes Jahr
nach Prozessstart,
wollen die Angeklagten
plötzlich doch Angaben machen
und belasten sich gegenseitig.
Laut Harald
habe Eiler Kontakte
zu einer kriminellen Bande
gehabt,
die hunderte Morde
auf dem Gewissen habe.
Eine klare Schutzbehauptung,
für die es keinerlei
Anhaltspunkte gibt.
Eiler hingegen sagt,
dass sie mit dem Bekannten,
mit dem sie in der Tatnacht
unterwegs war,
eine Affäre hatte
und nur deshalb gelogen hatte.
Mit dem Mord
habe sie aber nichts zu tun.
Annette kann das nicht glauben.
Statt der Antworten,
auf die sie gehofft hat,
werfen die Angaben,
die Harald und Eiler machen,
nur noch weitere Fragen auf.
Fragen,
auf die das Gericht
selbst im September 2018,
zwei Jahre nach Prozessstart,
noch keine eindeutigen
Antworten hat.
So spricht der Richter
bei der Urteilsverkündung
nur von einem
Wahrscheinlichkeitsurteil
und von einem Tatablauf,
für den es zwei Indizien,
aber nur wenige Beweise gibt.
Laut Gericht
hat Eiler im Jahr 2013
Angst,
dass sich an ihrem Leben
mit Harald etwas ändert.
Sie plant schon den Umzug nach Österreich
und will nicht,
dass Harald das Haus dort verkaufen muss.
In ihrer Zeit zu zweit
trinken die Angeklagten viel,
konsumieren ab und zu Drogen.
Immer wieder kommt Harald
dann auf den Erbstreit zu sprechen
und fängt an,
über Bernd herzuziehen.
Eiler hat Annette
und Bernd zwar noch nie gesehen,
aber Haralds Hass
färbt auf sie ab.
So stark,
dass in ihr die Idee reift,
Bernd zu töten.
Jemand wie Bernd
sei verachtenswert
und müsse für sein Verhalten bluten,
sagt sie zu Harald.
Sie beginnt,
sich bei ihm zu erkundigen,
wie man einen Mord begehen könne,
ohne erwischt zu werden.
Harald beschreibt präzise,
wie er es machen würde.
Dunkel müsse es sein,
man müsse sich vermummen
und dürfe keine Patronenhülsen
am Tatort liegen lassen.
Darum würde er
eine kleine Plastiktüte
an der Pistole befestigen,
in die die Hülsen hineinfallen.
Eiler weiß,
wie man schießt.
Harald hatte das
zu Genüge mit ihr geübt.
Sie hört also jetzt aufmerksam zu
und trifft gleichzeitig
ihre eigenen Vorbereitungen.
Im Juli,
zwei Monate vor der Tat,
fährt sie nach Hanau,
wo sie den Weg
von der Straße
über die Sackgasse hin
bis hin zur Haustür
von Annette und Bernd abläuft.
Harald erzählt sie nichts davon.
Im September ist es dann soweit.
Sie verabredet sich
mit einem Bekannten,
von dem sie weiß,
dass er ein Auge auf sie geworfen hat,
um sich selbst
ein Alibi zu verschaffen.
Zu Hause angekommen,
bringt sie ihre Töchter ins Bett.
Dann packt sie einen kurzen Rock,
hohe Schuhe,
lange Handschuhe
und die Pistole
in eine Plastiktüte
und bittet Harald,
auf die Kinder aufzupassen.
Anschließend verlässt sie
in Jeans und einem Kapuzenpulli
das Haus
und steigt ins Auto.
Ihr Ziel ist das
100 Kilometer entfernte Hanau.
Doch noch an ihrem Heimatort
fährt Aila von hinten
auf ein am Straßenrand
geparktes Auto auf.
Ihr eigenes Auto
ist jetzt so stark beschädigt,
dass sie unmöglich
auf die Autobahn fahren kann.
Mit der Pistole im Wagen
kann Aila aber auch nicht
die Polizei rufen.
Also plant sie um.
Sie begeht Fahrerinnenflucht
und lässt sich einige Ortschaften
weiter von ihrer Verabredung abholen.
Er müsste sie nach Hanau fahren.
Dort haben sie noch etwas zu erledigen,
erklärt sie ihm.
Der willigt ein.
Dort angekommen,
bittet Aila ihren Bekannten
in einer Nebenstraße zu warten.
Dann steigt sie aus,
greift sich die Plastiktüte
und biegt gegen 23.30 Uhr
zu Fuß um die Ecke
in die Gallienstraße ein.
Sie zieht sich die Handschuhe
und eine Kapuze über,
dann befestigt sie die Tüte
an der Pistole
und geht zielstrebig
auf das Haus
von Annette und Bernd zu.
Sie klingelt,
wartet,
bis das Licht im Flur angeht
und sie Bernd hinter der Scheibe
erkennen kann.
Er öffnet die Tür
einen kleinen Spalt weit,
dann schießt sie.
Viermal,
dann dreht sie sich um
und geht schnellen Schrittes
zurück zum Auto.
Ihr Fahrer scheint die Schüsse
nicht gehört zu haben,
jedenfalls spricht der Aila
nicht darauf an.
Stattdessen setzen die beiden
ihre Fahrt fort nach Wiesbaden
auf das Konzert,
wo Aila tanzt,
während Annette
sich das Blut
ihres getöteten Ehemanns
von den Händen waschen muss.
Das Gericht geht davon aus,
dass Aila allein
hinter der Tat steckt,
dass Harald erst
mit der Nachricht
von Bernds Tod
eins und eins
zusammengezählt hat.
What the fuck?
Also das hätte ich ja
jetzt echt nicht gedacht.
Jedenfalls kann ihm
keine Mittäterschaft
nachgewiesen werden.
So wird Harald
schließlich nur
wegen Beihilfe
zum Totschlag
zu einer neunjährigen
Haftstrafe verurteilt.
Denn ohne seine Ratschläge
und die Waffe,
die aus seinem Besitz stammt,
hätte Aila die Tat
nie begehen können.
Sie trifft dagegen
die ganze Härte
der Justiz.
Gegen Aila wird
eine lebenslange
Freiheitsstrafe
wegen heimtückischen
Mordes verhängt.
Es ist der 7. September
2018,
an dem Annette
und ihre drei ältesten
Kinder dem
Hanauer Landgericht
endgültig den Rücken
kehren.
Mehr als 70
Verhandlungstage
haben sie hier verbracht,
in der Hoffnung
auf Antworten.
Doch die sind
weitgehend ausgeblieben.
Auch auf eine
Entschuldigung
ihres Bruders
hat Annette
vergeblich gewartet.
Denn auch
wenn er selbst
nicht geschossen hat,
wäre Bernd
ohne Haralds
verquere Sicht
auf das Erbe
seiner Eltern
heute noch am Leben.
Stattdessen
jährt sich heute,
an diesem 7. September,
auch der Tag,
an dem Bernd sterben musste.
Das Wetter
ist so mild
wie damals,
doch Annettes Welt
ist eine andere.
Sie leidet
unter Schlafstörungen
und ist im Laufe
des Prozesses
auf einem Auge
erblindet.
Laut ihrem Arzt
eine Konsequenz
der erheblichen Belastung,
die die Verhandlung
mit sich gebracht hat.
Früher wäre Bernd
jetzt für sie da gewesen.
Er war ihre Stütze
und ein Vorbild
für die Kinder.
Doch seit 5 Jahren
müssen sie alleine
durch das tiefe Tal
der Trauer,
das vor ihnen liegt
und die finanziellen
Herausforderungen,
die es mit sich gebracht hat.
Denn vom Familienerbe
hat Annette
noch immer
keinen Cent gesehen.
Der Erbstreit
lag während des Mordprozesses
auf Eis.
Laut dem letzten
anwaltlichen Schreiben
stellt sich Harald
noch immer quer zu zahlen.
Also mussten Annettes
Kinder aushelfen.
Statt studieren zu gehen,
wie sie es vorhatten,
haben ihre zwei ältesten
Söhne Ausbildung aufgenommen,
um mit ihrem Gehalt
die Familie zu unterstützen.
So, wie es Bernd
vor mehr als 20 Jahren
gemacht hat,
als Ole zur Welt kam.
Als ihre kleine Familie
gegründet wurde,
die inzwischen groß
und stark geworden ist
und auf die sich Annette
immer verlassen kann.
Auch in der
allerdunkelsten Stunde.
Och Mann, ey.
Also,
das ärgert mich,
die Arme.
Ich meine,
die war schon
die ganze Zeit
so gebeutelt
mit ihrer Familie
und dann kommt
da auch noch
diese furchtbare
Frau vom Bruder
dazu.
Ja,
man hat auch
wie in deinem Fall
das Gefühl,
als würde das Geld
bei diesen Leuten
irgendwie
das Empathiezentrum
treffen,
sodass sie
irgendwie
die Wertigkeit
vom Leben
vergessen.
also,
dass das Geld
offenbar so viel
mehr wert ist
als das Leben
eines anderen Menschen
und dass das ja
immer wieder vorkommt,
das macht mir
wirklich Angst
vor Menschen.
Weißt du,
was ich meine?
Ja,
ist auch so fies,
weil man immer denkt,
sowas trifft einen nicht.
In meiner Familie war das auch schon mal Thema.
Da gab es auch schon mal eine Erbstreitigkeit
und das kam wirklich so überraschend.
Ich habe das überhaupt nicht kommen sehen,
dass da jemand plötzlich so auf Abwägen unterwegs ist.
Und deswegen bin ich übrigens auch Expertin für diese Folge,
weil ich mich aufgrund dieser Streitereien einfach eine Zeit lang sehr viel mit Erben
und Schenken und Erb- und Schenkungssteuer befasst habe.
Und du ja auch schon ein Testament hast.
Und ich auch schon ein Testament habe, das ich dringend ändern muss.
Übrigens.
Weil ich jetzt in dein Leben getreten bin seitdem, meinst du, ne?
Ja, genau.
Und mich qualifiziert aber noch etwas als Expertin für diese Folge,
denn mein Vater,
und das betrifft nicht den Erbstreit,
von dem ich gerade gesprochen habe,
mein Vater wurde meinetwegen bereits zweimal enterbt.
Und das ist kein Witz,
sondern wirklich so.
Hä?
Wieso?
Von seinen Eltern.
Nee, nicht von seinen Eltern.
Aber mehr kann ich dazu jetzt nicht sagen.
Ich möchte nur ausführen,
ich habe natürlich nichts getan.
Klar.
Das hört sich jetzt auch so an.
Alter, das ist doch gar nichts getan.
Also, naja, bei mir in der Familie gibt es halt dieses Phänomen der Altersmilde nicht.
Da wird man dann eher so störrisch.
Und wenn du dich dann gegen bestimmte Vorstellungen der Ältesten stellst oder nicht so mit dir umspringen lässt,
dann gab es in der Vergangenheit halt Zank.
Und mein Vater ist mir da zur Seite gesprungen.
Und dann wurde erst mit Enterbung gedroht.
Und dann hat mein Vater gesagt, mir doch egal.
Und ja, dann ist das halt eben entsprechend quittiert worden.
Na, aber wenigstens weißt du, wenn du in deiner Familie schon so ein paar Leute eben leider Gottes kennengelernt hast,
bei denen das Geld das Empathiezentrum auch getroffen hat,
dass dein Papa da nicht für empfänglich war oder ist, ne?
Genau, total.
Und deswegen bin ich auch damals davon ausgegangen,
dass es in meiner Familie nie ein Streitthema ist.
Weil ich weiß, dass ich für sowas auch nicht empfänglich bin.
Und das liegt natürlich einerseits daran,
dass sowohl mein Vater als auch ich jetzt nicht so krass materialistisch sind,
aber natürlich ehrlicherweise auch andererseits daran,
dass wir glücklicherweise in einer Position sind,
wo wir das Geld nicht unbedingt brauchen.
In anderen Familienkonstellationen sind ja Menschen sehr auf das Erbe angewiesen.
Ja, aber ich finde das auch wirklich gruselig,
weil in meiner Familie geht es auch schon ein bisschen länger um ein gewisses Erbe,
was noch gar nicht da ist, weil die Person noch gar nicht tot ist.
Oh Gott.
Aber da wird trotzdem schon quasi nicht gestritten, ne?
Aber es wird schon, sag ich jetzt mal, gestichelt, diskutiert
und da weiß man ja jetzt schon, wenn die besagte Person dann tot ist,
dass es dann richtig losgeht.
Das ist so schlimm, weil ich das jetzt auch schon ein paar Mal mitbekommen habe,
dass die Person, die dann Erblasser oder Erblasserin ist, das dann auch mitkriegt.
Ja, ja, das kriegt die bei uns auch mit.
Dass da schon Pläne gemacht werden und so.
Also wie fühlt man sich denn dabei?
Ja.
Das ist ja grauenhaft.
Und dass das immer wieder vorkommt, dass es bei einer Erbschaft zu Streit kommt,
das hat auch eine Umfrage des Allenbach-Instituts gezeigt,
bei der eben herauskam, dass es bei jeder fünften Erbschaft zum Konflikt kommt.
Und laut einem Artikel aus der Zeit streitet man sich vor Gericht nur über Scheidungen häufiger als über das Erbe.
Und der Fall, den ich erzählt habe, der zeigt ja auch warum.
Weil es geht ja oft nicht nur ums Geld, sondern vor allem auch um Emotionen.
Aber vielen geht es eben auch nur um das Geld.
Ja, aber dann kochen eben irgendwie Familienstreitigkeiten hoch,
die vorher irgendwie nur so im Verborgenen geschwählt haben.
Dann bekommen manche Geschwister mehr als andere.
Das haben wir auch in unserer Familie.
Und manchmal kommen ja auch so Familiengeheimnisse ans Licht.
Das hat eine Freundin von mir erzählt, dass es bei denen so war,
weil es da zum Beispiel noch uneheliche Kinder gab,
die dann auf einmal aus dem Boden gesprossen sind und auch was von dem Erbe wollten.
Der Sozialpsychologe Kai Jonas, der sich an der Uni Maastricht unter anderem mit dem Erbe beschäftigt,
hat in einem Interview mit der Zeit erzählt,
dass Geschwister ihre Vergangenheit in so einem Erbstreit oft völlig unterschiedlich in Erinnerung haben.
Also wer sich beim Erbe benachteiligt fühlt,
findet laut dem Professor schnell Anzeichen dafür, dass das ja schon immer so war.
Also da werden ungerecht empfundene Ereignisse in der Kindheit dann auf einmal viel stärker in der Erinnerung
und harmonische Erinnerungen schwächer.
Und die Liebe der Eltern wird dann eben auf einmal an Zahlen oder Vermögenswerten gemessen,
was natürlich weh tut.
Dass Erbschaftsangelegenheiten emotional aufgeladen sind,
das kann auch unser Experte Hans-Robert Ilting bestätigen.
Ganz häufig erzählen auch seine MandantInnen ihm,
dass es schon früh Probleme in der Familie gab.
Das können dann irgendwelche Kleinigkeiten sein,
wie eine Reaktion am Tisch, in der man sich irgendwie ungerecht behandelt gefühlt hat.
Zu Lebzeiten der Eltern sagt dann aber niemand was,
weil man irgendwie das Fass nicht aufmachen will.
Wenn die Eltern dann aber nicht mehr sind und es halt ums Erbe geht,
dann sind diese emotionalen Hürden natürlich weg.
Und dann haben die Geschwister ja oft noch irgendwie einen Ehemann oder eine Ehefrau im Hintergrund,
die auch noch Interesse am Erben haben und die irgendwie bestärken,
da rechtliche Schritte einzulassen.
So wie eben Bernd in meinem Fall.
Dabei muss man jetzt auch sagen, ging es Bernd ja selbst gar nicht so ums Geld,
sondern vielmehr um die unfaire Behandlung seiner Frau durch ihre Familie.
Also erstmal, dass sie sowieso weniger erben sollte als ihre Brüder.
Und dann noch, dass sie ja auch noch auf ihren Pflichtanteil und diese Mitgift verzichten sollte.
Aber dass Frauen in Sachen Erbe benachteiligt werden, das kommt leider gar nicht so selten vor.
Es kommt sogar so oft vor, dass es einen Begriff dafür gibt,
und zwar die Gender Gift Gap.
Den hat die Gesellschaftsforscherin Daria Tisch vom Max-Planck-Institut geprägt,
die 2023 alle steuerrechtlich relevanten Erbschaften und Schenkungen von Eltern an ihre Kinder
aus den Jahren 2007 bis 2020 untersucht hat.
Dabei ist nämlich herausgekommen, dass Männer überall bevorzugt werden.
Töchter werden von ihren Eltern seltener beerbt
und wenn, dann bekommen sie geringere Beiträge als ihre Brüder.
Frauen erhalten so insgesamt 37% weniger Schenkungen und 13% weniger Erbschaften.
Das muss man sich mal vorstellen.
What the fuck?
Und laut Daria Tisch trägt diese Gender Gift Gap wesentlich dazu bei,
dass Frauen in Deutschland weniger Vermögen haben als Männer.
So, und wenn wir jetzt hier schon von Prozenten sprechen,
dann würden wir gerne einmal den Topf benennen, um den es geht.
Also wie viel wird in Deutschland eigentlich so vererbt, haben wir uns gefragt.
Und es stellt sich heraus, genau beziffern kann man das gar nicht.
Also es gibt nur eine offizielle Zahl vom Statistischen Bundesamt,
die sich anhand der Erb- und Schenkungssteuer ableitet.
Die ist offenbar der einzige Bezugspunkt für eine offizielle Berechnung.
Derzufolge wurden im Jahr 2022 in Deutschland etwas mehr als 100 Milliarden Euro vererbt oder verschenkt.
Das sind aber eben nur die steuerpflichtigen Summen.
Aber es wird mindestens genauso viel steuerfrei vererbt.
Der Steuerfreibetrag für EhepartnerInnen liegt zum Beispiel bei einer halben Million Euro.
Und selbst Menschen, die halt nicht miteinander verwandt sind,
könnten sich bis zu 20.000 Euro steuerfrei vermachen oder halt schenken.
Also ich könnte dir 20.000 Euro steuerfrei schenken, aber nicht 21.000 Euro steuerfrei.
Dann müsste ich auf diese 1.000 Euro die Schenkungssteuer zahlen.
Und diese Beträge, die werden halt in keiner Statistik oder so festgehalten.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung schätzt, dass die Summe aller Erbschaften irgendwo zwischen 250 und 400 Milliarden Euro liegt pro Jahr.
Also richtig viel Geld.
Ja. Und wo mehr geerbt wird, wird auch mehr ums Erbe gestritten.
Das sieht man allein an der Anzahl von ErbrechtlerInnen in Deutschland, die in den letzten Jahren enorm angestiegen ist.
Zum Vergleich, 2006 gab es noch 173 FachanwältInnen, die sich halt aufs Erbrecht spezialisiert haben.
2023 waren es schon über 2300.
Einer von ihnen ist eben unser Experte und der hat im Interview aber gesagt, dass Mord und Totschlag definitiv nicht zu seinem Tagesgeschäft gehören.
Und wie häufig das Erbe zum Motiv für Straftaten wird, lässt sich übrigens auch nicht sagen,
weil das so natürlich nicht in der polizeilichen Kriminalstatistik erfasst wird.
Was Herr Elting viel häufiger machen muss, ist zum Beispiel prüfen, ob ein Testament echt ist oder eben Pflichtanteile einklagen.
Manchmal geht es aber auch um Bedingungen, die ans Erbe geknüpft sind.
Die sind nämlich nicht immer rechtens.
So eine Entscheidung lag zum Beispiel im Jahr 2019 beim Oberlandesgericht in Frankfurt.
Da haben zwei Enkel geklagt, deren Großvater versucht hat, mit seinem Geld eine enge Bindung zu denen zu erzwingen.
In seinem Testament stand, dass die Enkel nur dann 50 Prozent seines Vermögens erben,
wenn sie ihn zur Lebzeit mindestens sechsmal im Jahr besuchen.
Das ist auch wirklich traurig, ne?
Ja.
Und ansonsten würde er nämlich alles an seine Frau und seinen Sohn aus erster Ehe vermachen und die Enkel gingen leer aus.
Die Enkel wussten auch von dieser Bedingung, haben den Großvater aber trotzdem nicht sechsmal im Jahr besucht.
Und als der Mann dann tot war, haben sie dann mittlerweile erwachsen, vor Gericht gegen das Testament geklagt und Recht bekommen.
Eine Gerichtssprecherin hat so argumentiert, dass der Verstorbene einen unzumutbaren Druck auf seine Enkel ausgewirkt hat.
Und dass die enge Bindung, die er sich ja offenbar sehr gewünscht hat, darauf hinweist, dass er sie sehr wohl gemocht hat.
Deswegen haben sie dann doch die 50 Prozent des Erbes erhalten, also halt jeweils 25 Prozent.
Also das finde ich, ich finde das unmöglich.
Also es ist alles sehr komisch an der Sache, muss man ja auch dazu sagen.
Wieso muss man jemanden dazu zwingen, besucht zu werden?
Das heißt ja dann schon irgendwie, vielleicht war der Opa ja irgendwie dann doch nicht so netter, ja.
Aber dann, es ist immerhin sein letzter Wille gewesen, der wollte denen das nicht geben, wenn die den nicht besuchen.
Und wenn ich ja Enkel habe, die sich einen Scheiß für mich interessieren, mich nicht mal sechsmal im Jahr besuchen können.
Sechsmal im Jahr, das ist ja nicht so viel verlangt für das ganze Geld, wie viel auch immer das war, egal.
Dann wird einfach, wenn ich tot bin, entschieden, naja, also die wollte ja unbedingt, dass man die besucht.
Also hat die die ja schon geliebt, also dann hier, dann kriegen die jetzt doch das Geld.
Also finde ich irgendwie nicht so nett.
Ja, ich finde auch ein unzumutbarer Druck sechsmal im Jahr.
Wobei ich natürlich auch sagen muss, wo zieht man denn dann die Grenze, weil du theoretisch auch andere Bedingungen äußern könntest.
Also ich möchte nur, dass meine Enkelin das bekommt, wenn sie mit dem und dem Typen sich liiert oder so.
Weil ich der Meinung bin, das ist eine gute Partie.
Also ich meine, da muss man ja auch aufpassen, wo das denn hingehen könnte irgendwann.
Ja, das würde ich auf jeden Fall als unzumutbaren Druck bezeichnen.
Du musst mit diesem Mann hier zusammenkommen, sonst kriegst du mein Erbe nicht.
Kannst du dich eigentlich noch daran erinnern, als ich dachte, dass ich was geerbt habe?
Ja, ja, ja, ja, du hattest irgendeinen Brief im Briefkasten.
Genau, da stand halt vorne, also es war ein großer DIN A4 Brief und da stand halt vorne drauf, keine Ahnung, Erbschutzangelegenheit oder bla bla bla.
Und ich so, ich kriege was geerbt.
Da haben die Augen geleuchtet.
Im Gegensatz zu Paulina bin ich nämlich noch ein bisschen mehr materiell veranlagt, würde ich sagen.
Naja, egal, ich dachte, oha, so, dann stehe ich noch, wie man das halt immer macht, wenn man eine Rechnung bekommt.
Also ich mache das, ich stehe am Briefkasten und gucke auf die letzte Seite, was muss ich zahlen und in dem Fall, was kriege ich jetzt?
Ich stehe da so ganz aufgeregt und gucke und gucke und dann sehe ich am Ende, dass ich 0,0 Nader Niente erbe.
Und ich aber diesen Bescheid bekommen habe, weil ich war nämlich ursprünglich schon als Erbin eingetragen für diese Person.
Naja, ich wurde wieder ausgetragen, habe ich dann mit diesem Brief erfahren und habe dementsprechend am Ende nichts geerbt.
Ja gut, dann hast du ja auch schon Erfahrungen mit Enterbung gemacht.
Das trifft uns also offenbar alle.
Aber ehrlicherweise finde ich es auch gemein. Also ich finde das gemein, dass man das, dann steht da irgendwie hier ihr Erbe und dann musst du bis nach hinten blättern, um dann da die Zahl 0 zu sehen.
Ja.
Ja, also warum? Also das finde ich, muss man einem nicht mehr mitteilen, weil da stand ja dann auch nicht drin, aus welchem Grund oder so.
Also ich habe das total verstanden, weil erstens hatte ich mit dieser Person gar nichts zu tun und zweitens, da hat man dann auch gesehen, wer dann anstelle von mir das Erbe bekommen hat.
Das war dann irgendein Verwandter und ich war überhaupt nicht eine verwandte Person oder sowas.
Deswegen hat das alles total Sinn ergeben und war auch super.
Aber für mich war es natürlich eine Achterbahn der Gefühle, die ich an diesem Briefkasten, an diesem Tag erlebt habe, von, oh mein Gott, ich werde Millionärin, zu, wow, ich wurde aus dem Erbe einfach rausgestrichen.
Naja, ja.
Wie gewonnen, so zerronnen.
Genau.
Erinnern wir uns noch einmal ganz kurz zurück an den Fall, von dem ich erzählt habe.
Da hatte die Alina ja alles von dieser Sieglinde geerbt, aber ja nur, weil sie sich das Erbe erschlichen hat.
Und dass ErbsschleicherInnen zur Rechenschaft gezogen werden, kommt aber gar nicht so häufig vor, war ja jetzt bei Alina auch nicht so, dann war es ja schon zu spät.
Aber es kommt generell nicht so häufig vor, weil es rechtlich gesehen gar keine Straftat ist.
Unser Experte erklärt uns wieso.
Das Testament ist ja oft auch überschrieben mit meinem letzter Wille.
Das bedeutet, es kommt nur darauf an, was der Erblasser bei Abfassung seines Testaments wollte, was er angeordnet hat.
Ob das irgendwie vernünftig, objektiv nachvollziehbar ist oder sonst was, ist nicht entscheidend.
Er kann von Todeswegen Unvernünftiges machen, so wie er das auch zu Lebzeiten mit seinem Vermögen konnte.
Wenn er also nicht durch Täuschung oder gerade Drohung zu irgendeiner bestimmten Verfügung veranlasst wurde, dann bleibt es eben bei dieser Verfügung.
Solange er testierfähig, das heißt also geschäftsfähig war, ist seine Anordnung dann schlicht und ergreifend wirksam.
Das ist der Fakt und von daher ist es immer so schwierig, irgendeine Beeinflussung, die dann zu einem Irretum führt, nachweisen zu können.
In der Politik werden übrigens seit Jahren immer wieder Stimmen laut, dass man daran was ändern sollte.
Und eigentlich hatte sich das auch die Ampel auf die Fahne geschrieben.
Im Koalitionsvertrag heißt es nämlich, Zitat,
wir werden ältere Menschen vor Diskriminierung und vor finanzieller Ausbeutung, insbesondere durch Vorsorgevollmachten, schützen.
Bisher ist da aber nichts passiert.
Genau und deswegen, also mir ein Anliegen, redet vorher mit euren Verwandten darüber, was der letzte Wille ist, sollte vielleicht auch festgehalten werden.
Achtet auf Großeltern, Eltern, andere Verwandte, weil es ist wirklich ein Pain, wenn man vorher über solche Sachen nicht redet und am Ende sich dann nachher mit anderen verwirft darüber.
Ja, entweder das oder dass man dann am Ende sieht, dass sich da jemand eingeschlichen hat oder dass die Person was ganz Krudes in das Testament gepackt hat.
Da sind nämlich manchmal sehr skurrile Dinge drin, wie zum Beispiel bei einem Anwalt aus Toronto, der 1926 gestorben ist.
Der hat den Großteil seines Vermögens, etwa 250.000 kanadische Dollar, was heute 9 Millionen Euro wären,
nämlich an die Frau vererbt, die in den zehn Jahren nach seinem Tod in Toronto die meisten Kinder zur Welt gebracht hat.
Also, sein Vermögen wurde bis dahin verwaltet und diejenige, die nach offiziellen Zahlen der Stadt die meisten Kinder bekommen hat, hat auch das Geld bekommen.
Also, super skurril.
Man hat anschließend auch gesagt, dass der Mann einen sehr merkwürdigen Humor hatte und wohl den Sex zum Nationalsport machen wollte.
Das Testament wurde auch angefochten.
Aber ein Gericht hat entschieden, dass es Bestand hat, wenn es sich um eheliche Kinder handelt.
Und gewonnen haben am Ende vier Frauen, die jeweils neun Kinder in zehn Jahren bekommen haben.
Sie haben jeweils einen Anteil bekommen, der umgerechnet heute etwa 1,5 Millionen Euro wert wäre.
Zwei Frauen, die noch mehr Kinder bekommen haben, sind leer ausgegangen.
Eine hatte zehn Kinder bekommen, in zehn Jahren, alles klar.
Aber nur fünf von ihrem Ehemann, deswegen schied die aus.
Eine andere...
Hä, warte mal, wie nur fünf von ihrem Ehemann?
Ja, fünf von anderen halt.
Ja, aber doch nicht während der Ehe.
Die hat sich doch dann scheiden lassen, oder?
Nein.
Nein?
Nein, nein.
Die wollte halt nur das Geld.
Und das Gericht hat erst halt ein bisschen später entschieden, dass es halt eheliche Kinder sein mussten.
Und da war sie aber schon hier dabei.
Entschuldigung, diese Frau hat sich fünf Kinder von anderen Männern machen lassen, um an das Geld zu kommen?
Jetzt kommt's, Paulina.
Jetzt kommt's.
Eine andere hat in den zehn Jahren 14 Kinder bekommen.
Ich fass das nicht.
Aber jetzt wird's traurig, denn sie hat überhaupt nicht mehr auf das Wohl der Kinder geachtet, sondern wollte nur noch schwanger werden.
Und deshalb sind mehrere Kinder tot auf die Welt gekommen oder eben schon kurz nach der Geburt gestorben.
Ja, genau.
Also, warte mal, ich rechne das jetzt hier gerade und es kommt gar nicht hin.
Also gehen wir davon aus, dass sie neun Monate schwanger war.
Dann würde das gar nicht hinkommen in zehn Jahren.
14 Kinder.
Außer vielleicht, dass sie Drillinge hatte.
Aha.
Oder sowas.
Ja, das ist korrekt.
Das weiß ich natürlich jetzt nicht.
So tief ging die Recherche dann nicht für diese skurrile kleine Geschichte am Ende.
Ich finde drei unter drei schon krass.
14 unter zehn.
Oha.
Ich habe auch noch eine witzige Geschichte.
1777 hat ein Brite 26.000 Pfund für Jesus hinterlassen.
Das Geld durfte laut seinem Testament, also laut seinem Testament, nicht laut dem alten Testament, aber erst ausgezahlt werden, wenn Jesus auf die Erde zurückkehrt und wenn er seine Identität beweisen kann.
Hey, und wer hat das Geld jetzt bekommen?
Es liegt jetzt irgendwo.
Ist Jesus schon wieder auf die Erde gekommen?
Das habe ich nicht mitgekriegt.
Aber ich habe in letzter Zeit auch nicht so viele Nachrichten geguckt.
Nee, ist er halt nicht.
Deswegen liegt es halt jetzt noch irgendwo rum.
Ja, na dann liegt es noch rum und wartet noch.
Wie viel ist das?
26.000 Pfund.
Heilige Scheiße.
Was soll Jesus damit machen?
Hä?
Wie, was soll Jesus damit machen?
Der hat so gute Ideen.
Der veranstaltet viele letzte Abendmale damit.
Reich gedeckt um Tisch.
Ich möchte noch mit einer Geschichte enden, die irgendwie ein bisschen schöner ist.
Ja.
Und zwar, ja, mit einem richtig schönen Testament.
Der amerikanische Comedian Jack Benny ist im Jahr 1974 gestorben und er hat einem Blumenhändler in seinem Testament so viel Geld hinterlassen,
dass seine Frau jeden Tag eine langstielige rote Rose von ihrem verstorbenen Ehemann geliefert wird.
Ich kriege Gänsehaut.
Das ist cute.
Das ist wirklich so süß.
In diesem Sinne, bis nächsten Mittwoch.
Das war ein Podcast der Partner in Crime.
Hosts und Produktion Paulina Graser und Laura Hohlers.
Redaktion wir und Isabel Mayer.
Schnitt Henk Heuer.
Rechtliche Abnahme und Beratung Abel und Kollegen.
Das war ein Podcast der Partner in Crime.
Das war ein Podcast der Partner in Crime.
Das war ein Podcast der Partner in Crime.
Das war ein Podcast der Partner in Crime.
Das war ein Podcast der Partner in Crime.
Das war ein Podcast der Partner in Crime.