00:00:00
Bevor wir in dieser Episode der Frage nachgehen, ist das Kunst oder kann das weg,
00:00:16
habe ich eine Frage an dich, Laura.
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Weißt du, was die dümmste Idee war, die ich letztes Jahr hatte?
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Na, Schöffeln zu werden.
00:00:24
Du bist aber doch nicht Schöffin geworden.
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Jetzt nochmal schön mit dem Finger in den Mund.
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Ja, ich wollte ja Schöffin werden.
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Und die Idee war aber doof.
00:00:34
Ja, die Idee war total dämlich.
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Also das Amt an sich ist natürlich super und ich möchte nach wie vor alle Menschen dazu ermutigen,
00:00:42
sich dafür zu bewerben.
00:00:43
Aber für mich ist das doch die dümmste Idee gewesen, weil ich bin ja Journalistin
00:00:48
und ich kann mich doch in jeden Prozess reinsetzen und dann darüber sogar berichten,
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was ja meine Arbeit und ich bin auch nicht dazu verpflichtet, an jedem Tag da zu sein.
00:01:00
Ja, aber dein primäres Ziel, so hatte ich das damals verstanden, war ja jetzt auch nicht,
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das einfach mal mitzubekommen, sondern auch wirklich dieses Amt auszufüllen und für Gerechtigkeit zu sorgen.
00:01:14
Ja, das ist auch alles richtig.
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Trotzdem denke ich jetzt, wo ich ja regelmäßig im Prozess sitze für unseren neuen Podcast Justitias Wille,
00:01:22
damit erreichen wir ja auch was und damit leisten wir ja voll die wichtige Aufklärungsarbeit
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und man kann sich die Prozesse ja auch noch aussuchen.
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Also diesen Fall haben wir uns ja auch noch ausgesucht, weil der uns so interessiert hat.
00:01:34
Das stimmt. Und was du ja jetzt an dieser Arbeit auch gemerkt hast, ist, wie gerne du im Gerichtssaal sitzt und darüber berichtest.
00:01:41
Daher glaube ich, können wir uns darauf freuen, dass sowas vielleicht nochmal stattfindet.
00:01:48
Bis dahin, hört aber doch gerne mal bei Justitias Wille rein. Heute ist Folge 6 erschienen.
00:01:52
Genau, Samstag gab es ja keine Folge wegen Weltfrauentag am Freitag in Berlin.
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In der heutigen Folge sprechen wir mit einem Mann, der sich mehr als zehnmal versucht hat, das Leben zu nehmen
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und ja, eigentlich sein ganzes Leben lang immer wieder Suizidgedanken hatte
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und heute aber Seminare zum Thema Suizidprävention macht und ganz tolle Arbeit leistet und erzählt,
00:02:15
wie er es sozusagen schafft oder geschafft hat, mit diesen Gedanken umzugehen und sozusagen denen zu widerstehen.
00:02:22
Genau, die Folge ist auch so ein bisschen als Handbuch zu verstehen, sich nicht umzubringen,
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um es mal despektierlich auszudrücken.
00:02:30
Jetzt machen wir hier aber weiter mit Mordlust.
00:02:32
Und damit herzlich willkommen zu Mordlust, einem Podcast der Partner in Crime.
00:02:36
Wir reden hier über wahre Verbrechen und ihre Hintergründe.
00:02:39
Mein Name ist Paulina Kraser.
00:02:40
Und ich bin Laura Wohlers.
00:02:42
In dieser Folge haben wir mal wieder ein Oberthema für euch,
00:02:45
zu dem wir zwei wahre Kriminalfälle nacherzählen,
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über die diskutieren und auch mit Menschen mit Expertise sprechen.
00:02:51
Wir reden hier über True Crime, das heißt, es sind auch immer die Schicksale von echten Menschen.
00:02:56
Bitte behaltet das im Hinterkopf.
00:02:57
Das machen wir beide auch, selbst wenn wir zwischendurch mal ein bisschen ungehemmter miteinander reden.
00:03:01
Das ist für uns so eine Art Comic-Oli, aber natürlich nicht despektierlich gemeint.
00:03:06
Paulina, was ist das Wertvollste, was du in deiner Wohnung hast gerade?
00:03:11
Du meinst materiell, ne?
00:03:13
Genau, nicht Fussel.
00:03:15
Und jetzt muss ich überlegen.
00:03:19
Ich glaube, eine Lampe.
00:03:21
Ich habe eine Lampe, die sehr schön ist, deren Schönheit einiges gekostet hat.
00:03:28
Welche, die ist neben meinem Ohrensessel und es ist quasi eine Lampe mit integriertem Ablagetisch drin.
00:03:37
Das Teuerste, was ich besitze?
00:03:39
Ich besitze es eigentlich gar nicht selber, weil ich es nicht gekauft habe.
00:03:43
Aber das Teuerste, was wir hier im Haus...
00:03:46
Du besitzt es schon.
00:03:46
Du bist nur nicht die Eigentümerin.
00:03:48
Gibt es da einen Unterschied?
00:03:49
Ja, du hast es ja, weil es ist bei dir zu Hause.
00:03:52
Es ist in deinem Besitz mit deinem Ehemann zusammen.
00:03:55
Aber es gehört ihm, dann ist er der Eigentümer.
00:03:59
Ja, dann ist das so.
00:04:01
Wenn er allerdings das Zeitliche segnen würde, dann kriege ich es.
00:04:05
Warte mal, dein Schwiegervater hört die Folgen immer, ne?
00:04:10
Wir dürfen aber nicht über ihn reden.
00:04:12
Das möchte er, hat er mir verboten.
00:04:14
Okay, also er sagt zu dir, wir dürfen nicht über ihn reden.
00:04:17
Und deswegen reden wir darüber, dass wir nicht über ihn reden dürfen.
00:04:21
Nicht so wie mein Vater, der möchte, dass wir die ganze Zeit eigentlich nur über ihn reden.
00:04:28
Der hat sich übrigens beschwert, dass ich jetzt die Öffentlichkeit habe wissen lassen,
00:04:32
dass er zweimal enterbt wurde, weil er seine Chancen bei Frauen jetzt als geringer einschätzt,
00:04:37
nachdem die Information durchgesickert ist.
00:04:41
Also dein Vater hört auch immer aktuell.
00:04:43
Mein Vater hört nie irgendwas.
00:04:46
Aber du hast gesagt, du redest über ihn.
00:04:48
Deswegen hat er eingeschaut.
00:04:49
Ich habe gesagt, ich rede über ihn.
00:04:51
Da hat er gesagt, ach super, das muss ich mir reinziehen.
00:04:53
Ja, Paulina, es geht aber auch nicht, dass du deinem Papa jetzt hier damit die Tour versausst.
00:04:58
Moment, ich betreibe Fürsorge.
00:05:00
Ich sorge ja dafür, dass Erbschleicherinnen fernbleiben.
00:05:04
Und informiere die Allgemeinheit darüber, dass es eh nichts zu vererben gibt.
00:05:08
Außer natürlich an mich.
00:05:10
Okay, wir gehen jetzt wieder zurück zu deinem Kunstwerk.
00:05:13
Also ich sage jetzt erst mal, was es ist.
00:05:15
Es ist ein Kunstwerk, also eine Fotografie.
00:05:20
Ist das eigentlich das Bild, was ihr von dieser Charity-Veranstaltung hattet?
00:05:26
Oh ja, der eigentliche Skandal war, dass Meghan hätte da sein sollen.
00:05:29
Meghan und Harry.
00:05:30
Und dann ist die verdammte Queen gestorben.
00:05:33
Und Laura war das unglücklichste Mädchen.
00:05:36
Nee, also diese Fotografie, die haben wir bei einer Auktion im Rahmen von dieser Charity gekauft.
00:05:45
Und dadurch da ja auch so ein bisschen Geld gelassen.
00:05:49
Und nur deshalb wurden wir überhaupt erst zu dieser Meghan-und-Harry-Veranstaltung eingeladen.
00:05:54
Ich dachte, die haben euch persönlich eingeladen dahin.
00:05:57
Und die ist das Teuerste, was wir hier im Haus haben.
00:06:01
Und wie gesagt, bin ich nicht die Eigentümerin, sondern mein Mann und sein bester Freund.
00:06:05
Also deswegen, wenn der das Zeitliche segnet, glaube ich, kriegt es erst mal der wahrscheinlich.
00:06:12
Oder mir gehört dann eben die Hälfte.
00:06:13
Ja, dann kümmern wir uns um den anderen auch noch.
00:06:16
Ja, oder wir schneiden es in der Mitte durch und ich behalte die eine Hälfte von der Fotografie.
00:06:21
Ja, als ich und meinen Ex-Partner uns vor vielen Jahren getrennt haben, war das auch die Idee bei Fussel erst.
00:06:26
Aber dann haben wir festgestellt, dass Zeit aufteilen weniger umständlich ist, als den Köterich zu zersägen.
00:06:34
Nehmen wir nochmal an, dieses Foto an Lauras Wand würde jetzt gestohlen werden.
00:06:40
Weil wir wissen ja auch alle, sie nimmt es nicht so genau mit dem Abschließen ihrer Haustür.
00:06:44
Dann wäre Laura Opfer eines Kunstdiebstahls.
00:06:47
Und damit sind wir mitten im Thema der heutigen Folge, nämlich der Kunstkriminalität.
00:06:53
Und dass Kunst gestohlen wird, das kommt nämlich gar nicht so selten vor.
00:06:56
Übrigens auch dann, wenn Türen von Museen oder anderen Einrichtungen doppelt und dreifach verschlossen sind.
00:07:04
2020 wurden nach Zahlen des Bundeskriminalamts in Deutschland mehr als 1300 Fälle polizeilich erfasst,
00:07:10
in denen Antiquitäten, Kunst oder sakrale Gegenstände gestohlen wurden.
00:07:14
Also sakrale Gegenstände sind halt wertvolle Dinge aus der Kirche.
00:07:18
2012, zehn Jahre vorher, war die Fallzahl noch doppelt so hoch.
00:07:23
Dass die Zahl der Diebstähle seitdem abgenommen hat, liegt unter anderem auch daran, dass die Überwachungstechnik viel besser geworden ist.
00:07:29
Die wir auch hier zu Hause haben, die Alarmenlage, die aber natürlich auch nie eingeschaltet ist.
00:07:36
In meiner Vorstellung liebst du einfach in einem Museum.
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Mit Kunstwerken und so Sicherheitslaser.
00:07:42
Und wenn ich nachts zum Kühlschrank gehe, um mir Schokolade rauszuholen oder Salami,
00:07:47
muss ich über diese roten Dinger so drüber steigen.
00:07:51
Wie beim, weißt du noch, bei...
00:07:53
Jedem Film, wo irgendein Kunstwerk gestohlen wird.
00:07:56
Naja, der Begriff Kunstkriminalität umfasst jetzt nicht nur den Diebstahl.
00:08:02
Wir werden heute auch über Werke sprechen, die vom einen auf den anderen Moment keinen Cent mehr wert waren.
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Über Gemälde, die wie Geiseln entführt wurden.
00:08:09
Und über Kunst, die an den Wänden von deutschen Museen eigentlich gar nichts zu suchen hat.
00:08:15
Und natürlich über die, die Kunst stehlen.
00:08:18
Und deren Pläne meistens irgendwo zwischen genialem Kuh und unverschämtem Glück liegen.
00:08:24
So wie in meinem Fall.
00:08:25
Mein Fall zeigt, dass absoluter Schutz Gold wert ist.
00:08:31
Fast alle Namen habe ich geändert.
00:08:33
Nachts allein im Museum.
00:08:36
Was für viele wie ein Abenteuer klingt, ist für den 60 Jahre alten Josef Alltag.
00:08:42
Seit sechs Jahren ist er Nachtwächter auf der Berliner Museumsinsel,
00:08:47
wo sich fünf der bekanntesten Museen der Hauptstadt versammeln.
00:08:49
Eins von ihnen ist das Bode Museum.
00:08:52
Ein imposantes Gebäude mit hohen Decken, goldverzierten Treppen und prunkvollen Ausstellungsräumen.
00:08:58
Tagsüber sehen sich hier hunderte Menschen einzigartige Skulpturen und wertvolle Kunstwerke aus vergangenen Jahrhunderten an.
00:09:06
Nachts ist es stockdunkel und menschenleer.
00:09:09
Normalerweise macht Josef das nichts aus.
00:09:12
Denn er kennt die Museen, in denen er bisher gearbeitet hat, wie seine Westentasche.
00:09:17
Doch in dieser Sonntagnacht im März 2017 muss er aufgrund von Personalmangel zum ersten Mal alleine die Schicht im Bode Museum übernehmen.
00:09:26
Und plötzlich sind die Marmornenhallen nicht mehr nur eindrucksvoll, sondern auch einschüchternd.
00:09:32
Der 60-Jährige hat einen Lageplan bei sich, als er um 3.30 Uhr zum dritten Mal in dieser Nacht im zweiten Stockwerk des Museums steht und seinen letzten Rundgang für diese Schicht startet.
00:09:43
Auch noch Geisterstunde, 3.30 Uhr.
00:09:45
Nee, das wäre nicht mein Job.
00:09:48
Das kommt bei mir auf die Liste der Horrorjobs.
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Ich würde zwar so, so gerne mal diese Taschenlampenwanderung machen im Naturkundemuseum, aber ich glaube, ich würde mir da so in die Hose machen.
00:10:01
Da stehen Dinosaurier, Laura.
00:10:03
Herr, das ist doch wie der Film nachts im Museum.
00:10:06
Hier in London gibt es ja auch das National History Museum.
00:10:09
Da ist ja so ein Blauwal, so groß wie ein Blauwal ist, an der Decke.
00:10:13
Das ist ja auch total krass.
00:10:14
Naja, auf jeden Fall gibt es da jedes Wochenende, glaube ich, für Kinder die Möglichkeit, eine Nacht im Museum zu schlafen.
00:10:23
Und ich bin dann schon öfters mal da vorbeigefahren, als diese lange Reihe von kleinen Kindern da mit ihren Schlafsäcken und Isomatten standen und ganz aufgeregt gewartet haben, bis sie da ins Museum reingelassen wurden.
00:10:36
Richtig niedlich.
00:10:38
Aber gibt es da Dinosaurier?
00:10:40
Doch, ich glaube schon.
00:10:42
Schön wäre, wenn man in dem Blauwal drin schlafen könnte.
00:10:48
Okay, also in dem drin schlafen geht nicht, weil hier in London hängt quasi nur noch das Glätt.
00:10:54
Aber es gibt einen Wal, in dem du schlafen kannst und zwar im National History Museum in New York City.
00:11:00
Da hängt jetzt auch kein echter, aber da hängt einer aus Kunststoff oder so.
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Ja, dann da. Aber ich würde lieber in einem echten schlafen.
00:11:08
So als Nahrung. Oh mein Gott, wie doll kann man sich beschützt fühlen?
00:11:13
Natürlich als Nahrung innerhalb eines Tieres, das dich gefressen hat.
00:11:18
Das ist eine tolle Fantasie. Dir kann ja nichts passieren, wenn du schon gefressen wurdest.
00:11:26
Ja, und der Blauwal, da ist ja die Wahrscheinlichkeit auch hoch, dass er nicht dich schon zerfressen hat, sondern dass du noch im Ganzen bist natürlich.
00:11:36
Es ist so schön, wenn man auf einmal wieder Zukunftspläne hat.
00:11:39
Ja, auf jeden Fall ist Josef jetzt auf seinem letzten Rundgang und in jedem Raum, den er betritt, schaltet er das sogenannte Wächterlicht an.
00:11:49
Ein gedämpftes Licht, das ihm Orientierung verschafft.
00:11:52
Dann, nach seiner Kontrolle, verschließt er jeden Raum ordnungsgemäß.
00:11:56
Nach etwa 40 Minuten kehrt Josef in die Fördener Loge im Erdgeschoss des Museums zurück.
00:12:02
Da fällt ihm sofort ein rotes Leuchten auf einem der Monitore auf.
00:12:07
Das Alarmsystem zeigt ihm, dass mehrere Türen im zweiten Stockwerk vorschriftswidrig offen stehen.
00:12:12
Josef kann sich das nicht erklären. Er war doch gerade erst dort. Er muss nachsehen, was da los ist.
00:12:19
Nein! Das ist der Moment, wo es brenzlig wird in Gruselfilm.
00:12:24
Das ist ein wahrer Fall.
00:12:26
Richtig. Und er geht zurück in den dunklen zweiten Stock.
00:12:30
Und schon im Gang merkt er, dass hier etwas nicht stimmt.
00:12:34
Die Türen sind sperrangelweit offen und mit Keilen fixiert.
00:12:39
Keile aus Plastik.
00:12:40
Nicht aus Holz, so wie sie im Museum verwendet werden.
00:12:43
Sofort steigt ein mulmiges Gefühl in Josef auf.
00:12:47
Er greift zu seinem Funkgerät und verständigt die Hauptwache,
00:12:50
die für die gesamte Museumsinsel verantwortlich ist.
00:12:53
Er solle das Gebäude schnellstmöglich verlassen, sagt der Mann am anderen Ende der Leitung.
00:12:59
Denn beide ahnen, Josef ist in dieser Nacht nicht allein im Museum.
00:13:04
Gegen 5.30 Uhr, eine gute Stunde später, ist nichts von der nächtlichen Ruhe im Bode-Museum mehr übrig.
00:13:12
Zwei Mitarbeiter der Hauptwache, die von Josef verständigt wurden, begleiten Polizistinnen in den zweiten Stock.
00:13:18
Ihr Weg führt sie direkt in Raum 243.
00:13:22
Das Münzkabinett, an dessen moosgrünen Wänden sich gläserne Vitrinen entlang rein, in denen wertvolle Münzen liegen.
00:13:28
Doch der Fokus der ErmittlerInnen gilt der Mitte des Raumes,
00:13:32
denn auf dem polierten Parkettboden liegen überall Glasscherben, die einmal Teil einer Vitrine waren.
00:13:38
Eine Vitrine, die offensichtlich mit Gewalt zertrümmert wurde und das Herzstück der Ausstellung beschützen sollte.
00:13:46
Eine riesige Goldmünze mit dem Namen Big Maple Leaf.
00:13:50
Auf ihrer Vorderseite prangt eine Prägung von Queen Elizabeth der Zweiten.
00:13:55
Also hier hätten wir sie wieder, die verdammte Queen.
00:13:58
Ihre Rückseite zeigt die drei namensgebenden Ahornblätter.
00:14:02
Mit einem Durchmesser von 53 Zentimetern ist die Münze etwa so groß wie ein Autoreifen
00:14:08
und bringt dabei 100 Kilogramm auf die Waage.
00:14:10
Doch es ist ihr Material, das sie so wertvoll macht.
00:14:14
Die Big Maple Leaf besteht aus 99,999% purem Gold.
00:14:20
Ein Reinheitsgrad, der zum Zeitpunkt ihrer Fertigung im Jahr 2007 einzigartig im Münzwesen war.
00:14:27
Das Bode-Museum zeigt sie seit 2010.
00:14:30
Oder besser, zeigte.
00:14:32
Denn jetzt, wo die PolizeibeamtInnen vor der zerbrochenen Vitrine stehen, ist die riesige Goldmünze weg.
00:14:38
Nur eine Infotafel weist noch auf ihren Wert hin.
00:14:42
Etwa 3,3 Millionen Euro.
00:14:44
Die Ermittlenden beginnen noch an Ort und Stelle mit den kriminalistischen Untersuchungen.
00:14:49
Denn wer auch immer die Münze gestohlen hat, ist offenbar schon über alle Berge.
00:14:53
Aber die Unbekannten haben Spuren hinterlassen.
00:14:57
Schleifspuren führen durch einen langen Gang, etwa 100 Meter hinein, in einen Umkleideraum für Mitarbeitende.
00:15:02
Hier vor einem Fenster steht ein schwarzes Rollbrett, das von den TäterInnen sein muss.
00:15:07
Es ist gerade so groß, um die Münze darauf zu transportieren.
00:15:11
Das Fenster des Raumes ist nicht verschlossen, sondern nur angelehnt.
00:15:16
Ein Blick nach draußen offenbart ein Vordach, über das die EinbrecherInnen ins Museum eingestiegen sein könnten.
00:15:21
Die Polizei ist sich beinahe sicher, dass es sich um mehrere DiebInnen handeln muss.
00:15:26
Schließlich ist die Münze mit ihren 100 Kilo viel zu schwer, um sie allein zu transportieren.
00:15:31
Unter dem Vordach und neben den Schienen der S-Bahn, die direkt am Museum vorbeiführen, finden die ErmittlerInnen eine Leiter.
00:15:39
Außerdem sind einige Steine im Gleisbett schwer beschädigt.
00:15:43
So, als hätte jemand mit Gewalt darauf eingeschlagen.
00:15:46
120 Meter weiter, ebenfalls neben den Warnschienen, der nächste Hinweis.
00:15:50
Dort steht eine Schubkarre, in der der zerbrochene Griff einer Axt liegt.
00:15:54
Das Axtblatt fehlt.
00:15:56
Dafür kann die Polizei ein weiteres Beweisstück sichern.
00:16:00
Ein Seil, das von der wenigen Meter hohen S-Bahn-Brücke hinab in den Morbejoux-Park baumelt, der gegenüber vom Museum liegt.
00:16:08
Etwa dort, wo das Seil den Boden berührt, sind die Steinplatten eines Weges beschädigt.
00:16:12
Hier verliert sich die Spur, die die EinbrecherInnen hinterlassen haben.
00:16:16
Zumindest physisch.
00:16:18
Digital geht sie weiter.
00:16:21
Überwachungsaufnahmen des Museums haben einen Mercedes aufgezeichnet,
00:16:24
der um kurz vor vier Uhr morgens ohne Licht am Spreeufer des Montbejoux-Parks entlangfährt.
00:16:29
Kurz bevor er die angrenzende Burgstraße erreicht, schalten sich die Lichter des Wagens ein.
00:16:35
Dann fährt er aus dem Bild.
00:16:37
Ein Kennzeichen können die Beamten nicht erkennen.
00:16:40
Dafür gibt eine andere Aufnahme einen Hinweis auf diejenigen, die in dem potenziellen Fluchtauto gesessen haben könnten.
00:16:46
Die Sicherheitskameras der nahegelegenen S-Bahn-Station Hackischer Markt haben drei Männer aufgenommen,
00:16:53
die um drei Uhr nachts, also eine Stunde zuvor, von den Bahnsteigen ins Gleisbett springen.
00:16:58
Sie sind ganz in Schwarz gekleidet und haben ihre Gesichter mit Schals und Basecaps verdeckt.
00:17:03
Man sieht sie über die Gleise der Hochbahn, die in den frühen Morgenstunden nicht fährt, in Richtung Bodemuseum davonlaufen.
00:17:09
Weitere Überprüfungen der Sicherheitsaufnahmen zeigen schließlich, dass die Männer nicht zum ersten Mal ins Gleisbett gestiegen sind.
00:17:17
Auch am 17. März, zehn Tage vor der Tat, hat die Kamera in der Nacht zwei Vermummte eingefangen, die über die Gleise in Richtung Bodemuseum spazieren.
00:17:25
Genau wie vier Tage später, am 21. März.
00:17:29
Diesmal sind die schwarz gekleideten Gestalten zu dritt und auf dem Weg zu ihrer Generalprobe, mutmaßt die Polizei.
00:17:36
Die Soko Thaler, die inzwischen gegründet wurde, hat nun alle Hände voll zu tun.
00:17:41
Die gefundenen Werkzeuge müssen untersucht und die Videos ausgewertet werden.
00:17:45
So können die ErmittlerInnen einen vorläufigen Tatverlauf rekonstruieren.
00:17:50
Die Soko geht davon aus, dass die Männer über die Gleise bis zum Museum gelaufen und dort mit der Leiter aufs Vordach gestiegen sind.
00:17:57
Dann müssen sie über das Fenster im Umkleideraum ins Museum eingedrungen und auf direktem Weg zur wertvollen Goldmünze gegangen sein.
00:18:03
Die Vitrine haben sie mutmaßlich mit der Axt, deren Stiel in der Schubkarre gefunden wurde, zerschlagen.
00:18:09
Anschließend haben sie die schwere Münze offenbar auf das schwarze Rollbrett, das in der Umkleide zurückgelassen wurde, gelegt, um sie bis zum Fenster zu schieben und zu fliehen.
00:18:19
Die Münze müssen sie vom Vordach ins Gleisbett geworfen haben.
00:18:22
Anders kann sich die Soko die kaputten Steine, an denen Goldspuren nachgewiesen werden können, nicht erklären.
00:18:28
Unten angekommen, haben sie ihre Beute wahrscheinlich in die Schubkarre gehievt und 120 Meter an den Gleisen entlang bis zum Seil an der S-Bahnbrücke geschoben.
00:18:36
Von hier müssen sie die Münze hinunter in den Park geworfen haben, bevor sie sich selbst abgeseilt haben und mit ihrer Beute im Mercedes,
00:18:44
den man auf den Aufnahmen der Überwachungskamera sieht, geflüchtet sind.
00:18:48
Die Polizei wundert sich, dass offenbar niemand gehört hat, wie die 100 Kilo schwere Goldmünze gleich zweimal in kurzer Zeit aus mehreren Metern Höhe auf Stein gefallen ist.
00:18:58
Nichtsdestotrotz scheint es, als sei die Tat sorgfältig geplant und nicht von Anfängern durchgeführt worden.
00:19:03
Und als hätten die Männer Hilfe gehabt.
00:19:06
Jemanden, der das Fluchtauto gefahren und ihnen die Werkzeuge vom Montbejoux-Park nach oben auf die Gleise gereicht hat.
00:19:12
Denn weder die Leiter noch die Schubkarre hatten sie dabei, als sie ins Gleisbett sprangen.
00:19:18
Außerdem muss es jemanden gegeben haben, der sich im Museum ausgekannt hat.
00:19:22
Denn je mehr sich die ErmittlerInnen der Soko mit den Sicherheitsvorkehrungen des Bodemuseums auseinandersetzen,
00:19:28
desto klarer wird, dass die EinbrecherInnen deren Lücken bewusst ausgenutzt haben.
00:19:32
Sie sind ins Museum eingestiegen, als Wachmann Josef seinen Rundgang gemacht hat.
00:19:37
Die einzige Zeit der Nacht, in der die Alarmanlage im Museum ausgeschaltet wird,
00:19:41
damit sie nicht losgeht, wenn der Nachtwächter die Räume betritt.
00:19:45
Dann ist nur noch die Durchbruchssicherung aktiv.
00:19:48
Also die Alarmanlage, die die Türen und Fenster des Museums bewacht.
00:19:52
Nur ein einziges von 160 Fenstern ist davon ausgeklammert.
00:19:57
Das im Umkleideraum im zweiten Stock.
00:19:59
Es hat in der Vergangenheit immer wieder Fehlalarme ausgelöst.
00:20:03
Deshalb hat man die Überwachung schon vor Jahren ausgeschaltet.
00:20:06
In der Hoffnung, dass niemand die Sicherheitslücke bemerkt.
00:20:10
Die Soko ist sich sicher.
00:20:13
Jemand hat die Schwachstelle bemerkt und sie den TäterInnen verraten.
00:20:17
Es muss einen Insider im Museum geben.
00:20:20
Also befragen die ErmittlerInnen der Sonderkommission
00:20:24
in den Tagen nach dem Diebstahl die Mitarbeitenden.
00:20:26
Allen voran Nachtwächter Josef.
00:20:29
Schließlich hatte er in der Nacht Dienst
00:20:31
und hätte das Fenster für die Täter öffnen können.
00:20:34
Doch der 60-Jährige verneint.
00:20:36
Er will nicht einmal das laute Bersten der Vitrine gehört haben.
00:20:39
Da habe er nämlich gerade im Keller patrouilliert, sagt Josef.
00:20:42
Als die PolizistInnen seinen Rundgang zeitlich rekonstruieren,
00:20:46
wird schnell klar, dass er lügt.
00:20:48
Wenn seine Kontrolle so verlaufen ist, wie er es angegeben hat,
00:20:51
dann hätte er die TäterInnen hören oder sogar treffen müssen.
00:20:55
Damit konfrontiert gesteht Josef, was Sache ist.
00:21:03
Ihm war das leere, dunkle Museum so unheimlich,
00:21:07
Dass er nach dem zweiten Stock die Kontrolle des ersten Stockwerks
00:21:16
in der Tatnacht entgegen der Dienstvorschrift ausgelassen hat.
00:21:19
Ich kann das verstehen.
00:21:22
Wahrscheinlich waren da die Dinos im ersten Stock.
00:21:26
Ja, die gruseligen Skulpturen,
00:21:28
bei denen man im Dunkeln dann nicht weiß,
00:21:29
ob es echte Menschen sind.
00:21:31
Stattdessen sei Josef direkt in den Keller gegangen,
00:21:34
wo die Fläche übersichtlicher ist.
00:21:36
Und deswegen habe er nichts gehört.
00:21:39
Eine Schutzbehauptung?
00:21:42
Josefs Arbeitgeber kann bestätigen,
00:21:44
dass er als überkorrekter Mitarbeiter bekannt ist,
00:21:46
der KollegInnen sogar mit seiner Genauigkeit auf die Nerven ging.
00:21:50
Oh Mann, oh Mann, der tut mir echt leid.
00:21:55
Außerdem wurde er an dem Sonntag ja erst kurzfristig
00:21:58
in die Nachtschicht beordert.
00:21:59
Josef passt so gar nicht ins Bild eines organisierten Verbrechers.
00:22:03
Nur wer kommt sonst in Frage?
00:22:06
Wer hätte genügend kriminelle Energie,
00:22:08
Planungsfähigkeit und körperliche Kraft,
00:22:10
um einen solchen Coup durchzuführen?
00:22:13
Das fragt sich nach dem Diebstahl der Big Maple Leaf
00:22:16
nicht nur die Polizei, sondern auch die Presse.
00:22:18
JournalistInnen schreiben von einem spektakulären
00:22:21
und filmreifen Diebstahl mit fettem Profit.
00:22:24
Auch die Tatsache, dass offenbar niemand die TäterInnen,
00:22:27
deren Beute alles andere als unauffällig war,
00:22:30
gesehen oder gehört hat, verwundert die Öffentlichkeit.
00:22:34
In Berlin ist es ganz normal,
00:22:36
mit einem Papageien auf der Schulter rumzulaufen
00:22:39
oder einen anderen Menschen an der Leine
00:22:42
hinter sich herzuziehen.
00:22:43
Wenn da Leute mit etwas durch die Gegend spazieren,
00:22:46
was aussieht wie ein Gullideckel,
00:22:48
ich glaube nicht, dass es irgendjemanden interessiert.
00:22:51
Die Presse wundert sich trotzdem,
00:22:55
zumindest fragen sie sich das in den Artikeln,
00:22:57
weil auch nur etwa 100 Meter Luftlinie entfernt vom Bode Museum,
00:23:03
da befindet sich ja noch was anderes.
00:23:06
Und die Wohnung von Kanzlerin Angela Merkel.
00:23:11
Und da ist die Polizei ja immer, steht ja immer mit ihrem VW,
00:23:15
steht ja immer davor.
00:23:16
Warte mal ganz kurz.
00:23:18
100 Meter entfernt davon ist die Wohnung von ihr.
00:23:21
Weißt du doch, wo die ist?
00:23:23
Nee, weiß ich nicht, wo die ist.
00:23:24
Ich habe da ja ganz in der Nähe gewohnt
00:23:26
und das war immer so, wenn wir Besuch hatten,
00:23:28
mein Mann und ich,
00:23:28
haben wir immer die Leute da so,
00:23:31
weißt du, wir waren dann so wie so Touri-Guides
00:23:33
und sind dann erst mal dahin.
00:23:35
Also ein bisschen halt Hackischer Markt, Museumsinsel
00:23:37
und dann immer auch bei der Angela Merkel vorbei
00:23:39
und haben dann gesagt, da oben, Angela Merkel.
00:23:42
Und davor stand immer dieses Polizeiauto
00:23:45
und in Berlin sind das ja diese VWs,
00:23:48
die aussehen, als wären sie irgendwie auch ganz langsamer.
00:23:50
Egal, aber das stand halt immer davor.
00:23:52
Okay, und was ist jetzt das, worüber sich die Presse wundert,
00:23:56
dass die das jetzt nicht mitgerafft haben,
00:23:58
dass da Leute mit einem Gegenstand durch die Straßen gegangen sind oder was?
00:24:01
Was ist die Aufregung?
00:24:03
Ja, ich glaube, die wundern sich,
00:24:05
dass da ja genau vor diesem Haus ja immer dieser VW steht
00:24:08
und da sitzen ja zwei PolizistInnen drin
00:24:11
und die hätten das ja mal vielleicht mitkriegen können.
00:24:13
Aber ob die TäterInnen mit dem goldenen Gullideckel
00:24:17
sich dann dazu entscheiden,
00:24:19
gerade bei dem Haus vorbeizugehen, das bezweifle ich.
00:24:22
Wer auf jeden Fall geschockt ist,
00:24:24
ist der Direktor des Bode-Museums gegenüber der Presse.
00:24:28
Dass eines der Fenster nicht gesichert war,
00:24:31
das lässt er da noch unter den Tisch fallen.
00:24:33
Weil das bestimmt nicht rauskommt.
00:24:36
Das ist auch immer geil.
00:24:37
Was auch nicht erwähnt wird,
00:24:40
ist, dass die Polizei bereits Verdächtige im Blick hat.
00:24:43
Denn die DNA-Analyse der beim Einbruch verwendeten Werkzeuge,
00:24:47
Schubkarre, Leiter, Axt, Seil und die Plastikkeile,
00:24:50
die im Museum gefunden wurden,
00:24:51
hat immer wieder denselben Familiennamen ausgespuckt.
00:24:56
Die ErmittlerInnen müssen nicht in die Akten sehen,
00:24:59
um zu wissen, dass es sich dabei um eine arabische Großfamilie aus Berlin-Neukölln handelt.
00:25:04
Etwa 1000 Mitglieder gehören laut Polizeieinformationen zu den Remmos.
00:25:09
Fast alle leben in Berlin.
00:25:10
Viele, vor allem männliche Familienangehörige,
00:25:13
werden seit Jahrzehnten mit schweren Delikten wie Raub, Drogenhandel und sogar Mord in Verbindung gebracht.
00:25:19
Zu Verurteilungen kommt es aber nur selten.
00:25:22
Denn für viele der Remmos steht nicht etwa die Justiz,
00:25:25
sondern die Familie an oberster Stelle ihres Wertesystems.
00:25:28
Und das bedeutet vor allem eins.
00:25:30
Wenn einer verdächtigt wird, schweigen alle.
00:25:34
Das macht es für die Strafverfolgungsbehörden äußerst schwer,
00:25:37
die Strukturen der Großfamilie zu verstehen und ihr das Handwerk zu legen.
00:25:41
Fest steht nur, dass viele Familienmitglieder seit Jahren
00:25:44
dem Milieu der organisierten Kriminalität zugeordnet werden können
00:25:47
und dass sie clever sind.
00:25:49
Nicht umsonst leben die meisten von ihnen auf dem Papier von Arbeitslosengeld
00:25:53
oder geringfügigen Beschäftigung.
00:25:54
Dabei wohnen sie in Villen und fahren teure Autos.
00:25:58
Die Polizei schätzt das Vermögen,
00:26:00
das die Familie aus kriminellen Machenschaften innerhalb von sechs Jahren angehäuft hat,
00:26:04
auf 28 Millionen Euro.
00:26:06
Nur Nachweisen, dass die Remmos das Geld kriminell erwirtschaftet haben,
00:26:11
konnte man ihnen nie.
00:26:12
Deshalb ist es jetzt im Fall der gestohlenen Goldmünze
00:26:15
umso wichtiger für die Polizei, präzise und sauber zu arbeiten.
00:26:18
Sonst gehen womöglich auch die 3,3 Millionen Euro,
00:26:22
die die Goldmünze wert ist, auf das Konto der Großfamilie über.
00:26:25
Laut der DNA-Analyse befinden sich genetische Fingerabdrücke
00:26:29
von Bilal und Salim Remmo auf den Werkzeugen.
00:26:32
Bilal ist 20 Jahre alt und hat seine DNA auf dem Seil hinterlassen.
00:26:36
Sein Strafregister reicht von Diebstahl über Einbrüche bis hin zu Körperverletzungen.
00:26:41
2015, da war Bilal gerade 18,
00:26:44
hat er in einer Apotheke einen 116 Kilo schweren Stahlschrank
00:26:48
aus seiner Verankerung gerissen
00:26:49
und damit mehr als 10.000 Euro erbeutet.
00:26:52
Ernsthafte Konsequenzen gab es für ihn aufgrund seines jungen Alters nicht.
00:26:57
Sein Cousin Salim ist bisher nur wegen kleinerer Delikte mit den Behörden aneinander geraten.
00:27:01
Jetzt kann seine DNA aber gleich zweimal nachgewiesen werden.
00:27:05
Einmal auf der Leiter, die unter dem Museumsfenster lag,
00:27:08
und auf den Plastikkeilen, mit denen die Türen offen gehalten wurden.
00:27:11
Doch die Planung und Umsetzung eines Kunstliebstahls
00:27:14
aus einem der renommiertesten Museen mitten in Berlin,
00:27:17
das scheint für die Jungs eine Spur zu groß.
00:27:19
Es sei denn, sie hatten Hilfe,
00:27:21
etwa von älteren Mitgliedern der Familie oder von einem Insider.
00:27:26
Ein Hinweis auf einen potenziellen Helfer
00:27:30
findet die Soko Thaler ebenfalls in Form einer DNA-Spur,
00:27:33
und zwar an dem Fenster, durch das die Täter eingestiegen sind.
00:27:36
Sie stammt von einem Mitarbeiter namens Yassin.
00:27:40
Die Fingerabdrücke des 18-Jährigen sind bei der Polizei gespeichert,
00:27:43
weil er seiner Schulleiterin mit 15 die Handtasche aus dem Büro geklaut hat.
00:27:46
Eine kurze Recherche der Polizei offenbart,
00:27:49
dass er seit Anfang März über eine Zeitarbeitsfirma
00:27:52
als Sicherheitsmitarbeiter im Bode-Museum arbeitet.
00:27:54
Auch am Sonntag vor der Tat hatte Yassin Schicht.
00:27:58
Aber seitdem ist der junge Mann nicht mehr zur Arbeit erschienen.
00:28:01
Und noch ein Detail kommt den ErmittlerInnen der Soko sehr verdächtig vor.
00:28:05
Yassin ist mit Tarek Remmo zur Schule gegangen,
00:28:08
dem älteren Bruder von Salim und dem Cousin von Bilal,
00:28:11
deren DNA an den Werkzeugen gefunden wurden.
00:28:16
Die Polizei vermutet eher,
00:28:17
dass die Remmos mit Yassin zusammengearbeitet haben.
00:28:20
Eher könnte ihr Schlüssel zur Aufklärung des Verbrechens sein.
00:28:23
Deshalb beantragen sie die Telefonüberwachung von Yassins Handy
00:28:27
und was die Mitarbeitenden der Soko in den nächsten Tagen zu hören bekommen,
00:28:31
stützt ihre Theorie.
00:28:32
Yassin spricht am Telefon darüber,
00:28:34
dass er schnellstmöglich viel Geld in eine Immobilie oder ein teures Auto stecken möchte.
00:28:40
Er kann bis zu 100.000 Euro zahlen, sagt er seinem Kumpel.
00:28:43
Enorm viel Geld für einen 18-Jährigen,
00:28:45
der gerade noch für den Mindestlohn angestellt war.
00:28:48
Die Polizei ermittelt noch einige Wochen verdeckt.
00:28:51
Dann sind sich die BeamtInnen sicher,
00:28:52
sie haben genug Beweise in der Hand,
00:28:54
um fünf Tatverdächtige im Fall der geraubten Goldmünze festzunehmen.
00:28:57
Yassin, der offenbar das Fenster im Museum für die Täter geöffnet hat.
00:29:01
Bilal, dessen DNA am Seil war,
00:29:03
Salim, dessen Fingerabdrücker an der Leiter nachgewiesen wurden,
00:29:06
Tarek, der als Bindeglied zwischen Bilal, Salim und Yassin fungiert haben muss,
00:29:11
und Elveden Remo, ein weiterer Bruder von Salim und Tarek,
00:29:15
den die BeamtInnen aufgrund seiner Statur für den dritten Mann auf den Überwachungsvideos halten.
00:29:20
Obwohl sie nicht sicher benennen können,
00:29:26
wer beim Einbruch welche Rolle übernommen hat,
00:29:28
sind die BeamtInnen davon überzeugt,
00:29:30
dass alle fünf daran mitgewirkt haben.
00:29:32
Deshalb klicken am 12. Juli 2017,
00:29:35
dreieinhalb Monate nach dem Diebstahl, die Handschellen.
00:29:37
Gleichzeitig beginnt die Polizei,
00:29:40
die Zimmer der Tatverdächtigen und ihre Autos zu durchsuchen
00:29:43
und wird fündig.
00:29:44
Hohe Bargeldsummen und teure Uhren werden sichergestellt.
00:29:47
Doch das, was die PolizistInnen am meisten interessiert,
00:29:50
ist viel kleiner und viel wertvoller.
00:29:53
An einigen von Bilals Klamotten und im Kofferraum seines Mercedes
00:29:57
findet die Soko winzige Goldpartikel,
00:29:59
die entstehen, wenn man Gold zerteilt.
00:30:01
Wie Späne, die beim Sägen von Holz abfallen.
00:30:04
Dazu kann die Polizei ein Zettel mit Tareks Fingerabdrücken sicherstellen,
00:30:08
auf dem Grammangaben und dazugehörige Preise notiert wurden.
00:30:12
Ein Kilo entspricht einem Preis von etwa 33.000 Euro.
00:30:16
Genauso viel, wie ein Kilo Gold im März 2017 wert ist.
00:30:19
Zwei klare Hinweise auf eine Befürchtung, die die Soko seit Wochen hat.
00:30:24
Sie werden die Münze nicht am Stück wiedersehen.
00:30:27
Alles deutet darauf hin, dass die Täter sie bereits zerkleinert,
00:30:30
eingeschmolzen und zu Geld gemacht haben.
00:30:32
Daher kommt es jetzt vor allem darauf an, ihnen das nachzuweisen.
00:30:36
Doch die Ermittlungen dauern an.
00:30:38
Erst im Januar 2019, fast zwei Jahre nach dem Diebstahl,
00:30:42
startet der Prozess vor dem Landgericht in Berlin.
00:30:44
Und zwar nur gegen vier der Männer.
00:30:46
Salim, der 18-Jährige, dessen Fingerabdrücke an der Leiter und an den Plastikkeilen gefunden wurden,
00:30:52
muss sich nicht vor Gericht verantworten.
00:30:54
Man kann ihm nicht nachweisen, dass er am Tatort war.
00:30:57
Deshalb sieht man von einer Anklage ab.
00:31:00
Seine Fingerabdrücke können auch zu Hause, wo er mit seinen älteren Brüdern Tarek und Elwedin lebt,
00:31:05
auf die Werkzeuge gekommen sein, glaubt die Staatsanwaltschaft.
00:31:07
Stattdessen werden zum Prozessstart nur der Älteste, Bilal, die Brüder Tarek und Elwedin
00:31:13
und Museumsinsider Yassin in den größten Verhandlungssaal des Berliner Landgerichts geführt.
00:31:19
Im vollbesetzten Saal nehmen sie neben ihren insgesamt 14 Anwältinnen Platz,
00:31:23
ungewöhnlich viel für vier Angeklagte,
00:31:26
bevor die oberste Staatsanwältin die Anklageschrift verliest
00:31:29
und damit Einblick in eine Tat offenbart, die vor sechs Jahren mit einer Männerfreundschaft beginnt.
00:31:36
Tarek und Yassin lernen sich 2013 in der Schule kennen.
00:31:39
Yassin ist gerade mit seiner Familie aus dem Saarland nach Berlin-Neukölln gezogen.
00:31:43
Er sucht nach Anschluss, den er bei Tarek Remmo findet.
00:31:46
Bald schon verbringen die Jungs ihre Freizeit zusammen,
00:31:49
fahren sogar zusammen in die Türkei, um Yassins Oma zu besuchen.
00:31:52
Nur die Schule bleibt auf der Strecke.
00:31:55
Nach vier Jahren haben sie zwar keinen Abschluss in der Tasche, dafür aber eine enge Freundschaft.
00:31:59
Von da an leben sie in den Tag hinein.
00:32:02
Yassin von Arbeitslosengeld bis ihn das Amt zu einer Ausbildungsmaßnahme im Sicherheitsbereich verdonnert.
00:32:08
So wird er ab März 2017 für einen geringen Lohn im Wachschutz der Berliner Museen eingesetzt.
00:32:14
Ein Job, mit dem man weit mehr Geld machen könnte, finden Yassin und Tarek.
00:32:18
Niemand kann rekonstruieren, wann ihnen die Idee zum Diebstahl im Museum kam.
00:32:22
Fest steht aber, dass Yassin in den knapp drei Wochen, in denen er im Museum arbeitet,
00:32:26
Informationen über das Sicherheitskonzept sammelt und an die Remmos weitergibt.
00:32:31
Er weiß, dass das Fenster im Umkleideraum nicht alarmgesichert ist, weil es häufig zum Lüften offen steht.
00:32:36
Mehrmals lässt er es in der Spätschicht absichtlich offen und kontrolliert am nächsten Morgen, ob es jemand gemerkt hat.
00:32:42
Was nie der Fall ist.
00:32:44
Also öffnet Yassin das Fenster auch am Sonntagabend, den 26. März 2017, bevor er in den Feierabend geht.
00:32:51
Wohlwissend, dass drei Einbrecher etwa neun Stunden später über das Fenster ins Museum einsteigen werden.
00:32:57
Laut Anklage sind es Bilal, Tarek und Elvedin, die ganz in schwarz gekleidet, die 500 Meter vom S-Bahnhof über die Schienen bis zum Museum gehen.
00:33:06
Unterwegs muss ihnen eine andere, unbekannte Person, die Leiter, die Schubkarre und die Axt nach oben gereicht haben, mutmaßt die Staatsanwaltschaft.
00:33:15
Mit der Leiter klettern die drei Täter aufs Vordach und warten dort auf den perfekten Moment, um unbemerkt ins Museum einzusteigen.
00:33:22
Nämlich genau dann, wenn Wächter Josef, den sie anhand des Wächterlichts im Museum erkennen, in ein anderes Stockwerk geht.
00:33:29
Dann haben sie etwa 20 Minuten Zeit, bis er seinen Rundgang beendet und die Alarmanlage im Museum wieder scharf geschaltet wird.
00:33:36
20 Minuten, um die 100 Kilo schwere Goldmünze zu stehlen.
00:33:40
In der Tatnacht funktioniert alles nach Plan.
00:33:44
Als das Wächterlicht im Münzkabinett erlischt, steigen die Täter durchs Fenster ins Museum ein.
00:33:49
Bei der Münze angekommen, fangen sie an, mit der Axt auf die Vitrine einzuschlagen.
00:33:53
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Bieleil geschlagen hat, weil er der größte und kräftigste von ihnen ist.
00:33:59
Als das Glas schließlich bricht, nehmen sie die riesige Goldmünze aus ihrer Halterung, legen sie auf das Rollbrett und schieben sie zurück zum Umkleideraum.
00:34:07
Dort stemmen sie die Münze zusammen nach oben durch das Fenster auf das Vordach.
00:34:11
Vom Vordach werfen sie die Münze ins Gleisbett.
00:34:14
Dann steigen die Diebe selbst über die Leiter ins Gleisbett, wo sie die Schubkarre abgestellt haben, legen die Münze hinein und fliehen, wie sie gekommen sind.
00:34:21
Über die Gleise.
00:34:23
Etwa 120 Meter weiter werfen sie ihr goldenes Liebesgut in den Park.
00:34:27
Dann seilen sich die Täter ab. Sie tragen Handschuhe, um keine DNA zu hinterlassen.
00:34:31
Nur Bielal scheint weniger vorsichtig gewesen zu sein.
00:34:34
Jedenfalls landen seine Spuren auf dem grünen Seil, das die Polizei später findet.
00:34:39
Nur, dass die Täter da schon im Auto eines unbekannten Helfers oder einer Helferin abgehauen sind,
00:34:45
mitsamt der Münze, von der nur winzige Teile übrig bleiben.
00:34:48
Goldene Partikel an den Stellen, an denen sie auf dem Boden aufgeschlagen ist,
00:34:53
in Klamotten von Bielal und in seinem Mercedes.
00:34:55
Partikel, die inzwischen eindeutig der Münze zugeordnet werden konnten.
00:34:59
Denn ihr extrem seltener Reinheitsgehalt kann auch in den Splitter nachgewiesen werden.
00:35:04
Fast so, als hätte die Münze ihre eigene DNA hinterlassen.
00:35:09
Trotzdem rechnet niemand mehr damit, dass sie je wieder auftaucht.
00:35:12
Auch deshalb, weil alle Angeklagten vor Gericht, wie auch schon während der Ermittlungen, schweigen.
00:35:16
Keiner von ihnen will etwas mit dem Diebstahl zu tun gehabt haben.
00:35:19
Dabei ist die Beweislast zumindest gegen drei von ihnen erdrückend.
00:35:23
Die Tatsache, dass Yassin nach der Tat einfach nie wieder zur Arbeit erschienen ist
00:35:27
und plötzlich in teure Immobilien investieren wollte, ist zum einen nicht besonders clever
00:35:31
und zum anderen vor Gericht ein deutliches Indiz dafür,
00:35:34
dass er sein Insiderwissen weitergegeben hat und dafür eine Belohnung von mindestens 100.000 Euro von den Ramos erhalten hat.
00:35:41
Für die Tat selbst hat Yassin aber ein Alibi.
00:35:44
Auf seinem Handy sind Selfies gespeichert, die er zur Tatzeit gemacht hat.
00:35:48
Yassin ist gut darauf zu erkennen und die Bilder sind kilometerweit entfernt entstanden.
00:35:53
Damit scheidet er zumindest als Einbrecher aus.
00:35:57
Anders sieht es mit seinem Kumpel Tarek aus.
00:35:59
Neben den Fingerabdrücken, die er auf dem Zettel mit den Goldpreisen hinterlassen hat,
00:36:04
wurden Handschuhe in seinem Zimmer gefunden, an denen Glassplitter haften.
00:36:07
KriminaltechnikerInnen konnten nachweisen, dass es sich um Splitter der Vitrine handelt,
00:36:11
hinter der die Goldmünze im Museum aufbewahrt wurde.
00:36:14
Zudem sagt vor Gericht Tareks Ex-Freundin aus und belastet ihn schwer.
00:36:18
Als sie noch ein Paar waren, hätten sie sich auf YouTube mehrfach die Überwachungsaufnahmen der vermummten Täter angesehen.
00:36:24
Sie habe Tarek darauf direkt an seiner Gangart erkannt und ihn damit konfrontiert.
00:36:29
Da habe er nur gegrinst und gesagt, ja, du erkennst das, aber andere nicht.
00:36:34
Und er habe gesagt, wie schön es sei jetzt, schon Millionär zu sein.
00:36:37
Dem 23 Jahre alten Bilal, dem ältesten Angeklagten, wird neben seiner DNA am Seil und den Goldsplittern,
00:36:44
die an seiner Kleidung und im Kofferraum seines Autos gefunden wurden, besonders seine Kraft zur Last gelegt.
00:36:49
Weil er schon mal einen schweren Stahlschrank aus seiner Verankerung gerissen hat,
00:36:52
traut ihm das Gericht auch zu, die 100 Kilo schwere Goldmünze geworfen zu haben.
00:36:56
Nur was Elvid ihn angeht, ist die Beweislage bisher dünn.
00:37:00
Es gibt keine handfesten Indizien, die ihn mit der Tat in Verbindung bringen.
00:37:03
Seine Anklage beruht zu großen Teilen auf dem Gutachten eines Forensikers,
00:37:07
der sich intensiv mit den Bewegungen der drei Männer auf den Überwachungsvideos auseinandergesetzt hat.
00:37:13
Mit der Hilfe von digitalen Vermessungsmethoden könne man die Bewegungsmuster der Männer
00:37:17
auf den Videos mit denen der Angeklagten vergleichen, sagt der Experte.
00:37:21
Er ist sich sicher, dass es sich bei den vermundeten Gestalten um Tarek, Bilal und Elvid ihn handelt.
00:37:26
Doch die Technik, die im Prozess erstmals in Deutschland vor Gericht zum Einsatz kommt, stößt auf Kritik.
00:37:31
Auf Rückfragen der vorsitzenden Richterin kann der Gutachter mehrfach keine Antwort geben.
00:37:36
Soweit ist die Forschung noch nicht, sagt er schließlich kleinlaut
00:37:39
und öffnet damit Tür und Tor für den Gegenwind der VerteidigerInnen der Remus.
00:37:43
Besonders die Anwälte von Elvidin werfen dem Gutachter fehlende Objektivität vor.
00:37:47
Die Methode ist komplett für den Mülleimer, resümiert einer von ihnen.
00:37:52
Wohl wissend, dass die Staatsanwaltschaft damit quasi nichts mehr gegen Elvidin in der Hand hat.
00:37:56
Daran ändert sich auch im weiteren Verlauf des Prozesses nichts mehr.
00:38:00
Viele der 42 Verhandlungstage ziehen sich wie Kaugummi,
00:38:03
was vor allem am fortwährenden Schweigen der Angeklagten liegt.
00:38:07
So weiß selbst im Januar 2020, ein Jahr nachdem der Prozess begonnen hat,
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niemand, wer der dritte Mann auf dem Überwachungsvideo aus der Tatnacht ist.
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Oder wo die riesige Goldmünze ist, die vor knapp drei Jahren gestohlen wurde.
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Dafür, dass die Angeklagten sie gestohlen haben, reicht die Beweislage nicht aus,
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finden ihre VerteidigerInnen, die zum Ende des Prozesses allesamt einen Freispruch für ihre Mandanten beantragen.
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Die Staatsanwaltschaft sieht das anders. Sie plädiert für Haftstrafen zwischen fünf und sieben Jahren.
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Das Gericht folgt keinem der Plädoyers, sondern wählt einen Mittelweg.
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Im vollbesetzten Saal verkündet die Vorsitzende am 20. Januar 2020 ihr Urteil.
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Elvidin wird aus Mangel an Beweisen freigesprochen.
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Wie erwartet, kann man ihm seine Beteiligung nicht nachweisen.
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Anders sieht es in den Fällen seiner Mitangeklagten aus.
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Die Richterin ist überzeugt, dass Tarek, Bilal und Yassin schuldig sind.
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Sie spricht von einer Tat, die mit Dreistigkeit und einem erheblichen Planungs- und Koordinierungsaufwand einhergeht
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und der organisierten Kriminalität zugeordnet werden kann.
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Trotzdem wird bei allen dreien das Jugendstrafrecht angewandt.
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Die Kammer sieht Anhaltspunkte dafür, dass bei den zur Tatzeit 18-, 19- und 20-Jährigen eine Reifeverzögerung vorliegt.
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Vor allem deshalb, weil keiner von ihnen ernsthafte Ambitionen im Leben gehabt zu haben scheint.
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So ergibt sich für das Gericht eine Gesamtstrafe von drei Jahren und vier Monaten
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für den inzwischen 21-jährigen Yassin, der als Mittäter verurteilt wird.
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Tarek und Bilal Remo erwarten höhere Strafen.
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Die 22- und 23-Jährigen haben sich des besonders schweren Diebstahls schuldig gemacht
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und müssen für je vier Jahre und sechs Monate in Haft.
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Zusätzlich müssen sie 3,3 Millionen Euro an den Privatbesitzer,
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der die Goldmünze zur Ausstellung ans Museum verliehen hatte, zurückzahlen.
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Das Gericht geht davon aus, dass die Ramos die Münze bereits zu Geld gemacht haben.
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Deshalb bleibt der Justiz nichts anderes übrig, als einen Wertersatz,
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also Bargeld in Höhe von 3,3 Millionen Euro, von den Tätern zurückzufordern.
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So viel Geld, wie die Ramos nach Schätzungen des Gerichts mindestens
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für den Weiterverkauf des Goldes bekommen haben.
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Yassin muss die 100.000 Euro zurückzahlen, die er für sein Insiderwissen bekommen hat.
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Ein Wissen, das Gold wert war, im wahrsten Sinne des Wortes.
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Als die Täter den Saal verlassen, sind Dutzende Kameras auf sie gerichtet.
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Doch die ReporterInnen sind nicht nur wegen der Goldmünze hier,
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sondern weil zumindest zwei der Angeklagten inzwischen erneut unter Verdacht stehen,
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wertvolle Kunst aus einem Museum gestohlen zu haben.
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Denn im November 2019, noch während des laufenden Prozesses im Fall der Goldmünze,
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steigen unbekannte Täter über ein Fenster in das grüne Gewölbe in Dresden ein.
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Sie halten sich nur kurz im Museum auf, schlagen mehrere Scheiben ein
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und stehlen Juwelen im Wert von über 100 Millionen Euro.
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Jetzt, wo die Ramos in Berlin verurteilt wurden,
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stehen die Ermittlungen in Dresden noch ganz am Anfang.
00:40:53
Doch Bilal und Tarek sind längst ins Visier der Polizei geraten.
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Zum einen wegen der Parallelen zum Einbruch ins Bode-Museum.
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Zum anderen, weil die Diebe der Goldmünze trotz des laufenden Prozesses
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zum Tatzeitpunkt des Einbruchs ins grüne Gewölbe auf freiem Fuß waren.
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Denn Bilal, Tarek, Elwedin und Yassin wurden von der Untersuchungshaft verschont.
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Die Justiz in Berlin ging von einer geringen Fluchtgefahr der jungen Männer aus
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und wollte sie mit verschiedenen Auflagen dazu bewegen, ihr Leben in den Griff zu bekommen.
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Eine Chance, die zumindest Bilal nicht genutzt hat.
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Denn 2023 wird er tatsächlich mit vier weiteren Ramos für den Einbruch ins grüne Gewölbe
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zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt.
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Aktuell prüft der BGH seinen Antrag auf Revision.
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Wird er verworfen, würde Bilal seine gesamten Zwanziger hinter Gittern verbringen.
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Tarek, der zwar im Fall des grünen Gewölbes freigesprochen wird,
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sitzt noch immer wegen der Goldmünze im Gefängnis.
00:41:45
Nur Yassin hat seine Haftstrafe bereits abgesessen.
00:41:50
Nachtwächter Josef hingegen tritt im Jahr 2024 voraussichtlich seine Rente an.
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Er wird nicht mehr nachts allein im Museum sein und schon gar nicht im Bode-Museum.
00:41:59
Nach dem Diebstahl hat er sich häufig gefragt, was wäre gewesen, wenn er die Täter überrascht hätte.
00:42:05
Wäre es bei einem Diebstahl geblieben oder wären die jungen Männer auch über Leichen gegangen?
00:42:09
Wissen wird Josef das nie.
00:42:12
Ihm bleibt nichts anderes übrig, außer die Gedanken an diese dunkle Nacht im März 2017 aus seinem Kopf zu verbannen und in die Zukunft zu schauen.
00:42:20
Eine Zukunft voller freier Tage, die ihm und seiner Frau in der Rente bevorstehen.
00:42:25
Voller Spaziergänge an der frischen Luft bei Sonnenschein statt in dunklen, unheimlichen Museen.
00:42:30
Denn Josef ist klar, was die Einbrecher auf die harte Tour lernen mussten.
00:42:34
Kein Gold der Welt ist es wert, seine Freiheit dafür zu riskieren.
00:42:40
Also was ich an solchen Fällen immer so fies finde, ist, durch die Medien und Filme hat es ja fast was Glamouröses, Kunstwerke zu stehlen.
00:42:50
Ich meine, da hat jemand was geschaffen, was es wert ist, dass Leute sich da an einem Sonntag eine richtige Hose anziehen, in ein Museum gehen und sich das ansehen wollen.
00:43:00
Und dann zerstören die das einfach.
00:43:02
Und was ich auch voll öll finde, der Wert eines Werks ist ja nicht immer nur der Material wert.
00:43:08
Aber das weiß ich jetzt nicht bei dieser Münze. Das glaubst du?
00:43:12
Also du glaubst, dass die Münze eingeschmolzen weniger wert ist?
00:43:16
Das weiß ich nicht.
00:43:19
Weil das dann kein Kunstwerk mehr ist. Das ist dann ja nur noch Material.
00:43:22
Ja, aber bei denen ging es ja jetzt nur Material. Das ist ja Gold.
00:43:28
Ja, also was ich sagen will, mag ja sein, dass die Münze wegen des Goldpreises zu dem Zeitpunkt über 3,3 Millionen Euro wert war, aber der Marktwert kann ja ein ganz anderer sein, wegen des Sammlerwerts oder so.
00:43:41
Und das finde ich halt fies, weil dieser Wert geht ja dann verloren, wenn man sie einschmilzt, um das Material auszuschlachten.
00:43:48
Ja, ich glaube, den Remus geht es nicht so sehr um die Kunst da. Leider.
00:43:53
Denen war das halt wirklich egal und die wollten das einfach nur so schnell wie möglich zu Geld machen, was sie ja auch gemacht haben.
00:44:01
Ich frage mich so ein bisschen, was die Justiz sich gedacht hat, die die ganze Zeit auf freiem Fuß zu lassen, weil zumindest einer von denen einfach nochmal genau dasselbe gemacht hat, nur statt Kunst im Wert von 3,3 Millionen zu stehlen, Juwelen und Kunst im Wert von über 100 Millionen zu stehlen.
00:44:22
In der Berichterstattung um diesen Fall wurde übrigens in den meisten Fällen von einem Kunstraub geschrieben.
00:44:28
Das ist aber eigentlich nicht richtig, weil der Tatbestand, wegen dem die Remus und Yassin verurteilt wurden, heißt anders, nämlich besonders schwerer Diebstahl.
00:44:37
Und was den ausmacht, darum geht es jetzt in meinem AHA.
00:44:41
Den Straftatbestand Kunstraub, von dem man halt umgangssprachlich spricht, gibt es nämlich juristisch gar nicht,
00:44:48
weil ein Raub liegt ja nur vor, wenn der Täter oder die Täterin unter Gewaltanwendung oder unter Drohung mit Gewalt einem anderen eine Sache wegnimmt.
00:44:56
Das war ja in meinem Fall gar nicht so.
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Der Diebstahl der Goldmünze war eben genau das, nur in Anführungszeichen ein Diebstahl.
00:45:04
Aber nach § 243 des Strafgesetzbuchs ein besonders schwerer Fall.
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Und der zeichnet sich unter anderem durch Folgendes aus.
00:45:12
Jemand steigt in ein Gebäude ein oder jemand stiehlt einen Gegenstand, der besonders gegen den Diebstahl gesichert ist.
00:45:18
Zum Beispiel durch eine Schutzvorrichtung.
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In meinem Fall war das ja die Glasvitrine, die die zerschlagen hatten.
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Ein besonders schwerer Fall von Diebstahl ist es außerdem, wenn jemand gewerbsmäßig, also regelmäßig und im Sinne einer Einnahmequelle stiehlt.
00:45:33
Oder wenn man aus einer Kirche was klaut, dann ist das auch besonders schlimm.
00:45:37
Genau wie jemand, und jetzt zitiere ich, eine Sache von Bedeutung für Wissenschaft, Kunst oder Geschichte oder für die technische Entwicklung, die sich in einer allgemeinen zugänglichen Sammlung befindet, stiehlt.
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Und genau um solches Liebesgut handelt es sich bei dieser Goldmünze, weil sie ja durch ihren hohen Reinheitsgehalt eine Besonderheit in der technischen Entwicklung des Münzwesens war.
00:46:02
Für so einen besonders schweren Diebstahl kann man zwischen drei Monaten und zehn Jahren in Haft kommen.
00:46:08
Bilal, Tarek und Yassin sind da mit ihren Jugendstrafen, die ja alle unter fünf Jahren lagen, also noch recht gut weggekommen.
00:46:14
Ein besonders schwerer Fall des Diebstahls liegt aber auch dann vor, wenn jemand in einen Elektrofachhandel einsteigt und dort eine teure Kamera klaut.
00:46:22
Weil zum einen ist ja das Einsteigen in ein Gebäude mit Geschicklichkeit und oft auch mit Gewalt verbunden, also wenn es ein Einbruch ist.
00:46:30
Und zum anderen sind dort manche Gegenstände durch besondere Schutzvorrichtungen gesichert, wie zum Beispiel Rasierer.
00:46:36
Aber die Sicherung qualifiziert doch ein Produkt oder ein Objekt nicht zum Objekt des besonders schweren Diebstahls.
00:46:43
Ja, das habe ich mich auch gefragt. Also ob dieser Kameraklau dann vor Gericht wirklich gleich behandelt wird, wie der Diebstahl eines millionenscheren Kunstwerks jetzt zum Beispiel.
00:46:52
Wie der Diebstahl von Rasierklingen.
00:46:54
Oder der Bacida de Kokoflasche.
00:46:58
Die sind nämlich auch in Vitrinen.
00:46:59
Ja, auf jeden Fall habe ich diese Frage an unseren Experten für diese Folge weitergegeben, an René Allange.
00:47:08
Der ist erster Kriminalhauptkommissar beim LKA in Berlin und dort seit langem für Kunstdelikte zuständig.
00:47:14
Den hatte ich übrigens ja schon mal vor zwei Jahren im LKA besucht.
00:47:18
Der hat mir da die ganzen gefälschten Kunstwerke gezeigt.
00:47:22
Das war damals für den Tourfall, den ich gemacht habe, aber dazu später.
00:47:27
René Allange war auch im Fall der Goldmünze an den Ermittlungen beteiligt.
00:47:30
Und er hat mir bestätigt, dass das vor Gericht vom Straftatbestand tatsächlich keinen Unterschied macht,
00:47:36
ob die Beute jetzt nur 1000 Euro oder eine Million Euro wert ist.
00:47:40
Was die Strafe angeht, aber schon.
00:47:43
Denn bei Taten wie der Goldmünze oder auch beim grünen Gewölbe in Dresden jetzt steckt eine enorme Tatvorbereitung dahinter,
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die halt mit einer viel höheren kriminellen Energie einhergeht,
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als wenn ich jetzt diese Kamera im Kaufhaus mitgehen lasse.
00:47:58
Und deshalb fällt die Strafe in solchen Prozessen dann in der Regel schon viel höher aus, sagt René Allange.
00:48:04
Viel einfacher, sich Kunst zu beschaffen, als irgendwo anzusteigen oder Vitrinen zu zerschlagen,
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ist das natürlich, wenn man sich im öffentlichen Raum bedient.
00:48:13
Weißt du, woran ich gerade denken muss?
00:48:15
Haben wir irgendwas geklaut?
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Ich eigentlich auch nicht.
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Es gab ja mal diese Situation, lang, lang ist es her.
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Da war ich auf einer Veranstaltung bei einer Person des öffentlichen Lebens.
00:48:30
Es ist quasi schon verjährt, so lang ist es her, mein Paulina.
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Und eine andere Person des öffentlichen Lebens und ich,
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wir haben uns da in ein Kunstwerk, in eine Skulptur verliebt.
00:48:43
Und möglicherweise.
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Paulina meint nicht das Baby, das Jesus-Baby.
00:48:50
Nee, ich meine nicht das Weihnachtsmarkt-Jesus-Baby.
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Das hast du, das hast du ja.
00:48:54
Da standst du ja im Verdacht, das an Wende zu haben,
00:48:56
bis es in einem geschmacklosen Strampler bei der Bild-Zeitung wieder aufgetaucht ist.
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Also ich habe mich aber, wenn überhaupt, dann nur der Anstiftung strafbar gemacht.
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Ich möchte jetzt nicht weiter ausführen, was an diesem Abend alles passiert ist mit der Skulptur
00:49:11
und vor allem, wo diese Skulptur an dem Abend noch war.
00:49:15
Vielleicht war es ein Casino, vielleicht war es ein Stripclub, vielleicht war es ein Schwimmbad,
00:49:19
vielleicht war es auch alles zusammen.
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Naja, auf jeden Fall wurde die Skulptur dann irgendwann zurückgegeben.
00:49:25
Das ist die Hauptsache.
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Die Skulptur ist wieder da, wo sie hin soll.
00:49:30
Allerdings kam sie ein paar Wochen später erst an, nachdem das dann aufgefallen war,
00:49:34
dass sie weg ist und rumgefragt wurde, wer die eigentlich gestohlen hat.
00:49:38
Nee, bei welcher Gruppe die Skulptur zuletzt gesehen wurde.
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Und das war natürlich super unangenehm.
00:49:44
Vor allem für die andere Person.
00:49:45
Und es hätte vor allem einen richtig witzigen Bildartikel nach sich gezogen.
00:49:50
Was ich aber eigentlich meinte mit Skulpturenklau im öffentlichen Raum, sind eher so Parkangangsskulpturen und so.
00:49:58
Wobei man da, wenn man die zu Hause haben will, braucht man natürlich eine große Bude dafür.
00:50:02
Wobei, wenn ich jetzt so drüber nachdenke, ich hätte eigentlich doch ganz gerne diese Skulptur
00:50:06
vor Mittelstreifen da bei der Townsendstraße in meiner Wohnung.
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Weißt du, diese, die so ineinander geschlungen ist.
00:50:14
Die früher bei GZSZ in diesen Zwischenbildern auch immer geschnitten wurde.
00:50:18
Aber die ist doch auch riesig.
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Ja, die ist sehr riesig.
00:50:21
Die passt natürlich nicht in meine Wohnung, aber hätte ich gerne.
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Das ist ein bisschen so wie damals diese Baustellenschilder mit nach Hause nehmen.
00:50:28
Nur in schön dann.
00:50:30
Haben das andere Leute auch gemacht?
00:50:32
Also ich nicht, aber mein Bruder hatte das natürlich in seinem Zimmer auch.
00:50:36
Ja, das ist halt nur nicht sonderlich wertvoll.
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Also diese Skulptur da bei der Townsendstraße, die ist halt aus Stahl und Chrom.
00:50:44
Ist jetzt auch nicht das wertvollste Material.
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Was aber interessant ist, je nachdem, wie der Materialpreis von Bronze oder Kupfer gerade ist,
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werden dann auch solche Skulpturen häufiger gestohlen.
00:50:54
Allonge sagt, dass solche Diebstähle selten aufgedeckt werden.
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Trotzdem bitte auf gar keinen Fall machen.
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Die Scham ist immer noch grenzenlos, mit der ich heute noch leben muss.
00:51:04
Weil diese Kunstwerke eben schnell ins Ausland gebracht werden und die dann halt da zerkleinert werden und verkauft werden.
00:51:10
Ja, anders ist es bei diesem Bengtsi-Kunstwerk, das in der Ukraine gestohlen wurde.
00:51:15
Also Bengtsi ist ein Graffiti-Künstler.
00:51:18
Dessen Kunstwerke zur Ehrung auf billigen Feuerzeugen gedruckt werden.
00:51:22
Ja, der hat nach dem Beginn des Angriffskriegs insgesamt sieben Bilder an die Hauswände eines zerbombten Vororts von Kiew gesprayt,
00:51:31
um eben auf die Situation in der Ukraine aufmerksam zu machen.
00:51:34
Unter anderem hatte er das Bild einer Frau mit Gasmaske und Feuerlöscher an die Wand eines abgebrannten Hauses gesprüht.
00:51:42
Und genau dieses Graffiti hat eine Gruppe aus acht Männern einfach aus der entsprechenden Hauswand rausgeschnitten.
00:51:49
Mutmaßlich eben natürlich, um das Kunstwerk weiter zu verkaufen.
00:51:53
Ja, und das ist bei einem Bengtsi schon mal passiert.
00:51:55
Der hatte auch mal in Nottingham ungefragt Hauswände besprüht und die Hausbesitzer haben das dann auch von den Hauswänden abgetragen.
00:52:01
Das durften die aber auch, weil denen das ja gehört hat.
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Ich stelle mir jetzt gerade so unseren Hausmeister hier vor.
00:52:06
Der würde gegen die Schmiererei vermutlich sofort mit einem Hochdruckreiniger und Graffiti-Entferner vorgehen.
00:52:12
Naja, auf jeden Fall hat einer der Hausbesitzer von Nottingham laut WDR-Bericht seinen Bengtsi für eine sechsstellige Summe an eine Galerie verkauft.
00:52:20
Und ein anderer Mann soll von einem privaten Kunstsammler rund zwei Millionen Pfund bekommen haben.
00:52:25
In der Ukraine wurden die Männer, die das Star von der Wand genommen haben, übrigens festgenommen.
00:52:30
Dem Kopf der Gruppe drohen deshalb nach Informationen der Deutschen Welle bis zu zwölf Jahren Haft.
00:52:35
Pengstis Kunstwerk wurde zum Glück sichergestellt und lagert jetzt bei der Polizei in Kiew, wo niemand es anschauen kann.
00:52:43
In dem Fall, von dem ich gleich erzähle, geht es um Bilder, die einem Mann nicht aus dem Kopf gehen und für die er bereit ist, ein großes Risiko einzugehen.
00:52:51
Einige Namen habe ich geändert.
00:52:53
13. Dezember 1979.
00:52:57
Weihnachten steht vor der Tür.
00:52:59
Doch von kuscheliger Winterstimmung ist an diesem Nachmittag in Gotha nicht viel zu spüren.
00:53:03
Es ist ungemütlich kalt in dem DDR-Städtchen, das nur eine halbe Stunde von der deutsch-deutschen Grenze entfernt liegt.
00:53:10
Der Wind fegt an diesem Donnerstag durch die verwinkelten Gassen der Altstadt und rüttelt an den Türen der etwa 60.000 EinwohnerInnen.
00:53:18
Regen trommelt auch gegen die Fenster von Schloss Friedenstein, das sich auf einem Hügel über die ganze Stadt erhebt.
00:53:24
Das Residenzschloss ist der ganze Stolz des Ortes, denn es beherbergt eine der größten Schatzkammern der DDR.
00:53:31
Das herzogliche Museum im zweiten Stockwerk, in dem wertvolle Gemälde eingefasst in goldene Rahmen, an den Wänden hängen.
00:53:38
Doch für heute empfängt das Museum keine BesucherInnen mehr.
00:53:41
Um 17 Uhr werden die Türen geschlossen und das Licht gelöscht.
00:53:45
So werden die kostbaren Gemälde nach und nach in eine samtige Dunkelheit gehüllt.
00:53:50
Und dann, ohne dass es jemand bemerkt, verschwinden sie ganz.
00:53:54
Kurz vor sieben Uhr am nächsten Morgen.
00:53:57
Der stellvertretende Museumsdirektor macht seinen täglichen Kontrollgang durch die prunkvollen Ausstellungsräume.
00:54:03
Seine letzte Station ist die Galerie der niederländischen Meister im Westflügel des Schlosses.
00:54:08
Doch als er die Türen öffnet und das Licht anschaltet, stockt ihm der Atem.
00:54:12
Ein Fenster ist aufgebrochen und da, wo gestern noch Bilder hingen, ist nun nichts mehr.
00:54:17
Fünf Meisterwerke aus dem 17. und 16. Jahrhundert wurden gestohlen.
00:54:22
Darunter die heilige Katharina.
00:54:24
Ein Gemälde des deutschen Künstlers Hans Holbein dem Älteren.
00:54:28
Und ein Bild namens Landstraße mit Bauernwagen und Kühen.
00:54:32
Das klingt schön.
00:54:33
Ich finde es super, dass wir uns immer so Gedanken über unsere Folgentitel machen und so.
00:54:40
Wo man es einfach nennen könnte Episode mit Toten.
00:54:43
Oder diese Episode ohne Tote.
00:54:47
Also das Bild heißt Landstraße mit Bauernwagen und Kühen.
00:54:51
Aus der Werkstatt des flämischen Malers Jan Brügel, dem Älteren.
00:54:56
Schon dreimal hatten Unbekannte versucht, es zu stehlen.
00:54:58
Alle Versuche scheiterten.
00:55:01
Der Gesamtwert der fünf fehlenden Werke beträgt rund 5 Millionen Ostmark.
00:55:05
Sofort informiert der stellvertretende Museumsdirektor die Volkspolizei, die eine Eilfahndung auslöst.
00:55:12
Wie ein Lauffeuer verbreitet sich die Nachricht über den Diebstahl in der ganzen Stadt.
00:55:16
Denn er ist nicht nur eine Tragödie fürs Museum, sondern auch ein Skandal für die DDR.
00:55:21
Kriminalität passt nämlich so gar nicht in das Bild vom friedlichen, sozialistischen Menschen, das die Regierung zeichnet.
00:55:28
Den Kindern, die hier geboren werden, wird schon von früh auf eingebläut,
00:55:32
dass der negative Einfluss des Kapitalismus und soziale Ungleichheit Schuld an Kriminalität seien.
00:55:37
Und beides gibt es in der DDR nicht.
00:55:40
Zumindest nicht offiziell.
00:55:43
Verbrechen werden vom Medienapparat des sozialistischen Staates in der Regel verharmlost oder ganz verschwiegen.
00:55:48
Dass hier plötzlich fünf Kunstwerke von den Wänden eines renommierten Museums verschwinden,
00:55:54
ist für viele BürgerInnen unvorstellbar.
00:55:56
Auch für Knut Kreuch.
00:55:59
Der Junge ist gerade 13 geworden und wohnt in Wechmar, direkt neben Gotha, wo er auf die Oberschule geht.
00:56:05
Auf seinem Schulfoto lächelt er pausbäckig in die Kamera.
00:56:08
Er trägt ein kariertes Hemd, das dunkle Haar ist gerade so lang,
00:56:12
dass es über die Ohren reicht.
00:56:13
Knut ist in der Schule engagiert und stolz darauf, in der DDR zu leben.
00:56:17
Für ihn bedeuten die mit Stacheldraht gesicherten Mauern, die ihre Grenze festmachen, vor allem Sicherheit.
00:56:22
Deshalb erschüttert ihn der Einbruch, der jetzt im Nachbarort passiert ist.
00:56:26
Tagelang sprechen alle um ihn herum darüber.
00:56:29
Von den LehrerInnen in der Schule bis zu seinen Eltern abends am Esstisch.
00:56:33
Knut hört aufmerksam zu.
00:56:36
Dass ihn der Diebstahl in der Dezembernacht 1979 sein Leben lang begleiten wird, kann er da noch nicht wissen.
00:56:41
Im und um das Schloss herum werden derweil Spuren gesichert.
00:56:46
Bald darauf steht fest, der oder die TäterInnen müssen an der Außenwand über das Regenrohr in den zweiten Stock gelangt sein.
00:56:53
Nur wie klettert man eine Regenrinne nach oben?
00:56:56
Die Antwort findet die Polizei im weitläufigen Schlosspark hinter dem Museum.
00:57:00
Im Gras liegen zwei selbstgebaute metallene Steigeisen, mit deren Hilfe man seine Füße in die Verankerung der Regenrinne einhaken und hinaufsteigen kann.
00:57:09
Einen weiteren Hinweis finden die ErmittlerInnen im Museum.
00:57:12
Dort hat die Klimaanlage registriert, dass gegen 2.30 Uhr in der Tatnacht kalte Winterluft von außen nach innen strömte.
00:57:19
Um die Zeit müssen die EinbrecherInnen, die Polizei geht davon aus, dass es mehrere waren, ins Gebäude eingestiegen sein.
00:57:25
Sie haben ein Fenster aufgebrochen und gezielt die fünf wertvollsten Stücke von den Wänden genommen.
00:57:31
Dann sind sie mit der Hilfe eines Seils wieder über das Fenster geflüchtet und in der Dunkelheit der Nacht verschwunden.
00:57:38
Nur wenige Teile eines Bilderrahmens und einen Schuhabdruck in der Größe 42 bleiben an der Einbruchstelle zurück.
00:57:44
Die TäterInnen selbst sind mit ihrer Beute jetzt mehr als fünf Stunden nach der Tat natürlich schon über alle Berge.
00:57:50
Wie konnte das passieren, fragt sich die Polizei.
00:57:54
Wieso wurde kein Alarm ausgelöst, als die DiebInnen übers Fenster eingestiegen sind?
00:57:59
Die Antwort ist so simpel wie empörend.
00:58:02
Erst vor drei Tagen wurde eine neue Alarmanlage in den Räumen des Herzoglichen Museums installiert.
00:58:07
Sie war zwar funktionsfähig, wurde aber noch nicht scharf gestellt, gibt die Museumsleitung zu Protokoll.
00:58:13
Die wertvollen Gemälde waren also zur Tatzeit leichte Beute, was die ErmittlerInnen mit zwei Fragen zurücklässt.
00:58:19
Wussten die TäterInnen davon?
00:58:21
Und war vielleicht jemand vom Museum selbst beteiligt?
00:58:26
Um das zu prüfen, muss sich das gesamte Schlosspersonal einer Befragung unterziehen.
00:58:30
Doch die Auswertung ist ernüchternd.
00:58:32
Niemand scheint ein Motiv zu haben.
00:58:34
Niemand wirkt verdächtig.
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Die ErmittlerInnen wollen auch wissen, ob sich jemand vielleicht an MuseumsbesucherInnen erinnert,
00:58:40
die die Ausstellung auffallend häufig besucht haben.
00:58:43
So werden einige Phantombilder von potenziellen Tatverdächtigen angefertigt.
00:58:47
Doch die Fahndungen bringen keine Erkenntnisse.
00:58:50
Deshalb schaltet sich nun auch die Staatssicherheit der DDR ein.
00:58:54
Unter dem Decknamen Alte Meister wird eine Untersuchung, ein sogenannter operativer Vorgang, eingeleitet.
00:59:01
Und für die Stasi-Mitarbeitenden scheint fast jeder verdächtig.
00:59:04
KunsthändlerInnen, MuseumsbesucherInnen und aufbrausende Jugendliche werden observiert und Betriebe durchsucht.
00:59:10
Innerhalb von kurzer Zeit befragen sie mehr als 1.000 BürgerInnen aus Gotha.
00:59:14
Nur in einem Punkt ähnen sich deren Aussagen.
00:59:17
Viele Befragte berichten, dass sie in der Tatnacht einen blauen P70 am Fuße des Schlossbergs gesehen haben.
00:59:24
Ein Vorläufermodell des Trabi, von dem es zu diesem Zeitpunkt nur etwa 6.000 Stück in der DDR gibt.
00:59:30
Vielleicht können die Ermittelnden von dem Auto auf die TäterInnen schließen, hoffen sie.
00:59:34
Doch auch diese Spur verläuft im Sande.
00:59:37
Je länger die Ermittlungen andauern, desto mehr vermuten die Polizei und die Stasi,
00:59:42
dass die Bilder schon längst nicht mehr in der DDR sind, sondern in den Westen überführt wurden.
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Denn von dort stammt der Stahl, mit dem die Steigeisen der TäterInnen gebaut wurden.
00:59:51
Und, unweit vom Schlosspark in Gotha entfernt, liegt ein Schlachthof,
00:59:56
der regelmäßig Schlachtvieh über die deutsch-deutsche Grenze nach Bayern bringt.
01:00:00
So auch am Morgen nach der Tat.
01:00:01
Was, wenn die wertvollen Gemälde zwischen den Schweinen in den Westen geschmuggelt wurden?
01:00:06
Bild mit Schweinen.
01:00:11
Ja, ich hänge jetzt irgendwie dieser Idee des trojanischen Pferdes nach.
01:00:16
Aber im Sinne von Menschen in Blauwahlbäuchen oder Bilder in Schweinekörpern.
01:00:21
Ach so, in den Schweinen.
01:00:23
Nein, das ist, was mein Kopf gemacht hat.
01:00:26
Aber man weiß es nicht.
01:00:28
Man weiß es einfach nicht.
01:00:29
Es könnte auch sein.
01:00:32
Also was, wenn die wertvollen Gemälde zwischen den Schweinen oder in den Schweinen in den Westen geschmuggelt wurden?
01:00:39
Dann werden den Ermittelnden die Hände gebunden.
01:00:41
Denn hinter der Grenze, die sich 1979 einmal längst durch Deutschland zieht, können sie keine Untersuchung anstellen.
01:00:49
Die Fronten zwischen der DDR und der BRD sind angespannt.
01:00:51
So bleibt die Suche nach den berühmten Werken und denen, die sie gestohlen haben, erfolglos.
01:00:56
1985, sechs Jahre nach dem Diebstahl, werden die Akten geschlossen.
01:01:02
Da schließt Knut, der inzwischen 19 geworden ist, gerade seine Lehre zum Fahrzeugschlosser ab.
01:01:07
Die Gemälde haben er und viele andere BürgerInnen in Gotha längst vergessen.
01:01:11
Stattdessen sind die politischen Unruhen, die sich in der DDR breit machen, in aller Munde.
01:01:16
Die BürgerInnen gehen auf die Straßen, um ihrer Unzufriedenheit mit der Regierung Luft zu machen.
01:01:21
Knut, der da gerade im Kulturbund der DDR arbeitet, kann nur zuschauen,
01:01:25
wie der Staat, der für ihn einst Sicherheit und Geborgenheit bedeutet hat, langsam zerfällt.
01:01:30
Bis die Berliner Mauer im November 1989 wortwörtlich fällt.
01:01:34
Nach der Wiedervereinigung sucht Knut, wie viele andere Anfang-20-Jährige, seinen Platz in der Welt.
01:01:40
Und er findet ihn an einem Schreibtisch in der Stadt, für die sein Herz schon immer geschlagen hat.
01:01:45
In der Stadtverwaltung in Gotha.
01:01:47
Hier engagiert er sich jahrelang und wird schließlich im Jahr 2006 Oberbürgermeister.
01:01:52
Ein Job, den er mit Leib und Seele macht.
01:01:54
Dabei hat er sich stets das offene, freundliche Lächeln bewahrt, das er schon auf seinem Schulfoto verewigt hat.
01:02:00
Doch zwischen den dichten Augenbrauen liegt heute ein entschlossener Blick.
01:02:05
Denn neben dem Alltagsgeschäft, dem sich der Bürgermeister von Gotha verschrieben hat,
01:02:08
hat sich Knut ein weiteres Ziel gesetzt.
01:02:11
Er will den Gotha Schatz heimholen.
01:02:13
Die Bilder, die vor inzwischen 27 Jahren verschwunden sind.
01:02:18
Also stattet Knut nach seinem Amtsantritt eine große Medienkampagne und bringt den ungelösten Kunstdiebstahl der DDR auf die Bildfläche zurück.
01:02:26
In Presse und Fernsehen wird berichtet.
01:02:29
Nur die neuen Erkenntnisse bleiben aus.
01:02:31
Bis im Juni 2018, weitere neun Jahre später, das Telefon im Gothaer-Rathaus klingelt.
01:02:38
Am anderen Ende ist ein Anwalt, der ein Treffen mit Knut vereinbaren will.
01:02:43
Ohne so recht zu wissen, was der Mann von ihm will, sagt Knut zu.
01:02:46
Zwei Wochen später sitzen sie sich in Knuts Büro gegenüber
01:02:49
und der Anwalt verlangt vom Oberbürgermeister eine Verschwiegenheitserklärung zu unterzeichnen.
01:02:54
Knut tut, was der Mann sagt.
01:02:56
Dann reicht ihm der Anwalt fünf Kuverts.
01:02:59
Da ist etwas drin, das sie vielleicht interessiert, sagt er und soll recht behalten.
01:03:05
Nach und nach zieht Knut fünf Farbfotografien hervor, auf denen je eines der verschollenen Gemälde abgebildet ist.
01:03:11
Allein die Tatsache, dass es sich um Farbfotos handelt, belegt, dass die Bilder nach dem Diebstahl entstanden sein müssen.
01:03:17
Denn bisher existierten nur Schwarz-Weiß-Aufnahmen.
01:03:20
Knut kann nicht glauben, was er da sieht.
01:03:22
Weiß der Mann vor ihm etwa, wo die Gemälde sind?
01:03:26
Doch der Anwalt hält sich bedeckt.
01:03:28
Er erzählt, dass seine Auftraggeber eine Gemeinschaft von mehreren Erbinnen aus Westdeutschland sind,
01:03:33
deren Eltern auf Umwegen an die Bilder gekommen seien.
01:03:36
Die Erbinnen sind nun bereit, sie der Stadt Gotha zurückzugeben, aber nur gegen einen hohen Preis.
01:03:41
Nämlich mehr als fünf Millionen Euro.
01:03:43
Das bringt Knut in Bedrängnis.
01:03:46
Denn die Stadt Gotha hat keine fünf Millionen Euro
01:03:49
und schon gar nicht für Erbinnen, die ihm offensichtlich Liebesgut verkaufen wollen.
01:03:53
Wollte ich gerade sagen.
01:03:55
Allein der Versuch grenzt schon an eine Erpressung.
01:03:58
Würde Knut darauf eingehen, würde er sich strafbar machen.
01:04:01
Auf der anderen Seite will Knut die Gemälde unbedingt zurückholen.
01:04:05
Und er war ihnen nie näher als jetzt.
01:04:07
Also willigt er schließlich in den Deal ein.
01:04:10
Fünf Millionen Euro für die fünf verschollenen Bilder.
01:04:13
Aber nur unter zwei Bedingungen, die er dem Anwalt mit auf den Weg gibt.
01:04:16
Zum einen verlangt Knut weitere Informationen zur Herkunft der Bilder.
01:04:20
Und zum anderen will er die Werke zuerst auf ihre Echtheit prüfen lassen, bevor er zahlt.
01:04:25
So sagt er es jedenfalls seinem Gegenüber.
01:04:27
In Wahrheit hat Knut nicht vor, auch nur einen Cent zu zahlen.
01:04:31
Deshalb holt er sich nach dem Treffen zwei ExpertInnen mit ins Boot.
01:04:35
Oder ins Gotha-Team, wie er es nennt.
01:04:38
Zuerst kontaktiert er den Generalsekretär einer Berliner Kunststiftung.
01:04:42
Er könnte die Bilder einerseits auf Echtheit prüfen, wenn sie denn wieder auftauchen.
01:04:46
Außerdem sagt ihm der Generalsekretär auch zu, dass die Stiftung bereit wäre, die fünf Millionen Euro zu zahlen, wenn es sich um die echten Kunstwerke handele.
01:04:54
Um das rechtlich sauber abzuwickeln, wenden sich die Männer an eine erfahrene Berliner Kunstanwältin,
01:05:00
die nun ebenfalls dabei helfen soll, die Kunstwerke zurück nach Gotha an die Wände des Schloss Friedenstein zu bringen.
01:05:06
Doch bevor Knut weitere Schritte einleitet, ist die Gegenseite am Zug.
01:05:10
Es dauert Monate, bis deren Anwalt dem Oberbürgermeister ein Dokument vorlegt, das die Herkunft der Gemälde erklären soll.
01:05:17
Die Erbinnen behaupten, dass ihre Eltern zwar von der problematischen Herkunft der Bilder, also vom Diebstahl aus Gotha, wussten,
01:05:24
sie hätten aber mit dem Kauf der Bilder gleichzeitig den Freikauf einer DDR-Flüchtlingsfamilie finanziert.
01:05:30
Also eine schlechte Tat mit einer guten, wieder ausgewogen sozusagen.
01:05:35
Mehr Informationen hat der Anwalt nicht im Gepäck.
01:05:38
Keine Beweise für die abenteuerliche Geschichte.
01:05:41
Und auch keine Hinweise darauf, wer die Bilder vor 40 Jahren aus dem Schloss Friedenstein in Gotha gestohlen hat.
01:05:47
Die neuen Erkenntnisse sind für Knut ernüchternd und wenig glaubhaft.
01:05:51
Aber er gibt nicht auf.
01:05:53
Denn die zweite, für Knut viel wichtigere Bedingung steht noch aus.
01:05:57
Die anonymen ErbInnen müssen die Bilder zur Überprüfung auf ihre Echtheit herausrücken.
01:06:02
Schließlich ist abgemacht, dass erst gezahlt wird, wenn die Bilder von ExpertInnen verifiziert wurden.
01:06:08
Und genau das ist Knuts Plan, um die Gegenseite aus der Reserve zu locken.
01:06:12
Er will eine Übergabe im renommierten Radgenlabor in Berlin organisieren,
01:06:17
wo die Bilder untersucht werden sollen.
01:06:19
Wenn die ErbInnen die Bilder dort einmal hergegeben haben,
01:06:21
dann wird er sie nach Gotha zurückholen, ohne je Geld zu zahlen.
01:06:25
Knut macht sich also daran, gemeinsam mit dem Anwalt der ErbInnen einen Übergabetermin zu finden.
01:06:31
Der Tag, an dem sich herausstellen wird, ob ihr Plan aufgeht.
01:06:35
Er kann nicht ahnen, dass im rund 300 Kilometer entfernten Berlin
01:06:38
jemand den Termin mindestens genauso entgegenfiebert.
01:06:41
Ein alter Bekannter.
01:06:43
Es ist René Allonge.
01:06:45
Der macht überall mit.
01:06:47
Ich muss ihn also jetzt nicht nochmal vorstellen, aber
01:06:50
er ist Kriminalhauptkommissar am Landeskriminalamt Berlin
01:06:53
und leitet die Abteilung für Kunstverbrechen.
01:06:55
Das Radgenlabor, das die Bilder untersuchen und wo die Übergabe stattfinden soll,
01:07:00
hat ihn mit ins Boot geholt.
01:07:02
Denn während Knut die Übergabe allein, wie von der Gegenseite verlangt, ohne Polizei klären will,
01:07:07
ist dem Labor die Sache zu heikel.
01:07:09
Sie werden keine Kunst aus den Händen von potenziellen DiebInnen entgegennehmen,
01:07:12
schon gar nicht ohne polizeiliche Begleitung.
01:07:16
Also hat das Labor die Berliner Polizei informiert
01:07:18
und so ist der Fall auf dem Tisch von René gelandet.
01:07:21
Der 46-Jährige ist eine Koryphäe auf seinem Gebiet und selbst erfahrener Kunstsammler.
01:07:26
Als er von der geplanten Übergabe erfährt,
01:07:29
die inzwischen auf einen Tag im September 2019 angesetzt wurde,
01:07:33
trifft er entsprechende Vorbereitungen.
01:07:35
Ein verdeckter Ermittler soll bei der Übergabe dabei sein und Informationen sammeln.
01:07:39
Denn während Knut nur daran denken kann, die Gotha-Bilder in den Händen zu halten,
01:07:44
verfolgt René ein größeres Ziel.
01:07:46
Er will den spektakulärsten Kunstdiebstahl der DDR endlich aufklären.
01:07:50
Aber René weiß auch, dass eine zusätzliche Person auffallen wird
01:07:54
in einem Raum voller Menschen, die aktiv an den Verhandlungen beteiligt sind.
01:07:58
Also wird eine neue Identität für den verdeckten Ermittler erfunden.
01:08:02
Er soll als vermeintlicher Chef der Kunststiftung darüber entscheiden,
01:08:05
ob das Geld übergeben wird.
01:08:07
Jetzt heißt es nur noch abwarten.
01:08:09
Warten auf diesen 30. September 2019.
01:08:14
Ein Montag, an dem sich plötzlich alle Parteien,
01:08:17
die so lange miteinander gefeilscht haben, gegenüberstehen.
01:08:20
Die Situation ist angespannt und Knut ist nervös,
01:08:23
als er den Raum im dritten Stock des Radkin-Labors in Berlin betritt.
01:08:27
Mit ihm ist das Gotha-Team,
01:08:29
bestehend aus dem Generalsekretär der eingeschalteten Kunststiftung
01:08:32
und der Anwältin im Raum,
01:08:34
sowie zwei Mitarbeiter der Stiftung und des Labors,
01:08:36
die Knut heute zum ersten Mal sieht.
01:08:38
Dann stößt der Anwalt der Gegenseite dazu.
01:08:41
Damit sind alle wichtigen Menschen für die Verhandlung da.
01:08:45
Nur von den fünfen, um die es eigentlich geht, fehlt jede Spur.
01:08:49
Die fünf verschollenen Bilder.
01:08:51
Knut soll erst die Zahlungsvereinbarung unterschreiben,
01:08:54
fordert der Anwalt.
01:08:55
Dann werde ein Lieferant die Gemälde bringen.
01:08:57
Also setzt Knut seine Unterschrift unter die Vereinbarung.
01:09:01
Und tatsächlich.
01:09:02
Wenig später fährt ein weißer Transporter in den Innenhof des Labors.
01:09:06
Knut kann ihn vom Fenster aus beobachten.
01:09:09
Ein junger Mann steigt aus.
01:09:11
Er sieht nett aus, unscheinbar.
01:09:13
Doch er blickt immer wieder nervös um sich.
01:09:15
Erst als ihm der Anwalt entgegenkommt,
01:09:19
öffnet der Unbekannte die Ladefläche des Transporters
01:09:21
und holt fünf in Noppenfolie gewickelte Pakete heraus.
01:09:25
Gemeinsam bringen die Männer sie nach oben in den dritten Stock
01:09:28
und breiten sie vor Knut auf dem Tisch aus.
01:09:30
Dann nehmen sie die Schutzfolie ab
01:09:33
und mit jedem Zentimeter, der für Knut sichtbar wird,
01:09:35
werden ihm die Knie weicher.
01:09:37
Denn darunter kommen tatsächlich die verschollenen Gemälde zum Vorschein,
01:09:42
die er aus seiner Kindheit kennt
01:09:43
und die seither nie wieder jemand aus Gotha gesehen hat.
01:09:46
40 Jahre lang. Bis jetzt.
01:09:49
Das fachkundige Urteil der Kunstexpertinnen
01:09:52
um ihn herum lässt sein Herz noch höher schlagen.
01:09:54
Auf den ersten Blick halten sie die Bilder für echt.
01:09:58
Und damit sollen sie Recht behalten.
01:10:00
Umfangreiche Untersuchungen bestätigen später,
01:10:02
dass es sich um die Originale handelt.
01:10:04
Beinahe könnte der Oberbürgermeister ein Tränchen vergießen.
01:10:08
Es hat tatsächlich geklappt.
01:10:10
Alle fünf Bilder sind wieder da, wo sie hingehören.
01:10:13
In den Händen der Stadt Gotha.
01:10:15
Wie sie hierher gekommen sind, ist für Knut erst mal zweitrangig.
01:10:19
Die Polizei, die mehrere Observationskräfte rund um das Labor positioniert hat, sieht das anders.
01:10:25
Denn Kommissar René hat über Funk alles mitgehört,
01:10:28
was bisher scheinbar vertraulich bei der Übergabe besprochen wurde.
01:10:31
Am Körper des verdeckten Ermittlers, der sich als Chef der Stiftung tant,
01:10:36
ist ein Mikrofon angebracht, das René abhört.
01:10:38
Und jetzt, wo die millionenschweren Kunstwerke auf dem Tisch liegen,
01:10:42
versucht der Polizist, ohne seine Tarnung aufzugeben,
01:10:44
mit dem Unbekannten, der die Bilder hergebracht hat, ins Gespräch zu kommen.
01:10:48
Er will ihm endlich Antworten entlocken.
01:10:50
Zum Beispiel auf die Frage, wer er ist und woher er die Gemälde hat.
01:10:55
Es dauert nicht lang, da gibt der Mann zu, selbst Teil der Erbinnengemeinschaft zu sein,
01:11:00
die den Anwalt engagiert hat.
01:11:01
Insgesamt seien sie vier Geschwister.
01:11:04
Die Bilder habe sein Vater von einem Freund gekauft,
01:11:07
der mit dem Geld wiederum seinen inhaftierten Sohn aus der DDR freikaufen wollte, erzählt der Mann.
01:11:12
Mehr ist nicht aus ihm herauszubekommen.
01:11:15
Aus der Entfernung hört René Allonge alles mit.
01:11:18
Er könnte den Erben auf der Stelle festnehmen lassen.
01:11:20
Doch der Ermittler entscheidet sich dagegen.
01:11:23
Zum einen ist die Beweislage gegen den Mann zu dünn,
01:11:26
zum anderen will er die Tarnung seines Ermittlers noch nicht aufgeben.
01:11:30
Also verlässt der Unbekannte unbehelligt das Labor.
01:11:33
Aber die ErmittlerInnen notieren sich das Kennzeichen seines Transporters,
01:11:38
um seine Geschichte zu überprüfen.
01:11:39
Während René und sein Team der Sache in den kommenden Wochen nachgehen,
01:11:43
laufen die Verhandlungen zwischen Knut und dem Anwalt der ErbInnen weiter.
01:11:46
Denn jetzt, wo die Gemälde zurück im rechtmäßigen Besitz der Stadt Gotha sind,
01:11:50
hat sich seine Verhandlungsposition deutlich verbessert.
01:11:53
Knut und seine Verbündeten machen klar, dass der Deal sowieso nie wirksam war,
01:11:58
weil die ErbInnen ja wussten, dass es sich um Liebesgut handelt.
01:12:01
Sie waren also nie rechtmäßige BesitzerInnen der Bilder
01:12:04
und hätten so auch nie Geld dafür verlangen dürfen.
01:12:08
Doch die ErbInnen zeigen wenig Einsicht.
01:12:10
Zumindest so lange, bis ihnen klar wird, dass die Polizei bereits in ihre Richtung ermittelt.
01:12:14
Denn René und sein Team kennen da bereits den Namen des Mannes,
01:12:18
der die Bilder zur Überprüfung abgeliefert hat.
01:12:21
Er heißt Tobias Schwertheim und arbeitet als Arzt in Norddeutschland.
01:12:25
Über ihn kommt die Polizei auch auf seine Geschwister.
01:12:28
Und schon im Dezember, zwei Monate nach der Übergabe der Bilder,
01:12:31
werden alle vier ErbInnen polizeilich befragt.
01:12:33
Das lockert die verhärteten Verhandlungen, die Knut mit ihnen führt.
01:12:37
Denn jetzt, wo die Polizei im Spiel ist, erkennen die ErbInnen den Ernst der Lage.
01:12:42
Noch dazu wird der Fall in der Presse aufgerollt und mit ihm auch die juristischen Hintergründe.
01:12:48
Das scheint die Geschwister so sehr unter Druck zu setzen, dass sie schließlich einknicken.
01:12:52
Sie erheben keine weiteren Ansprüche an Knut oder die Stadt Gotha.
01:12:55
Es wird keinen Geldfluss mehr geben.
01:12:57
Dafür werden aber kurzzeitig Ermittlungen wegen des Verdachts auf Erpressung
01:13:02
gegen Tobias und den Anwalt der Geschwister eingeleitet,
01:13:05
die schließlich mangels Beweisen eingestellt werden.
01:13:08
Renés Ermittlungen zum Kunstdiebstahl in Gotha sind hingegen noch lange nicht abgeschlossen.
01:13:13
Im Gegenteil, er taucht immer tiefer in die Geschichte der Familie Schwertheim ein
01:13:17
und reist zurück in die BRD in die Jahre 1986 und 87.
01:13:22
Marie Schwertheim, die Schwester von Tobias und eine der vier ErbInnen,
01:13:27
kann sich noch gut an diese Zeit erinnern.
01:13:29
Familie Schwertheim wohnte damals in einem bescheidenen Rheinhaus in Ingelheim am Rhein.
01:13:35
Marie war selbst noch ein kleines Mädchen, als es an der Tür klingelte.
01:13:38
Sie öffnete und vor dem Haus stand ein alter Bekannter der Familie.
01:13:42
Sie ließ ihn ins Haus und er sprach mit ihrem Vater.
01:13:45
Was genau besprochen wurde, weiß sie nicht.
01:13:47
Fotografien aus den Familienalben der Schwertheims, die sich René ansieht,
01:13:51
beweisen aber, dass wenig später die gestohlenen Bilder aus Gotha die Wohnzimmerwände der Schwertheims zierten.
01:13:56
Spätestens 2009, als Knut seine Medienkampagne in dem Fall gestartet hat,
01:14:01
muss die Familie gewusst haben, dass es sich um das Gotha-Diebesgut handelt.
01:14:05
Da ist sich René sicher.
01:14:08
Tobias, Maries Bruder, war letztlich derjenige, der sie zu Geld machen wollte, sagt Marie.
01:14:13
Er kontaktierte den Anwalt, der schließlich an Knut herantrat.
01:14:17
Wer war dieser Freund des Vaters, dem Marie als Kind die Tür geöffnet hat, fragt sich René.
01:14:22
Und Marie hat tatsächlich einen Namen für ihn.
01:14:25
Armin Bernhardt.
01:14:26
Armin war von drüben, findet René heraus und hat als Lokführer gearbeitet.
01:14:32
Er war gerade mal 40 Minuten mit dem Auto von Gotha entfernt.
01:14:35
Er war Einzelgänger und unzufrieden mit den politischen Entwicklungen in der DDR.
01:14:39
Stasi-Akten belegen, dass er jahrelang gespitzelt wurde.
01:14:43
Und sie zeigen, dass Anfang der 80er Jahre eine Ermittlungseinheit der Polizei
01:14:47
ein geheimes Ermittlungsverfahren gegen Armin eingeleitet hat.
01:14:50
Armin und weitere Personen standen im Verdacht,
01:14:53
Kunstwerke aus der DDR in den Westen zu schmuggeln.
01:14:56
1980 sagten zwei ZeugInnen unabhängig voneinander aus,
01:15:00
dass sie Gemälde bei Armin in der Garage gesehen hätten.
01:15:03
Ihre Beschreibung passt genau zu den Bildern aus Gotha.
01:15:07
Nur wurden die Erkenntnisse nie an die Ermittelnden in Gotha weitergegeben
01:15:11
und so wurde nie weiter ermittelt.
01:15:13
Armin hingegen wurde Mitte der 80er Jahre mit Hilfe aus dem Westen
01:15:17
sowie viele sogenannte Republikflüchtlinge aus der DDR freigekauft
01:15:21
und siedelte schließlich im Mai 86 rüber.
01:15:24
Im Westen war alles neu für Armin.
01:15:26
Doch er hatte die Adresse der Familie Schwertheim von seinem Bruder bekommen.
01:15:30
Also ging er dahin.
01:15:31
Die Schwertheims halfen Armin bei seinem Start im Westen.
01:15:35
Der wiederum wollte sich erkenntlich zeigen und unterbreitete Maries Vater ein Angebot.
01:15:39
Das muss der Tag gewesen sein, an dem Marie ihm die Tür öffnete,
01:15:43
vermutet René Allonge jetzt, vier Jahrzehnte später.
01:15:47
Er könne der Familie Schwertheim fünf Gemälde besorgen,
01:15:50
die er aus dem Rückglas einer alten Dame noch drüben im Osten habe,
01:15:54
sagt Armin damals.
01:15:55
Maries Vater willigt ein, also fährt Armin zurück in die DDR, um die Gemälde zu holen.
01:16:01
René vermutet, dass er Freunde bei der Polizei hatte,
01:16:04
die ihm die Einreise schon kurz nach der Ausbürgerung wieder möglich gemacht haben.
01:16:08
Kurz danach fand jedenfalls ein Treffen zwischen Armin und der Familie Schwertheim
01:16:12
an einer Transitstrecke statt.
01:16:14
Das belegen Fotos in den Stasi-Akten, die René vorliegen.
01:16:18
Er vermutet, dass die Bilder da über die Grenze geschmuggelt und weitergegeben wurden.
01:16:22
Was den Diebstahl der Kunstwerke angeht, deuten ebenfalls mehrere Spuren in Armins Richtung.
01:16:28
Der gesicherte Schuhabdruck in Größe 42 stimmt mit Armins Schuhgröße überein.
01:16:33
Die gefundenen Steigeisen waren aus speziellem Stahl gefertigt,
01:16:36
der nur an zwei Betriebe in der DDR ausgeliefert wurde.
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Ausgerechnet in einem davon arbeitete Armin.
01:16:43
Darüber hinaus war er ausgebildeter Schweißer und handwerklich sehr begabt.
01:16:47
Er hätte die Steigeisen ganz einfach selbst basteln können.
01:16:50
Und auch der von ZeugInnen beobachtete Wagen am Tatabend,
01:16:54
der blaue P70, lässt sich mit ihm verknüpfen.
01:16:57
Genau das Modell war auf Armins Vater gemeldet.
01:17:00
Armin hatte Zugriff darauf.
01:17:02
Die Indizienliste ist lang.
01:17:04
Doch was fehlt, ist ein Motiv.
01:17:06
Was immer Armin antrieb, kann heute nicht mehr aufgeklärt werden.
01:17:10
Auch nicht, ob er allein handelte oder HelferInnen hatte.
01:17:13
Denn Armin Bernhardt kann nicht mehr befragt werden.
01:17:17
Er ist 2016 verstorben.
01:17:19
So hat René die Akten zum Fall in Gotha zwischenzeitlich auch zugeklappt.
01:17:24
Für ihn steht fest, Armin hat sie gestohlen, in seiner Garage gelagert
01:17:28
und anschließend an die Familie Schwertheim im Westen verschenkt.
01:17:31
Als Dank für deren Starthilfe.
01:17:34
Einige Fragen werden für immer offen bleiben.
01:17:36
Doch damit kann René gut leben.
01:17:39
Denn zumindest, was die zwischenzeitlich restaurierten Gemälde angeht, herrscht Klarheit.
01:17:44
Heute sind sie wieder Teil der Dauerausstellung im Herzoglichen Museum.
01:17:49
Oberbürgermeister Knut bekommt jetzt noch Bauchkribbeln, wenn er die Bilder in ihren heimatlichen Wänden des Schloss Friedenstein hängen sieht.
01:17:55
Manchmal muss er sich selbst davon überzeugen, dass sie wirklich da sind und dass das alles wirklich passiert ist.
01:18:02
Er hat Gothas Schatz zurück nach Hause gebracht, wo er ihn heute mit 57 Jahren seinen Kindern und Enkelkindern zeigen kann.
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Also, da klaut wahrscheinlich Armin in der Nacht- und Nebelaktion und unter hohem Risiko diese teuren fünf Bilder über fünf Millionen Ostmark wert.
01:18:21
Und dann schenkt er sie Freunden im Westen.
01:18:26
Also, finde ich nett.
01:18:29
Ja, finde ich auch nett.
01:18:31
Ne, aber finde ich irgendwie so, also irgendwie habe ich das Gefühl, wir kennen noch nicht die ganze Geschichte, die wir aber wahrscheinlich auch niemals erfahren werden.
01:18:42
Aber das kommt mir alles ein bisschen merkwürdig vor.
01:18:44
Also, ich finde es schon wirklich sehr erstaunlich erstmal, dass er das Risiko eingeht, in der DDR so eine Straftat zu begehen.
01:18:51
Weil mit denen war ja nun wirklich nicht gut Kirschen essen.
01:18:54
Und dann, dass diese Bilder auch noch in den Westen gekommen sind.
01:18:58
Denn ganz offensichtlich wurde er ja von der Stasi beobachtet.
01:19:01
Und die haben ja ganz offensichtlich auch die Übergabe irgendwie mitgekriegt.
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Also, es ist schon alles wirklich sehr interessant.
01:19:08
Vielleicht war die Stasi aber auch einfach nur happy, dass er jetzt da, dass er weg vom Fenster ist.
01:19:15
Ja, die Stasi war immer, immer happy, wenn Leute in den Westen geflohen sind.
01:19:19
Nein, aber zumindest jemand, der kriminell war.
01:19:22
Den wollten sie ja nicht.
01:19:24
Die gab es ja nicht.
01:19:25
Als meine Eltern in den Westen geflohen sind, da stand eine ganz glückliche Stasi bei meinen Großeltern vor der Haustür.
01:19:32
Die haben ganz doll gelacht.
01:19:35
Aber so einen Berufsdieb wollten sie vielleicht nicht haben.
01:19:41
Den wollten sie definitiv nicht haben.
01:19:43
Ich bezweifle nur, dass sie okay damit waren, dass die Diebesbeute halt auch drüben ist.
01:19:47
Im schlimmen kapitalistischen und verbrecherischen Westen.
01:19:52
Engelheim am Rhein.
01:19:53
Die Hochburg der Kriminellen.
01:19:56
Ja, und was du eben auch schon gesagt hast und was du ja auch nett fandest, Armin ging es ja offenbar nie um das Geld.
01:20:04
Sondern, also, weil es ist ja kein Geldfluss bekannt, wo hätte er die Bilder auch verkaufen sollen, weil jeder in der BRD und der DDR wusste ja, dass das Diebesgut war.
01:20:13
Und das hat für mich dann die Frage aufgeworfen, wie man gestohlene Kunst eigentlich überhaupt zu Geld machen kann.
01:20:18
Denn welcher Händler oder welche Händlerin kauft offensichtlich gestohlene Kunstwerke und was macht die Polizei dagegen?
01:20:25
Darum geht es jetzt in meinem Aha.
01:20:27
Wir haben mit René Allonge darüber gesprochen, der ja sowohl an den Ermittlungen im Fall der Goldmünze mitgearbeitet hat, als auch in meinem Fall in Gotham.
01:20:36
Er sagt, dass es natürlich in erster Linie darauf ankommt, ob die gestohlene Kunst einen hohen Materialwert hat oder eben nicht.
01:20:42
Im Fall der Goldmünze war zum Beispiel von Anfang an klar, dass es den Tätern da um das reine Gold ging und nicht um die Münze an sich.
01:20:49
Genauso im grünen Gewölbe in Dresden.
01:20:52
Die Kunst wird zerstört und in Einzelteile verkauft und dann kommt der Handel nicht darauf, dass es sich um Diebesgut handelt.
01:20:57
Und für die Polizei ist es dann natürlich unheimlich schwer, die Stücke zurückzuverfolgen, sagt René Allonge.
01:21:03
So, und anders sieht das natürlich mit Gemälden oder Antiquitäten aus.
01:21:07
Weil deren Materialwert ist ja meist viel geringer als der Sammlerwert der Kunst.
01:21:11
Wenn ein solches Stück gestohlen wird, dann kommt es darauf an, wirklich schnell zu handeln.
01:21:16
Allonge und sein Team informieren dann die Presse und speisen Bilder der gestohlenen Stücke in verschiedene Datenbanken ein,
01:21:22
die international von PolizistInnen, aber auch von HändlerInnen eingesehen werden können.
01:21:26
Und wenn dann HändlerInnen so eine Kunst angeboten wird, dann liegt es an ihnen, in diesen Datenbanken nachzusehen,
01:21:33
ob es sich halt um ein gestohlenes Kunstwerk handelt und das dann halt eben auch zu melden.
01:21:37
Denn häufig versuchen die TäterInnen eben doch die Beute auf diesem Weg zu verkaufen.
01:21:42
Auf dem offiziellen Kunstmarkt bekommen sie nämlich das meiste Geld dafür, so Allonge.
01:21:48
Aber alternativ versuchen die natürlich auch, die Kunstwerke auf dem Schwarzmarkt loszuwerden.
01:21:52
Da kann man aber weit weniger verlangen, sagt Allonge.
01:21:55
Aber auch da sind die PolizistInnen aktiv.
01:21:57
Was KunstermittlerInnen nämlich von anderen PolizistInnen unterscheidet, ist,
01:22:02
dass sie enorm gut mit Museen, Auktionshäusern und KunstexpertInnen und mit HändlerInnen vernetzt sind.
01:22:07
Und deswegen bekommen die dann halt auch in aller Regel mit, wenn irgendwo gestohlene Kunstwerke verhökert werden sollen.
01:22:12
Weil es ist ja auch ganz klar, HändlerInnen zum Beispiel, die wollen ja auch keine gestohlene Kunstwerke kaufen.
01:22:17
Und dann gibt es halt noch den Fall, dass TäterInnen genau wissen, wem sie ihre Beute anbieten,
01:22:22
und zwar den Museen oder früheren BesitzerInnen selbst.
01:22:25
Dabei spricht man dann von Artnapping, also wie Kidnapping, nur halt nicht mit Kindern, sondern mit Kunst.
01:22:30
Und da geht es dann halt eben um das Lösegeld.
01:22:33
Und häufig werden dabei auch tatsächlich Millionenbeträge gefordert.
01:22:36
Und die TäterInnen drohen dann damit, die Kunstwerke zu zerstören, wenn die Museen nicht zahlen.
01:22:42
So ist es dem Kunsthistorischen Museum in Wien 2003 passiert.
01:22:46
Damals war das Museum wegen Renovierungsarbeiten von so einem Baugerüst umgeben,
01:22:51
über das sich dann ein Täter Zugang zur Ausstellung verschaffen konnte.
01:22:54
Der Alarm ist zwar losgegangen, aber das Wachpersonal dachte, es würde sich um einen Fehlalarm handeln.
01:23:00
Und deshalb ist es am nächsten Morgen aufgefallen, dass die sogenannte Saliera fehlte.
01:23:06
Das Absurde, die Saliera ist nicht gerade unauffällig, sondern ein goldenes, aufwendig verziertes Salzfass eines italienischen Bildhauer und Goldschmieds.
01:23:17
Drei Jahre lang war das Fass verschwunden.
01:23:19
Dann hat sich der Dieb per SMS an die Versicherung gewandt, über die das Kunstwerk versichert war.
01:23:24
Er wollte 10 Millionen Euro, sonst würde er es einschmelzen und das Ganze auf Video aufnehmen.
01:23:30
Blöd nur, dass man seine Nummer einem Handy zuordnen konnte und dass es Überwachungsaufnahmen von dem Laden gab, in dem er das Handy gekauft hat.
01:23:38
So hatte die Polizei dann recht schnell ein Fahndungsfoto, über das man dann den Dieb auswendig machen konnte.
01:23:44
Da hat die Erpressung also nicht geklappt und bei meinem Fall in Gotha ja auch nicht.
01:23:48
Also auch diese Erbinnengemeinschaft stand ja im Verdacht, dass die da erpressen wollten.
01:23:54
ExpertInnen gehen aber davon aus, dass Artnapping häufig erfolgreich und die Dunkelziffer auch recht hoch ist.
01:24:00
Weil meistens werden Summen gefordert, die geringer sind als die Versicherungssumme.
01:24:04
Dann ist für die Versicherung der Schaden unterm Strich noch geringer und er wird bezahlt, bevor das Kunstwerk dann halt auch noch für immer verschwindet.
01:24:11
Und unter Umständen erfährt die Polizei auch nie davon.
01:24:15
Joachim Leuter, der Vorstand einer renommierten Kunstversicherung, hat im Interview mit dem ZDF gesagt, dass er davon ausgeht, dass mittlerweile 60 bis 70 Prozent der Kunstdiebstähle dem Artnapping zuzuordnen sind.
01:24:27
Ein anderes Gebiet der Kunstkriminalität, das wir hier im Podcast auch schon kennen, ist die Kunstfälschung.
01:24:33
So wie es eben der Beltracki gemacht hat oder die Beltrackis zusammen.
01:24:37
Den Fall, den habe ich auf der Tour erzählt.
01:24:39
Aber für alle, die nicht dabei waren und das auch noch nie gehört haben, das ist ein deutsches Ehepaar.
01:24:45
Und die haben drei Jahrzehnte lang, also von den 80ern bis ins Jahr 2010, haben die Kunst von namhaften MalerInnen, wie zum Beispiel Max Ernst, gefälscht.
01:24:53
Und die falschen Bilder eben dann als Originale verkauft und sich dadurch ein richtig gutes Leben gemacht.
01:24:58
Und dann wurde ein Bild für sehr, sehr viel Geld bei einer Auktion verkauft.
01:25:04
Und als das auf seine Echtheit geprüft wurde, das wird immer gemacht, kam raus, dass es diese bestimmte Farbe, also diese Mische, sage ich jetzt mal, ich als Expertin, die da in dem Bild benutzt wurde, dass die in dem Jahrhundert, in dem das entstanden sein soll, noch gar nicht existiert hat.
01:25:23
Die Tusche sozusagen.
01:25:25
Die spezielle Tusche.
01:25:27
Am Ende wurden die Beltrackis zu fünf beziehungsweise vier Jahren Haft verurteilt.
01:25:34
Es gab auch diesen einen deutschen Kunsthändler, Tom Sack, der war auch in den frühen 2000er Jahren aktiv.
01:25:40
Und der hat sich ganze KünstlerInnen ausgedacht, mit Samt Biografie.
01:25:43
Und ich habe jetzt erstmal gedacht, so als ich das gelesen habe, naja, das ist ja eigentlich wie unter einem Pseudonym malen.
01:25:49
Aber Sack hat halt behauptet, die Bilder seien international sehr gefragt.
01:25:53
Und das war dann auch nicht das Einzige, was der sich geleistet hat.
01:25:56
Aufgeflogen ist der damals, weil er ein als gestohlen gemeldetes Bild verkaufen wollte.
01:26:01
Es war aber offensichtlich nicht das Original, sondern eine Fälschung.
01:26:04
Und daraufhin hatte Sack dann ein Porträt des leitenden Staatsanwalts, den er für seinen finanziellen Ruin verantwortlich gemacht hat, gemalt.
01:26:12
Und ist für 10.000 Euro zum Verkauf angeboten.
01:26:15
Dagegen hat sich wiederum der Staatsanwalt wegen des Rechts am eigenen Bild gewährt.
01:26:19
Also verschiedene Gerichte hatten in Deutschland jahrelang immer wieder mit Sack zu tun, bis er in letzter Instanz recht glimpflich davon gekommen ist.
01:26:27
Das Verfahren wegen der erfundenen KünstlerInnen wurde eingestellt.
01:26:30
Sack wurde dann nur wegen der Kunstfälschung, die er verkauft hat, verurteilt.
01:26:34
Und auch hier nur zu einem Jahr auf Bewährung.
01:26:37
Laut René Allange, dessen Kollegen auch in diesem Fall an den Ermittlungen beteiligt waren, lag das unter anderem daran,
01:26:44
dass der Kunstfälscher den finanziellen Schaden, den er verursacht hat, zurückgezahlt hat.
01:26:49
KunstfälscherInnen ihren Betrug nachzuweisen oder halt die Echtheit von dem Bild zu prüfen, ist generell nicht einfach.
01:26:56
Also die technischen Untersuchungen, die werden zwar immer besser.
01:26:59
Also es gibt zum Beispiel Pigmentanalysen, die halt auch die Petrackis dann zum Fall gebracht haben.
01:27:04
Wie gesagt, da werden die Farben untersucht, um festzustellen, ob sie zum Beispiel aus der jeweiligen Epoche des Kunstwerks stammen.
01:27:10
Darüber hinaus werden in Verdachtsfällen verschiedene ExpertInnen wie KunsthistorikerInnen oder RestauratorInnen hinzugezogen,
01:27:16
die sich ganz genau mit dem Stil des jeweiligen Künstlers oder der Künstlerin auskennen.
01:27:21
Stilbrüche im potenziell unechten Bild können dann auf eine Fälschung hinweisen.
01:27:25
Trotzdem, die Untersuchung bleibt schwierig und Kunstfälschung bleibt in vielen Fällen unentdeckt
01:27:30
und ein großes Geschäft halt für die, die dahinter stecken.
01:27:33
Genau, bei dem Sack war das ja auch aufgeflogen und der hat gesagt, dass die KäuferInnen ja darüber informiert wurden,
01:27:40
dass es sich um Fälschung gehandelt hat.
01:27:41
Es haben aber nur wenige ihr Geld zurückgefordert.
01:27:44
Es ist also gut möglich, dass einige der Bilder für weit mehr Geld wieder verkauft wurden, sagt auch René Allonge.
01:27:51
Und das würde bedeuten, dass die Fälschung jetzt an den Wänden von Privatleuten hängen,
01:27:55
die noch immer nichts von diesem Betrug wissen.
01:27:58
Ja, und so war das doch auch bei diesem einen Ehepaar aus den USA, die irgendwie ihr ganzes Leben lang gespart haben,
01:28:04
um sich dieses eine Bild von diesem einen Künstler da zu leisten.
01:28:09
Ja, auch als Wertanlage, ja.
01:28:11
Ja, genau. Und dann, und das war ganz prominent in ihrem Wohnzimmer da gehangen und so, und dann kommt quasi raus,
01:28:18
fünf Jahre später oder so, dass der Beltracki das gemalt hat und nicht ihr Lieblingskünstler.
01:28:24
Und dass es halt nichts wert ist.
01:28:25
Ja, voll gemein.
01:28:27
Noch eine Methode, um Kunstfälschung festzustellen, ist die sogenannte Provenienzforschung.
01:28:32
So nennt man die Untersuchung, die die Herkunftsgeschichte eines Kunstwerks analysiert.
01:28:36
Und diese Forschung ist noch auf einem anderen Gebiet wahnsinnig wichtig, und zwar dann, wenn es um Raubkunst geht.
01:28:42
Einmal zum Begriff.
01:28:43
Damit ist vor allem die Kunst gemeint, die sich Deutschland durch das NS-Regime angeeignet hat.
01:28:48
Also es handelt sich dabei um Sammlungen von politisch Verfolgten, vor allem von Menschen mit jüdischem Glauben.
01:28:53
Manche von ihnen mussten ja fliehen und ihre Kunstsammlung dann halt auch zurücklassen.
01:28:57
Andere durften ihre Berufe nicht mehr ausüben und mussten dann halt Werke deshalb zu Spottpreisen an andere Personen verkaufen,
01:29:04
die halt nicht politisch verfolgt wurden, um irgendwie für ihre Familie sorgen zu können.
01:29:08
Die meisten politisch Verfolgten wurden aber systematisch enteignet.
01:29:12
Die NationalsozialistInnen haben ihnen ihre Kunst dann halt abgenommen und sie an die Wände ihrer Museen gehängt.
01:29:18
Andere Kunstwerke gingen direkt in die Privatsammlung von hochrangigen NS-Beamten oder Parteiführern über,
01:29:24
oder sie wurden an zentralen Sammelstellen gelagert und dann zum Teil weiterverkauft.
01:29:29
Der internationale Militärgerichtshof hat die Raubkunst schon 1945 als Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt.
01:29:35
Und heute sprechen ExpertInnen von etwa 600.000 Kunstwerken, die zwischen 33 und 45 von den Deutschen in Europa auf diese Art und Weise gestohlen wurden.
01:29:43
Ein Großteil gilt immer noch als verschollen oder hängt unrechtmäßig in Privatwohnungen oder öffentlichen Museen.
01:29:50
Und hier kommt dann auch wieder die Provenienzforschung ins Spiel,
01:29:53
die halt solche Fälle aufklärt und die Kunst im besten Fall zu den rechtmäßigen BesitzerInnen zurückbringt.
01:29:59
Auch sehr problematisch ist die Beutekunst.
01:30:02
Die wird oft mit der Raubkunst irgendwie in einen Topf geworfen.
01:30:05
Aber von Beutekunst spricht man, wenn Kunstwerke im Zuge von Krieg oder Kolonialismus aus ihren Heimatländern verschleppt wurden.
01:30:13
Also ganz nach dem Motto, ich habe dieses Land hier gerade eingenommen,
01:30:16
deswegen plündere ich jetzt mal alles, was sie haben und alles ist meins.
01:30:20
Und einer, der da ganz groß drin war, das war Napoleon, der hat im 17. Jahrhundert die Quadriga vom Brandenburger Tor abmodieren lassen und mitgenommen.
01:30:29
Das ist diese Frau, also das ist die Siegesgöttin, die im Wagen steht und wo die Pferde da angespannt sind davor.
01:30:35
Und acht Jahre war dann das Brandenburger Tor ohne Skulptur,
01:30:39
bis Napoleon bei der großen Schlacht von Leipzig verloren hat und die Siegesgöttin dann auch zurück nach Berlin kam.
01:30:45
Dass sie dann wieder zurückkommt, diese Beutekunst, das ist aber auch nicht so häufig.
01:30:49
Also vor allem, was afrikanische Kunst angeht.
01:30:52
Laut Recherchen des NDR sind 95 Prozent des afrikanischen Kulturerbes halt nicht mehr in Afrika zu finden,
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sondern in verschiedenen westlichen Museen ausgestellt.
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Einiges davon auch in Deutschland und zwar nicht nur in den Ausstellungen, sondern vor allem in den Archiven.
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Viele kulturelle Einrichtungen möchten nicht mal Auskunft darüber geben oder gar irgendwelche Listen anfertigen,
01:31:13
um nachzuvollziehen, was die haben.
01:31:15
Laut National Geographic liegt das daran,
01:31:18
dass man gar nicht erst will, dass die Länder, aus denen die Kunst kommt, sie zurückfordern.
01:31:22
Das ist so krass.
01:31:24
Und die berufen sich da auch darauf, dass es ja zum kulturellen Austausch beiträgt,
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wenn man die Kunst anderer Kulturen ausstellt.
01:31:32
Da weiß man ja gar nicht mehr, was man dazu sagen soll.
01:31:36
Das sehen natürlich sehr, sehr viele kritisch.
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KritikerInnen sagen, es würde viel mehr zum kulturellen Austausch beitragen,
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wenn man die illegal entwendeten Artefakte an die jeweiligen Völker zurückgeben würde.
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Ja, und genau deshalb haben Außenministerin Annalena Baerbock und Kultusministerin Claudia Roth im Dezember 2022
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20 Beninbronzen aus Nigeria an das Land zurückgegeben.
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Die wurden Ende des 19. Jahrhunderts von den Briten geplündert und sind dann so nach Deutschland gelangt,
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wo sie 125 Jahre in fünf deutschen Museen ausgestellt waren.
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Es war falsch, sie zu nehmen und es war falsch, sie zu behalten, hat Baerbock bei der Rückgabe gesagt.
01:32:14
Ja, und das ist natürlich auch wichtig, dass man das zurückgibt und dass man dieses historische Unrecht dann auch anerkennt
01:32:21
und wenigstens, naja, Wiedergutmachen ist ein bisschen viel gesagt,
01:32:25
aber wenigstens nicht noch weiter dafür sorgt, dass dieses Unrecht bestehen bleibt,
01:32:29
noch in die heutige Zeit hinein.
01:32:33
Okay, Frage, Laura. Wenn du ein Kunstwerk stehlen könntest oder sagen, wir müsstest,
01:32:38
weil das würden wir nie freiwillig machen, und du müsstest es aber behalten und darfst es nicht verkaufen.
01:32:44
Welches wäre das?
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Das wäre definitiv nicht die Mona Lisa oder sowas?
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Das wäre so dekadent, einfach sich die Mona Lisa ins Arbeitszimmer zu hängen.
01:32:55
Und zwar auf dieser besagten Kunstauktion, auf der ich war, wo wir diese Fotografie gekauft haben,
01:33:03
da gab es auch ein anderes Kunstwerk und das war eine Skulptur, die einen Kopf gezeigt hat.
01:33:08
Und diese Skulptur war nur aus Streichhölzern.
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Und der Künstler hatte sich dabei aber gedacht, dass man, wenn man das kauft, das aber auch anzündet.
01:33:20
Und es war relativ teuer und deswegen dachte ich mir so, nee, also finde ich cool, die Idee, aber ich müsste das dann auch wirklich anzünden, weil ich kann nicht mit sowas zu Hause, da hat man doch dann dieses impulsive Verlangen, das dann auch anzuzünden.
01:33:36
Das heißt, ich würde nicht für so ein Werk so viel bezahlen, wenn ich es dann einfach nur anzünde und nach fünf Minuten ist es abgebrannt und es existiert nicht mehr.
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Aber ich würde es klauen und dann würde ich es machen.
01:33:46
Also es wäre sowieso nur eine Frage der Zeit, bis dieses Werk in Flammen aufgehen würde, weil du die Kerzen zu Hause ja nie ausbläst.
01:33:54
Und dann aber eine Frage, wenn du sagst, eine Skulptur aus Streichhölzern, stelle ich mir diese kleine unbeholfene Kunst von fünf Klässlern vor, die mit Sekundenkleber da so kleine Männchen zusammenbauen.
01:34:06
Wie groß war diese Skulptur?
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Wie ein richtiger Kopf.
01:34:10
Schon ein bisschen größer.
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Ja, verstehe ich. Wäre mir aber zu gefährlich, glaube ich.
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Generell sowas im Haus zu haben. Das ist eine Feuerquelle.
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Ja, das stimmt. Okay, welches Kunstwerk würdest du klauen, wenn du müsstest?
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Also es gibt so eine Fotografie von Helmut Newton. Ich weiß aber gar nicht, ob die im Helmut-Newton-Museum auch hängt.
01:34:32
Der Titel der Fotografie wäre sowas wie Nackte Frau halb von Krokodil verschlungen.
01:34:39
Weil das ist, was man darauf sieht, genau.
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Ja, ist ja ganz bekannt und ich habe eine ganz seltsame Faszination für Helmut Newton und für seine Fotografien.
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Aber eben auch im Hinblick auf diese kritische Auseinandersetzung damit.
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Weil ja diese Bilder der Frauen, die er erschaffen hat und seine Interpretation dessen, was er damit darstellt.
01:34:59
Also Frau als starkes Wesen zu präsentieren.
01:35:02
Und dann halt diese Wahrnehmung seiner KritikerInnen, die sagen, dass seine Arbeit frauenfeindlich war und so.
01:35:09
Und deswegen würde ich es so spannend finden, weil mir geht es dann gar nicht nur um das Werk, sondern um die Kontroverse dahinter.
01:35:14
Und zwar die, die das damals ausgelöst hat, weil in die heutige Zeit würde das ja auch gar nicht mehr so reinpassen und so.
01:35:20
Aber ja, das hätte ich gern.
01:35:22
Aber das Bild an sich findest du schön oder das Foto?
01:35:25
Also ich finde es auf eine morbide Art ästhetisch.
01:35:30
Aber ich hätte unter anderen Umständen jetzt nicht den Drang dazu, mir nackte Frauenkörper in die Wohnung zu hängen.
01:35:35
Ich finde es auch deswegen toll, weil es eine viel diskutierte Frage von mir und meiner Freundin Tatjana ist,
01:35:40
von welchen Wassertieren wir am ehesten gefressen werden wollen würden.
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Naja, wissen wir jetzt bei dir, zu 100% Blauwahl.
01:35:48
Das ist korrekt.
01:35:49
Ich stelle mir eine rosige Zukunft als verdautes im Meer vor.
01:35:55
Das war ein Podcast der Partner in Crime.
01:36:05
Hosts und Produktion Paulina Graser und Laura Hohlers.
01:36:09
Redaktion wir, Isabel Mayer und Kira Benkert.
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Schnitt Henk Heuer.
01:36:15
Rechtliche Abnahme und Beratung Abel und Kollegen.