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Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von Mordlust, unserem True Crime Podcast,
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in dem wir wahre Verbrechen nacherzählen.
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Mein Name ist Paulina Kraser.
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Und ich bin Laura Wohlers.
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Wir erzählen uns hier gegenseitig jeweils einen Fall, von dem der andere nichts weiß.
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Und deswegen bekommt ihr auch unsere ungefilterten Reaktionen mit.
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Wir kommentieren die Fälle auch, manchmal auch sarkastisch, das ist aber nie despektierlich gemeint.
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Heute geht es um die Frage der Schuld.
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Aber bevor wir das machen, möchte ich dir noch von einem Geburtstag erzählen.
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Und zwar war ich vor kurzem auf einem 30. Geburtstag.
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Und da hatte ich einen kleinen Girl Crush.
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Und zwar eine Freundin meiner Freundin.
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Die kenne ich auch schon länger, aber das war das erste Mal, dass wir uns wieder gesehen haben,
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seitdem wir den Podcast machen.
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Und die hört Mordlust immer, zusammen mit ihrem Freund unter anderem.
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Und ist auch total im Thema drin.
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Wir haben uns den ganzen Abend eigentlich zum Leid einer anderen Freundin,
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die damit nichts am Hut hat, darüber unterhalten.
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Und der Freund von ihr, mit dem sie den Podcast hört, der ist Polizist.
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Und dann hat sie erzählt, dass es schon mal vorkam, dass ihr Freund von der Arbeit nach Hause kam und da nach Körperteilen suchen musste, nach einem Unfall zum Beispiel.
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Weil das muss dann am Ende alles wieder ganz sein.
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Und das ist halt manchmal gar nicht so einfach.
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Kannst du dir denn vorstellen, warum alles nachher ein Ganzes ergeben muss?
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Damit man sich sicher ist, dass es sich nicht um Fremdeinwirkung in irgendeiner Weise gehandelt hat
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und dann, keine Ahnung, in einem Körperteil mitgenommen wurde zum Beispiel.
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Nein, ich weiß natürlich nicht, warum.
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Ja, ich glaube, bei einem Autounfall könnte das wohl eher nicht sein.
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Warum wir an dieser Stelle lachen, erklären wir übrigens am Ende des Podcasts.
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Einmal natürlich aus Pietätsgründen, weil es ist ja auch unschön für die Familie, wenn die dann nachher nicht den ganzen Edmund wiederkriegt.
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Dann zum anderen wegen einer Identifikation, weil gerade wenn das eben nicht mehr alles intakt ist
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und man die Person vielleicht nicht mehr anhand des Gesichts identifizieren kann,
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ist vielleicht ein Arm, wo ein spezielles Tattoo drauf ist.
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Könnte halt wichtig sein.
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Und weil Körperteile, wenn sie rumliegen, auch infektiös werden können.
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Okay, das ist ja eine schöne Aufgabe.
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Ich glaube nicht, dass es so oft passiert, aber wenn das nachts dann zum Beispiel nicht geht,
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dann müssen die tagsüber nochmal suchen.
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Und wenn das dann immer noch nicht gefunden wurde, setzen sie auch manchmal noch Hunde ein.
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Also es hörte sich ziemlich aufwendig an.
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Ja, ich meine, bei so einem Autounfall oder so, da kann man ja auch mal irgendwie 30 Meter weit wegfliegen oder so.
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Wenn das richtig schnell war.
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Ich sehne mich nach solchen Gesprächen immer sehr nach dem Vater meines Ex-Freundes.
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Der war nämlich auch bei der Kripo.
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Und da gab es abends dann auch immer schöne Gespräche am Essenstisch.
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Nur nochmal fürs Protokoll.
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Ich sehne mich nur nach dem Vater meines Ex-Freundes.
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Einen Teil der Berichterstattung zu meinem Fall habe ich damals selbst verfolgt.
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Und ich fand den Fall ganz, ganz furchtbar.
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Wirklich furchtbar.
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Und mein Fall heute handelt von einer Frau, die gleich zwei Albträume hintereinander erlebt hat.
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Viele der Namen in der Geschichte sind hier übrigens geändert.
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Ich bin eine wirklich glückliche Frau.
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Das hätte Deborah wohl gesagt, wenn man sie zu der Zeit gefragt hätte.
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Dezember 1989 in Phoenix, Arizona.
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Deborah, ihre Freundin nennen sie Debbie, hat gerade den Haushalt erledigt.
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Endlich hat sie die Wohnung mal nur für sich.
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Ihr Mitbewohner Fred ist mit ihrem vierjährigen Sohn, ich nenne ihn Max.
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Stopp mal ganz kurz.
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Spielt ihr das jetzt in Amerika oder was?
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Meinst du, da komme ich nicht noch zu oder was?
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Ich hoffe, es hat irgendeinen deutschen Engel.
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Ist das dein Ernst?
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Hältst du jetzt mal den Mund?
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Dann hätte ich auch ein fucking amerikanischen Fall gemacht.
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Das merke ich nicht.
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Natürlich hat mein Fall einen deutschen Bezug.
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Ich mache doch hier nicht einfach mal irgendwas aus Amerika.
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Ist das jetzt was aus Amerika oder was?
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Nächstes Mal mache ich was aus Sibirien.
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Zurück zu meinem Fall und Debbie, die in Amerika ist.
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Ihr Mitbewohner Fred ist mit ihrem vierjährigen Sohn, ich nenne ihn Max, in die Shopping Mall gefahren,
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damit er dort den Weihnachtsmann das erste Mal sehen kann.
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Max hatte sich so gefreut, hatte sich noch schnell sein Sweatshirt mit dem Dinosaurier darauf geschnappt und ist dann zur Tür raus.
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Debbie liebt es, ihren Sohn lachen zu sehen.
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Die letzten Jahre waren für beide nicht leicht.
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Deborah ist jung, hübsch, hat blondes Haar, das sie sich gern lockt und ist mit 24 Jahren schon alleinerziehend.
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Gerade erst hatte sie eine einstweilige Verfügung gegen ihren Ex-Mann Tom erwirken müssen.
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Als sie Tom als junges Mädchen kennenlernte, war er ein Draufgänger gewesen.
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Sie, die sonst immer brav war, war angetan von seiner Art und fand es aufregend, mit ihm Abenteuer zu erleben.
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Ihre Mutter Renate war immer gegen die Beziehung.
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Renate ist Deutsche.
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Deborah wurde selbst in Berlin geboren und war das letzte Mal hier, als sie 19 war.
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Die Familie ging aber schnell schon nach Arizona, als Debbie noch ganz klein war.
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Renate war gegen die Beziehung mit Tom, weil sie schon früh in ihm den Trinker erkannte.
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Weil sie selbst mal einen geheiratet hatte.
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Debbys Vater nämlich.
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Debbie wollte das zunächst nicht wahrhaben, wurde aber dann eines Besseren belehrt.
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Einmal hatte Tom im Streit Debbys Wagen demoliert und als Debbie schwanger war, saß er immer wieder im Gefängnis.
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Den Schlussstrich hatte sie gezogen, nachdem sie Toms Heroinbesteck zufällig beim Wäschesortieren gefunden
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und ihn kurz danach erwischt hatte, wie er sich im Bad einen Schuss setzen wollte.
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Auf den Boden hatte er eine Babydecke von Max gelegt.
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Die Zeit danach hatte sie Tom etliche Chancen gegeben, ein guter Vater zu sein.
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Alle hatte er irgendwann versemmelt.
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Einmal hatte er seinen Sohn auf eine Drogenparty mitgenommen und vor ihm etwas konsumiert.
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Als Debbie das rausfand, war sie so sauer, dass sie ihm, obwohl ihr Gewalt wirklich fern lag,
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so fest die Konte ins Gesicht schlug.
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Er lebte die Drogen halt mehr als seine Familie.
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Jetzt darf sich Tom, Debbie und Max nicht mehr nähern.
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Das hatte das Gericht entschieden.
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Für die beiden ist das gut.
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Debbie hat außerdem für Max gerade einen Kita-Platz bekommen und hat den Vertrag für eine neue Wohnung unterschrieben
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und einen viel besser bezahlten Job angenommen.
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Sie freut sich auf die Zukunft und ihr neues Zuhause.
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Sie lebt gerne bei ihrem Mitbewohner Fred, denn er ist ein lieber Kerl.
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Aber es war von Anfang an nur als temporäre Lösung gedacht.
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Sie kannte Fred von ihrer Schwester.
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Er war ihr in all der Zeit ein guter Freund und hatte sie sogar gegen Tom verteidigt,
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wenn der mal bei ihr zu Hause auftauchte und seinen Sohn verlangte.
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Wenn Fred zu Hause ist, fühlt sich Debbie sicher.
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Fred ist ein guter Umgang für ihren Sohn Max.
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Er passt oft auf ihn auf, wenn Debbie arbeiten ist.
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Und trotzdem möchte sie einen Neuanfang wagen und auf eigenen Beinen stehen.
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Dafür sammelt sie heimlich unter ihrem Bett neue Sachen, die sie für sich und Max gekauft hat.
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Wie zum Beispiel eine neue Pfanne.
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Benutzen wir sie die Sachen noch nicht, sie hebt sie sich für ihr neues Leben auf.
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Ab jetzt wird alles gut.
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Um 14.45 Uhr klingelt das Telefon.
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Debbie hat Max angerufen.
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Warum sollte er das denn?
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Ist er nicht mit ihr?
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Ich bin nur mal kurz aufs Klo und als ich wiederkam, war er weg.
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Debbie fängt so laut an zu schreien, dass die Nachbarn alles hören und ihr zur Hilfe eilen.
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Was sie da vorfinden, ist eine völlig verängstigte Frau, die ihrem ganzen Körper zittert und weint.
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Was ist, wenn Max von einem Irren geklaut wurde, denkt sie.
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Fred sagt, dass er bereits mit einigen Wachleuten in der Mall nach Max sucht.
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Aber das ist eine Lüge.
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Fred sucht nicht nach Max.
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Und er ist auch nicht mit ihm in das Einkaufszentrum gefahren.
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Aber das weiß Debbie zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
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Die nächsten Stunden verbringt Debbie damit, nur auf einen Anruf von Fred oder Max zu warten.
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Und die immer gleichen Fragen von den Polizisten zu beantworten.
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Sie findet keine Ruhe.
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Die Wohnung will sie nicht verlassen.
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Sie hat Angst, dass Max sich meldet und dann niemand abnimmt.
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Er hat die Nummer von Freds Anschluss auswendig gelernt.
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Am nächsten Tag gibt es immer noch keine Neuigkeiten von Max.
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Aber sie erfährt, dass Fred und sein Freund Karl von der Polizei verhört werden.
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Sie wundert sich darüber, dass die Polizei Karl verhört.
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Was hat der denn mit der Geschichte zu tun?
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Er ist ein guter Freund von ihrem Mitbewohner Fred.
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Und ehrlich gesagt, versteht sie nicht wieso.
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Karl ist nämlich das komplette Gegenteil von Fred.
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Sie mag ihn nicht.
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Und sie will auch nicht, dass er Kontakt zu Max hat.
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Er hat keine Manieren und mag keine Kinder.
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Einmal hat er Debbie nach Geld angepumpt.
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Und außerdem hat sie das Gefühl, dass er eifersüchtig auf sie ist,
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weil sie so viel Zeit mit Fred, seinem einzigen Freund, verbringt.
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Er ist ihr unheimlich.
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Mittlerweile steht sie am Rande eines Nervenzusammenbruchs.
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Das ergibt für sie alles gar keinen Sinn.
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Am Abend des Tages, nachdem Max verschwunden ist, will er ein Polizist mit Debbie sprechen.
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Fragen nach Fred weichen immer alle aus.
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Sie soll mit zum County-Gefängnis und dort auf die Aussagen einiger Polizeibeamten warten.
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Sie hofft dort endlich Antworten zu finden.
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Im Vernehmungsraum sitzt ihr ein Detektiv gegenüber.
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Sein Name ist Raul Gomez.
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Debbie hofft jetzt endlich auf Klarheit.
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Haben Sie etwas gehört?
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Wir haben deinen Sohn gefunden.
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Er wurde ermordet und du stehst unter Arrest.
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Debbie ist nicht hierhergebracht worden, damit sie erfährt, was mit ihrem geliebten Sohn passiert ist.
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Debbie wurde hierhergebracht, weil man ihren Fall abschließen möchte.
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Was sie nicht weiß, ist, dass der 45-jährige Detektiv Raul Gomez, der ihr gegenüber sitzt,
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schon beschlossen hatte, sie zu verhaften, bevor das Verhör überhaupt angefangen hat.
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Das lässt sich aus den Polizeiberichten entnehmen.
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Gomez ist 45 Jahre alt, klein, stämmig und trägt einen Schnäuzer.
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Seine Krawatte hat er sich fest unter dem kaum vorhandenen Hals zusammengebunden.
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Er verfolgt skrupellos seine Karriere.
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Und er ist dafür bekannt, dass er die besonders harten Fälle knackt.
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Wenn seine Kollegen an Zeugen oder Verdächtigen scheitern, bringt er sie zum Reden oder Gestehen.
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Und das hat er auch heute vor.
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Alles, was Debbie hier in diesem Raum sagen wird, wird er umdrehen, in einem anderen Zusammenhang setzen oder gar umdichten.
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So, wie es ihm passt.
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Was am Ende bleibt, ist Gomez' Aussage, Debbie hätte ihm den Auftragsmord an ihrem Sohn gestanden.
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Es wird keine Zeugen dafür geben, keine Tonbandaufnahmen vom Gespräch und auch keine Unterschrift unter Gommes' Protokoll von ihrem angeblichen Geständnis.
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Wir machen jetzt einen Zeitsprung.
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In das Jahr 2013.
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Also das, was ich jetzt gerade erzählt habe, ist jetzt viele Jahre her.
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Doch an diese Schlüsselszene muss Debbie immer wieder denken.
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Und sie hat viel Zeit zum Nachdenken.
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Denn Debbys Welt spielt sich jetzt nur noch in einer 3x3 Meter großen Zelle ab.
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Darin ist nur Platz für ein Metallbett, ein Waschbecken und ein Klo.
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Alles hier ist grau oder braun gestrichen.
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Wenn sie mal fern sieht, dann guckt sie meistens Reiseberichte, um sich an die lebendigen Farben aus der Freiheit zu erinnern.
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Als sie damals in dieses Gefängnis gekommen war, haben die Insassinnen aus ihren Zellen Kindsmörder geschrien.
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Wie aggressiv die Frauen im Gefängnis sind, hätte Debbie sich nie vorstellen können.
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Einige lassen ihre Aggressionen auch an sich selbst aus.
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Andere bewerfen die Strafvollzugsbeamten mit blutigen Tampons, wenn sie sauer sind.
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Oft wird Pfefferspray eingesetzt.
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Einmal hatte sich eine mitgefangene 3 Zellen weiter umgebracht.
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Debbie kannte die Frau zwar nicht, aber sie hätte trotzdem den ganzen Tag geweint.
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Debbies Mutter Renate erzählte einmal dem Spiegel, dass das Wachpersonal ihr ins Essen spuckt.
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Niemand steht in der Ordnung so weit unten wie Kindermörder.
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Das hier ist kein Ort für sie.
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Sie gehört hier nicht her.
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Am Anfang hatte sie noch gedacht, dass sich dieser furchtbare Justizhorror, so nennt sie es, irgendwann einmal aufklären muss.
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Als ihr damals der Prozess gemacht wurde, fand die Anklage gleich mehrere Argumente, warum Debbie den Mord an Max in Auftrag gegeben haben soll.
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Auch warum ihr Mitbewohner Fred und sein Freund Karl ihren angeblichen Auftrag ausgeführt haben sollen, haben sie sich zurecht gereimt.
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Dass sich die jeweiligen Theorien teilweise völlig widersprachen, hatte niemanden interessiert.
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Es hatte generell wenig Leute interessiert, was aus Debbie wurde.
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Dass die Presse sie schon verurteilte, bevor es das Gericht tat, das war schon hart.
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Was Debbie aber nicht so wegstecken konnte, war, dass ihre eigene Familie vor Gericht gegen sie aussagte.
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Ihre Schwester stellte sie als überforderte Mutter dar und ihr Vater sagt, dass es ihn nicht wundern würde, dass Debbie zur Mörderin wurde.
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Wie es dazu kommen konnte, versteht sie bis heute nicht.
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Irgendwann hat sie erfahren, dass Karl die Polizei nach einem stundenlangen Verhör zu Max Leiche geführt hatte.
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Sie hatten Max abseits einer Straße in ein Wüstengebiet gelockt und ihn dann erschossen.
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Was Karl bei seinem Verhör noch sagte.
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Debbie hätte den Mord in Auftrag gegeben und Fred hätte geschossen.
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Warum? Dazu hatte er widersprüchliche Angaben gemacht.
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Dabbys Mitbewohner Fred hingegen behauptete, Karl hätte geschossen, als er mit Max hinter ihm stand.
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Dass Debbie davon wusste, davon nahm sogar Karl irgendwann Abstand.
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Vor Gericht sagte weder er noch Fred etwas darüber, dass Debbie in irgendeiner Form daran beteiligt war.
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Der Jury reichte das.
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Das und die Aussage von Detective Gomez.
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Die Jury wusste ja nicht, dass Gomez schon mehrmals wegen Falschaussagen unter Eid aufgefallen war.
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Wie, die Jury wusste nicht, dass er schon öfters unter Eid falsch ausgesagt hat?
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Wer wusste das denn?
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Oder warum? Jetzt weiß man das, oder was?
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Jetzt weiß man das.
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Als die Richterin Debbie zum Tode verurteilt, notiert sie ein Tee auf einem Stück Papier.
00:14:53
Tee für Todesstrafe.
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Nach all dieser Zeit weiß Debbie immer noch nicht, warum ihr Sohn sterben musste.
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In der Todeszelle zu sitzen, ist eine Folter.
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Den eigenen Sohn zu verlieren und die Gründe dafür nicht zu kennen, die andere.
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Debbie kann nur Vermutungen anstellen, warum das passiert ist.
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Hatte Karl ihren Sohn vielleicht wirklich aus Eifersucht erschossen?
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Viel eher glaubt sie aber daran, dass ihr Ex-Mann Tom seine Finger mit im Spiel hatte.
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Vielleicht sind Tom und Karl irgendwie in Kontakt gekommen und haben das gemeinsam ausgeheckt.
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Eine Zeit lang hatte sich Debbie Briefe mit Fred geschrieben, weil sie die Wahrheit aus ihm herausbekommen wollte.
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Eine richtige Antwort ist er ihr aber immer schuldig geblieben.
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Aber er saß dann auch im Gefängnis?
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Die sitzen zu diesem Zeitpunkt immer noch alle drei.
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Und Karl und Fred wurden auch zum Tode verurteilt.
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Sie weiß jetzt nicht mehr, ob sie ihm glauben soll, dass Karl geschossen hat.
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Die Staatsanwaltschaft hält Fred nämlich für den Schützen.
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Auf Renate kann sich Debbie immer verlassen.
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Anfangs hatte Renate zwar Zweifel daran, dass Debbie wirklich unschuldig ist, weil sie ja sich damit auch gegen ihre Tochter, also gegen Debbies Schwester und ihren Ex-Mann stellen musste, die ja beide gegen Debbie ausgesagt hatten.
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Aber irgendwann war sie überzeugt davon, dass Debbie einem Justizirrtum zum Opfer gefallen ist.
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In Deutschland macht Renate deswegen auf Debbies Fall aufmerksam.
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Sie sitzt in Talkshows.
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Manchmal an der Seite von Schauspielerin Uschi Glas, die sich ebenfalls für Debbie einsetzt.
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Eine dieser Talkshows habe ich damals gesehen.
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Debbie verbringt viel Zeit damit, ihrer Mutter Briefe aus dem Gefängnis zu schreiben.
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Debbie schreibt generell viel.
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Sie macht alles, damit ihr Hirn hier nicht zu Muß wird.
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So hat sie das beschrieben.
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Morgen steht sie schon um vier Uhr auf.
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Das ist für sie die beste Zeit, weil da noch die anderen schlafen und es ruhig ist.
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Im Gefängnis ist es nämlich immer laut.
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Diese wenigen ruhigen Momente nutzt sie.
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Debbie hatte auch schon ein paar Jurakurse belegt, um sich mit dem Justizsystem auseinanderzusetzen.
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So versteht sie auch besser, was die Anwälte machen.
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Die sind übrigens immer noch unermüdlich, für sie zu kämpfen.
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Und das nach so vielen Jahren.
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Ein paar Mal hatte sie ihr Anwaltsteam schon gewechselt.
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Aber alle hatten immer an sie geglaubt.
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Mitte der 90er Jahre hatten einmal Jurastudenten alte 18.000 Aktenseiten durchforstet und festgestellt, dass Gomez schon vor Debbie mehrfach unter Alt gelogen und Aussagen von Verdächtigen manipuliert hatte.
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Außerdem hatte eine Frau ausgesagt, dass Gomez ihr Straffreiheit gegen Sex angeboten hatte.
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Die ist damals auf diesen Dir sogar eingegangen, sagt sie.
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20 Verstöße hatten die Studenten entdecken können.
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Gebracht hat es aber nichts.
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Das Berufungsverfahren landete bei derselben Richterin, die damals Debbies Fall verhandelt hatte.
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Und die hatte kein Interesse daran, den Fall neu zu verhandeln.
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Debbies Hinrichtung wurde schon geprobt.
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Als sie hörte, dass der oberste Gerichtshof von Arizona entschied, dass sie nur noch 42 Tage zu leben haben sollte, musste sie sich plötzlich damit auseinandersetzen, was mit ihrem Leichnam und ihren Habseligkeiten passieren soll.
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Sie musste viele Formulare ausfüllen.
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Auch was sie als Henkers Mahlzeit haben möchte.
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Über all die Jahre hinweg hatte sie sich eine Liste angefertigt mit Dingen, die sie vermisste.
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Darauf standen auch Lebensmittel, so wie Schokoladeneis zum Beispiel.
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Das liebt Debbie besonders.
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Aber vielmehr vermisst sie Dinge wie Berührung, mal einen Kuss oder eine Umarmung von einem Menschen, den sie liebt.
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Ihren Besuch darf sie nur durch das Panzerglas sehen.
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Debbie entschied sich damals dafür, dass sie nichts Besonderes an dem Tag essen möchte.
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Hunger hat man da sowieso nicht, dachte sie.
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Als der Arzt geprüft hatte, welcher ihrer Venen sich am besten für die Hinrichtung eignen, hatte sie gesagt, er könne da doch auch gleich mal ihren Cholesterinwert checken.
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Wie ist die denn?
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Und genau von dieser sarkastischen Art, mit ihrem Schicksal umzugehen, sind die Menschen oft überrascht.
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Darüber scherzt man doch nicht.
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Sie weinte erst, als der Arzt weg war.
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Sie hatte generell nur selten die Kontrolle über sich verloren.
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Eigentlich nur einmal und das war, als sie mit ihrem Anwalt telefoniert hatte.
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Wann kommt denn dieser Hinrichtungsaufschub von dem Bundesgericht?
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Die meinen es hier todernst, hatte sie damals verzweifelt ins Telefon geschrien.
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Der Aufschub kam erst sieben Tage vor der angesetzten Hinrichtung.
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Also, oh Gott, knapper geht's ja gar nicht.
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Das ist ja die absolute Folter.
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Debbie weinte vor Erleichterung, als sie das erfuhr.
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Da wusste sie allerdings noch nicht, dass die sieben Jahre, die sie bisher gesessen hatte, erst der Anfang waren.
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Es folgten danach ja noch weitere siebzehn.
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Wir haben also ja jetzt 2013.
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Debbies neues Anwaltsteam macht Fortschritte.
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In den Jahren haben so viele Leute immer weiter für Debbie gekämpft, auch dann, wenn sie es selbst gar nicht mehr konnte.
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Debbie hat nämlich oft mit Depressionen zu kämpfen.
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2008, also fast 20 Jahre nach Max Tod, hatte sich die nächsthöhere Instanz, das Bundesberufungsgericht in San Francisco, mit Debbies Fall beschäftigt.
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Jetzt, vor kurzem, hatte sich endlich mal was getan.
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Nach mehreren Anhörungen und Jahren des Wartens hat der oberste Richter in seinem Urteil Debbies Todesstrafe aufgehoben und nimmt Arizonas Justiz hart in die Mangel.
00:20:16
Die Polizei und die Staatsanwaltschaft von Phoenix sollten sich schämen, so der Richter.
00:20:21
Als Debbie das hörte, hatte sie vor Freude geweint.
00:20:25
In diesem Moment hatte sie entschieden, dass sie nie auf die geraubten Jahre zurückblicken will.
00:20:30
Sie wird noch Jahrzehnte als freie Frau leben können, dachte sie.
00:20:34
Renate hatte ihr gesagt, sie solle ein blaues Kleid tragen, wenn sie irgendwann mal wieder frei sein darf.
00:20:40
Ist die Mutter von ihr eigentlich in Deutschland oder auch noch in Arizona?
00:20:45
Die ist in Deutschland.
00:20:46
Also die ist dann wieder zurückgezogen?
00:20:51
Aber sie wusste, dass Arizona sich das nicht so einfach gefallen lassen und das Urteil anfechten würde.
00:20:57
Also das Bundesgericht hat gesagt, die Todesstrafe ist aufgehoben, aber nicht, dass sie jetzt dann rauskommt oder dass es eine Revision gibt?
00:21:05
Nee, also die würden jetzt quasi neu entscheiden und nochmal verhandeln.
00:21:10
Genau, dann ist halt eben die Frage natürlich, muss sie jetzt in der Zeit weiter in Haft sitzen oder nicht?
00:21:15
Also war Debbie sich quasi sicher, dass Arizona das Urteil wieder anfechten würde.
00:21:19
Auch, obwohl der Gomez, der mittlerweile pensioniert ist, quasi für eine Zeugenaussage nicht mal mehr zur Verfügung steht, ja.
00:21:30
Der wurde nämlich ebenfalls von dem Richter öffentlich so diskreditiert, dass der daran halt einfach kein Interesse mehr hatte wahrscheinlich.
00:21:37
Aber es gibt ein neues Problem.
00:21:39
Dabbys Anwälte stehen nämlich unter Zeitdruck.
00:21:42
Dabbys Mutter Renate ist 2010 an einem Eierstockkarzinom erkrankt und muss sich durch eine schwere Chemotherapie kämpfen.
00:21:49
Ich darf noch nicht schlapp machen.
00:21:51
Ich habe schließlich noch eine Aufgabe zu erfüllen, sagt Renate dem Spiegel in diesem Jahr.
00:21:55
Aber man sieht ihr an, dass der Kampf gegen die Justiz und gegen den Krebs an ihr zerren.
00:22:01
Und ich erinnere mich nämlich, dass ich Renate in einer dieser Sendungen mal gesehen habe und da konnte sie dann nicht mehr persönlich da sitzen als Gast und wurde da zugeschaltet, weil sie halt eben für die Auftritte zu schwach war.
00:22:12
Und da sagte sie halt, dass sie sich nichts mehr wünscht, als noch zu erleben, dass ihre Tochter in Freiheit wieder leben kann.
00:22:21
Und es war aber so, dass sie ja über Jahre hinweg schon so oft enttäuscht wurde und dass sie sich halt hier jetzt nicht zu früh freuen wollten, weil sie halt nicht wussten, was jetzt noch passiert.
00:22:32
Und in einem Spiegelinterview sagte Renate zu dieser Zeit, dass sie mit Debbie so gern am Meer sitzen würde und hatte dann gesagt, wir träumen davon, nur da zu sitzen und mit den Füßen im Sand und auf den Horizont zu gucken.
00:22:43
Und ich weiß noch, dass ich zu meinem damaligen Freund gesagt habe, dass ich große Sorgen habe, weil man sieht, wie schwer krank diese Frau ist und dass ihr größter Wunschheit nicht mehr in Erfüllung geht.
00:22:56
Im September 2013 stimmt das Gericht Derbys Freilassung auf Bewährung endlich zu.
00:23:01
Gegen 250.000 Dollar darf sie das Gefängnis verlassen.
00:23:04
Das heißt aber nicht, dass sie frei ist.
00:23:06
Sie muss eine elektronische Fußfessel tragen und hat nachts Ausgangssperre.
00:23:10
Alkohol darf sie bis zum Ende des Verfahrens auch nicht trinken.
00:23:14
Und das ist übrigens erst auf Februar 2015 angesetzt.
00:23:18
Renate setzt sich trotz ihres Zustands in den Flieger und will sofort zu Debbie und bleibt dann die Wochen zwischen den Chemotherapien da.
00:23:26
Als die beiden sich das erste Mal wieder in die Arme nehmen können, zittern sie am ganzen Körper.
00:23:30
Mutter und Tochter haben sich endlich wieder.
00:23:33
Zwar nicht wirklich in Freiheit, aber immerhin ohne Panzerscheibe dazwischen.
00:23:38
Das haben sie sich ja immer gewünscht.
00:23:40
Ans mehr schaffen sie beiden es allerdings nicht mehr.
00:23:45
Als im August 2014 klar wird, dass Renate nur noch ein paar Tage zu leben hat, stellen Derbys Anwälte einen Antrag, dass Debbie zu ihrer Mutter fliegen darf, um sich zu verabschieden.
00:23:54
Die Staatsanwaltschaft tut das als absurdes Ansinnen ab.
00:23:57
Renate stirbt mit 71 Jahren in Karlsruhe.
00:24:01
Ohne Debbie an ihrer Seite.
00:24:03
Sie hat immer dafür gekämpft, dass ihre Tochter frei kommt.
00:24:06
Fast ein Vierteljahrhundert lang.
00:24:09
Bis heute hat man nicht ermitteln können, warum Max sterben musste.
00:24:12
Fred und Karl sitzen dafür immer noch in Haft.
00:24:14
Debbys Vater ist mittlerweile verstorben.
00:24:17
Am Ende war er sich nicht mehr so wirklich sicher, ob seine Tochter wirklich zu einem Mord fähig gewesen wäre.
00:24:22
Aber was macht das für einen Unterschied?
00:24:24
Debbie hatte den Staat Arizona verklagt, um eine Haftentschädigung zu bekommen.
00:24:29
Ob Gabe geflossen ist, ist bisher nicht bekannt, aber bis 2016 hatte sie davon zumindest noch nichts gesehen.
00:24:35
In den Wochen nach der Haftentleistung nimmt Deborah 13 Kilo zu.
00:24:38
Sie genießt das Eis und Obst und Kuchen, all das, was es in der Haft nicht gab.
00:24:43
Ihr Arzt redet ihr damals, etwas kürzer zu treten.
00:24:46
Sie antwortet, noch nicht.
00:24:49
Nur ein paar Monate nach Renates Tod lässt das Gericht alle Anklagepunkte gegen Debbie verbindlich fallen.
00:24:55
Die Gerichtsanhörung dauert keine fünf Minuten.
00:24:58
In einer Presseerklärung danach erklärt sie, dass sie Max schmerzlich vermisst und niemals vergessen wird.
00:25:04
Und dass ihre Freiheit keine Genugtuung, sondern bittersüß ist.
00:25:08
Und dass sie den Menschen dankt, die immer für sie da waren und sie unterstützt haben.
00:25:12
An diesem Tag trägt sie in Gedenken an ihre Mutter ein blaues Kleid.
00:25:16
Wie lange war sie jetzt dann in Haft insgesamt?
00:25:20
Sie saß 23 Jahre unschuldig in der Todeszelle und aber noch ein bisschen länger generell in Haft.
00:25:28
Wie furchtbar, wie schrecklich.
00:25:30
Vor allen Dingen, was wurde da ermittelt?
00:25:35
Man kann immer noch nicht sagen, warum der gestorben ist.
00:25:38
Das ist doch total verrückt, oder?
00:25:41
Und auch für sie, ja.
00:25:43
Also natürlich, die ist jetzt wieder draußen.
00:25:46
Aber wie kann man da so abschließen, wenn man nicht mal das Warum geklärt haben kann?
00:25:55
Du kannst damit, glaube ich, gar nicht abschließen.
00:25:57
Also ich meine, was ist das?
00:25:59
Überleg mal, da wird dein Sohn ermordet, was das Allerschlimmste sein muss für eine liebende Mutter.
00:26:07
Und dann wirft man dir das vor, das getan zu haben.
00:26:11
Und dann raubt man dir dein halbes Leben für etwas, was sie überhaupt nicht gemacht hat.
00:26:17
Vor allem auch so absurd, ja.
00:26:20
Also in Auftrag gegeben, den eigenen Sohn zu töten.
00:26:24
Und dann hatten sie gar keine, also so richtige Beweise gab es ja nicht, weil die haben ja das Geständnis wieder zurückgezogen, das sie gesagt haben.
00:26:33
Es gab im Prinzip gar nichts, also vor Gericht, vor der Verhandlung gab es selber nur die Aussage von Gommes, sie hätte gestanden.
00:26:39
Und ja, okay, man hatte in ihrer Tasche Patronen gefunden, die waren aber nicht von ihr.
00:26:44
Weil sie beim Aufräumen hatte sie irgendwo diese Patronenhülsen von dem Fred gefunden.
00:26:53
Und dann war sie so sauer, weil ja ihr Kind auch mit in dem Haushalt wohnt und hatte die Patronenhülsen quasi in ihre Tasche getan.
00:27:00
In so eine kleine Seitentasche, damit sie da nicht rumliegen.
00:27:04
Okay, und das haben die gegen die verwendet dann, ja.
00:27:08
Debbys Ex-Mann Tom hatte übrigens über all die Jahre immer mal wieder Interviews gegeben und hat dann gesagt, warum er glaubt, dass seine Ex-Frau seinen Sohn hat ermorden lassen.
00:27:19
Aber einen Zusammenhang zu der Tat konnte man ihm nie nachweisen, auch wenn Debbie diese Vermutung hatte.
00:27:27
Zur Recherche habe ich übrigens das Buch Ein geraubtes Leben von Jana Bommersbach gelesen.
00:27:31
Das hat sie mithilfe von Debbie und Renate und noch vielen anderen geschrieben, die quasi an der Geschichte beteiligt waren.
00:27:37
Wir haben ja schon über echt ganz viele schreckliche Fälle geredet.
00:27:40
Aber dieser ging mir jetzt irgendwie so nah, weil mich das so angefasst hat, dass diese Mutter so ewig hier für die Tochter gekämpft hat und einfach nicht Ruhe gegeben hat.
00:27:49
Das muss ja auch so furchtbar ermüdend sein, wenn du merkst, dass du immer wieder kämpfst und wenn du gegen die Justiz nicht ankommst.
00:27:57
Und wie traurig, dass sie das dann nicht erlaubt haben, dass sie da hinfliegen kann oder so.
00:28:03
Ja, weil die haben halt gesagt, ja, ihr Prozess ist noch nicht vorbei und wenn sie jetzt hier fliehen, dann...
00:28:12
Ja, aber das ist auch so traurig, weil sie ja jetzt mit 70 gestorben ist, das ist ja auch kein Alter, ne.
00:28:17
Also die hätten noch so viele Jahre zusammen gehabt, das ist halt so traurig.
00:28:21
Das verstehe ich, dass dir der so nah gegangen ist.
00:28:26
Ja, es ist einfach wahnsinnig tragisch, dass sie natürlich immer noch nicht weiß, warum es passiert ist.
00:28:31
Aber immerhin sitzen die beiden Männer, die es getan haben, zumindest in Haft.
00:28:37
Wie geht's denn der Debbie heute?
00:28:40
Also Debbie war zwischenzeitlich auch nochmal in Berlin und ich glaube, sie hat hier eine Zeit lang gewohnt.
00:28:45
Aber nach meinem Wissen hat sie bisher halt noch kein Geld bekommen.
00:28:48
Oder sie haben sich darüber geeinigt, dass es nicht an die Öffentlichkeit kommt.
00:28:53
Aber das würde ich ihr schon sehr wünschen.
00:28:56
Ja, auf jeden Fall.
00:28:56
Ich meine, Geld ist sowas sowieso nicht zu entschädigen, aber das wäre ja wohl das Mindeste.
00:29:01
Kommen wir zu meinem Aha über die Todesstrafe in den USA.
00:29:05
Eine Gefängnisreporterin aus den USA war bei fast 300 Hinrichtungen dabei.
00:29:09
Und sie beschreibt es so, als würde man jemanden beim Einschlafen zusehen.
00:29:13
Was, finde ich, irgendwie eine seltsame Beschreibung ist, weil bei der Giftspritze wird ein Medikament verabreicht, das die Atemmuskulatur lähmt.
00:29:23
Bei der Giftspritze treten aber auch immer mal wieder Komplikationen auf.
00:29:26
Bei vielen, der zu Tode verurteilten, sind nämlich die Wehen durch jahrelangen Drogenmissbrauch nicht mehr so richtig geeignet.
00:29:33
Deswegen sticht man manchmal daneben oder es wird aus Versehen in den Muskel gespritzt, was starke Schmerzen verursacht.
00:29:40
Und die Gerichtsreporterin berichtet, dass manche Verurteilte verzweifelt um Vergebung bitten davor oder sich entschuldigen.
00:29:46
Manche weinen, andere zitieren Bibelferse.
00:29:49
Texas ist übrigens der Bundesstaat in den USA, wo am meisten Menschen hingerichtet werden.
00:29:54
Seit 1976 waren das bis Januar diesen Jahres 559.
00:30:02
In Arizona, also da, wo Debbie in Haft saß, waren es 37.
00:30:06
Die meisten Todeskandidaten sitzen übrigens momentan in Kalifornien in Haft.
00:30:10
Das sind 744 Menschen.
00:30:12
Aber Kalifornien ist mit der Vollstreckung quasi viel zurückhaltender als beispielsweise Texas.
00:30:18
Texas verhängt ja sehr gerne offenbar die Todesstrafe.
00:30:21
Und im Gegensatz zu den meisten anderen Staaten heben dort nur selten die Berufungsgerichte das Urteil wieder auf.
00:30:27
Die Chancen, dass ein Todesurteil aufgehoben wird, stehen nämlich eigentlich gar nicht so schlecht.
00:30:31
Also in den USA durchschnittlich bei 68 Prozent.
00:30:34
In Texas sind es aber nur drei.
00:30:36
Die Giftspritze gilt als humanste Form der Hinrichtung.
00:30:41
Es gibt aber auch noch andere zugelassene Formen der Todesstrafe.
00:30:44
Die zweithäufigste Form der Exekution in den USA ist der elektrische Stuhl.
00:30:48
Bei dieser Methode wird der Häftling mit Ledergurten an einem Stuhl befestigt.
00:30:52
Und danach werden Elektroden am kalgeschorenen Kopf und am Unterschenkel angebracht.
00:30:56
Und dann wird ein Lederriemen über den Kopf gezogen, damit der dann am Stuhl befestigt ist.
00:31:02
Und in manchen Bundesstaaten wird das Gesicht zusätzlich mit einer Kapuze bedeckt.
00:31:06
Sobald der Strom fließt, verkrampfen sich alle Muskeln und der Körper wird gegen die Gurte geworfen.
00:31:11
Was dann passiert, ist so menschenunwürdig.
00:31:14
Und deswegen will ich das jetzt ja auch gar nicht genauer ausführen.
00:31:18
Und da müssen ja immer Leute zuschauen.
00:31:20
Das ist ja das Krasse.
00:31:21
Es ist ja das Gesetz, dass da Leute zuschauen müssen.
00:31:24
Dass da quasi ja normale Leute zuschauen müssen.
00:31:27
Wie normale Leute?
00:31:31
Das ist doch nicht das Gesetz, dass normale Leute zugucken müssen.
00:31:35
Es muss Zeugen geben.
00:31:39
In manchen Staaten.
00:31:40
Ich weiß nicht, ob es in allen Staaten ist.
00:31:41
Aber in manchen Staaten müssen sozusagen normale zivile Leute da zuschauen als Zeugen.
00:31:47
Ich dachte wirklich, dass dieser Edeckstuhl gar nicht mehr benutzt wird.
00:31:53
Das ist schon echt krass.
00:31:54
Also ich mag mir jetzt gar nicht anmaßen, wie das für jemanden ist, in der Todeszelle zu sitzen,
00:31:59
der auf seiner Hinrichtung wartet.
00:32:00
Aber ich glaube, dass ich den Tod an sich gar nicht so fürchten würde.
00:32:05
Aber wenn ich weiß, was für Schmerzen diese Hinrichtung bedeutet.
00:32:08
Und darauf wartest du dann irgendwie so wie Debbie 23 Jahre.
00:32:13
Das ist so schrecklich.
00:32:14
Vor allen Dingen, das ist so schlimm, dass wenn man die Todesstrafe bekommt, dass man dann noch so lange warten muss.
00:32:20
Das ist für mich das Allerschlimmste.
00:32:22
Wenn du 30 Jahre bekommst, dann wartest du auf diesen Tag, wo du freigelassen wirst.
00:32:27
Also du hast die Hoffnung, wenn du die Todesstrafe bekommst.
00:32:30
Ich finde, das ist so menschenunwürdig, dass du dann noch so lange warten musst, weil du ja nur da drauf wartest.
00:32:36
Ja, das ist so krass, dass es da noch die Todesstrafe gibt.
00:32:40
Und Debbie hatte übrigens damals die Wahl, ob sie durch die Giftspritze oder durch die Gaskammer hingerichtet wird.
00:32:47
Aber als geborene Deutsche kam das für sie halt nicht in Frage.
00:32:50
Momentan wird diese Art der Hinrichtung in den USA nicht mehr vollzogen.
00:32:54
Einige Bundesstaaten behalten sich es aber tatsächlich vor, das wieder einzusetzen.
00:32:58
Und dann ist es so, dass Blausäure die Sauerstoffzufuhr zum Gehirn kappt, wodurch dann starke Krämpfe ausgelöst werden.
00:33:06
Und der Betroffene erlebt dann Schmerzen, ähnlich wie bei einem Herzinfarkt.
00:33:10
Tod durch Erschießen gab es das letzte Mal in den USA, 2010 in Utah.
00:33:15
Eigentlich hatte der Staat diese Form der Hinrichtung schon abgeschafft.
00:33:18
Aber die, die quasi vorher zum Tod verurteilt wurden, die durften sich das dann noch aussuchen, was sie benutzen als Hinrichtung.
00:33:25
Und drei Bundesstaaten haben sich auch noch das Erhängen als mögliche Methode verzeichnet.
00:33:30
Das wird aber auch nicht mehr vollzogen.
00:33:32
Am besten öffentlich, auf dem Marktplatz.
00:33:35
Also das gibt es echt nicht echt wie im Mittelalter.
00:33:39
Aber da würde ich mir doch lieber das mit der Pistole aussuchen.
00:33:43
Also das verstehe ich nicht.
00:33:46
Aber es können die Leute sich doch nicht mehr aussuchen.
00:33:48
Nein, aber ich finde es so verwunderlich, dass der Staat sagt, okay, wir behalten hier die Todesstrafe und dann nehmen wir auch noch eine Form, wo es oft oder wo es zumindest zu oft Komplikationen gibt.
00:34:00
Naja, aber wahrscheinlich, weil die ja dann einen auszuführenden Menschen haben müssen, der die alle abknallt.
00:34:11
Und das ist, glaube ich, das Krasse, weil wenn du jemandem eine Spritze gibst und dann nach zwei, drei Minuten wirkt das, ich glaube, das ist was anderes, als wenn du jemand, wenn jemand jemanden erschießen muss.
00:34:20
Ja, aber das Ergebnis ist das Gleiche.
00:34:22
Natürlich, aber du brauchst ja Leute, die das machen.
00:34:25
Ich denke, dass das ein bisschen das Problem ist, dass das deswegen nicht so ist.
00:34:29
Also ich weiß nicht, also weiß ich nicht, ob das das Problem ist.
00:34:33
Also mich hat das gewundert, dass sie sagen, die Giftspritze ist die humanste Form.
00:34:39
Für den Menschen, der die gibt.
00:34:40
Und darauf kommt es ja immerhin an.
00:34:44
Erst im Jahr 2005 hatte der oberste Gerichtshof in den Vereinigten Staaten entschieden, dass das Todesurteil für noch nicht 18-Jährige als grausam und ungewöhnliche Strafe gilt.
00:34:53
Und damit sind sie quasi nicht mehr hinrichtungsgeeignet.
00:34:57
Diese Hinrichtungseignung gilt übrigens auch nicht für geistig Behinderte.
00:35:01
Aber wann ein Häftling als geistig behindert gilt, das entscheidet wieder der jeweilige Bundesstaat selbst.
00:35:07
Mittlerweile gibt es übrigens noch in 30 Bundesstaaten die Todesstrafe.
00:35:12
Und laut Death Penalty Information Center wurden 142 Menschen seit 1973 aus dem Todestrakt in die Freiheit entlassen, weil in den meisten Fällen DNA-Beweise sie entlastet hatten.
00:35:25
Daran sieht man, wie oft auch falsch ermittelt wurde, falsch geurteilt wurde.
00:35:31
Und das sind ja nicht alle, das sind ja nur ein paar.
00:35:34
Du musst mal überlegen, es gibt im Prinzip 142 Debbys.
00:35:39
Oder zumindest ähnliche Fälle.
00:35:42
Ich habe irgendwie so absurd viele Dinge darüber gelesen, dass ich mich gefragt habe, ob wir dazu vielleicht eventuell auch mal eine Folge machen wollen.
00:35:51
Dann könnten wir euch demnächst mal auf Instagram eine Umfrage dazu online stellen, ob ihr Lust auf eine Diskussion über die Todesstrafe habt.
00:36:00
Okay, ich spreche heute über einen Fall, den alle Juristen kennen und von dem man immer erstmal denken würde, es wäre einer dieser Beispielfälle, die sich irgendein verrückter Dozent für die Juraklausur ausgedacht hat.
00:36:14
Aber nein, leider ist dieser Fall keine Fiktion, sondern Realität.
00:36:18
Es ist ein lauer Sommerabend im Jahr 1986 im Sauerland, in der Nähe vom Mönesee.
00:36:25
An diesem 30. Juli klingelt es um 11 Uhr an der Tür des Ehepaars N.
00:36:30
Annemarie N. ist an diesem Abend alleine zu Hause und erwartet eigentlich keinen Besuch mehr.
00:36:34
Über die Sprechanlage fragt die Blumenhändlerin, wer ist da?
00:36:38
Ein Polizist meldet sich und fragt nach Annemaries Mann.
00:36:42
Da der nicht zu Hause ist, verabschiedet sich der fremde Mann wieder.
00:36:45
Doch kurze Zeit später klingelt es erneut.
00:36:48
Es ist wieder der Polizist.
00:36:50
Er fragt, ob er nicht noch kurz Blumen mitnehmen könnte.
00:36:52
Annemarie fragt amüsiert, haben sie irgendwo etwas wieder gut zu machen?
00:36:56
Der Polizist antwortet, ja.
00:36:59
Annemarie kommt runter, macht dem Mann die Tür auf und geht mit ihm in den anliegenden Laden.
00:37:03
Dort sucht sie die Blumen für ihn raus, als sie plötzlich einen stechenden Schmerz verspürt.
00:37:08
Der Mann hatte von hinten mit einem 20 cm langen Messer zugestochen.
00:37:12
Annemarie bricht zusammen.
00:37:13
Der Mann kniet sich auf ihre Schulter, drückt sie mit einer Hand zu Boden
00:37:17
und fügt ihr einen langen Schnitt am Hals zu.
00:37:20
Insgesamt sticht der Mann zwölfmal auf Annemarie ein.
00:37:24
Während der Polizist noch über ihr beugt, kommt Annemaries Freundin in den Laden.
00:37:28
Sie war von den Schreien geweckt worden und als sie die Szene erblickt,
00:37:32
rennt sie sofort wieder raus, um Hilfe zu holen.
00:37:34
Daraufhin lässt der Polizist von Annemarie ab und flieht.
00:37:37
Annemarie, halbbewusstlos, schleppt sich zum Telefon und ruft die Polizei.
00:37:42
Dann fällt sie ohnmächtig zu Boden.
00:37:45
Als die Beamten am Tatort ankommen, sehen sie Annemarie in einer großen Pfütze Blut liegen.
00:37:50
Neben ihr zwei Rosen zu einem Kreuz übereinander gelegt.
00:37:53
Schon am Tag nach der Tat wird der Polizist Michael R. verhaftet.
00:37:58
Immer wieder fragt er geradezu ängstlich, ist Frau N. tot?
00:38:04
Tatsächlich ist Annemarie nicht tot.
00:38:06
Sie hat wie durch ein Wunder überlebt.
00:38:08
Michael R. leugnet die Tat zwar nicht, verraten, warum er die Blumenhändlerin töten wollte, will er aber nicht.
00:38:14
Acht Monate später kommt es zur Verhandlung.
00:38:17
Und gleich am ersten Prozesstag fordert Michael R.'s Verteidiger, die Verhandlung zu verschieben.
00:38:22
Er sage, es müsse neu ermittelt und auch neu angeklagt werden.
00:38:25
Er ist sich sicher, hinter seinem Mandanten gibt es zwei andere Täter.
00:38:29
Die wahren Täter.
00:38:32
Michael R. wird am 28. Oktober 1958 geboren.
00:38:36
Eine einfache Kindheit hat er nicht.
00:38:38
Er wird viel gehänselt und von seinen Mitschülern sogar geschlagen.
00:38:41
Sein Vater will, dass er Berufssoldat wird.
00:38:43
Am Ende landet Michael aber bei der Polizei.
00:38:46
Auch dort wird er gemobbt und von seinen Kollegen verachtet.
00:38:49
Michael fängt an zu trinken und zu spielen.
00:38:52
Als er 23 ist, lernt er die 18-jährige Barbara H. kennen.
00:38:56
Barbara schenkt ihm endlich die Aufmerksamkeit, die er sich so sehr wünscht.
00:39:00
Barbara hat erst vor kurzem ihre große Liebe Udo verloren.
00:39:03
Sie war vor zwei Jahren von Udo schwanger geworden.
00:39:05
Er wollte aber das Kind nicht, weshalb Barbara es dann abtrieb.
00:39:08
Danach war nichts mehr so wie vorher und die Beziehung gescheitert.
00:39:12
Auch Barbara war dann dem Alkohol verfallen.
00:39:15
Im Mai 1982 zieht sie zu Michael.
00:39:17
Obwohl Michael alles für Barbara tut, verliebt sie sich nicht in ihn.
00:39:22
Ihre Beziehung gleicht eher einer Freundschaft, miteinander ins Bett gehen die beiden nicht.
00:39:26
Aber Barbara vertraut Michael und erzählt ihm, dass sie seit einiger Zeit von einem internationalen Zuhälterring verfolgt wird.
00:39:33
Dass sie immer wieder versteppt, gefoltert und vergewaltigt wird.
00:39:36
Michael fragt, warum sie sich denn nicht bei der Polizei deswegen meldet.
00:39:40
Und Barbara erzählt, dass der Zuhälterring bis in die höchsten Ränge von der Polizei und öffentlicher Verwaltung vorgedrungen ist und sie deshalb keinen Sinn daran sieht.
00:39:48
Das leuchtet Michael ein.
00:39:50
Er will ihr helfen.
00:39:51
Auf eigene Faust richtet er einen Personenschutz für Barbara ein, stellt Listen von Verdächtigen auf, überprüft Nummernschilder und lässt Barbara nicht mehr aus den Augen.
00:40:00
Wenn er bei der Arbeit ist, passen Bekannte von ihm auf sie auf.
00:40:03
Auch wenn er Nachtschicht hat.
00:40:05
Als Michael dann eines Morgens von der Schicht nach Hause kommt, erwischt er Barbara mit einem ihrer Aufpasser im Bett.
00:40:10
Michael ist schockiert und gekränkt.
00:40:13
Er sagt ihr, dass sie ausziehen soll und das macht Barbara dann auch.
00:40:16
Und Michael verliert sie aus den Augen.
00:40:18
Kurze Zeit später lernt Barbara Peter ihren Nachbarkennen.
00:40:22
Peter ist 43 Jahre alt.
00:40:24
Er ist verheiratet, aber lebt von seiner alkoholkranken Frau getrennt.
00:40:28
Die beiden haben neun Kinder, aber nur der 15-jährige Hannes wohnt bei ihm.
00:40:32
Peter interessiert sich sehr für Religion und Okkultismus.
00:40:35
In Barbara ist er von Anfang an total verknallt, genau wie Michael es war.
00:40:39
Auch wenn sie auch mit ihm keinen Sex haben will.
00:40:43
Die Begeisterung für das Okkulte kann Peter an Barbara weitergeben.
00:40:45
Und zusammen kaufen sie sich Bücher und Zeitschriften zu dem Thema.
00:40:49
Dabei erfahren die beiden auch von der Geschichte von Atlantis, der versunkenen Stadt.
00:40:53
Die beiden beschäftigen sich so intensiv mit diesen Themen,
00:40:56
dass sie sich langsam, aber sicher in dieser Welt verlieren.
00:40:59
Dann, Anfang 1986, also drei Jahre nachdem Barbara aus Michaels Wohnung ausziehen musste,
00:41:06
treffen die beiden wieder aufeinander.
00:41:08
Und kurz Zeit später zieht Michael zu Barbara.
00:41:11
Michael, Barbara und Peter leben fortan in einer Art Dreiecksbeziehung,
00:41:15
in der Sex immer noch keine Rolle spielt.
00:41:17
Michael ist froh, Barbara wieder in seinem Leben zu haben.
00:41:20
Sie erzählt ihm, dass sie zwischenzeitlich von dem Zuhälterring nach Hamburg verschleppt
00:41:24
und dort zur Prostitution gezwungen wurde.
00:41:27
Die Männer hätten sie dort mit Hunden und Insekten gefoltert.
00:41:31
Und nur weil Barbara dem Boss dieses Rings sympathisch sei, wäre sie bisher nicht umgebracht worden.
00:41:36
Der Boss hätte ihr immer wieder Informationen zugesteckt, um sie vor Anschlägen zu wahren.
00:41:40
Und zwar mithilfe von Zeitungsannonsen, in denen er versteckte Nachrichten untergebracht hätte.
00:41:45
Barbara habe so den meisten Anschlägen mit sogenannten Nadelgeschossen entkommen können, erzählt sie.
00:41:52
Michael waren die Geschichten vom Zuhälterring schon früher etwas komisch vorgekommen,
00:41:56
aber diese neuen Storys hören sich total unglaubwürdig für ihn an.
00:42:00
Doch Barbara zeigt ihm die Zeitungsannonsen und bei genauer Betrachtung meint auch Michael geheime Botschaften des Zuhälters zu lesen.
00:42:08
Eines Tages kommt Barbara nach Hause und erzählt Michael, dass sie mit eigenen Augen gesehen hätte,
00:42:13
wie der Boss des Syndikats bei lebendigem Leib verbrannt wurde.
00:42:18
Danach wird es zu Michaels Hauptaufgabe, auf Barbara aufzupassen.
00:42:21
Trotz seiner ständigen Aufmerksamkeit wird Barbara scheinbar ein paar Mal vor Nadelgeschossen getroffen.
00:42:28
Michael ist bei diesen Angriffen nie dabei.
00:42:32
Aber im Nachhinein hat Barbara immer große Schmerzen.
00:42:35
Sie verliert auch für kurze Zeit Seh-, Hör- und Sprechvermögen.
00:42:39
Dann hören die Angriffe ganz plötzlich auf.
00:42:42
Warum kann Barbara ihm nicht erklären?
00:42:44
Im Laufe des Zusammenlebens mit Peter und Barbara kommt natürlich auch Michael mit dem Thema Okkultismus in Berührung.
00:42:51
Barbara und Peter bringen ihm nach und nach alles über Seelenwanderung, Hexenverbrennung und Atlantis bei.
00:42:58
Sie erzählen ihm, dass alle drei vor 12.000 Jahren mit Schuld an dem Untergang der versunkenen Stadt gewesen wären.
00:43:08
Und zwar, weil Barbara sich geweigert hätte, den Herrscher von Atlantis zu heiraten.
00:43:15
Alle Männer haben das auf die Barbara abgesehen.
00:43:18
Und damit hätten sie den Zorn des Gottes der Finsternis auf sich gezogen.
00:43:23
Dem sogenannten...
00:43:28
Der Katzenkönig hätte damals noch in menschlicher Gestalt gelebt und sich aber nach und nach in eine monströse Katze verwandelt.
00:43:37
Michael und Peter hätten Barbara damals vor dem Katzenkönig gerettet.
00:43:41
Der sei dann aber noch wütender geworden, weshalb er Atlantis schließlich hat untergehen lassen.
00:43:46
Das ist doch nicht deren Ernst.
00:43:49
Weil die drei deshalb quasi mit Schuld am Tod von tausenden Menschen seien, müssten sie immer, wenn die Welt bedroht ist, einspringen und Opfer bringen.
00:43:57
Und jetzt sei der Katzenkönig wieder auf die Erde gekommen und bedrohe die Menschheit erneut.
00:44:02
Beweise dafür finden die drei überall auf der Welt.
00:44:04
Das Reaktorunglück in Tschernobyl im April 86, der potenziell bevorstehende Dritte Weltkrieg und die vielen Umweltkatastrophen, die die Welt heimsuchen.
00:44:13
Kennst du diese Anime-Trickfilme von früher?
00:44:19
So wie so Sailor Moon oder Jandy Kamikaze, die so hört sich das an.
00:44:24
Nur halt schlimmer.
00:44:27
Und noch eine Schippe draufgesetzt.
00:44:31
Auf jeden Fall gingen alle diese Katastrophen auf die Kappe des Katzenkönigs, der sich momentan in der Nähe des Möhnesees aufhalten soll.
00:44:40
Das erzählen Barbara und Peter.
00:44:41
Auf einem kleinen Friedhof am Ufer des Sees schleiche er oft nachts herum.
00:44:45
Während sich Michael anfangs noch weigert, die Geschichte zu glauben, ist er irgendwann auch von der Existenz des Katzenkönigs überzeugt.
00:44:53
Barbara, Peter und Michael fahren daraufhin fast jeden Abend zu dem Friedhof, um dort Rituale abzuhalten, um den Katzenkönig zu beschwichtigen.
00:45:01
Michael sieht an einem Abend, wie der Katzenkönig von Barbara besitzt ergreift.
00:45:10
Auch an anderen Tagen schafft es der Katzenkönig Barbara in seinen Bann zu ziehen.
00:45:29
Um sowas zu verhindern, müsste Michael immer wieder in den eiskalten See springen mit voller Montur.
00:45:34
Das sagt ihm Barbara.
00:45:36
Ein anderes Mal an einer dieser Opfernächte soll er die ganze Nacht wach bleiben.
00:45:40
Doch das schafft Michael nicht.
00:45:42
Weil es aber verboten ist, einzuschlafen und er so den Tod von 50 Engeln verursache, die eigentlich dabei helfen, den Katzenkönig aufzuhalten, wird Michael von Barbara verflucht.
00:45:53
Sie steht vor ihm und ruft, jo esera et cholera und in seinem Körper fühlt Michael plötzlich heftige Gegenwehr.
00:46:01
Danach ist Michael völlig am Ende.
00:46:03
Er zündet sich eine Zigarette an und damit verstößt er gegen ein weiteres Verbot.
00:46:08
Daraufhin schaut Barbara ihn mit starrenden Katzenaugen an und hält zwei Finger gekreuzt übereinander.
00:46:13
In dem Moment, in dem sie das macht, spürt Michael einen Schlag im Herzen, dass er glaubt, er müsse sterben.
00:46:18
Michael ist sich jetzt endgültig sicher, dass Barbara von einer dämonischen Kraft beherrscht wird.
00:46:23
Um zu helfen, lässt er sich taufen.
00:46:26
Nach seiner Taufe schreibt er in das Kirchenbuch, hilf allen, denen geholfen werden muss.
00:46:31
Im April 1986 erfährt Barbara, dass ihre große Liebe Udo sich verlobt hat und bricht zusammen.
00:46:39
Barbara ist eifersüchtig und so wütend, dass in ihr ein furchtbarer Plan heranwächst.
00:46:44
Die neue Frau von Udo soll sterben und Michael soll sie töten.
00:46:48
Am 23. Juli 1986, zwei Tage vor der Hochzeit von Udo und seiner Verlobten, verfällt Barbara bei einem der Opferrituale in Trance.
00:46:58
Dabei schreibt sie die Botschaft, die ein Erzengel ihr gegeben haben soll, auf einen Zettel.
00:47:03
Nur noch ein Menschenopfer kann den Katzenkönig besänftigen.
00:47:07
Getötet werden muss die Braut des Udo N.
00:47:09
Ausersehen als Täter und damit als Retter der Menschheit ist Michael R.
00:47:14
Was für ein Glück für ihn.
00:47:15
Aber Michael bekommt Angst.
00:47:18
Er soll jemanden töten?
00:47:19
Er wendet sich hilfesuchend an Peter.
00:47:22
Doch der sagt, Michael solle das besser ernst nehmen.
00:47:24
Wenn er dem Katzenkönig das Opfer nicht bringt, dann werden Millionen Menschen sterben.
00:47:29
Bei Sailor Moon konnte ja auch nur Sailor Saturn irgendwie jemanden umbringen.
00:47:38
Naja, auf jeden Fall will Michael kein Mörder sein.
00:47:42
Er sagt zu Barbara, aber im fünften Gebot heißt es, du sollst nicht töten.
00:47:46
Barbara erzählt ihm, dass ein Erzengel ihr gesagt hätte, dass dieses Gebot für ihn nicht gilt,
00:47:50
weil es ja ein himmlischer Auftrag ist.
00:47:52
Doch Michael kann nicht.
00:47:54
Er bietet sich stattdessen selbst als Opfer an.
00:47:57
Aber Barbara sagt, die Erzengel meinten, dass sein Tod nicht helfen werde.
00:48:00
Schließlich sieht Michael es ein und schwört Gottes Befehl auszuführen.
00:48:05
Am 30. Juli bekommt Michael von Peter ein Messer mit einer 20 cm langen Klinge.
00:48:10
Dann macht er sich auf den Weg.
00:48:12
Michael klingelt bei der Blumenhändlerin Anne-Marie N., der Ehefrau von Udo,
00:48:17
und sagt ihr, er müsse etwas wieder gut machen.
00:48:20
Und das ist in Michaels Augen nicht einmal gelogen.
00:48:23
Das ist irre, oder?
00:48:26
Das ist ja so verrückt.
00:48:28
Das ist komplett verrückt.
00:48:29
Aber ich habe im gleichen Moment, wo ich auch darüber lache,
00:48:33
habe ich unfassbares Mitleid für Michael.
00:48:36
So wie du das schilderst.
00:48:38
Und wenn das, was er erzählt, wirklich so war,
00:48:40
dann war er ja so unfassbar zerrissen auch in dem Moment,
00:48:44
wo er dann dachte, er kriegt jetzt diese Aufgabe.
00:48:46
Ja, er dachte wirklich, dass er damit halt Menschen retten kann.
00:48:50
Und dachte halt, okay, so nach dem Motto,
00:48:53
halt ein Opfer für Millionen Opfer.
00:48:55
Aber für mich hört sich das jetzt so ein bisschen so an,
00:48:58
als ob Peter und Barbara das auch geglaubt haben.
00:49:01
Dass es den Katzenkönig gibt?
00:49:03
Das haben sie auch geglaubt.
00:49:05
Die waren in dieser wahren Welt, alle drei.
00:49:09
Was meinst du denn, ich weiß ja nicht, ob du das schon gelesen hast,
00:49:13
aber wie der Prozess jetzt aussieht, werden alle drei verurteilt?
00:49:19
Und was würdest du denn als angemessene Strafe
00:49:23
für die jeweiligen Personen sehen?
00:49:26
Ich kann mir nur vorstellen, dass Michael nicht voll schuldfähig war,
00:49:30
weil der bestimmt irgendeine Psychose hatte und Wahnvorstellungen.
00:49:35
Und die anderen?
00:49:36
Ja, das weiß ich nicht.
00:49:37
Das kommt halt darauf an, ob jetzt im Prozess nachgewiesen wird
00:49:42
oder ob im Prozess das glaubhaft dargelegt wird,
00:49:44
dass die wirklich auch daran glaubten.
00:49:46
Weil im Zweifel würde ich das bei denen genauso sehen.
00:49:50
Also, an dieser Stelle sollte ich vielleicht auch nochmal kurz erwähnen,
00:49:54
dass es keinen Katzenkönig gibt und dass es auch den Zuhälterin nicht gab,
00:49:58
von dem Barbara Michael erzählt hatte.
00:50:01
Also kommen wir zum Prozess.
00:50:03
Der wurde verschoben und es wurde neu ermittelt und neu angeklagt.
00:50:07
Und ein halbes Jahr später stehen dann drei Personen vor Gericht.
00:50:10
Und zunächst geht es um Michael, also um den Menschen, der die Tat ausgeführt hat.
00:50:14
Und Michaels Anwalt beruft sich auf den sogenannten rechtfertigenden Notstand.
00:50:18
Also nach dem Motto, Michael hatte Annemarie N. ja nur töten wollen,
00:50:21
weil er dachte, damit Millionen andere Menschen zu retten.
00:50:25
Er will die Tat seines Mandanten also rechtfertigen,
00:50:27
da Michael glaubte, es hätte eine reale Gefahr für die Menschheit bestanden.
00:50:32
Aber es hatte ja gar keine Gefahr für die Menschheit bestanden.
00:50:35
Und deswegen klappt das nicht, Michael durch diesen rechtfertigen Notstand
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irgendwie ein milderes Urteil zu verschaffen.
00:50:44
Und selbst wenn eine Gefahr für die Menschheit bestanden hätte,
00:50:48
jetzt mal angenommen, das wäre wirklich so,
00:50:50
dann darf er trotzdem nicht ein Menschenleben gegen andere abwägen.
00:50:54
Genau, das sowieso auch nicht.
00:50:55
Aber Michael wird, wie du schon gedacht hast, für vermindert schuldfähig erklärt.
00:51:00
Die Gutachter diagnostizieren bei ihm zwar keinen Schwachsinn
00:51:03
und auch keine krankhafte psychische Störung.
00:51:06
Er habe aber eine hochabnorme Persönlichkeit,
00:51:09
die ihn durch die Überzeugungsarbeit von Barbara und Peter
00:51:12
in eine Wahngewissheit geführt hatte.
00:51:14
Und so wird Michael am 21. Dezember 1987 vom Landgericht Bochum
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des versuchten heimtückischen Mordes für schuldig befunden
00:51:23
und zu neun Jahren Haft verurteilt.
00:51:26
Und Barbara und Peter, die gelten als sogenannte mittelbare Täter.
00:51:30
Und zum mittelbaren Täter wird man eben, wenn man eine Tat,
00:51:33
die man sich selber wünscht, durch einen anderen begeht.
00:51:36
Das war ja hier der Fall.
00:51:37
Barbara und Peter hatten Michael manipuliert.
00:51:40
Den daraus entstandenen Irrtum haben sie ausgenutzt und gezielt gesteuert,
00:51:44
ihn sozusagen wie ein Werkzeug für ihre Zwecke eingesetzt.
00:51:48
Barbara und Peter werden also auch des versuchten Mordes verurteilt
00:51:51
und zwar sowohl aus Heimtücke wie bei Michael,
00:51:53
aber auch aus niedrigen Beweggründen.
00:51:56
Schließlich wollte Barbara nur ihre Nebenbuhlerin aus Eifersucht aus dem Weg räumen
00:52:01
und beide bekommen lebenslang.
00:52:03
Wieso aus Heimtücke?
00:52:04
Weil sie sich umgedreht hat?
00:52:06
Bei Michael war der von hinten und die, weil die von dem Plan wussten.
00:52:11
Was hältst du von dem Strafmaß der drei?
00:52:14
Schwierig, aber ich finde es zumindest gerechtfertigt,
00:52:16
dass Barbara und Peter ein höheres Strafmaß bekommen als Michael.
00:52:20
Also das hätte ich jetzt auch erwartet.
00:52:21
Das finde ich auch.
00:52:22
Ich finde aber, dass alle Strafen zu lang sind.
00:52:25
Also neun Jahre für Michael, das finde ich ziemlich lang.
00:52:28
Es ist ja kein Mord, also es ist kein versuchter Mord.
00:52:31
Aber was ich auch bemerkenswert fand eben war,
00:52:35
dass Peter genauso viel gekriegt hat wie Barbara,
00:52:38
obwohl ja Barbara eigentlich die auslaggebende Kraft war.
00:52:42
Ja, die wollte, dass Anne-Marie entstirbt.
00:52:45
Was wurde denn bei den beiden nochmal psychisch festgestellt?
00:52:50
Aber natürlich gehen alle drei in Revision
00:52:52
und der Bundesgerichtshof findet auch Mängel,
00:52:54
und zwar bei der Strafzumessung.
00:52:56
Das Gericht bemängelt nämlich,
00:52:57
dass das Landgericht nicht gesehen hatte,
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dass Barbara die treibende Kraft war.
00:53:01
Außerdem wirft es dem Landgericht vor,
00:53:03
eine Strafminderung bei Barbara und Peter
00:53:05
wegen ihrer abnormen Persönlichkeiten
00:53:07
nicht richtig geprüft zu haben.
00:53:08
Also scheinbar wurde da nicht richtig diagnostiziert oder geprüft.
00:53:12
Das hatten wir ja auch gerade schon besprochen.
00:53:16
Also, dass die jetzt ganz klar im Kopf waren,
00:53:18
ist ja auch nicht von auszugehen.
00:53:22
Der BGH sagt auf jeden Fall,
00:53:24
dass ihre Persönlichkeiten bei der Strafzumessung
00:53:26
berücksichtigt werden sollen.
00:53:27
Und deshalb wird dann auch nochmal verhandelt.
00:53:30
Und am 18. Januar 1989 entscheidet das Landgericht Bochum dann,
00:53:33
dass Barbara 14 Jahre,
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Peter 11 und Michael 8 Jahre sitzen müssen.
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Das ist auch immer noch viel, ne?
00:53:40
Ich finde das sowieso viel.
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Also, ich wusste nicht,
00:53:45
dass jemand lebenslangen kriegt
00:53:46
für einen versuchten Mord.
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Das ist ja schon ein Unterschied, ob das jetzt...
00:53:52
Natürlich die Absicht war, diese Person zu töten.
00:53:54
Ich finde das an sich schon richtig,
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der Täter darf nicht davon profitieren,
00:54:00
dass seine Tat dann nicht geklappt hat, sozusagen.
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Ich weiß, dass es Gründe gibt,
00:54:05
auch gute Gründe,
00:54:06
warum das trotzdem so ist,
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in den meisten Fällen.
00:54:12
im Endeffekt haben Barbara und Peter
00:54:15
nichts dazu beigetragen,
00:54:17
dass es nicht geklappt hat, sozusagen.
00:54:18
Wie geht's Annemarie heute?
00:54:21
Man weiß gar nichts über Annemarie.
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Also, die ist ja mit dem Leben
00:54:31
wunderbarerweise davon gekommen, ja?
00:54:34
das war ja total das Wunder.
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Ich habe nur gelesen,
00:54:38
dass sie psychisch und physisch
00:54:43
Probleme damit hatte, natürlich.
00:54:46
Ja, und wenn du das wieder in Betracht ziehst,
00:54:49
ist so eine lange Haftstrafe dann auch irgendwie,
00:54:52
erscheint das dann doch schon...
00:54:53
Ja, ich hatte mich nur gewundert,
00:54:54
nicht mein persönliches Rechtsgefühl,
00:54:57
sondern ich hatte mich gewundert.
00:54:59
Für die Vorbereitung zu meinem Fall
00:55:03
habe ich übrigens den Zeitartikel
00:55:04
Der Katzenkönig vom Mönesee
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von dem Strafrechtler Reinhard Merkel gelesen.
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Als ich den Fall recherchiert habe,
00:55:10
konnte ich nicht glauben,
00:55:11
dass Michael Barbara
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die Geschichte vom Katzenkönig abgekauft hat
00:55:16
und letztlich sogar jemanden dafür getötet hat.
00:55:18
Also, im Endeffekt ja nur,
00:55:20
weil Barbara das wollte.
00:55:21
Wie kann ein einzelner Mensch
00:55:24
das Denken und Handeln
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von jemand anderem so manipulieren,
00:55:27
dass dieser dann ein Mord
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oder ein Suizid begehen will?
00:55:30
Im Internet habe ich dann fast vergeblich
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nach zufriedenstellenden Antworten gesucht,
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bis ich auf den YouTube-Kanal
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von Herrn Prof. Hans-Peter Erb gestoßen bin.
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Der Sozialwissenschaftler
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beschäftigt sich nämlich seit fast 30 Jahren
00:55:44
mit dem Thema sozialer Einfluss.
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Deshalb habe ich ihn mal angerufen und gefragt,
00:55:48
mit welchen Mitteln schaffen es Menschen,
00:55:50
andere so zu manipulieren,
00:55:52
dass sie solch schreckliche Dinge für sie tun?
00:55:54
Hier seine Antwort.
00:55:55
Da fallen mir jetzt als Experten dazu
00:55:59
zwei Mechanismen ein,
00:56:02
die ganz wichtig sind.
00:56:03
Das eine ist die Abhängigkeit
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der Person, die manipuliert wird,
00:56:07
von der Person des Manipulators
00:56:08
oder der Manipulatorin.
00:56:10
Man fühlt sich also abhängig
00:56:13
von der Zuneigung,
00:56:14
von der sozialen Situation
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mit dieser Person.
00:56:19
was sicherlich ganz wichtig ist,
00:56:21
dieses Foot-in-the-door-Phänomen,
00:56:23
also dass man den Fuß in die Tür bekommt,
00:56:25
in dem man mit kleinen Bitten anfängt
00:56:29
und dann nach und nach das steigert,
00:56:31
sodass das manchmal über Monate sich hinzieht,
00:56:34
bis dann am Ende
00:56:35
so eine extreme Manipulation
00:56:37
tatsächlich stattfindet.
00:56:38
Und diese zwei Mechanismen
00:56:40
hatte ja auch Barbara angewandt.
00:56:42
dass Michael emotional von ihr abhängig war.
00:56:44
Er war ja so verfallen,
00:56:45
dass er sogar eine Dreiecksbeziehung
00:56:47
mit Peter in Kauf nahm,
00:56:48
um mit ihr zusammen zu sein.
00:56:49
Außerdem hatte sie ihm
00:56:51
schon ganz am Anfang
00:56:52
Geschichten erzählt,
00:56:53
die nicht gestimmt haben,
00:56:54
zum Beispiel das mit dem Zuhälterring.
00:56:55
Da hat sie schon gemerkt,
00:56:57
dass er ihr glaubt
00:56:58
und da hatte sie sozusagen
00:56:59
schon ihren Fuß in der Tür.
00:57:01
Und die Geschichte mit dem Katzenkönig
00:57:03
hatte sie ja über Monate hinweg ausgefeilt,
00:57:05
hatte immer mehr von ihm verlangt,
00:57:07
um den Katzenkönig zu besänftigen,
00:57:09
bis sie ihm schließlich
00:57:10
den größten Gefallen
00:57:11
oder eher gesagt Auftrag gab,
00:57:13
nämlich Anne-Marie N. zu töten.
00:57:15
Das ist natürlich
00:57:16
die extremste Art der Manipulation,
00:57:18
sagt Professor Erb.
00:57:20
Im Alltag manipulieren wir
00:57:21
nämlich alle ständig,
00:57:22
um das zu bekommen,
00:57:23
was wir uns wünschen.
00:57:24
Zum Beispiel in der Art,
00:57:25
wie wir uns Leuten gegenüber verhalten,
00:57:27
wie wir ein Verkaufsgespräch führen
00:57:29
oder eine Gehaltsverhandlung.
00:57:32
die so extreme Manipulatoren
00:57:34
wie Barbara sind,
00:57:34
haben in der Regel
00:57:35
eine Persönlichkeitsstörung,
00:57:36
sagt Professor Erb.
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Zum Beispiel eine narzisstische,
00:57:39
antisoziale oder histrionische Störung,
00:57:42
bei der die Betroffenen
00:57:43
in der Regel sehr egozentrisch sind
00:57:45
und für ihre Mitmenschen
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kein Mitleid empfinden können.
00:57:48
Diese Menschen sind nur
00:57:49
auf die Durchsetzung
00:57:50
ihrer eigenen Ziele aus,
00:57:51
ständig darauf bedacht,
00:57:53
wie sie Vorteile aus anderen Menschen
00:57:54
oder Situationen schlagen können.
00:57:56
Das passt auch alles auf Barbara.
00:57:57
Sie hatte ja auch
00:57:58
in der zweiten Verhandlung
00:57:59
dann wegen ihrer abnormen Persönlichkeit
00:58:02
eine mildere Strafe bekommen.
00:58:03
Ich wollte dann noch wissen,
00:58:05
wer und wann man eigentlich
00:58:07
zum Opfer von Manipulationen wird.
00:58:09
Das sagt Herr Erb.
00:58:10
Das hängt von Situationen ab.
00:58:12
Es gibt Situationen,
00:58:14
in denen wir ein bisschen angeheitert sind.
00:58:17
dass wir leichter zu manipulieren sind.
00:58:20
wenn wir das Gehirn
00:58:21
nicht einschalten können.
00:58:22
Manchmal auch deswegen,
00:58:24
weil uns einfach die Ahnung fehlt.
00:58:26
Wir sind also unsicher
00:58:27
in einer bestimmten Situation.
00:58:28
Dann tritt jemand auf
00:58:30
und hat die Lösung sozusagen.
00:58:33
und dann sind wir auch gerne bereit,
00:58:35
uns dem dann anzuschließen.
00:58:37
Das sind so situative Bedingungen
00:58:38
und dann gibt es natürlich auch
00:58:40
Persönlichkeitseigenschaften.
00:58:42
Das sind vor allem abhängige Personen.
00:58:46
sprechen wir von
00:58:47
dependenter Persönlichkeitsstörung.
00:58:48
Persönlichkeitsstörung.
00:58:50
die also sehr gerne
00:58:52
Verantwortung abgeben.
00:58:55
habe mir dann gedacht,
00:58:56
dass jeder von uns
00:58:58
schon mal in einer Situation war,
00:59:00
in der man danach dann realisiert hat,
00:59:02
dass man irgendwie manipuliert wurde.
00:59:03
Ich kann mich zum Beispiel
00:59:05
an eine erinnern.
00:59:06
ob du das damals mitbekommen hast.
00:59:08
Aber ich hatte einen Flug
00:59:10
nach New York gebucht
00:59:11
und wollte am Tag vorher einchecken.
00:59:13
Da war ich auch noch bei der Arbeit
00:59:15
und habe dann von der Arbeit aus
00:59:18
Und das hat nicht geklappt,
00:59:19
wie so oft sowas nicht klappt.
00:59:21
Und dann habe ich bei der Airline angerufen,
00:59:23
ob es ein Problem gäbe.
00:59:25
Und die Frau am Telefon
00:59:26
wollte dann erstmal meinen Namen haben
00:59:28
und fragte dann,
00:59:29
haben Sie einen zweiten Namen?
00:59:32
Haben Sie den bei der Buchung angegeben?
00:59:37
Dann geht das mit dem Einchecken
00:59:39
wahrscheinlich deshalb nicht.
00:59:40
Außerdem kann es gut sein,
00:59:41
dass Sie nicht einreisen dürfen,
00:59:43
wenn die Angaben auf Ihrem Ticket
00:59:44
nicht denen auf Ihrem Pass gleichen.
00:59:46
Ich natürlich direkt mega Panikgeschoben.
00:59:50
Und was soll ich jetzt machen?
00:59:51
Kann man den Namen noch ändern?
00:59:53
Nee, das geht leider nicht.
00:59:55
Aber ich kann Ihnen
00:59:56
einen neuen Flug buchen.
00:59:57
Ich mir dann gedacht,
00:59:59
wenn ich nicht fliegen kann,
01:00:00
muss ich morgen vor Ort
01:00:01
einen neuen Flug kaufen
01:00:02
und das ist dann noch alles
01:00:03
viel stressiger.
01:00:05
dann einen neuen.
01:00:07
Aber den Rückflug gibt es dann nur nach Berlin,
01:00:09
nicht nach Hamburg.
01:00:12
nur weil ich nicht einchecken konnte,
01:00:14
einen neuen Hinflug nach New York
01:00:16
und einen neuen Rückflug
01:00:18
nach Berlin gebucht
01:00:19
und einen Zug von Berlin nach Hamburg.
01:00:21
Ohne Sinn und mega teuer.
01:00:23
Natürlich hätte ich auch ohne meinen bekloppten zweiten Vornamen
01:00:27
im Ticket fliegen können und einreisen können.
01:00:29
Aber die Frau hat mich so verunsichert,
01:00:32
vielleicht auch unabsichtlich,
01:00:34
ich will hier ja nichts unterstellen.
01:00:35
Aber danach habe ich mich wirklich so schlecht gefühlt,
01:00:39
weil ich halt wusste,
01:00:41
dass ich halt sozusagen
01:00:42
mich habe manipulieren lassen
01:00:46
bevor ich Flüge buche
01:00:47
oder irgendwelche teuren Investitionen tätige,
01:00:49
schlafe ich immer erstmal noch eine Nacht drüber.
01:00:52
Und du gibst jetzt immer bei deinen Flügen an,
01:00:57
Kannst du dich an irgendeine,
01:01:03
oder fällt dir gerade irgendeine Situation ein,
01:01:05
in der du dich irgendwie manipuliert gefühlt hast oder so?
01:01:09
aber lustigerweise habe ich erstmal,
01:01:11
als du das erzählt hast,
01:01:12
habe ich erstmal daran gedacht,
01:01:14
wen habe ich schon alles manipuliert und verwacht.
01:01:17
Mir ist aber was anderes eingefallen.
01:01:21
ob du es mittlerweile getan hast,
01:01:22
aber ich hatte dich im Sommer letzten Jahres
01:01:24
schon darum gebeten,
01:01:25
dass du dir the push
01:01:27
ansiehst auf Netflix.
01:01:29
Das dreht sich nämlich genau darum.
01:01:31
Das ist ein Gesellschaftsexperiment,
01:01:33
was man quasi machen muss
01:01:35
oder eher gesagt,
01:01:36
wie wenig man machen muss,
01:01:38
um einen Unschuldigen zu überreden,
01:01:40
zum Mörder zu werden.
01:01:41
Ach ja, das hast du erzählt.
01:01:42
Und da ging es nämlich genau um diesen Fuß in der Tür.
01:01:46
Das Szenario spielt sich quasi alles an einem Abend ab
01:01:50
und jeder weiß von diesem Experiment,
01:01:53
außer dieser eine Versuchsperson.
01:01:56
und der eine Herr versucht,
01:01:58
die Versuchsperson erstmal mit kleinen Gefallen auf seine Seite zu ziehen,
01:02:02
indem er ihn dazu etwas überredet,
01:02:06
etwas ganz, ganz Kleines zu machen,
01:02:08
was er eigentlich nicht machen würde.
01:02:10
So stellt sich dann automatisch so ein Verbundenheitsgefühl ein,
01:02:13
weil man was gemacht hat,
01:02:14
was man eigentlich nicht darf.
01:02:16
Also sehr, sehr, sehr gute Dokumentationen auf Netflix.
01:02:19
The Push ist wirklich spannend.
01:02:21
Und du musst dir das angucken.
01:02:24
Bei uns dreht sich ja heute viel um die Schuldfrage.
01:02:27
Bei meinem Fall von Debbie war ja die große Misere,
01:02:29
dass ihr angebliches Geständnis dafür gesorgt hat,
01:02:32
dass sie verschuldigt befunden wurde.
01:02:34
In Folge 13 haben wir ja schon mal
01:02:36
über die falschen Geständnisse im Fall Making a Murderer gesprochen.
01:02:40
Und deswegen haben wir uns jetzt noch mal damit beschäftigt,
01:02:42
wie falsche Geständnisse überhaupt zustande kommen
01:02:44
und wie häufig sowas vorkommt.
01:02:46
Wenn man dem Innocence Project Glauben schenken kann,
01:02:49
dann kommt das aber gar nicht so selten vor.
01:02:51
Denn laut dem beinhalten 25 Prozent aller Fehlurteile
01:02:55
unwahre Geständnisse oder Falschaussagen.
01:02:57
Die meisten sollen sogar von Erwachsenen
01:02:59
mit einem normalen IQ stammen.
01:03:01
Und dabei gibt es drei verschiedene Arten von falschen Geständnissen.
01:03:05
Die Erzwungenen, da sagt die vernommene Person,
01:03:08
was die Beamten scheinbar hören möchten.
01:03:10
Und das kann passieren,
01:03:11
weil der Befragte mit der Situation überfordert ist
01:03:14
oder weil er sich eben so schnell wie möglich
01:03:16
aus der Situation herausziehen möchte.
01:03:18
Und da ist es dann so,
01:03:19
dass die Betroffenen oft nicht in der Lage sind,
01:03:21
mental diesen Fragenstand zu halten.
01:03:23
Und dann gibt es noch die freiwilligen falschen Geständnisse.
01:03:26
Manchmal gestehen Menschen auch,
01:03:28
weil sie den wahren Täter schützen wollen.
01:03:30
In Deutschland ist das übrigens auch schon mal passiert.
01:03:33
Ein Schauspieler hatte den Mord
01:03:34
an seinem Steuerberater gestanden
01:03:36
und ist dann zu 15 Jahren Haft verurteilt worden.
01:03:39
Ein Jahr später gestanden dann die wahren Täter
01:03:42
und der Mann hatte eben gestanden,
01:03:45
weil er dachte, dass seine Frau die Täterin gewesen ist.
01:03:47
Aber war sie nicht?
01:03:48
Sachte ich mir auch,
01:03:50
redet ihr vielleicht auch mal miteinander darüber?
01:03:54
Manchmal machen Menschen das auch,
01:03:56
weil sie Aufmerksamkeit möchten
01:03:58
oder etwas anderes Schlimmes vertuschen wollen.
01:04:00
Und dann gibt es noch die Geständnisse,
01:04:01
die gemacht werden,
01:04:02
weil sie durch falsche Erinnerungen entstehen.
01:04:04
Also jemand verwechselt Vorstellungen mit Erinnerungen.
01:04:08
Das heißt, der Angeklagte glaubt dann selbst,
01:04:09
die Tat begangen zu haben.
01:04:11
Das mischt sich hier übrigens ein bisschen mit dem,
01:04:13
was wir euch in Folge 4 erzählt haben.
01:04:15
Da haben wir ja auch schon über suggestive Verhörmethoden geredet
01:04:18
und wie man damit Erinnerungen beeinflusst.
01:04:20
Das ist nämlich der häufigste Grund
01:04:22
für diese Art von falschen Geständnis.
01:04:24
Und dabei spielt das Alter eine ganz große Rolle,
01:04:26
weil Kinder und Jugendliche sind viel anfälliger dafür,
01:04:30
beeinflusst zu werden.
01:04:31
Übrigens ist es für die Polizei sehr schwer,
01:04:33
falsche Geständnisse zu erkennen.
01:04:35
Die Trefferquote liegt bei 50 Prozent.
01:04:38
Und das ist, als ob man raten würde.
01:04:41
Und selbst wenn es Nachschulungen gibt,
01:04:42
dann wird die Trefferquote nicht höher,
01:04:45
sondern die Entscheidung dafür,
01:04:48
ob du jetzt der Meinung bist,
01:04:50
das ist ein falsches oder ein wahres Geständnis,
01:04:52
das festigt sich einfach nur.
01:04:54
Du bist dir dann also in deiner Entscheidung eher sicher,
01:04:57
aber deine Trefferquote ist nicht höher.
01:05:01
Wir nehmen die Berichterstattung über solche Fälle ja sehr stark wahr,
01:05:04
weil das eben was ist, was bei uns hängen bleibt.
01:05:06
Wir wollen jetzt aber nicht den Eindruck erwecken,
01:05:08
dass das normal wäre.
01:05:09
Aber es ist halt schon das ein oder andere Mal passiert.
01:05:12
Und wir haben mit jemandem gesprochen,
01:05:14
der uns hoffentlich ein bisschen Klarheit bringt.
01:05:16
Und zwar mit Dieter Bindig.
01:05:17
Er ist erster Kriminalhauptkommissar
01:05:19
und Dozent an der Hochschule der Polizei in Bayern.
01:05:21
Er unterrichtet also, wie man richtig vernimmt.
01:05:24
Und hat natürlich auch schon selbst etliche Vernehmungen geführt.
01:05:28
Das heißt, er weiß ganz genau, wie es geht.
01:05:30
Und ihn haben wir gefragt,
01:05:31
ob denn die Ermittler unter einem ganz speziellen Druck stehen,
01:05:34
sodass sie also ein Geständnis von einem Verdächtigen herauslocken sollen.
01:05:38
Und das hat er dazu gesagt.
01:05:40
Ganz schwierige Frage.
01:05:43
Gewisser Druck ist natürlich immer da.
01:05:45
Jetzt nicht bezogen auf ein Geständnis,
01:05:49
sondern auf eine Verklärung der Tat.
01:05:50
Geständnis ist nur ein Element davon.
01:05:53
Das darf man nicht in einen Topf schmeißen.
01:05:55
Tat zu klären geht auch,
01:05:59
ohne dass ich ein Geständnis habe.
01:06:00
Ich weiß, was passiert ist.
01:06:01
Die Umstände sind geklärt.
01:06:03
Und trotzdem bleibt der Tatbestand als solches umgeklärt.
01:06:07
Nehmen wir ganz einfach den schlimmsten Fall hier.
01:06:11
Irgendwo eine Kindesentführung oder Kindstötung mit unbekannten Täter.
01:06:16
Da wird der Druck der Öffentlichkeit, der Druck der Medien, der Presse,
01:06:20
auch der Polizei interne Druck, der ist da natürlich immens.
01:06:25
Jetzt ist aber die Struktur bei so einem Ermittlungsverfahren,
01:06:30
das ist dann eine Sonderkommission wird gegründet,
01:06:32
die ist eigentlich so strukturiert,
01:06:34
dass genau dieser Druck durch die vorgesetzten Beamten von den Ermittlern genommen wird.
01:06:39
Aber was im Kopf des ermittelnden Beamten dann drin ist,
01:06:43
wie er sich selber unter Druck setzt,
01:06:45
wie er selber sieht,
01:06:47
ja, ich habe vielleicht auch ein Kind in dem Alter
01:06:49
und ich will jetzt unbedingt einen Täter haben.
01:06:53
Das ist natürlich eine psychische Belastung,
01:06:56
die bei den ermittelnden Kollegen trotzdem dabei ist.
01:06:59
Kriegen denn Beamte, die ein Geständnis entlocken,
01:07:02
Lob und Anerkennung,
01:07:04
was sie dann vielleicht dazu treiben könnte,
01:07:06
dass sie über die Stränge schlagen?
01:07:07
Natürlich ist es das Ziel eines jeden Ermittlers
01:07:10
einen Sachverhalt zu klären,
01:07:12
aber nicht um den Preis,
01:07:14
dass irgendjemand von mir bewusst irgendwo in eine Richtung gedrängt wird,
01:07:19
dass jemand ein falsches Geständnis ablegt
01:07:21
oder dass gar von Seiten der Polizei vorgetäuscht wird,
01:07:24
dass jemand so eine Aussage gemacht hätte.
01:07:26
Also das ist zumindest in unserem Rechtsstaat so gut wie ausgeschlossen.
01:07:31
Da funktionieren unsere Sicherheitssysteme,
01:07:34
da funktioniert unser Recht.
01:07:35
Und wenn sowas passiert hätte,
01:07:39
das wahnsinnig fatale Folgen,
01:07:40
einerseits natürlich für die Person, um die es geht,
01:07:44
andererseits natürlich auch für den Polizeibeamten.
01:07:46
Der ist ab dem Zeitpunkt kein Polizeibeamter mehr.
01:07:49
Bei meinem Fall, bei Deborah,
01:07:50
da lief ja keine Videokamera und auch kein Tonband
01:07:53
und Gomez war alleine mit ihr in dem Raum
01:07:55
und sie hat die Mitschrift des angeblichen Geständnisses
01:07:58
ja auch nicht unterschrieben.
01:08:00
Wie würde sowas denn jetzt in Deutschland ablaufen?
01:08:03
Da werden die Vernehmungen, insbesondere so Kernvernehmungen wie Beschuldigtenvernehmungen,
01:08:08
zu zweit gemacht.
01:08:09
Die Vernehmungen laufen standardmäßig auf Diktiergerät,
01:08:14
also auf Tonträgeraufzeichnung
01:08:16
oder bei Tötungsdelikten mittlerweile auch gesetzlich so vorgesehen auf Videobändern.
01:08:23
Also da ist eine Live-Vernehmung auf Video.
01:08:26
Das heißt, man kann im Nachhinein, steht nicht mehr zur Diskussion,
01:08:32
sagt der Polizist die Wahrheit, wenn er über die Vernehmung berichtet
01:08:35
oder sagt der Beschuldigte die Wahrheit, sondern man kann das nachvollziehen.
01:08:39
Dürfen Sie denn suggestive Fragen stellen?
01:08:43
Suggestive Fragen sollen wir tunlichst vermeiden.
01:08:46
Bei der Vernehmung werden wir immer darauf hinarbeiten,
01:08:49
dass die Informationen von unserem Gegenüber kommen.
01:08:52
Wir regen an, was zu sagen, um möglichst wenig aus unserer polizeilichen Arbeit,
01:08:59
aus unseren Kenntnissen rauszubringen.
01:09:01
Suggestive Fragen als solche ganz gefährliche Geschichte,
01:09:06
weil wir einfach den Weg mit der suggestiven Frage vorgeben.
01:09:12
Wenn ich jemanden frage, war das Auto schwarz oder silber,
01:09:15
schließe ich alle anderen Farben aus.
01:09:17
Und mein Gegenüber muss sich eine von den beiden Farben aussuchen.
01:09:20
Auch wenn er in seiner eigenen Erinnerung vielleicht ganz was anderes hat,
01:09:25
wird er vielleicht auch in der Polizei zu gefallen,
01:09:27
um überhaupt eine Antwort zu geben,
01:09:28
mir die Antwort schwarz oder silber geben,
01:09:31
obwohl es nicht der Realität seiner Ahnung entspricht.
01:09:34
Wie kann man denn eine Lüge erkennen?
01:09:36
Lügen ist eine Anstrengung von unserem Gegenüber,
01:09:39
egal ob es ein Zeuge oder Beschuldigter ist.
01:09:42
Und diese Anstrengung als solche,
01:09:44
die macht sich in Stresssymptomen bemerkbar.
01:09:47
Und da habe ich zumindest mal Möglichkeiten,
01:09:51
anhand von äußeren Merkmalen schon mal einen Verdacht zu gewinnen.
01:09:54
Andererseits muss die Lüge natürlich zum Sachverhalt passen.
01:09:59
Und wenn ich durch andere Vernehmungen,
01:10:02
andere Ermittlungen einen anderen Sachverhalt habe,
01:10:04
dann wird man natürlich kritisch.
01:10:06
Warum können Ermittler denn nicht erkennen,
01:10:08
was ein richtiges und was ein falsches Geständnis ist?
01:10:11
Ja, wie will ich es erkennen?
01:10:15
Die Problematik ist, ich habe eine Aussage vor mir.
01:10:17
Ich habe jemanden, der Aussage macht.
01:10:19
Die Aussage passt vielleicht sogar in meine Arbeitstheorie rein,
01:10:24
die ich vom Ablauf einer Tat habe.
01:10:27
Vielleicht passen die ein oder anderen Spuren dazu,
01:10:30
wird es extrem schwierig.
01:10:32
Allein an der Aussage jetzt innerhalb der Vernehmung zu sagen,
01:10:37
der lügt mich jetzt an oder der legt jetzt da falsches Geständnis ab.
01:10:40
Das ist so die höchste Schule der Vernehmung.
01:10:43
Ich habe mir jetzt gedacht, wenn ich zu irgendwas befragt werde und ich bin verdächtig,
01:10:53
dann wäre jetzt meine Taktik gewesen, Ihnen tief in die Augen zu schauen
01:10:56
und den Blick nicht abzuwenden, damit Sie merken,
01:10:59
ah, das, was ich sage, meine ich ehrlich.
01:11:00
Jetzt habe ich aber gelesen, dass das gar nicht die schlauste Idee sein soll.
01:11:05
Da würden Sie bei mir alle Aufmerksamkeit kriegen,
01:11:08
weil man muss jetzt mal vom Normalfall ausschauen,
01:11:13
wenn wir uns unterhalten, wir uns gar nicht so oft tief in die Augen schauen,
01:11:16
sondern das eher schon was Besonderes ist.
01:11:19
Und das ist so der klassische Irrglauben,
01:11:22
dass wir, wenn wir uns in die Augen schauen, die Wahrheit sagen.
01:11:26
Ist gar nicht so, sondern wir versuchen das umzusetzen,
01:11:30
indem wir uns in die Augen schauen.
01:11:31
Und in Wirklichkeit ist das für mich aber ein Zeichen,
01:11:34
und da gibt es was im Arken, weil wir es normalerweise gar nicht tun.
01:11:37
Dieter Bindig hat uns außerdem erzählt, dass es elementar wichtig ist,
01:11:41
dass bei Verhören alles seine Richtigkeit hat.
01:11:43
Man dem Vernommenen zum Beispiel sagt, was seine Rechte sind
01:11:47
und dass ihm ein Anwalt zusteht.
01:11:49
Ansonsten kann ein Richter nämlich sein Urteil im Zweifel
01:11:51
nicht auf das Geständnis stützen.
01:11:53
Und das ist natürlich für den Polizisten,
01:11:55
der die Vernehmung geleitet hat, super problematisch.
01:11:58
Und was mich auch überrascht hat, was Herr Bindig gesagt hat,
01:12:01
war, dass manche Verhöre auch mal bis zu 14 Stunden,
01:12:05
Genau, viele Menschen können sich ja nicht so richtig vorstellen,
01:12:09
warum Leute was zugeben, was sie gar nicht getan haben.
01:12:12
Aber ich würde am liebsten mal quasi in so eine Übung rein
01:12:17
und so verhört werden.
01:12:19
Weil ich eben schon der Meinung bin, wenn man, keine Ahnung,
01:12:21
wenn man, wie Herr Bindig gesagt hat, 14 Stunden,
01:12:25
stell dir mal bitte vor, du bist 14 Stunden in so einem Raum,
01:12:29
wo du immer wieder die gleichen Fragen gestellt kriegst,
01:12:32
dann wirst du ja wohl irre.
01:12:33
Also egal, wo ich 14 Stunden in einem Raum bin,
01:12:36
werde ich am Ende irre.
01:12:38
Ich bin selbst nach acht Stunden Arbeit Matsch.
01:12:42
Da kriege ich 14 Stunden Verhör.
01:12:44
Das ist ja wahnsinnig.
01:12:45
Und auch schon bei Making a Murderer, bei dem Verhör,
01:12:48
da haben wir auch nur einen ganz kleinen Teil gesehen.
01:12:50
Das war ja eigentlich auch so sechs Stunden lang.
01:12:52
Fand ich ja schon, dass es schon beim Hinschauen super anstrengend war,
01:12:57
wie die immer wieder und immer wieder dasselbe gefragt haben.
01:13:01
Ich will mir gar nicht vorstellen, wie das ist.
01:13:03
Und dann halt noch bei jemandem, der halt geistig nicht so auf dem Stand ist,
01:13:08
auf dem er eigentlich sein sollte.
01:13:10
Was Herr Bindig allerdings auch noch erzählt hat, ist,
01:13:13
dass diese Auswertung der Videoaufnahmen unfassbar viel mehr Arbeit bedeutet,
01:13:19
weil es protokolliert werden muss, weil vor Gericht es angesehen werden muss.
01:13:23
Und wenn du sechs Stunden oder zehn Stunden Verhör hast,
01:13:27
dann muss das auch sechs oder zehn Stunden angesehen werden.
01:13:31
Ja, aber zum Glück führen sie jetzt diese Videoüberwachung der Verhöre ein.
01:13:37
Bei Tötungsdelikten.
01:13:39
Deswegen, es ist natürlich eine Mehrarbeit,
01:13:42
aber wenn es mehr zur Wahrheit beitragen kann, ist es ja super.
01:13:45
Oder es ist sowieso ein Muss.
01:13:47
Ich glaube, wir müssen uns wirklich immer ins Gedächtnis rufen,
01:13:51
so wie Herr Bindig gesagt hat.
01:13:54
Ein Geständnis heißt halt nicht, dass Akte zu und Fall fertig,
01:13:58
da müssen halt auch noch andere Faktoren dafür sprechen.
01:14:01
Auf jeden Fall hätte eine Videobandaufnahme Deborah Milkey
01:14:05
ihr halbes Leben gesichert.
01:14:07
Ja, das ist sicher.
01:14:09
Wir hören von falschen Geständnissen ja oft bei Fällen aus Amerika,
01:14:13
aber vereinzelt ist das auch schon in Deutschland passiert.
01:14:16
Und zwar geht es da um den Fall von Peggy Knobloch.
01:14:18
Genau, für alle, die nicht wissen, worum es geht,
01:14:20
Peggy Knobloch war mit neun Jahren am 7. Mai 2001
01:14:23
aus dem oberfränkischen Lichtenberg verschwunden.
01:14:25
Und einer der Verdächtigen war der geistig behinderte Ulfika.
01:14:29
Der hatte nämlich in einem Verhör gestanden,
01:14:32
Peggy am 7. Mai auf dem Nachhauseweg gefolgt zu sein,
01:14:35
sie niedergestochen und ihr, weil sie so geschrien hat,
01:14:38
Mund und Nase zugehalten zu haben, bis sie erstickt sei.
01:14:41
Bei diesem Geständnis ist übrigens kein Anwalt anwesend
01:14:45
und es gibt auch keine Tonband- oder Videoaufzeichnung davon.
01:14:48
Nur ein Gedächtnisprotokoll eines Ermittlers.
01:14:51
Aber Ulfika nimmt dieses Geständnis wieder zurück.
01:14:55
Und sein Anwalt, Michael Euler, ist sich sicher,
01:14:57
die Polizei ist schuld an dem Geständnis,
01:14:59
also dass er überhaupt eins gegeben hatte davor.
01:15:01
Die Polizei hätte ihn dazu gedrängt,
01:15:03
indem sie ihn in einer bestimmten Art und Weise verhört hatten.
01:15:06
Ulfika hat panische Angst vor dem Gefängnis.
01:15:09
Als die Polizisten ihm dann während des Verhörs versichert hätten,
01:15:12
bei einem Geständnis komme er wegen seiner geistigen Behinderung
01:15:15
nur in ein Krankenhaus,
01:15:16
habe Ulfika dann unter dem Druck nachgegeben, so sein Anwalt.
01:15:20
Außerdem hätten die Polizisten zu ihm gesagt,
01:15:23
sag uns die Wahrheit, wenn du lügst, musst du ins Gefängnis.
01:15:26
Und einer soll sogar gesagt haben,
01:15:28
wenn du nicht gestehst, bin ich nicht mehr dein Freund.
01:15:31
Und Ulfika ist damals so auf dem Entwicklungsstand eines 8- bis 10-Jährigen
01:15:36
und solche Aussagen können dann eben zu großer Beeinflussung führen.
01:15:39
Und das erinnert uns ja auch so ein bisschen an unsere vorletzte Folge,
01:15:43
in der wir eben über Brandon Desi aus Making a Murderer gesprochen haben,
01:15:46
weil auch auf ihn wurde ja Druck seitens der Polizei ausgeübt
01:15:50
und auch bei ihm wurden Suggestivfragen gestellt
01:15:52
und auch er wurde ohne Anwalt befragt
01:15:55
und auch bei ihm sind oder waren seine kognitiven Fähigkeiten
01:15:58
ja auch nicht seinem Alter entsprechend.
01:16:02
Naja, trotzdem wird Ulfika der Prozess am Ende gemacht
01:16:04
und am 30. April 2004 wird er zu lebenslanger Haft verurteilt.
01:16:08
Trotz eines Alibis, trotz fehlender forensischer Beweise
01:16:11
und eines zurückgezogenen Geständnisses.
01:16:14
Im Urteil heißt die Begründung,
01:16:16
Ulfika wäre nicht in der Lage gewesen,
01:16:18
sich so eine Geschichte auszudenken.
01:16:20
Hinweise, der Inhalt der Geständnisse sei gesuggeriert worden,
01:16:24
gäbe es nicht, sagt der Gutachter.
01:16:27
Während Ulfika dann in einer geschlossenen Abteilung
01:16:29
des Bezirkskrankenhauses Bayreuth sitzt,
01:16:31
widerruft der Mitinsasse,
01:16:33
der ihn vorher belastet hatte, seine Aussage.
01:16:35
Er sagt, dass ihm diese Aussage
01:16:37
damals von der Polizei in den Mund gelegt worden war
01:16:40
und dass sie ihm halt versprochen hatten,
01:16:42
dass wenn er das sagt, dass sie ihn freilassen.
01:16:44
Vorläufiges Ende der Geschichte ist,
01:16:47
das Verfahren wird 2014 wieder aufgenommen
01:16:49
und Ulfika freigesprochen.
01:16:51
Also für die Mordermittler geht dann die Arbeit
01:16:54
quasi wieder von vorne los
01:16:55
und am 2. Juli 2016,
01:16:57
also mehr als 15 Jahre später,
01:16:59
werden schließlich Peggys menschliche Überreste
01:17:01
in einem Waldstück in Thüringen gefunden
01:17:03
und im September 2018
01:17:05
wird ein Mann namens Manuel S. vernommen.
01:17:07
In einem Verhör gibt er zu,
01:17:09
dass ein Bekannter ihm am 7. Mai 2001
01:17:12
die leblose Peggy übergeben habe.
01:17:14
Er sagt der Polizei auch,
01:17:16
wer dieser Bekannte ist,
01:17:17
aber dazu schweigen sie bis heute.
01:17:19
Umgebracht habe Manuel S. Peggy aber nicht.
01:17:25
Dieses sogenannte Teilgeständnis
01:17:26
wird ohne die Anwesenheit eines Anwalts gegeben
01:17:29
und im Dezember wird Manuel S. dann festgenommen.
01:17:31
Er zieht sein Teilgeständnis aber wieder zurück
01:17:34
und sein Anwalt Jörg Mehringer sagt,
01:17:36
dass Manuel S. bei der Vernehmung von der Polizei
01:17:38
stark unter Druck gesetzt wurde.
01:17:39
Er wollte irgendwann nur noch aus dieser Situation raus
01:17:42
und hat deshalb dann einfach das gesagt,
01:17:44
was man von ihm hören wollte,
01:17:45
so Mehringer in einem Interview mit der Zeit.
01:17:47
Sein Geständnis soll ja mit Videokamera
01:17:50
überwacht worden sein.
01:17:51
Und der Verdächtige soll wohl zur Polizei gesagt haben,
01:17:56
ich überlege die ganze Zeit,
01:17:58
ob ich euch sage,
01:17:59
dass ich sie verschafft habe,
01:18:00
bloß, dass ich meine Ruhe habe.
01:18:04
Das sagt ja schon einiges, ne?
01:18:06
Ja, und der soll halt auch total überfordert gewesen sein
01:18:09
und wollte wohl mit einem Anwalt reden.
01:18:12
Genau, und sein Anwalt ist jetzt eben überzeugt,
01:18:15
dass sein Mandant weder mit der Tötung
01:18:17
noch mit der Beseitigung der Leiche etwas zu tun hat.
01:18:19
Nach diesem Verhör wurden die Angaben
01:18:21
von Manuel S. dann überprüft
01:18:23
und scheinbar wurden seine Aussagen
01:18:25
für nicht überzeugend genug gewertet,
01:18:27
weil danach wurde er aus der U-Haft wieder entlassen.
01:18:29
Also bis heute konnte also niemand
01:18:32
für das Verbrechen an Peggy
01:18:34
so richtig verantwortlich gemacht werden
01:18:36
und in einem Fall gab es quasi zwei falsche Geständnisse,
01:18:40
falls das alles so stimmt.
01:18:42
Ja, also beim Fall Peggy bleiben viele Fragen offen
01:18:45
und Dieter Bindig war so nett
01:18:46
und hat uns noch ein paar davon beantwortet,
01:18:49
auch wenn er selbst nicht aktiv mit
01:18:51
bei den Ermittlungen von Peggy beteiligt war.
01:18:53
Wieso hat denn Ulfi K. bei den Ermittlern
01:18:55
für solche Probleme gesorgt?
01:18:57
Jemand, der nicht die höchste Intelligenzleistung hat
01:19:02
und der Polizei erzählt,
01:19:05
ja, dass das Kind getötet hat,
01:19:07
da laufen halt die Ermittlungen dann problematisch ab.
01:19:12
Kann ich das glauben, kann ich das nicht glauben?
01:19:14
Und wenn das Geständnis da ist,
01:19:17
versucht man das zu überprüfen,
01:19:19
versucht man das ja auch von den Inhalten her
01:19:23
psychologisch sich anzuschauen
01:19:25
und da funktionieren halt manche Mechanismen nicht,
01:19:28
wie bei einem, ja, einem wie Sie und mir.
01:19:31
Klingt jetzt blöd,
01:19:33
bei einem normalen Menschen funktionieren würden.
01:19:35
Die funktionieren bei einem geistig eingeschränkten halt dann nicht.
01:19:38
Und trotzdem wird man irgendwo auch aber überlegen,
01:19:42
ja, es ist trotzdem ein Geständnis.
01:19:45
Aber vielleicht ist dieses Geständnis ja nicht
01:19:48
mit rechten Mitteln zustande gekommen.
01:19:50
Also, weil Manuel S. hat ja gesagt,
01:19:52
dass er einfach nur seine Ruhe haben wollte
01:19:55
und vielleicht ist es bei Ulfika ja ähnlich.
01:19:57
Unter dem öffentlichen Fokus,
01:20:00
wie der Fall Peggy steht,
01:20:01
da bin ich mir zu 100% sicher,
01:20:04
dass da kein Geständnis in irgendeiner Form
01:20:06
auf einem unrechtmäßigen Weg zustande gekommen ist.
01:20:08
Es ist ja auch schon so,
01:20:09
dass nicht die ganze Zeit das gleiche Team ermittelt hat.
01:20:12
Das ist ja beim Fall Peggy schon von Anfang an so gewesen,
01:20:15
dass man nach relativ kurzer Zeit,
01:20:18
also vier Wochen oder sechs Wochen,
01:20:20
ein anderes Ermittlungsteam
01:20:21
oder ein ergänzendes Ermittlungsteam eingesetzt hat.
01:20:25
Und vom zeitlichen Ablauf her
01:20:27
bin ich mir ziemlich sicher,
01:20:29
dass die Kollegen,
01:20:29
die die Ursprungsermittlungen beim Fall Peggy gemacht haben,
01:20:32
mittlerweile ja entweder in Pension sind
01:20:35
oder woanders eine Tätigkeit gefunden haben
01:20:37
und dass man die hier nicht eingesetzt hat,
01:20:41
um diesen Fall neu aufzuholen.
01:20:43
Okay, aber es sorgt natürlich medial für besondere Aufmerksamkeit,
01:20:46
wenn das zweimal beim selben Fall passiert.
01:20:49
Ja, wie traurig auch für die Eltern,
01:20:52
die haben wahrscheinlich gedacht,
01:20:54
als Manuel S. festgenommen wurde,
01:20:55
dass sie vielleicht jetzt endlich mal Klarheit bekommen können.
01:20:58
Aber offenbar war er nicht schuldig.
01:21:00
Ja, das war weitestgehend das,
01:21:02
wo wir uns jetzt mit den verschiedenen Aspekten
01:21:04
zur Schuld beschäftigt haben.
01:21:06
Debbie Milky war unschuldig,
01:21:08
Michael R. war es zwar nicht,
01:21:10
aber er hatte sich durch Manipulation schuldig gemacht.
01:21:12
Und wie wir erfahren haben,
01:21:14
wird man manchmal anhand eines falschen Geständnisses
01:21:16
schuldig gesprochen,
01:21:17
obwohl man es vielleicht gar nicht ist.
01:21:19
Uns hatte letztens eine unserer Hörerinnen,
01:21:24
eine Nachricht geschickt und uns, ja, um etwas gebeten.
01:21:28
Und das spielen wir euch jetzt mal hier ab.
01:21:31
Liv heißt die Dame,
01:21:32
die uns diese Sprachnachricht geschickt hat
01:21:33
und war übrigens dabei gerade auf dem Weg zur Arbeit.
01:21:36
Deswegen ist sie ein bisschen aus der Puste gewesen.
01:21:42
Ich habe ein kleines Anliegen.
01:21:45
Und zwar habe ich euren Podcast schon mehrfach weiter empfohlen.
01:21:49
Möchte ich auch in Zukunft gerne machen.
01:21:51
Daraufhin haben mich so zwei, drei Leute angeschrieben,
01:21:55
die sich den Podcast angehört haben,
01:21:58
wegen meiner Empfehlung.
01:22:01
Und die gesagt haben,
01:22:02
es geht ja gar nicht die Kichern die ganze Zeit.
01:22:04
Mir wird es aber auf jeden Fall ähnlich gehen.
01:22:06
Und ich würde auch noch wieder,
01:22:08
besonders wenn halt etwas besonders skurril oder absurd ist,
01:22:12
kichern, glaube ich, an eurer Stelle.
01:22:15
Und ich wollte mal fragen,
01:22:17
ob ihr dazu mal was sagen könntet im Podcast.
01:22:20
Also ich möchte nicht, dass ihr euch erklärt.
01:22:23
Überhaupt nicht.
01:22:25
Sondern, dass ihr vielleicht versucht,
01:22:27
dieses Phänomen zu erklären.
01:22:29
Wir haben uns natürlich mit dieser Frage auseinandergesetzt.
01:22:33
Und ich hatte ja in Folge 13 auch schon erzählt,
01:22:34
dass die Ärztin, die mir meine Beine verbunden hatte,
01:22:37
meinte, dass die von der Kripo die witzigsten Leute sind.
01:22:41
Weil, wenn man damit so viel zu tun hat,
01:22:43
dass man dann ja so einen morbiden Humor irgendwann entwickelt.
01:22:46
Ich hatte letzte Woche mit der Kriminalpsychologin
01:22:50
Lydia Benecke telefoniert.
01:22:51
Und ihr dann auch, irgendwie sind wir auf das Thema gekommen.
01:22:54
Und dann habe ich ihr erzählt,
01:22:56
dass wir das halt immer wieder zu hören bekommen,
01:22:58
dass wir an den unmöglichsten Stellen lachen.
01:23:01
Und sie meinte dann direkt, so geht es mir auch.
01:23:04
Und deshalb sagt sie immer vor ihren Lesungen,
01:23:07
dass irgendwie in diesem Vortrag
01:23:10
viel Fazio Humor vorkommt.
01:23:12
Und wer das nicht mag, der sollte lieber gehen.
01:23:16
Und Lydia Benecke hat mir dann auch gesagt,
01:23:19
dass sie diesen Humor
01:23:21
bei fast allen Berufsgruppen festgestellt hat,
01:23:24
die irgendwas mit Tod zu tun haben.
01:23:25
Also bei Polizisten, Rettungssanitätern,
01:23:28
Rechtsmedizinern und so weiter.
01:23:30
Und sie erklärt sich das Phänomen nämlich auch so,
01:23:33
dass es eine Art Verarbeitungsmechanismus des Gehirns ist.
01:23:38
Denn wenn man diese ganzen Themen nicht mit Humor nehmen würde,
01:23:41
dann würde das unser Gehirn irgendwann quasi nicht mehr aushalten.
01:23:46
Viele schreiben uns ja auch immer, dass es für sie so eine Art Aufatmen ist.
01:23:49
Sowas wie eine kleine Ruheinsel während dieser Anspannung, wenn sie uns hören.
01:23:54
Ich würde ganz gerne mal wissen, warum immer von Kichern die Rede ist.
01:23:59
Also das klingt ja, als ob wir hier sitzen und uns ins Fäustchen lachen.
01:24:04
So ist das ja nicht.
01:24:05
Wir lachen ja einfach über skurrile Situationen
01:24:08
oder über Sachen, die in unserem Kopf ganz komische Bilder hervorrufen.
01:24:13
Wir sagen das ja auch am Anfang.
01:24:14
Es ist ja nie despektierlich gemeint.
01:24:16
Und wir lachen nie über das Schicksal einer Person.
01:24:19
Wir lachen über skurrile Einzelheiten eines Falls.
01:24:24
Nicht über das Leid der Menschen.
01:24:26
Das ist uns auch ganz, ganz wichtig.
01:24:28
Und wir hoffen, dass das auch so ankommt.
01:24:30
Ich habe mir auch mal ein paar Gedanken darüber gemacht
01:24:33
und so ein bisschen im Internet recherchiert.
01:24:35
Und direkt mal eine kleine Aufgabe für dich, Paulina, und für euch zu Hause.
01:24:40
Nehmt euch mal ganz kurz Zeit, um darüber nachzudenken,
01:24:43
wie oft ihr heute oder gestern gelacht habt
01:24:46
und wann ihr eigentlich das letzte Mal so richtig gelacht habt.
01:24:50
So quasi aus tiefstem Herzen.
01:24:53
Es ist nämlich leider so, dass Erwachsene durchschnittlich sehr wenig lachen.
01:24:57
Circa 15 bis 20 Mal am Tag.
01:25:00
Ein Kind dagegen lacht bis zu 400 Mal am Tag.
01:25:06
Und dieser krasse Unterschied hat mich irgendwie total geschockt
01:25:09
und total traurig gemacht.
01:25:12
Und ich habe das Gefühl, dass eben in unserer Gesellschaft
01:25:16
Reife mit Ernsthaftigkeit irgendwie gleichgesetzt wird.
01:25:20
Man hat das Gefühl, das Lachen gehört eher in die Kindheit
01:25:23
und deshalb wird oft Lachen unbewusst mit irgendwie kindischem Verhalten
01:25:28
oder kindlichen Verhalten assoziiert.
01:25:30
Und wenn Paulina und ich eben lachen und kichern,
01:25:34
dann werden wir deswegen vielleicht bei manchen Leuten irgendwie so ein bisschen als kindisch
01:25:38
oder vielleicht als albern so eingestuft.
01:25:41
Aber dazu muss ich jetzt mal einmal sagen, ich kann mich noch genau daran erinnern,
01:25:46
wann ich das letzte Mal aus tiefstem Herzen gelacht habe.
01:25:49
Und zwar jedes Mal, wenn Paulina und ich eine Folge aufnehmen.
01:25:53
Da kriegen wir uns nämlich teilweise fünf Minuten nicht mehr ein.
01:25:57
Das hört ihr natürlich nicht, weil das müssen wir rausschneiden.
01:25:59
Aber das sind die Momente, warum ich diese Aufnahmen halt so liebe.
01:26:05
Und es ist nämlich eben ganz wichtig, dass man Menschen hat, die einem zum Lachen bringen
01:26:09
oder mit denen man lachen kann.
01:26:11
Also an so Leuten solltet ihr auf jeden Fall festhalten.
01:26:13
Das sind nämlich die Besten.
01:26:15
Und ich bin lieber irgendwie albern und glücklich als ernst und unglücklich
01:26:20
und mega froh, dass du, Paulina, denselben bescheuerten und schwarzen Humor hast wie ich.
01:26:25
Ja, das ist süß.
01:26:28
Ich finde das total engstirnig, so zu denken, dass man so ernst sein muss.
01:26:35
Laura und ich lachen übrigens auch, wenn wir richtig sauer aufeinander sind.
01:26:40
Wenn es todesernst ist, selbst dann lachen wir.
01:26:44
Ja, mit dem Lachen kann man sich manchmal einfach von der Situation distanzieren
01:26:48
und sehen, wie bescheuert eigentlich manche Sorgen sind oder irgendwie Streitigkeiten oder so.
01:26:55
Und wie unwichtig auch manchmal.
01:26:57
Bei meiner Recherche habe ich auch gelesen, dass Kinder ganz oft, wenn Erwachsene
01:27:02
oder wenn die Eltern irgendwie sauer sind oder gestresst sind oder so,
01:27:06
dass sie total den Clown spielen.
01:27:09
Und dass sie halt, weil sie irgendwie möchten, dass der Erwachsene lacht, damit er wieder aus diesem Stress rauskommt
01:27:16
und dieser unwichtigen, keine Ahnung, gestresst halt wieder rauskommt, sind die dann manchmal total albern,
01:27:23
wenn die Eltern denken, jetzt können sie es gerade überhaupt nicht gebrauchen,
01:27:27
dass das Kind irgendwie verrückt spielt.
01:27:29
Weißt du, wer das noch mit seiner Mama immer macht?
01:27:32
Denn immer, wenn ich traurig bin oder weine,
01:27:38
dann kommt dieser kleine, süße, köterige Fellknäuel an und will mit mir spielen
01:27:45
und knurrt mich dann an und wedelt mit dem Schwanz und ich denke immer so, keine gute Zeit jetzt.
01:27:51
Und es gibt einen Ort, wo Fussel richtig aufdreht und wo Fussel immer, immer spielen will
01:27:57
und rumrennt wie nicht.
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Fussel ist eine faule Sau, der rennt ja sonst gar nicht.
01:28:02
Aber an einem Ort kriegt er sich nicht mehr einen vor Freude und das ist auf dem Friedhof.
01:28:08
Ja, wahrscheinlich, weil er merkt, dass da viel Traurigkeit ist und möchte dann dagegen angehen.
01:28:14
Wir hatten euch ja letzte Folge erzählt, dass wir jetzt immer unsere wichtigen Quellen in die Shownotes packen
01:28:21
und für alle, die nicht wissen, wo die zu finden sind, einfach auf unsere Podigy-Seite gehen
01:28:25
und auf die jeweilige Folge klicken.
01:28:27
Darunter findet ihr dann die Links zu unseren Quellen.
01:28:31
Und übrigens findet ihr jetzt auf unserer Instagram-Seite auch extra Content.
01:28:35
Manchmal, der es nicht in den Podcasts geschafft hat oder den wir extra für Instagram produzieren.
01:28:41
Da könnt ihr also auch gerne mal vorbeischauen und mit anderen Zuhörern über die Fälle diskutieren
01:28:46
unter den Bildern beispielsweise.
01:28:48
Genau. Und ich glaube, wir schließen jetzt mal ab.
01:28:52
Das ist deine Aufgabe.
01:28:53
Das ist meine Aufgabe, aber dafür musst du unter das Bett gucken.
01:29:06
Das war ein Podcast von Funk.