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#161 Abgetaucht

Mordlust.
Willkommen bei Mordlust, einem Podcast bei Partner im Crime.
Auch heute reden wir wieder über Verbrechen und ihre Hintergründe.
Mein Name ist Paulina Kraser.
Und ich bin Laura Wohlers.
In jeder Folge erzählen wir einen bedeutsamen, wahren Kriminalfall nach,
ordnen den für euch ein,
ordnen und diskutieren die juristischen, psychologischen oder gesellschaftlichen Aspekte
und sprechen mit Menschen mit Expertise.
Hier geht es um True Crime, also auch um die Schicksale von echten Menschen.
Bitte behaltet das immer im Hinterkopf.
Das machen wir auch, selbst dann, wenn wir zwischendurch mal etwas abschweifen.
Das ist für uns immer so eine Art Comic Relief, aber natürlich nicht despektierlich gemeint.
Bevor wir mit der heutigen Folge starten, in der wir uns an einen ganz besonderen Tatort begeben,
nämlich unter Wasser,
wollte ich mit dir, Paulina, nochmal über ein anderes Thema sprechen,
auf das ich letztens bei einer Recherche gestoßen bin, und zwar über Mobbing.
Wir haben ja schon mal in einer Folge hier über das Thema gesprochen.
Das war die Folge 46 und unter anderem auch von dem Fall Amanda Todd erzählt.
Die wurde ja so sehr gemobbt, dass sie sich am Ende das Leben genommen hat.
Und mehrere ähnliche Fälle gab es jetzt letztes Jahr auch in Frankreich
und die haben dann dort neue Regeln im Umgang mit MobberInnen eingeführt.
Und zwar sollen MobberInnen zum Beispiel das Handy abgenommen bekommen
oder ihre Social Media Accounts für bis zu einem Jahr gesperrt werden.
Ach, Quatsch.
Wie findest du das?
Für welche Altersgruppe, ist egal.
Ja.
Das finde ich interessant, aber ich finde, das setzt so ein bisschen voraus,
dass man auf sozialen Netzwerken die Konten mit seinem Personalausweis verknüpfen müsste,
was man ja nicht muss.
Und dann ist es halt so ein bisschen, ja, als ob die Person sich nicht ein Prepaid-Handy holt
und dann einen anderen Account anlegt und allen Freunden Bescheid sagt darüber.
Genau, das ist auch so die Kritik, die die Regierung dann direkt auch gehört hat.
Die möchten, um diese Problematik zu umgehen, dass die Plattformen selbst dann dafür sorgen,
dass diese Person gesperrt wird und dass die Plattformen dafür Sorge tragen,
dass sie sich nicht mit neuen Accounts anmelden.
Das ist natürlich die Frage, ob die Plattformen das so mitmachen würden oder nicht.
Aber an sich ist die Idee natürlich gut, weil vor allem auch die SchülerInnen,
die sich das Leben genommen haben in Frankreich, vor allem online Hate erfahren haben.
Außerdem soll in Zukunft nicht mehr das Mobbing-Opfer,
sondern der Täter beziehungsweise die Täterin die Schule wechseln.
Und jetzt ab Herbst gibt es auch Empathiekurse, also Empathie als Unterrichtsfach.
Das finde ich gut.
Also ich finde sowieso, dass es viel zu wenig Kurse und Fächer auf Schulen gibt,
die Kinder und Heranwachsende wirklich aufs Leben vorbereiten.
Das finde ich gut.
Finde ich auch gut.
Was interessant ist, ist, dass Mobbing in Frankreich als Straftat gilt
und dass MobberInnen da mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden können.
Also auch schon 13-Jährige, weil da beginnt die Strafmündigkeit.
Und so eine hohe Strafe gibt es dann zum Beispiel,
wenn das Mobbing zu einem Suizid oder zu einem Suizidversuch geführt hat.
Also das finde ich natürlich grundsätzlich richtig.
Ich frage mich nur, wie man am Ende nachweisen möchte,
dass eine Mobbing-Tat dann am Ende zu dem Suizid geführt hat.
Weil es ist ja leider oft so, dass es mehrere Leute sind.
Also wer trägt am Ende dann die Verantwortung dafür und wie viel?
Und was ist bei der Person vielleicht noch los gewesen im Leben,
das auch dazu beigetragen hat, dass sie sich dann suizidiert hat?
Das ist vielleicht auch ein Grund, dass es so schwierig ist,
diese Kausalität herzustellen,
dass wir so einen Straftatbestand noch nicht haben in Deutschland.
Ja, und in Frankreich gibt es nämlich genau diese Problematik,
die du gerade gesagt hast, natürlich auch.
Und deshalb wurde bisher auch noch niemand
für die Suizide der Kinder juristisch verantwortlich gemacht.
Ja, also wäre auch interessant zu sehen,
ob so eine Strafandrohung von wegen Handy weg, Account gesperrt und so
tatsächlich auch Menschen dazu bringt, weniger zu mobben.
Ja, ich kann mir vorstellen, dass es bei einigen,
gerade so Kindern doch schon ziehen könnte.
Voll.
Die kleben ja an ihren Handys.
Wir nicht.
In dem Fall, den wir euch gleich erzählen,
geht es um eine Tat, die sich in 36 Metern Tiefe ereignet
und um die Frage nach der rechtlichen Verantwortung,
wenn man sich selbst einem Risiko für das eigene Leben aussetzt.
Für die Geschichte haben wir außerdem mit einer Person gesprochen,
die direkt an der Tat beteiligt war und uns sehr nah an ihr Inneres gelassen hat,
wofür wir ihr hier einmal danken wollen.
Die Namen haben wir zu ihrem Schutz trotzdem alle geändert.
Juni 2016.
Konzentriert blickt Sarah auf die Tastatur ihres Laptops.
Im stetigen Tempo lässt sie ihre Finger über die Buchstaben und Zahlen vor sich gleiten.
Und als sie wenige Minuten später aufs Senden klickt, verspürt sie Glück und Vorfreude.
Denn sie ist sich sicher, sie hat soeben den Grundstein für ihr nächstes Abenteuer gelegt.
Die 34-jährige Wienerin mit den dunkelblonden Haaren und den blauen Augen ist eine sportliche und aktive Frau.
Draußen Mensch, lautet die Bezeichnung, mit der Sarah sich selbst auf ihrem Instagram-Profil beschreibt.
Wenn immer es ihr Alltag zulässt, schnürt sie ihre Wanderschuhe, schwingt sich aufs Motorrad oder begibt sich ins Wasser, um zu tauchen.
Der Tauchsport spielt schon länger eine Rolle in Sarahs Leben.
1995 wagt sie sich als Teenager das erste Mal unter die Wasseroberfläche.
Geschützt durch einen Neoprenanzug mit einer Pressluftflasche auf dem Rücken in Begleitung eines Tauchlehrers.
Gemeinsam mit ihrer Schwester will sie das Ganze damals bei einem Schnupperkurs in ihrer Heimatstadt Wien eigentlich nur mal ausprobieren.
Doch aus dem geplanten einmaligen Erlebnis wird ein zweites, ein drittes und schließlich mit dem ersten Tauchschein ein echtes Hobby.
Könntest du dir das auch vorstellen, Paulina? Tauchen als Hobby? Auf gar keinen Fall.
Warum?
Also es gibt wirklich kein Element, vor dem ich mehr Angst habe als vor Wasser.
Ich liebe ja Surfen, aber auch das klappt ja nur so semi, wie wir beide wissen, nachdem ich mir da, als wir surfen waren, den Arm gebrochen habe.
Und wir waren ja auch schon mal schnorchelnd zusammen.
Und alleine, wenn ich mit dem Kopf unter Wasser bin und es quasi über mir abschließt, kriege ich solche Beklemmungen.
Und dann noch dazu dieses Atemgeräusch, dieses
Wirklich grauenhaft. Ich werde da sofort klaustrophobisch bei.
Ja, bei mir war das auch so. Also ich war mir sicher, wenn ich das einmal ausprobiere mit dem Tauchen,
dass ich das schrecklich finden würde und dass ich wahrscheinlich Panik bekommen würde,
weil man ja mit dieser Flasche dann atmet.
Aber dann habe ich gedacht, ja, man kann ja alles mal ausprobieren.
Nee, das denke ich ja gar nicht, weil ich will nicht alles ausprobieren.
Aber da habe ich gedacht, das kann ich ja mal ausprobieren.
Also habe ich es gemacht und ich fand es wirklich viel besser als gedacht.
Ich hatte keine Panik und tatsächlich wurde ich auch ruhig.
Du hast es gerade angesprochen, dieses Atmen.
Das hat mich komischerweise beruhigt, weil man dann, wenn man so tief unter Wasser ist,
also so tief war ich ja nicht, aber halt ein bisschen mehr als beim Schnorcheln,
dann ist es wirklich ja so still, dass man nur dieses Atmen hört.
Ja.
Und dadurch konzentriert man sich aufs Atmen.
Und das kennt man ja auch sonst, wenn es einem nicht so gut geht oder wenn man gestresst ist oder so.
Und dann konzentriert man sich mal aufs Atmen und atmet tief ein und so.
Dann wird man ja ruhiger.
Das heißt, ich war dann echt ruhiger als oberhalb der Wasseroberfläche.
Aber ich war halt nicht tief.
Und ich will auch nicht so tief tauchen, weil ich einfach auch zu dolle Angst habe,
dass da was passiert oder dass ich dann halt doch keine Luft mehr bekomme
oder zu schnell hochgehe oder nicht vom Hai gefressen, aber von irgendwas anderem attackiert werde oder sowas.
Daher kann es für mich auch kein Hobby werden.
Ich habe es halt einmal gemacht und habe es halt ausprobiert.
Aber so wie Sarah werde ich das wohl nie machen.
Also es ist natürlich ein Hobby, was für mich wieder den Coolness-Faktor erhöht.
Also so wie Kiten hatten wir ja auch schon mal.
Echt?
Kiten finde ich ein cooles Hobby, Tauchen finde ich ein cooles Hobby.
Also Kiten ja voll, Tauchen, nee, ich möchte also, nee.
Tauchen ist besser als jedes Hobby, was wir jemals gemacht haben.
Ja, das stimmt.
Nee, es ist auch eher so, ich will nicht, dass mein Partner das macht, weil ich zu dolle Angst habe.
Weißt du, was ich meine?
Ja.
Naja, Sarah hat auf jeden Fall keine Angst.
Sie ist furchtlos in den Gewässern unterwegs und in den darauffolgenden Jahren wagt sich
Sarah auch immer wieder in die Tiefe der österreichischen Seen und bewundert in Kroatienurlauben die
Unterwasserwelt der Adria.
Und mit jeder Erfahrung, die sie sammelt, wird sie nicht nur sicherer.
Auch ihre Begeisterung entfacht immer mehr.
Das Tauchen ist für Sarah nicht mehr nur Abenteuer.
Sie empfindet es auch als etwas Meditatives.
Und Probleme und Sorgen, die sie an Land noch beschäftigt haben, haben dann keinen Platz mehr
in ihren Gedanken.
In den Weiten der Meere und Ozeane sind sie schlichtweg unbedeutend.
Dank des Jochen Schweizer Gutscheins, den Sarahs Vater ihr an Weihnachten als Geschenk
überreicht hat, kann sie bald wieder abtauchen.
Im wahrsten Sinne des Wortes.
Und zwar in einem Bergsee.
Zum ersten Mal in ihrem Leben.
Neben einem atemberaubenden Bergpanorama und kristallklarem Wasser würden Teilnehmer
in völlig neue Unterwasserwelten erleben.
So lauten die Versprechungen auf der Website des Veranstalters, die Sarah dazu gebracht
haben, eine Tauchschule in München per E-Mail zu kontaktieren.
Jetzt hofft sie, ihren Gutschein zeitnah einlösen zu können.
Und zwar zusammen mit ihrer großen Liebe Mirko.
Der 34-Jährige mit den kurzen, dunklen Haaren ist seit sieben Jahren der Mann an Sarahs Seite.
Angelernt haben sie sich 2009 bei ihrer Ausbildung in einer Wiener Fahrschule, in der beide mittlerweile
als Fahrlehrer in Arbeiten.
Zwischen Fahrunterricht, Theoriestunden und Führerscheinprüfungen hat es damals schnell
zwischen Sarah und Mirko geknistert.
Und aus einem anfänglichen Funken wurde schließlich echte Liebe, die mittlerweile von den Geburten
der zwei gemeinsamen Söhne gekrönt wurde.
Milan und Luis, die mittlerweile vier und zwei Jahre alt sind.
Bei Mirko fühlt sich Sarah wohl und geborgen.
Für sie ist er Ruhepol und Inspiration gleichermaßen.
Nach sieben gemeinsamen Jahren ist aus einer anfänglichen Verliebtheit eine tiefe, gefestigte
Liebe gewachsen, in der Sarah und Mirko wissen, was sie aneinander haben und über kleine
Macken der jeweils anderen Personen hinwegsehen können.
So kann Sarah mittlerweile darüber schmunzeln, wenn ihr Formel-1-begeisterter Partner wieder
einmal so dicht vorm Fernseher sitzt, als habe er vor, hineinzukrabbeln.
Oder ein verlorenes Rennspiel auf der Playstation dazu führt, dass der Controller durchs Wohnzimmer
fliegt.
Sarah nimmt diese Dinge mit Humor.
Ein temperamentvoller Typ, der ebenso eine sanfte und romantische Seite hat, die er keinesfalls
versteckt.
Mehrmals hat er Sarah in den vergangenen Jahren mit heimlich gebuchten Reisen überrascht.
Einmal hat er sie zum Beispiel über ihren Geburtstag nach Paris entführt.
Ein anderes Mal haben sie eine Nilkreuzfahrt gemacht, von der Sarah im Vorfeld nichts wusste.
Für sie sind diese Dinge der absolute Liebesbeweis.
Denn Mirko weiß, gemeinsame Erlebnisse sind ihr so viel wichtiger als materielle Dinge.
Und es gibt noch etwas, was Sarah an ihrem Partner schätzt.
Seine Leidenschaft.
Mirko ist ein Mensch, der seine Interessen und Hobbys mit voller Hingabe verfolgt.
Hobbys, zu denen seit zwei Jahren auch das Tauchen zählt.
Schon zu Beginn ihrer Beziehung hat Sarah ihrem Freund immer wieder von ihren Erlebnissen unter
Wasser vorgeschwärmt und erklärt, was für ein Privileg es sei, sich eine Welt erschließen
zu dürfen, die einem sonst ohne den wortwörtlichen Sprung ins kalte Wasser verschlossen bliebe.
Zunächst hatte Mirko ihren Erzählungen nur interessiert gelauscht.
Doch dann hat er es selbst unter der Aufsicht eines Tauchlehrers einmal ausprobiert und kurz
darauf die Prüfung zum sogenannten Open-Water-Diver absolviert, um sich auch seinen ersten Tauchschein
zu sichern.
Seitdem geht das Paar zusammentauchen.
Eine Entwicklung, über die Sarah sehr froh ist.
Mit Mirko als Tauchbuddy an ihrer Seite hat sie nun endlich jemanden, mit dem sie all die
Eindrücke und Erfahrungen, die sie unter Wasser sammelt, teilen kann.
Denn jemandem von einem Tauchgang zu erzählen, ist das eine, es mit dieser Person gemeinsam
zu erleben, etwas völlig anderes.
Das stellt Sarah jedes Mal aufs Neue fest, wenn sie und Mirko sich nach einem Tauchgang zusammensetzen
und sich darüber austauschen.
Über das, was sie gesehen haben.
Aber auch darüber, wie es ihnen währenddessen ging.
Über die getauchte Tiefe und auch die verbrauchte Luft.
Es sind Informationen, die Sarah und Mirko anschließend in ihren Lockbüchern festhalten.
Kleine Notizhefte, die TaucherInnen quasi als Tagebücher dienen.
Und jedes Mal, wenn Sarah das Leuchten in Mirkos Augen sieht und lauscht, wie er begeistert
die bunten Fische beschreibt, die er gesehen hat, glaubt sie, sich noch ein bisschen mehr
in ihn zu verlieben.
Erst vor wenigen Wochen haben Sarah und Mirko das sogenannte Advanced Open Water Zertifikat
erhalten.
Mit dem zweiten offiziellen Tauchschein in der Tasche gelten die beiden nun als fortgeschrittene
TaucherInnen.
Ganze 40 Meter dürfen sie sich nun in die Tiefe wagen.
Eigentlich wären laut Maßstäben internationaler Tauchverbände nur 30 drin, aber Sarah und Mirko
haben im Rahmen ihrer Ausbildung einen Spezialisierungskurs im Tieftauchen belegt und sich damit 10 zusätzliche
Meta erarbeitet. Um das Advanced Open Water Zertifikat zu bekommen, mussten die zwei
außerdem einen Tauchgang bei Nacht absolvieren und sich zum ersten Mal mit Unterwasser Navigation
auseinandersetzen. Fähigkeiten, die ihnen beim geplanten Bergseetauchen von Nutzen sein werden.
Und zwar schon ganz bald, wie es aussieht. Denn die Münchner Tauchschule hat bereits auf
Saras Anfrage geantwortet. Aufgeregt liest Sarah die Zeilen, in denen ein Mitarbeiter ihr
mitteilt, dass sie fürs Bergseetauchen Fixtermine hätten. Am 31. Juli etwa hätten sie noch Kapazitäten
für einen Tauchgang im sogenannten Walchensee. Ein Gewässer, das sich etwa 80 Kilometer von
München entfernt befindet. Sarah ist begeistert. Schon nächsten Monat. So schnell hatte sie gar
nicht damit gerechnet. Fröhlich beginnt sie, ihre Antwort zu tippen, in der sie den Termin für
sich und Mirko bestätigt und zugleich eine Bitte an den Veranstalter richtet. Mirko gehört zu den
Tauchenden, die verhältnismäßig viel Luft unter Wasser verbrauchen, schreibt Sarah. Daher würden sie
gerne mit Pressluftflaschen tauchen, die 15 Liter Atemgas enthalten, um nicht bereits nach wenigen
Minuten wieder auftauchen zu müssen. Zudem benötige ihr Partner einen dickeren Neoprenanzug,
da sein eigener für die niedrigen Temperaturen in einem Bergsee vermutlich zu dünn sei. Die erneute
Rückmeldung folgt kurze Zeit später. Die Tauchschule gibt an, dass sie keine 15 Liter
Pressluftflaschen haben, Sarah und Mirko jedoch mit 12er Flaschen ausstatten können. Zudem habe
Sarahs Freund die Möglichkeit, sich vor Ort einen geeigneten Neoprenanzug auszuleihen. Zufrieden klappt
Sarah den Laptop wieder zu. 31. Juli 2016, etwa vier Wochen später. Obwohl es noch früh am Morgen ist und
Sarah auf viele geschlossene Gardinen vor den Fenstern von Münchner Wohnungen blickt, ist die 34-Jährige
bereits hellwach. Denn heute ist es soweit. Gemeinsam mit Mirko wird sie ihren ersten Bergseetauchgang
absolvieren. Obwohl ihr Unterwasserabenteuer an diesem Sonntag noch nicht begonnen hat, verbucht Sarah das
Wochenende schon jetzt als vollen Erfolg. Nach ihrer gestrigen Anreise nach München hatten sie und Mirko
den Tag genutzt, um gemeinsam die bayerische Großstadt zu erkunden. Hand in Hand waren sie durch die
Straßen und Gassen spaziert, in der Gewissheit, dass ihre Söhne Milan und Luis währenddessen zu Hause von
ihren Großeltern bespaßt und umsorgt werden. Ein bisschen Zweisamkeit als Paar. Das tut Sarah und
Mirko gut. Schließlich ist das eines der Dinge, die im Alltag mit zwei kleinen Kindern oft auf der
Strecke bleibt. Nun stehen sie mit gepackten Taschen vor einem Gebäude mit gelb-beiger Fassade. Und der
Aufsteller, den die Silhouette eines Tauchers ziert, verrät ihnen, dass sie hier richtig sind. Es ist genau
neun Uhr, als Sarah und Mirko wie verabredet den Eingangsbereich der Tauchschule betreten, wo bereits reger
Betrieb herrscht. Nachdem der anfängliche Papierkram erledigt ist, nehmen Sarah und Mirko die Flaschen
entgegen, die sie unter Wasser mit Luft versorgen sollen. Zudem drückt ein Mitarbeiter Mirko etwas
in die Hände, dass wie ein kurzärmlicher, dünner Neoprenanzug aussieht. Sarah ist verdutzt. Sie
hatte für ihren Freund doch extra einen dickeren Anzug bestellt. Der Mitarbeiter der Tauchschule erklärt
den beiden, dass es sich um eine sogenannte Eisweste handelt. Einen dicken Neoprenanzug könnten sie Mirko
nicht anbieten, doch sein Neoprenanzug in Kombination mit der zusätzlichen Weste würde
ihn ausreichend vor den kalten Wassertemperaturen schützen. Als sie ihr Equipment schließlich beisammen
haben, steigen Sarah und Mirko in den kleinen Bus ein, der die TaucherInnen zum Weichensee bringen
soll. Insgesamt fünf weitere Personen zählt Sarah, die an diesem Morgen auf den gepolsterten
Plätzen vor und hinter ihnen sitzen. Neugierig lässt sie ihren Blick über die Gesichter der
Menschen schweifen, die sich mit ihr im Bus befinden. Als Touristin aus Wien kennt Sarah natürlich niemanden
von ihnen. Doch umgeben von Leuten, die das Tauchen genauso lieben wie sie, fühlt sie sich wohl. Das
gemeinsame Hobby macht es leicht, einander kennenzulernen und Kontakte zu knüpfen. Das zeigt sich auch an
diesem Morgen. Die Fahrt dauert gerade erst wenige Minuten, als Sarah und Mirko mit einem jungen Mann ins
Gespräch kommen, der sich ihnen als Tobias vorstellt. Tobias erzählt, dass er parallel zu seinem
Masterstudium als Tauchlehrer bei der Münchner Tauchschule arbeitet und heute als einer von mehreren
Guides mit dabei ist, um die TeilnehmerInnen sicher durch den Bergseetauchgang zu führen.
Vor allem Mirko versteht sich gut mit Tobias. Nacheinander tauschen sie sich über ihre bisherigen
Erfahrungen beim Tauchen aus. So schwärmt Mirko etwa von der Unterwasserwelt des Mittelmeeres und
berichtet Tobias von einem Tauchgang in Kroatien, der ihn zu einem Schiffswrack geführt hat. Ein
Erlebnis, an das sich auch Sarah gut erinnern kann. Sarah erzählt Tobias, dass sie und Mirko bisher
eben nur in milden Gewässern wie dem Mittelmeer und den österreichischen Seen getaucht sind. Mit
Bergseetauchen haben sie dagegen noch überhaupt keine Erfahrung und sind deshalb sehr gespannt,
was sie erwartet. Etwa eineinhalb Stunden später. Die Naturkulisse, die Sarah und die anderen
TeilnehmerInnen außerhalb des Busses empfängt, gleicht einem echten Postkartenmotiv. Inmitten der
Alpen und umgeben von sattgrünen Bäumen strahlt der Weichensee Ruhe und Idylle aus. Bis zu 190 Meter
geht es hier an den grauen Felswänden des Tauchplatzes mit dem Namen Steinbruch in die Tiefe. Sarah kann es
kaum erwarten, gleich in das kühle, türkise Wasser einzutauchen. Doch erst gilt es, sich darauf
vorzubereiten. Konzentriert stüpfen sie in ihre Neoprenanzüge, die sich wie eine zweite Haut an ihre
Körper schmiegen. Dann sind Flossen, Taucherbrille und die sogenannten Tarierwesten an der Reihe, an der
sie unter anderem jeweils ihre Druckluftflasche befestigen und in denen sie die wasserdichten
Taschenlampen verstauen. Als Mücke noch die Eisweste anlegen will, die er von der Tauchschule bekommen hat,
wird schnell klar, sie ist ihm viel zu klein. Macht nichts, erklärt er Sarah. Ihm sei unter Wasser ohnehin
immer warm genug. Dann beginnt der Leiter der Tauchschule, die TeilnehmerInnen des Ausflugs in kleine
Gruppen einzuteilen. Zwei bis drei Personen, denen er jeweils ein Teammitglied der Tauchschule als Guide
zur Verfügung stellt. Als sich schließlich ein bekanntes Gesicht zu Sarah und Mirko gesellt, muss
die 34-Jährige schmunzeln. Tobias, der Mann, mit dem sie sich im Bus unterhalten haben, wird sie bei
ihrem ersten Bergseetauchgang begleiten und sie durch die Tiefen des Weichensees navigieren. Gemeinsam
bespricht das Trio die Vorgehensweise. Etwa 20 Minuten sind für den Tauchgang vorgesehen, erklärt Tobias.
Doch die drei einigen sich darauf, dann wieder aufzutauchen, sobald der oder die erste von
ihnen nur noch eine Restluft von 110 Bar in der Flasche übrig hat. Eine großzügige Planung.
Schließlich begeben sich die meisten TaucherInnen erst bei 50 Bar wieder an die Oberfläche. Dann geht es
endlich ins Wasser. Als Sarah die Wasseroberfläche durchdringt und gemeinsam mit Mirko und Tobias in den
Weichensee eintaucht, setzt sofort die vertraute Ruhe ein. Das Einzige, was sie jetzt noch hört, ist ihre
eigene Atmung. Das rauschende Geräusch, das sie jedes Mal erzeugt, wenn sie durch das Mundstück ihres
Atemreglers die Luft einatmet, die sich in ihrer Flasche auf dem Rücken befindet. Doch nicht alles
ist für Sarah so, wie sie es von ihren bisherigen 41 Tauchgängen kennt. Die Kälte macht der 34-Jährigen
Und das kann ich mir vorstellen, weil ich war ja bei 30 Grad oder noch wärmer auf den Malediven tauchen und ich habe unter Wasser, und ich war ja nicht tief, gezittert die ganze Zeit. Also ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass das in irgendeiner Weise Spaß macht, wenn man in so kaltem Wasser ist. Weil da kann man sich ja eigentlich nur darauf konzentrieren.
Naja, bei Sarah ist es jetzt eben auch schwierig und die würde sich gerne ablenken vom Frieren, indem sie ihre Aufmerksamkeit auf all das richtet, was es halt in der Wasserunterwelt zu sehen gibt.
Doch ihre Augen nehmen kaum mehr als Umrisse wahr. Es ist düster, beinahe finster. Sarah ist froh, dass sie immerhin Mirko erkennen kann und Tobias, der wenige Meter vorweg taucht und sie so langsam und kontinuierlich weiter in die Tiefe führt.
In etwa 10 Metern Tiefe gibt Tobias ihnen schließlich ein Zeichen. Es ist an der Zeit, die Taucherlampen zu zücken. Sarah ist erleichtert. Mit einem Klick wirkt es plötzlich so, als hätten sie unter Wasser einen Lichtschalter betätigt.
Endlich kann Sarah die Umgebung um sich herum detailliert wahrnehmen und all die Eindrücke aufsaugen, die sie später in ihrem Logbuch dokumentieren wird.
Immer wieder fragt Tobias Sarah und Mirko wortlos ab, ob alles in Ordnung sei, indem er Daumen und Zeigefinger zu einem Kreis formt.
Sarah und Mirko erwidern diese Geste. Alles in Ordnung.
Zumindest bis die drei eine Tauchtiefe von 36 Metern erreichen und sich schlagartig alles ändert.
Der Tauchgang im Walchensee dauert gerade einmal sieben Minuten, als Mirko Sarah antickt und einen seiner Daumen nach oben richtet.
Es ist das Zeichen aufzutauchen. Offenbar hat er nicht mehr viel Luft in seiner Flasche übrig.
Sarah ist überrascht. Sie weiß, dass ihr Partner stets einen hohen Luftverbrauch unter Wasser hat, doch sieben Minuten, das ist ein neuer Rekord.
Unter anderen Umständen wäre Sarah womöglich enttäuscht, dass ein Erlebnis, für das sie extra nach München angereist war, bereits nach so kurzer Zeit endet.
Doch in diesem Fall kommt ihr Mirkos Wunsch, wieder aufzutauchen gelegen.
Auch für sie ist es an der Zeit, die Tiefe des Bergsees hinter sich zu lassen.
Das signalisiert ihr Körper ihr ganz deutlich. Sarah fühlt sich nicht gut.
Seit sie, Mirko und Tobias die Tauchtiefe von 36 Metern erreicht haben, ist ihr schwindelig und übel.
Außerdem wird ihr immer wieder schwarz vor Augen.
Also gibt sie Tobias per Handzeichen zu verstehen, dass sie auftauchen müssen.
Als der wiederum sein Okay gibt, fangen Sarah und Mirko an, sich in Bewegung zu setzen.
Über den sogenannten Inflator, ein Ventil, das über einen Schlauch mit der Pressluftflasche verbunden ist,
befüllen Sarah und Mirko ihre Tarierwesten mit Luft und verschaffen sich so Auftrieb.
Stück für Stück bewegen sie sich so langsam mit wedelnden Flossen aufwärts.
Doch Mirko geht das offenbar nicht schnell genug.
Er wird hektisch und signalisiert Sarah, das Tempo anzuziehen.
Trotz der globigen Taucherbrillen glaubt Sarah, Stress und Sorge in seinem Gesicht zu erkennen.
Ihr Partner hat Angst. Das spürt sie ganz deutlich.
Also kommt sie seiner Bitte nach.
Zügig bewegen sich Sarah und Mirko nun Richtung Wasseroberfläche.
Das zeigen auch die Angaben auf ihren Tauchcomputern, die sie wie Armbanduhren am Handgelenk tragen.
Mit nahezu jedem Flossenschlag werden die Zahlen, die die Tauchtiefe angeben, immer geringer.
Aus 36 Metern werden innerhalb weniger Sekunden 30, aus 30 25, aus 25 schnell 20.
In 10 Metern Tiefe kann Sarah die Sonnenstrahlen, die die Wasseroberfläche durchbrechen, bereits deutlich sehen,
als sie und Mirko plötzlich von etwas gestoppt werden.
Oder besser gesagt von jemandem.
Der Mann, der die beiden von hinten zurückhält, ist Tobias.
Der Tauchlehrer hat die beiden von hinten an ihren Westen gegriffen.
Und das aus gutem Grund.
Denn der Aufstieg von Sarah und Mirko verläuft viel zu schnell.
Genau, und das ist tatsächlich ein Problem, denn das kann richtig gefährlich werden,
weil es nämlich zur sogenannten Dekompressionskrankheit kommen kann.
Und darum geht es jetzt kurz in unserem Aha.
Also wenn jemand hobbymäßig taucht und so einen Tauchgang macht,
dann ist das im Durchschnitt mit dieser Pressluftflasche so 20 bis 30 Minuten möglich.
Und diese Luft, die da drin ist, die ist eigentlich so zusammengesetzt wie auch unsere Atemluft,
nämlich zu 80 Prozent aus Stickstoff und zu 20 Prozent etwa aus Sauerstoff.
Deswegen ist der Begriff Sauerstoffflasche eigentlich auch falsch,
weil eben nicht Sauerstoff, sondern Stickstoff der Hauptbestandteil ist.
Jetzt ist es ja so, wenn wir im Alltag atmen, dann atmen wir den Stickstoff, den wir einatmen, ja auch einfach wieder aus.
Und das ist beim Tauchen aber ein bisschen schwieriger.
Und zwar wegen des hohen Umgebungsdrucks.
Der steigt nämlich pro 10 Meter Tauchtiefe um etwa ein Bar.
Das klingt jetzt vielleicht erst mal nicht so viel, wenn wir uns jetzt aber mal vor Augen führen,
dass der Druck der Atmosphäre, also sprich der normale Druck, der uns umgibt, auch etwa ein Bar beträgt.
Und Sarah und Mirko sich nach gerade mal sieben Minuten Tauchgang in 36 Metern befinden,
dann ist dieser Umgebungsdruck innerhalb von wenigen Minuten um mehr als das Dreifache gestiegen.
Und das macht mit dem Körper natürlich was, weil dieser hohe Druck dazu führt,
dass viel mehr Stickstoff in unsere Blutbahn kommt.
Also sprich, unser Körper ist dann voll mit Stickstoff, den wir nicht verstoffwechseln können.
Und wenn wir dann wieder aufsteigen und der Umgebungsdruck abnimmt,
bilden sich in unserem Körper aus dem gelösten Stickstoff sogenannte Mikrobläschen.
Das kann man sich in etwa so vorstellen wie eine Flasche Sprudelmineralwasser, wenn man die öffnet.
Und genau das passiert dann auch beim Auftauchen in unserer Blutbahn.
Und über das Blut werden diese Stickstoffbläschen zur Lunge abtransportiert
und dort dann über den normalen Gasaustausch abgeatmet.
Also Entsättigung nennt man den Vorgang.
Das sollte im Idealfall passieren.
Wenn man jetzt aber zu schnell auftaucht, dann funktioniert das mit der Entsättigung nicht,
weil dieses schnelle Auftauchen bedeutet, dass der Umgebungsdruck schnell absinkt.
Und dann wird der Stickstoff im Körper zum Problem,
weil sich da nicht nur richtig viele Stickstoffbläschen bilden,
bei denen der Körper nicht mehr hinterherkommt, die abzubauen,
die Bläschen sind dann auch noch viel größer und können dann die Gefäße verstopfen.
Und im Worst Case kann das zum Beispiel zu einer Lungenembolie führen.
Und das Ganze nennt sich, wie gesagt, die Kompressionskrankheit,
wobei der Begriff Krankheit so ein bisschen irreführend ist,
weil es ist keine Krankheit im klassischen Sinn,
sondern es ist dann wie ein Unfall,
den man durch dieses schnelle Auftauchen dann halt herbeigeführt hat.
Und eigentlich lassen sich solche Unfälle gut vermeiden,
nämlich indem man langsam und stückweise auftaucht und sogenannte Safety Stops einlegt,
damit der Körper entsättigen kann.
Und wenn man aus welchen Gründen auch immer doch mal zu schnell aufgetaucht ist,
dann geht es für TaucherInnen in so eine Dekompressionskammer.
Und so eine Kammer, die sieht so ein bisschen aus wie ein U-Boot.
Und je nachdem, in welcher Tiefe man vorher getaucht ist,
wird da drin ein hoher Druck erzeugt.
Und die TaucherInnen werden dann dort mit reinem Sauerstoff versorgt,
weil dieser Druck dann dazu führt,
dass sich der Sauerstoff im Körper gut verteilen kann
und der Körper den vielen Stickstoff wieder los wird.
So, und wie lange man da drin bleiben muss,
das ist ja abhängig von Länge und Tiefe von einem Tauchgang.
In der Regel sind das so ein paar Stunden.
Es gibt aber so BerufstaucherInnen,
die sehr, sehr lang und sehr tief tauchen müssen.
Also da gibt es auch so extreme Tiefen,
wo man so bis zu 500 Meter taucht.
Ach du Scheiße.
Das ist ja wahnsinnig für den Körper, ne?
Ja.
Sind das nicht so Menschen,
die zum Beispiel an so Ölplattformen,
die unten am Meeresboden dann so befestigt sind,
da so Sachen reparieren müssen.
Denn da habe ich mal eine Doku gesehen darüber
und das fand ich so irre.
Genau, die nennt man auch IndustrietaucherInnen
und das, was die machen, nennt sich Sättigungstauchen.
Und diese Leute müssen dann aus Sicherheitsgründen
mehrere Tage oder sogar Wochen
in diesen Überdruckkammern bleiben.
Ja.
Ach du Scheiße.
Weil das halt so lange dauert,
bis sich der Organismus wieder an das Druckniveau angepasst hat.
Genau, und sagen wir mal,
jemand taucht 200 Meter tief,
weil er da irgendwelche Arbeiten verrichten muss,
dann würde die Dekompressionszeit
eine Woche betragen.
Also heißt,
der Körper braucht sieben Tage,
um sich dann wieder an diesen niedrigen Druck
außerhalb des Wassers zu gewöhnen.
Und diese Tauchenden,
die können ja schlecht
sich eine Woche Zeit beim Auftauchen lassen.
Und deswegen bleiben die dann danach nach diesem Arbeitseinsatz
mehrere Wochen oder halt eine Woche dann in dieser Überdruckkammer.
Und die müssen da dann halt essen, schlafen, leben drin.
Das hört sich ja nicht nach meinem Traumjob an.
Und damit Sarah und Mirko nicht in so eine Dekompressionskammer müssen,
hat Tobias das zu schnelle Auftauchen ja gerade nochmal verhindert.
Und zwar auf 10 Meter Tiefe.
Allerdings legen die drei hier keinesfalls nur eine kleine Pause ein,
bevor sie das Auftauchen fortsetzen.
Sie sinken wieder.
In einer Abwärtsspirale taumeln Sarah, Mirko und Tobias,
die sich mittlerweile gegenseitig an den Oberarmen festhalten,
immer weiter herab.
Und das, obwohl sie sich doch einig waren,
auftauchen zu wollen.
Es ist, als würde sie etwas nach unten ziehen.
Als sei der Säge und ein Magnet,
mit dessen Kraft sie es nicht aufnehmen können.
Was passiert hier?
Und ist das stetige Absinken von Tobias gewollt?
Es sind Fragen, auf die Sarah keine Antwort findet.
Und mit jedem Meter, den sie und ihre beiden Mittaucher weiter sinken,
nimmt nicht nur der Druck zu, der auf sie wirkt,
sondern auch Sarahs Unwohlsein.
Übelkeit und Schwindel sind nun nicht mehr die einzigen Probleme,
die ihr zu schaffen machen.
Sie hat auch Wahrnehmungsstörungen.
Sarah kommt es vor,
als würde alles um sie herum in Zeitlupe passieren.
Als sei ihr Geist umgeben von einem dichten Nebel,
der es ihr unmöglich macht,
klar zu denken und zu sehen.
Selbst Mirko und Tobias deutlich zu erkennen,
fällt ihr trotz eingeschalteter Stirnlampe mittlerweile schwer.
Immer wieder verschwimmen die Silhouetten der Männer,
die nur wenige Meter neben ihr tauchen.
Als sich Sarahs Blick kurz wieder schärft,
zieht sie Tobias direkt vor sich,
wie er Daumen und Zeigefinger zum Kreis formt.
Er will wissen, ob alles gut ist.
Sarah schüttelt den Kopf.
Zu ihrer Angst gesetzt sich nun auch Wut.
Nein, schreit sie in ihren Atemregler hinein,
in dem Wissen,
dass Tobias sie hier,
wieder in 36 Metern Tiefe,
vermutlich nicht hören kann.
Doch es ist ohnehin viel mehr eine Reaktion ihrer Verzweiflung
als ein echter Kommunikationsversuch.
Und diese Verzweiflung erreicht nur wenige Sekunden später
ein neues Level,
als Sarah ihren Blick auf Mirko richtet.
Ihr Freund, der mittlerweile etwas versetzt unter Sarah schwimmt,
ist ohne Luftversorgung.
Statt kräftig und gleichmäßig an dem Mundstück seines Atemreglers zu ziehen,
baumelt das Gerät nun seitlich von seinem Körper.
Sofort greift Sarah zu dem Reserveregler an seiner Weste
und steckt ihn Mirko entgegen,
um ihn mit Luft aus ihrer Flasche zu versorgen.
Mirko versucht danach zu greifen,
Doch es gelingt ihm nicht.
Die Distanz zwischen ihm und Sarah ist zu groß.
Sarah weiß nicht, was sie tun soll.
Sie will ihrem Freund helfen.
Doch zugleich weiß sie,
dass sie selbst kurz davor ist, ohnmächtig zu werden.
Es ist ein Moment,
in dem vor Sarahs innerem Auge ihre Söhne erscheinen.
Der vierjährige Milan und der zweijährige Luis.
Und der Gedanke an ihre Kinder
bringt sie dazu, eine Entscheidung zu treffen.
Gepackt vom Überlebensinstinkt
löst sich Sarah von den beiden Männern
und strampelt nach oben.
Mirko zu retten liegt nun in den Händen von Tobias.
Und Sarah muss darauf vertrauen,
dass der Tauchlehrer weiß, was zu tun ist.
Der Weg nach oben kostet Sarah viel Kraft.
Mit jedem einzelnen Flossenschlag
kämpft sie gegen Übelkeit und Schwindel an.
Die drohen ihren Körper zu lähmen
und sie in der dunklen Tiefe festzuhalten.
Doch Sarah ist entschlossen.
Sie muss es einfach schaffen.
Sie muss die Wasseroberfläche erreichen,
ehe sich alles um sie herum verdunkelt.
Still, beinahe starr, ruht der Walchensee.
Im Gegensatz zu den beliebten Badestränden
finden sich hier, am Einstieg Steinbruch des Südufers,
kaum Menschen wieder,
die sich entlang der klobigen Felsen
einen Weg ins Wasser bahnen.
Und so kriegt an diesem Sonntagvormittag zunächst niemand mit,
wie plötzlich eine Gestalt auftaucht
und hektisch an der Wasseroberfläche zappelt.
Es ist Sarah.
Sie hat es tatsächlich geschafft,
die Tiefe des Bergsees hinter sich zu lassen.
Gierig schnappt sie nach Luft,
doch ihr Körper droht sie im Stich zu lassen.
Das Atmen fällt Sarah schwer.
Für sie fühlt es sich an,
als liege ein riesiger, schwerer Stein auf ihrer Brust,
der sie daran hindert,
ihre Lungen mit Sauerstoff zu füllen.
Sauerstoff, den sie so dringend braucht.
Hilfe formen Sarahs Lippen.
Doch in ihrer Kurzatmigkeit braucht sie ein paar Anläufe,
bis auch ihre Stimmbänder mitmachen.
Panisch schaut sie sich um.
Sowohl von Mirko als auch von Tobias fehlt jede Spur.
Dafür bekommt sie wenige Minuten nach ihrem abrupten Auftauchen
die Hilfe, nach der sie so zaghaft gerufen hat.
Eine Mitarbeiterin der Tauchschule,
die soeben mit ihrer Kleingruppe den Bergseetauchgang beendet hat,
ist auf Sarah aufmerksam geworden
und zieht sie wie eine Rettungsschwimmerin an Land.
Nach wie vor ist Sarah schwindelig und schummrig.
Doch sie ist klar genug,
um den Trubel um sie herum wahrzunehmen.
Um mitzubekommen,
wie sich mehrere Einsatzkräfte um sie versammeln.
Während Sarah auf der Trage im Rettungswagen liegt
und versucht gleichmäßig durch die Sauerstoffmaske zu atmen,
die man ihr aufgesetzt hat,
rasen ihre Gedanken.
Wie geht es Mirko?
Sind er und Tobias schon wieder aufgetaucht?
Es sind Fragen, die es ihr schwer machen,
ruhig zu bleiben und sich ganz auf sich zu konzentrieren.
Völlig entkräftet lässt sie ihre Augen immer wieder umherwandern,
in Richtung der MitarbeiterInnen der Tauchschule,
der SanitäterInnen und der anderen Rettungskräfte,
die mittlerweile eingetroffen sind.
Und schließlich erblickt sie ein bekanntes Gesicht.
Ein Gesicht, das ihr vertraut ist und dafür sorgt,
dass sich ihr Magen zusammenzieht.
Es ist Tobias und seine schockierte Mimik lässt Sarah das Schlimmste befürchten.
Doch bevor sie mit ihm sprechen kann,
wird sie in den Rettungswagen geschoben
und auf schnellstem Weg ins Krankenhaus gebracht.
Sarah starrt an die sterilen Wände ihres Krankenhauszimmers als ein Arzt im weißen Kittel eintritt.
Sein Gesichtsausdruck verrät ihr bereits, was nicht sein darf.
Trotzdem spricht er die Worte aus und reißt Sarah damit den Boden unter ihren Füßen weg.
Mirko ist tot.
Er hat es nicht geschafft, wieder aufzutauchen.
Stattdessen wurde er von einem Bergungstaucherlebblos auf dem schlammigen Seegrund entdeckt.
Wie konnte das passieren?
Sie und Mirko waren nach Bayern gereist, um einen besonderen Tauchgang zu absolvieren.
Ein Unterwasserabenteuer zu erleben, das sie anschließend wie immer gemeinsam in ihren Lockbüchern festhalten würden.
Doch nun markiert der heutige Tag den schwärzesten in ihrem bisherigen Leben.
Sie hat nicht nur ihre große Liebe verloren, sondern zugleich ihren besten Freund und den Vater ihrer Kinder.
Wie soll sie ihr Leben ohne Mirko weiterführen?
Und vor allem, wie soll sie das Milan und Louis beibringen?
Sarah wird bei dem Gedanken richtig übel.
Und allein die Vorstellung daran, wie die Jungs mit ihren zwei und vier Jahren sehen werden,
wie der Sarg ihres Vaters in ein Grab herabgelassen wird, bringt sie beinahe um den Verstand.
Es sind Gedanken, die sie auch in der Nacht in ihrem Krankenbett wachhalten.
in dem sie die nächsten Tage verbringen muss.
Sarah selbst hat den Bergsee-Tauchgang nämlich auch nur knapp überlebt.
Wir haben ja eben schon mal kurz darüber gesprochen, dass Tauchen gefährlich werden kann,
wenn man beispielsweise zu schnell aufsteigt.
Generell gilt Tauchen aber als recht sicher.
Das sagen nicht nur Tauchverbände und TauchmedizinerInnen, sondern auch unser Experte.
Allerdings macht Dr. Florian Huber klar, ist diese Sicherheit nicht per se gegeben,
sondern an ganz konkrete Voraussetzungen geknüpft.
Es kommt natürlich immer darauf an, wie gut ist man ausgebildet, wie gut ist die Ausrüstung.
Ist die Ausrüstung passend zu dem Gewässer, in dem ich tauchen möchte?
Es ist ein Unterschied, ob ich in der Höhle tauche, in einem eiskalten Bergsee oder in der warmen Karibik
oder irgendwo in Ägypten an einem 10-Meter-Riff.
Und dann kommt es natürlich auch auf die Person drauf an.
Wie gut ist die Person selber unterwegs?
Ist man psychisch gut?
Hat man die Nacht davor gut geschlafen?
Also es gibt unterschiedliche Faktoren, die so einen Tauchgang beeinflussen können.
Aber prinzipiell, wenn wir uns anschauen, wie viele Taucher weltweit jeden Tag ins Wasser gehen,
dann sind die Tauchunfälle und vor allem die tödlichen Tauchunfälle doch eher sehr gering.
Genaue Zahlen zu Tauchunfällen gibt es nicht.
Die Wasserrettungsorganisation DLRG spricht von etwa 50 bis 200 Tauchunfällen jährlich in deutschen Gewässern
und schätzt, dass es weltweit etwa bei einem von 10.000 Tauchgängen von SporttaucherInnen zu einem Unfall kommt.
Und von einem Tauchunfall ist in der Regel dann die Rede, wenn er durch veränderte Druckverhältnisse zustande gekommen ist.
Also zum Beispiel, wenn es zur Dekompressionskrankheit durch zu schnelles Auftauchen kommt.
Oder beim sogenannten Tiefenrausch.
Ab einer Tiefe von 20 bis 30 Metern kann es nämlich passieren,
dass der Stickstoff, den wir durch die Pressluftlasche einatmen,
die Funktion des Gehirns und des zentralen Nervensystems beeinflusst.
Wie genau das funktioniert, ist wissenschaftlich bis heute nicht ganz klar.
Fest steht aber, dass der Stickstoff im tiefen Wasser eine berauschende Wirkung auf TaucherInnen haben kann.
Schwindel, Übelkeit, Konzentrationsstörungen, all das sind ganz typische Symptome.
Aber auch zum Beispiel Halluzinationen, Orientierungslosigkeit und ein gesteigertes Risikoverhalten können auftreten.
Also im Grunde genommen ähnlich wie bei einem Drogenrausch.
Zwar ist Sarah auch sehr schnell aufgetaucht, in die Dekompressionskrammer musste sie aber nicht.
Die ÄrztInnen haben ihr allerdings erklärt, dass sie nicht nur einen tiefen Rausch hatte, sondern auch Wasser in der Lunge.
Berauscht vom Stickstoff in 36 Metern Tiefe hatte Sarah offenbar für kurze Zeit ihren Atemregler abgelegt und Wasser eingeatmet.
Wie krass ist das bitte eigentlich?
Also du bist dann quasi so neben dir, dass du dann irgendwie denkst, ich kann jetzt hier ohne meine Flasche weiter atmen.
Und ich finde das richtig gruselig.
Es spricht für mich auch wieder dafür, dass man vielleicht als Mensch nicht da unten sein sollte.
Weißt du?
Ja, also Sarah selbst kann sich daran gar nicht mehr erinnern in diesem Moment, obwohl sie sich sehr anstrengend, sich an jedes Detail unter Wasser in ihr Gedächtnis zu rufen.
Wieder und wieder spielt Sarah den Tauchgang durch, denn sie kann einfach nicht verstehen, wie das passieren konnte.
Ja, Milkus Luft war knapp geworden, aber Tobias hätte ihn doch über seinen Reserveregler mit Luft aus seiner Flasche versorgen können.
Wieso hat er, der als Guide für sie verantwortlich war, ihren Freund einfach alleine zurückgelassen und ist ohne ihn aufgetaucht?
Was ist da unten passiert, nachdem sie zur Wasseroberfläche geschwommen ist?
Sarah weiß, dass es nur einen Menschen gibt, der ihr diese Fragen beantworten kann.
Tobias.
Und sie weiß auch, dass er aufgrund seines schnellen Aufstiegs in dieselbe Klinik gebracht wurde wie sie.
Sie will ihn konfrontieren. Und zwar jetzt.
Doch von jeder Person, die sie bittet, ihr Tobias Zimmernummer zu nennen, wird sie abgewiesen.
Alle Überredungskünste sind vergebens.
Und so verlässt Sarah die Klinik nach zwei Tagen.
Schließlich nicht nur in Trauer, sondern auch in Ungewissheit.
Zurück in Wien steht Sarah die schwerste Aufgabe ihres Lebens bevor.
Sie muss ihren eigenen Kindern erklären, dass ihr Vater tot ist.
Kurz nach ihrer Rückkehr setzt sie sich eng umschlungen mit ihren Söhnen hin
und spricht das aus, was Kinderohren niemals zu hören bekommen sollten.
Papa wird nicht mehr wiederkommen.
Er ist nun im Himmel, sagt sie, während der Kloß in ihrem Hals droht, ihr die Stimme zu rauben.
Milan und Louis lauschen ihren Worten.
Und bei dem traurigen Ausdruck in ihren Augen hat Sarah das Gefühl,
als würde ihr Herz in tausend Scherben zerspringen.
Doch die 34-Jährige versucht sich ihre Verzweiflung nicht anmerken zu lassen.
Ein Gefühlsausbruch vor ihren Söhnen kommt für sie nicht in Frage.
Für ihre Kinder will sie stark sein.
In den kommenden Wochen setzt Sarah daher alles daran, irgendwie weiterzumachen.
ihren Kindern, trotz der Trauer, die wie eine dunkle Wolke über ihnen schwebt, Normalität zu bieten.
Sarah weiß, nun, wo Mirko tot ist und Milan und Louis keinen Papa mehr haben,
ist es umso wichtiger, dass sie als Elternteil verlässlich und für ihre Söhne da ist.
Jeden Morgen, wenn Sarah, Milan und Louis in den Kindergarten bringt, wünscht sie ihnen daher viel Spaß
und verabschiedet sich mit einem Lächeln im Gesicht.
Erst danach, wenn sie wieder im Auto sitzt und Türen und Fenster sie von der Außenwelt abschirmen,
lässt sie ihren Emotionen freien Lauf, schreit, weint, schluchzt.
Und ist einfach nur die trauernde Frau, die ihre große Liebe verloren hat.
Wenn auch nur für kurze Zeit.
Denn jedes Mal, wenn Sarah mittags wieder durch die Kindergartentür tritt, um ihre Kinder abzuholen,
sind ihre Tränen getrocknet.
Während Sarah in Österreich versucht, zur Normalität zurückzufinden,
nimmt die Polizei in Deutschland die Ermittlungen auf.
Die Kripo Weilheim will wissen, was in 36 Metern Tiefe passiert ist
und warum es von drei TaucherInnen aus einer Gruppe nur zwei wieder lebendig an Land geschafft haben.
Die Ergebnisse der Obduktion helfen den BeamtInnen in dieser Sache nicht weiter.
Das Wasser in seiner Lunge zeigt lediglich an, dass er ertrunken ist.
Wieso, das konnten die RechtsmedizinerInnen dagegen nicht rekonstruieren.
Die PolizistInnen sind daher auf die Person angewiesen, die Mirko zuletzt lebend gesehen hat.
Und das ist Tobias.
Mithilfe seiner Aussage hoffen die BeamtInnen herausfinden zu können, was sie hier eigentlich untersuchen.
Ein Unfall oder womöglich ein Verbrechen.
Der 27-jährige Tobias, der seit zwei Jahren im Besitz der Taucherlehrer-Lizenz ist,
macht auf die PolizistInnen einen traurigen, gar verstörten Eindruck.
Im Gespräch erklärt er, dass ihn der Tod von Mirko sehr beschäftigt
und dass es ihm zu schaffen macht, dass ein Taucher unter seiner Aufsicht gestorben ist.
Ein Tod, der laut Tobias Aussage aber ein tragischer Unfall war.
Einer, den er nicht hätte verhindern können.
Schließlich habe er sein eigenes Leben retten müssen, wie er erzählt.
Nachdem Sarah sich von der Dreiergruppe gelöst habe und alleine aufgetaucht sei,
sei Mirko immer panischer geworden.
Zwar habe Tobias ihm das Mundstück seines Atemreglers, das er zuvor verloren hatte,
wieder anreichen können, doch beruhigt habe Mirko das nicht.
Er sei hektisch gewesen und habe immer wieder nach Tobias Hand gegriffen.
Mit aller Kraft, berichtet Tobias, habe er versucht, gemeinsam mit Mirko nach oben zu schwimmen,
um sie beide an die Wasseroberfläche zu bringen.
Tobias habe, Zitat, versucht, alles zu drücken, was möglich ist.
Doch ohne Erfolg.
Als die beiden schließlich bis auf den Seegrund abgesunken waren,
sagt Tobias, seien Mirkos Augen bereits glasig gewesen.
Ab diesem Zeitpunkt sei er selbst in Panik geraten,
habe Todesangst bekommen und sich schließlich von Mirko losgerissen, um aufzutauchen.
Nachdem die Ermittelnden mit Tobias gesprochen haben,
nehmen sie die Tauchausrüstung von Mirko unter die Lupe.
Die Pressluftflasche, sein Neoprenanzug und seine Tarierweste.
Dabei wird klar, Mirkos tödliches Schicksal war bereits besiegelt, bevor die Gruppe abtauchte.
Und dabei spielt Tobias eine größere Rolle, als er vorgibt.
Herbst 2017.
Rund eineinhalb Jahre sind seit dem tödlichen Tauchgang im Weichensee vergangen.
Und auch wenn Sarah mittlerweile an ihrer Aufgabe als alleinerziehende Mutter gewachsen ist,
spielt Mirko nach wie vor eine große Rolle im Leben der einst vierköpfigen Familie.
Dafür sorgen nicht nur Fotos, die das Zuhause von Sarah und ihren Söhnen ziehen.
Vor allem Milan hat großen Bedarf, über seinen Papa zu sprechen.
Und auch Luis, ihr Jüngster, trägt sein Herz auf der Zunge.
Ich bin Luis und mein Papa ist gestorben,
stellt er sich seit einiger Zeit Menschen vor, denen er zum ersten Mal begegnet.
Eine kindliche Direktheit, an die sich Sarah erst gewöhnen musste.
Doch Luis den Mund zu verbieten, kommt für sie nicht in Frage.
Sie ist froh, dass Mirko in den Gedanken der Kinder weiterhin so präsent ist.
Auch Sarah denkt nach wie vor jeden Tag an ihn,
erinnert sich an die tollen gemeinsamen Jahre, die sie hatten,
aber auch an den Tauchgang im vergangenen Sommer, der ihr Leben für immer veränderte.
Und an den kommenden Tagen, das ist Sarah klar,
werden die Erinnerungen daran nochmals besonders lebendig werden.
Denn ab heute wird die Frage danach, warum Mirko in 36 Metern Tiefe ertrank,
in einen Gerichtssaal verlagert.
Vor dem Amtsgericht Wolfratshausen beginnt der Prozess,
der Klarheit bringen und zugleich die Frage nach Tobias Schuld klären soll.
fahrlässige Tötung, so lautet der Vorwurf,
den die Staatsanwaltschaft dem mittlerweile 28-jährigen Tauchlehrer macht.
Die Anklage ist davon überzeugt, dass sein Fehlverhalten dafür gesorgt hat,
dass der Tauchgang für Mirko mit dem Tod endete.
Sarah hat sich dazu entschieden, im Prozess die Nebenklage anzutreten.
Das hat ihr Anwalt ihr geraten.
Und so hört sie sich an den kommenden Verhandlungstagen all die Fehler an,
die Tobias laut Ansicht der Staatsanwaltschaft begangen hat.
Darunter auch Fehler, die er bereits gemacht habe,
bevor er mit Sarah und Mirko im Weichensee abtauchte.
So macht ein technischer Gutachter vor Gericht klar,
dass Mirkos Equipment für einen Bergseetauchgang völlig ungeeignet war.
Der Sachverständige gibt an,
dass Mirkos Neoprenanzug mit seiner Dicke von nur 5 Millimetern
für die Temperaturen im Weichensee viel zu dünn war.
Für einen Tauchgang in so kaltem Wasser,
das in der Tiefe gerade mal 5 bis 6 Grad aufweist,
hätte er ein deutlich dickeres Modell gebraucht.
Selbst die von der Tauchschule ausgehändigte Eisweste,
die Mirko ohnehin zu klein war,
hätte ihm nicht ausreichend Wärme gespendet.
Aber auch unabhängig von der Kälte,
die vermutlich zu Mirkos Panik beigetragen habe,
war er falsch ausgestattet worden.
Die Bleigewichte in Mirkos Tarierweste,
die er in der Tauchschule bekommen hatte,
wogen insgesamt 12 Kilogramm.
Ein Gewicht, das für Salzwasser wie im Mittelmeer angebracht ist,
für einen Tauchgang im Bergsee,
das macht der Gutachter klar, jedoch viel zu schwer.
Dazu ein kleiner Einschub.
Das Taucher in Blei am Körper tragen ist übrigens völlig normal
und das gehört zur Standardausrüstung.
Dieses zusätzliche Gewicht am Körper,
das ist wichtig, um überhaupt tief tauchen zu können.
Und das habe ich auch gemerkt bei meinem einzigen Tauchgang,
den ich je gemacht habe,
dass es voll schwierig ist, tief zu kommen.
Und dass man zum Beispiel auch sehr lange ausatmen muss,
um überhaupt weiter runterzukommen.
Also das war sozusagen das Wichtigste,
was ich am Anfang die ganze Zeit machen musste,
meine Lunge komplett zu leeren,
dass ich nicht mehr so viel Sauerstoff habe und hochtreibe.
Es ergibt ja auch Sinn, dass man mehr Gewicht für Salzwasser braucht,
weil Salz, also je mehr Salzgehalt, desto mehr schwimmt man ja oben.
Und ich meine, das muss denen doch klar sein,
dass das für einen See, in dem ja kein Salzwasser ist,
das dann nicht geht.
In so einem See sind nämlich eigentlich acht bis neun Kilo angemessen.
Also zumindest für Mirko wäre das die angemessene Bleibmenge gewesen.
Das sagt auch der technische Sachverständige vor Gericht.
Und er betont auch,
was das falsche Gewicht für Konsequenzen nach sich gezogen hat.
Die drei bis vier Kilo zu viel haben vermutlich dafür gesorgt,
dass das Trio, das sich nach dem abgebrochenen, schnellen Aufstieg
gegenseitig an den Armen festhielt, immer weiter abgesunken sei.
Und noch etwas hat der Gutachter an der Tauchausrüstung zu beanstanden.
Die Pressluftflasche.
Denn Mirko und Sarah hatten im Weichensee keinesfalls,
wie abgesprochen, jeweils eine Zwölfliterflasche auf dem Rücken,
sondern lediglich eine Zehner.
Ein Umstand, von dem beide nichts wussten.
Eng bemessen für einen Tauchgang im Bergsee,
findet der Sachverständige.
Vor allem für Mirko, der beim Tauchen immer viel Luft verbraucht hat.
Eine Information, die der Münchner Tauchschule vorlag,
denn wir erinnern uns, Sarah hatte ja dem Unternehmen vorher eine E-Mail geschrieben,
wo sie nach einer 15er-Flasche gefragt hatte.
Tobias will von all diesen Dingen nichts gewusst haben.
Im Zeugenstand gibt er an, völlig ahnungslos gewesen zu sein.
Über Mirkos hohen Luftbedarf, den dünnen Anzug
und über das viele Blei an seinem Körper.
Doch für die Staatsanwaltschaft ist Tobias Unwissenheit keine Entschuldigung.
Als Guide hätte er die Ausrüstung seiner Schützlinge kontrollieren müssen,
macht sie klar.
Und so sieht es auch ein anderer Lehrer der Münchner Tauchschule,
der aussagt, dass bei unbekannten TaucherInnen besondere Sorgfalt geboten sei.
Ein weiterer Kollege dagegen hat da eine ganz andere Auffassung.
Ein Guide ist kein Kindermädchen, sagt er.
Und weiter, er führt.
Ausgebildete TaucherInnen wissen, was sie tun
und sind für sich selbst verantwortlich.
Und wieso braucht man dann einen Guide,
wenn die dann eh für sich selber verantwortlich sind?
Und ja, und ich meine das zu sagen,
wenn denen doch die falsche Ausrüstung bereitgestellt wurde,
da muss doch jemand, wenn ich als Tauchschule das anbiete,
dann muss doch irgendwer da ein Auge drauf haben,
ob ich hier den Leuten auch das richtige Equipment bereitstelle.
Also was heißt hier, die Leute sind für sich selbst verantwortlich?
Das wäre ja vielleicht auch alles gut gegangen,
wenn die die richtige Ausrüstung bekommen hätten.
Genau, aber auch wenn ich mir denke,
ich bin hier der Guide
und ich bin hier dafür verantwortlich,
dass das alles gut läuft,
dann schaue ich mir das doch auch vorher mal an.
Auch einfach, damit ich ein besseres Gefühl habe,
dass das jetzt alles gut klappt.
Weil ich bin ja sozusagen der Experte,
der ja auch schon öfters in diesem See getaucht ist
und die beiden anderen haben ihm ja auch vorher im Bus gesagt,
dass sie das noch nie gemacht haben.
Also schon deswegen alleine ist diese Aussage
von diesem anderen Tauchkollegen
einfach total fehl am Platz
und auch total despektierlich.
Und auch despektierlich gemeint.
Doch Tobias' verantwortungsloses Verhalten
besteht laut Staatsanwaltschaft nicht nur darin,
dass er Mirkus und Saras Ausrüstung nicht überprüft hatte.
Den größten Fehler habe er sich schließlich unter Wasser geleistet.
Und zwar, in dem er alleine wieder aufgetaucht ist
und den panischen Mirko, dessen Luft sich dem Ende entgegenneigte,
dem sicheren Tod überließ.
Ein absolutes No-Go,
für das es laut dem technischen Sachverständigen
auch überhaupt keinen Anlass gab.
Tobias hätte die Bleigewichte aus Mirkos Weste
einfach herausnehmen und abwerfen können.
Dann wäre es ein leichtes gewesen,
Mirko mitzupacken und ihn mit nach oben zu ziehen.
Zudem hatte Tobias noch ausreichend Duft
und hätte Mirko problemlos über den Reserveregler
mit Luft aus seiner Flasche mitversorgen können.
Auf die Frage des Richters,
warum er all das nicht getan habe,
reagiert Tobias mit einem frustrierten Schulterzucken.
Er selbst versuche, seit mehr als einem Jahr zu verstehen,
was damals passiert sei
und könne sich all das nicht erklären.
Auch für Sarah ist es unbegreiflich,
wie diese Verkettung von Fehlern passieren konnte.
Sie ist erschüttert, dass ihre große Liebe sterben musste,
weil Tobias seinen Pflichten als Guide und Tauchlehrer
nicht gerecht wurde.
Doch Wut empfindet die mittlerweile 35-Jährige nicht.
Sie weiß, dass Tobias Mirkos Tod nicht gewollt hat.
Und ihr ist bewusst,
dass eine Verteufelung seiner Person
Mirko nicht wieder lebendig werden lässt.
Konkrete Erwartungen an das Ende des Prozesses
hat sie daher nicht.
Ganz anders als Verteidigung und Staatsanwaltschaft.
In ihrem Abschlussplädoyer spricht sich die Anklage
für einen Schuldspruch und für eine Geldstrafe
in Höhe von 9.600 Euro aus.
Tobias' Verteidigung dagegen verlangt einen Freispruch.
Als Inhaber des Advanced Open Water Tauchscheins
sei Mirko ein erfahrener Taucher gewesen.
Zudem habe er seinen Tod selbst zu verschulden,
da er sich durch die hohe Bleimenge
und auch den schnellen Auftaufversuch
selbst in Gefahr gebracht habe.
Und mit dieser Argumentation
spielt Tobias' Verteidigung
auf ein ganz bestimmtes rechtliches Kriterium an,
nämlich auf die sogenannte
eigenverantwortliche Selbstgefährdung.
Und wenn wir uns mal die Paragraphen
zu Mordtäusch, Körperverletzung etc. anschauen,
dann stellt man da fest,
dass die alle eine Gemeinsamkeit haben.
Und zwar ist nämlich immer die Rede von
Wer einen anderen Menschen
und dann je nach Paragraph tötet,
körperlich misshandelt etc.,
der muss mit Freiheitsstrafe von so und so
und so die da du da da rechnen.
Sprich, Tötungs- und Körperverletzungsdelikte
liegen nur dann vor,
wenn die Tat von einer anderen Person ausgeht.
Oder wie Juristinnen sagen,
wenn sie die Konsequenz
einer Fremdgefährdung sind.
Wenn sich nun aber jemand
selbst in Gefahr bringt
oder selbst ein Risiko schafft,
das sich dann verwirklicht,
indem die Person stirbt
oder sich verletzt,
dann sind andere Beteiligte
quasi fein raus,
selbst wenn sie sich falsch verhalten
und da irgendwie mitgemischt haben.
Der Bundesgerichtshof sagt nämlich,
wer lediglich die Selbstgefährdung
einer anderen Person veranlasst,
ermöglicht oder fördert,
ist nicht wegen eines Körperverletzungs-
oder Tötungsdelikts
strafbar zu machen.
Bedeutet also,
wenn jemand für den eigenen Tod
voll selbstverantwortlich ist,
dann kann auch niemand anders
dafür bestraft werden.
Ja, aber diese Abgrenzung,
wann eine Fremd- und wann
eine Selbstgefährdung vorliegt,
die ist in der Praxis
oft gar nicht so einfach.
Und das zeigt sich
an unserem Fall ja auch ganz besonders.
Also weil auf der einen Seite
hat Tobias die Fehler gemacht,
Mirkos Ausrüstung nicht zu kontrollieren
und ihn ja alleine zurückzulassen.
Auf der anderen Seite
war es aber jetzt ja auch nicht so,
dass Mirko gesagt hat,
hallo, übrigens die Eisweste,
die ihr mir gegeben habt,
die passt mir nicht.
Ich glaube,
ich bin jetzt gar nicht
richtig ausreichend ausgestattet.
Er hat ja sogar stattdessen gesagt,
ist das alles nicht schlimm,
mir ist ja eh immer warm.
Und in solchen Fällen
verfahren Gerichte dann so,
dass sie sich die Frage stellen,
wer von beiden hätte es denn
besser wissen können.
Die Rechtsprechung sagt nämlich,
dass die Selbstgefährdung
dann zu verneinen ist,
wenn die andere beteiligte Person
ein überlegenes Sachwissen hatte
und sie ein Risiko
oder eine Gefahr
deswegen besser erkennen kann.
Mal ein Beispiel.
Angenommen,
ich bin eine Dealerin
und verkaufe dir, Paulina,
auf der Straße Drogen.
Und diese Drogen sind verunreinigt
und ich weiß das,
aber du weißt es nicht.
Wenn Paulina dann nach dem Konsum
daran verstirbt,
dann war das natürlich falsch von ihr,
die Drogen zu kaufen
und zu konsumieren.
Aber ich habe die Gefahr
und damit die Fremdgefährdung
erst geschaffen,
indem ich ihr dieses
verunreinigte Zeug verkauft habe
und ihr nichts davon gesagt habe.
Genau.
Und ich habe das ja
unter anderen Voraussetzungen gekauft.
Hätte ich das jetzt überdosiert
und wäre dann daran verstorben,
dann wäre das meine eigene Schuld gewesen.
Aber dadurch,
dass du mir was anderes vorgibst,
was du da verkaufst,
trägst du halt dann auch
eine Schuld mit daran.
Ja.
Und genau solch ein überlegenes Sachwissen
sieht das Gericht am Ende
auch bei Tobias.
Und so wird er am 24. November 2017,
etwa zwei Wochen nach Prozessbeginn,
der fahrlässigen Tötung
an Mirko schuldig gesprochen.
Als ausgebildeter Tauchlehrer,
der anders als Sarah und Mirko
schon öfter im Weichensee getaucht ist,
habe er die Gefahren des Bergseetauchens
deutlich besser einschätzen können als sie.
Weil er die Ausrüstung der beiden
nicht kontrollierte
und Mirko alleine
in der Tiefe des Bergsees zurückließ,
wird der 28-Jährige
zu 90 Tagessätzen
A35 Euro verurteilt.
Er muss also 3.150 Euro zahlen.
Spätestens nachdem Sarah
alleine aufgetaucht war
und die Luft von Mirko
immer knapper wurde,
hätte Tobias den gemeinsamen Aufstieg
mit Mirko einleiten müssen.
So sieht es das Gericht.
Als Guide habe Tobias die Schutzpflicht
gegenüber Mirko und Sarah gehabt.
Tobias hätte erkennen können und müssen,
dass Mirko selbst nicht mehr in der Lage war,
einen Aufstieg ohne Hilfe durchzuführen.
Der einsame Ertrinkungstod
des zweifachen Papas
ist daher Tobias schuld.
Sommer 2024
Nachdenklich sitzt Sarah vor ihrem Logbuch.
Regelmäßig blättert sie durch die handgeschriebenen Seiten
und überfliegt die verschiedenen Einträge,
die sie verfasst hat,
bis sie an einer ganz bestimmten Stelle angekommen ist.
Dem Eintrag vom 31. Juli 2016.
Jenem Tauchgang,
der ihr Leben vor acht Jahren für immer verändert hat.
Einbringlich betrachtet sie das Foto,
das sie auf die entsprechende Seite
des kleinen Heftchens geklebt hat.
Es ist ein Bild von Mirko,
das Sarah kurz nach ihrer Ankunft
am Walchensee gemacht hat.
Mirko hat ihr darauf den Rücken zugewandt
und schreitet umgeben von der Weide des Sees
einen langen Steg entlang.
Fast so, als würde er sich von ihr verabschieden.
Das Foto,
das kurz vor dem Tauchgang im Bergsee entstanden ist,
bildet aber nicht den letzten Eintrag
in Sarahs Logbuch.
Auch die darauf folgenden Seiten
sind gefüllt mit Informationen
zu weiteren Tauchgängen,
die Sarah nach dem verhängnisvollen Sommertag
durchgeführt hat.
Obwohl sie nach Mirkos Tod
eine Weile gebraucht hat,
hat sie ihr Hobby mittlerweile wieder aufgenommen.
Die Liebe für den Tauchsport
war immer etwas,
das sie und Mirko verbunden hat.
Und sie ist sich sicher,
ihr Freund hätte nicht gewollt,
dass sie das aufgibt.
Mittlerweile wagt sie sich
nicht nur wieder regelmäßig
im Neoprenanzug ins Wasser.
Sie hat sogar noch eins obendrauf gelegt.
Sarah geht nun immer häufiger
auch ab Nö tauchen.
Eine Sportart,
bei der man ganz ohne Luftzufuhr,
also ohne Pressluftflaschen abtaucht.
Sarah fühlt sich unfassbar lebendig dabei.
Ist stolz,
wenn sie es wieder einmal geschafft hat,
ein paar Sekunden länger
unter Wasser zu bleiben.
Und jedes Mal,
wenn sie dabei auf 36 Metern ankommt,
verweilt sie für einen kurzen Augenblick
und ist in Gedanken bei dem Menschen,
der in dieser Tiefe
sein Leben lassen musste.
Mirko.
Das finde ich sehr beeindruckend,
dass sie das kann.
Ich könnte es aber genauso verstehen,
wenn dieses Hobby für sie
für immer gestorben wäre,
weil das natürlich sehr schmerzhaft sein kann.
Gerade wenn sowas passiert ist,
überhaupt diesen Schritt nochmal zu machen.
Also als wir jetzt dieses Jahr
wieder zusammen surfen waren,
da hatte ich ja so eine Angst davor.
Das war ja nur ein gebrochener Arm.
Stimmt.
Und sogar ich hatte Angst,
weil dir das passiert ist.
Ja.
Und ich hatte da dann auch,
habe ich am Anfang gemerkt,
eine richtige körperliche Reaktion darauf,
dass er so zittrig war
und so ein Unwohlsein hatte.
Aber es gibt halt solche und solche Menschen.
Menschen, die das vermeiden.
Und es gibt Menschen,
die das vielleicht auch wieder
überschreiben wollen
mit anderen Erinnerungen,
um sich das dann eben auch
nicht nehmen zu lassen.
Ja, ich finde das auf jeden Fall
total schön zu hören,
dass sie sich da so
zurück ins Leben irgendwie gekämpft hat.
Sicherlich haben ihre Söhne
ihr auch dabei geholfen
oder sie hat das Gefühl gehabt,
für die stark sein zu müssen
und eben da sein zu müssen.
Aber dass sie jetzt auch wieder taucht
und ihrem Hobby nachgeht,
das hört sich ja schon danach an,
dass sie irgendwie auch wieder
Freude am Leben gefunden hat.
Und ich finde das beeindruckend
und irgendwie macht einem das Hoffnung.
Ja.
Das war der Fall zu dieser Folge.
Bevor wir euch gleich schon mal
einen Hinweis darauf geben,
was nächste Folge kommt,
möchten wir noch einmal Bezug nehmen
zur letzten Folge.
Da ging es ja um Julia Hose
und um ein streitbares Thema,
nämlich das,
was der damalige Bundeskanzler
Gerhard Schröder gefordert hat,
als noch nicht klar war,
um was für ein Verbrechen
es sich eigentlich handelt.
Wir haben das kritisch beäugt,
dieses Statement vom Bundeskanzler,
dass er sich da einmischt,
obwohl noch gar nicht klar ist,
worum es hier eigentlich geht.
Das Einzige, was man bis dahin wusste,
ist, dass es sich um ein Tötungsdelikt handelt,
was nicht heißt,
dass wir eine lebenslange Haftstrafe
oder vielleicht auch eine Sicherungsverwahrung
nicht als richtig empfinden,
wenn jemand ein Kind entführt,
eventuell sogar sexuell missbraucht
und dann tötet.
Um Gottes Willen.
Ja.
Das haben wir ihm nicht gemeint,
das haben wir so aber auch nicht gesagt.
Wir können total verstehen,
dass so geurteilt wurde,
im Endeffekt auch.
Das Ding ist nur zum Zeitpunkt,
als Schröder dieses Statement abgegeben hat,
wusste man einfach noch nicht genug.
Und einfach seine Einmischung
in diese öffentliche Debatte,
die haben wir kritisch gesehen.
Es ist ja nicht nur diese Einmischung
in die Debatte,
die wir kritisiert haben,
sondern auch diese Verallgemeinerung
von wegen Kinderschänder
sind nicht therapierbar.
Ja, total richtig.
Zumal er aber ja,
wie gesagt,
zu diesem Zeitpunkt
das noch nicht wusste.
Das war unser Kritikpunkt.
Was wir natürlich komplett verstehen können,
ist, wenn Eltern oder Betroffene,
wenn die sowas fordern,
natürlich,
also wir finden auch,
dass der weggesperrt gehört.
Wir hatten nur das Gefühl,
da wurden ein paar Sachen
falsch aufgefasst.
Manche Sachen wurden uns
auch in den Mund gelegt.
Das nochmal zur Klarstellung.
Und weil dieser Fall
schon für einige
sehr schwer anzuhören war,
gibt es hier schon mal
eine kleine Vorwarnung
auf nächste Woche.
Da geht es nämlich um einen Fall,
bei dem man sich wirklich
übergeben muss,
wenn man den hört.
Das war ein Podcast
der Partner in Crime.
Hosts und Produktion
Paulina Kraser
und Laura Wohlers.
Redaktion
Jennifer Fahrenholz
und wir.
Schnitt
Pauline Korb
Rechtliche Abnahme
und Beratung
Abel und Kollegen