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#163 Trapez und tränen

Willkommen bei Mordlust, einem Podcast der Partner in Crime.
Auch heute reden wir wieder über wahre Verbrechen und ihre Hintergründe.
Mein Name ist Paulina Krasa und ich bin Laura Wohlers.
In jeder Folge erzählen wir einen bedeutsamen, wahren Kriminalfall nach,
ordnen den für euch ein, erörtern und diskutieren die juristischen,
psychologischen oder gesellschaftlichen Aspekte und sprechen mit Menschen mit Expertise.
Hier geht es um True Crime, also auch um die Schicksale von echten Menschen.
Bitte behaltet das immer im Hinterkopf, das machen wir auch.
Selbst dann werden wir zwischendurch mal etwas abschweifen, das ist für uns so eine Art Comic Relief,
aber natürlich nicht despektierlich gemeint.
So, diese Folge wird was ganz anderes.
Das Thema, was wir heute besprechen, würden die meisten nicht unbedingt mit True Crime verbinden,
obwohl es ein True Crime Thema ist.
Vorher möchte ich mit dir, Laura, aber noch über etwas sprechen, was sehr True Crime ist,
und zwar über unser Strafrecht.
Hast du eigentlich mitbekommen, dass es einen neuen Mordparagraphen geben soll?
Das habe ich aus meiner Strafrechtsquelle mal mitbekommen, denn du hast mir da mal irgendwas zu gesagt,
aber ich fand es spannend, als du es erzählt hast, weil wir ja auch im Podcast schon mal darüber geredet haben,
dass es ja Überlegungen zu einer Reformation des Mordparagraphen gab.
Ja, genau, und es ist wohl so, die Union wollte unter anderem das Strafrecht an mehreren Stellen verschärfen
und hatte dabei eben auch dieses eine zusätzliche neue Mordmerkmal im Blick.
Und zwar soll das heißen, unter Ausnutzung der körperlichen Überlegenheit.
Also da gibt es einen Entwurf zu und die Idee dahinter ist, dass man verletzliche Personen besonders schützen sollte.
Und dazu zählen eben Kinder, Frauen und Senioren und auch Menschen mit Behinderung.
Und was man da natürlich auch im Hinterkopf hat, ist, dass so auch Femizide darunter fallen könnten,
weil, das haben wir hier auch schon öfter im Podcast besprochen, dass Femizide oft als Totschlag verurteilt werden,
im Gegensatz zu den sogenannten Ehrenmorden.
Und so könnten Femizide in Zukunft auf jeden Fall eher darunter fallen.
Ja, finde ich jetzt eigentlich so, wenn ich das auf den ersten Blick höre, ganz sinnvoll.
Zumindest jetzt in dem Fall, um den Femizid als Mord verurteilen zu können.
Finde ich auch. Ich habe mich nur gefragt, also erstmal finde ich es gut.
In der weiteren Überlegung habe ich mich dann gefragt, naja, man nutzt ja auch andere Überlegenheiten aus,
als Täter oder Täterin, und frage mich sozusagen, ob die Beschränkung der Körperlichkeit da nicht zu kurz gegriffen ist.
Aber das wäre jetzt nur die weitere Überlegung an sich, finde ich es auch gut.
Meinst du mit anderen Überlegenheiten, zum Beispiel, wenn jetzt einer eine Waffe hat, eine Schusswaffe?
Oder was meinst du da?
Ja, genau das. Oder auch eine geistige Überlegenheit.
Hm, ach so. Ja, klar. Stimmt.
Also es ging jetzt hier nur um einen Entwurf, der offenbar 19 Seiten hatte.
Und ich habe nicht gefunden, was bisher so daraus geworden ist.
Aber wenn es dazu Neuigkeiten gibt, dann halten wir euch hier natürlich auf dem Laufenden.
So, und jetzt geht es gleich los mit einem Fall, der zeigt, dass die Größten und Stärksten,
trotz ihrer Überlegenheit, zu Opfern werden können, die Schutz brauchen.
Einige Namen haben wir geändert und eine Inhaltswarnung diesmal zu dem Fall,
findet ihr in der Folgenbeschreibung.
Seit Jahren reist sie ihn hinterher, um sie zu beobachten.
Jetzt, endlich, ist ihre Zeit gekommen.
Mit einer Videokamera in der Hand huscht sie auf sein Gelände.
Niemand darf sie jetzt entdecken, sonst geht ihr Plan nicht auf.
Sie drückt auf Record, um Beweise zu sammeln.
Beweise für das Leid, das hier schon so lange herrscht.
Die Zeltluft ist stickig, die Stimmung aufgeheizt.
Ein Mann in einem dunkelroten Anzug steht in der Mitte der Manege.
Grelle Scheinwerfer sind auf ihn gerichtet.
Doch die Aufmerksamkeit gilt nicht ihm, sondern jenen, die um ihn herum wandern.
Den Elefanten.
Mit einem lauten Tereux aus ihren Rüsseln.
Mit einem lauten Tereux aus ihren Rüsseln kündigt sich gerade das große Finale an.
Und als die grauen Riesen ihre tonnenschweren Oberkörper in die Höhe wuchten
und sich auf kleine Podeste plumpsen lassen, springen die Zirkusgäste auf und applaudieren.
Nach den atemberaubenden Szenen verlassen am Ende der Show alle glücklich und berauscht das Zirkuszelt.
Fast alle.
Denn was im Publikum niemand ahnt, ist, dass sich hinter den Kulissen der glänzenden Zirkusmanege
grausame Szenen abspielen und diejenigen, die tagtäglich leiden müssen, zum Schweigen verdammt sind.
Der schlanke Mann mit dem breiten Grinsen und dem graubraunen Haar, der die Zirkusshow jeden Abend leitet, ist Giovanni.
Ihm als Zirkusdirektor ist es zu verdanken, dass das Publikum an diesem Tag echte Elefanten bestaunen kann.
Die Tiere gehören für ihn zum Zirkus dazu.
Genauso wie waghalsige ArtistInnen und lustige Clowns.
Sie sind Teil der Familie.
Einer ganz besonderen Familie.
Denn Giovanni ist ein Althoff.
Der Nachname steht für spektakuläre und vielfältige Zirkusshows,
in denen Tiere auftreten, die man sonst nur in Asien und Afrika finden kann.
Die Althoffs sind bekannt in der Branche.
Das Familienbusiness gibt es schon seit 1740.
Bereits Giovannis Vater und sein Opa waren Zirkusbesitzer mit Leidenschaft.
Von klein auf war Giovanni klar, dass er mal in ihre Fußstapfen treten wird.
Schon früh hilft er seinem Vater in der Manege und hinter den Kulissen,
bis er sich mit 43 Jahren schließlich selbstständig macht.
1980 verlässt er den Zirkus seines Vaters und öffnet seinen eigenen Zeltplan.
Ab da heißt es, hereinspaziert in den Zirkus Giovanni Althoff.
Mit farbfrohen Plakaten, auf denen leicht bekleidete Damen mit extravagantem Kopfschmuck zu sehen sind,
macht Giovanni seitdem auf sich und seinen neu gegründeten Zirkus aufmerksam.
Auf den Plakaten sieht man nicht nur strahlende Showgestalten, sondern auch graue Elefanten.
Giovanni hat eine große Leidenschaft für die riesigen Tiere,
weshalb er sich innerhalb kurzer Zeit 21 Elefanten anschafft,
mit denen er in den nächsten Jahren seine Runden zieht.
2004 tourt Giovanni bereits seit 24 Jahren durch ganz Deutschland.
Immer mit im Gepäck seine Dickhäuter, seine Frau Evelyn,
Zirkusmanagerin Barbara und Tierpfleger Siegfried.
Sobald die Transporter in einem neuen Gastspielort ankommen,
kümmert sich Pfleger Siegfried erst einmal darum,
die vielen Zelte und Gehege aus Metall aufzubauen.
Wenn dann alles steht, gilt seine Aufmerksamkeit den Elefanten,
die zur Hochsaison mehrmals am Tag auftreten.
Einige von ihnen sind seit Tag 1 dabei.
Die Elefantendamen Pira, Belinda, Diana, Maya und Vicky.
Auch nach so vielen Jahren übt Giovanni mit den fünf neuen cool Graphinen ein,
die ihre schweren Beine in der Manege leichtfüßig aussehen lassen sollen.
Und nach den Auftritten dürfen ZirkusbesucherInnen dann ganz nah,
an die exotischen Tiere heran.
In den offenen Stallzelten legen die Gäste ihre Köpfe in den Nacken.
Die Augen werden größer, wenn die Elefanten mit ihren großen Ohren
den Duft von trockenem Heu in die Nasen der Menschen fächern.
Die Begeisterung ist groß, denn es scheint so,
als würden Giovannis Elefanten eine Extrashow zum Besten geben.
Ihre großen Köpfe und Oberkörper schwenken sie hin und her,
immer und immer wieder.
Es sieht so aus, als würden die fünf zu einer Melodie tanzen,
die für Menschenohren nicht hörbar ist.
Was die meisten Gäste aber nicht wissen, ist, dass die Elefanten damit jetzt keinen
Glücklichkeitstanz aufführen oder so, sondern weben.
So nennt man diese rhythmischen Schwenkbewegungen von Kopf und Oberkörper,
die sie halt nicht machen, weil sie sehr glücklich sind oder tanzen,
sondern Elefanten machen das, wenn sie gestresst sind oder gelangweilt sind
und wenn sie sich alleine fühlen.
Elefanten sind nämlich sehr soziale Wesen.
Das sieht man auch in der freien Wildbahn.
Da leben die weiblichen Elefanten in großen Familien zusammen
und auch zwischen Elefanten, die nicht miteinander verwandt sind,
können da enge Freundschaften entstehen.
Eine der engsten Verbindungen im ganzen Tierreich ist aber die,
so sagt man, zwischen einer Elefantenmutter und ihrem Kind.
Babys werden nämlich ungefähr fünf Jahre lang von der Mutter gesäugt,
also die sind in der Zeit komplett abhängig von ihr,
was auch heißt, dass die ihre Kinder niemals freiwillig alleine zurücklassen würden.
Pira, Belinda, Diana, Maya und Vicky wurden aber als Babys von ihren Müttern getrennt,
aus der Herde gerissen und nach Deutschland verschifft.
Dazu kommt, dass die fünf Elefantendamen, seitdem sie im Zirkus leben,
keinen richtigen Auslauf mehr haben.
Die Gehege sind klein und auf die 25 Kilometer,
die frei lebende Elefanten täglich im Schnitt laufen,
kommen sie nie.
Außerdem werden Zirkuselefanten bis zu 50 Mal im Jahr in kleine Transporter gesteckt
und zum nächsten Gastspielort gebracht,
wo sie dann Kunststücke wie Kopfstand oder Männchen aufführen müssen.
Dafür werden sie streng dressiert,
oft mit einem sogenannten Elefantenhaken.
Das ist ein Stock mit einer abgeknickten Metallspitze am Ende.
Der wird den Tieren an besonders empfindlichen Stellen in die Haut gestochen,
zum Beispiel hinter den Ohren oder am Rüssel.
Und das nur, damit sie dem Publikum eine Show bieten können.
Es werden ja gehört, es gab zeitweise 21 Elefanten in dem Zirkus.
Und dass die Althoffselefanten zum Entertainment vorführen,
Das ist lange Tradition.
Nicht nur bei Giovanni und seinem Vater.
Es gab auch mal einen Franz Althoff.
Das ist ein Verwandter von den beiden.
Und der tingelte in den 50er Jahren mit einer Elefantendame namens Tuffy durch Deutschland.
Die kam auch schon als Baby zu ihm.
Und als sie vier Jahre alt ist, da ist Franz gerade mit ihr und dem Zirkus in Wuppertal.
Und er hat sich so ein Werbegag überlegt.
Und zwar soll Tuffy dafür eine Runde mit der Schwebebahn fahren.
Also wird der Elefant in einen der Waggons gefärscht,
der so eng ist, dass sich Tuffy darin überhaupt nicht bewegen kann,
nicht umdrehen kann, nichts.
Und noch dazu sind ein paar JournalistInnen dabei,
die das quasi dieses Spektakel da hautnah miterleben sollen.
und die drängen sich halt zu Tuffy in den Wagen.
Und dann setzt sich die Bahn quasi in Bewegung,
quietschend und schaukelnd.
Hinter und vor Tuffy wird laut geredet,
wird viel fotografiert mit Blitzlicht.
Und Tuffy weiß offenbar überhaupt nicht, was das jetzt da soll
und bekommt Panik.
Die versucht dann halt zuerst sich umzudrehen in diesem Waggon,
steigt dabei auf eine der Sitzbänke,
die dann unter ihr zusammenbricht.
Das ist ja immer auch Elefant, ja.
Und dann wird auch so langsam den JournalistInnen mulmig.
Dann schreit der Schaffner in dem Moment noch Ruhe bewahren.
Aber der Elefant wird natürlich immer unruhiger,
weil Tuffy ist damals vollkommen überfordert mit allem
und hat total Angst.
Sie schlägt mit dem Rüssel um sich, um sich auch Platz zu verschaffen.
Dabei verletzt sie dann ein paar JournalistInnen.
Und die wird halt immer panischer und die will da unbedingt raus.
Und deswegen schmeißt sie ihren Kopf und Rumpf mit voller Kraft
gegen die Fenster und Türen im Inneren dieser Schwebebahn.
Und beim zweiten Mal bricht dann auch eine der Seitenwände der Gondel auf.
Und die sieht dann halt, ja, hier kann ich jetzt raus.
Also springt Tuffy in die Tiefe, circa zwölf Meter.
Und dann hört man nur ein lautes Platschen,
weil dieser Elefant dann im schlammigen Wasser der Wupper landet.
Ja, ich meine, da hätte ja sonst was bei passieren können.
Kurz nach dem Fall rappelt die sich dann aber wieder auf
und trottet dann ans Ufer
und hat dann halt nur ein paar Schramm und blaue Flecken.
Und schon am selben Abend soll Tuffy dann wieder in der Manege auftreten.
Dieser Zirkusdirektor, der wird dann später zu einer Geldstrafe von 450 Mark verurteilt.
Aber nicht wegen Tierquilerei, sondern wegen der JournalistInnen,
die Tuffy dann in dieser Situation verletzt hat.
Aber ich meine, das größte Opfer dieser ganzen Aktion war ja Tuffy
und nicht die JournalistInnen, die sich selber in diesen Waggon
mit einem Elefanten gesetzt haben.
Also, nee.
Also, was einem einfällt, ja, für einen Werbegag gibt es eigentlich noch.
Also, deswegen will doch dann da niemand hin.
Ja.
Warst du eigentlich mal im Zirkus?
Ähm, war ich mal im Zirkus?
Ich war bestimmt mal als Kind im Zirkus.
Aber ich kann mich ehrlich gesagt nicht daran erinnern.
Vielleicht war ich auch nicht im Zirkus.
Aber wenn ich war, dann habe ich auf jeden Fall keine Tiere gesehen.
Weil daran würde ich mich, glaube ich, erinnern, wenn ich jetzt Elefanten gesehen hätte.
Warst du im Zirkus mal als Kind?
Nee, nee, aber immer ganz bewusst entschieden von meinen Eltern.
Die haben mir auch immer gesagt, du gehst nicht in den Zirkus, weil.
Ja.
Und dann habe ich immer Zoo und Zirkus verwechselt.
Und dann habe ich immer allen erzählt, ich darf nicht in den Zoo.
Und dann haben irgendwann besorgte Mütter bei meiner Mutter angerufen und gefragt, ob das nicht eigentlich Kindesmisshandlung ist, dass ich nicht mal in den Zoo darf.
Wobei Zoo ja auch total kritisch ist.
Ja.
Na ja, da habe ich auf den Sack gekriegt.
Und deswegen war ich nie in einem anderen Zirkus außer dem Cirque du Soleil, was ich auch gut finde.
Da war ich auch.
Das fand ich richtig cool.
Ja.
Menschen können das selber entscheiden.
Menschen können tolle Sachen machen.
Da muss man nicht unter Zwang, Tiere zu drängen.
Total.
Und es ist ja auch total bewundernswert und auch genauso atemberaubend, was die Menschen da machen.
Also das ohne hier Werbung machen zu wollen.
Aber das fand ich richtig, richtig cool.
Hä, wieso?
Also ich mache gerne Werbung für den Cirque du Soleil.
Ich finde das auch toll, wie die aussehen, die Menschen dabei.
Ja, und wie die sich biegen können.
Das fand ich auch krass.
Ich möchte einmal an so einem Ring hängen, der dann so Runden dreht, weißt du?
Ja, das würdest du machen.
Und du würdest dich da so festhalten ohne Sicherung, ja?
Ja.
Vielleicht überlege ich mir da was.
Wir sind ja bald mal in einer größeren Halle.
Was?
Dann wollen wir mal sehen, wie groß deine Klappe dann noch ist.
Wann sind wir das nächste Mal in einer größeren Halle bei unseren Live-Auftritten?
Du wusstest mich doch wohl nicht live an so einen Ring hängen.
Nach dem Fallen.
Damit ich dann da runterfalle ins Publikum.
Und dann gibt es böse Schlagzeilen.
Dann machst du Stage-Diving, Paulina.
Die fangen dich auf.
Du weißt auch, dass mein Ego zu groß wäre, dann zu sagen, ich habe Angst.
Du weißt, ich würde es dann auf jeden Fall machen müssen.
Naja, lieber ich als Elefanten.
Ja, und wie Paulina gerade schon gesagt hat, Tuffy musste direkt danach weiterarbeiten,
obwohl sie zwölf Meter in die Tiefe gestürzt ist.
Und dieses jahrelange Arbeiten im Zirkuszelt, das ist auch das Schicksal,
was die Elefanten von Giovanni teilen.
Seit August 2003 sind Pira, Belinda, Diana, Maya und Vicky die Letzten ihrer Art im Zirkus Giovanni-Althoff.
Der Bestand an Elefanten bei dem mittlerweile 65-jährigen Giovanni ist seit der Eröffnung vor rund 20 Jahren rapide gesunken.
Damals waren die fünf Elefanten noch mit 16 anderen unterwegs.
Ein Teil wurde im Laufe der Jahre an andere Zirkusse oder Zoos übergeben.
Der andere Teil ist inzwischen gestorben.
Aber das Motto ist immer noch dasselbe wie zur Geburtsstunde von seinem Zirkus.
The show must go on.
Und im Sommer 2004 ist es mal wieder Zeit, für Giovannis Zirkus in einer neuen Stadt aufzutreten.
Und jedes Mal, wenn ein reisender Zirkus mit seinen Tieren den Gastspielort wechselt,
schaut am neuen Ort jemand vorbei, um routinemäßig die Pflege und Gesundheit der Elefanten zu kontrollieren.
Auch dieses Mal kommt ein Zootierarzt zur Begutachtung in Giovannis Zirkus.
Doch dieses Mal schaut der Tierarzt genauer hin als seine VorgängerInnen.
Ein kurzer Blick auf die Elefanten und bei dem Tierarzt schrillen die Alarmglocken.
Besonders die Füße sind in einem erschreckend schlechten Zustand.
Die Fußnägel sind viel zu lang, fast schon schaufelartig ausgewachsen.
Hier hat schon seit Jahren keine anständige Fußpflege mehr stattgefunden.
Pflege, die Zirkuselefanten aber dringend nötig haben.
Normalerweise schleifen sich die Nägel von wild lebenden Elefanten auf unterschiedlichen Böden ganz von alleine ab.
Pira, Belinda, Diana, Maya und Vicky laufen in der Manege aber auf relativ weichem Boden.
Und in ihrem Gehege können sie unmöglich kilometerweite Strecken zurücklegen.
Damit sich keine Entzündungen oder Fehlstellungen bilden,
müssen die Zehennägel fachgerecht geschnitten und gepflegt werden,
die Fußsohlen abgeschliffen und sauber gehalten werden.
Alles Dinge, die im Zirkus Giovanni Althoff offensichtlich einfach links liegen gelassen werden.
Und das zum Leidwesen der Fünf-Elefanten-Darm stellt der Tierarzt mit Erschreckung fest.
Nicht nur dauerhafte Schmerzen sind die Folge.
Auch Lahmheiten, Gelenkprobleme und Infektionen können auftreten.
Im schlimmsten Fall führen solche Entzündungen zum Tod.
Durch Nachfragen erfährt der Tierarzt, dass hier mit völlig ungeeigneten Werkzeugen gearbeitet wird.
Drahtbürsten, die sonst zum Entrosten von Eisenteilen benutzt werden und eine Flex mit einer viel zu groben Schleifscheibe.
Pira, Belinda, Diana, Maya und Vicky müssen enorme Schmerzen haben und das schon seit Monaten, wenn nicht sogar Jahren.
Und so sollen sie zurück in die Manege?
Nein, auf keinen Fall.
Und so zückt der Tierarzt einen Stift und attestiert dem Zirkus gravierende Mängel in der Tierpflege.
Ob die verwahrlosten Tiere wieder auftreten oder der Manege fernbleiben müssen, ist aber Sache der Behörden.
Deshalb legt der Zootierarzt dort sein ausführliches Gutachten vor.
Er will klar machen, dass die fünf Elefanten im Zirkus Giovanni Althoff gequält werden.
So kann es nicht mehr weitergehen.
Und tatsächlich, am 7. Juli 2004, einen Monat nach dem Besuch des Tierarztes im Zirkus, wird Giovanni vom Verwaltungsgericht die Reise-Gewerbekarte entzogen.
Für fahrende Zirkusse ist das der absolute Albtraum.
Denn ab jetzt sitzt Giovanni mit seinem Zirkus fest.
Genau, das ist ganz wichtig für alle reisenden Zirkusse.
Da braucht man in Deutschland einige Genehmigungen, um überhaupt die Shows zeigen zu können.
Und darum geht es jetzt in unserem Aha.
Weil neben der Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Schaustellung von Tieren müssen reisende Zirkusse an jedem Gastspielort ihre Reise-Gewerbekarte vorzeigen.
Reisegewerbe müssen vorher angemeldet werden, wenn Dienstleistungen waren oder auch unterhaltende Tätigkeiten als SchaustellerInnen oder nach Schaustellerart ohne festen Standort angeboten bzw. ausgeübt werden.
Das gilt also zum Beispiel auch für Foodtrucks.
Und wenn die einem reisenden Zirkus nicht erteilt wird oder sogar entzogen wird, so wie bei Giovanni, dann darf der Zirkus kein Geld mehr mit den Shows verdienen.
Und das ist ja eigentlich eines der krassesten Mittel, das Behörden einsetzen können, um einem Zirkus den Riegel vorzuschieben.
Für den Umgang mit Tieren gibt es auch Vorschriften.
Schätzungsweise gibt es heute noch so 30 bis 50 Zirkusse in Deutschland mit Wildtieren.
Das sind nicht nur Elefanten, sondern zum Beispiel auch Zebras, Robben und Tiger.
Natürlich dürfen Zirkusse, die diese Tiere haben, nicht gegen das Tierschutzgesetz verstoßen.
Da steht ja sowas drin, wie dass Tiere ihrer Art und ihren Bedürfnissen entsprechend angemessen zu ernähren, zu pflegen und verhaltensgerecht unterzubringen sind.
Oder dass die Möglichkeit des Tieres zur artgemäßer Bewegung nicht so eingeschränkt werden darf, dass ihm Schmerz oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden.
Wenn dann darüber hinaus den Tieren aus Rohheit erhebliche Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, dann ist das sogar strafbar.
Es gibt aber auch Leitlinien vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft in Bezug auf Pflege und Haltung.
Und da stehen dann so Vorschriften drin, wie die Ställe zu halten sind, Manegen und Gehege, Klima etc.
Das ist für die Elefanten übrigens auch wichtig, weil die brauchen immer eine Mindesttemperatur von 15 Grad, weil die sehr hitze- und kälteempfindlich sind.
Und besonders im Winter, wenn Zirkusse ihre Quartiere beziehen und Elefanten dann in Hallen unterkommen, dann müssen die ausreichend beheizt werden, damit die Tiere jetzt keine Erfrierung an den Ohren bekommen oder so.
Und wenn Elefanten zum Beispiel nachts angekettet werden, dann müssen sie sich laut den Leitlinien bequem hinlegen und einen Schritt vor und einen Schritt zurück machen können, was ich auch schon absurd finde, dass es so wenig ist.
Ja, aber naja, die Stallzelte, die müssen mindestens 100 Quadratmeter groß sein.
Die Gehege, in denen sie Auslauf bekommen, sollten mindestens 250 Quadratmeter groß sein.
Das entspricht gerade mal einem Tennisfeld für alle, die denken, dass das wahnsinnig viel ist.
Problem an der Sache ist nur, dass die Leitlinien auch keine Gesetze sind, also alles, was da drin steht, ist jetzt nicht rechtsverbindlich.
Aber immerhin gibt es Personen, die die Zirkusse kontrollieren.
Das macht in der Regel das Veterinäramt, wenn zum Beispiel ein Tier krank vorgefunden wird oder der Käfig viel zu klein ist, fordert das Amt dann auch je nach Einzelfall entweder mündlich zur Verbesserung auf oder ordnet eine tierärztliche Behandlung an.
Und im Extremfall kann das Veterinäramt dem Zirkus die Tiere sogar wegnehmen, wenn Verstöße gegen das Tierschutzgesetz festgestellt werden,
zum Beispiel Tierdressuren mit Elektroschockern, sowas gibt es auch.
Dann wird der Fall an die Staatsanwaltschaft übergeben, die dann Anklage erheben kann.
Bei Giovanni hat die örtliche Behörde auf das Gutachten über den verheerenden Zustand der Elefanten jetzt dann auch Taten folgen lassen, wie wir gehört haben.
Keine Reisegewerbekarte, keine Einnahmen.
Der komplette Zirkus sitzt genauso wie Pira, Belinda, Diana, Maya und Vicky fest.
Der Entzug der Karte hilft jetzt zwar nicht direkt, die Elefanten aus ihrer Misere zu retten, doch es ist die Chance, auf die eine Person jahrelang gewartet hat.
Eine Chance, die Tiere von ihren Qualen und dem jahrelangen Vorführen endlich zu befreien.
Susanne ist Tierschützerin mit Leib und Seele und sie hat einen Plan geschmiedet, wie sie die fünf Elefantendamen aus den Fängen der Zirkuswelt befreien kann.
Susanne reist dem Zirkus Giovanni Althoff schon drei Jahre lang hinterher, quer durch Deutschland, ganz egal wie weit.
Das Leid der Tiere zu beenden, ist für sie eine Herzensangelegenheit geworden.
Vom derzeitigen Standort wohnt die Tierschützerin gut 400 Kilometer entfernt.
Sie hat die neuesten Entwicklungen mitverfolgt und weiß, dass der Zirkus wegen der entzogenen Reisegewerbekarte erstmal nicht weiterziehen wird.
Anfang Oktober 2004 führt Susannes Weg deshalb in die Nähe von Mainz, wo der Zirkus festsitzt.
Vor dem Stellplatz angekommen, positioniert sich die Tierschützerin so, dass sie die fünf Elefanten gut im Blick hat.
Ihr Plan ist es, sich den Stillstand im Zirkus zunutze zu machen und in aller Ruhe Beweise zu sammeln, die ausreichen, um die Tiere zu befreien.
Sie beobachtet das Gelände, scannt die Umgebung und huscht dann schnell mit einer Videokamera in der Hand zu den Elefanten.
Behutsam tritt sie näher und sieht den Tieren in ihre großen Augen.
Allen fünf laufen dicke Tränen über die Wangen.
Das, was wie weinen aussieht, deutet auf Augenentzündungen hin.
Susanne schaltet ihre Kamera an und richtet die Linse auf die fünf Riesen vor sich.
Dann ein Schwenker nach unten.
Alle fünf haben durch das langjährige Anketten auffallend dünne und schwache Hinterbeine.
Susanne hat sich zwar darauf eingestellt, trotzdem versetzt ihr der Anblick der Elefanten einen Stich ins Herz.
Aber sie muss bei der Sache bleiben.
Sie richtet ihre Kamera nicht nur auf die Elefanten, sondern auch auf den Boden der Gehege.
Schon beim Betreten des Stallzeltes ist ihr ein strenger Geruch in die Nase gestiegen.
Jetzt weiß sie, woher der Gestank kommt.
Die fünf Elefanten stehen auf durchnässten Holzpodesten.
Die sind durchtränkt mit Urin und Kot.
Nichts davon kann ablaufen.
Und die Elefanten haben noch dazu keine Chance, aus ihren eigenen Fäkalien herauszutreten.
Die Ketten, die schwer und eng um ihre Beine liegen, sehen auffallend kurz aus.
Also misst Susanne nach.
Die Kettenlänge beträgt gerade einmal 46 Zentimeter.
Viel zu kurz.
Die Tiere vor ihr sind circa viermal so groß.
Hinlegen oder bewegen?
Keine Chance.
All das hält Susanne mit ihrer Kamera fest.
Die Aufnahmen sollen für die Elefanten das Ticket in die Freiheit werden.
Bevor sie sich zurückzieht, wirft sie einen Blick auf das Thermometer.
Nur 9,7 Grad.
Ganz in der Nähe stehen zwar Heizgeräte, eingeschaltet sind diese aber nicht.
Hier stehen die Elefanten also.
Angekettet und frierend in ihren eigenen Exkrementen.
Ein furchtbarer Anblick.
Am liebsten würde Susanne die Fünf jetzt schon von den Ketten befreien.
Aber das geht nicht.
Sie steigt zurück zu ihrem Beobachtungspunkt vor dem Gelände.
Sie braucht noch mehr Beweise.
Insgesamt bleibt Susanne zwei Tage vor Ort.
Die Tiere, die nur wenige Meter entfernt von ihr große Schmerzen erleiden müssen,
verliert sie dabei nie aus dem Blick.
Es ist ein schreckliches Gefühl, die Fünf Elefanten so zu sehen.
Und es zerreißt ihr das Herz.
Aber in dem Moment kann Susanne nichts dagegen tun.
Außer so viele Videoaufnahmen wie möglich zu machen.
Als Susanne dann nach zwei Tagen heimfährt, zieht sie eine traurige Bilanz.
Die fünf Elefantendamen, die sowieso schon gesundheitlich in einem furchtbaren Zustand sind,
waren täglich rund 23 Stunden angekettet.
Als Belinda und Pira dann doch mal ins Freigehege geführt wurden, waren sie an den Beinen aneinander gekettet.
Belinda links, Pira rechts.
Nicht einmal im Auslauf konnten sie sich also frei bewegen.
23 Stunden stehen, Kälte, Langeweile.
Und dann nur circa eine Stunde im Auslaufgehege, ohne wirklich Freigang zu haben.
Das ist keine artgerechte Tierhaltung.
Genau das will Susanne den Behörden ein für alle Mal beweisen.
Susanne will den Tieren eine Stimme geben und für sie kämpfen.
Mit den Videoaufnahmen, die sie nun anfertigen konnte, weil der Zirkus gerade keine Shows aufführt,
kann sie endlich zeigen, wie sehr die Tiere im Zirkus Giovanni Althoff gequält und vernachlässigt werden.
Und kurz nach ihrer 48-stündigen Beobachtung der Elefanten
geht eine Strafanzeige wegen tierquälerischer Haltung gegen Giovannis Zirkus ein.
Sechs Monate später, an einem anderen Ort.
Der Zirkus ist in der Zwischenzeit in sein Winterquartier umgezogen.
Die Elefanten stehen nun die meiste Zeit in einer leeren Halle, abgeschottet von der Außenwelt.
An einem dieser Tage sitzt Tierpfleger Siegfried drinnen vor dem Fernseher.
Draußen regnet es.
Eigentlich ist er für die Elefanten in der Halle zuständig, aber er macht es sich lieber bequem und trinkt.
Er hört, wie der Regen draußen immer lauter prasselt.
Ein prüfender Blick durchs Fenster verrät ihm, dass der Boden das Wasser nicht mehr aufnimmt.
Stattdessen läuft es in die Halle, in der Pira, Belinda, Diana, Maya und Vicky angebunden sind.
Siegfried will eigentlich einen ungestörten Abend vor der Glotze verbringen.
Aber das Wasser, das die Halle zu überfluten droht, schwemmt seinen Plan fort.
Genervt steht Siegfried auf, geht zu den Elefanten und legt einen Schlauch aus.
Der soll das Wasser wieder aus der Halle rauspumpen.
Der Schlauch bleibt nicht weit entfernt von Diana auf dem staubigen Boden liegen und gluckert vor sich hin.
Zögerlich streckt sie ihren Rüssel aus, tastet sich zu dem Gegenstand vor.
Dann fängt die an einer kurzen Metallkette angebundene Diana schließlich an, mit dem Schlauch herumzuspielen.
Nach dem stundenlangen Stillstehen kann sie damit für einen kurzen Moment ihrer monotonen Langeweile entfliehen.
Diana liebt Wasser.
Das Plätschern macht ihr Spaß und sie stört es gar nicht, dass dadurch das Wasser nicht mehr in den Bodenablauf eingeleitet wird,
sondern dadurch eine große Pfütze vor ihr entsteht.
Wem das aber überhaupt nicht egal ist, ist Siegfried.
Sein entspannter Fernsehabend ist durch das Wasser in der Halle sowieso schon versaut.
Jetzt sieht er, dass Diana mit ihren Spielchen alles nur noch schlimmer macht.
Siegfried reicht es.
Er nimmt einen dicken Axtstiel und stapft wutentbrannt in Richtung der Elefanten.
Vor Diana bleibt er stehen, hebt den dicken Stock in die Höhe und schlägt damit auf den hochsensiblen Rüssel,
die Vorderbeine und den Kopf von Diana ein.
Noch immer in Ketten gelegt, kann sie nicht flüchten.
Diana ist ihrem Peiniger schutzlos ausgeliefert.
Und Siegfried kennt keine Gnade.
Er versetzt dem Elefanten mehr als 20 Hiebe mit dem Axtstiel.
Heftige Schmerzen durchzucken ihr empfindliches Organ.
An ihrem Rüssel läuft Blut herunter.
Jedes Mal, wenn das Holz auf Dianas ledrige Haut trifft,
heilen dumpfe Geräusche durch das Gebäude.
Auch Maya und Vicky kassieren heftige Schläge.
Danach geht der Tierpfleger und setzt sich wieder vor den Fernseher.
So, als wäre nichts gewesen.
Zwei Monate später.
Im Juni 2005 rührt sich die Justiz endlich.
Susanne durchfährt ein Gefühl von Erleichterung,
als sie mitbekommt, dass gegen Giovanni, seine Frau Evelyn
und die Zirkusdirektorin Barbara Anklage erhoben wird.
Die drei sollen nun endlich für ihre miserable Behandlung von den Tieren zur Rechenschaft gezogen werden.
Susanne hat maßgeblich dazu beigetragen, dass die Sache nun endlich ins Rollen kommt.
Ihre Videoaufnahmen liegen der Staatsanwaltschaft neben etlichen Gutachten von Tierärztinnen
und Sachverständigen als Beweismittel vor.
Bei dem Gedanken, dass die fünf Elefanten endlich den Zirkus hinter sich lassen
und stattdessen ein friedliches Leben führen könnten, wird Susanne ganz warm ums Herz.
Aber einer im Quintett geht es zunehmend schlechter.
Tierärztinnen haben schon lange bemerkt, dass Maya irreparable Schäden an den Hinterbeinen und ihrer Wirbelsäule hat.
Außerdem sind mehrere ihrer Gelenke stark angegriffen.
Die Kälte, die Schläge, die Langeweile.
Sie kann einfach nicht mehr.
Maya schafft es daher nicht mehr, sich auf den Beinen zu halten und bricht immer wieder zusammen.
Alle Versuche, sich wieder alleine aufzurappeln, gleichen einem tragischen Unfall.
Erst durch einen Kran kann Maya wieder aufgerichtet werden.
Dann steht sie auf wackeligen Beinen.
Aber es dauert nicht lange und dann kracht ihr tonnen schwerer Körper wieder auf den Boden.
Der Zustand von Maya fällt auch dem Veterinäramt sofort ins Auge.
Seit Giovanni nicht mehr reisen kann, kommen BeamtInnen regelmäßig zur Kontrolle vorbei.
Dabei wurde Giovanni schon mehrmals eindringlich dazu aufgefordert,
die Haltungsbedingungen seiner Elefanten zu verbessern.
Vergeblich.
Jetzt im September 2005 wird Giovanni zu einem Termin aufs Amt zitiert.
Da bisher keine Maßnahme vom Amt gefruchtet hat,
wird ihm ein Haltungs- und Betreuungsverbot von Elefanten auferlegt.
Zuerst die Reisegewerbekarte und jetzt auch noch seine letzten fünf Elefanten.
Giovanni ist außer sich.
Bei dem Termin wird er wütend und beschimpft die Leute auf dem Amt.
Er steht vor den Trümmern seiner Existenz.
Sein Lebenswerk ist zerstört.
Aber der Entschluss steht fest.
Die fünf Elefanten werden Giovannis Obhut entzogen.
Als Susanne das erfährt, fällt ihr ein Stein vom Herzen.
All die Jahre, in denen sie dem Zirkus hinterhergereist ist und Beweise gesammelt hat,
zahlen sich endlich aus.
Ihre Aufnahmen mit der Videokamera sind wichtig.
Sie führen der Justiz das Tierleid vor Augen.
Die miserablen Bedingungen der Elefanten können durch Susannes Beweise nicht mehr ignoriert werden.
Außerdem soll die Tierschützerin als Zeugin im Prozess aussagen.
Bis der anfängt, ist die wohlverdiente Rente der Elefanten ohne Dressur und Ketten aber noch in weiter Ferne.
Denn dass ihm die Elefanten weggenommen werden, lässt Giovanni gar nicht zu.
Einen Monat, nachdem ihm das Verbot mitgeteilt wurde, zieht er mit all seinen Tieren an einen anderen Standort um, der rund 20 Kilometer entfernt ist.
Mit allen außer Maya.
Die Elefantendame wird Muttersehen allein auf dem staubigen Gelände zurückgelassen.
Ohne Trinkwasser, ohne Futter.
Nur mit Metallketten um ihre geschwächten Beine steht Maya da.
Sie ist diejenige, die immer wieder zusammengebrochen ist.
Gut möglich, dass Giovanni sie in diesem Zustand als Last empfindet und daher einfach ausgesetzt hat.
Und jetzt sind ihre Artgenossinnen, mit denen sie ihr ganzes bisheriges Leben verbracht hat, einfach fort.
Und ohne die vier anderen ist die extrem soziale Elefantendame kaum überlebensfähig.
Der Umzug auf ein neues Gelände bringt Giovanni einen wesentlichen Vorteil.
Hier ist nämlich ein anderes Veterinäramt als am alten Standort zuständig.
Mit dem Ortswechsel will er vor seinen drohenden Problemen fliehen.
Aber auch an seinem neuen Standort ist man ihm auf den Fersen.
Alles wird für die Rettungsaktion der Elefanten vorbereitet, über die Giovanni jegliches Recht verloren hat.
Nur dauert das lang.
Zu lang.
Dennoch, bevor vom Veterinäramt ein neues Zuhause sowohl für Maya als auch für die anderen vier Elefanten,
die noch im Zirkus sind, organisiert werden kann, ist das neue Gelände schon wieder komplett geräumt.
Alle Zelte, Wohnwagen und Tiertransporter sind wie vom Erdboden verschluckt.
Wo sind die vier Elefanten, die kurz vor ihrer Rettung waren?
Bei dem Gedanken, dass die Tiere, die gesundheitlich in einer desolaten Lage sind,
von einem Ort an den anderen gekarrt werden, packt Susanne die Wut.
Aber auch Ratlosigkeit macht sich breit.
Warum tut Giovanni das?
Scheinbar kann er die Elefanten einfach nicht gehen lassen.
Susanne kann nicht verstehen, wie er den armen Tieren, an denen er so zu hängen scheint, so etwas zumuten kann.
Sie will Pira, Belinda, Diana und Vicky finden und retten.
Die Tierschützerin lässt ihre Kontakte spielen und hat Glück.
Nach etlichen Telefonaten führt die Spur ca. 800 Kilometer in den Westen.
Von einer französischen Tierschutzinitiative erfährt Susanne, dass Giovanni mitsamt der Elefanten nach Frankreich geflüchtet ist.
In Bray-et-Mont wurden die vier Elefantendamen aufgespürt.
Giovanni hat sie dem Zirkus Joy Gärtner übergeben.
Einem Zirkus, dem schon oft Tierquälerei vorgeworfen wurde.
Vor Ort werden deshalb sofort die Behörden informiert.
Französische Beamtinnen fahren auf dem Gelände von Piras, Belindas, Diana und Vickys zweiter Zirkus Heimat vor.
Dort angekommen sehen sie, dass Vicky schwer krank ist.
Sie ist in einem Wagen eingesperrt, ihr Rüssel ist teilweise gelähmt und ihre Füße dick geschwollen.
Genauso wie Maya kann Vicky jetzt kaum noch gehen.
Eines ihrer Hinterbeine ist wesentlich dünner als das andere.
Sie muss unter enormen Schmerzen leiden, noch dazu ist sie vollkommen isoliert von den anderen.
In ihrem alarmierenden Zustand soll sie umgehend aus dem Zirkus Gärtner befreit und behandelt werden.
Kurz bevor sie abgeholt werden kann, passiert es ein drittes Mal.
Vicky ist wieder verschwunden.
Erst im Januar 2006 und damit knapp zwei Monate nach der Flucht aus Deutschland,
gelingt es den Behörden Vicky aufzuspüren und zu befreien.
Zwischenzeitlich hat sie in einem dritten Zirkus gelebt.
In drei Monaten, in drei verschiedenen Zirkussen.
Wie Ware, die man einfach so von A nach B transportiert.
Dass es hierbei um ein Lebewesen mit Gefühlen geht,
scheint denen, die daran beteiligt waren, völlig egal zu sein.
Geschwächt und krank wird sie schließlich an den Zoo Danzig übergeben.
Hier soll sie eine neue Herde finden,
und mit ihrem leidvollen Zirkusleben abschließen können.
Das Leben, in das Giovanni sie gebracht hat.
Wo war er während dieser ganzen Zeit?
Nachdem er kurz in Frankreich abgetaucht war,
kehrt er ohne seine Elefanten zurück nach Deutschland.
Pira, Belinda und Diana hingegen bleiben in Frankreich im Zirkus Joy Gärtner.
Giovannis filmreife Flucht auf Kosten der Tiere hat ein Nachspiel.
Denn jetzt soll der insgesamt 31-seitigen Anklageschrift der Staatsanwaltschaft endlich der Prozess folgen.
Er, seine Frau und Direktorin Barbara müssen sich schon bald vor Gericht verantworten.
Und zur gleichen Zeit wird in Mainz eine Anklage gegen Siegfried, den Tierpfleger, erhoben.
Denn seine Prügelattacke auf Diana, Vicky und Maya vor gut einem Jahr kam ans Licht.
Nach Susannes Videos und der Strafanzeige hat die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen im Winterquartier aufgenommen.
Die Spuren der Schläge auf Diana, Maya und Vicky waren nicht zu übersehen.
Und schnell war klar, dass Siegfried als Elefantenpfleger dafür verantwortlich sein muss.
Im Sommer 2006 wird ihm Tierquälerei in drei Fällen vorgeworfen.
Siegfried betritt das Mainzer Amtsgericht und nimmt vor der Richterinnenbank Platz.
Die Anklage fordert eine Geldstrafe in Höhe von 1800 Euro.
In seinem aggressiven und groben Verhalten den Elefanten gegenüber
sieht die Staatsanwaltschaft einen klaren Verstoß gegen das Tierschutzgesetz.
Aber nicht nur die Elefanten, habe Siegfried gequält.
TierpflegerInnen des Zirkus berichten, dass sie Siegfried dabei beobachtet hätten,
wie er den Pony Pluto immer wieder mit schweren Arbeitsschuhen in den Bauch getreten habe.
Der kleine Pluto wäre dadurch vollkommen panisch geworden.
Siegfried schien das laut seinen KollegInnen überhaupt nicht zu interessieren.
Genauso wenig habe er sich um Diana geschert,
die nach seiner Prügelattacke mehrere Blutergüsse und aufgeplatzte Haut an ihrem hochsensiblen Rüssel davon trug.
Diana habe in diesem Moment extreme Angst empfunden und unter Schock gestanden.
Als Reaktion auf Siegfrieds Schläge habe sie uriniert.
Der Angeklagte hört sich an, was ihm vorgeworfen wird, bevor er selbst das Wort ergreift.
Vor allen Anwesenden im Saal gibt er bekannt, dass er mittlerweile weiß, dass sein Handeln falsch war.
In den Situationen sei er aber betrunken und überfordert gewesen.
Außerdem habe er aus Angst vor den Tieren so gehandelt.
Ja, genau.
Boah.
Die Verhandlung dauert nur einen Tag.
Dann erklärt das Amtsgericht Siegfried für schuldig.
Der Richter ist der Ansicht, dass Siegfried ohne jegliches Gefühl oder Mitleid für die Tiere gehandelt hat.
Bei dem Angriff auf Diana, Vicky und Maja ging es ihm allein darum, seine Ruhe zu haben.
Zum Schluss betont der Vorsitzende, dass seine Taten roh und überflüssig waren.
Als Strafe werden 90 Tagessätze zu je 10 Euro wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz festgelegt.
Das sind 900 Euro, die als Konsequenz für das Leid, die Angst und die Schmerzen der Zogustiere gezogen werden.
Von diesem Urteil profitieren Diana, Vicky, Maja und Pluto überhaupt nicht.
Geld bringt ihnen nichts.
Immerhin steht eins fest.
Am 12.06.2006 trat Siegfried Morgens als ehemaliger Tierpfleger vor die RichterInnenbank.
Wenige Stunden später verlässt er den Saal als verurteilter Tierquäler.
Und um die Tierquälerei geht es jetzt in diesem Aha.
Lange Zeit wurden Tiere als sogenannte körperliche Gegenstände, also als Sachen im Sinne des bürgerlichen Gesetzbuches behandelt.
Und für Sachen, das kann zum Beispiel ein Auto, aber auch ein T-Shirt sein, gilt, dass die EigentümerInnen damit nach Belieben verfahren können, soweit kein Gesetz oder Rechte Dritter dagegen stehen.
Also das heißt, damit machen können, was sie wollen.
Erst 1990 wurde das geändert.
Jetzt steht im BGB ein kleiner Zusatz, der lautet, Tiere sind keine Sachen.
Sie werden durch besondere Gesetze geschützt.
Und eins dieser besonderen Gesetze, die speziell für Tiere gelten, ist das Tierschutzgesetz.
Und ganz grundsätzlich geht es in dem Gesetz darum, dass der Mensch die Verantwortung hat, das Leben und Wohlbefinden von einem Tier als mitgeschöpft zu schützen.
Und dann heißt es weiter, Zitat, niemand darf ein Tier ohne vernünftigen Grund töten oder ihm Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.
Da fragt man sich natürlich, was ist denn ein vernünftiger Grund dafür?
Weil es klingt ja jetzt erstmal absurd, dass Töten erlaubt ist, wenn man halt einen Grund hat.
Aber was zum Beispiel als vernünftiger Grund fürs Tiere töten in Deutschland gilt, wurde genau festgelegt.
Zum einen ist es die Lebensmittelgewinnung, also Jagd, Fischerei und Schlachten.
Zum anderen ist es per Gesetz vernünftig, Tiere zu töten, wenn ein Tier krank ist oder sehr unter Schmerzen leidet, aber nicht mehr behandelt werden kann.
Andere Gründe sind Tierseuchenbekämpfungen oder Tierversuche.
Wobei die nur dann erlaubt sind, wenn sie der Forschung zur Vorbeugung, Erkennung oder Behandlung von Krankheiten dienen.
Vielleicht fragt man sich ja, welche Tiere fallen denn unter dieses Tierschutzgesetz?
Weil ich meine zum Beispiel jetzt die Kribelmücke.
Wir erinnern uns im Urlaub, die hatte mich ja attackiert.
Wir gehen ja von einer Horror-Kribelmücke aus, die 72 Mal zugestochen hat.
Davon gehst du aus. Das Internet weiß natürlich besser. Die haben dir da ja ganz andere Sachen erzählt, was das war.
Ja, das ist ja oft so. Leute, die nicht dabei waren, die wissen es ja dann immer noch besser, was passiert ist.
Ja, genau. Und deswegen ist natürlich logischer, Laura, dass es eine Bettwanze war, die nur dein Gesicht attackiert hat und nicht aber den Rest deines Körpers.
Ja, um nochmal alle abzuholen. Laura sah eine Zeit lang, als wir zusammen weg waren, sehr furchteinflößend aus und war, glaube ich, froh, dass sie unsere Unterkunft nicht verlassen musste.
Ja, und hätte ich diesen Attentäter, was auch immer, für eine Art Tier, ob jetzt Wanze oder Mücke, wenn ich den gekriegt hätte, dann hätte ich kurz einen Prozess gemacht, ja?
Ja, gnadenlos.
Ja. Bei sowas ist man aber nicht strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen. Das Tierschutzgesetz gilt zwar grundsätzlich für alle Tiere, einschließlich der Wirbellosen, zu denen jetzt beispielsweise Tintenfische, Quallen, aber auch Insekten gehören.
Allerdings macht das Tierschutzgesetz an einzelnen Stellen Unterschiede und schützt Tiere verschiedener Gruppen nicht immer gleich stark.
Das Verbot zum Beispiel, Tiere ohne vernünftigen Grund zu töten, bezieht sich nur auf Wirbeltiere.
Wirbellose Tiere, wie zum Beispiel Insekten, Spinnen oder Schnecken oder auch die Kribelmücke, die gehören halt nicht dazu.
In einigen Fällen werden aber auch wirbellose Tiere nochmal mehr geschützt, zum Beispiel, wenn sie bedroht sind, wie Bienen beispielsweise.
Und falls jemand gegen die Regelung im Tierschutzgesetz verstößt, dann kann je nach Einzelfall ein Bußgeld oder sogar eine Geld- oder Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren verhängt werden.
Und das hängt immer von vielen Faktoren ab, also was den Tieren angetan wurde und auch wie.
Zu Haftstrafen kommt es gar nicht oft, aber hier ist ein Beispiel, bei dem der Täter in Haft musste.
Und zwar hat sich 2020 ein 30-Jähriger aus der Oberpfalz mehrere Ratten gekauft.
Und er hat die dann zu Hause auf wirklich absolut grausame und sadistische Art und Weise getötet.
Und für manche ist das dann hier auch vielleicht zu viel und sie sollten ein bisschen vorskippen, weil ich jetzt kurz sage, was er mit den Ratten gemacht hat.
Und so hat er zum Beispiel eine Ratte lebendig in der Pfanne gebraten oder eine andere mit Feuerzeugbenzin übergossen und lebendig angezündet.
Wow, ey, also so furchtbar.
Und dann hat er diese ganzen Taten auch noch mit seinem Handy gefilmt und dabei gelacht und immer mal wieder sowas wie geil alter gerufen.
Und das hat mich dann auch voll an hier die Doku Don't Fuck With Cats erinnert, weil der doch auch diese Katzenbabys da gequält hat und das auch so inszeniert hat.
Ja, der Täter aus diesem Fall hier hat es jetzt nicht ins Internet gestellt, aber er hat die Videos an eine Bekannte geschickt und die ist dann zum Glück zur Polizei gegangen und hat ihn angezeigt.
Der kam dann vor Gericht, hat da kein bisschen Reue oder Mitgefühl für die Ratten oder so gezeigt und dann hat das Gericht ihn zu zwei Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt.
Also der hat dann auch fast die Höchststrafe bekommen, die man eben für die Tierquälerei bekommen kann.
Dass Siegfried jetzt auch eine Strafe bekommen hat, hat ein Zeichen gesetzt.
Endlich bekommen die Zirkustiere die Aufmerksamkeit, die sie verdienen.
Endlich wird die Stimme, die den Tieren von TierschützerInnen gegeben wird, auch gehört.
Dadurch folgen längst überfällige Konsequenzen.
Konsequenzen, denen sich Zirkusinhaber Giovanni, seine Frau Evelyn und Direktorin Barbara über ein Jahr nach ihrer Anklage nun stellen sollen.
Auf die Verhandlung fiebert Susanne schon lange hin.
Das Trio ist in ihren Augen die Wurzel des ganzen Übels.
Zeit, sie auszureißen und aufzudecken, was Giovanni, Evelyn und Barbara bisher immer vertuschen wollten.
Seit dem Entzug der Reise-Gewerbekarte ist Giovannis Zirkus nicht mehr aufgetreten.
Zum Zeitpunkt des Prozessauftaktes im Sommer 2006 gibt es den Zirkus Giovanni Eithoff schon knapp 26 Jahre.
In den zweieinhalb Jahrzehnten haben sich die Anschuldigungen von TierschützerInnen und tierärztliche Gutachten gehäuft.
Alle sollen nun im Prozess als Beweis dafür dienen, was Giovanni, seine Frau und die Zirkusmanagerin in der Presse vehement abstreiten.
Giovanni sagt, dass das alles eine Hetzkampagne sei und beteuert sogar, dass er immer einen Tierarzt geholt hätte, wenn es notwendig war.
Die Staatsanwaltschaft sieht das aber anders.
Im Prozess gegen das Zirkustrio geht es um Tierquälerei in sieben Fällen.
Insgesamt 26 Sachverständige und 15 ZeugInnen sind geladen.
Und da muss ich mal sagen, das finde ich gut, dass da ein ganz schöner Aufriss für betrieben wird.
Also hätte ich jetzt gar nicht so gedacht.
Ja, vor allen Dingen, weil das so lange gebraucht hat, bis da mal jemand reagiert hat, dass es jetzt wenigstens vor Gericht ernst genommen wird.
Auch Susanne ist als Zeugin geladen.
Denn die Videoaufnahmen, die sie gemacht hat, werden vor Gericht eine große Rolle spielen.
Als Giovanni, Evelyn und Barbara den Saal betreten, herrscht dicke Luft.
Wie zwei feindliche Lager treffen Zirkus und Tierschutz aufeinander.
Giovanni, Barbara und Evelyn sind schon seit jeher auf Kriegsfuß mit Tierschutzorganisationen.
Die Anwesenden nehmen Platz, dann erhebt sich der Staatsanwalt.
Und fasst zusammen, aus welchem Grund sich hier heute alle versammelt haben.
Besser gesagt sind es Gründe, denn den dreien werden mehrere Vergehen gegen das Tierschutzgesetz vorgehalten.
Und alle haben den gleichen Tenor.
Pira, Belinda, Diana, Maya und Vicky wurden nicht artgerecht gepflegt.
Durch das teilweise 23-stündige Anketten pro Tag hätten die fünf erhebliche gesundheitliche Schäden davon getragen
und jahrelang unter enormen Folgeschäden gelitten.
Nicht nur die Fehlstellung an ihren Beinen und Wirbelsäulen würden auf eine lange andauernde schädliche Haltung hinweisen,
sondern auch das Leben.
So hätten die Elefanten ausgedrückt, dass es ihnen nicht gut geht.
Giovanni und die beiden Frauen hätten darauf aber nicht reagiert,
sondern die fünf einfach mit dem körperlichen und seelischen Leid alleine gelassen.
Die TierschützerInnen im Publikum merken, dass die Angeklagten sie nicht hier haben wollen.
Deshalb ist es für Susanne auch kein Wunder, dass jedes Mal, wenn jemand im Zeugenstand einen Vorwurf gegen die drei oder den Zirkus erhebt,
die Angeklagten aggressiv und mit Beleidigungen reagieren.
Wie Tiere, die sich in die Ecke gedrängt fühlen, fahren sie ihre Krallen aus und fauchen in Richtung Zeugenstand.
Schon vor dem Prozess wurden GutachterInnen und TierschützerInnen Worte wie
Dreckfotze, Arschloch, Schlampe und Verbrecher von Giovanni und den beiden Frauen an den Kopf geworfen.
Alle Anwesenden spüren, dass die Stimmung im Gerichtssaal am Kochen ist.
Die Hoffnung ist groß, dass das Gericht rigoros durchgreift und harte Strafen ausspricht.
Zumal Barbara schon elfmal strafrechtlich in Erscheinung getreten ist.
Die Zirkusmanagerin hat unter anderem bereits zwei Verurteilungen wegen Betrugs auf dem Kerbholz.
Ob die intensive Beweissammlung und der enorm schlechte Zustand der Tiere eine hohe Strafe rechtfertigen können,
wird sich am dritten und letzten Verhandlungstag zeigen.
Am 16. Juni 2006 treten Giovanni, Evelyn und Barbara in den Saal.
Vor dem Gebäude heben TierschützerInnen Plakate mit Sprüchen wie
Zirkustiere, Sklaven der Manege oder kein Applaus für Tierquälerei in die Höhe.
Dieser Tag könnte eine wegweisende Entscheidung für mehr Tierschutz bringen.
Susanne und weitere TierschützerInnen im Saal sind gespannt, als sich der vorsitzende Richter erhebt.
Jetzt geht's um die Zukunft der Zirkustiere.
Ganz zur Freude von Susanne bestätigt der Richter, dass die fünf Elefanten gelitten haben.
Dann fällt er weiter fort, dass es sich dabei aber lediglich um Ordnungswidrigkeiten handeln würde.
Der Unterschied zwischen einer Ordnungswidrigkeit und einer Straftat ist die Schwere des Vergehens.
Ordnungswidrigkeiten gelten nur als leichte Rechtsverletzung,
deshalb sind die Konsequenzen nicht so schwerwiegend wie jetzt bei einer Straftat.
Der Vorsitzende betont bei der Urteilsverkündung, dass es nicht Aufgabe des Gerichts gewesen sei,
grundsätzlich über die Frage der Haltung von Tieren im Zirkus zu entscheiden.
Die drei Angeklagten haben ihre Elefanten laut Richter nicht ausreichend gepflegt
und werden deshalb zu einer Gesamtgeldbuße von 11.700 Euro verurteilt.
Susanne kann ihren Ohren kaum trauen.
Das jahrelange Leid der Tiere soll nur eine Ordnungswidrigkeit und keine Straftat sein?
Dann der nächste Schlag.
Weil sich Giovannis Zirkus schon seit langem in einer katastrophalen finanziellen Lage befindet,
werden 50% der Prozesskosten vom Staat übernommen.
Die große Empörung über den Prozessausgang steht TierschützerInnen im Publikum und Susanne ins Gesicht geschrieben.
Und es kommt noch schlimmer. Nach der Urteilsverkündung betont Giovanni, dass er seinen Zirkus weiterführen will.
Mit seiner Aussage, wir sind ein Zirkus, wir müssen weitermachen und spielen,
wird Susanne klar, dass das Urteil nicht den gewünschten Effekt hat.
Für Susanne ist Giovanni unbelehrbar. Sein Verhalten wird sich wohl niemals ändern.
Diese Erkenntnis ist eine bittere Pille, die Susanne schlucken muss.
Sie hat jahrelang dafür gekämpft, im Namen der Tiere einen Prozess gegen das verantwortliche Zirkustrio zu erwirken.
Und als es dann soweit kommt, wird sie maßlos enttäuscht.
Nach dem Urteil wird es ruhig um die Althofs und die Direktorin Barbara.
Ein Comeback mit dem Zirkus, wie im Prozess vom Zirkuschef angedeutet wurde, gibt es lange nicht.
Bis 2017. Da kündigte der Zirkus Giovanni Althof auf einmal ein neues Programm an.
Diesmal ohne Elefanten. Das Haltverbot für die Tiere gilt immer noch.
Allerdings hat er jetzt Tiger, Löwen und Pferde im Gepäck.
Die Shows sind aber schlecht besucht und knapp drei Jahre später gibt Giovanni auf.
Was aus den Tigern und Löwen wurde, ist unbekannt.
Im Frühjahr 2020 hat der mittlerweile 82-jährige Giovanni seine letzten sechs Pferde an einen Gnadenhof übergeben.
Sein Zirkus ist Geschichte.
Wie es Pira, Belinda und Diana seit ihrer Übergabe an den Zirkus in Frankreich ergeht, ist unklar.
Mit etlichen Wildtieren im Gepäck tourt er durch ganz Europa.
2018 verunglückt in Spanien einer von Joy Gärtners Elefantentransportern.
Dabei stirbt ein Elefant. Vier weitere werden verletzt.
Medien berichten zufolge handelte es sich bei dem verstorbenen Elefanten um Diana.
Sie war eine der drei, die 2006 vom Zirkus Joy Gärtner übernommen wurde
und zwölf Jahre später auf einer staubigen Autobahn den letzten Atemzug durch ihren schwachen Rüssel machte
und dann verendete.
Ein grausames, unwürdiges Ende eines Lebens, das nicht, wie von vielen TierschützerInnen erhofft,
in einem friedlichen und ruhigen Lebensabend mündete.
Und was ist Osnaya geworden?
Die Elefantendame, die vor Giovannis Flucht einfach auf dem Gelände zurückgelassen wurde,
wurde in einem gesundheitlich sehr schlechten Zustand vom Heidelberger Zoo aufgenommen.
Kurz nach ihrer Ankunft im Zoo ist sie noch mehrmals zusammengebrochen.
Für sie wurde extra ein Loch ins Dach des Elefantenhauses geschlagen,
damit ein Feuerwehrkran sie immer wieder aufrichten konnte.
Alleine war sie einfach zu schwach.
Zum Glück ging es ihr dann aber immer besser und Maya hat mit der dortigen Herde eine neue Familie gefunden.
Am 13. Juni 2006 und damit nur drei Tage, bevor Giovanni, Evelyn und Barbara wegen Tierquälerei verurteilt wurden,
dann der Schock.
Maya lag tot im Gehege.
Aufgrund eines plötzlichen Kreislaufversagens ist sie mit nur 34 Jahren gestorben.
Im Schnitt werden asiatische Elefanten in freier Wildbahn doppelt so alt.
Um Maya herum bildeten die anderen Zoo-Elefanten einen engen Kreis.
Mit ihren weichen Rüsseln stupsten sie Mayas Körper behutsam an und wichen über zwei Stunden nicht von ihrer Seite.
Das finde ich so krass, dass die auch so trauern dann, die Tiere.
Ja, total.
Sie trauerten lang um Maya, die gerade einmal sieben Monate mit ihrer neuen Familie verbringen durfte.
Aber anstatt im Transporter oder in der runden Manege ihre letzten Stunden zu tilgen,
ist sie im Kreise ihrer Artgenossen gestorben.
Ein Schicksal, dass Pira, Belinda und Diana womöglich bis an ihr Lebensende verwehrt bleibt.
Die letzten Elefanten aus dem Zirkus Giovanni Althoff werden bis heute noch als Finale im Showprogramm von Zirkus Joy Gärtner angekündigt.
Ob sie jemals in Rente gehen und das Zirkuszelt hinter sich lassen dürfen,
liegt in der Hand derjenigen, die sie dazu bringen, Kunststücke zu machen und Menschen zu belustigen.
Diejenigen, die sie als Babys ihrer Herde entrissen und zu einem Leben im Zirkus verdammt haben.
Und ich finde gerade an dieser letzten Szene, hast du ja auch eben schon gesagt,
dass man halt eben an diesem Trauern von den Elefanten sieht, was für soziale Wesen das sind.
Das haben wir schon am Anfang erklärt.
Aber ich finde, das macht dieses ganze Zirkusleben von Elefanten so falsch,
weil man kann sich das ja auch einfach mal so vorstellen, was wäre denn, wenn das mit Menschen gemacht werden würde.
Weißt du?
Gegen ihren Willen festgekettet, die dürfen sich nicht mehr bewegen.
Ja, da gibt es ja so Clubs, wo Menschen das freiwillig mit sich machen lassen.
Aber eben freiwillig.
Genau.
Freiwillig ist das ja okay, aber wenn es dann gegen den Willen ist und wenn man da nicht pariert
und dann kriegt man halt mit so einem Stock was über den Kopf,
dann, also das muss man sich nur einmal vorstellen, wie man sich selber fühlen würde,
dann würde man selber auch nie in einen Zirkus gehen.
Genau, also ich würde jetzt beanstanden, dass ich das total widerlich finde,
dass Menschen ihre Überlegenheit ausnutzen, um andere Lebewesen zu unterdrücken.
Das ist aber natürlich sehr kurz gegriffen, weil das in ganz vielen anderen Bereichen,
was jetzt nicht Zirkus oder Fleisch essen angeht, auch der Fall ist.
Und du und ich und alle anderen natürlich Teil dieses Problems sind.
Aber zumindest könnte man ja festhalten, wenn es dem reinen Entertainment dient,
ist das was, was man auch kritisieren muss, natürlich ganz viele andere Sachen auch.
Aber das ist ja zumindest jetzt in der Kritik schon so weit, dass es es auch immer weniger gibt.
Deutschland ist in der Europäischen Union offenbar das Land mit den meisten Zirkussen.
Aber andererorts hat man das offenbar schon eher verstanden noch, dass das eigentlich nicht mehr geht.
Ja, also als ich das gehört habe, dass es bei uns im Gegensatz zu anderen Ländern so viel mehr Zirkusse gibt,
dachte ich mir, wie zurückgeblieben und wieso ist das eigentlich so?
Aber zum Glück wird eine Forderung für ein Wildtierverbot seit Jahren auch hier bei uns immer lauter.
Und wir haben mit der Landestierschutzbeauftragten von Hessen, Dr. Madeleine Martin, gesprochen.
Und sie hat uns erzählt, wieso das lange nicht so war.
Man hat diese Geschichten mit, wie sehr die Tiere ihre Resseure, Dompteure, Tierlehrer lieben, geglaubt und hat nicht gewusst,
dass Wildtiere, Wildtiere bleiben, auch wenn wir ihnen eine Clownsmütze aufsetzen.
Das ist der eine Punkt. Der zweite Punkt, der sicher dazu geführt hat, ist, wir haben heute so fantastische Dokumentationen über Wildtiere in ihrem natürlichen Habitat,
über Verhalten von Wildtieren draußen, dass wir derartige Belustigung eigentlich nicht mehr brauchen.
Dr. Martin hat auch etliche Gutachten über Zirkustiere geschrieben.
Und sie sagt ganz klar, dass eine artgerechte Haltung von Wildtieren im Zirkus nicht möglich ist und spricht sich auch für ein Verbot aus.
Es ist aber generell so, also 2019 gab es noch insgesamt 45 Elefanten in elf deutschen Zirkussen.
Aber man darf gar keine mehr aus Asien oder Afrika nach Deutschland importieren.
Zumindest nicht in Zoos und Zirkusse. Das verbietet nämlich das Washingtoner Artenschutzübereinkommen.
Jetzt könnte man ja sagen, naja, dann machen die halt mal ein Schäferstündchen miteinander, die Elefanten wieder in den Zirkussen noch rumtingeln.
Es gibt allerdings von den 45 Elefanten hier nur noch ein männlichen in Zirkussen.
Also wir hoffen mal, dass es da zumindest in diesem Bereich keinen Nachwuchs gibt.
Ja, und vielleicht ist das auch so ein bisschen die Lösung aus dieser Misere, denn ich kann mir vorstellen, das Strafrecht ist es nicht.
Und das beanstandet auch unsere Expertin, Dr. Madeleine Martin.
Sie findet nämlich, dass es generell zu wenig Urteile gibt, in denen jemand für das verursachte Tierleid bestraft wird.
Und das liegt ihr zufolge nicht unbedingt an einer dünnen Beweislage, sondern auch an einer lückenhaften Ausbildung der JuristInnen und den finanziellen Ressourcen.
Wenn wir uns nicht klar machen, dass Recht vollziehen auch Geld kostet, haben wir Probleme mit unserem Rechtsstaat.
Den Tierschutz trifft es besonders stark.
Das ist dadurch auch erklärlich, dass Tierschutzrecht in der Ausbildung von Juristen nicht gelehrt wird.
Wenn auf dem Stapel von 600 Fällen beim Staatsanwalt ein Tierschutzfeld liegt, kann es sein, dass der Staatsanwalt diesen Fall immer wieder nach unten schickt.
Ja, und das muss man ja auch einfach mal sagen, diese Strafe, die Giovanni und die beiden Frauen da bekommen haben, ist ja auch irgendwie ein Witz.
Ja.
Also das Tierleid mit dieser Geldbuße aufzuwiegen.
Und wenn wenigstens irgendwie so eine Art, weißt du, wie bei Ärzten so eine Approbation dann entzogen wird oder sowas, wurde dem ja nichts dergleichen entzogen und er konnte dann einfach wieder ab 2017 fröhlich weitermachen.
Dann nicht mit Elefanten, aber dann hat er es halt mit Löwen und Tigern weiterhin gemacht.
Also es hatte dann auch nicht wirklich Konsequenzen.
Also in der heutigen Folge haben wir uns ja nur auf einen ganz kleinen Teilbereich der Tierquälerei fokussiert.
Und wir wissen natürlich auch, dass zum Beispiel in der Milch- und Fleischindustrie teilweise ganz, ganz furchtbare Dinge passieren.
Und vielleicht finden wir auch nochmal in Zukunft Gelegenheit, dem Thema ein bisschen mehr Raum zu geben und mit einem anderen Fall darauf aufmerksam zu machen.
Jetzt wollen wir aber an dieser Stelle erstmal auf eine Tierschutzorganisation hinweisen.
Und zwar heißt die NOAA e.V.
Der Verein setzt sich seit über 30 Jahren für Tiere ein, die oft einfach vergessen werden.
Also Tiere in der Massentierhaltung, bei Tierversuchen bis hin zur Pelzindustrie und illegalem Welpenhandel.
Und NOAA e.V. will vor allem den Diskurs über den Umgang mit Tieren anstoßen, egal welche.
Und wenn ihr mehr über diesen tollen Verein erfahren wollt, dann könnt ihr auf den Link in der Folgenbeschreibung klicken.
So, und in der nächsten Folge geht es wieder, kann man sagen, um ein klassisches Verbrechen, auch wenn es tatsächlich unfassbar ist.
Danke, dass ihr mit uns diesen Ausflug hier gemacht habt und wir sehen uns nächste Woche.
Redaktion Marisa Morell und wir.
Schnitt Pauline Korb.
Rechtliche Abnahme und Beratung Abel und Kollegen.