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und damit mal wieder willkommen zu Mordlust, einem Podcast der Partner in Crime. Wir reden
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hier über wahre Verbrechen und ihre Hintergründe. Mein Name ist Paulina Kraser und ich bin Laura
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Wohlers. In jeder Folge erzählen wir einen bedeutsamen wahren Kriminalfall nach, ordnen
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den für euch ein, erörtern und diskutieren die juristischen, psychologischen oder gesellschaftlichen
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Aspekte und sprechen mit Menschen mit Expertise. Hier geht es um True Crime, also auch um die
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Schicksale von echten Menschen. Bitte behaltet das immer im Hinterkopf, das machen wir auch. Selbst
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dann werden wir zwischendurch mal ein bisschen abschweifen. Das ist für uns so eine Art Comic
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Relief, aber natürlich nicht despektierlich gemeint. Und bevor wir mit dem heutigen Fall
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starten, der zwischen Sägen und Urnen spielt und bei dem jemand ein dunkles Geheimnis eigentlich für
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immer mit ins Grab nehmen wollte, Laura, wollte ich dir kurz eine Geschichte erzählen, die mich zum
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Nachdenken gebracht hat. Und zwar im Podcast Baywatch Berlin wurde neulich gesprochen über
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ein Thema, worauf ich danach noch lange rumgedacht habe. Und zwar haben Schmitti, Jakob und Klaas
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darüber gesprochen, dass man verstorbenen Menschen nur so romantisiert gedenkt.
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Ja. Und ich weiß nicht, ob du das auch schon mal hattest, aber ich saß schon ein, zwei Mal bei
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Beerdigungen und habe mir gedacht, also so viel mit dem Menschen, den ich kannte, hat das jetzt nicht zu tun.
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Also ja, ich finde das ein total spannendes Thema und ich finde, das stimmt auch zu 1000 Prozent. Vor allem,
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finde ich, merkt man das bei so einigen True Crime Podcasts aus Amerika auch immer ganz doll, weil sehr viele
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Opfer waren immer diese Menschen, die in einen Raum kommen und den ganzen Raum erleuchten. Und ehrlicherweise, ich kenne nicht so viele Leute, bei denen das der Fall ist. Ich kenne vielleicht eine Person. Deswegen, das ist ja schon was Seltenes. Und bei diesem True Crime Podcasts habe ich das aber schon so oft gehört, dass es mir halt irgendwie schon ein bisschen aufgefallen ist, dass man da vor allem darauf achtet, jetzt nur Gutes über den Menschen zu sagen.
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Und vielleicht auch ein bisschen übertreibt. Ich meine, ich kann es ein bisschen nachvollziehen, wenn es quasi um öffentliche Bekundungen über verstorbene Personen geht. Aber jetzt so im Familienkreis zum Beispiel oder halt dann bei einer Beisetzung. Also ich finde zum Beispiel, wie bei einer Beisetzung, dass man da nur Positives sagt, das ist ja schon auch fair.
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Ich fand ganz erfrischend, dass bei der Beerdigung meines Großvaters, da kam eine Nachbarin zu meiner Oma, um ihr ihr Beileid auszusprechen. Und da sagte meine Oma, mir müssen sie kein Beileid aussprechen. Zu mir war dieser Mensch nur furchtbar. Und das nach 65 Jahren Ehe. Und dann presste sie noch so die Lippen zusammen und schob hinterher. Er war kein guter Mensch.
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Warte mal, das hast du gehört, wie die das gesagt hat. Gleich saß daneben.
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Wow, okay, sowas habe ich noch nie gehört.
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Und Unrecht hat sie nicht, möchte ich ergänzen.
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Und ich glaube, da ist meine Oma vielen Menschen einfach einiges voraus. Auch mal so die nahbaren Sachen erzählen.
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Egal, du kannst dir natürlich denken, worauf ich hinaus will.
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Was ich an deiner Beerdigung über dich sagen soll.
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Du musst auf gar keinen Fall irgendeine Rede halten oder irgendwas schreiben für meine Beerdigung.
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Weil du guckst dann im Internet und machst dann Copy-Paste aus den letzten Geburtstagsposts, die ich für dich auf Instagram geschrieben habe.
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Da guckst du, was habe ich denn Nettes über dich gesagt. Tausche den Namen aus und dann passt das so.
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Oder ich frage Chat-GPT.
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Ja, genau. So nämlich.
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Nee, worauf ich hinaus will. Auf Beerdigung wird mit Euphemismen um sich geworfen.
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Was macht man in einem Extremfall? Also wie macht man das mit Kriminellen?
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Also man spricht ja jetzt beispielsweise nicht beim Kannibalen von Rothenburg von seinem ausgeprägten Lebenshunger.
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Oder bei Brandstiftenden nicht von feuriger Leidenschaft. Was sagt man da?
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Das ist wirklich eine gute Frage.
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Man kann es nicht aussparen. Man kann nicht diese böse Seite oder die dunkle Seite dieser Kriminellen aussparen bei der Beerdigung.
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Das würde sich einfach falsch anfühlen, oder?
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Ja, habe ich aber gelesen, dass das bei einem Täter, von dem wir hier auch schon erzählt haben, das war ein Jugendlicher und schlimmes Verbrechen.
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Und da hat die Familie das wohl bei der Trauerfeier weggelassen und sich, Zitat, auf andere Dinge konzentriert.
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Ja, ich meine, und das meine ich, also wenn bei einer Beerdigung alle das Gefühl haben, das Bild ist so ein bisschen verfälscht.
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Und das ist jetzt natürlich hier das Extreme davon.
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Ah, da lügt man sich doch die Hucke voll, ne?
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Und ich würde gerne wissen, also falls wir Trauerredner oder Trauerrednerinnen hier haben, die das hören oder ihr welche kennt, die mögen uns bitte auf Instagram schreiben und dann würde ich das demnächst hier nochmal aufgreifen wollen.
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Ob die in ihren Reden auch die negativen Elemente so genannt haben?
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Was die sagen, ja. Und wenn die Familie sagt, wollen wir nicht, dass darüber geredet wird, ne? Ich meine, dann werden die das wohl berücksichtigen müssen, ja?
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Wollen die Familien das auch dann immer nicht? Wie ist es?
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Das finde ich interessant, ja.
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Naja, offenbar sind Beerdigungen prädestiniert dafür, dass dort Lügen verbreitet werden. Und bei unserem heutigen Fall ist der Bestatter selbst der größte Lügner.
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Alle Namen haben wir geändert.
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Es ist ein gewöhnlicher Tag im Mai 2008, als zwei junge Erwachsene das Polizeirevier in Erlangen aufsuchen.
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Draußen herrscht typisches Frühlingswetter und eine frische Brise begleitet sie, als sie die Tür zum Revier öffnen und eintreten.
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Anfangs waren sie noch zögerlich, ob sie überhaupt herkommen sollen, doch jetzt gehen sie zielstrebig zum Empfang, wo die Routine des Polizeidienstes für einen Moment unterbrochen wird.
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Die zwei wirken besorgt, als sie erklären, warum sie hier sind.
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Sie möchten eine Vermisstenanzeige aufgeben.
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Es gehe um ihren Vater Kilian.
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Nachdem die Geschwister in ein Zimmer geführt werden, um einmal alles in Ruhe zu erzählen, werden sie gefragt, wann sie ihren Vater denn zuletzt gesehen haben.
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Das sei schon eine Weile her, sagt Tochter Melanie.
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Am 5. April 2007, also vor über einem Jahr, habe sie das letzte Mal mit ihm telefoniert.
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Bei seiner Verabschiedung habe er damals gesagt, dass er am 19. April, also zwei Wochen später, wieder anrufen werde.
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Aber ihr Vater habe nie angerufen.
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Auch in diesem Jahr habe er ihn nicht gratuliert, erzählen die Geschwister.
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Zunächst hätten sie sich nichts dabei gedacht, denn ihre Eltern sind geschieden und ihr Vater, der einst ein Bestattungsunternehmen bei Erlangen geführt hat, sei schon vor Jahren ins Ausland gezogen und habe sich seitdem nur noch unregelmäßig gemeldet.
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Früher hätten sie ihn noch besucht, da habe er in schicken Hotels in ganz Europa gelebt, mal in Österreich, mal in Frankreich und mal in Kroatien.
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Aber mit der Zeit seien die Besuche immer seltener geworden und sie hätten nur noch telefoniert.
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Inzwischen können sie ihn aber eben nicht mal mehr auf dem Handy erreichen.
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Und dass er ihnen schon das zweite Jahr in Folge nicht zu ihren Geburtstagen gratuliert, das sieht ihm nicht ähnlich.
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Was, wenn ihrem Vater etwas passiert ist?
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Den Polizistinnen kommt das verdächtig vor.
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Denn es ist nicht das erste Mal, dass die Frage nach dem Verbleib dieses Mannes im Revier in Erlangen im Raum steht.
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Vor etwa einem Jahr hat sich ein Anwalt bei ihnen gemeldet, der ebenfalls nach dem damals 43 Jahre alten Kilian gesucht hat.
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Den Fall haben sie allerdings nicht weiter verfolgt, weil der Mann ja offenbar ausgewandert war.
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Zumindest dachten sie das.
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Doch jetzt, nachdem selbst seine Kinder nach ihm suchen, sind sich die Beamtinnen plötzlich nicht mehr so sicher.
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Rückblick. Winter 2004, vier Jahre zuvor.
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Die Welt muss doch mehr zu bieten haben.
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Davon ist Kilian überzeugt.
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Der Mann mit dem kurz geschnittenen braunen Haar und dem Schnauzer steht noch am Anfang seiner 40er.
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Und trotzdem kommt es ihm manchmal so vor, als hätte er das Leben schon durchgespielt.
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Kilian hat Medizin studiert und danach als Pathologe an der Universität Erlangen gearbeitet.
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Anschließend hat er sich mit einem Bestattungsunternehmen in einer kleinen bayerischen Gemeinde selbstständig gemacht.
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Seitdem ist er derjenige, den die Leute anrufen, wenn sie von ihrem Liebsten Abschied nehmen müssen.
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Wenn Kilian dann im Leichenwagen angefahren kommt, tritt er im schwarzen Anzug mit Krawatte auf.
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Er findet die richtigen Worte, um sein Beileid auszudrücken, und verspricht den Hinterbliebenen, sie in der bevorstehenden, schweren Zeit zu unterstützen.
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Dann transportiert er die Leichen ab und ist mit ihnen allein.
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Er wäscht sie und kleidet sie ein.
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Manchmal schminkt er sie oder frisiert ihr Haar.
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Alles, um die Menschen möglichst würdevoll zu beerdigen und um den Angehörigen einen friedlichen letzten Anblick zu ermöglichen,
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bevor sie sich für immer von ihren Liebsten verabschieden müssen.
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Es ist eine stille Arbeit, der Kilian tagtäglich nachgeht.
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Und in den letzten Jahren ist es auch bei ihm zu Hause still geworden.
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Die Ehe des Bestatters ist schon vor Jahren in die Brüche gegangen
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und seine beiden Kinder im Teenager-Alter, die Kilian sehr liebt, leben bei seiner Frau.
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Und obwohl er sie regelmäßig sieht, hat sich inzwischen, wenn er alleine ist, der triste Alltag in sein Leben eingeschlichen.
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Und mit ihm ein Gedanke, der Kilian nicht aus dem Kopf geht.
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Er will so nicht weitermachen.
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Ihn hält hier nichts.
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Er will nochmal raus, die Welt sehen.
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Vielleicht nach Rio de Janeiro oder in die USA.
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Vielleicht noch ein Studio machen oder eine Ausbildung zum Leichenpräparator draufsetzen.
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Neues Lernen und Erleben.
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Nur fehlt Kilian dazu das nötige Kleingeld.
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Denn alles, was er hat, steckt in seinem Bestattungsunternehmen.
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Er müsste es verkaufen, um sich seinen Traum zu erfüllen.
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Und wie es der Zufall so will, tritt gerade zur richtigen Zeit der richtige Mann in sein Leben,
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der ihm offenbar bei seinem Vorhaben helfen will.
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Manfred ist ebenfalls Bestatter in der Region und darüber hinaus dafür bekannt,
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dass er seine Frau und das gemeinsame Chihuahua-Hündchen gerne im schicken Cabrio spazieren fährt.
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Das Verdeck des teuren Autos ist dabei weit geöffnet.
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Genau wie Manfreds Hemd, unter dem nicht nur eine glänzende Goldkette hervorblitzt,
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sondern auch der Bauchnabel des fast 50-Jährigen.
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Eine Krawatte trägt Manfred auch im Dienst nur ungern.
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Anstatt der professionellen Zurückhaltung, die im Bestattungswesen eigentlich gang und gäbe ist,
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spricht Manfred meist viel und lange, am liebsten über sich selbst.
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So auch, als er Ende 2004 unangekündigt in Kilians Büro vorbeikommt.
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Kilian kennt den bunten Hund Manfred bis dato nur vom Sehen, aber sie verstehen sich auf Anhieb gut.
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Und Manfred hat Geschenke mitgebracht.
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Arbeitsmittel, die aus seinem ehemaligen Bestattungsinstitut übrig geblieben sind.
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Denn das ist kürzlich pleite gegangen, erzählt der fast zehn Jahre ältere Geschäftsmann,
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ohne darüber sonderlich betrübt zu wirken.
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Er trauere seinem Institut nicht nach, erklärt er gleich.
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Er sei nämlich schon dabei, ein neues Unternehmen aufzubauen.
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An Geld scheint es Manfred jedenfalls nicht zu fehlen.
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Das stellt Kilian in den kommenden Wochen fest, in denen sich die zwei Bestatter anfreunden.
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Sie gehen schick essen und fahren sogar zusammen in den Urlaub.
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Und immer ist es Manfred, der am Schluss die Rechnung bezahlt.
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Kilian genießt den Einblick in eine neue Welt abseits des Alltags.
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Eine Welt, in der er mit Manfred und dessen schmuckbehangener Frau
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an den üppig gedeckten Tischen luxuriöser Hotels sitzt,
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sich die feine Küche schmecken lässt und keinen Cent dafür bezahlt.
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Manfred führt ein Leben in Saus und Braus, an das Kilian sich gewöhnen könnte.
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Es zeigt ihm, dass Träume wahr werden können, auch seine eigenen.
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Und so reift in Kilian der Entschluss heran, sein Bestattungsunternehmen an seinen neuen Freund Manfred zu verkaufen,
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um sich von dem Geld ein neues Leben aufzubauen.
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Manfred hat Interesse, also handeln sie im Juli 2005, ein gutes halbes Jahr nach ihrem Kennenlernen, einen Deal aus.
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Beide unterschreiben einen Kaufvertrag, der besagt, dass Manfred Kilian 72.000 Euro für seine Firma zahlt.
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Unter der Hand soll aber weit mehr Geld fließen.
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Noch eine halbe Million Euro extra soll Manfred an Kilian abdrücken.
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Steuerfrei, versteht sich.
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Manfred willigt ein und verspricht, das Geld schnell zu beschaffen.
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Der Deal ist beschlossen.
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Doch es ist nicht die einzige Abmachung, die die beiden treffen.
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Manfred unterbreitet Kilian einen Vorschlag, mit dem Kilian sein Geld vervielfältigen könnte.
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Der Weg dahin sei allerdings nicht ganz legal, gibt Manfred zu.
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Und Kilian müsse eine Weile untertauchen.
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Aber am Ende des Weges warte ein Koffer voller Geld.
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Und wer kann da schon Nein sagen?
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Und so packt er seine Sachen.
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Drei Jahre später sitzen Kilians Kinder bei der Polizei in Erlangen, um die Vermisstenanzeige für ihren Vater aufzugeben.
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Sie haben den Sommer 2005 noch vor Augen, in dem er Hals über Kopf weggezogen ist.
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Und sie können sich auch noch an Manfred gut erinnern, der Freund ihres Vaters.
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Manfred hat in der Zeit nach Kilians Wegzug ab und zu bei ihnen angerufen, um einen Termin zu vereinbaren,
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an dem er sie zu ihrem Vater ins Ausland bringen würde.
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Ihr Vater würde sie vermissen, hat Manfred ihnen gesagt.
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Zum vereinbarten Zeitpunkt stand er dann mit seinem Auto vor ihrer Tür
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und sie sind mit ihm über die Ländergrenzen nach Kroatien, Österreich, Italien oder Frankreich gefahren.
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Auch ihre Mutter ist mitgekommen, erzählen sie der Polizei.
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Sie hatte ein ungutes Gefühl dabei, ihre Kinder allein mit Manfred fahren zu lassen.
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So haben sie gemeinsame Kurzurlaube in wunderschönen Hotels verbracht.
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Die beiden Geschwister, ihr Vater Kilian, ihre Mutter und Manfred, der alles bezahlt hat.
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Nur durften sie zu Hause nie jemandem erzählen, wo sie waren.
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Das war ihrem Vater ganz wichtig.
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Das können die Geschwister der Polizei nicht sagen.
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Aber wenn das jemand weiß, dann wahrscheinlich Manfred.
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Er ist der nächste wichtige Anhaltspunkt für die Kriminalpolizei,
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die die Ermittlungen im Fall des verschwundenen Bestatters jetzt aufnimmt.
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Und Manfred ist für sie kein Unbekannter.
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Der bullige 52-Jährige, der heute Kilians ehemaliges Bestattungsinstitut führt,
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war schon in mehrere Betrugsdelikte verwickelt.
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Auch aktuell sitzt er wegen des Verdachts auf Betrug in Untersuchungshaft,
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wo ihm die Ermittelnden jetzt einen Besuch abstatten.
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Der Mann, der zur Vernehmung erscheint, ist nicht besonders groß und hat tiefe Geheimratsecken im grauen Haar.
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Seine braunen Augen liegen in dunklen Höhlen, als ihn ein Polizist fragt, ob er weiß, wo Kilian ist.
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Manfred gibt sich gesprächig wie immer, nur bringen seine Antworten die Ermittlungen kein Stück weiter.
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Er habe schon lange keinen Kontakt mehr zu Kilian, sagt Manfred.
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Der sei doch nach Amerika ausgewandert.
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Vorher habe er, Manfred, dessen Unternehmen übernommen.
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Das sei richtig.
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Aber wo er jetzt sei, wisse er nicht.
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Mehr ist aus ihm nicht rauszubekommen.
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Und das, was er gesagt hat, stellt sich zumindest teilweise kurze Zeit später als falsch heraus.
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Das Betrugsdezernat hat Manfreds Konten gesichtet und festgestellt,
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dass es keine Zahlungsbelege für den Kauf von Kilians Bestattungsunternehmen gibt.
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Zwischen den beiden Männern ist nie Geld geflossen.
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Was also, wenn es zwischen ihnen irgendwann zum Streit kam?
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Und was, wenn Kilian nicht in den USA oder sonst wo auf der Welt lebt, sondern aus dem Weg geschafft wurde?
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Es ist nur eine Vermutung.
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Trotzdem wollen die Ermittlungen ihr nachgehen.
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Sie besorgen sich die Listen der Krematorien, in denen Manfred im vergangenen Jahr,
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kurz nachdem Kilian sich zuletzt bei seiner Tochter gemeldet hat, Leichen hat einäschern lassen.
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Akribisch vergleichen sie Name um Name, bis sie plötzlich denselben Namen zweimal lesen.
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Rainer Buchholz.
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Gestorben am 7. April 2007.
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Eingeäschert einmal am 11. April in einem Krematorium bei Passau.
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Und noch ein zweites Mal, zwei Tage später am 13. April in Ahlen in Baden-Württemberg.
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Wie kann das sein?
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Ein und dieselbe Person zweimal kremiert?
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Dass es zwei Männer mit exakt demselben Namen gibt, die am selben Tag verstorben sind und die beide im Auftrag von Manfreds Bestattungsinstitut verbrannt wurden,
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würden die BeamtInnen als relativ unwahrscheinlich einstufen.
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Vielleicht gab es ja nur einen Rainer Buchholz, unter dessen Namen eine zweite Person verbrannt wurde.
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Womöglich Kilian?
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Nur wie soll man das überprüfen, mehr als ein Jahr später, wo von den Toten nur noch Asche und keine DNA mehr übrig ist?
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Die Kripo möchte es zumindest versuchen und macht sich auf den Weg in die beiden Krematorien,
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in der Hoffnung, dass man sich da noch an Einzelheiten erinnern kann.
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Und tatsächlich haben die ErmittlerInnen Glück.
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Gerade der Betreiber der Feuerbestattungsanlage in Ahlen erinnert sich noch gut an Manfred.
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Der sei mehrfach im Krematorium vorbeigekommen, um Leichen einzuliefern.
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Und so eben auch im April 2007 mit offenem Hemd und seinem Chihuahua unter dem Arm.
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Damals habe er darauf bestanden zu bleiben, bis er den Toten in einer Urne wieder mitnehmen könne.
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Das sei ungewöhnlich, sagt der Zeuge.
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Normalerweise warte kein Bestatter so lange.
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Doch Manfred habe stundenlang Cappuccino geschlürft, sich eine Kippe nach der anderen angesteckt
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und ihm, dem Betreiber des Krematoriums, das Ohr abgekaut.
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Er sei als Sohn eines Diplomaten in Algerien geboren und in Kanada aufgewachsen,
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habe Manfred in breitem Niederbayerisch erzählt.
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Früher habe er mal das Auto von Konrad Adenauer gefahren
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und bald werde er 5000 Leichen aus Italien herholen,
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mit denen er das Ahlener Krematorium für Monate auslasten könne.
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Am liebsten würde er es direkt kaufen, habe Manfred mehrfach wiederholt.
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Und wenn nicht dieses, dann irgendein anderes.
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Das sei dem Betreiber Suspekt gewesen.
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Manfreds Auftreten habe ordinär gewirkt, vor allem für einen Bestatter.
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Ganz anders der Mann, der ihn begleitet habe, erinnert sich der Zeuge.
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Ein Mitarbeiter, der auffällig schweigsam war und den Manfred als seinen Schwiegersohn vorgestellt
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Ein Mann namens Karl-Heinz.
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Diesen Karl-Heinz müssen Sie finden.
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Das ist den Ermittlungen sofort klar.
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Vielleicht kann er Ihnen sagen, wo Kilian ist und ob er überhaupt noch lebt.
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Aber zurück in Erlangen wirft die Suche nach Karl-Heinz nur noch mehr Fragen auf.
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Denn in den Geschichten von Karl-Heinz und Kilian gibt es überraschend viele Parallelen.
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Auch Karl-Heinz war einst Besitzer eines Bestattungsunternehmens in der Region.
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Und auch er hat seine Firma an Manfred verkauft.
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Sogar schon Ende der 90er Jahre, also lange vor Kilian.
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Danach hat Karl-Heinz ein Jahr lang für Manfred gearbeitet.
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In dem Unternehmen, das einst ihm selbst gehörte und es unter der Führung von Manfred schließlich
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Und inzwischen scheint auch Karl-Heinz untergetaucht zu sein, so wie Kilian.
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Jedenfalls lebt Karl-Heinz nicht mehr in Erlangen und niemand weiß, wo er sich gerade aufhält.
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Also schreibt die Polizei den 52-Jährigen zur Fahndung aus und lädt einen anderen Zeugen
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vor, der ihnen möglicherweise weiterhelfen kann.
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Den Anwalt, dem Kilians Verschwinden schon vor einem Jahr komisch vorkam.
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Als der Anwalt jetzt, ein Jahr nach seinem letzten Kontakt mit der Polizei, erneut vor
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den ErmittlerInnen sitzt, ist seine Sorge um Kilian noch größer als damals.
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Denn Kilian sei nicht nur sein Mandant, sondern auch ein alter Bekannter, sagt der Anwalt.
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Früher seien sie zusammen zum Sport gegangen, aber als Kilian im Februar 2007, vor über einem
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Jahr zu ihm kam, brauchte der alte Freund seine Hilfe.
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Er habe ihm damals eine völlig verrückte Geschichte erzählt, die der Anwalt fast nicht
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Aber jetzt, wo Kilian immer noch nicht wieder aufgetaucht ist, ist er sich sicher, dass
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sie etwas mit seinem Verschwinden zu tun haben muss.
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Deshalb berichtet er jetzt der Kripo davon.
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Kilian sei im Sommer 2005, also vor drei Jahren, so abrupt aus Erlangen weggezogen, weil er Angst
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vor polizeilichen Ermittlungen gehabt habe, sagt der Anwalt.
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Manfred habe Kilian nämlich damals erzählt, dass die Staatsanwaltschaft wegen Kindesmissbrauchs
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gegen Kilian ermittle.
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Kilian sei geschockt gewesen, habe es aber für möglich gehalten, dass tatsächlich gegen
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ihn ermittelt wird.
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Vor einigen Jahren habe es nämlich wirklich einen Tatverdacht gegen ihn gegeben, aber die
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Ermittlungen seien damals eingestellt worden, erzählt der Anwalt der Polizei.
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Trotzdem habe Kilian Manfred geglaubt, als der ihm plötzlich von den neuen Untersuchungen
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Sein Unternehmen hatte Kilian Manfred da bereits verkauft.
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Und die beiden hätten noch ein weiteres Geschäft gemacht, sagt der Anwalt.
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Manfred habe Kilian einen Geldkoffer gezeigt, in dem angeblich 100 Millionen Dollar gewesen
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Die habe er als Geldbäscher verdient, habe Manfred Kilian gesagt und ihm angeboten, mitzumachen.
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Dafür müsse er ein Dokument bei einem Notar unterschreiben und für einige Jahre untertauchen.
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Allein für die Unterschrift bekäme er schon 100 Millionen Dollar, habe Manfred gesagt.
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Also habe Kilian das Dokument unterschrieben und danach auf sein Geld gewartet.
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Aber es kam nie.
00:20:14
Stattdessen habe Manfred ihm dann von den Ermittlungen wegen Kindesmissbrauchs erzählt
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und ihm ans Herz gelegt, lieber jetzt sofort unterzutauchen, bevor er festgenommen werde.
00:20:23
Die ersten Hotelaufenthalte werde er bezahlen, habe Manfred Kilian gesagt.
00:20:27
So lange, bis er Kilian das Geld aus dem Geldwäschedeal und das Geld, das er ihm für sein
00:20:32
Unternehmen versprochen hat, beschafft habe.
00:20:34
Insgesamt umgerechnet also knapp 100 Millionen Euro.
00:20:38
Aus Angst vor den Ermittlungen sei Kilian dann schließlich ins Ausland gegangen.
00:20:42
Nur mit einem Koffer voller Klamotten und Manfreds Versprechen, dass das Geld bald komme.
00:20:46
Doch Manfred habe Kilian das Geld nie gezahlt, erzählt der Anwalt jetzt der Polizei.
00:20:51
Er sei nur für die Hotelrechnung aufgekommen.
00:20:53
Aber nicht für Luxushotels, sondern für günstige Pensionen.
00:20:57
Kilian habe schließlich aushandeln können, dass Manfred ihm zumindest seine Kinder ab und an
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vorbeibringt, weil er sie so vermisst habe.
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Bei den Besuchen habe Manfred auch für alle schöne Hotels bezahlt.
00:21:07
Wahrscheinlich um den Schein seines eigenen Reichtums zu wahren.
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Doch kaum sei Kilians Familie wieder abgereist, habe Kilian wieder in Absteigen gehaust.
00:21:15
Allein ohne einen Cent in der Tasche und ohne Perspektive.
00:21:18
Und wann immer er sein Geld von Manfred eingefordert habe, habe der ihn vertröstet.
00:21:23
Zurück nach Deutschland habe sich Kilian lange Zeit nicht getraut, aus Angst, dass man ihn hier festnehme.
00:21:29
Bis Anfang 2007, mehr als eineinhalb Jahre lang, habe Kilian das Spiel mitgemacht, sagt der Jurist.
00:21:35
Dann habe Kilian einen Schlussstrich gezogen und sich ihm, dem Anwalt, anvertraut.
00:21:40
Als er zu ihm kam, habe Kilian verstanden, dass er einem Betrüger aufgesessen sei und er habe sich sein Bestattungsinstitut zurückholen wollen.
00:21:47
Er hatte sechs Monate lang die Gespräche mit Manfred auf Tonband aufgenommen und wollte die gegen ihn verwenden.
00:21:53
Vorher sollte der Anwalt aber für ihn herausfinden, ob an den Ermittlungen wegen Kindesmissbrauchs etwas dran sei, von denen Manfred Kilian erzählt hatte und die ihn schneller ins Ausland getrieben hatten als geplant.
00:22:05
Das erste Mal hatte er sich im Februar 2007 mit Kilian getroffen, erzählt der Anwalt jetzt bei der Kripo.
00:22:11
Daraufhin hat er herausgefunden, dass definitiv nicht gegen Kilian wegen Kindesmissbrauchs ermittelt wurde.
00:22:17
Das hat er ihm dann bei einem zweiten Termin im März mitgeteilt.
00:22:21
Kilian war erleichtert wegen der erlogenen Ermittlungen und gleichzeitig besorgt wegen einer anderen Sache.
00:22:27
Manfred habe ihm aufgetragen, einen Mann namens Karl Heinz, den er loswerden wollte, mit K.O.-Tropfen zu betäuben und ihn anschließend auf die Bahngleise zu legen, um einen Suizid vorzutäuschen.
00:22:38
Kilian habe sich geweigert, es zu tun, aber er befürchtete damals, dass ihm dasselbe blühen würde, wenn er jetzt gegen Manfred rechtlich vorgehe.
00:22:47
Der Anwalt erzählt den Beamtinnen, dass er daraufhin mit Kilian vereinbart habe, dass der sich jeden Freitag bis spätestens 18 Uhr telefonisch bei ihm melden solle.
00:22:55
Ein Zeichen, um zu versichern, dass Kilian noch am Leben sei.
00:22:58
So hätten sie das einen Monat lang gemacht.
00:23:01
Im April 2007 seien die Anrufe dann aber plötzlich ausgeblieben.
00:23:05
Das sei dem Anwalt natürlich komisch vorgekommen, deshalb habe er sich letztes Jahr an die Polizei gebannt.
00:23:12
Daraufhin erkundigten sich die Beamtinnen in Kilians Umfeld und da hat jeder dasselbe gesagt.
00:23:16
Kilian hat sich schon im Jahr davor so gut wie nie gemeldet.
00:23:19
Er wollte ins Ausland.
00:23:20
Niemandem kam seine Abwesenheit sonderlich komisch vor.
00:23:24
Niemand hat den 43-Jährigen mit dem Schnauzer damals vermisst.
00:23:27
Also hat die Polizei keinen Grund gesehen, Ermittlungen einzuleiten.
00:23:31
Und auch der Anwalt hat sich mit der wagen Erklärung der Polizei zufrieden gegeben.
00:23:35
Schließlich ist Kilian erwachsen und kann tun und lassen, was er will.
00:23:40
Und so ist Kilian, so schnell wie er wieder ins Leben des Anwalts getreten war, auch wieder daraus verschwunden.
00:23:45
Nur diesmal vielleicht für immer.
00:23:48
Nach der Aussage des Anwalts hält die Kriminalpolizei die Möglichkeit, dass Kilian nicht nur verschwunden, sondern tot ist, jedenfalls für sehr viel wahrscheinlicher.
00:23:57
Sie stützt die These, dass sich die Bestatter um Geld gestritten haben.
00:24:00
Und wenn es stimmt, dass Manfred schon Kilian dazu benutzen wollte, einen Mord zu vertuschen, dann ist der Betrüger vielleicht auch zu einem Verbrechen fähig.
00:24:08
Auch was die zeitliche Abfolge der Ereignisse angeht, gibt es Auffälligkeiten.
00:24:12
Mit seiner Tochter Melanie hat Kilian zuletzt am 5. April 2007 telefoniert.
00:24:17
Einen Tag später, an einem Freitag, hat er sich noch wie vereinbart bis 18 Uhr bei seinem Anwalt gemeldet.
00:24:23
Danach hat niemand mehr von ihm gehört oder ihn gesehen.
00:24:27
Rainer Buchholz, der Mann, der in zwei Krematorien verbrannt wurde, ist laut Totenschein am 8. April verstorben.
00:24:34
Also nur zwei Tage, nachdem Kilian das letzte Mal ein Lebenszeichen von sich gegeben hat.
00:24:38
Das kann eigentlich kein Zufall sein.
00:24:41
Nur wie soll man Manfred einen Mord nachweisen, wenn es keine Leiche gibt?
00:24:46
Die Lösung des Rätsels muss Karl-Heinz sein, da sind sich die BeamtInnen sicher.
00:24:50
Der Mann, der sein Unternehmen ebenfalls an Manfred verkauft hat.
00:24:54
Der Mann, der mit Manfred im Krematorium in Aalen war.
00:24:57
Und der Mann, den Manfred offenbar einmal von Kilian töten lassen wollte.
00:25:02
Tot ist Karl-Heinz aber nicht.
00:25:04
Im August 2008 kann er in Kassel, 300 Kilometer entfernt von Erlangen, doch noch gefasst werden.
00:25:09
Als Karl-Heinz wenig später von der Kripo in Bayern vernommen wird, sitzt ein freundlicher Mann vor ihnen.
00:25:15
Eher in sich gekehrt und unscheinbar.
00:25:17
Er hat Geheimratsecken im grauen Haar und unter dem buschigen, dunklen Braun liegen schmale Augen und ausgeprägte Tränensäcke.
00:25:23
Die Lippen des 52-Jährigen sehen schmal aus und aus ihnen dringen nur wenige Worte.
00:25:29
Er sagt, er wisse nicht, wo Kilian stecke.
00:25:32
Mit seinem Verschwinden habe er jedenfalls nichts zu tun und von Manfred spricht er in den höchsten Tönen.
00:25:37
Aber damit geben sich die Beamtinnen nicht zufrieden.
00:25:40
Immer und immer wieder stellen sie Karl-Heinz dieselben Fragen.
00:25:44
Zu der Leiche, die offenbar zweimal verbrannt wurde, einmal als Karl-Heinz im Krematorium dabei war.
00:25:49
Zu Manfred und zu seinem ehemaligen Unternehmen, das Manfred in die Insolvenz getrieben hat.
00:25:55
Und irgendwann fängt die Fassade des zunehmend kleinlauteren Mannes an zu bröckeln.
00:26:00
Und als sie einmal eingerissen ist, kommt zum Vorschein, was jahrelang tief in ihm vergraben war und ihn zu einem Menschen gemacht hat, der er nie sein wollte.
00:26:09
Dabei hat er alles so gut angefangen.
00:26:12
Als Karl-Heinz das Bestattungsinstitut seiner Eltern in den 90ern übernimmt, will er expandieren und ein Krematorium bauen.
00:26:18
Doch für seine großen Pläne gibt er in kurzer Zeit viel zu viel Geld aus.
00:26:22
So viel, dass er jemanden braucht, der ihm bei der Finanzierung des Krematoriums helfen kann.
00:26:27
Ein Geldgeber sozusagen.
00:26:28
Und so tritt vor knapp zehn Jahren Manfred in sein Leben.
00:26:32
Ein Mitarbeiter der Bausparkasse macht sie miteinander bekannt, weil Manfred offenbar gute Kontakte zu amerikanischen Banken hat.
00:26:38
Doch statt ihn mit Banken zu verknüpfen, schlägt Manfred Karl-Heinz etwas anderes vor.
00:26:43
Karl-Heinz solle doch seine, also Manfreds Ehefrau, zur Teilhaberin seiner Firma machen, damit Karl-Heinz sich selbst mehr um die Planung des Krematoriums kümmern könne.
00:26:53
Manfred mit seiner selbstbewussten Art ist sehr überzeugend.
00:26:56
So überzeugend, dass Karl-Heinz Manfreds Frau tatsächlich zur Teilhaberin macht.
00:27:00
Doch von da an geht alles nur noch abwärts.
00:27:03
Denn mehr Geld kommt ja trotzdem nicht rein.
00:27:06
Und so muss Karl-Heinz schon ein Jahr später die gesamte Firma an seine Teilhaberin, Manfreds Ehefrau, verkaufen.
00:27:12
Und die setzt mit sofortiger Wirkung ihren Mann als Geschäftsführer ein.
00:27:17
Karl-Heinz hingegen wird vom Inhaber zum Angestellten.
00:27:20
Und das, obwohl er sein gesamtes Vermögen ins Familienunternehmen gesteckt hat.
00:27:24
Ein Familienunternehmen, das unter der Führung von Manfred schon ein Jahr später Insolvenz anmelden muss und Karl-Heinz arbeitslos macht.
00:27:31
Nichts bleibt ihm übrig.
00:27:33
Weder die Firma noch sein Arbeitsplatz.
00:27:35
Und danach geht es auch privat bergab.
00:27:38
Weil Karl-Heinz sich so hoch verschuldet hat, kann er den Kredit auf sein Wohnhaus nicht mehr bezahlen.
00:27:42
Die Bank droht ihm deshalb mit einer Zwangsversteigerung und sperrt seine Konten.
00:27:46
Aus Verzweiflung und in der Hoffnung, zumindest sein Zuhause retten zu können, macht Karl-Heinz den Nächsten, die er mit Manfred.
00:27:53
Der will ihm sein Haus zu einem Restpreis von 300.000 Euro abkaufen, um die Zwangsversteigerung aufzuhalten.
00:27:59
Karl-Heinz dürfe erstmal dort wohnen bleiben.
00:28:02
Und wenn er finanziell besser aufgestellt sei, könne er es ja zurückkaufen.
00:28:06
Karl-Heinz ist dankbar und willigt ein.
00:28:08
Nur die Zahlung bleibt aus.
00:28:10
Die nächsten vier Jahre lang vertröstet Manfred Karl-Heinz immer wieder, bis schließlich der Zwangsvollstrecker an Karl-Heinz Tür klopft.
00:28:17
2004 wird sein Haus versteigert und Karl-Heinz muss mit 49 Jahren wieder zu seiner Mutter in eine kleine Wohnung ziehen, die sie von ihrer Rente bezahlt.
00:28:25
Und Mann, das ist so sad.
00:28:27
Ja, das ist ganz schlimm.
00:28:29
Man hat sich so viel aufgebaut und so.
00:28:33
Das ist so sein Lebenswerk.
00:28:35
Und dann musst du zurück zur Mutti.
00:28:37
Und die hat ja auch wenig Geld mit der Rente wahrscheinlich.
00:28:41
Das ist wirklich ein Albtraum.
00:28:45
Das ist ein Albtraum.
00:28:46
Ich denke mir immer so, theoretisch kann sowas immer passieren, ne?
00:28:49
Ja, obwohl Karl-Heinz von Manfred in den zehn Jahren, in denen sie sich kennen, nie Geld bekommen hat, weder für sein Haus, noch für sein Unternehmen, noch für die Arbeit, die er dort als Angestellter verrichtet hat, bleibt Karl-Heinz immer an Manfreds Seite.
00:29:03
In der Hoffnung, dass er seine Versprechen irgendwann einlöst und ihm sein Geld zurückzahlt.
00:29:07
Selbst als Karl-Heinz von der R1 das Bestattungsunternehmen übernommen hat, stirbt und Karl-Heinz nicht einmal das Geld hat, um die Sagträger bei ihrer Beerdigung zu bezahlen.
00:29:17
Auch aus der Wohnung, in der sie zusammengelebt haben, muss er ausziehen.
00:29:20
Da erbarmt sich Manfred und bezahlt Karl-Heinz ein Hotel.
00:29:23
Eine günstige Pension in der Nähe.
00:29:26
Karl-Heinz lebt aus dem Koffer in billigen Unterkünften.
00:29:30
Manfred zahlt, dafür ist Karl-Heinz für ihn wie ein Lakai verfügbar.
00:29:33
Manchmal hilft er im Bestattungsunternehmen aus, dass Manfred 2005, fünf Jahre nachdem Karl-Heinz ihm seine Firma verkauft hatte, von Kilian übernommen hat.
00:29:42
Unentgeltlich natürlich.
00:29:43
Und dann, bei einem Hotelaufenthalt in der Umgebung, lernt er 2007 Kilian kennen.
00:29:49
Wir erinnern uns, der ist Anfang 2007 ja wieder in Deutschland, weil er langsam das Gefühl hat, dass Manfred ihn anlügt und gar nicht gegen ihn ermittelt wird.
00:29:59
Und Manfred hat Kilian und Karl-Heinz dann offenbar in derselben Absteige eingebucht und die beiden kommen ins Gespräch.
00:30:04
Die verstehen sich gut.
00:30:06
Zwei Männer, die einst Träume hatten.
00:30:08
Zwei gescheiterte Existenzen.
00:30:10
Zwei Bestatter, völlig mittellos und finanziell abhängig von Manfred.
00:30:14
In einem anderen Leben hätten sie Freunde werden können.
00:30:17
Aber in diesem Leben ist nun einer von ihnen tot, gesteht Karl-Heinz den Beamtinnen und bestätigt endlich, was die Polizei längst vermutet hat.
00:30:26
Kilian wird sich nie wieder am Geburtstag seiner Kinder bei ihnen melden können.
00:30:30
Und er wird auch nie wieder nach Erlangen zurückkommen.
00:30:32
Er wurde getötet.
00:30:33
Und das schon vor mehr als einem Jahr.
00:30:35
Und der Mann, der nun vor ihnen sitzt, gibt an, ganz genau zu wissen, wie und warum Kilian sterben musste.
00:30:44
Karl-Heinz erzählt den Beamtinnen, dass Manfreds Plan feststand.
00:30:47
Kilian sollte sterben, wenn der sich nicht länger wegen des versprochenen Gelds vertrösten lassen würde.
00:30:52
Als Kilian dann am 7. April 2007, einem Samstag, um 14 Uhr wie verabredet, in seinem ehemaligen Büro auftaucht, ist Karl-Heinz aufgeregt.
00:31:01
Denn er ist wesentlicher Bestandteil von Manfreds Plan.
00:31:03
Er soll derjenige sein, der Kilian flötet, sollte er auf sein Geld beharren.
00:31:08
Dafür haben Karl-Heinz und Manfred ein Zeichen ausgemacht.
00:31:11
Als Kilian und Manfred sich an diesem Nachmittag in dem Bestattungsunternehmen gegenüberstehen,
00:31:16
das Manfred von Kilian übernommen hat, ohne ihm je einen Cent dafür zu zahlen,
00:31:20
verlässt Karl-Heinz immer wieder das Büro, um draußen ein Rauchen zu gehen.
00:31:24
Er bekommt trotzdem mit, wie Kilian vehement sein Unternehmen zurückverlangt
00:31:27
und die Diskussion zwischen ihm und Manfred immer hitziger wird.
00:31:31
Manfred sitzt dabei hinter dem Schreibtisch mit Blick zur Tür.
00:31:35
Kilian ihm gegenüber, die Tür im Rücken.
00:31:37
Und Karl-Heinz steht die meiste Zeit an diesem Nachmittag in der Tür und wartet auf Manfreds Zeichen.
00:31:43
Als Karl-Heinz gegen 15 Uhr, etwa eine Stunde nach Beginn des Treffens,
00:31:47
wieder einmal in der Tür steht, nickt Manfred ihm zu.
00:31:49
Das ist sein Zeichen.
00:31:51
Karl-Heinz weiß, was zu tun ist und holt einen knapp zwei Kilo schweren Holzbalken aus dem Sarglager.
00:31:57
Dann schleicht er leise von hinten auf Kilian zu,
00:32:00
holt aus und schlägt mit voller Wucht auf Kilians Schädel ein.
00:32:03
Der 43-Jährige sackt daraufhin auf seinem Stuhl zusammen und ist sofort tot.
00:32:08
Danach stülpt Karl-Heinz mit Manfreds Hilfe Kilian eine Plastiktüte über den Kopf.
00:32:12
Um seinen Hals knoten sie ein Computerkabel und stecken den Toten schließlich samt einem Leichensack in einen Sarg.
00:32:18
Ein Toter in einem Sarg in einem Bestattungsunternehmen.
00:32:21
Selbst wenn jemand Kilians Leiche finden würde, niemand würde sich wundern.
00:32:26
Und so können sich Karl-Heinz und Manfred in Ruhe darüber Gedanken machen, wie sie die Spuren ihrer Tat verwischen.
00:32:31
Und das ist für sie zwei Bestatter viel leichter als für andere.
00:32:35
Denn schon einen Tag später am Ostersonntag ruft abends ein Mann in Manfreds Bestattungsinstitut an.
00:32:41
Sein Stiefvater, Rainer Buchholz, sei verstorben und müsse abgeholt werden, sagt er am Telefon.
00:32:47
Und Manfred wittert seine Chance.
00:32:49
Er holt den Toten ab und kopiert dessen Dokumente, also Sterbeurkunde, Totenschein und den Personalausweis.
00:32:55
Dann macht er sich zunächst auf nach Passau, wo er Kilians Leichnam unter falschem Namen einäschern lässt.
00:33:01
Dort fällt niemandem auf, dass in dem Sarg, in dem ein 80-Jähriger liegen sollte, tatsächlich ein 43-Jähriger liegt.
00:33:07
Kilian geht also unerkannt in Flammen auf und mit ihm die Träume, die er einst hatte.
00:33:13
Zwei Tage später fährt Manfred mit Karl-Heinz nach Aalen, wo er dem Inhaber des Krematoriums ein Ohr abkaut,
00:33:19
während der echte Rainer Buchholz kremiert wird.
00:33:22
Und hier sieht Karl-Heinz, wie Manfred nochmal tief in die Betrüger-Trickkiste greift.
00:33:27
Er hat ein Schreiben mitgenommen, das angeblich von einem Bestattungsunternehmen aus Honolulu stammt.
00:33:32
Auf Wunsch der Angehörigen soll Rainer Buchholz dort beerdigt werden, erklärt Manfred dem Krematorium in Aalen.
00:33:38
Eine Meldung ans Friedhofsamt in Erlangen sei deshalb nicht nötig.
00:33:42
In Aalen glaubt man das. Bestattungen im Ausland kommen immer wieder vor.
00:33:45
Eine Rücksprache mit dem Friedhofsamt ist nicht üblich.
00:33:48
Deshalb bekommt das Friedhofsamt in Erlangen nur von einem Krematorium Bescheid über den Tod von Rainer Buchholz.
00:33:54
Von dem bei Passau, wo eigentlich Kilian verbrannt wurde.
00:33:58
In Erlangen beerdigt wird allerdings nur Rainer.
00:34:00
Kilians Asche streuen Manfred und Karl-Heinz in einen Fluss.
00:34:03
Im selben Fluss, in dem sie auch die Tatwaffe, den Holzbalken, versenken.
00:34:08
Anschließend lassen sie noch den Teppichboden am Tatort austauschen, aus Angst, darauf Blutspuren übersehen zu haben.
00:34:14
Und der Bürostuhl, auf dem Kilian gestorben ist, wird auch entsorgt.
00:34:18
So gibt es keine Tatwaffe mehr, keine DNA-Spuren und keine Leiche.
00:34:23
Das perfekte Verbrechen.
00:34:24
Allerdings nur fast.
00:34:26
Schließlich hat Karl-Heinz den BeamtInnen alles erzählt.
00:34:29
Und so muss er im Februar 2010, knapp eineinhalb Jahre nachdem er erstmals bei der Polizei ausgesagt hat,
00:34:35
wieder vor einem Staatsorgan Platz nehmen.
00:34:38
Diesmal vor dem Schwurgericht in Nürnberg.
00:34:40
Denn dort, in dem eindrucksvollen, sandsteinfarbenen Gebäude,
00:34:43
wird heute der Prozess gegen Manfred, den betrügerischen Bestatter,
00:34:46
und gegen seinen treuen Gehilfen Karl-Heinz eröffnet.
00:34:50
Karl-Heinz trägt ein weißes Hemd, darüber einen hellblauen Pullover,
00:34:53
und er blickt freundlich in die Kameras der zahlreichen MedienvertreterInnen,
00:34:57
die zum Verhandlungsauftakt gekommen sind.
00:34:59
Manfred hat sein graues Haar akkurat in den Nacken zurückgekämmt
00:35:03
und sein Hemd heute ausnahmsweise bis oben hinzugeknöpft.
00:35:06
Darüber trägt er ein schwarzes Sacko und eine passende Krawatte.
00:35:09
Die Augen, die in tiefen Höhlen liegen, sind weit aufgerissen und bewegen sich hektisch durch den Saal.
00:35:15
So, als wolle er nichts verpassen von dem Prozess,
00:35:18
in dem Karl-Heinz und er wegen Mordes angeklagt sind.
00:35:21
Ein Mord, der bereits drei Jahre zurückliegt
00:35:24
und von dem die ErmittlerInnen bis heute keine Tatwaffe und vor allem keine Leiche gefunden haben.
00:35:29
Und trotzdem ist sich die Staatsanwaltschaft sicher,
00:35:31
dass Kilian von den beiden Angeklagten getötet wurde.
00:35:34
Und zwar an Ostern 2007,
00:35:37
Als er im Begriff war, sein Leben wieder in die eigene Hand zu nehmen.
00:35:39
Als er sich einen Anwalt genommen hatte und sich sein Unternehmen von Manfred zurückholen wollte.
00:35:44
Von Kilians Angehörigen wusste niemand von den Deals, die Kilian mit Manfred gemacht hatte.
00:35:50
Und auch nicht von der Abhängigkeit, in der er sich über ein Jahr befand.
00:35:54
Solange, bis er getötet wurde und einfach von dieser Welt verschwunden ist.
00:35:58
Dabei hat Kilian selbst viele Jahre dafür gesorgt,
00:36:01
dass die letzte Reise der Menschen, die er bestattet hat,
00:36:03
nach ihren Vorstellungen abläuft.
00:36:05
Und dass ihre Angehörigen einen möglichst schönen, würdevollen Abschied nehmen können.
00:36:09
Doch als Kilian selbst getötet wurde,
00:36:12
haben die, die ihn bestattet haben, nichts dergleichen für ihn getan.
00:36:15
Und auch nicht für seine Angehörigen.
00:36:17
Kilians Eltern, seine zwei Schwestern und eines seiner Kinder
00:36:21
haben die Nebenklage im Gerichtsprozess angetreten.
00:36:23
Sie hatten zwar zum Schluss kein enges Verhältnis mehr zu ihm,
00:36:27
aber sie waren sich sicher, dass es ihnen gut geht.
00:36:29
Dass er seinen Traum im Ausland lebt.
00:36:31
Und dass er sich eines Tages wieder melden,
00:36:34
vielleicht sogar in die Heimat zurückkommen würde.
00:36:36
Stattdessen mussten sie erfahren,
00:36:37
dass er in seinem ehemaligen Bestattungsinstitut getötet wurde.
00:36:41
Und dass sie ihn nie zu Grabe tragen können.
00:36:43
Dass ihnen der Abschied für immer genommen wurde.
00:36:46
Einem im Saal tut das sichtlich leid.
00:36:49
Karl-Heinz plagt noch immer das schlechte Gewissen
00:36:52
für die grausame Tat, die er bei der Polizei gestanden hat.
00:36:54
Jetzt vor Gericht wiederholt der 53-Jährige seine Aussage
00:36:58
und betont, dass er reinen Tisch machen möchte
00:37:00
und wie leid ihm alles tut.
00:37:02
Anders als Manfred.
00:37:04
Der zischt Karl-Heinz, der vor ihm sitzend aussagt,
00:37:06
immer wieder von hinten zu, dass er ruhig sein soll.
00:37:09
Und dann wieder nimmt er auf seinem Stuhl sitzend
00:37:11
eine überlegende Haltung ein.
00:37:13
So, als wäre er sich keiner schuldbewusst.
00:37:15
Er habe sich nichts vorzuwerfen,
00:37:17
sagt Manfred selbst vor Gericht.
00:37:18
Kilian gehe es nämlich gut,
00:37:20
der sei am Leben und im Ausland untergetaucht.
00:37:23
Das Geld für sein Unternehmen habe er Kilian selbstverständlich gezahlt
00:37:26
und Streitigkeiten habe es zwischen ihnen nie gegeben.
00:37:29
Genauso wenig wie ein Mord, für den die Staatsanwaltschaft keine Beweise,
00:37:33
nicht einmal eine Leiche habe.
00:37:34
Den Mord habe sich Karl-Heinz nämlich nur ausgedacht,
00:37:37
um sich an ihm zu rächen, sagt Manfred.
00:37:40
Zwischen ihnen bestand eine, Zitat,
00:37:41
problematische Geschäftsbeziehung, wie Manfred das nennt.
00:37:44
Und aus Wut, Rache und Hass würde ihn Karl-Heinz jetzt zu Unrecht beschuldigen.
00:37:49
Aber warum sollte dieser sich dann auch selbst beschuldigen,
00:37:52
will die Kammer wissen.
00:37:53
Um selbst ins Gefängnis zu kommen, sagt Manfred.
00:37:56
Immerhin sei Karl-Heinz pleite
00:37:57
und das Leben hinter Gittern für ihn umsonst.
00:38:01
aber dass Karl-Heinz deshalb einen Mord erfunden hat,
00:38:04
das glaubt vor Gericht niemand.
00:38:05
Stattdessen macht die Beweisaufnahme vor Gericht Stück für Stück klar,
00:38:09
dass seine Aussagen detailliert und plausibel sind.
00:38:11
Der angeklagte Karl-Heinz konnte die Tat
00:38:14
noch am Tag seines Geständnisses bei der Polizei genau nachstellen.
00:38:17
Er ist mit der Kripo in die Büroräume des Bestattungsinstituts gefahren
00:38:20
und hat im Sarglager gezeigt, wo er den Holzbalken her hatte.
00:38:23
Oben im Büro hat er dann nachgestellt,
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wie er damit ausgeholt und auf Kilians Kopf eingeschlagen hat.
00:38:28
Er hat genau geschrieben, wie die Verletzung aussah
00:38:31
und dass nur wenig Blut, dafür aber graue Gehirnmasse ausgetreten ist.
00:38:35
Ein Rechtsmediziner ordnet die Angaben zur Verletzung
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vor Gericht als schlüssig ein.
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Auch das Teppich-Fachgeschäft, das laut Karl-Heinz nach der Tat
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den Boden im Büro erneuert hat, bestätigt den Auftrag.
00:38:45
Und die Betreibenden des Krematoriums in Passau,
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in dem Kilians Leiche verbrannt wurde,
00:38:50
geben vor Gericht zu,
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dass sie die Identität des Opfers nicht mit den Papieren verglichen haben.
00:38:55
Niemand hat den Sarg geöffnet, bevor er zu Asche verfallen ist.
00:38:59
Und das klingt jetzt so, als hätte man einfach vergessen zu gucken,
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ob da der richtige Tote im Sarg liegt.
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Sonst wäre einem vielleicht aufgefallen,
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da liegt kein über 80-Jähriger drin,
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sondern ein Mitte 40-Jähriger.
00:39:10
Aber es ist nicht so, dass das vergessen wurde.
00:39:12
In Bayern ist es nämlich tatsächlich gang und gäbe,
00:39:14
dass der Sarg vor der Einäscherung nicht nochmal geöffnet wird.
00:39:18
Denn die zweite Leichenschau ist dort seit 1970 nicht mehr verpflichtend.
00:39:24
Warum die aber wichtig ist und warum das in diesem Fall hier auch einiges verändert hätte,
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darum geht es jetzt kurz in einem Aha.
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Also gehen wir mal davon aus, dass jemand ganz natürlich stirbt.
00:39:33
Das soll ja auch abseits des Podcasts ab und zu mal passieren.
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Da muss ein Arzt oder eine Ärztin eben den Tod feststellen und die Leichenschau durchführen.
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Die stellen dann den Totenschein aus und kreuzen darauf an,
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ob die Todesursache natürlich, nicht natürlich oder ungeklärt ist.
00:39:49
Das ist eine wichtige Einschätzung, die aber ab und an vorschnell getroffen wird,
00:39:53
wie uns Rechtsmediziner Professor Oliver Peschel von der Ludwig-Maximilian-Universität in München erzählt hat.
00:39:58
Die erste Leichenschau bei uns in Bayern findet, wie im Übrigen auch in allen anderen Bundesländern,
00:40:04
nicht immer unter wirklich optimalen Bedingungen statt.
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Zum Ersten muss man sagen, dass häufig Ärzte mit einer Leichenschau konfrontiert sind,
00:40:12
die die jeweiligen Patienten nicht kennen, also nicht behandelt haben,
00:40:16
also keine wirklich fundierten Kenntnisse über die Krankheitsvorgeschichte dieser jeweiligen Patienten haben.
00:40:22
Zum Zweiten ist es so, dass Leichenschauer oft praktisch tätige Ärzte sind,
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als Allgemeinmediziner, als Internisten, als Fachärzte verschiedenster Disziplinen,
00:40:33
die in erster Linie kurativ tätig sind, aber vergleichsweise selten Leichenschauen durchführen.
00:40:39
Etwas, was man nur selten oder sehr selten macht, wird man logischerweise nicht besonders gut können.
00:40:46
Der dritte Umstand ist, die Leichenschau findet dort statt, wo die Leiche sich befindet.
00:40:52
Das kann in einer Wohnung sein, das kann natürlich auch in einer Klinik sein, da sind die Bedingungen sicherlich gut.
00:40:58
Aber ansonsten sind Sichtbedingungen durch Licht, Lichtquellen,
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Bedingungen für Untersuchungen bei Ableben in der Öffentlichkeit etc., oft sehr, sehr schwierig und sehr problematisch.
00:41:11
Damit muss man umgehen können.
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Dann kommt natürlich noch dazu, dass insbesondere aufgrund der mangelnden Übung
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und der wenig guten Kenntnisse zur Vorgeschichte Leichenschauen häufig nicht sehr sorgfältig,
00:41:26
sehr schnell und gegebenenfalls auch im Beisein von Angehörigen etwas übervorsichtig durchgeführt werden.
00:41:33
Das heißt, häufig unterbleibt hier auch das Entkleiden der Leiche als ganz wesentlicher Umstand für eine solide Untersuchung.
00:41:39
Und das, was unser Experte hier anspricht, das habe ich mir damals auch gedacht,
00:41:42
weil als mein Opa gestorben ist, da hatte ich dann halt erst beim Bestattungsinstitut angerufen.
00:41:47
Die haben mir dann gesagt, was jetzt alles passiert und so.
00:41:49
Und dann kam auch ein Arzt, um den Tod festzustellen.
00:41:52
Und da habe ich mir gedacht, so interessant, also das geht jetzt sehr schnell.
00:41:57
Wie war das denn? Sag mal, was hat der genau gemacht?
00:42:00
Ich wollte ehrlicherweise nicht so genau hingucken.
00:42:02
Also ich glaube, der hat in die Augen geguckt.
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Der Mund von meinem Opa stand eh ganz weit auf, dann als er schon tot war.
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Und genau, also ich meine, das ist nur ein Gefühl,
00:42:12
weil ich kann das natürlich nicht wirklich beurteilen.
00:42:16
Aber ich habe gedacht, könnte man jetzt wirklich anhand dieser kurzen Untersuchung feststellen,
00:42:20
ob ich nicht vorher noch irgendwie eingewirkt habe auf den Opa.
00:42:26
Theoretisch. Oder meine Oma.
00:42:27
Weil der hat den jetzt zum Beispiel nicht ausgezogen und nach Hämatomen oder sowas gesucht.
00:42:33
Nee, also er hat ihn auf jeden Fall nicht komplett ausgezogen.
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Und ich meine, Hämatome hatte er schon, aber weil der halt die letzte Zeit in diesem Krankenbett geschlafen hat,
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der hat viel um sich geschlagen, hat sich viel gestoßen.
00:42:46
Ja, da war meine Überlegung schon, okay, der ist halt 97 und hat Bauchspeicheldrüsenkrebs.
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Klar, die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass das ein natürlicher Tod war.
00:42:55
Aber ich meine, vielleicht habe ich dafür auch zu viele Crime-Podcasts gehört.
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Aber gerade in so einer Zeit fangen dann bei manchen Familien ja auch schon die Streitigkeiten an.
00:43:04
Von wegen, was passiert hier mit dem Erbe, wenn der Opa gegangen ist und so.
00:43:08
Naja, ich will nur sagen, ich kann mir gut vorstellen, dass die Probleme, die unser Experte hier anspricht, tatsächlich auch existieren.
00:43:15
Etwa 700 bis 800 Tötungsdelikte werden in Deutschland pro Jahr festgestellt, sagt Peschel.
00:43:21
1200 bis 2400 weitere bleiben laut ihm und laut anderen RechtsmedizinerInnen aber unerkannt.
00:43:29
Und das wären einfach ja nochmal zwei bis drei Mal mehr Tötungsdelikte.
00:43:34
Und das ist schon eine bedeutende Zahl, ja.
00:43:38
Und in Bayern könnte die Zahl der unentdeckten Tötungen eben am höchsten sein, vermuten RechtsmedizinerInnen,
00:43:44
weil da vor der Feuerbestattung auch keine zweite Leichenschau mehr durchgeführt wird, so wie im Rest Deutschlands.
00:43:50
Und so könnten eben wichtige Hinweise auf Verbrechen bei der Kremierung in Flammen aufgehen.
00:43:55
Wir haben beim Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention gefragt, warum keine zweite Leichenschau gemacht wird.
00:44:01
Und ein Ministeriumssprecher hat uns dann darüber aufgeklärt, dass die früher einmal verpflichtend war und dann aber,
00:44:08
1970, also vor mehr als 50 Jahren, abgeschafft wurde.
00:44:11
Und der Grund dafür ist irgendwie absurd, weil offenbar waren diese zweiten Leichenschauen damals in Bayern öffentlich zugänglich.
00:44:19
Und der Andrang von BesucherInnen, also jetzt zum Beispiel Medizinstudierenden oder True-Crime-Podcast-HörerInnen, wenn es die in dem Zeitraum um die 60er Jahre rum schon gegeben hätte, dann wäre der sicherlich sehr groß gewesen, ja.
00:44:34
Und das hat dann damals halt regelmäßig den Rahmen gesprengt.
00:44:37
Und statt die Öffentlichkeit dann aber auszuschließen, hat man die zweite Leichenschau 1970 einfach ganz abgeschafft.
00:44:45
So hat es uns der Ministeriumssprecher erzählt.
00:44:47
Unser Experte Oliver Peschel hat im Interview aber betont, wie wichtig es wäre, diese zweite Leichenschau wieder einzuführen.
00:44:55
Wir haben in Bayern als einziges Bundesland keine zweite Leichenschau vor der Kremation.
00:45:01
Das ist im Grunde genommen ein vollkommen untragbarer Umstand.
00:45:06
Und zwar aus folgenden Gründen.
00:45:07
Grund eins ist, wir wissen aus Studien, dass die Todesursachen, die von Ärzten bei der Leichenschau in die Todesbescheinigung eingetragen werden, in etwa der Hälfte der Fälle nicht stimmen, wenn man sie durch eine Obduktion kontrolliert.
00:45:24
Also etwa die Hälfte der Todesursachen, die in den Todesbescheinigungen drinstehen, sind falsch.
00:45:29
Das ist nicht unbedingt Schuld der Ärzte. Das hat ganz unterschiedliche und verschiedene Umstände.
00:45:35
Zum Zweiten ist durch eine Kremation natürlich jede Möglichkeit verhindert, eventuelle Nachuntersuchungen, falls im Nachgang, nach dem Ableben der Person noch irgendwelche Vorwürfe offenbar werden, prüfen zu können.
00:45:48
Wenn Sie eine Leiche beerdigen, können Sie die nach kürzerer oder auch längerer Zeit noch exhumieren.
00:45:53
Nach einer Kremation ist eine weitere Untersuchung, auch toxikologische Untersuchung auf Gifte zum Beispiel, vollkommen aussichtslos.
00:46:02
Das heißt also, es ist hier besonders sinnvoll, einen zweiten geschulten Blick auf den Leichnam zu werfen, bevor der nun tatsächlich ins Krematorium geht.
00:46:11
Dass die Hälfte aller ausgestellten Totenscheine falsch sind, davon sind auch andere RechtsmedizinerInnen überzeugt.
00:46:17
Egal, ob die natürliche Todesursache jetzt falsch angegeben wird oder statt einem Tötungsdelikt eben fälschlicherweise von einem Unfall oder beispielsweise von einem Suizid ausgegangen wird.
00:46:29
Auch deshalb wird die Todesursache in allen anderen Bundesländern vor der Feuerbestattung durch eine zweite Leichenschau kontrolliert.
00:46:35
So steht es dort im Bestattungsgesetz.
00:46:37
Aber das Bestattungsgesetz ist eben Ländersache und Bayern handhabt das anders, zumindest bis jetzt.
00:46:44
Denn inzwischen haben sich zahlreiche RechtsmedizinerInnen, darunter auch Peschel, dafür eingesetzt, dass die zweite Leichenschau auch dort verpflichtend wird,
00:46:52
damit so wenig Tötungsdelikte übersehen werden wie möglich.
00:46:54
2019 hat der Bayerische Landtag das dann auch beschlossen und eingeräumt, dass es eine Kontrolle für die erste Leichenschau braucht.
00:47:00
Nur die Umsetzung lässt auf sich warten.
00:47:03
Ursprünglich sollte die Änderung der Bestattungsverordnung am 1. Januar 2023 in Kraft treten.
00:47:08
Dann wurde der Termin auf 24 verschoben und inzwischen heißt es April 25.
00:47:14
Das hat uns ein Sprecher des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit, Pflege und Prävention auf Anfrage bestätigt.
00:47:20
Grund für die Verschiebung war laut dem Sprecher die aufwendige Organisation.
00:47:23
Unter anderem, dass man erstmal ausreichend viele Ärzte und Ärztinnen gewinnen musste, die die zweite Leichenschau dann durchführen können.
00:47:30
Also, long story short, es wird sich was ändern.
00:47:34
Aber wenn man bedenkt, dass unser Fall hier schon über zehn Jahre her ist und Manfred Kilians Leiche extra in Bayern verbrannt hat, weil er wusste, dass da niemand nachschauen würde, ob der richtige Tode da im Sarg liegt, weil er eben ausgenutzt hat, dass es keine zweite Leichenschau gibt, dann ist es eigentlich schon unglaublich, dass das so lange dauert, bis das jetzt endlich mal eingeführt wird.
00:47:55
Aber zurück in den Gerichtssaal und zur Frage, wieso hat Karl-Heinz für Manfred ein Verbrechen begangen, obwohl der ihn nach Strich und Faden ausgenommen hat?
00:48:05
Das kann niemand nachvollziehen. Dabei ist die Antwort simpel. Manfred ist ein begabter Betrüger und hat sein Handwerk jahrelang perfektioniert. Das zeigt seine Biografie.
00:48:15
Manfred war nie Diplomatensohn, wie er behauptet hat. Den höchsten akademischen Grad, den er erreicht hat, ist sein Hauptschulabschluss.
00:48:23
Eine Lehre als Koch hat er hingeschmissen, danach war er immer DJ, aber ernsthaft gearbeitet hat er nie.
00:48:28
Stattdessen saß er schon in den 90ern zweimal wegen Betrugs im Gefängnis.
00:48:32
Einmal, weil er einer wohlhabenden Lehrerin mehr als 300.000 Mark aus der Tasche gezogen und sie in dem Glauben gelassen hat, er würde ihr Geld vermehren.
00:48:40
Sogar ein Anwesen in Nizza wollte sie ihm abkaufen, bevor rauskam, dass er das Haus selbst nur gemietet hatte.
00:48:46
Die Frau nahm Manfred seine Lügen ab, weil er gut reden kann. Weil er stark darin ist, die Schwächen von Menschen zu durchschauen.
00:48:53
Und sie gezielt auszunutzen. Das sagen mehrere ZeugInnen vor Gericht aus.
00:48:57
Und zum selben Schluss kommt auch ein psychiatrischer Sachverständiger, der die Akten studiert und je einen Tag in der JVA mit Manfred und Karl-Heinz verbracht hat.
00:49:06
Manfred habe eine Gabe, Menschen zu manipulieren und sie um den Finger zu wickeln, sagt der Experte.
00:49:11
So lange, bis sie tun, was Manfred möchte.
00:49:15
Er rede viel und ausschweifend.
00:49:16
Dabei zeige sich ein gesteigertes Geltungsbedürfnis und die Tendenz, sich selbst in ein besonderes Licht zu stellen.
00:49:22
Aber Manfreds Aussagen bleiben stets vage.
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So schafft er es, große Luftschlösser in den Köpfen von anderen Menschen zu bauen und sie hinzuhalten und auszunehmen,
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bis die Schlösser im Winde verwehen und die Menschen finanziell von ihm abhängig sind.
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Für seine Masche sucht er sich labile Personen aus.
00:49:38
Menschen wie Karl-Heinz.
00:49:40
Der sei charakterschwach.
00:49:42
Und halt der Sachverständige, das ist ja auch gemein, charakterschwach.
00:49:46
So, was sagt man vor Gericht?
00:49:49
Aber ich meine, das ist er ja auch irgendwie.
00:49:54
Also der macht alles, was Manfred ihm sagt, obwohl der Manfred jetzt nicht wirklich was gegen den in der Hand hat.
00:50:02
Also Karl-Heinz will noch Geld von Manfred, aber es ist ja nicht so wie bei Kilian.
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Bei dem war das ja ein bisschen anders.
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Aber Karl-Heinz kommt mir halt wirklich vor wie so eine Marionette.
00:50:12
Naja, auf jeden Fall bestätigt er damit, was Karl-Heinz ehemalige Angestellten über ihn gesagt haben.
00:50:16
Ein Mitarbeiter des Bestattungsinstituts erinnert sich vor Gericht daran,
00:50:20
dass Manfred, der neue Chef, Karl-Heinz, dem alten Chef, einmal vor seinen Augen ins Essen gespuckt
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und gesagt habe, dass Karl-Heinz verrecken solle.
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Manfred sei kein Mensch gewesen, sondern ein Monster und er habe Karl-Heinz wie Dreck behandelt, sagt der Zeuge.
00:50:34
Karl-Heinz habe sich dadurch verändert.
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Zuletzt sei er nur noch ein Schatten seiner selbst gewesen.
00:50:40
Ein Schatten, der hinter Manfred hergehuscht ist.
00:50:43
Schweigsam und leer.
00:50:44
Dabei habe Karl-Heinz auch narzisstische Züge, sagt der psychiatrische Sachverständige.
00:50:49
Der Angeklagte tendiere zu Größenideen.
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Beispielhaft nennt der Psychiater den Bau eines Krematoriums, von dem Karl-Heinz eins geträumt hatte.
00:50:57
Damit habe er sich übernommen, vor allem finanziell.
00:51:01
Dann hat er Manfred kennengelernt, von dem er glaubte, dass er seine Rettung sein könnte.
00:51:04
Doch das Gegenteil ist eingetreten.
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Aber Karl-Heinz habe nicht einsehen wollen, dass er gescheitert ist.
00:51:10
Stattdessen habe er sich an der Hoffnung festgehalten, dass sich seine Situation noch verbessern würde.
00:51:15
Dass er doch noch sein Geld von Manfred bekommen würde.
00:51:17
Und hoffnungsvoll hat er sich deshalb an den Betrüger gebunden.
00:51:20
Hat mehr als fünf Jahre lang seine Drecksarbeit gemacht.
00:51:24
Er hat sogar einen Menschen getötet, im Wunschdenken doch noch dafür entlohnt zu werden.
00:51:28
Aber, und das sagt der Sachverständige eindeutig, Karl-Heinz hätte jederzeit aufhören können.
00:51:34
Es bestand keine krankhafte Bindung zwischen ihm.
00:51:36
Und keiner von beiden habe eine Persönlichkeitsstörung.
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Wenn sich Karl-Heinz seinen Scheitern eingestanden hätte, dann hätte er sich von Manfred lösen können.
00:51:44
Spätestens als die Tötung von Kilian im Raum stand, wäre das an der Zeit gewesen.
00:51:49
Aber Manfred und Karl-Heinz haben miteinander funktioniert wie ein Schlüssel-Schloss-Prinzip.
00:51:54
Manfred wusste, welche Knöpfe er drücken musste, um seinen Willen zu bekommen.
00:51:58
Deshalb ist Kilian heute tot.
00:52:00
Und dafür müssen die Angeklagten verurteilt werden.
00:52:03
So viel steht am Ende des letzten Prozestages fest.
00:52:07
Als das Urteil verkündet wird, ist es März geworden.
00:52:09
Anderthalb Monate wurde vor Gericht verhandelt.
00:52:12
Und noch immer ist das Medieninteresse um den fast perfekten Mord, wie er in der Presse genannt wird, riesig.
00:52:17
So groß sogar, dass die Menschen, die zur Urteilsverkündung ins Gericht gekommen sind,
00:52:21
nicht alle in den dafür vorgesehenen Saal passen.
00:52:24
Menschen, die nicht mehr reinkommen, versuchen deshalb kurzerhand die Türen des Raumes aus den Angeln zu nehmen.
00:52:29
Wachtmeister müssen einschreiten, um den Aufruhr zu beenden.
00:52:33
Der vorsitzende Richter entscheidet darauf hin, dass die Türen nicht aus den Angeln gehoben werden,
00:52:37
dafür aber offen stehen bleiben dürfen, während er das Urteil bekannt gibt.
00:52:41
Wir haben in diesem Prozess Unglaubliches gehört, sagt er dann.
00:52:45
Von zwei Männern, die sich von Versprechungen leiten ließen, die ins Reich der Fantasie gehören.
00:52:50
Und von einem durchtriebenen Betrüger und Menschenverführer, dem Kilian, im Weg war.
00:52:56
Manfred und Karl-Heinz sind voll schuldfähig, verkündet der Richter.
00:53:00
Er sieht keinen Anhaltspunkt für eine Tat im Affekt, sondern eine vorsätzliche Tat.
00:53:04
Ein Mord, den die Angeklagten gemeinsam und heimtückisch begangen haben.
00:53:08
Aber es gibt einen wichtigen Unterschied zwischen den beiden Tätern.
00:53:11
Denn nur im Fall von Manfred beheert die Kammer auch noch das Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe.
00:53:16
Denn nur er hat Kilian mit seinen Lügen in eine beinahe ausweglose Situation gebracht.
00:53:21
Und als Kilian sich daraus befreien wollte, wollte Manfred ihn loswerden.
00:53:25
Dafür wird der 53-Jährige, der ohne erkennbare Regierung auf der Anklagebank sitzt,
00:53:29
zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt.
00:53:32
Die einzige Haftstrafe, die das deutsche Gesetz für einen Mord vorsieht.
00:53:36
Zumindest normalerweise.
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Was Karl-Heinz betrifft, macht das Gericht von § 46b Gebrauch, die sogenannte Kronzeugenregelung.
00:53:44
Ohne Karl-Heinz Aussagebereitschaft hätte der Mord an Kilian wahrscheinlich nie aufgeklärt werden können.
00:53:50
Deshalb hält das Gericht in Karl-Heinz Fall eine mildere Strafe für angemessen.
00:53:54
Nur 13 Jahre soll er ins Gefängnis, urteilt die Kammer.
00:53:57
Ganz zum Unmut von Manfred.
00:53:59
Dessen Anwältin kündigt nach Prozessende an, alles zu tun, um das Urteil anzufechten
00:54:04
und doch noch einen Freispruch für ihren Mandanten zu erwirken.
00:54:07
Doch der BGH macht dem Verurteilten einen Strich durch die Rechnung.
00:54:11
In Karlsruhe wird seine Revision verworfen und Manfred muss sein Leben im Luxus
00:54:16
gegen eine lange Zeit hinter Gittern eintauschen.
00:54:20
Gleich wird Manfred, der heute fast 70 Jahre alt sein müsste, in seinem Leben wahrscheinlich nicht mehr.
00:54:24
Und auch Kai-Heinz hat seinen Traum vom Krematorium wahrscheinlich inzwischen beerdigt.
00:54:29
Dafür sind die beiden zur Inspiration für einen Fernsehfilm geworden, der 2023 gedreht wurde.
00:54:35
Tod sicher heißt der fränkische Streifen, in dem zwei Bestatter einen dritten im Affekt erschlagen
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und auf dieselbe Art und Weise wie Manfred und Kai-Heinz verschwinden lassen.
00:54:44
Eine Tragikomödie, sagt der Regisseur auf seiner Webseite.
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Im Film mag das sein.
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Im echten Leben überwiegt die Tragik.
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Denn an Kilian erinnert heute nur ein Gedenkstein auf dem Erlanger Zentralfriedhof.
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Zwei betende Hände aus Messing sind in den Stein eingelassen.
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Daneben ein Bild des Mannes, der viele Jahre seines Lebens der Bestattung von Menschen gewidmet hat
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und selbst nie anständig zu Grabe getragen wurde.
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Ein Mann, der mehr aus seinem Leben machen wollte und er dafür bitter bezahlt hat.
00:55:12
Kilians Träume sind mit ihm zusammen zur Asche zerfallen,
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nachdem er mehr als ein Jahr lang allein in Hotels gelebt hat.
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Isoliert von allen, die er liebte.
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Ein Leben in Abhängigkeit und Einsamkeit.
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Das ist kein Traum.
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Das ist die traurige Wahrheit.
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Und ich finde das wie immer total gruselig,
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dass ein Mensch andere Menschen so doll beeinflussen kann
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mit Geschichten und mit Lügen und mit seinem Auftreten,
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dass sowas entstehen kann.
00:55:45
Also, dass Kilian sich so in die Enge getrieben geführt hat,
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dass er halt dieses schreckliche Leben da geführt hat
00:55:52
und dass Karl-Heinz sich sogar auf einen Mord eingelassen hat.
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Und hier will ich auf keinen Fall sagen,
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dass Karl-Heinz Seitz eigentlich keine Schuld hätte oder so.
00:56:02
Ich will einfach nur sagen,
00:56:04
dass mich das immer wieder so erschreckt,
00:56:05
wenn man dann so Dynamiken zwischen den Menschen aufdeckt.
00:56:08
Ich finde es halt erstaunlich,
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dass solche Leute wie Manfred immer dann diese Leute finden,
00:56:14
dass die so ein Gespür haben für Leute wie Karl-Heinz,
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die so leicht biegsam sind und die sie zu Marionetten machen können.
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Und dass die dann auch oft offenbar nicht das richtige Umfeld haben,
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dass die die da rausholen können.
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Weil ich meine, normalerweise würde man sagen,
00:56:31
wenn man ein starkes Umfeld hat oder so,
00:56:33
das schreitet dann nochmal irgendwie ein so als Korrektur,
00:56:36
bevor sowas so endet.
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Was sagst du jetzt zum Strafmaß, also zu den 13 Jahren bei Karl-Heinz?
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Also in diesem Fall finde ich auf jeden Fall die Kronzeugenregelungen hier sinnvoll angewandt.
00:56:49
Ja, weil tatsächlich ist es ja so,
00:56:51
dass man viel davon nicht mehr hätte rekonstruieren können ohne Karl-Heinz.
00:56:55
Nee, also es hört sich wirklich ziemlich nach einem fast perfekten Verbrechen an.
00:57:00
Ja, wenn er nichts gesagt hätte, es gab keine Leiche,
00:57:03
dann hatte das alles da so schlau gedeichselt da mit dem reiner Buchholz und so.
00:57:10
Ja, am Ende ist das, was Manfred eigentlich immer zugute gekommen ist,
00:57:16
dass Karl-Heinz charakterschwach ist und brüchig wird unter Druck,
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das ist ihm selbst am Ende dann aber auch zum Verhängnis geworden,
00:57:24
weil er dem Druck der Beamtinnen nicht standhalten konnte.
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Was ich auch so eklig finde, ist dieses,
00:57:30
der hat ja auch zwischenzeitlich dann mal versucht,
00:57:32
mit Hilfe von Kilian Karl-Heinz aus dem Weg zu schaffen.
00:57:36
Also, dass er dann auch die Drecksarbeit von anderen Menschen so verrichten lassen will.
00:57:44
Ich frage mich halt so ein bisschen, was hat Kilian dazu getrieben,
00:57:48
selbst und alleine zu Manfred ins Bestattungsinstitut zu gehen,
00:57:51
wenn er doch wusste, dass der erstens ein Betrüger ist,
00:57:55
der offenbar wirklich große Dinge dreht und zweitens ja auch schon Angst vor ihm hatte,
00:58:01
weil er seinem Anwalt Bescheid gesagt hat.
00:58:04
Ich glaube einfach, ja, dass der Kilian sich auch in so einer total verzweifelten Lage gesehen hat,
00:58:10
weil er durch Manfred ja auch quasi illegale Sachen getrieben hat mit der Geldwäsche.
00:58:18
Ja, und deswegen hat er sich wahrscheinlich ja auch nicht getraut,
00:58:21
jetzt irgendwie mit der Polizei zusammen dahin zu gehen oder so
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und hat irgendwie gehofft, dass er das jetzt, keine Ahnung,
00:58:28
selbst in die Hand nehmen kann.
00:58:30
Und es ist ja auch irgendwie so schlau von dem Manfred,
00:58:33
dass er halt den Kilian da durch diese illegale Geldwäsche-Aktion
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ja auch nochmal so in seine Fänge noch mehr reingezogen hat.
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Ja, der hat das schon alles schlau gemacht.
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Ja, und auch ihn dann halt über einen so langen Zeitraum zu isolieren,
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auch wieder vom Umfeld, unter dem Vorwand, dass gegen ihn ermittelt wird hier.
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Ja, und genau, du hast recht.
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Also wir wissen es halt leider nicht genau,
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aber Kilian muss auch Dreck am Stecken gehabt haben.
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Also zum einen natürlich die Sache, dass er sich auf diese Geldwäsche eingelassen hat
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und dann aber auch, dass er diese Ermittlungen wegen Kindesmissbrauchs
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da ja für möglich gehalten hat.
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Vielleicht liegt es halt auch daran, dass er das dann in die eigenen Hände nehmen wollte.
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Was ich aber sagen muss ist, nach sechs Jahren Mordlust,
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habe ich ja oft mal das Gefühl, das haben wir doch schon mal erzählt.
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Und das habe ich bei diesem Fall überhaupt nicht gehabt.
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Nächste Woche machen wir hier mit einem Fall weiter,
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der ganz, ganz lange ein Cold Case war.
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Und es gibt Neuigkeiten für alle, die immer noch absolut überhaupt keine Ahnung haben,
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was man an Weihnachten verschenken sollte.
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Da gibt es quasi Tipps von uns.
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Ganz konkrete auch.
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Also Obacht, nächste Folge könnte eure Rettung sein.
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Das war ein Podcast der Partner in Crime.
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Hosts und Produktion Paulina Kraser und Laura Wohlers.
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Redaktion Isabel Mayer und wir.
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Schnitt Pauline Korb.
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Rechtliche Abnahme und Beratung Abel und Kollegen.