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#181 Wieso tust du dir das an?

Willkommen bei Mordlust, einem Podcast der Partner in Crime.
Wir reden hier über wahre Verbrechen und ihre Hintergründe.
Mein Name ist Paulina Kraser.
Und ich bin Laura Wohlers.
In jeder Folge erzählen wir einen bedeutsamen, wahren Kriminalfall nach,
ordnen den für euch ein, erörtern und diskutieren die juristischen,
psychologischen oder auch gesellschaftlichen Aspekte
und sprechen mit Menschen mit Expertise.
Hier geht es um True Crime, also auch um die Schicksale von echten Menschen.
Bitte behaltet das immer im Hinterkopf.
Das machen wir auch, selbst dann, wenn wir zwischendurch mal etwas abschweifen.
Das ist für uns eine Art Comic-Relief, aber natürlich nicht despektierlich gemeint.
So, das ist ja wie angekündigt jetzt die letzte Folge des Jahres.
Und wir haben viel vor heute, also abgesehen von einem wirklich besonderen Fall,
der von sehr tiefen Abgründen einer Ehe handelt,
gibt es auch noch ein paar andere Dinge zu bereden.
Genau, wir müssen hier nachher mal darüber sprechen, wie es nächstes Jahr weitergeht
in Bezug auf den Podcast, aber natürlich auch auf die Tour.
Wir konnten da jetzt leider vorher nicht so viele Infos zu geben,
weil wir da einfach selbst noch auf Informationen warten mussten.
Und dann mussten natürlich auch noch einige Entscheidungen getroffen werden.
Und das hat gedauert.
Und ja, jetzt geht es aber erst mal zu unserem heutigen Fall.
Der ist nämlich auch deshalb so besonders, weil der von einer Hörerin kommt.
Weil wir haben ja vor mittlerweile schon einiger Zeit dazu aufgerufen,
dass wir gerne nochmal HörerInnen-Geschichten von Leuten aus der Community hören wollen.
Und da haben wir wirklich ganz, ganz viele rührende Schicksale gelesen.
Also dafür tausend Dank, also für das Vertrauen, was uns da entgegengebracht wurde,
von denen, die uns da was zugeschickt haben.
Und da sind natürlich auch noch ganz, ganz viele bei,
mit denen wir uns nochmal in Kontakt setzen wollen.
Aber für diese Folge, für die letzte des Jahres,
haben wir uns erst mal für den Fall von Rana entschieden.
Ja, Rana hat uns stundenlang erzählt, was ihr widerfahren ist,
was sie alles ertragen musste.
Und ihre Geschichte zeigt wirklich,
dass man in der allerdunkelsten Stunde seines Lebens
die größte Stärke beweisen kann.
Alle Namen haben wir geändert.
Und die Triggerwarnung findet ihr wie immer in der Folgenbeschreibung.
Sie ist am Ende, sowohl körperlich als auch mental.
Zusammengekauert liegt sie auf dem Sofa in der kleinen Wohnung ihrer Mutter.
Hier, fernab ihres Zuhauses, kann sie endlich ein wenig zur Ruhe kommen,
kann durchatmen, muss keine Angst mehr haben.
Mit geschlossenen Augen lauscht sie dem Radio, das leise im Hintergrund läuft.
Sie erkennt den Song, der gerade gespielt wird,
und der sich anhört, als wäre er für sie geschrieben worden.
Und so füllen sich ihre Augen mit Tränen,
als Apache 207 zum Refrain ansetzt und singt.
Wieso tust du dir das an?
Du sagst, du hältst es aus.
Aber wie lang noch?
Da draußen wartet safe ein echter Mann.
Doch noch nie im Leben warst du so gefangen.
Gott, das ist krank.
Neugierig sitzt Rana vor dem Bildschirm ihres Laptops.
Sie möchte schauen, was es Neues gibt.
Neues auf Facebook.
Das soziale Netzwerk gleicht für die 21-Jährige einem digitalen Wohnzimmer.
Nahezu täglich lockt sie sich hier ein, um sich mit Freundinnen und Bekannten auszutauschen.
An diesem April-Tag 2012 ist Rana gerade dabei, sich durch die neuesten Beiträge durchzuklicken,
als sie eine Nachricht von einem Karim erhält.
Rana ist irritiert.
Karim?
Sie kennt niemanden, der so heißt.
Doch offensichtlich will der Fremde genau das ändern.
Karim schreibt, dass er durch einen Freundschaftsvorschlag auf sie aufmerksam geworden sei,
fragt, ob sie einander kennenlernen wollen und macht ganz deutlich, dass sie ihm gefalle.
Es ist eine Nachricht, die Rana schmeichelt und ihr Ego pusht.
Und das, obwohl sie das eigentlich gar nicht nötig hat.
Rana ist eine selbstbewusste junge Frau.
Wenn sie in den Spiegel schaut und ihre langen, schwarzen Haare,
die großen, dunklen Augen und den Schmollmund betrachtet,
dann gefällt ihr, was sie sieht.
Erst vor wenigen Wochen hat die 21-Jährige ein neues Profilfoto auf Facebook hinterlegt,
auf dem sie, gekleidet in Jeans und schwarzer Lederjacke, ausgelassen in die Kamera lacht.
Es ist ein Bild, auf dem sie sich selbst richtig gut findet
und das offensichtlich auch Karim bewogen hat, ihr zu schreiben.
Interessiert klickt Rana auf sein Profil, um mehr über ihn zu erfahren.
Doch Karim hat weder Fotos hinterlegt, noch andere Beiträge auf seiner Seite,
die ihr verraten, mit was für einem Menschen sie es hier zu tun hat.
Also beschließt Rana es selbst herauszufinden.
Was hat sie schon zu verlieren?
Ja klar, wieso nicht, antwortet sie ihm kurzerhand auf seine Frage nach einem Kennenlernen.
Rana und Karim beginnen miteinander zu chatten.
Rana erzählt ihm von ihrer kürzlich bestandenen Führerscheinprüfung,
ihrem ersten richtigen Vollzeitjob als Kundenbetreuerin bei einem Versandhändler
und von ihren zwei jüngeren Schwestern und ihrem jüngeren Bruder.
Karim berichtet ihr im Gegenzug, dass er mit seinen 27 Jahren sechs Jahre älter ist als sie,
gelernter Sport- und Fitnesskaufmann ist und seine Eltern, genauso wie Ranas, aus dem Libanon stammen.
Obwohl sie eigentlich nur Smalltalk halten, gefällt Rana der Austausch mit Karim.
Sie genießt die Vorstellung, dass irgendwo ein Mann sitzt, der womöglich ungeduldig auf eine Antwort von ihr wartet.
In den kommenden Tagen schreiben die zwei sich immer wieder Nachrichten.
Stundenlang lässt Rana ihre zarten Finger über die Tastatur gleiten.
Dazu kommen bald auch Telefonate.
Regelmäßig lauscht die 21-Jährige nun Karims Stimme am anderen Ende der Leitung, die für sie vielversprechend klingt.
Sie ist tief und verschafft Rana ein wohltuendes Kribbeln im Bauch.
Zudem beweist Karim Humor. Immer wieder muss Rana über das lachen, was er erzählt.
Und selbst wenn er nichts Lustiges sagt, hat das Dauergrinsen ihr Gesicht fest im Griff und verschafft ihr die Mimik eines liebestrunkenen Teenagers.
Wenige Wochen später.
Aufgeregt geht Rana durch die Straßen Berlin-Charlottenburgs.
Die hohen Keilabsatzschuhe, in die sie geschlüpft ist, drosseln ihr Tempo ein wenig.
Doch sie ist ohnehin früh genug losgegangen, um pünktlich zu sein.
Rana ist verabredet mit Karim.
Nachdem die beiden in den vergangenen Wochen täglich Kontakt hatten, treffen sie heute das erste Mal persönlich aufeinander.
Die 21-Jährige hat sich dafür in Schale geworfen und ihr aktuelles Lieblingsoutfit angezogen.
Ein korallfarbenes Etui-Kleid mit schwarzem Rockteil.
Und auch Nagellack und Lippenstift hat sie farblich passend dazu abgestimmt.
Je näher Rana dem Richard-Wagner-Platz kommt, wo sie und Karim sich treffen wollen, desto schneller schlägt ihr Herz.
Rana ist aufgeregt.
Noch immer hat sie keine Ahnung, wie Karim aussieht.
Und obwohl die Optik für sie keinesfalls das wichtigste bei einem Mann ist, muss sie sich nun eingestehen, ziemlich neugierig zu sein.
Als Rana am Treffpunkt ankommt, fällt ihr Blick auf einen großen, breitschultrigen Mann, der sie erwartungsvoll anschaut.
Und als er ihr ein Lächeln schenkt, ist Rana klar.
Er wartet auf sie.
Die 21-Jährige ist hin und weg.
Vor ihr steht ein Mann, der sie an eine südländische Version von Barbies Ken erinnert.
Karim hat auffallend blaue Augen, die einen interessanten Kontrast zu seinen dichten schwarzen Haaren bilden.
Für Rana ist jetzt schon klar, er ist einer der attraktivsten Männer, die sie jemals gesehen hat.
Der 27-Jährige reicht ihr zur Begrüßung die Hand.
Eine zurückhaltende, gar förmliche Geste, die Rana unter anderen Umständen amüsieren würde.
Aber heute nicht.
Gemeinsam betreten die beiden eine nahegelegene Shisha-Bar.
Inmitten einer Dampfwolke, die nach Apfel riecht, nippt Rana still und verlegen an ihrem Cocktail.
Eigentlich ist sie offen und extrovertiert, allerdings hat Karims Äußeres sie zugegebenermaßen etwas eingeschüchtert.
Doch Rana taut schnell auf.
Der 27-Jährige erweist sich auch im realen Leben als sympathisch, humorvoll und kommunikativ.
Nicht einmal gibt es eine unangenehme Gesprächspause zwischen den beiden.
Nicht einmal sagt Karim etwas, das Ranas positiven Eindruck von ihm schmälert.
Im Gegenteil, er bringt Rana zum Lachen und gibt ihr ein gutes Gefühl,
sodass sie ihm sogar von dem Tod ihres Vaters erzählt, bei dem sie erst 13 war.
Nach einiger Zeit verlassen sie die Shisha-Bar, um noch einen gemeinsamen Spaziergang zu machen.
Und als sie sich schließlich verabschieden, hat Rana nur eines im Kopf.
Sie hofft, Karim schon bald wiederzusehen.
Seit dem Abend in der Shisha-Bar muss Rana ständig an Karim denken.
Immer wieder spielt sie gedanklich ihr Date durch und hat sein Gesicht vor Augen, das für sie aussieht wie gemalt.
Rana ist verknallt, daran gibt es keinen Zweifel.
Karim hat sie schlichtweg in seinen Bann gezogen und die Begeisterung scheint auf Gegenseitigkeit zu beruhen.
In den kommenden Wochen schlägt der 27-Jährige immer wieder vor, sich zu treffen.
Es sind Verabredungen, in denen er sich als perfekter Gentleman gibt, als aufmerksamer Zuhörer und humorvoller Entertainer.
Jedes Mal, wenn Rana von einem Treffen zurück nach Hause kehrt, zählt sich ein weiterer Schmetterling zu dem Schwarm in ihrem Bauch dazu.
Und nur wenige Wochen nach ihrem Kennenlernen stellt Rana Karim auch schon ihrer Mutter vor.
Als Rana beobachtet, wie die beiden sich angeregt unterhalten und zusammen lachen, kommt ihr ein Gedanke.
Karim könnte der Mann werden, mit dem sie sich ihren größten Traum erfüllen könnte, Mutter sein.
Bereits als kleines Mädchen hat sie Babys geliebt und Neugeborenen innerhalb der Familie ihre ganze Aufmerksamkeit geschenkt.
Kinder sind für Rana einfach das Größte und obwohl sie erst 21 ist, kann sie es bereits jetzt kaum erwarten,
eines Tages ihr kleines Minimi im Arm zu halten und es zum Mittelpunkt ihres Lebens zu machen.
Es ist eine Vorstellung, die Rana jedes Mal ein Lächeln ins Gesicht zaubert und in der Karim nun einen festen Platz hat.
Ein halbes Jahr später.
Der Stoff des königsblauen Ballkleides liegt eng an Ranas schmalem Körper an.
Die Strasssteine, die den Stoff ober und unterhalb der Brust verzieren, funkeln mit den pompösen Klunkern, die von ihren Ohren baumeln um die Wette.
Und das Make-up, das sie trägt, ist ebenso auffällig wie die topierte Lockenfrisur, die eine Stylistin ihr verpasst hat.
Dass die inzwischen 22-Jährige so zurechtgemacht ist, hat einen Grund.
Heute findet ihre islamische Verlobungsfeier statt.
Etwa sechs Monate nach ihrem ersten Kennenlernen gehen sie und Karim den nächsten Schritt und bekennen sich offiziell zueinander.
Obwohl der Glaube in Ranas Leben gar keine große Rolle spielt.
Doch einige Traditionen ihrer Religion liegen ihr am Herzen, zu denen auch die heutige Zeremonie gehört.
Während die Männer im Wohnzimmer versammelt sind, sitzt Rana an der Seite ihrer Mutter, ihrer zwei jüngeren Schwestern und ihrer zukünftigen Schwiegermutter in ihrem Elternschlafzimmer.
Sie ist aufgeregt, versucht sich das jedoch nicht anmerken zu lassen.
Dann öffnet sich die Tür und Karim tritt hinein, gemeinsam mit einem Hotjar.
Der islamische Gelehrte ist hier, um Rana die Frage aller Fragen zu stellen.
Er möchte wissen, ob sie Karim heiraten möchte.
Insgesamt dreimal, fragt er und erst beim dritten Mal, so sieht es die Tradition vor, antwortet Rana mit Ja.
Und wie sie will.
Kurz darauf setzt sie ihre Unterschrift auf den islamischen Ehevertrag, der vor ihr liegt.
Ein Dokument, das in Deutschland zwar keine Rechtsgültigkeit hat, bei islamischen Verlobungen jedoch üblich ist.
Rana unterschreibt direkt neben der Signatur von Karim.
Unter dem Applaus ihrer Familien fallen Rana und Karim sich in die Arme.
Rana ist überglücklich, Karim ab sofort als ihren Verlobten bezeichnen zu können.
Ihr Alltag spielt sich fortan auf Wolke 7 ab.
Die rosarote Brille sitzt fest auf ihrer Nase.
Daher denkt sie sich zunächst auch nicht viel dabei, als Karim kurz nach ihrer Verlobung beginnt, sie immer mal wieder zu kritisieren.
Der mittlerweile 28-Jährige macht zum Beispiel klar, dass ihm Ranas Kleidungsstil nicht gefällt.
Sie solle sich nicht so offen zeigen und bedeckter anziehen.
Rana ist irritiert.
Als freizügig hat sie ihre Garderobe nie empfunden.
Sie würde sich eher als modisch bezeichnen und hatte gedacht, das würde Karim gefallen.
Rana beschließt, diesen Aussagen nicht viel Bedeutung zuzumessen.
Vermutlich meint Karim ist gar nicht böse, sondern ist einfach etwas eifersüchtig, wenn andere Männer ihr hinterher gucken.
Um ihm ein besseres Gefühl zu geben, greift Rana fortan nur noch zu langärmlichen weiteren Oberteilen und lässt die Figur betonten knappen Kleidungsstücke im Schrank.
Doch dankbar zeigt sich ihr Verlobler nicht.
Im Gegenteil.
Nur wenige Wochen nach ihrer Verlobung berichtet Karim Rana von einer Unterhaltung mit einem seiner Cousins.
Der Cousin habe immer gedacht, dass Karim einmal eine schönere Frau heiraten werde.
Es ist eine Äußerung, die Rana einen Stich versetzt.
Warum erzählt Karim ihr sowas?
Doch der 28-Jährige setzt noch eins drauf.
Wenn er gewollt hätte, hätte er wirklich eine attraktivere Partnerin finden können, sagt der Rana trocken und macht ihr klar, dass sie dankbar sein müsse, dass ein Mann wie er sich für eine Frau wie sie interessiert.
Boah, das ist so unmöglich.
Schweigsam und in Schockstarre steht Rana einfach nur da.
Unter anderen Umständen würde sie für sich einstehen und Karim in seine Schranken weisen.
Doch sie kann nicht.
Sie ist zu entsetzt, zu traurig, zu verletzt.
Und es ist, als hätten ihr all diese negativen Gefühle die Stimme genommen.
Und sowas hatten wir doch alle schon mal, oder?
Also ich meine, da ist man manchmal vorschnell zu urteilen von wegen, ja, warum lässt man sich das gefallen oder so.
Aber gerade wenn es irgendwie um die Person geht, die man liebt und wenn von der dann sowas kommt, da ist man ja erstmal perplex.
Ja, weil man ja auch sonst, wenn es eine Person ist, die man liebt, auf deren Meinung was gibt und dann natürlich in dem Moment vielleicht auch nicht nur geschockt ist, sondern auch unsicher.
Ja, klar.
Weil man dann denkt, okay, vielleicht stimmt es doch, was er sagt.
Ja.
Karims schmerzhafte Aussage bleibt aber kein verbaler Ausrutscher.
Immer wieder kommentiert er von nun an negativ Ranas Aussehen.
Und das hinterlässt bei ihr Spuren.
Die 22-Jährige, die stets zufrieden mit sich war, beginnt nun sich unsicher im Spiegel zu betrachten.
Hat Karim vielleicht recht?
Ist die seiner eigentlich gar nicht würdig?
Wäre eine ihrer Freundinnen in dieser Situation, würde Rana ihr raten, die Reißleine zu ziehen.
Doch für sie selbst ist das in dem Moment keine Option.
Die Verlobung mit Karim aufzulösen kommt für Rana nicht in Frage.
Denn auch wenn Karim längst nicht mehr nur wohlwollende Worte für sie übrig hat, ist Rana nach wie vor davon überzeugt, dass er der Richtige für sie ist.
Der Mann, den sie heiraten will.
Wie das jedoch ablaufen soll, da sind sich Rana und Karim uneinig.
Als die beiden sich bald darauf gemeinsam hinsetzen, um über die Hochzeit zu sprechen, beginnt die 22-Jährige all ihre kleinen Mädchenträume aufzuzählen.
Mit leuchtenden Augen erzählt Rana, dass sie sich eine große Märchenhochzeit wünscht, bei der sie ein weißes Kleid tragen und die ganze Familie da sein wird.
Außerdem möchte sie Karim unbedingt standesamtlich heiraten, damit ihre Ehe rechtskräftig wird.
Doch was Rana will, das ist Karim offensichtlich egal.
Ohne ins Detail zu gehen, macht er ihr klar, dass aus ihren Träumen nichts wird.
Es wird weder eine standesamtliche Heirat noch eine Feier mit viel Tamtam geben.
Karim sagt, dass große Menschenansammlungen nicht sein Ding seien und daher lediglich eine islamische Eheschließung im engsten Kreis in Frage käme.
Die unterschiedlichen Vorstellungen führen immer wieder zu Konflikten zwischen Rana und Karim, sodass der große Tag in weite Ferne rückt.
Erst nach drei Jahren Verlobungszeit schlägt Karim einen Kompromiss vor, dem Rana zustimmt.
Die beiden machen eine Reise auf die Malediven.
Ein einwöchiger Luxusurlaub soll der Ersatz für eine große Hochzeitsfeier werden.
Noch immer ist Rana wehmütig, dass sie nicht die Zeremonie kriegt, die sie sich erhofft hat.
Durch die traumhafte Kulisse aus weißem Sandstrand und kristallblauem Wasser stimmt sie milde.
Die Malediven sind paradiesisch.
Ganz anders, die Stimmung zwischen Rana und Karim.
Den ganzen Urlaub über geraten die beiden immer wieder aneinander.
Karim möchte nicht, dass Rana männlichen Animateuren die Hand reicht oder Kellnern ein Lächeln schenkt.
Rana dagegen macht ihm klar, dass er maßlos übertreibt.
Kommunikativ und aufgeschlossen, so ist sie eben.
So hat Karim sie doch kennengelernt.
Und dass ihn diese Dinge jetzt stören, kann sie nicht verstehen.
Zurück in Deutschland und nach nun insgesamt drei Jahren Beziehung zieht Rana zu Karim in seine Eineinhalbzimmerwohnung.
Nachdem sie bereits bei ihrer Verlobungsfeier einen Ehevertrag unterzeichnet und während ihres Urlaubs das allererste Mal miteinander geschlafen und damit die Ehe vollzogen haben,
sind sie jetzt, zumindest nach islamischer Vorstellung, Mann und Frau.
Und Rana möchte ihrem Mann eine gute Ehefrau sein.
Denn trotz der Konflikte, die sie immer wieder haben, liebt sie Karim sehr und sieht in ihm immer noch den Vater ihrer zukünftigen Kinder.
Um Frieden und Harmonie sicherzustellen, versucht Rana daher auf all seine Wünsche einzugehen.
Auch wenn es bedeutet, dass sie dafür Opfer bringen muss.
So kündigt Rana beispielsweise auf Karims Anweisungen ihren Job, für den sie tagtäglich ins Büro fahren musste.
Stattdessen arbeitet sie nun für eine andere Firma im Homeoffice.
Ohne persönlichen Kontakt zu Kolleginnen, ohne das Haus verlassen zu müssen.
Außerdem bringt Karim sie dazu, den Kontakt zu Freundinnen und zu ihrer Schwester Alia abzubrechen, die seiner Ansicht nach schlechter Umgang seien.
Rana, die früher so gerne ausgegangen ist und immer unter Menschen war, geht nun kaum noch raus.
Genauso wie Karim.
Dass er mittlerweile 31-Jährige der Sport- und Fitnesskaufmann ist, für den er sich anfangs ausgegeben hat, entspricht nämlich nicht ganz der Wahrheit.
Zwar hat er die entsprechende Ausbildung begonnen, aber nie abgeschlossen.
Seit sie zusammen wohnen, weiß Rana, dass er gelegentlich als Gebrauchtwagenhändler arbeitet.
Doch die Betonung liegt auf gelegentlich.
Die meiste Zeit arbeitet Karim nämlich gar nicht, sondern verbringt seinen Tag mit Computerspielen und dem Schauen von YouTube-Videos.
Rana gerät immer mehr ins Grübeln, seit sie bei Karim eingezogen ist.
Sie liebt ihn noch, das tut sie wirklich.
Doch soll das nun ihr Eheleben sein?
Ihre rosige gemeinsame Zukunft, die sie sich erträumt hat?
Aufgrund von Ranas Homeoffice-Job und Karims Erwerbslosigkeit hängen die beiden 24-7 in der kleinen Wohnung aufeinander.
Und weil das Zusammenleben beengt ist, birgt es noch mehr Raum für Konflikte.
Karim wird immer häufiger wütend.
So ist er sauer, wenn Rana anderer Meinung ist als er, wenn sie angibt, einen Film nicht zu mögen, den er gut findet,
oder wenn ein Essen, das Rana kocht, nicht so schmeckt, wie er sich vorstellt.
In dieser Zeit macht der 32-Jährige seiner Wut nur in Anführungsstrichen mit Worten Luft.
Doch dann wendet er im Frühjahr 2016, vier Jahre nach ihrem Kennenlernen, zum ersten Mal Gewalt an.
Karim ist wütend, weil die Milchnudeln, die Rana gerade zubereitet hat, nicht schmecken.
Es folgt nicht wie sonst ein verbaler Wutausbruch, sondern eine schallende Ohrfeige,
die eine Zäsur darstellt und die Beziehung in ein Davor- und ein Danach teilt.
Rana ist im ersten Moment schockiert, wie ein Reh im Scheinwerferlicht.
Doch dann setzt Karim zu einem ausufernden Entschuldigungsmonolog an.
Nahezu theatralisch versichert er Rana, dass es ihm leid tut.
Er weint und wimmert, fast so, als sei er hier das Opfer.
Rana nickt stumm und beschließt, den Vorfall für sich als ein Ausrutscher ihres Mannes zu verbuchen.
Anders darf es ja auch gar nicht sein.
Ein Mann schlägt seine Ehefrau nicht.
Und ein werdender Vater seine schwangere Ehefrau schon gar nicht.
Und schwanger ist Rana schon wenige Monate später.
Freudentränen laufen ihr übers Gesicht, als sie die zwei roten Linien auf dem Teststreifen sieht.
Rana kann ihr Glück kaum fassen.
Sie ist überzeugt, das ändert alles.
Das wird die Harmonie zurück in ihre Beziehung bringen.
Doch als sie Karim verkündet, dass sie ein Kind erwartet, reagiert er keinesfalls erfreut.
Ich wollte mit ihr noch kein Kind, sagt er trocken.
Der 32-Jährige macht ihr klar, dass er zur Zeit, Zitat, ein Problem mit ihr habe.
Sie nicht so sei, wie er sie gerne hätte.
Rana versteht nicht.
Was meint er damit?
Sie hat für ihn ihre Garderobe angepasst und den Job gewechselt.
Was verlangt er denn noch?
In den kommenden Tagen lässt Karim sie in dem Glauben, dass er auf einen Abbruch besteht.
Er nicht will, dass sie das Kind, das sie erwartet, austrägt.
Rana ist verzweifelt.
Obwohl ihre Schwangerschaft noch am Anfang ist und sie noch keine Dritte spüren kann,
liebt sie den kleinen Menschen, der da in ihr heranwächst, bereits jetzt abgöttisch.
Die Vorstellung, dass sie ihn womöglich niemals im Arm halten wird, droht sie, um den Verstand zu bringen.
Nach einigen Tagen stellt Karim ihr dann ein Ultimatum.
Wir machen einen Deal, formuliert er es.
Du machst alles, was ich von dir verlange und bist genau so, wie ich mir eine gute Frau vorstelle.
Dann bekommen wir das Kind und werden eine glückliche Familie.
Rana stimmt er leichter zu.
Denn das, was Karim ihr in Aussicht stellt, ist alles, was sie sich jemals gewünscht hat.
Also, durch was sie in dieser Zeit durchgegangen sein muss, mit dieser Angst, dass er ihr das jetzt nicht erlaubt,
weil auch wenn sie nachher beide dann die Eltern sind, ist halt ein Schwangerschaftsabbruch ja so ein Eingriff in den Körper der Frau.
Und sie will dieses Kind ja unbedingt.
Ja, und es ist ja dann auch so, er sagt, komm, wir machen diesen Deal, du machst alles, was ich will und dann werden wir eine glückliche Familie.
Sie hört dann auch wirklich nur dieses, dann werden wir eine glückliche Familie.
Aber dass man gar keine glückliche Familie sein kann, wenn alles nur so läuft, wie ein Elternteil es will.
Das sieht sie da gar nicht, weil sie einfach nur diesen Traum vor Augen hat.
Also mal abgesehen davon, dass das hier auch natürlich schon enorme Ausmaße angenommen hat,
die ganz weit weg sind von dem, was man normalerweise vielleicht auch in Beziehungen erlebt, die einem nicht gut tun.
Finde ich das eh schwierig, wenn man den Partner so versucht zu ändern, wie das einem recht ist.
Weil du verliebst dich ja in die Person eigentlich, weil sie so ist, wie sie ist.
Und wenn du die dann nachher dir zurechtbiegst, dann hat sie natürlich vielleicht auch einen Teil davon aufgegeben, von dem, was sie halt vorher war.
Und am Ende ist es doch aber so, dass auch das einer Person, zumindest würde ich das so einschätzen, ein gewisses Maß an Attraktivität wegnimmt.
Vor allem eben auch für den Partner oder die Partnerin.
Also wenn man sich zu sehr biegen lässt und nicht mehr authentisch ist, dann macht das ja eigentlich eine Person nicht begehrenswerter.
Nee, weil in die Version hat man sich ja dann auch nicht verliebt.
Im Oktober 2017 bringt Rana, also ihr Kind, zur Welt.
Der kleine Elias ist ihr ganzes Glück und macht sie zu der Mutter, die sie immer sein wollte.
Jedes Mal, wenn sie ihren Sohn im Arm hat, durchströmt sie eine Welle der Liebe, bedingungslose Liebe.
Und doch ist ihr Leben so anders als das Familienidyll, das sie sich vorgestellt hat.
Karims Ohrfeige war eben doch kein Ausrutscher.
Sie war vielmehr ein Anfang.
Nur wenige Monate nach Elias' Geburt gehört Gewalt für Rana zum Alltag.
Immer wieder schlägt Karim sie.
Er schlägt sie, wenn sie Widerworte gibt oder sie die Balkonpflanzen zu viel oder zu wenig gegossen hat.
Oder auch, wenn ihm einfach danach ist.
Und er schlägt sie auch vor ihrem Sohn und schafft damit Szenen, die keine Kinderaugen jemals zu Gesicht bekommen sollten.
Rana entwickelt jetzt eine echte Angst vor ihrem Partner.
Der gemeinsame Alltag gleicht einem Lauf auf Eierschalen.
Weil Rana das Gefühl hat, Karim nichts recht machen zu können und er nur darauf wartet, dass sie einen Fehler macht,
werden Furcht und Verunsicherung zu ihren neuen täglichen Begleitern.
Mit jedem Schlag, der Rana trifft, leidet nicht nur ihr Körper, sondern auch ihre Seele.
Sie ist verzweifelt.
Jede Nacht liegt sie wach und überlegt, ob sie sich jemandem anvertrauen soll.
Ihrer Mutter zum Beispiel.
Doch jedes Mal verwirft Rana schließlich ihr nächtliches Gedankenspiel.
Sie möchte ihre Mama nicht belasten.
Wiedersehen würde Rana sie allerdings schon gerne einmal wieder.
Also bittet sie Karim darum, ihre Mutter mit Elias besuchen zu dürfen.
Karim verneint, kommt gar nicht in Frage.
Elias sei noch zu klein und könnte krank werden, wenn er in Kontakt mit anderen Menschen komme.
Deshalb sei es auch keine Option, dass Ranas Mutter stattdessen zu ihnen nach Hause komme.
Rana ist traurig.
Wie schön wäre es, wenn Elias etwas mehr Zeit mit seiner Oma verbringen könnte.
Und wenn sie, Rana, endlich mal wieder in ein vertrautes, liebevolles Gesicht schauen könnte.
Rana fühlt sich einsam.
Die kleine Berliner Wohnung, in der sie nun zu dritt leben, gleicht für sie einem Gefängnis.
Einer Zelle, in der sie Gefangene ohne Rechte ist.
Vor die Tür darf sie nur noch gemeinsam mit Karim.
Außerdem muss sie ihm ihre Bankkarte und ihr Handy überreichen.
Es sind Maßnahmen, mit denen Karim seine Kontrolle über Rana erweitert und sie noch mehr von der Außenwelt abschneidet.
Doch statt laut zu protestieren, lässt Rana es sich gefallen.
Um weitere Gewaltausbrüche und den damit zusammenhängenden Schmerz zu verhindern,
ist sie bereit, alles zu tun, was Karim will.
Auch im Schlafzimmer.
Rana und Karim schlafen nur selten miteinander.
Anfangs hat die 26-Jährige die intimen Momente zwischen ihnen noch genossen.
Doch seit Karim ihr gegenüber gewalttätig ist, ist sie froh, dass Sex eine Rarität in ihrem Alltag ist.
Jedes Mal, wenn Karim ihr signalisiert, dass er Lust hat, zieht sich in ihr alles zusammen.
Dennoch lässt sich Rana auf den Geschlechtsverkehr ein, um weitere Schläge zu vermeiden.
Und während Karim sich anschließend zufrieden anzieht, sucht Rana das Bad auf,
um hinter verschlossener Tür ihren tränenfreien Lauf zu lassen.
Ungefähr drei weitere Jahre sieht Ranas Leben genau so aus.
Bis sie im Frühjahr 2020 wie erstarrt auf den Monitor vor sich blickt.
Mit eigenen Augen sieht sie nun das, was ihre Frauenärztin ihr hier im Behandlungsraum der gynäkologischen Praxis soeben freudig verkündet hat.
Sie ist wieder schwanger.
Diesmal mit Zwillingen.
Die mittlerweile 30-Jährige weiß nicht, was sie denken oder fühlen soll.
Auf der einen Seite freut sie sich über die Nachricht, die ihren dreijährigen Elias zum großen Bruder machen wird.
Doch auf der anderen Seite ist da große Unsicherheit.
Möchte sie mit Karim wirklich weitere Kinder bekommen?
Mit dem Mann ihre Familie vergrößern, der immer noch regelmäßig die Hand gegen sie erhebt?
Hinzu kommt, dass ihr Alltag mit zwei Neugeborenen in ihrer viel zu kleinen Wohnung sicherlich noch viel anstrengender wird als ohnehin schon.
Schließlich bleiben bereits jetzt Haushalt und Kinderbetreuung komplett an ihr hängen, da Karim zu Hause keinen Finger rührt.
Es sind Fragen, die Rana eine ganze Weile beschäftigen.
Doch die Vorstellung vom erneuten Mutterglück bringt sie nach einigen schlaflosen Nächten schließlich dazu, sich für die Babys zu entscheiden.
Ihr Traum, noch einmal Mutter zu werden, übertönt all ihre Zweifel.
Im Januar 2021 bringt Rana also zwei weitere Kinder in eine Umgebung, in der keine Frau und kein Kind leben sollte.
Doch Ranas Herz ist voll.
Endlich sind sie bei ihr, ihre Zwillinge.
Ein Mädchen und ein Junge.
Dahlia und Hadi.
Im Hormonchaos klammert sich Rana wieder an einer naiven Hoffnung fest, dass die Geburt der Kinder eine neue Dynamik in ihre Ehe bringt.
Dass die Anwesenheit der kleinen, unschuldigen Würmchen, die ihre Familie nun ergänzen, ihren Mann milde stimmt und seine Vaterliebe seine Aggressionen eindämmt.
Doch Rana ahnt zu diesem Zeitpunkt nicht, dass es in naher Zukunft nicht besser, sondern schlimmer werden wird.
Es ist ein Vormittag im Juli 2021, als Rana erstmals eine neue Dimension der Gewalt erlebt.
Um mehr Platz für ihre nun fünfköpfige Familie zu haben, haben sie und Karim eine andere Wohnung angemietet, die nun ihr Zuhause ist.
Inmitten des nach wie vor unmöblierten Wohnzimmers ist Rana gerade dabei, ihre sechs Monate alten Zwillinge in einem Tragetuch in den Schlaf zu wiegen,
als Karim sauer auf sie zukommt.
Wie siehst du aus? fragt er vorwurfsvoll, während er sie nahezu angewidert betrachtet.
Rana braucht einen Moment, bis sie versteht, was ihr Mann meint.
Doch als seine vor Wut glitzernden Augen an ihrem Oberkörper haften bleiben, begreift sie, dass es um die Strickjacke geht, die sie trägt und die eine Art Fusseloptik hat.
Karim ist der Meinung, dass sie, Zitat, asozial aussieht und will wissen, ob sie sich nicht schämen würde, so eine Jacke zu tragen.
supplied ist Rana überfordert. Diskussionen um ihren Kleidungsstil gab es schon lange nicht mehr.
Schließlich hat sie für Karim ihre ganze Garderobe angepasst und trägt nahezu nur noch formlose, weitgeschnittene Kleidungsstücke.
Die ist halt so, entgegnet Rana unsicher und liefert ihm damit eine Antwort, die ihm offensichtlich nicht gefällt.
Denn kurz darauf trifft seine Faust sie mit voller Wucht und das mitten ins Gesicht.
Der Schmerz, der Ranas Körper durchdringt, ist gewaltig.
Mit aufgeplatzter Lippe und die Hände schützend auf die Köpfchen ihrer Babys gelegt, verharrt sie in Schockstache.
Unfähig, sich zu bewegen. Unfähig, etwas zu sagen.
Physisch mag die 31-Jährige noch stehen, doch emotional ist sie am Boden.
Trauer, Wut und Entsetzen rollen auf sie zu, wie eine metaphorische Welle, die sie unter sich begräbt.
Und erst als sie vorsichtig an ihre Lippe fasst und das Blut an ihrer Hand sieht, trifft sie die Erkenntnis wie ein erneuter Schlag.
Karim hat ihr nicht nur zum ersten Mal eine blutende Verletzung verpasst, er hat sie angegriffen, während sie ihre Babys bei sich hatte.
In einem Tragetuch, ganz eng an ihrem Körper.
So hat er sie in einem Moment attackiert, in dem sie noch verletzlicher war als sonst schon.
Im Rausch des Adrenalins und Schmerzes stellt sich Rana vor, was abgesehen von ihrer Wunde noch hätte passieren können.
Karim hätte Dahlia und Hadi treffen können.
Ihr Mann hat sich für seine Wut und damit gegen die Sicherheit seiner Kinder entschieden.
Welcher Vater tut so etwas?
Jetzt reicht's.
So oft hat er sie in den vergangenen Jahren gedemütigt, kontrolliert und geschlagen.
Probleme konstruiert, um ihr weh zu tun.
Genau wie eben gerade.
Rana ist sich sicher, dass Karim sich nicht wirklich an ihrer Strickjacke stört.
Vermutlich hat er sich das nur selbst weiß gemacht, um sich ein Argument zurechtzulegen, sie zu schlagen und damit seine Macht zu demonstrieren.
Doch nun, wo es um das Wohlergehen ihrer Kinder geht und ihre Mutterinstinkte Alarm schlagen, wird Rana klar.
Zu lange hat sie bereits an der Beziehung zu Karim festgehalten.
Zu lange hat sie gehofft und gewartet, dass er eines Tages wieder der sympathische, wohlwollende Mann sein würde, in den sie sich verliebt hat.
Rana will sich nichts mehr vormachen.
Sie setzt die Brille mit der verklärten Sicht endlich ab und blickt der schmerzhaften Realität ins Auge.
Karim ist ein Tyrann und Rana muss sich endlich Hilfe holen.
Nur wenige Stunden nach der Attacke macht sich Rana auf den Weg, um Sohn Elias aus der Kita abzuholen.
Seit der Vierjährige einen Betreuungsplatz hat, kommt Rana zumindest ab und zu alleine aus dem Haus, um ihn zu bringen und wieder einzusammeln.
Doch heute soll sich die Kita nicht nur als Spieleparadies für ihren Sohn erweisen, sondern auch als ihr Rettungsanker.
Auf dem Weg dorthin blickt Rana auf das Handy, das sie kürzlich von Karim bekommen hat.
Ein Modell ohne SIM-Karte, mit dem sie zwar nicht telefonieren, dafür aber Fotos von den Kindern machen kann.
Nachdenklich betrachtet sie das Hintergrundbild, das sie eingestellt hat.
Ein Porträtfoto ihres verstorbenen Vaters.
Seit Karim sie so schlimm behandelt, vermisst sie ihren Papa mehr als je zuvor.
Wäre er noch am Leben, davon ist Rana überzeugt, wäre er entsetzt, wenn er wüsste, was Karim ihr, seinem kleinen Mädchen, antut.
Ein Gedanke, der Rana schmerzt und sie zugleich darin bestärkt, dass das, was sie nun vorhat, richtig ist.
In Elias Kita angekommen, wendet sie sich mit verweinten Augen an eine Erzieherin.
Ich brauche Hilfe, gesteht sie und zieht den Mundschutz, den sie aufgrund der Corona-Pandemie trägt, hinunter, um den Blick auf ihre aufgeplatzte Lippe freizugeben.
Rana erzählt der Betreuerin nun alles.
Sie berichtet von den ständigen Demütigungen und Schlägen, aber auch von der Attacke heute Vormittag.
Es sind Details, die Rana wenig später vor den uniformierten Beamtinnen wiederholen muss, die nach dem Notruf der Erzieherin in der Kita eintreffen.
Für die 31-Jährige fühlt es sich komisch an, all diese intimen Dinge mit Fremden zu teilen.
So lange hat sie all ihre Qualen für sich behalten.
Und nun, wo sie sie laut ausspricht, kommt es ihr vor, als müsse sie all das noch einmal durchleben.
Immer wieder muss Rana innehalten, um durchzuatmen.
Sie weint und zittert.
Doch als sie fertig ist, fühlt sie sich irgendwie leichter, als wäre sie schweren Ballastlos geworden.
Rana erstattet Anzeige wegen Körperverletzung gegen Karim.
Ein Schritt, der sie viel Mut kostet und der sie zugleich auch irgendwie mit Stolz erfüllt.
Denn es ist das erste Mal, dass sie sich gegen ihn zur Wehr setzt.
Ihm aufzeigt, dass er sie so nicht behandeln kann.
Gemeinsam mit Sohn Elias kommt Rana in einer sogenannten Sammelstelle unter.
Hier in einem kleinen Hotelzimmer soll sie warten, bis eines der umliegenden Frauenhäuser einen Platz für sie frei hat.
Doch entspannen kann Rana sich erst, als zwei Polizisten ihr einige Stunden später Dalia und Hadi bringen,
die sie bei Ranas Schwiegereltern vorgefunden haben.
Auch Karim war dort.
Im Gespräch mit den Beamten erfährt die 31-Jährige, dass ihr Mann zunächst festgenommen wurde,
die Wache jedoch nach einer sogenannten Gefährderansprache wieder verlassen durfte.
Eine Maßnahme, mit der die Polizei gewissermaßen eine Warnung ausspricht und Karim klar macht,
dass sie ihn und sein gewalttätiges Verhalten auf dem Schirm hat.
Rana muss sich nun die Frage stellen, wie es für sie weitergeht.
In ein Frauenhaus möchte sie eigentlich nicht.
Ihr widerstrebt die Vorstellung, sich mit drei Kindern in ein kleines Zimmer zurückziehen zu müssen,
umgeben von Menschen, die ihr fremd sind.
Rana entscheidet sich daher, zu ihrer Mutter zu ziehen, die geschockt ist,
als ihre Tochter, die sie seit Monaten nicht gesehen hat, ihr offenbart,
was sie in den vergangenen Jahren durchmachen musste.
In den kommenden Wochen und Monaten kann Rana das erste Mal seit Langem etwas zur Ruhe kommen.
Je länger sie von Karim getrennt ist, der zu ihrer Überraschung nicht auf die Idee kommt,
sie bei ihrer Mutter aufzusuchen, desto mehr beginnt sie darüber nachzudenken,
wie ihr neues Leben aussehen könnte.
Auf ihrem Handy, für das sie sich nun eine SIM-Karte besorgt hat,
schaut sich Rana dazu im Internet Fotos von stilvoll eingerichteten Zimmern an.
Die 31-Jährige stellt sich vor, wie es wäre, mit ihren drei Kindern in solch einer schönen Wohnung zu leben,
ihrem Nachwuchs ein Zuhause schenken zu können, in dem Harmonie an der Tagesordnung ist und Gewalt keinen Platz hat.
Doch zugleich hat sie Hemmungen, diesen Traum umzusetzen.
Obwohl sie nun räumlich von Karim getrennt ist, ist er noch immer präsent in ihrem Leben.
Immer wieder holt sein Bruder Elias, Dalia und Hadi ab,
damit sie trotz der Trennung ihrer Eltern Zeit mit ihrem Vater verbringen können.
Außerdem lässt Karim Rana regelmäßig über WhatsApp ausufernde Entschuldigungen zukommen,
verspricht ihr, dass er sich ändern werde und schreibt, wie sehr er sie vermisse.
Es sind Nachrichten, die Rana ins Grübeln bringen.
Obwohl Karim in ihrer bisherigen Ehe alles andere als gut zu ihr war,
möchte sie nicht, dass es ihm schlecht geht.
Die Vorstellung, dass er einsam und allein in der gemeinsamen Wohnung sitzt,
versetzt ihr einen Stich ins Herz und sorgt für Gewissensbisse.
Es gab ja auch gute Momente, erinnert sich Rana.
Zum Beispiel, wenn sie gemeinsam auf dem Sofa eingekuschelt lagen und friedlich Fernsehen geschaut haben.
Zunächst ist es nur die Anzeige, die Rana daher zurückzieht.
Doch dann spielt sie noch mit einem anderen Gedanken.
Soll sie Karim nicht doch noch eine Chance geben?
Die beiden haben sich schließlich ein Eheversprechen gegeben und gemeinsame Kinder.
Und wenn ihr Mann wirklich bereit ist, sich zu ändern,
dann könnte sich ihr Traum vom gemeinsamen Familienglück womöglich doch noch erfüllen.
Sie weiß ja, dass er auch anders kann, redet sie sich ein.
Außerdem setzt ihr das beengte Zusammenleben mit ihrer Mutter und den drei Kindern in der eineinhalb Zimmerwohnung zunehmend zu.
Im Dezember 2021, nach fünf Monaten der Trennung, trifft Rana schließlich eine Entscheidung.
Sie ruft Karim an und bittet ihn, sie und die Kinder wieder zu sich zu holen.
Rana hat ein gutes Gefühl.
Nach ihrer Rückkehr nimmt Karim ihr zwar sofort ihr Mobiltelefon ab, ansonsten fällt er sich jedoch ruhig und zurückhaltend.
Der 37-Jährige macht ihr keine Vorwürfe.
Nicht einmal thematisiert er ihre Trennung oder die Tatsache, dass sie über sein gewaltsames Verhalten bei der Polizei gesprochen hat.
Rana ist voller Hoffnung.
Karim scheint es diesmal mit seinen Versprechungen ernst zu meinen, sich wirklich ändern und bessern zu wollen.
Doch das ganze Schauspiel hält nur wenige Tage und Rana muss auf schmerzliche Weise feststellen, dass sie sich getäuscht hat.
Die 31-Jährige ist gerade dabei aufzuräumen, als Karim sie zu sich ins Wohnzimmer ruft und sie bittet, auf einem Stuhlplatz zu nehmen.
Rana kommt seinem Wunsch nach und beobachtet, wie ihr Partner aufgekratzt auf- und abläuft.
Karim beginnt, Rana merkwürdige Fragen zu stellen.
Was hast du in den fünf Monaten ohne mich gemacht, will er wissen.
Mit wem hattest du Kontakt? Warum hast du dir eigentlich einen Instagram-Account gemacht?
Rana ist verwirrt, doch ehe sie zu einer Antwort ansetzen kann, macht ihr Mann klar, worum es ihm wirklich geht.
Karim will wissen, ob sie in den fünf Monaten, in denen sie getrennt waren, andere Männer kennengelernt hat.
Rana verneint, natürlich nicht. Sie hat in dieser Zeit an vieles gedacht, daran zu daten, jedoch nicht.
Rana sieht in die wütenden Augen ihres Partners, die auf sie gerichtet sind.
Die Angst steigt in ihr hoch.
Er glaubt ihr nicht.
Du hast hundertprozentig einen anderen kennengelernt und mit dem was gehabt, wirft er ihr vor.
Nein, versichert Rana ihm. Immer und immer wieder.
Es ist ein kräftezehrendes Gespräch, das sich zieht wie zu lange gekautes Kaugummi.
Stundenlang muss Rana ihrem Partner nach wie vor sitzend auf dem Stuhl Rede und Antwort stehen.
Und der interessiert sich schließlich nicht mehr nur für die vergangenen fünf Monate,
sondern plötzlich auch für die Zeit, bevor sie sich überhaupt kannten.
Karim möchte jetzt wissen, ob es vor ihm schon einmal einen Mann in Ranas Leben gegeben hat.
Lass uns offen reden, sagt er.
Ein Vorschlag, auf den sie eingeht.
Rana erzählt Karim, dass sie mit 18 einmal verknallt gewesen ist.
Sie habe diesen Mann geküsst und mit ihm all das gemacht, was unter Petting fällt.
Sex hätten sie jedoch keinen gehabt.
Karim unterbricht Rana nicht, als sie davon erzählt.
Aufmerksam hört er ihr zu, nickt zwischendurch und verlässt schließlich das Wohnzimmer.
Rana ist überrascht.
Diese Info hat ihr Mann besser aufgenommen, als sie erwartet hat.
Doch kurz darauf kehrt Karim zurück.
Und als Rana sieht, was er bei sich hat, bekommt sie Panik.
Karims Hände umklammern ein Küchenmesser.
Sein Gesichtsausdruck ist starr und seine Augen leuchten vor Hass.
Also warst du doch eine Schlampe, bevor wir uns kannten, sagt er.
Erschrocken springt Rana vom Stuhl auf.
Die Angst, die sie empfindet, macht es ihr unmöglich, rationale Entscheidungen zu treffen.
Also rennt sie einfach nur zum Sofa, wo sie sich eine Decke über den Kopf zieht,
wie ein Textilenschutzpanzer.
Ranas Herz rast.
Das war's.
Karim wird sie töten.
Davon ist sie überzeugt.
Die 31-Jährige spürt, wie sich ihr Partner über sie beugt.
Ganz leicht merkt sie durch den dünnen Stoff der Decke die Spitze des Messers an ihrem Bauch.
Bitte nicht, fleht sie immer wieder, während Karim sie beschimpft und eine Beleidigung nach der anderen ausspricht.
Während Rana auf dem Sofa hockt und Todesangst hat, wandern ihre Gedanken zu ihren Kindern.
Zu ihrem kleinen Elias und den noch kleineren Zwillingen Dalia und Hadi,
die gerade im anderen Zimmer am Küchentisch sitzen.
Wer wird ihnen Liebe und Wärme schenken, wenn Karim sie nun hier und jetzt umbringt?
Panisch wartet Rana darauf, dass es passiert.
Dass Karim zusticht.
Doch es passiert nicht.
Nach einigen für Rana unerträglichen Minuten lässt er von ihr ab.
Vorsichtig kommt die 31-Jährige daraufhin unter der Decke hervor.
Doch ehe sich die Erleichterung bei ihr einstellen kann, holt Karim aus und schlägt ihr den Griff des Messers mit voller Wucht auf den Kopf.
Und während das Blut der Platzwunde über Ranas Gesicht strömt, fällt ihr Blick auf ihren Mann, der weinend vor ihr steht und wimmernd nur einen Satz hervorbringt.
Ich wollte doch keine Schlampe heiraten.
Das tut so weh.
Also abgesehen von diesen unaussprechlichen körperlichen Attacken ist es halt auch hier so typisch für solche Beziehungen, dass er nicht da sitzt und weint und sich darüber ärgert, dass er nicht in der Lage ist zu akzeptieren, dass es da vorher einen Mann gab, an dem sie interessiert war.
Nicht das ist das Problem, was es sein sollte, sondern er bewertet ihr Verhalten und schiebt ihr die Schuld in die Schuhe für das, was er jetzt auch getan hat.
So funktioniert das ja dann.
Ja, es ist einfach so offensichtlich, wie unsicher er ist und wie wenig Selbstvertrauen er hat.
Und es ist wirklich so schwach, wie er damit umgeht, nämlich damit sie komplett zu unterdrücken, zur Täterin zu machen.
In seinem Kopf ist er jetzt hier das Opfer und natürlich diese ganze Gewalt anwendet.
Nee, es ist wirklich so schlimm.
Nach der Eskalation mit dem Messer ist die Sache mit Ranas Vorleben für Karim keinesfalls abgehakt.
Nahezu täglich wirft der 37-Jährige ihr nun Untreue vor und fordert sie in verhörähnlichen Situationen auf Seitensprünge zu gestehen, die sie nie begangen hat.
Stundenlang muss sie dabei auf einem Stuhl im Wohnzimmer sitzen und sich all die Vorwürfe anhören, die vollkommen aus der Luft gegriffen sind.
Und jedes Mal, wenn sie betont, ihren Mann nie betrogen zu haben, setzt er zu einem erneuten Schlag an.
Für Rana ist das alles kaum zu ertragen.
So stellt sie sich Folter vor.
Und obwohl sie diejenige ist, die dieses Martyrium durchlebt, ist sie in diesen Momenten weniger besorgt um sich selbst, sondern vielmehr um ihre Kinder.
Jedes Mal, wenn Karim sie zu einem Verhör ruft, setzt Rana ihre Kleinen in die Küche und schattet den Fernseher dort an.
Cartoons sollen sie davon ablenken, was im Wohnzimmer mit ihrer Mutter gemacht wird.
Doch Rana ist sich klar, dass ihr fürsorgliches Versteckspiel nicht immer gelingt.
Die Zwillinge Dalia und Hadi sind noch zu klein, doch ihr Sohn Ilias wird mit Sicherheit hin und wieder die Schreie seiner Mutter hören.
Der Vierjährige scheint ohnehin bereits sehr gut begriffen zu haben, dass Papa nicht immer lieb zu seiner Mama ist.
Schon ein paar Mal hat er geweint, als er mit ansehen musste, wie die 31-Jährige von Karim geschlagen wurde.
Außerdem macht er seine Mutter immer wieder ängstlich auf die Wunden in ihrem Gesicht aufmerksam und bittet sie, ins Krankenhaus zu fahren.
Es sind Sätze, die Rana jedes Mal das Herz brechen.
Sie schämt sich, dass sie nicht nur sich selbst, sondern auch ihren Kindern so etwas zumutet.
In ihrer Verzweiflung beginnt sie, sich an eine konstruierte Vorstellung zu klammern.
Die 31-Jährige redet sich ein, dass all das aufhören wird, sobald Karim ihr glaubt.
Wenn er endlich begriffen hat, dass sie die Wahrheit sagt, haben die Verhöre und damit womöglich auch die Gewalteskapaden ein Ende.
Doch es zeigt sich, Rana kann so oft auf ihre Treue beharren, wie sie will.
Karim glaubt ihr einfach nicht.
Für ihn gleichen die Monate ihrer Trennung einem Blindenfleck in seinem kontrollsüchtigen Blickfeld.
Die Tatsache, dass er in dieser Zeit keine Macht über Rana hatte, treibt ihn zu Weißglut.
Und es scheint, als habe die Vorstellung, dass Rana ihn betrogen hat, wie ein Parasit Besitz von seinen Gedanken ergriffen.
Karim ist nun gewalttätiger als jemals zuvor und seine Zündschnur kürzer denn je.
Um Rana für angebliche Fehler zu bestrafen, holt er mittlerweile nicht mehr nur aus, sondern greift zu anderen furchtbaren Mitteln.
Wenn Karim beispielsweise der Ansicht ist, dass Rana zu viel Milch in Elias Müsli schüttet, schleppt er sie ins Badezimmer und sprüht ihr Pfefferspray ins Gesicht, bis sie das Gefühl hat, sie würde von innen verbrennen.
Ein anderes Mal, als es ihm wieder um ihre angebliche Untreue geht, drückt er Rana ein Wattestäbchen in die Hand und verlangt von ihr, dass sie es sich ins Ohr rammen soll, um ihr Trommelfeld zu zerstören.
Eine Szene, die erst ihr Ende findet, als die Kinder in der Küche anfangen zu weinen und Karim sich ihnen zuwendet.
Rana kann das einfach alles nicht mehr. Sie hat keine Kraft mehr, sich gegen ihren Mann aufzulehnen.
Die 31-Jährige ist dünn geworden. Sie kann nicht mehr essen, nicht mehr schlafen. Doch sie weiß, dass sie nicht aufgeben darf. Ihre Kinder brauchen sie.
Und sich Hilfe holen wie beim ersten Mal, das geht nicht. Tagsüber darf Rana nicht mehr alleine rausgehen und jeden Abend schließt Karim die Wohnungstür ab.
Rana weiß, wenn sie dann beginnen würde, nach dem Schlüssel zu suchen, würde sie riskieren, dass er aufwacht. Und das darf nicht passieren.
Mittlerweile hat Rana Angst, er werde sie töten, wenn er sie bei einer Flucht erwischt.
Bei den Verhören hat Karim oft genug gedroht, sie solle bloß nicht auf die Idee kommen, abzuhauen. Er werde sie sowieso finden.
Und wenn sie ihm die Kinder wegnehmen sollte, dann würde er sie umbringen, hat er gesagt.
Und dann kommt Rana inmitten eines der täglichen Verhöre ein Gedanke.
Vielleicht möchte Karim sich einfach nur in seinem wahnhaften Verdacht bestätigt sehen.
Eines Abends gibt sie ihm daher schließlich, was sie glaubt, was er will und beginnt, ihm von vergangenen Seitensprüngen zu berichten.
Seitensprünge, die nie stattgefunden haben.
Rana redet einfach drauf los und beginnt, irgendwelche Affären zu erfinden, in der naiven Hoffnung, dass Karim dann Ruhe gibt.
Doch ihr Plan geht nicht auf.
Der 37-Jährige wird nun noch brutaler gegenüber Rana.
Seine Schläge werden nicht nur regelmäßiger, sondern auch fester.
Außerdem zieht er nun immer häufiger auf ihr Gesicht.
Rana kommt es so vor, als sei die Dunkelheit in ihrem Leben allgegenwärtig.
Und der einzige Lichtblick sind nach wie vor ihre Kinder.
Der 5-jährige Elias und die 1-jährigen Zwillinge Dalia und Hadi bedeuten Rana die Welt.
Sie sind ihr größtes Glück inmitten ihrer größten Misere.
Die Liebe, die Rana für ihren Nachwuchs empfindet, gibt ihr Kraft, das Martyrium, das Karim ihr bereitet, durchzuhalten.
Sie ist wie das Benzin, das ihren Motor am Leben erhält.
Doch zugleich erinnern ihre kleinen Rana jeden Tag daran, dass sich dringend etwas ändern muss.
Jeden Abend, wenn sie sie ins Bett bringt, singt sie ihnen ein arabisches Lied vor.
Ein Lied, in dem es um den Wunsch nach Frieden geht, um ein sorgenfreies Leben und eine schöne Kindheit.
Und jedes Mal, wenn Ranas Kinder dabei langsam die Augen zufallen, kriegen sie nicht mit, wie ihrer Mutter beim Singen die Tränen übers Gesicht laufen.
Während ihre Kinder abends schlafen, geht für Rana der Albtraum weiter.
Nach ihren falschen Geständnissen fühlt sich Karim in seinem Verdacht bestätigt, dass sie ihn betrogen hat.
Und um sie dafür zu bestrafen, genügen seiner Ansicht nach offensichtlich keine Schläge.
Es ist ein Abend im April 2022.
Rana und Karim sind mittlerweile seit sieben Jahren verheiratet, als der 37-Jährige sie zu sich ins Bad ruft.
Als Rana hineinkommt, bleibt sie wie erstarrt stehen.
Karim hält in seiner Hand einen Rasierer.
Rana wird schlecht.
Sie ahnt, was Karim vorhat.
Dennoch steigt die Panik in ihr auf, als er es schließlich ausspricht.
Karim will, dass sie sich eine Glatze rasiert.
Sie soll sich von ihren langen, schwarzen Haaren trennen, damit sich kein Mann außer ihm noch für sie interessiert.
Die 31-Jährige ist entsetzt.
Das will sie nicht tun.
Nein, das kann sie nicht tun.
Doch sie weiß, sie hat keine Wahl.
Wenn sie es nicht selbst macht, wird Karim es für sie übernehmen und das Ganze womöglich noch mit einer Tracht Prügel verbinden.
Während ihr Mann die Handykamera auf sie richtet, um die Erniedrigung festzuhalten, setzt Rana den Rasierer an ihrem Kopf an.
Unter dem Brummen des Geräts und dem Schleier ihrer Tränen beobachtet sie, wie ihr lange, schwarzes Haar zu Boden rieselt.
Strähne für Strähne.
Während ihre Kopfhaut immer kahler wird, wird der dunkle Haarhaufen auf den Fliesen immer größer.
Guckt nicht so traurig, kommentiert Karim genervt ihr Wein.
Guckt normal.
Doch Rana kann nicht normal gucken.
Schließlich ist absolut nichts an dieser Situation normal.
Die 31-Jährige ist tot traurig.
Was hatte sie anfangs für euphorische Erwartungen an das gemeinsame Leben mit Karim?
Sie dachte, er würde sie glücklich machen, sie als ihre bessere Hälfte ergänzen und ihr Leben bereichern.
Doch stattdessen hat er bisher nur von ihr genommen.
Er hat ihr ihre Lebensfreude gestohlen, ihr Selbstvertrauen.
Und nun mit dieser Aktion nicht nur ihre Haare, sondern auch ihre Würde.
Als Ranas Kopf schließlich vollkommen nackt ist, kommt ihr Mann auf sie zu und nimmt sie in den Arm.
Siehst du, sagt er, während er sie fest an sich drückt, du musst nur für deine Sünden büßen.
Rana lässt die Umarmung zu.
Und das, obwohl sie sich vor Ekel am liebsten übergeben würde.
Also das ist doch wirklich einfach nur krank.
Also, dass der auf diese Idee kommt, ja.
Also, diese Szene auch dann noch aufzunehmen und zu sagen, guck, normal, was ist denn mit dem, ja.
Das ist wirklich so, also ja, also ich finde dafür gar keine Worte.
Die Demütigung im Badezimmer hat für Rana das Fass erneut zum Überlaufen gebracht.
Einige Wochen später nimmt sie noch einmal all ihren Mut zusammen und schafft es, ihrem Mann zu entfliehen.
Diesmal über den Balkon.
Mithilfe der NachbarInnen rettet sie sich zu ihrer Mutter, die sie seit Monaten nicht gesehen hat und die schockiert ist über ihren Anblick.
In der Wohnung ihrer Mama angekommen, legt Rana sich sofort hin.
Zusammengekauert liegt sie auf dem Sofa und schließt die Augen.
Wahrscheinlich müsste sie tagelang durchschlafen, damit sie ihr Körper von dem Stress und den Strapazen der vergangenen Jahre erholen kann.
Während das Adrenalin in Ranas Blutbahn nachlässt und sie langsam aber sicher runterkommt, lauscht sie der Radiomusik, die leise im Hintergrund spielt.
Es ist ein Song, den Rana gut kennt.
Ein Song des Künstlers Apache 207.
Ranas Augen füllen sich mit Tränen, als sie dem Refrain lauscht.
Wieso tust du dir das an?
Du sagst, du hältst es aus, aber wie lang noch?
Da draußen wartet Safe, ein echter Mann.
Doch noch nie im Leben warst du so gefangen.
Gott, es ist krank.
Es sind Fragen, ob die Rana keine Antwort findet.
Ihr selbst ist nicht ganz klar, warum sie sich all das seit Jahren antut.
Vielleicht ist es die Tatsache, dass sie Karim ein Eheversprechen gegeben hat und sich ihm trotz allem, was er ihr angetan hat, noch auf seltsame Weise verbunden fühlt.
Vielleicht ist es aber auch der Traum einer intakten Familie, den sie einfach nicht begraben will und der sie immer wieder dazu bringt, einzuknicken und ihre Trennungsabsichten über Bord zu werfen.
Genau, wie auch jetzt wieder.
Denn nur wenige Tage, nachdem sie in den frühen Morgenstunden über den Balkon geklettert ist, um Karim zu entkommen, verlässt sie die Wohnung ihrer Mutter wieder und steigt zu ihm ins Auto, um zurückzukehren.
Zurück in ihre Hölle.
Es ist ein gewöhnlicher Dienstagnachmittag im Mai 2022, als Rana hört, wie Karim sie zu sich ins Wohnzimmer ruft.
Die vergangenen Wochen zwischen ihnen liefen verhältnismäßig ruhig.
Die 31-Jährige ist erleichtert, dass ihr Mann aus ihrem Fluchtversuch vor rund vier Wochen kein großes Thema gemacht hat.
Im Gegenteil, als er sie bei ihrer Mutter abgeholt hatte, hatte er ihr versprochen, dass die Verhöre nun ein Ende haben werden.
Bei ihrer Rückkehr hatte Rana die ihre Glatze nun mit einer Art Kappe bedeckt.
Karim erklärt, dass sie all ihre gebeichteten Affären nur erfunden hatte, damit er endlich Ruhe gibt.
Wirklich erleichtert hatte Karim darauf nicht reagiert.
Doch da er das Ganze in den vergangenen Wochen nicht mehr thematisiert hat, geht Rana davon aus, dass er ihr glaubt und ist überzeugt, dass das Thema Untreue damit endlich vom Tisch ist.
Zumindest bis heute.
Als Rana das Wohnzimmer betritt, zeigt ihr Mann aufs Sofa und bittet sie, Platz zu nehmen.
Er wolle sie etwas fragen.
Rana denkt sich nicht viel dabei und setzt sich hin.
Dann fällt ihr Blick auf den Mehrfachstecker, den Karim in seinen Händen hält.
Sie ist irritiert.
Was will er damit?
Doch ehe sie diese Frage laut aussprechen kann, steht Karim hinter ihr, legt ihr das Kabel wie eine Schlaufe um den Hals und zieht zu.
Sag mir, mit wem du alles fremdgegangen bist, schreit er sie an.
Rana bleibt die Luft weg.
Und das wortwörtlich.
Karim hat das Kabel so stramm um ihren Hals gezogen, dass es ihr unmöglich ist, ihre Lungen mit Sauerstoff zu füllen.
Panisch und gierig schnappt sie nach Luft, als Karim kurzzeitig locker lässt.
Doch nur wenige Sekunden später zieht er erneut zu.
Der 37-Jährige fordert sie nun immer wieder auf, ihm Namen zu nennen.
Namen von Männern, mit denen sie ihn betrogen hat.
Sonst würde er sie umbringen, hier und jetzt.
Rana hat Todesangst.
Sie weiß nicht, was sie tun soll.
Jedes Mal, wenn Karim das Kabel kurzzeitig locker lässt, damit sie antworten kann, fleht sie ihn an, aufzuhören.
Weint wiederholt sie nun das, was sie ihm bereits vor Wochen gesagt hat.
Dass sie all die Affären nur erfunden hat, damit er endlich Ruhe gibt und der Psychoterror vorbei ist.
Doch das ist nicht das, was Karim hören will.
Also stranguliert er sie weiter.
Rana verliert das Gefühl für Zeit und Raum.
Immer wieder wird ihr schwarz vor Augen und sie ist kurz davor, ohnmächtig zu werden.
Der 31-Jährige ist unsicher, ob es nach ein oder zwei Stunden passiert.
Doch schließlich lässt ihr Mann von ihr ab.
Hast du das wirklich alles nur erfunden, weil dir der Druck zu groß wurde?
Will er von ihr wissen.
Ja, bringt Rana hustend und völlig entkräftet hervor.
Es ist der Moment, in dem Karim das Verlängerungskabel beiseite legt und sie hochzieht, um sie ins Badezimmer zu bringen.
Mit einer Jodsalbe beginnt er nun, ihren Hals einzucremen und ihre Wunden zu versorgen.
Die Wunden, die er ihr zugefügt hat.
Rana würde ihm die Salbe am liebsten aus der Hand reißen, ihn von sich stoßen und anschreien, dass er sie nie wieder anfassen soll.
Doch die vergangenen Stunden haben ihr körperlich so zugesetzt, dass sie nichts weiter tun kann, als einfach nur dazustehen.
Im Spiegel sieht sie die roten Striemen und blauen Hämatome, die sich wie eine Kette um ihren Hals legen.
Das sieht schlimm aus, sagt sie.
Eine Bemerkung, die Karim unbeeindruckt lässt.
Na klar, sagt er trocken.
Aber du kriegst auch einfach schnell blaue Flecke.
Die Aktion mit dem Kabel zeigt Rana, wie falsch es war, wieder zu Karim zurückzukehren.
Er wird ihr nie glauben, sich nie ändern.
Rana ist sich mittlerweile nicht einmal mehr sicher, ob der Mann, in den sie sich vor zehn Jahren verliebt hat, je existiert hat.
Womöglich waren sein Humor, seine Empathie und all das, wofür sie sich begeistert hatte, alles nur Fassade gewesen.
Und das, woran sie so lang festgehalten hat, nie existent.
Fest steht in jedem Fall, sie muss die Reißleine ziehen.
Sonst wird Karim sie eines Tages wirklich umbringen.
Davon ist Rana mittlerweile überzeugt.
Doch wie soll sie diesmal entkommen?
Ranas vorheriger Fluchtversuch hat seine Spuren hinterlassen.
Karim verschließt mittlerweile nicht nur tagtäglich die Haustür.
Er hat auch eine Mauer aus Kartons und Kisten vor der Balkontür errichtet,
sodass sie nicht einfach erneut zum Nachbarbalkon klettern oder herunterspringen kann.
Die 31-Jährige weiß, sie muss es anders anstellen.
Also überlegt sie sich einen Plan.
In den nächsten Tagen erzählt Rana Karim immer wieder, sie wolle sich mehr mit dem Islam auseinandersetzen,
sich mehr mit der Religion beschäftigen, die ihm so wichtig sei.
Rana berichtet ihrem Mann von einer Moschee, die sie noch aus ihrer Kindheit kennt und die nur von Frauen besucht wird.
Vielleicht könnte sie die ja mal besuchen?
Zunächst vertröstet der 37-Jährige sie immer wieder.
Doch schließlich stimmt er zu.
Zehn Tage nach der Strangulation mit dem Kabel sitzt Rana im Auto neben Karim, der sie zur Moschee bringen will.
Es ist einer dieser Tage, an dem sie ihrem Mann nichts recht machen kann.
Während Rana aus dem Fenster schaut, fragt er sie immer wieder aggressiv, wen sie da angucke.
Er befiehlt ihr, auf den Boden zu blicken, beleidigt sie als Schlampe und spuckt ihr ins Gesicht,
während auf der Rückbank die Kinder weinen.
Es sind Erniedrigungen, die Rana mittlerweile unberührt lassen.
Kommentarlos wischt sie sich seinen Speichel aus ihrem Gesicht.
Boah, wenn das für dich irgendwann zur Normalität geworden ist.
Sie weiß, sie muss nur noch die Fahrt überstehen.
Denn wenn alles gut läuft, dann sind diese Minuten an Karims Seite die letzten.
Als der 37-Jährige den Wagen schließlich vor der Moschee zum Stehen bringt und Rana die kleine Dahlia aus ihrem Kindersitz befreit,
um sie mitzunehmen, drückt ihr Mann ihr ein altes Handy in die Hand.
Ein Modell, das er so eingestellt hat, dass seine Frau zwar Anrufe annehmen, aber keine tätigen kann.
Karim sagt, dass er sie in zwei Stunden abholen werde.
Sobald er anruft, sollen sie und Dahlia rauskommen.
Rana stimmt zu.
Nervös winkt sie ihm und ihren Söhnen noch hinterher.
Als das Auto schließlich aus ihrem Blickfeld verschwunden ist, rennt sie mit ihrer Tochter auf dem Arm los.
Hinein in die Moschee, hinein in das Gebäude, das ihr Sprungbrett in ein neues Leben werden soll.
Dort angekommen, stellt Rana sich in eine Ecke und greift mit zitternden Händen zum Telefon.
Denn eine Nummer gibt es, die auch sie wählen kann.
Den Notruf.
Kurze Zeit später sitzt Rana mit ihrer Tochter auf dem Schoß in einer nahegelegenen Polizeiwache.
Tränen der Erleichterung laufen ihr über die Wangen, aber auch des Schmerzes und der Verzweiflung.
Rana erzählt den PolizistInnen alles.
Schluchzend fasst sie die gesamten letzten zehn Jahre mit Karim zusammen und berichtet von all den Qualen, die sie erleiden musste.
Während die Kripo-BeamtInnen, die ihr zuhören, immer wieder fassungslos mit den Köpfen schütteln.
Die 31-Jährige kramt in ihrer Handtasche, um ein Taschentuch herauszuholen und ertastet dabei etwas im Innenfutter.
Irgendetwas ist da, was da nicht hingehört.
Ein Polizist beginnt den Stoff zu zerschneiden.
Kurz darauf hält er einen Gegenstand in den Händen, der aussieht wie ein USB-Stick.
Es ist ein Aufnahmegerät mit Ortungsfunktion.
Karim muss es in Ranas Tasche platziert haben.
Die 31-Jährige ist schockiert.
Sie weiß nicht, wie lange sie das Gerät schon mit sich trägt.
Doch offenbar hat es Karim nicht gereicht, zu Hause die Kontrolle über sie zu haben.
Obwohl Rana nach wie vor aufgelöst ist, überkommt sie daher ein Gefühl der Genugtuung,
als sie beobachtet, wie der Beamte das Gerät ausschaltet.
Karim kann ihren Standort nun nicht mehr nachvollziehen.
Gegen 22 Uhr Rana ist bereits seit vielen Stunden mit Dahlia auf der Wache
bringen zwei Polizisten ihr in Zivil, den vierjährigen Elias und den einjährigen Hadi.
Rana fällt ein Stein vom Herzen.
Unendlich erleichtert drückt sie ihre Kinder an sich.
Und die beiden Männer haben noch eine gute Nachricht für sie.
Genau wie Ranas Söhne haben sie auch ihren Ehemann bei seinen Eltern finden können und ihn verhaftet.
Gemeinsam mit ihren Kindern wird Rana dann gegen zwei Uhr morgens in ein Frauenhaus gebracht.
Da in Berlin alle Einrichtungen voll sind, kommen sie und ihr Nachwuchs in Brandenburg unter.
Als die 31-Jährige und ihre Kinder in den frühen Morgenstunden eng aneinandergekuschelt im Bett eines kleinen Zimmers liegen,
kann Rana endlich ein wenig durchatmen.
Sie weiß, ab morgen wird es keine Verhöre mehr geben, keine Beleidigungen, keine Fäuste, die auf sie eintrommeln.
Denn zu Karim zurückzukehren, das kommt für sie nicht in Frage.
Dieses Mal wirklich nicht.
Wenige Monate später.
Rana ist nicht mehr wiederzuerkennen.
Genauso wie ihr Leben hat auch sie sich um 180 Grad gewendet.
Nach rund vier Wochen in Brandenburg haben sie und ihre Kinder mittlerweile einen Platz in einem Berliner Frauenhaus bekommen.
Ein Ort, der Rana nicht nur hilft, sich zu sortieren, sondern ihr auch richtig gut tut.
Rana hatte stets Vorbehalte gegenüber Frauenhäusern.
Sie dachte, dort mangelte es an Privatsphäre und die Gesellschaft von anderen traumatisierten Frauen würde sie emotional nur noch weiter in den Abgrund ziehen.
Doch da hat sie sich getäuscht.
Die mittlerweile 32-Jährige genießt den Austausch mit den anderen Bewohnerinnen.
Regelmäßig sitzen sie bis in die späten Abendstunden zusammen.
Mal erzählen sie einander ihre bewegenden Geschichten, mal lachen und albern sie aber auch einfach nur gemeinsam herum.
Es sind Momente der Unbeschwertheit, in denen sich Rana fallen lassen kann und die ihr zeigen, die Beziehung zu Karim hat ihr zugesetzt.
Doch er hat es nicht geschafft, sie zu brechen.
Die 32-Jährige hat gewissermaßen zu alter Lebensfreude und Stärke zurückgefunden, die von Tag zu Tag wachsen.
Genauso wie die Haare auf ihrem Kopf.
Nach Monaten der Glatze und kaum erkennbaren Stoppeln bedeckt mittlerweile wieder kurzes schwarzes Haar die Kopfhaut von Rana.
Doch meistens versteckt sie es unter der langen, blonden Perücke, die sie kurz nach ihrer Ankunft im Frauenhaus gekauft hat und die ihr ein gutes Gefühl gibt.
Wenn Rana mit der hellen Wallemähne in den Spiegel schaut, sieht sie nicht mehr das Opfer, das Karim aus ihr gemacht hat,
sondern eine junge, selbstbewusste Frau, die bereit ist, ihr Leben in neue Bahnen zu lenken.
Rana schlüpft nun auch regelmäßig wieder in modische, figurbetonte Kleidung.
Außerdem hat ihre Mutter Rana auch ein eigenes Handy gekauft und Rana hört darüber immer viel Musik und auch Podcasts.
Und darunter ist ein Podcast, bei dem sie alle Folgen durchhört und auf den sie sich immer besonders doll freut.
Immer dann, wenn sie diesen Sound hier hört.
Das war jetzt kein Bug. Schreibt uns nicht, da gibt es einen Schnittfehler.
Sondern Rana hört zu der Zeit halt super gerne Mordlust, weil sie das eben so in eine andere Welt eintauchen lässt.
Und deswegen ist sie natürlich auch auf unseren Aufruf aufmerksam geworden und hat sich dann später bei uns gemeldet.
Rana weiß, dass ihr Aufenthalt im Frauenhaus für sie nur eine Zwischenstation ist.
Obwohl sie sich dort wohlfühlt, kann sie es kaum erwarten, in naher Zukunft mit Elias, Dahlia und Hadi in eine eigene Wohnung zu ziehen.
Im Oktober erlebt Rana schließlich das, was auf dem Berliner Immobilienmarkt einem Sechser im Lotto gleicht.
Sie kriegt die Zusage für eine Vierzimmerwohnung, ein neues Zuhause für sich und ihre drei Kinder,
das sie nun Stück für Stück einrichtet, wie sie es sich in ihren dunkelsten Momenten immer erträumt hat.
Und von dem Karim keine Ahnung hat, wo es sich befindet.
Denn sie wohnen dort anonym.
Seit ihr Mann sie zur Moschee gefahren hat, hat Rana ihn weder gesehen noch mit ihm gesprochen.
Um sich nach islamischer Tradition von ihm scheiden zu lassen, hat die 32-Jährige bereits ein paar Mal einen Hodja aufgesucht.
Doch der hat ihr gesagt, dass er eine Ehe nicht ohne die Einwilligung des Mannes für beendet erklären kann.
Rana ist sich sicher, dass Karim einer Scheidung nicht zustimmen würde, allein schon um Macht zu demonstrieren.
Ihren Kontaktabbruch aufzugeben, um das auszudiskutieren, kommt für Rana aber nicht in Frage.
Hier in Deutschland ist ihre islamische Ehe ja ohnehin nur symbolischer Natur.
Und außerdem will sie einfach nur nach vorne schauen und endlich ihre Vergangenheit hinter sich lassen.
Doch dafür muss sie sich noch einmal mit ihrem alten Leben auseinandersetzen.
Im Juni 2023, rund ein Jahr nach Ranas letzter Flucht, beginnt am Amtsgericht Tiergarten der Prozess gegen Karim.
Nachdem Rana bei der Polizei über die Gewalt innerhalb ihrer Ehe ausgepackt und Karim angezeigt hatte,
wirft die Staatsanwaltschaft ihm vor, sich der gefährlichen Körperverletzung schuldig gemacht zu haben.
Konkret geht es dabei um den Angriff mit dem Messer, dessen Griff er ihr auf den Kopf geschlagen hat,
sowie um die stundenlange Strangulation mit dem Stromkabel.
Rana betritt das Gerichtsgebäude an diesem Tag in Begleitung ihrer jüngeren Schwester Alia.
Rana ist nervös.
Ihr graut davor, sich erneut mit den Details ihrer Vergangenheit auseinandersetzen zu müssen.
Doch noch größere Angst hat sie davor Karim wiederzusehen.
Auf keinen Fall möchte sie ihn noch einmal in ihrer Nähe haben.
Rana ist daher dankbar, dass das Gericht ihr einen eigenen Raum zur Verfügung stellt,
in dem sie die eintägige Verhandlung auf einem Monitor verfolgen kann
und in dem man sie live zuschalten wird, wenn sie ihre Aussage macht.
Als Rana Karim auf dem Bildschirm erblickt, zieht sich ihr Magen zusammen.
Ihr Mann sitzt neben seinem Verteidiger auf der Einklagebank.
Obwohl sämtliche Corona-Maßnahmen mittlerweile aufgehoben sind,
trägt er eine Maske, die sein Gesicht zur Hälfte bedeckt.
Auf Rana wirkt es, als wolle er sich verstecken.
Ihr wird klar, Stärke und Dominanz konnte Karim nur zu Hause als gewalttätiger Ehemann beweisen.
Hier im Gerichtssaal dagegen ist er eingeschüchtert und ängstlich.
Als Rana in den digitalen Zeugenstand gerufen wird, beginnt sie zu erzählen.
Konzentriert berichtet sie von dem Übergriff mit dem Messer,
der Strangulation mit dem Kabel, aber auch von vielen anderen Situationen.
Als die 32-Jährige darauf zu sprechen kommt, wie sie sich eine Glatze rasieren musste,
flippt Karim aus.
Wie ein verzogenes Kleinkind beginnt er herumzuschreien, zu weinen und behauptet, dass seine Frau lügen würde.
Obwohl Rana diese Reaktion nur auf dem Bildschirm miterlebt, löst sie Panik in ihr aus.
Da ist sie wieder, die Angst, die so lange präsent in ihrem Leben war.
Rana will das alles nicht mehr. Sie will nicht mehr im Gericht sein, sich nicht mehr an das dunkelste Kapitel ihres bisherigen Lebens erinnern müssen.
Deswegen ist sie froh, als der Richter ihr nach einer kurzen Verhandlungspause mitteilt, dass man auch ohne sie weitermachen könnte.
Aufgelöst verlässt Rana das Amtsgericht.
Doch nur wenige Stunden später erfährt sie von ihrer Anwältin, dass sich die Strapazen tatsächlich gelohnt haben.
Karim wurde schuldig gesprochen.
Er hat gestanden und wurde wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten auf Bewährung verurteilt.
Zwar wird er damit nicht ins Gefängnis kommen, jedoch hat die Kammer ein Kontaktverbot verhängt.
Mindestens die nächsten vier Jahre muss er sich von Rana fernhalten und darf sich ihr nicht nähern.
Ich bin überrascht und natürlich froh darüber, dass sie dieses Urteil so positiv aufnimmt, aber ich finde es echt wenig.
Ich meine, ja, der hat jetzt eine Bewährungsstrafe und kann schon sein, dass es da noch weitere Auflagen gab, die er befolgen musste, wie jetzt zum Beispiel ein Kontaktverbot oder so.
Aber er hat ja nicht wirklich krasse Einschränkungen dadurch in seinem Leben.
Nee, und man denkt halt auch, okay, es wurden diese zwei Situationen angezeigt oder halt verhandelt, aber es gab ja tausend Situationen mehr.
Wenn man daran denkt, Pfefferspray in die Augen, dann diese ganzen Prügeleien und so, das sind ja auch Sachen, die ein Gericht jetzt nicht völlig ausklammern muss.
Also klar sind das jetzt keine Taten, die hier explizit verhandelt wurden, aber das wissen wir auch aus anderen Verfahren, es geht auch immer um die Gesamtumstände.
Und es ist ja jetzt nicht so gewesen, dass das für Karim jetzt irgendwie zwei völlig wesensfremde Ausrutscher waren und im Rahmen der Strafzumessung wird das ja eigentlich auch berücksichtigt, also was das für ein Täter ist.
Die 32-Jährige ist erleichtert.
Der Prozess hat ihrem Ex gewissermaßen den Spiegel vorgehalten und ihm vor Augen geführt, dass das, was er all die Jahre mit ihr gemacht hat, falsch und verboten war.
Ranas Vorstellung von Gerechtigkeit hat sich damit erfüllt.
Ihr war es nie wichtig gewesen, dass Karim eines Tages für seine Taten ins Gefängnis muss.
In all den Jahren ihrer Beziehung hatte sie nicht einmal Kraft aus der Vorstellung gezogen, wie er in gefangenen Kleidung hinter Gitterstäben hockt.
Alles, was Rana je wollte, war ein harmonisches, liebevolles Familienleben.
Ein Leben, dem nun nichts mehr im Wege steht.
Denn mit dem Urteil und insbesondere mit dem Kontaktverbot wurde Karim endlich offiziell aus ihrem Leben verbannt.
Und nun liegt es an ihr, das Gleiche für ihre Kinder durchzusetzen.
Nach dem Strafprozess klagt Ranas das alleinige Sorgerecht ein.
Zwar hat Karim nie die Hand gegen Elias, Hadi oder Dalia erhoben.
Doch sie möchte nicht, dass ein Mensch wie er Teil ihres Lebens ist.
Im April 2024 sitzt Rana daher aufgeregt vorm Laptop, als die Sorgerechtsverhandlung um die gemeinsamen Kinder beginnt.
Aus Rücksicht auf ihre Vorgeschichte hat das Familiengericht ihr gestattet, von zu Hause aus in Form eines Online-Meetings daran teilnehmen zu dürfen.
Auf ihrem Bildschirm sieht Rana daher die Gesichter jener Menschen, die heute maßgeblich über die Zukunft ihres Familienlebens entscheiden werden.
Der Richter, ihre Anwältin, eine Vertreterin des Jugendamtes, sowie der sogenannte Verfahrensbeistand, der unter anderem die Aufgabe hat, Kindern das Gerichtsverfahren zu erklären, sowie ihre Wünsche und Bedürfnisse herauszufinden.
Doch eine wichtige Person fehlt.
Karim.
Mehrmals versucht der Familienrichter, ihn telefonisch zu erreichen.
Und als der 39-Jährige auch nach mehreren Minuten Wartezeit nicht auftaucht, beschließt der Familienrichter, ohne ihn zu beginnen.
Sowohl die Vertreterin vom Jugendamt, als auch der Verfahrensbeistand sind der Meinung, dass Rana als Mutter das alleinige Sorgerecht zugesprochen werden sollte.
Einbringlich schildern sie, was der 6-jährige Elias ihnen im Vorgespräch erzählt hat.
Er habe Angst vor Papa und wollte ihn nicht sehen.
Er sei immer böse zu Mama gewesen und habe ihr eine Glatze gemacht.
Es sind Aussagen, die Ranas Mutter Herz bluten lassen.
Ihre mittlerweile dreijährigen Zwillinge waren damals noch Babys und können sich zumindest bewusst an nichts erinnern.
Doch Elias, ihr Großer, hat einiges von ihrem Martyrium mitgekriegt.
Rana wünschte, sie könnte ihm all diese Erinnerungen nehmen, die ihm offensichtlich schwer auf seiner jungen Seele liegen und sie wie eine Kassette mit schönen, unbeschwerten Inhalten überschreiben.
Da das jedoch nicht möglich ist, wird Rana von nun an alles geben, um Elias und seinen zwei Geschwistern eine glückliche Kindheit zu bescheren.
Die Verhandlung ist schon fast beendet, als Karim doch noch dazu stößt.
Wenn auch nur indirekt.
Nachdem der Richter versucht hat, ihn mehrmals zu kontaktieren, meldet er sich nun telefonisch zurück.
Und als er erfährt, dass er gerade dabei ist, die Sorgerechtsverhandlung um seine Kinder zu verpassen, beginnt er einen wütenden und wirren Monolog.
Da der Richter sein Telefon auf laut gestellt hat, hört Rana, wie Karim lautstark behauptet, nicht gewusst zu haben, dass der Termin heute ist.
Ranas Familie habe wahrscheinlich die entsprechenden Briefe aus seinem Briefkasten gefischt.
Ja, genau.
Seine Frau habe während ihrer Beziehung zahlreiche Affären gehabt, sei eine berühmte TikTokerin, die öffentlich schlecht über ihn sprechen würde und überhaupt hätten sich alle gegen ihn verschworen.
Ja, Rana weiß nicht, ob sie lachen oder weinen soll. Sie hat nicht mal einen TikTok-Account.
Jahrelang hat sie so große Angst vor Karim gehabt. Nun, wo sie all den Blödsinn hört, den er da von sich gibt, ist er ihr nur noch peinlich.
Das Familiengericht zeigt sich von Karims Äußerungen unbeeindruckt.
Und so wird Rana im Mai dieses Jahres das alleinige Sorgerecht für ihre Kinder zugesprochen.
Für die 33-Jährige ist es der letzte große Sieg gegen ihren gewalttätigen Ex-Partner und zugleich ihr größter Triumph.
Karim bekommt nicht einmal Umgangsrecht. Rana und ihre Kinder müssen ihn nie wiedersehen.
Eine Erkenntnis, die sich für Rana anfühlt, als würde man die Ketten lösen, in denen sie jahrelang gefangen war.
Und mit der sie nun endlich ihr neues Leben genießen kann.
Wenn auch nicht, ganz ohne ab und zu zurückzublicken.
Die 33-Jährige macht eine Traumatherapie.
Sie weiß, dass sie die vergangenen zehn Jahre nicht einfach abhaken und vergessen kann.
Sie muss sich damit auseinandersetzen und sich den schmerzlichen Erinnerungen stellen.
Regelmäßig fließen in den Sitzungen mit der Psychologin Tränen und Angstschweiß.
Doch Rana weiß, die Traumaarbeit wird ihr langfristig zugutekommen.
Und sie nicht nur zu einem glücklicheren Menschen, sondern auch zu einer besseren Mutter machen.
Und das, obwohl sie in ihrer Rolle als alleinerziehende Mama bereits jetzt voll aufgeht und sie mit Hingabe erfüllt.
Nachdem sich Ranas Alltag jahrelang fast ausschließlich in einer kleinen Wohnung abgespielt hat,
besucht sie mit ihren Kindern nun regelmäßig die Berliner Spielplätze,
organisiert Verabredungen mit Gleichaltrigen und dekoriert vor Geburtstagen bis in die Nacht hinein das Wohnzimmer.
Elias, Dahlia und Hadi geben ihr im Gegenzug das, wonach sich Rana ihr ganzes Leben lang gesehnt hat.
Liebe. Ich liebe dich, Mama, sagen sie, wenn ihre Mutter sie zu Bett bringt.
Ich liebe dich, heißt es, wenn Rana ihnen morgens ihre Schüssel mit Müsli füllt.
Und sie sagen, ich liebe dich, bevor es in die Kita und zur Schule geht.
Und auch wenn Rana diesen Satz nun tagtäglich hört, wird ihr dabei jedes Mal warm ums Herz.
Wenige Wochen nach der Sorgerechtsverhandlung.
So frei hat sie sich nie gefühlt.
Aufgeregt steht Rana in der Berliner Uber-Arena.
Über die Köpfe und Schultern der Menschenmasse vor ihr richtet sie ihren Blick nach vorne Richtung Bühne.
Die 33-Jährige erfüllt sich heute einen Lebenstraum.
Gemeinsam mit ihrer Schwester Alia besucht sie ein Konzert des Sängers Apache 207.
Rana liebt die Musik des Künstlers.
Immer wieder hat sie sich in den schlimmen Jahren mit Karim vorgestellt, wie es wäre, ein Konzert von ihm zu besuchen.
Wie es wäre, als freier Mensch glücklich und ausgelassen zu seiner Musik zu feiern.
Dass sie genau diese Vorstellung heute in die Tat umsetzen kann, kann sie selbst kaum glauben.
Nach und nach singt Rana die Songs des Künstlers mit.
Lautstark stimmt sie in die Lyrics ein, jubelt und grölt.
Doch bei einem Lied wird sie schließlich ruhig und hält kurz inne.
Rana bekommt Gänsehaut, als der Sänger live zum Refrain ansetzt.
Noch nie im Leben warst du so gefangen.
Gott, es ist krank.
Das weiß Rana nun.
Sie weiß, wie krank es war, wie Karim sie behandelt hat.
Wie krank es war, dass sie immer wieder zu ihm zurückgekehrt ist.
Und auch wenn sie hier, inmitten der Arena, nichts als Glück empfindet,
gibt sie sich in diesem Moment ein stilles Versprechen.
So etwas tut sie sich nie wieder an.
Ihr seht's nicht, aber wir heulen jetzt bald.
Ich freue mich einfach auch jetzt so, dass es mal eine Geschichte mit einer Art Happy End gibt.
Das haben wir halt auch selten.
Und ich freue mich einfach so, dass sie es daraus geschafft hat.
Zehn Jahre war die da drin und hat es geschafft und ist jetzt fähig,
dieses Jahr auf diesem Konzert zu sein und zu tanzen und zu singen und zu grölen.
Es ist einfach krass.
Ja, und es ist halt das, was er ihr all die Jahre auch genommen hat.
Er hat ihr Leben ja zu einem gemacht, was ganz anders war, als sie sich vorgestellt hat.
Und zu einem, was, glaube ich, niemand von uns gerne leben wollen würde.
Und sie hat es so lange ausgehalten für die Kinder.
Das ist natürlich auch total schwierig, in so einer Situation,
wenn du mit der Person Kinder hast, das alles aufzugeben.
Weil du auch nicht weißt, kriegst du das alleine mit drei Kindern hin?
Du weißt nicht, was macht er dann als nächstes, ja?
Ja, sie hatte auch zu Recht irgendwann Todesangst vor ihm, ja?
Natürlich.
Also, was hat er alles gemacht?
Ja, ich bin teilweise überrascht, dass sie das überhaupt überlebt hat.
Ja.
Aber ihm würde ich jetzt nicht zutrauen, dass er sich die ganze Zeit so unter Kontrolle hatte,
dass das nicht passiert wäre.
Ja.
Ja, also wir sind auf jeden Fall super dankbar, dass Rana ihre Geschichte mit uns geteilt hat.
Und sie hat zu uns gesagt, sie hat sich dazu entschieden, die Geschichte hier bei Mordlust zu erzählen.
Weil wenn nur eine einzige Person, die in so einer Lage ist, wie sie, ihre Geschichte hört
und dadurch vielleicht Mut fassen kann, sich aus dieser Situation herauszubegeben und diesen Schritt zu wagen,
dann hat sich das für sie schon gelohnt.
Ja, das ist einfach super emotional und heavy und leider haben wir jetzt auch nichts im Angebot,
was das in irgendeiner Weise auffangen kann.
Nee, leider nicht.
Wir wollten euch ja noch was zur Tour sagen.
Und zwar ist es so, dass ich dieses Jahr eine Diagnose bekommen habe und gerade eine Behandlung machen muss.
Und es ist so, dass man zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht absehen kann, wann diese Behandlung vorbei sein wird
und wann es mir dann körperlich wieder möglich ist, auf einer Bühne zu stehen.
Das ist wirklich für uns auch total traurig, nicht nur die Diagnose, sondern dass wir eben dadurch euch jetzt nicht das erzählen können,
was wir uns eigentlich erhofft hatten, nämlich, dass wir irgendwie neue Termine haben und die jetzt verkünden können.
Aber ja, weil wir können das leider jetzt gerade noch nicht absehen und das wird auch noch eine Weile dauern.
Ja, das sieht jetzt so aus, also diese Tickets behalten ihre Gültigkeit.
Aber wir können das natürlich total nachvollziehen, wenn ihr jetzt sagt, ey, ich will mein Geld nicht so lange irgendwo parken
und weiß dann gar nicht, ob ich am Ende überhaupt zu dem Termin kommen kann, zu dem neuen.
Und wenn ihr dann deswegen die Tickets jetzt zurückgeben wollt, es geht halt nur leider bei uns einfach nicht anders.
Und so ist der einzige Weg, wie wir das jetzt machen können.
Es ist, also wir haben ja auch schon den Fall geschrieben.
Wir haben das Bühnenbild besprochen und das wird grandios aussehen.
Aber ja, das Leben hat uns da jetzt echt einen richtigen Strich durch die Rechnung gemacht.
Und an der Stelle aber auch nochmal ein ganz großes Dankeschön an diejenigen,
die da so viel Verständnis uns entgegengebracht haben.
Auch dafür, dass wir hier nicht noch weiter ins Detail gehen wollen.
Und die auch verstanden haben, also wir beide, wir kommen zwar hier jede Woche zur Arbeit und liefern die Folgen,
aber alles, was in unserem Leben noch so hinter den Kulissen passiert, das weiß man ja einfach nicht.
Nee, und es ist tatsächlich eher, also es grenzt tatsächlich eher an ein Wunder,
dass wir das so geschafft haben, dass der Podcast jetzt auch wirklich in dieser Zeit keinmal ausgefallen ist.
Ja, also das darf man eigentlich auch niemandem erzählen,
unter welchen widrigen Umständen wir hier im Laufe der Jahre schon immer aufgenommen haben,
nur damit nichts ausfällt.
Ja, allerdings hat sich das jetzt doch als sehr schwierig herausgestellt in der letzten Zeit.
Und deswegen werde ich jetzt nächstes Jahr erstmal nur alle zwei Wochen dabei sein können.
Genau, also es kommt trotzdem jede Woche eine Folge.
Und weil Laura aber ja nicht zu ersetzen ist, wird sie auch nicht replaced.
Sondern ich mache das dann mit ExpertInnen, die auch explizit was zu der Folge sagen können.
Also wir wissen, dass so eine Formatänderung ist eine Zumutung, vor allem für Podcast-HörerInnen.
Und das lastet jetzt natürlich auch schwer auf meinen Schultern.
Aber ich werde mir auf jeden Fall sehr viel Mühe geben, das alleine irgendwie tragen zu können.
Aber ich habe ein bisschen Angst.
Ich muss sagen, ich mache mir da nicht so große Sorgen.
Ich kenne ja Paulina und wie sie arbeitet.
Und ich habe auch schon im Kalender gesehen, was da geplant ist, was für Fälle und was für Gäste kommen.
Und das hört sich richtig spannend an.
Und am 15. Januar geht es hier weiter mit einem Fall, den wir eben zusammen erzählen.
Und das ist eine Geschichte, die wir schon ganz lange mal erzählen wollten.
Und bei der uns auch wirklich bei der Recherche immer wieder die Kinnlade runtergefallen ist.
bei dem Behördenversagen, das da stattgefunden hat.
Euch einen guten Rutsch und frohe Weihnachten.
Oh Mann, oh Mann, oh Mann, oh Mann.
Ich dachte, jetzt kommt das Kotzgeräusch.
Nein, das kann ich doch nicht immer machen.
Das ist doch widerlich.
Das finden die Leute doch eklig.
Das war ein Podcast der Partner in Crime.
Hosts und Produktion Paulina Kraser und Laura Wohlers.
Redaktion Jennifer Fahrenholz und wir.
Schnitt Pauline Korb.
Rechtliche Abnahme und Beratung Abel und Kollegen.