00:00:08
Herzlich willkommen bei Mordlust. Wir sind nach unserer Winter- und Weihnachtspause zurück.
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Und noch immer sprechen wir hier in dem Podcast der Partner in Crime über wahre Verbrechen und ihre Hintergründe.
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Mein Name ist Paulina Kraser.
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Und ich bin Laura Wohlers.
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In jeder Folge erzählen wir einen bedeutsamen, wahren Kriminalfall nach,
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ordnen ihn für euch ein, erörtern und diskutieren die juristischen, psychologischen oder gesellschaftlichen Aspekte.
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Und wir sprechen mit Menschen mit Expertise.
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Hier geht es um True Crime, also auch um die Schicksale von echten Menschen.
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Bitte beidet das immer im Hinterkopf. Das machen wir auch.
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Selbst dann werden wir zwischendurch mal etwas abschweifen.
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Das ist für uns eine Art Comic Relief, aber natürlich nicht despektierlich gemeint.
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Bevor wir zu unserem heutigen Fall kommen, der ein unfassbares Behördenversagen offenlegt,
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sind wir dieses Jahr jetzt ja mit einer nicht so schönen Nachricht auch ins neue Jahr gestartet.
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Und zwar ist der Bottropper Apotheker vorzeitig aus der Haft entlassen worden.
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Also acht Jahre saß Peter S. jetzt ein, nachdem er eben Krebsmedikamente gepanscht hatte
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und zu zwölf Jahren Haft verurteilt wurde.
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Aber ja, bei der Prüfung über die Aussetzung der restlichen Freiheitsstrafe, also zur Bewährung,
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kam man eben jetzt zu der Entscheidung, ihn freizulassen.
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Genau. Und als wir das gehört haben, war das schon so ein bisschen auch ein Schock,
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weil, also es ist so, immer wenn man uns fragt, und das fragt man uns immer in Interviews irgendwie so,
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welcher Fall geht euch nicht mehr aus dem Kopf, dann ist dieser Fall immer mit dabei.
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Und ich erinnere mich auch noch ganz genau an die Aufnahme.
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Das war Folge 23 und wir haben Rotz und Wasser geheult.
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Einfach auch, weil dieses Ausmaß dieser Tat so riesig war.
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Also es sind mindestens 3.800 PatientInnen von dieser falschen Dosierung betroffen gewesen.
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Also mindestens übrigens, weil wir haben danach auch ganz viele Nachrichten von Leuten bekommen,
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deren Angehörige gestorben sind, die ihre Medikamente aus dieser Umgebung bezogen haben
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und gar nicht wissen und nicht mehr nachvollziehen können, woher genau die kamen.
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Der hat da halt manche Krebsmedikamente mit Kochsalzlösungen ausgetauscht oder auch gestreckt.
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Dann ist es so tragisch, dass man ihn auch gar nicht wegen eines Tötungsdelikts jetzt irgendwie verurteilen konnte,
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weil man am Ende gar nicht nachweisen konnte, welche PatientInnen jetzt wirklich aufgrund dieser Unterdosierung gestorben sind.
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Ja, das ist ja auch so, finde ich, mit das Perfide und Schlimme an dieser Tat oder an diesen Taten generell gewesen.
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Weißt du, dass er das da in seiner Apotheke da heimlich irgendwie so gepanscht hat,
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aber mit dem Wissen, dass das für manche Menschen eben dann tödlich sein kann, nur um sich selber zu bereichern.
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Genau, Habgi war ja das Motto und dieses Bild werde ich auch nie vergessen,
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dass sich dieser Typ einfach eine Rutsche von seinem Schlafzimmer in seinen Pool gebaut hat.
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Das ist so abartig, also wirklich, ich habe das schon wieder versucht zu verdrängen, diesen Fall, aber es ist wirklich, es ist so schlimm.
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Man kann sich das gar nicht vorstellen, dass jemand sowas macht.
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Zum Glück darf dieser Mensch nie wieder als Apotheker arbeiten, also der hat ein lebenslanges Berufsverbot bekommen und die Approbation entzogen bekommen.
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Dagegen hatte er sich ja gewährt, das wollte er ja auf keinen Fall und wenn Opfer auf Schmerzensgeld geklagt haben, hat er sich dagegen gewährt, Rechtsmittel eingelegt und so weiter.
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Also man merkt auch, da ist irgendwie gar keine Einsicht oder keine Rolle oder so bei dem zu spüren.
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Ja, genau. Und das Ding ist, ich meine, es ist jetzt eine Neuigkeit und die entsetzt uns, aber es ist jetzt halt leider in Anführungszeichen auch kein wirklicher Skandal,
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dass jetzt die letzten vier Jahre auf Bewährung ausgesetzt sind, weil das auch üblich ist, dass man vorzeitig aus der Haft entlassen werden kann,
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wenn man zwei Dritte seiner Strafe abgesessen hat, damit es auch die Möglichkeit auf eine Resozialisierung gibt, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.
00:03:57
Die leider erfüllt sind und deswegen ist dieser Mann jetzt frei.
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Ich hoffe, er ist weggezogen, weil die Opfer kamen ja auch viele speziell aus dieser Umgebung und es gab ja, erinnerst du dich noch an die Onko-Mädels,
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die halt immer zusammen zur Chemotherapie da zusammen kamen und am Ende ist irgendwie die Hälfte von denen weggestorben.
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Und er kam da auch immer noch und hat mit denen geklönt irgendwie, während die da die Infusion bekommen haben.
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Das war ja noch das Höchste, oder?
00:04:22
Ja, genau. Und ich hoffe halt, dass keine von den Onko-Mädels und all die anderen Opfer, die noch leben, den jemals zu Gesicht bekommen müssen.
00:04:30
Ja, und jetzt kommen wir gleich zu unserem heutigen Fall, der auch eine Geschichte von einem Mann erzählt, der zwei Gesichter hat.
00:04:38
Und während der nach außen die gute Seele gab, zeigte er hinter verschlossener Tür seine wahre Fratze.
00:04:44
Und hätte man nur etwas genauer hingesehen, etwas genauer hingehört, dann hätte sehr viel Leid verhindert werden können.
00:04:53
Fast alle Namen sind geändert und die entsprechende Trigger-Warnung findet ihr in der Folgenbeschreibung.
00:04:59
Es ist ein lauer Augustabend im Jahr 2016 und es sind noch Schulferien, als Jens Rositzka und seine beiden Töchter sich auf den Weg zur Gartenparty machen.
00:05:08
Die achtjährige Hannah und die fünfjährige Susi haben sich schon den ganzen Tag auf die Feier gefreut.
00:05:14
Die findet auf dem Campingplatz Eichwald statt, der gleichzeitig als Freizeitpark genutzt wird. Ein Kinderparadies.
00:05:21
Der Campingplatz liegt im Weserbergland im Kreis Lippe an der Grenze zwischen Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen.
00:05:27
Tief im Herzen Deutschlands.
00:05:28
Idyllischer könnte es kaum sein.
00:05:30
Die nächstgelegene Stadt Lüchte ist knapp zehn Kilometer entfernt, dazwischen gibt es so gut wie nichts außer Feld, Wald und Wiesen.
00:05:38
Jetzt im Sommer ein beliebtes Urlaubsziel für Familien, aber manche haben diese Gegend hier gleich zu ihrer Heimat gemacht.
00:05:44
So wie Jens, der alleinerziehende Vater mit kurzen schwarzen Haaren, schmaler Brille und grau meliertem Vollbart, ist erst vor kurzem mit Hannah und Susi in die Gegend gezogen.
00:05:53
Die zwei Mädchen verbringen in den Sommerferien viel Zeit auf dem Campingplatz, lernen neue Freundinnen kennen, mit denen sie Ausflüge im Wald unternehmen oder im anliegenden Schwimmbad planschen.
00:06:03
Auch der 56-jährige Jens findet hier Erholung nach einer stressigen Woche.
00:06:07
So langsam fühlt er sich nach dem Umzug angekommen in der neuen Umgebung.
00:06:10
Auf der Gartenparty treffen Jens und seine Töchter auf bekannte Gesichter.
00:06:15
Sie werden herzlich empfangen.
00:06:16
Jens lässt sich in einen Campingstuhl fallen, der Geruch von Gegrilltem liegt in der Luft.
00:06:21
Während die Kinder Trampolin springen und Fangspielen, sitzt er mit den anderen Eltern zusammen und plaudert.
00:06:26
Nur ein Mann sitzt nicht bei den anderen Erwachsenen, sondern bespaßt die Kinder, die laut auflachen, wenn Onkel Frank, wie sie ihn nennen, sie Huckepack nimmt und im Kreis herumrennt.
00:06:37
Wer ist dieser Mann, will Jens von einer der anwesenden Mütter wissen.
00:06:40
Ach, das ist Frank, berichtet sie ihm.
00:06:43
Er sei hier sowas wie der hauseigene Animateur.
00:06:45
Ein ganz Lieber.
00:06:46
Er sei die gute Seele des Campingplatzes.
00:06:48
Ein Nachbar, auf den man sich immer verlassen könne.
00:06:52
Frank sei hier bereits seit über 30 Jahren Dauercamper und arbeite als Platzwart.
00:06:56
Jens beobachtet das Treiben.
00:06:58
Frank muss, wie er, Mitte 50 sein.
00:07:01
Ein großer Mann mit ausgeprägtem Bierbauch, um das sich ein T-Shirt spannt.
00:07:05
Er trägt ein Drei-Tage-Bart und kurze, braungraue Haare, die langsam einer Glatze weichen.
00:07:10
Ein onkeliger Typ eben und ganz offensichtlich ein Magnet für Kinder.
00:07:16
Im Laufe des Abends kommt Jens mit Frank ins Gespräch.
00:07:19
Frank zeigt auf ein schmächtiges kleines Mädchen, um die fünf Jahre alt, mit langen, blonden Haar.
00:07:24
Das ist meine Tochter Lilly, erzählt er Jens stolz, meine Prinzessin.
00:07:28
Ganz unvermittelt bietet Frank Jens an, dass er ja auch mal auf seine beiden Töchter aufpassen könnte.
00:07:33
Du bist alleinerziehend und viel beschäftigt.
00:07:36
Lass deine Kinder doch gerne mal öfter bei uns.
00:07:38
Dann können unsere Mädchen spielen und du hast deine Ruhe, sagt er ihm.
00:07:42
Nett gemeint, denkt sich Jens, aber irgendwie auch komisch.
00:07:45
Sie kennen sich doch kaum.
00:07:46
Auf Jens wirkt Frank etwas derbe und ziemlich aufdringlich.
00:07:50
Jens entschuldigt sich, er müsse kurz auf Toilette.
00:07:52
Als er wiederkommt, sitzt eine seiner Töchter auf Franks Schultern.
00:07:56
Jens nähert sich den beiden, ohne dass Frank es bemerkt, als er hört, wie der 54-Jährige seiner Tochter etwas zuflüstert.
00:08:03
Zieh doch mal den Rock ein bisschen nach oben.
00:08:06
Jens ist völlig entgeistert.
00:08:09
Hat er das gerade richtig gehört?
00:08:11
Wie aus Reflex reißt er seine Tochter von Frank los.
00:08:15
Sag mal, spinnst du?
00:08:16
Warum soll sie ihren Rock hochziehen?
00:08:18
Stellt er ihn zur Rede.
00:08:19
Jens hat noch nicht verarbeitet, was er da gerade gehört hat, als Frank ihm mit einem ekelerregenden Grinsen zuflüstert.
00:08:26
Ich mag es, wenn ich kleine feuchte Mösen am Hals habe.
00:08:31
Jens ist fassungslos.
00:08:33
Du bist ein Pädophiler, schreit er ihn an.
00:08:36
Eine tiefe Wut durchfährt Jens Körper und entlädt sich direkt durch einen Faustschlag in Franks Gesicht.
00:08:42
Als der zu Boden geht, wird das von entgeisterten Augenpaaren beobachtet, die nicht mitbekommen haben, was Frank zu Jens gesagt hat.
00:08:51
Ein Rauen geht um.
00:08:52
Gewalt hier auf dem friedlichen Campingplatz?
00:08:54
Der Typ macht sich an eure Kinder ran, merkt ihr das nicht?
00:08:58
Frank ist harmlos, versucht eine Mutter ihn zu beruhigen.
00:09:01
Jens kann es nicht glauben und ist rasend vor Wut.
00:09:05
An der einen Hand packt er Susi, an der anderen Hannah.
00:09:07
Dann verschwinden sie vom vermeintlichen Kinderparadies.
00:09:10
Zu Hause angekommen lässt ihn das Erlebte nicht los.
00:09:14
Nicht nur wegen der zahlreichen Kinder, mit denen Frank täglich zu tun hat, sondern auch, weil ihn die Situation an etwas aus seiner eigenen Vergangenheit erinnert.
00:09:22
Etwas, das ihn jetzt dazu bringt, das Telefon in die Hand zu nehmen und sich beim Kinderschutzbund zu melden.
00:09:27
Auf dem Campingplatz lebe ein Mann, der seine Tochter sexuell belästigt habe, berichtet er.
00:09:32
Die Frau am anderen Ende der Leitung klingt alarmiert.
00:09:35
Sie werde den Verdacht sofort an die zuständige Jugendamtbehörde weiterleiten.
00:09:39
Um wirklich sicher zu gehen, erstattet Jens außerdem Anzeige bei der Polizei Lippe gegen Frank.
00:09:44
Eine Woche vergeht, bis Jens einen Anruf von der Polizei erhält.
00:09:49
Die Vorwürfe hätten sich nicht erhärtet, sagt ihm der Beamte.
00:09:52
Ein paar Tage später klingelt bei Jens wieder das Telefon.
00:09:55
Nun ist es eine Mitarbeiterin des zuständigen Jugendamtes.
00:09:59
Man habe Frank überprüft und sei zu dem Ergebnis gekommen, dass alles in Ordnung sei.
00:10:03
Am Ende des Telefonats schiebt die Frau etwas Irritierendes hinterher.
00:10:08
Jens solle aufpassen, was er über andere behaupte.
00:10:11
Es sei rufschädigend und käme einer Verleumdung gleich, was er getan habe.
00:10:16
Jens versteht die Welt nicht mehr.
00:10:18
Ist er jetzt etwa der Böse?
00:10:19
Er fühlt sich hilflos und wütend.
00:10:22
Warum will niemand auf ihn hören?
00:10:24
Da läuft jemand rum, der sich offenbar an kleine Kinder ranmacht und Polizei und Jugendamt tun nichts?
00:10:30
In diesem Sommer 2016 ist Jens mit seinen Gedanken noch allein.
00:10:35
Doch das wird sich in den nächsten Jahren Stück für Stück ändern.
00:10:39
In dieser Zeit betritt Jens den Campingplatz kein einziges Mal.
00:10:43
Die neu gewonnenen Freundinnen verliert Jens dadurch.
00:10:46
Ein Preis, den er gerne in Kauf nimmt.
00:10:50
Knapp zwei Jahre nach dem Vorfall auf der Gartenfeier ist Frank noch immer als der Kinderbespaßer des Campingplatzes Eichwald bekannt.
00:10:57
Im Juli 2018 ist die alleinerziehende Mutter Anastasia auf dem Weg zu seiner Parzelle.
00:11:02
Ihre neunjährige Tochter Daria durfte gestern zum zweiten Mal bei Frank und seiner Pflegetochter Lilly übernachten.
00:11:09
Die beiden Kinder kennen sich aus der Schule und haben sich ein paar Wochen zuvor auf Lillys Geburtstagsfeier auf dem Campingplatz angefreundet.
00:11:16
Frank und Anastasia waren ins Gespräch gekommen und Anastasia hat von dem stressigen Umzug erzählt, den sie gerade über die Bühne bringen muss.
00:11:24
Frank hatte ihr daraufhin angeboten, ihr Daria für einen Abend abzunehmen und Anastasia hat dieses Angebot gerne angenommen.
00:11:31
Und weil es letztes Mal so gut geklappt hat und Daria wieder so aufgeregt war, auf dem Campingplatz übernachten zu dürfen,
00:11:38
erwartet Anastasia ihre Tochter auch heute wieder glücklich von Frank und Lilly abzuholen.
00:11:44
Doch jetzt in diesem Moment, als Anastasia Daria auf dem Campingplatz Eichwald einsammelt, wirkt sie irgendwie seltsam.
00:11:51
Ihre Tochter ist ganz still und komisch. So ist sie sonst nicht.
00:11:55
Daheim angekommen, fragt sie ihre Tochter, was denn los sei. Plötzlich bricht die kleine Daria in Tränen aus.
00:12:01
Sie beschreibt, was Frank mit ihr und Pflegetochter Lilly in der Nacht angestellt hat.
00:12:05
Jedes Wort, jede Schilderung fühlt sich für Anastasia wie ein Stich ins Herz an.
00:12:11
Sofort realisiert sie, Daria und Pflegetochter Lilly wurden vergewaltigt.
00:12:15
Und zwar von dem Mann, von dem sie dachte, er sei ein liebender Pflegevater, der sich aufopferungsvoll um so viele Kinder kümmere.
00:12:23
Der anfängliche Schock weicht nun einem tiefen Gefühl von Hass.
00:12:27
Vielleicht auch deshalb begeht Anastasia einen Fehler und geht ihrem ersten Impuls nach.
00:12:33
Anstatt die Nummer der Polizei zu wählen, ruft sie Frank an und stellt ihn zur Rede.
00:12:37
Und Frank gibt die Tat tatsächlich zu.
00:12:40
Hat aber die Dreistigkeit zu sagen, sie wollte es auch.
00:12:45
Anastasia ist wie benommen.
00:12:46
Doch es wird noch schlimmer, als Frank ihr droht.
00:12:49
Ich kenne den Schulweg deiner Tochter.
00:12:51
Überleg dir gut, was du jetzt machst.
00:12:53
Anastasia ist verzweifelt.
00:12:55
Was soll sie nur tun?
00:12:57
Wochen vergehen.
00:12:59
Schließlich sucht sich Anastasia juristische Hilfe und vertraut sich Strafverteidiger Roman von Alvinsleben an.
00:13:05
Der schafft es schließlich, Anastasia trotz ihrer Angst vor Frank zur Anzeige zu bewegen, wie er uns im Interview erzählt hat.
00:13:11
Das ist ja auch ein Prozess, da braucht man Zeit.
00:13:14
Dann nochmal das Überlegen.
00:13:16
Ich habe Angst, ich will es eigentlich nicht.
00:13:19
Was tue ich dem Kind an, wenn das noch viele Male aussagen muss.
00:13:23
Ich habe dann einfach weiter motiviert und die Anzeige ist das Mindestmaß, was man tun kann.
00:13:29
Am 20. Oktober 2018, einem Samstagvormittag, fasst Anastasia schließlich den Mut, zur Polizei zu gehen.
00:13:36
In Begleitung einer Freundin werden sie und Daria in einen Raum geführt, wo das Mutter-Tochter-Gespann aussagen soll.
00:13:41
Während die neunjährige Daria von der schlimmsten Nacht ihres Lebens berichtet, macht sich der Polizeibeamte Notizen.
00:13:48
Dann werden sie verabschiedet, man werde sich bei ihnen melden, so der Beamte trocken.
00:13:52
Anastasia verlässt die Polizeistation mit einem komischen Gefühl.
00:13:56
Einerseits ist sie erleichtert, dass sie endlich gegen Frank vorgegangen ist, aber so richtig ernst genommen fühlt sie sich nicht.
00:14:03
Und tatsächlich passiert danach erstmal nichts.
00:14:06
Tage vergehen, danach sogar Wochen, in denen Anastasia in ständiger Angst lebt.
00:14:11
Was, wenn Frank sich nun rächen wird und ihrer Tochter Daria etwas antun könnte.
00:14:16
Verzweifelt, ruft sie ihren Anwalt an und bittet um Hilfe.
00:14:19
Von Alvins Leben macht daraufhin Druck bei der zuständigen Polizeibehörde, erzählt er uns.
00:14:24
Die Polizei hatte nicht mal Interesse, da irgendwie rauszufahren.
00:14:28
Jedenfalls habe ich das so wahrgenommen.
00:14:30
Dann habe ich da angerufen, dann waren die natürlich sofort da.
00:14:34
23 Tage nach der Anzeige, also Mitte November 2018, meldet sich schließlich die Polizei bei Anastasia.
00:14:41
Das zuständige Jugendamt habe Franks Pflegetochter Lilli in Obhut genommen.
00:14:45
Und was ist mit Frank, will Anastasia wissen?
00:14:48
Darüber könne man ihr keine Informationen geben.
00:14:52
Auf dem Campingplatz will man nicht wahrhaben, was nach Anastasias Anzeige hinter vorgehaltener Hand getuschelt wird.
00:14:58
Unser Frank ein pädophiler Straftäter?
00:15:01
Die gute Seele von Eichwald?
00:15:03
Doch nach einigen ernsten Gesprächen mit ihren Kindern erstatten kurze Zeit später gleich mehrere Eltern und auch Einzelpersonen bei der Polizei Anzeige wegen sexuellen Missbrauchs gegen Frank.
00:15:13
Und so wird Frank zwei Wochen, nachdem seine Pflegetochter Lilli den Campingplatz verlassen musste, ebenso von seiner Parzelle abgeholt.
00:15:21
Von der Polizei.
00:15:22
Der 56-Jährige kommt in Untersuchungshaft.
00:15:25
Am 30. Januar 2019, knapp zwei Monate nach der Festnahme von Frank, wird der Öffentlichkeit dann das Ausmaß seiner Taten präsentiert und Lüchte zum Synonym des Grauens.
00:15:37
Der Saal im Kreishaus Detmold ist brechend voll und wirkt viel zu klein für die zahlreichen Journalistinnen und Kameras im Raum.
00:15:45
Der TV-Sender Welt überträgt die Pressekonferenz live im Fernsehen.
00:15:50
Zuvor hat es eine knappe Pressemitteilung gegeben.
00:15:52
Es ginge um schweren sexuellen Missbrauch an zahlreichen Kindern.
00:15:56
ARD, ZDF, Sat.1, RTL.
00:15:59
Sie alle richten ihre Mikrofone in Richtung des Mannes, der die sogenannte Ermittlungskommission Camping leitet.
00:16:05
Sichtlich angefasst und mit brüchiger Stimme beginnt der Chefermittler Gunnar Weiß zu sprechen.
00:16:11
Wir haben in relativ kurzer Zeit durch Vernehmung und Auswertung eine Vielzahl geschädigter Kinder feststellen können.
00:16:18
Wir haben einen Tatzeitraum, der sich seit 2008 bis zum Dezember erstreckt.
00:16:27
Das Alter der Opfer war zur Tatzeit jeweils zwischen 4 und 13 Jahre.
00:16:34
Wir sprechen hier vermutlich von mehr als 1000 Einzeltaten.
00:16:39
Wir haben insgesamt 23 Opfer identifizieren können.
00:16:48
Ich muss an dieser Stelle sagen, dass die Zahl 23 vermutlich nicht abschließend bleibt.
00:16:54
Der Tatzeitraum habe sich also über mehr als 10 Jahre erstreckt.
00:16:59
Und man geht davon aus, so der leitende Ermittler, dass was sie bisher haben, nur die Spitze des Eisbergs sei.
00:17:05
Wir haben noch einen Haufen Arbeit vor uns, insbesondere was die Identifizierung der weiteren geschädigten Kinder anbetrifft und auch Auswertung der Daten.
00:17:15
Da stehen wir eigentlich erst am Anfang der Ermittlungen. Vielen Dank.
00:17:19
In der verschlafenen Region ist seit der Pressekonferenz nichts mehr, wie es einmal war.
00:17:24
Der Campingplatzbetreiber klagt in den kommenden Wochen über Fremde und Schaulustige,
00:17:29
die sich heimlich auf das Areal schleichen, um Franks Parzelle zu begutachten.
00:17:33
Im Nachbarort Hameln gründet sich im März eine Bürgerinitiative namens
00:17:37
Die Kinder von Lüchte, die fortan regelmäßig in der Fußgängerzone demonstriert,
00:17:42
um auf das Schicksal der Opfer aufmerksam zu machen.
00:17:44
Der kleine Ort Lüchte erfährt nun traurige Berühmtheit in ganz Deutschland
00:17:49
und wird zum Synonym für massenhaften Kindesmissbrauch.
00:17:52
Die Tagesschau berichtet regelmäßig von neuen Erkenntnissen,
00:17:56
von einem System des Schweigens und von Schlampereien beim Jugendamt.
00:17:59
Ganz Deutschland scheint sich mittlerweile die Frage zu stellen,
00:18:03
Wie konnte Frank jahrelang offenbar unbemerkt Kinder missbrauchen?
00:18:08
Und wie konnte man so einem Mann das Sorgerecht für ein kleines Mädchen übertragen?
00:18:13
Knapp drei Monate nach Bekanntwerden der Missbrauchsfälle
00:18:17
erhebt die Staatsanwaltschaft Detmold im Mai 2019 Anklage gegen Frank,
00:18:21
um diese Frage zu beantworten.
00:18:23
Alle Scheinwerfer richten sich nun auf die Verhandlung, die am 27. Juni 2019 beginnt.
00:18:29
An 20 Tagen sollen 53 Zeuginnen befragt werden.
00:18:33
Es gibt 28 NebenklägerInnen, die meisten davon Eltern der Geschädigten,
00:18:37
aber auch Betroffene selbst, die als Kinder zu Frank kamen und teilweise über Jahre sexuell missbraucht wurden.
00:18:42
Manche von ihnen sind mittlerweile bereits volljährig.
00:18:46
Es gibt gleich mehrere Generationen an Opfern.
00:18:48
Die vorsitzende Richterin eröffnet die Verhandlung mit der Aussage,
00:18:52
Die Taten sind abscheulich und erschreckend.
00:18:55
Schon die Anzahl der Opfer macht einen fassungslos.
00:18:57
Noch bevor der Prozess richtig losgeht, wird klar,
00:19:00
es ist einer der größten Missbrauchsfälle von Kindern in der deutschen Nachkriegsgeschichte.
00:19:04
Zum Prozessauftakt sind insgesamt mittlerweile mehr als 40 Betroffene identifiziert.
00:19:09
Allerdings sind nicht alle davon Opfer von Frank.
00:19:12
Denn im Sommer 2019 steht der nicht allein vor Gericht.
00:19:16
Neben ihm ist auch der 34-jährige Danny angeklagt,
00:19:19
der ebenfalls auf dem Campingplatz Eichwald wohnt
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und im Verdacht steht, dort Missbrauchstaten an Kindern begangen zu haben.
00:19:26
Die 80-seitige Anklageschrift wird, wie es bei Fällen von Kindesmissbrauch oft der Fall ist,
00:19:31
unter Ausschluss der Öffentlichkeit vorgelesen.
00:19:34
Als die Staatsanwaltschaft beginnt, die Taten zu rekonstruieren
00:19:37
und so einen Einblick in die Entwicklung von Franks System von Kindes- und Machtmissbrauch gewährt,
00:19:41
wird nach und nach ganz deutlich,
00:19:43
dass der Angeklagte viel früher hätte gestoppt werden können
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und somit sehr vielen Kindern unfassbares Leid hätte erspart werden können.
00:19:54
Mit Mitte 20 zieht Frank Ende der 80er mit seinen Eltern auf den Campingplatz Eichwald in Nüchte.
00:19:59
Aufgrund gesundheitlicher Probleme des Vaters wollen seine Eltern dort ihren Ruhestand verbringen,
00:20:04
wegen der guten Luft.
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Frank hat kurz vorher seine Ausbildung als Schreiner abgebrochen
00:20:09
und entschieden, sich den Eltern anzuschließen.
00:20:11
Weil er an Hallux Walgus erkrankt, einer Verkrümmung der Zehen, geht er danach nie wirklich einer geregelten Arbeit nach.
00:20:18
Dafür arbeitet er ab jetzt auf dem Campingplatz als Platzwart und veranstaltet Ausschlüge und Events rund um das Areal.
00:20:24
Ende der 90er sind Franks Eltern bereits beide verstorben.
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Frank ist einfach da geblieben und nutzt seitdem den Campingwagen seiner Eltern und eine kleine Baracke als Behausung.
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Darin steht im Sommer 1998 unter anderem ein Drucker, mit dem der mittlerweile 35-jährige Kindern Mandalas ausdrückt.
00:20:43
So auch der 4-jährigen Luisa, die ihn damals ohne Aufsicht der Eltern in seinem Campingwagen aufsucht.
00:20:48
Doch als die kleine Luisa die Blätter greifen will, zieht Frank das Papier zurück.
00:20:53
Er fordert eine Gegenleistung.
00:20:55
Luisa soll seinen Penis in den Mund nehmen.
00:20:58
Während er den Reißverschluss seiner Hose öffnet, flüstert er dem verunsicherten Mädchen zu.
00:21:03
Stell dir einfach vor, es ist ein Lolli.
00:21:06
Das Mädchen versteht nicht richtig, was Frank von ihm will.
00:21:09
Aber Luisa kommt der Aufforderung nach.
00:21:13
Nach dem Missbrauch rennt sie zu ihrer Mutter und klagt,
00:21:15
Mama, Penislecken schmeckt nicht gut.
00:21:18
Och, grauenhaft.
00:21:20
Die Mutter erstattet daraufhin Anzeige gegen Frank.
00:21:23
Doch angeklagt wird er nie.
00:21:25
Warum lässt sich zum Zeitpunkt des Prozesses im Jahr 2019 nicht mehr rekonstruieren.
00:21:30
Auch ob der Vorfall Franks erster Kindesmissbrauch war, lässt sich heute nicht mehr abschließend klären.
00:21:36
Die Ermittlungsbehörden haben jedoch keine Hinweise auf frühere Taten.
00:21:41
Im Jahr 2002, vier Jahre nach dem ersten bekannten Missbrauchsfall, taucht Franks Name dann in einer tabellarischen Auflistung der Polizei auf.
00:21:49
Er wird als potenzieller Sexualstraftäter vermerkt, nachdem er einem Mädchen ein Handy geschenkt und er darauf sexuell anzügliche Nachrichten geschickt hat.
00:21:57
Doch auch diesem Vorfall wird nicht weiter nachgegangen.
00:22:00
Und auch 2008 passiert nichts, als Frank erneut angezeigt wird.
00:22:04
Damals soll er wieder einem 13-jährigen Mädchen ein Handy geschenkt und im Gegenzug sexuelle Handlungen eingefordert haben.
00:22:10
Das Mädchen hatte das nicht zugelassen und sich danach einer Erwachsenen anvertraut.
00:22:15
Über die Jahre baut Frank seine Parzelle zu einer Festung des Kindesmissbrauchs auf, die von außen nicht einfach zu durchschauen ist.
00:22:22
Denn an der Fassade seines Campingwagens hängen von Kindern gemalte Bilder.
00:22:26
Bilder von Kindern, für die er Lagerfeuerabende mit Stockbrot, Quadrennen oder Ausflüge ins Fünnbad organisiert.
00:22:33
Doch im Inneren seiner vier Wände erinnert nichts an ein Kinderparadies.
00:22:37
Sein Grundstück ist eine von 600 Parzellen auf dem Campingplatz, sie ist aber größer als die meisten und liegt auf einer kleinen Anhöhe am Rand des Areals.
00:22:46
Es türmt sich Gerümpel, das er als Sichtschutz nutzt.
00:22:49
Im Inneren seiner Baracke stapeln sich Müll, dreckige Wäsche und Schrott.
00:22:52
Die Dusche wird als Katzenklo genutzt.
00:22:55
In all der Zeit scheint Frank keine Bedenken bei seinen NachbarInnen auszulösen, obwohl es mehrere Anzeigen gegen ihn gibt.
00:23:01
Geraunt und getratscht wird höchstens über seine zugemüllte Parzelle.
00:23:05
Aber er sei nun mal eigen, so die landläufige Meinung.
00:23:09
Und um noch weniger aufzufallen, wird Frank immer geschickter.
00:23:13
Frank sucht sich gezielt alleinerziehende und sozial schwächere Mütter, die er für besonders vulnerabel hält.
00:23:20
Anfangs ist er vorsichtig, baut Schritt für Schritt Vertrauen auf, indem er die Kinder am Kiosk einlädt, Einkäufe der Mütter erledigt oder ihnen Geschenke macht.
00:23:27
Ist das Vertrauen hergestellt, wird er langsam fordernd und manipulativ.
00:23:30
Zum Beispiel macht er Müttern ein schlechtes Gewissen, wenn sie zögern, ihnen ihre Kinder anzuvertrauen.
00:23:35
Oft wird er wütend, wenn sie ihre Kinder nicht alleine mit ihm lassen wollen.
00:23:40
Und um die Kinder etabliert Frank ein System von Belohnung und Bedrohung.
00:23:44
Nicht selten schenkt er ihnen Handys, wodurch er sie einerseits emotional an sich bindet, zum anderen einen direkten Kommunikationsdraht herstellt.
00:23:52
Die Textnachrichten beendet er oft mit
00:23:55
Liebe Grüße, dein Papa Bär.
00:23:56
Damit die missbrauchten Kinder nichts von den Taten erzählen, droht er ihnen, böse Geister würden über sie und ihre Eltern herfallen, wenn sie etwas verraten würden.
00:24:05
Ein Ort, an dem Frank besonders häufig Müttern und kleinen Mädchen auflauert, ist das nahegelegene Schwimmbad.
00:24:11
Dort beobachtet er 2006 die sechsjährige Alina, die in Begleitung ihrer großen Schwester planscht.
00:24:16
Frank verwickelt die beiden in ein Gespräch.
00:24:19
Der damals 43-Jährige findet heraus, dass sie ihren leiblichen Vater nie kennengelernt haben.
00:24:24
Die kommenden acht Jahre verbringen die Mädchen mit ihrer Mutter ihre Sommerferien auf dem Campingplatz.
00:24:29
Frank wird mit den Jahren zu einer Art Ersatzvater für die kleine Alina,
00:24:33
die in der Schule nach den Ferien immer von Onkel Frank und den tollen Ausflügen schwärmt.
00:24:38
Auch Alinas Mutter nimmt Franks Rolle als Vaterfigur dankend an.
00:24:42
Dass Alina zu dem Zeitpunkt bereits von Frank sexuell missbraucht wurde, darauf gibt es keine Hinweise.
00:24:48
Es zeigt aber, wie viel Zeit und Energie er in seine späteren Opfer investiert.
00:24:53
2013 stellt Frank Alina einen schwarzen Laptop mit weinrotem Deckel in Aussicht.
00:24:59
Für die mittlerweile 13-jährige Alina ein unglaubliches Geschenk.
00:25:02
Sowas Wertvolles hat sie von ihrer Mama noch nie bekommen.
00:25:05
Aber Frank gibt ihr den Laptop nicht einfach so.
00:25:08
Er fordert Alina und eine Freundin von ihr auf, ihre Brüste vor einer Kamera zu entblößen.
00:25:14
Dass sie dabei auf einer Plattform live gestreamt und von zahlreichen Männern beobachtet werden,
00:25:18
wissen die beiden nicht.
00:25:19
An mindestens 14 weiteren Abenden ziehen sich die Mädchen vor laufender Kamera aus.
00:25:24
Aber irgendwann reicht das Frank nicht mehr.
00:25:27
Ihr müsst euch ein bisschen anfassen und so damit Geld fließt, fordert er sie auf.
00:25:31
Alina und ihre Freundin fühlen sich sehr unwohl, sind aber bereits so eingeschüchtert von Frank,
00:25:37
dass sie der Aufforderung nachkommen, aber niemandem davon erzählen.
00:25:40
Wohl über einen dieser Livestreams lernt Frank Danny kennen.
00:25:45
Ebenfalls ein Pädokrimineller.
00:25:46
Eine verhängnisvolle Begegnung für spätere Opfer.
00:25:49
Denn 2019 stehen beide gemeinsam vor Gericht.
00:25:53
Die Männer tauschen sich im Internet damals zunächst über ihre Fantasien aus
00:25:57
und bemerken, dass sie in der gleichen Gegend leben.
00:26:00
Zufällig wohnt Danny nur wenige Kilometer vom Campingplatz entfernt.
00:26:04
2010 ist Danny 25 Jahre alt und lebt noch im Kinderzimmer seiner Eltern.
00:26:09
Er schlägt sich mit Gelegenheitsjobs durchs Leben.
00:26:11
Danny räumt Regale ein oder putzt im Supermarkt.
00:26:15
Dadurch spart er genug Geld an, um eine Parzelle auf dem Campingplatz anzumieten.
00:26:19
Anfangs ist er nur an den Wochenenden da, doch mit den Jahren verbringt er immer mehr Zeit vor Ort
00:26:24
und lernt von Frank, wie man noch besser Kinder anlocken kann.
00:26:27
Frank und Danny sprechen miteinander über ihre Missbrauchstaten.
00:26:31
Wohl auch deshalb gibt es mehrere Überschneidungen, was die missbrauchten Kinder betrifft.
00:26:35
Einige werden erst bei Frank, dann bei Danny missbraucht.
00:26:39
Dass die beiden gemeinsam Taten begangen haben, darauf gibt es allerdings keine Hinweise.
00:26:44
Doch Danny ist nicht der einzige Mann, auf den Frank im Laufe der Jahre trifft, der Teil des Systems wird.
00:26:50
Im Jahr 2010 lernt Frank auch Herbert kennen.
00:26:53
Im Gegensatz zu Danny kommt Herbert nicht aus der Nachbarschaft.
00:26:56
Er lebt in Stade, einer Stadt in der Nähe von Hamburg.
00:26:59
Nach der Trennung von seiner Ehefrau verbringt der damals 39-Jährige immer mehr Zeit im Internet
00:27:04
und lernt Frank in einschlägigen Foren kennen, wo auch sie über ihre sexuellen Fantasien sinnieren.
00:27:10
Herbert stiftet Frank nun mehrmals zum Missbrauch an Kindern an.
00:27:14
Und er beobachtet die Taten live per Webübertragung.
00:27:17
Ob Herbert Frank für seine Dienste bezahlt, lässt sich im Prozess nicht abschließend klären.
00:27:22
Es spricht aber manches dafür.
00:27:24
Zum Beispiel, dass Frank trotz seiner Arbeitslosigkeit über die Jahre regelmäßig teure Anschaffungen
00:27:28
wie Quads oder Ponys machen kann, um noch mehr Kinder anzulocken.
00:27:32
Der Prozess gegen Herbert wird später ausgegliedert, weil das Ausmaß nicht mit Franks Taten vergleichbar sei
00:27:37
und der Tatort ein anderer ist.
00:27:40
Aus E-Mails geht dabei hervor, dass Frank Herbert über seine Taten informiert und auch auf dem Laufenden gehalten hat.
00:27:46
Am 8. Januar 2011 beispielsweise beschreibt Frank Herbert seine Vergewaltigungsfantasien von drei Mädchen
00:27:52
im Alter zwischen 11 und 13 Jahren, die gerade tatsächlich bei ihm unterkommen.
00:27:56
Zuvor hatte Frank sie in seine Parzelle gelockt und sich vor ihnen beim Duschen entblößt.
00:28:02
Kurzer Hinweis, der nachfolgende Text ist wirklich widerwärtig,
00:28:08
Aber unserer Meinung nach zeigt er ganz gut, wie Frank über die Kinder,
00:28:12
auf die er vorgibt, aufzupassen, eigentlich denkt.
00:28:16
Hallo Herbert, leider sind sie noch nicht willig.
00:28:20
Die haben aber keinerlei Bedenken, sich nackt auszuziehen.
00:28:23
Ich war duschen und auf einmal standen alle nackend im Bad und haben mich beobachtet.
00:28:27
Die geilen Säue.
00:28:28
Boah, es ist so grauenhaft.
00:28:30
Und dann beschreibt er die Geschlechtsteile der Mädchen
00:28:34
und auf ganz widerwärtige Weise, wie eines von ihnen Oralsex an ihm ausübt und was er daran mag.
00:28:41
Und dann geht's in der E-Mail weiter.
00:28:43
Am nächsten Wochenende kommen sie wieder alle zu mir.
00:28:46
Und sogar noch eine neue, die ich aber noch nicht kenne.
00:28:48
Ist eine Schulkameradin von Cheyenne.
00:28:50
Das Mädchen hat bei mir angerufen und hat gefragt, ob sie auch mal bei mir schlafen darf.
00:28:54
Nur schade, dass du nicht in der Nähe wohnst, weil Cheyenne ist unersättlich.
00:28:59
Sie will auch, aber es tut ihr noch weh.
00:29:01
So, die beiden Kleinen kommen wieder rein.
00:29:03
Ich melde mich wieder und wir können am Wochenende mal was mit der Cam machen.
00:29:06
So, geile Grüße.
00:29:09
Mal was mit der Cam machen.
00:29:12
Was Frank hier anspricht, sind die Missbrauchstaten, die er filmt und Herbert zur Verfügung stellt.
00:29:17
Im Gegensatz zu Danny missbraucht Herbert selbst keine der Kinder direkt.
00:29:22
Er will Frank aber dabei zusehen, wie er die Taten begeht.
00:29:25
Kurze Zeit später setzt Frank seinen Plan mit der Cam in die Tat um.
00:29:29
Er lädt die damals 10-jährige Cheyenne zu sich in die Baracke.
00:29:33
Alles ist zugestellt und voller Chaos.
00:29:35
Nur ein rotes Sofa ist frei von Müll.
00:29:37
Davor steht ein Stativ mit Camcorder, daneben ein Laptop.
00:29:41
Per Live-Übertragung schaut Herbert zu, wie Frank die 10-jährige Cheyenne vergewaltigt.
00:29:46
Über einen Lautsprecher gibt er ihm immer wieder Anweisungen.
00:29:49
Mach mehr, das bringt mehr Geld.
00:29:51
Jemand, der Frank über einen längeren Zeitraum ausgeliefert ist als Cheyenne, ist seine Pflegetochter Lily.
00:29:57
Ihr Peiniger ist gleichzeitig ihr Zuhause.
00:29:59
Frank kommt mit Lily im Jahr 2014 das erste Mal in Kontakt.
00:30:03
Die damals 2-Jährige ist mit ihrer 18-jährigen Mutter Patricia gerade im Schwimmbad,
00:30:08
als sie von dem damals 52-jährigen Frank in ein Gespräch verwickelt werden.
00:30:12
Er gibt sich als der freundliche Camper von nebenan aus.
00:30:15
Er schafft Vertrauen und die junge Mutter Patricia schüttet ihm sein Herz aus.
00:30:19
Der leibliche Vater sei abgehauen, sie sei mit der Erziehung ihrer Tochter völlig überfordert.
00:30:24
Außerdem sei die finanzielle Situation sehr schwierig.
00:30:27
Frank gibt sich fürsorglich.
00:30:29
Sie solle sich keine Sorgen machen, alles werde gut und sie könne jederzeit zu ihm kommen, wenn sie etwas brauche.
00:30:35
Die kommenden Monate sucht Frank nun immer intensiver den Kontakt zu Patricia und ihrer kleinen Tochter Lily.
00:30:41
Er erledigt Einkäufe für sie und der kleinen Lily macht er Geschenke.
00:30:45
Immer häufiger lässt Patricia Lily bei Frank.
00:30:48
Es scheint ihr bei ihm gut zu gefallen, so der Eindruck der Mutter.
00:30:51
Dann wird Patricia im Jahr 2015 erneut schwanger von einem anderen Mann.
00:30:56
Bevor sie ihr zweites Kind bekommt, fragt Frank Patricia, ob sie die mittlerweile vierjährige Lily nicht ganz bei ihm lassen will.
00:31:02
Patricia ist erleichtert und stimmt zu.
00:31:05
Dafür muss das Jugendamt Hameln-Pyrmont zustimmen.
00:31:09
Das hat aber bereits seit längerem Hinweise darauf, dass Lillys Mutter Patricia nicht in der Lage ist, sich ausreichend um sie zu kümmern.
00:31:16
Es gibt Anzeichen von Entwicklungsstörungen.
00:31:19
Lily trägt mit vier Jahren noch Windeln.
00:31:21
Außerdem hat sie Sprachstörungen und im Kindergarten fällt die miserable Hygiene des Mädchens auf.
00:31:26
Im Oktober 2015 stellt das Jugendamt Hameln-Pyrmont beim Familiengericht einen Antrag auf Entzug der elterlichen Sorge.
00:31:32
Patricia wird schließlich das Sorgerecht von Lily entzogen.
00:31:36
Die Vierjährige ist zu dem Zeitpunkt bereits öfter bei Frank und Patricia spricht sich dafür aus, dass Lily in Zukunft bei ihm leben soll.
00:31:43
Da seien viele andere Kinder und Frank würde sich gut um sie kümmern.
00:31:47
Frank muss ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen.
00:31:50
Es beinhaltet keine Hinweise darauf, dass er ein Sexualstraftäter ist,
00:31:54
obwohl es da bereits mindestens zwei Anzeigen gegen Frank gegeben hat
00:31:58
und er im System der Polizei Lippe als potenzieller Sexualstraftäter vermerkt ist.
00:32:03
Das Jugendamt Hameln-Pyrmont begutachtet also die Lebensbedingungen von Frank.
00:32:07
Obwohl er ganzjährig auf dem Campingplatz in einer kleinen Baracke mit Campingwagen lebt
00:32:12
und MitarbeiterInnen die Lebensbedingungen als grenzwertig, weil chaotisch und dreckig bezeichnen,
00:32:18
erteilen sie ihm am 25. Mai 2016 zunächst das Aufenthaltsbestimmungsrecht.
00:32:23
Noch am selben Tag verabschiedet Patricia ihre nun fünfjährige Tochter Lily.
00:32:27
MitarbeiterInnen des Jugendamts sind zwar immer wieder genervt von Frank, der als eigen- und besserwisserisch gilt,
00:32:33
aber es fällt ihnen auf, dass sich der Umzug der Fünfjährigen in den kommenden Monaten positiv auf Lillys Entwicklung auswirkt.
00:32:40
Frank bringt Lily regelmäßig in den Kindergarten und bietet ihr einen vergleichsweise strukturierten Tagesablauf.
00:32:47
Für das Jugendamt ist das ein Erfolg.
00:32:49
Wann der sexuelle Missbrauch von Lily genau anfängt, lässt sich drei Jahre später im Prozess nicht abschließend klären.
00:32:56
Dass er jedoch schon sehr früh begonnen haben muss, zeigt sich nur wenige Monate nach dem Umzug zu ihm.
00:33:02
Als Hartz-IV-Empfänger muss Frank zu einem seiner regelmäßigen Besuche beim Jobcenter.
00:33:09
Er hat Lily mitgenommen.
00:33:10
Der MitarbeiterIn des Jobcenters fällt auf, dass Lily untergewichtig und viel zu kalt angezogen ist für die Jahreszeit.
00:33:17
Sie bietet dem schüchternen Mädchen mit langen, blonden Haaren Süßigkeiten an,
00:33:21
als Frank plötzlich aufgrühlt, sie sollten mal sehen, was die noch alles für Süßigkeiten macht.
00:33:28
Die MitarbeiterIn kann noch gar nicht richtig verarbeiten, was Frank da gerade gesagt hat.
00:33:32
Als er hinterher schiebt, erst will sie kuscheln, macht mich heiß und will dann doch nicht.
00:33:37
Frauen soll mal einer verstehen.
00:33:39
Boah, ich kriege echt so einen Wutanfall hier.
00:33:44
Stell dir vor, du bist diese Jugendamt-Mitarbeiterin und darfst dich dem nicht ins Gesicht übergeben.
00:33:49
Ja, in dem Moment.
00:33:50
Und es ist halt so auffällig auch, wie er das so vor sich selber rechtfertigen will, diesen Missbrauch.
00:33:56
Indem er die Kinder, die er missbraucht, immer so darstellt, als wären das irgendwie erwachsene Frauen,
00:34:04
die irgendwas mit einer Absicht machen oder eben sogar das selber wollen würden.
00:34:11
Wie er das zum Beispiel in dieser E-Mail an den Herbert so angedeutet hat.
00:34:15
Ja, und als seien die überhaupt in der Lage zu begreifen, was da mit denen passiert.
00:34:20
Und noch einmal zur Erinnerung, die Lilly ist da gerade einmal fünf Jahre alt.
00:34:25
Die MitarbeiterIn des Jobcenters ist auf jeden Fall verstört und alarmiert gleich nach dem Gespräch
00:34:31
die Polizei und das Jugendamt und äußert ihren Verdacht auf sexuellen Missbrauch.
00:34:35
Auch die Polizei wendet sich mit dem Hinweis an das Jugendamt.
00:34:38
Der Verdacht auf sexuellen Missbrauch erhärtet sich laut Jugendamt nach einem Besuch vor Ort jedoch nicht.
00:34:44
Und das finde ich jetzt die Höhe, dass man mit einem Ortsbesuch ausschließen will,
00:34:51
dass dieses Mädchen sexuellen Missbrauch erfahren hat.
00:34:54
Also da macht man eine Ortsbegehung und schaut sich dann was genau an und was sieht man da,
00:35:01
was einen daraus schließen lässt, dass das Mädchen nicht sexuell missbraucht wurde.
00:35:05
Also die Lilly hätte natürlich körperlich untersucht werden müssen und es hätten Gespräche geführt werden müssen,
00:35:11
ohne den Beisein von Frank und ExpertInnen hätten auch danach schauen müssen, ob sie Verhaltensauffälligkeiten hat.
00:35:18
Ja und all das wurde nach allem, was wir jetzt wissen, versäumt, aber der Fehler fing schon viel früher an.
00:35:24
Denn diese Mitarbeiterin des Jobcenters, die hat erst bei dem Jugendamt in Kreis Lippe angerufen
00:35:30
und die meinten dann zu der, die sind nicht zuständig und die müsste sich an Hameln-Permont wenden.
00:35:35
Dann hat die da angerufen und die haben dann aber wieder gesagt, wir sind nicht zuständig.
00:35:40
Und dann hat sie wieder beim ersten Jugendamt im Kreis Lippe angerufen und da hieß es aber wieder das Gleiche, wir sind dafür nicht zuständig.
00:35:47
Ja und da scheitert dann also, dass ein regelmäßig vergewaltigtes Kleinkind aus der Hölle geholt wird an Zuständigkeiten von Ämtern.
00:35:56
Ja, ganz, ganz schlimm.
00:35:58
Also dieses Hin und Her, das lag unter anderem daran, weil für die Vermittlung und Übertragung von Lilly an Frank war das eine Jugendamt zuständig,
00:36:09
also das Hameln-Permont in Niedersachsen, weil Lilly da geboren wurde.
00:36:14
Und für die Betreuung auf dem Campingplatz war aber das Jugendamt in Lippe verantwortlich, weil der Platz halt in deren Bereich liegt.
00:36:23
Und zwischen diesen beiden Jugendämtern gab es so gut wie keine Kommunikation.
00:36:28
Frank führt, seitdem Lilly bei ihm wohnt, ein Doppelleben.
00:36:33
Denn nach außen gibt er sich als liebender Pflegevater und Campingplatz-Animateur, doch wenn die Vorhänge seiner Baracke zugezogen sind, missbraucht er seine Pflegetochter Lilly.
00:36:41
Mindestens einmal pro Woche vergeht sich Frank an ihr.
00:36:44
Oft sitzt er auf seinem Stuhl im Campingwagen, während er Lilly zwingt, unter den Tisch zu kriechen und ihn oral zu befriedigen.
00:36:52
Ein anderer Tatort ist Franks rotes Sofa in seiner Baracke.
00:36:55
Oftmals zwingt Frank Lilly, sich mit ihm Missbrauchshandlungen von Kindern im Internet anzuschauen.
00:37:00
Wohl um sich in Stimmung zu bringen.
00:37:03
Danach vergewaltigt er Lilly auf alle erdenklichen Arten.
00:37:06
Lilly lässt den Missbrauch über sich ergehen.
00:37:09
Sie liebt ihren Papa, wie sie Frank nennt, den einzigen Menschen, der sich überhaupt um sie kümmert.
00:37:16
Insgesamt wird man später weit mehr als 100 Missbrauchstaten ausmachen können, die sich allein gegen Lilly gerichtet haben.
00:37:22
Lilly erzählt in der Zeit bei Frank niemandem von dem, was sie zu Hause ertragen muss.
00:37:27
Sie kennt es nicht anders und kann nicht einordnen, dass Frank pädokriminell ist und Verbrechen begeht.
00:37:33
Außerdem erzählt Frank auch ihr, böse Geister würden kommen, würde sie jemandem verraten, was hinter geschlossenen Türen vor sich geht.
00:37:40
Aber Lilly allein reicht Frank nicht.
00:37:44
Von Anfang an benutzt er seine Pflegetochter auch gezielt als Lockmittel, um an andere Mädchen ranzukommen.
00:37:49
Viele Mütter und Eltern denken sich damals, so äußern sie es nun im Prozess, wenn ihm das Jugendamt vertraut, was kann dann schon falsch sein an dem Mann?
00:37:59
Obwohl Franks Missbrauchstaten bereits im Jahr 1998 beginnen, geschieht der Großteil der Missbrauchsfälle nun zwischen Mai 2016 und Dezember 2018.
00:38:08
Besonders perfide wirken im Nachhinein Franks Annoncen, die er aufgibt.
00:38:13
Zuerst legt der Zettel im Supermarkt aus. Er suche SpielkameradInnen für seine Tochter.
00:38:19
Als sich daraufhin niemand meldet, schreibt er an das SOS Kinderdorf lüchte.
00:38:22
Frank will Unternehmung für benachteiligte Kinder anbieten.
00:38:26
Und das musst du dir auch mal reinziehen.
00:38:28
Ja, also ich meine, war mir schon betont, dass er sich explizit immer diese Kinder aus sozial schwachen Familien ausgesucht hat.
00:38:36
Aber jetzt ja auch noch ans Kinderdorf zu schreiben und so, ich kriege wirklich die absolute Vollkrise.
00:38:41
Da sind Familien gemeldet, die wirklich dankbar sind für jede Hilfe.
00:38:45
Ja, die es wirklich schon schwer haben im Leben.
00:38:47
Und da kommt dann so ein perverses Dreckschwein und fischt sich da diese Kinder raus, die jetzt im Zweifel auch gar nicht so ein soziales Netz haben.
00:38:55
Wie sage ich mal, die Durchschnittsfamilie jetzt.
00:38:58
Ja, wo das vielleicht dann auch nicht direkt auffällt, wenn ein Kind sich verändert.
00:39:02
Oder eben wie bei Lilly auch, wo sich die Kinder dann auch vielleicht darüber freuen, dass sie so viel Aufmerksamkeit von einer erwachsenen Person bekommen.
00:39:11
Ja, und das Verhältnis zu ihm dann ja auch nicht gerne verlieren möchten, weil er bietet denen ja schon was.
00:39:19
Das hat er ja auch mit dem Laptop und so gemacht.
00:39:21
Er bietet ja was dafür.
00:39:23
Und wenn man so klein ist, dass man nicht weiß, dass das, was er da macht, Missbrauch ist und dass das eigentlich so nicht soll, weißt du ja auch gar nicht, was du denn da zu Hause erzählen sollst.
00:39:33
Jedenfalls hat Frank bei den SOS-Kinderdörfern keinen Erfolg, woraufhin er eine Kontaktanzeige auf Ebay-Kleinanzeigen stellt.
00:39:40
Die Mutter der siebenjährigen Marie meldet sich daraufhin bei Frank, weil sie Kontakt zu anderen Familien für gemeinsame Aktivitäten sucht.
00:39:47
Frank lädt sie und ihre Tochter Marie zu sich auf den Campingplatz ein.
00:39:51
Die Mutter erzählt Frank von ihrer schwierigen Situation.
00:39:53
Ihr Mann sitzt im Gefängnis, Marie langweile sich oft mit ihr alleine.
00:39:57
Frank hat mittlerweile viel Erfahrung im Umgang mit alleinerziehenden Müttern.
00:40:01
Auch hier schafft er es, die richtigen Hebel in Bewegung zu setzen.
00:40:05
Die Mutter und ihre Tochter sind begeistert vom Leben auf dem Campingplatz.
00:40:08
So viele Kinder, so viele neue potenzielle FreundInnen für die Siebenjährige.
00:40:12
Frank überredet die Mutter, Marie bei sich übernachten zu lassen.
00:40:16
Ein paar Wochen später, nach einem längeren Aufenthalt bei Frank, klagt Marie dann über Schmerzen im Intimbereich.
00:40:22
Die Mutter wird nicht misstrauisch.
00:40:24
Auch nicht, als das Mädchen plötzlich anfängt, nachts schlafzuwandeln, tagsüber zu weinen oder ein für ihr Alter atypisches sexuelles Verhalten an den Tag legt,
00:40:33
wie das sie ihrem Vater, wenn er auf Hafturlaub ist, in den Intimbereich fasst.
00:40:38
Frank weiß mittlerweile genau, was er tun muss, um Kinder anzulocken.
00:40:41
Er besorgt sich sogar ein Pony.
00:40:43
Nachts stellt er das Tier bei einem Tierarzt im Nachbarort unter.
00:40:46
Tagsüber unternimmt er Ausflüge mit den Kindern.
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Die kommenden anderthalb Jahre treibt Frank sein perfides Spiel weiter auf die Spitze.
00:40:54
Bis es schließlich die mutige neunjährige Daria sein wird,
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die dem größten Missbrauchsfall in der deutschen Nachkriegsgeschichte ein Ende bereitet.
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Anders als die anderen Kinder, die Frank bisher erfolgreich einschüchtern konnte,
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erzählt Daria ihrer Mutter Anastasia von dem Missbrauch, den er im Juli 2018 an ihr begeht.
00:41:12
Nach der Festnahme von Frank im Dezember 2018 fällt sein Missbrauchsystem wie ein Kartenhaus zusammen.
00:41:18
Nachdem rauskommt, dass er in Untersuchungshaft sitzt,
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schöpfen immer mehr Eltern den Verdacht, ihren Kindern sei Ähnliches angetan worden.
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Einige suchen das Gespräch mit ihnen und müssen feststellen, auch ihre Kinder wurden von Frank missbraucht.
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In den kommenden Wochen gehen dann immer mehr Hinweise bei der Polizei ein.
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Und am 30. Januar 2019 kommt es dann zu der Pressekonferenz der Staatsanwaltschaft,
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auf die die Öffentlichkeit empört reagiert.
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Auf der einen Seite das Versagen der Jugendämter.
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Wie konnte man Frank das Sorgerecht für Lilli geben?
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Und andererseits das Versagen der Polizei.
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Warum verliefen gleich mehrere Anzeigen gegen Frank,
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unter anderem die von Jens aus dem Jahr 2016,
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als Lilli gerade erst ein paar Monate bei Frank war, im Sande?
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Wie viel Leid hätte verhindert werden können,
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wenn jemand diese Hinweise ernst genommen und Konsequenzen ausgezogen hätte?
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Doch auch nach der Verhaftung geht die Pannenserie der ErmittlerInnen weiter.
00:42:10
Der Missbrauchsfall entwickelt sich auch zu einem der größten Fälle von Behördenversagen.
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So sehr, dass sich im Frühjahr 2019, drei Monate nach der Festnahme von Frank,
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der Innenminister von NRW genötigt fühlt, selbst vor die Presse zu treten.
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Herbert Reul verkündet, dass die Hinweise, denen nicht nachgegangen wurden,
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nicht die einzigen Pannen im Verlüchte waren.
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Die Kreispolizeibehörde Lippe habe während der Ermittlungen wichtige Beweismaterialien verloren.
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Die ErmittlerInnen hatten Missbrauchsdarstellungen in Form von Fotos und Videos gefunden.
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Mehr als 14 Terabytes.
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Das entspricht Tausenden von Videos, die Frank selbst und auch Danny während ihrer Taten gedreht haben.
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Nachdem Frank festgenommen wurde, hat man die Speicherträger bei ihm und Danny gefunden und gesammelt.
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Sie wurden daraufhin als Beweismaterial in die Asservatenkammer gebracht.
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Im Dezember 2018 wurde dann ein 20-jähriger Polizeipraktikant damit beauftragt, das Material zu sichten.
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Dafür holte er sich den Koffer aus der Asservatenkammer und setzte sich an seinen Schreibtisch.
00:43:11
Nach vier Stunden schaltete er den Rechner aus und machte Feierabend.
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Den Koffer brachte er entgegen klarer Anweisung nicht zurück in die Asservatenkammer,
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sondern ließ ihn auf dem Schreibtisch liegen.
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Danach dachte der Praktikant nicht mehr an den Koffer, erzählt er später.
00:43:27
Erst als er nach vier Wochen gefragt wurde, wo der Koffer sei, wunderten sich alle über den Verbleib.
00:43:31
Aufgetaucht ist der Koffer nie wieder.
00:43:34
Aber man muss ja auch einmal kurz festhalten, was zur Hölle, was ist da überhaupt passiert?
00:43:41
Wer kommt auf die Idee, dass sich ein 20-jähriger Polizeipraktikant solches Material anschauen soll?
00:43:50
Hä? Also wie asozial?
00:43:53
Also man weiß ja und die Polizei erst recht, was für eine psychische Belastung diese Arbeit sein kann.
00:44:00
So sehr, dass diese Arbeit ja vor allem die machen, die sich freiwillig dafür melden, wenn es denn genug gibt.
00:44:07
Weil denn das ein innerstes Bedürfnis ist, den Kindern dann auch damit zu helfen.
00:44:12
Und die aber im besten Fall auch psychologische Betreuung währenddessen bekommen.
00:44:17
Und also was soll das?
00:44:19
Denn stell dir mal vor, er geht nach Hause und erzählt dann da seinen Eltern, was er heute auf Arbeit gemacht hat.
00:44:25
Aber es ist ja nicht nur dieses, dass er das alleine angucken soll in seinem Alter und mit seiner Erfahrung,
00:44:30
sondern diesem Menschen wird dieses super wichtige Beweismaterial alleine anvertraut.
00:44:37
Da sieht man aber auch mal, wie ernst die das da genommen haben.
00:44:41
Ich meine, das lässt ja auch tief blicken.
00:44:44
Und es bleibt nicht das einzige Versäumnis der Polizeilippe.
00:44:48
Nachdem Franks Grundstück mehrfach durchsucht worden ist, gibt die Polizei den Tatort im April 2019 frei.
00:44:55
Der Campingplatzbesitzer will den Schandfleck, wie er ihn nennt, entfernen lassen und beauftragt eine Räumungsfirma.
00:45:00
Bei den Abrissarbeiten finden die Mitarbeitenden einen doppelten Boden in Franks Baracke.
00:45:06
Darin weitere Datenträger.
00:45:13
Und diesmal wird extra ein auf Datenträger spezialisierter Spürhund eingesetzt.
00:45:17
Das Fazit von Innenminister Herbert Reul, Zitat, das alles macht mich fassungslos und man kann hier nur von einem Debakel sprechen.
00:45:35
Und das ist ja mal ein Statement auch von einem Politiker.
00:45:46
Ende Januar 2019 übernimmt die Polizei Bielefeld die Arbeit der völlig überforderten Polizeilippe.
00:45:53
In der Öffentlichkeit entstehen nun Gerüchte, die Polizeilippe arbeite möglicherweise nicht aus Versehen schlampig, sondern mit System.
00:46:01
Zu groß sind die Pannen, zu zahlreich, um zufällig zu passieren.
00:46:04
So zumindest die Meinung vieler.
00:46:06
Hat die zuständige Polizeibehörde etwas zu verbergen?
00:46:10
Es entstehen Gerüchte, bei der Polizeilippe gäbe es Pädophile, die mit drinstecken und die Ermittlungen bewusst sabotieren würden.
00:46:17
Und tatsächlich kommt kurze Zeit später raus.
00:46:20
In der Polizeistelle, in der der silberne Koffer mit Beweismaterial verschwunden ist, arbeitet ein Streifenpolizist, der wegen Besitzes von Missbrauchshandlungen an Kindern bereits verurteilt wurde.
00:46:30
Und da fragt man sich doch, wie kann es sein, dass so ein Mann Hüter des Gesetzes werden bzw. bleiben kann?
00:46:40
Bei dem Prozess vor dem Landgericht Detmold geht es jetzt aber nicht um das Versagen der Behörden, sondern trotz der schlampigen Arbeit genug Beweise vorzubringen, die es ermöglichen, Frank und Danny zu langjährigen Gefängnisstrafen zu verurteilen.
00:46:53
Die Schilderung, wie es Frank gelungen ist, über Jahre ein System an Kindesmissbrauch aufrechtzuerhalten, machen die Anwesenden im Gerichtseil fassungslos.
00:47:00
Immer wieder brechen sie in Tränen aus angesichts der grauenhaften Taten.
00:47:04
Spätestens jetzt wird allen Anwesenden die Dimension des Falls deutlich.
00:47:08
Die Altersspanne der Missbrauchsopfer ist groß.
00:47:11
Manche sind zum Prozessauftakt bereits volljährig, so wie Luisa, die 1998 von Frank gezwungen wurde, ihn oral zu befriedigen, nachdem sie sich ein Mandala von ihm ausdrucken lassen wollte.
00:47:21
Sie leidet seit Jahren unter einer Trauma-Folgestörung und einer chronischen posttraumatischen Belastungsstörung.
00:47:26
Zwei Mädchen können nicht aussagen, weil sie psychisch zu sehr unter den Folgen des Missbrauchs leiden.
00:47:32
Andere Opfer wiederum sind noch so jung, dass sie das Erlebte gar nicht wirklich einordnen können.
00:47:36
Es wird deutlich, dass viele Betroffene große Angst vor den beiden Angeklagten haben.
00:47:41
Ein Mädchen beispielsweise lässt über seinen Anwalt ausrichten, dass es panische Angst davor habe, dass Frank aus dem Gefängnis ausbrechen könnte.
00:47:48
Wenn das so ist, würde ich mich für immer unter meinem Bett verstecken, zitiert der Anwalt das kleine Mädchen.
00:47:53
Immerhin müssen die Betroffene nicht darum kämpfen, dass ihnen geglaubt wird.
00:47:57
Völlig überraschend legen Frank und Danny noch am ersten Verhandlungstag ein umfassendes Geständnis ab.
00:48:03
Doch um Vergebung bitten will Frank nicht, denn er sagt, ich stehe nicht auf Entschuldigung.
00:48:08
Meine Taten sind nicht zu entschuldigen.
00:48:10
Was irgendwie ja stimmt, aber dass er nicht auf Entschuldigung steht, ist eine Frechheit.
00:48:15
Wir wissen ja, worauf er steht.
00:48:17
Vielen Betroffenen ist es aber ein Anliegen, gegen Frank und Danny auszusagen.
00:48:21
Die meisten Aussagen der NebenklägerInnen finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, um die Kinder zu schützen.
00:48:27
Und diese Vorstellung allein finde ich halt auch schon so traurig, weil viele sind so klein und können sich ja gar nicht selber einen Anwalt oder eine Anwältin nehmen und für ihr Recht einstehen.
00:48:39
Und es ist aber jetzt der Moment, wo man das einfordern müsste.
00:48:43
Und die Kinder müssen ja darauf hoffen, dass die Eltern sich darum kümmern.
00:48:47
Aber wir wissen ja auch, einige der Eltern waren ja nicht sonderlich fürsorglich, weshalb Frank wiederum genau die ja ausgesucht hat.
00:48:55
Auf jeden Fall sagen im Laufe des Prozesses über 50 ZeugInnen aus, darunter auch Jens.
00:49:00
Ihnen macht die Erkenntnis extrem wütend, dass man Lilly aus den Fängen von Frank früher hätte retten können,
00:49:05
wenn man nur seinem Hinweis nach der Gartenparty im August 2016 nachgegangen wäre.
00:49:09
Damals lebte Lilly gerade erst seit drei Monaten bei Frank.
00:49:13
Als wäre die Aussage, ich mag es, wenn ich kleine feuchte Mösen am Hals habe, nicht grund genug, jemanden gründlich zu überprüfen.
00:49:21
Jens hat man zugesagt, man wäre dem Hinweis nachgegangen.
00:49:25
Doch nun kommt raus, dem war nicht so.
00:49:28
Stattdessen wurde er von einer Mitarbeiterin des Jugendamts, Harmin Pyrmont, ermahnt, dass er mit seinen Anschuldigungen vorsichtig sein solle.
00:49:34
Jens wird nie erfahren, warum man seinem Hinweis damals nicht weiter nachgegangen ist.
00:49:39
Man ihn angelogen und ihn dazu noch der Verleumdung bezichtigt hatte.
00:49:43
Von den Behörden fühlt sich Jens im Stich gelassen.
00:49:45
Nicht nur vom Jugendamt, auch von der Polizei.
00:49:48
Sein Fazit, dein Freund und Helfer?
00:49:51
Ja, sie haben geholfen, aber halt nicht den richtigen, so seine Einschätzung.
00:49:57
Frank sieht von Verhandlungstag zu Verhandlungstag schlechter aus.
00:50:00
Während des Prozesses ist er in Untersuchungshaft an einer Gürtelrose erkrankt.
00:50:04
Es droht, dass die Verhandlung verschoben werden muss.
00:50:07
Die Anspannung unter den Prozessbeteiligten ist spürbar.
00:50:10
Wir ziehen das jetzt durch, sagt sein Verteidiger an einem der letzten Verhandlungstage auf dem Flur gegenüber PressevertreterInnen.
00:50:16
Die Krankheit soll einem baldigen Urteilsspruch nicht im Wege stehen.
00:50:20
Aber erstmal soll das psychiatrische Gutachten von Frank vorgestellt werden.
00:50:23
Dazu wird er im Rollstuhl in den Saal 165 geschoben.
00:50:27
Er wirkt abgemagert, erschwitzt und zittert am ganzen Körper.
00:50:30
Die vorsitzende Richterin erkundigt sich erneut, ob der Prozess auch wirklich fortgesetzt werden könne.
00:50:35
Der Verteidiger bejaht die Frage.
00:50:37
Dann betritt die Gutachterin den Raum, die Frank psychiatrisch untersucht hat.
00:50:42
Frank habe eine ausgeprägte narzisstische Störung, eine Ich-Bezogenheit und eine tief verwurzelte Neigung zur Begehung sexueller Missbrauchstaten.
00:50:50
Außerdem sei er hochgradig manipulativ, so die Sachverständige.
00:50:54
Bei ihm bestünde ein hohes Risiko, dass er trotz Therapie weitere Taten begehen werde.
00:51:00
Frank zeige eine tief verwurzelte, pädophile Neigung gegenüber Mädchen im Grundschulalter.
00:51:05
Er sei nicht in der Lage, Beziehungen zu Gleichaltrigen einzugehen.
00:51:08
Frank sei im jungen Erwachsenenalter zwei Beziehungen zu gleichaltrigen Frauen eingegangen.
00:51:13
Die Enttäuschung über das Scheitern sei aber so groß gewesen, dass er es nie wieder versucht habe.
00:51:18
Seine Taten seien aber nicht nur pädophiler Natur.
00:51:21
Frank gehe es auch um Machtausübung.
00:51:23
Er sei zudem voll schuldfähig, habe eine Zitat gut durchschnittliche Intelligenz mit einem IQ-Wert von 110.
00:51:30
Es gebe keine Hinweise auf Psychosen, depressive Erkrankungen oder krankhaft seelische Störungen.
00:51:37
Frank ist, da ist sich die Gutachterin aber sicher, hochgradig gefährlich.
00:51:41
Ihre Empfehlung lautet daher, dass Frank sicherungsverwahrt wird.
00:51:45
Am letzten Verhandlungstag wird dann das Schlussplädoyer unter Ausschluss der Öffentlichkeit vorgetragen.
00:51:50
Die Staatsanwaltschaft fordert lange Haftstrafen für beide Angeklagten.
00:51:54
Eine Freiheitsstrafe von 14 Jahren für Frank und eine Freiheitsstrafe von 12 Jahren und 6 Monaten für Danny.
00:52:00
Sie fordert außerdem die Sicherungsverwahrung für beide Angeklagten.
00:52:05
Knapp ein Jahr, nachdem Frank festgenommen wurde, soll am 5. September 2019 das Urteil gesprochen werden.
00:52:11
Der Prozess gegen Frank und Danny neigt sich dem Ende zu.
00:52:14
Das Medieninteresse ist riesig, die Stimmung angespannt, als die Vorsitzende Richterin den Saal 165 des Landgerichts Letmold betritt.
00:52:22
Es ist kurz nach 9 Uhr, als die Anwesenden aufstehen und die Richterin das Wort ergreift.
00:52:26
Sie ringt sichtlich nach den passenden Worten, um das Ausmaß der Verbrechen zu greifen.
00:52:31
Wie soll man das nennen? fragt sie in den Saal.
00:52:36
Ich glaube, alle Bezeichnungen reichen nicht aus.
00:52:39
Die Bilder der Taten hätten sich für immer in die Köpfe aller Beteiligten eingebrannt, führt sie weiter aus.
00:52:45
Sie lässt keine Zweifel daran, dass sich die Taten so zugetragen hätten, wie in der Anklage beschrieben.
00:52:50
Franks Vorgehen sei ein perfides System aus Bestechung, Erpressung, Drohung und Gewalt gewesen.
00:52:56
Frank wird wegen sexuellem Missbrauch in 223 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von 13 Jahren verurteilt.
00:53:03
Danny wegen 48 Fällen von sexuellem Missbrauch zu 12 Jahren.
00:53:07
Und hier sei angemerkt, das sind lediglich die Taten, die den beiden nachgewiesen werden konnten.
00:53:11
Das Gericht geht von deutlich mehr aus.
00:53:14
Was ja sicherlich auch nicht zuletzt darauf zurückzuführen ist, dass der Koffer verschwunden ist, in dem 155 CDs waren.
00:53:22
Und von diesen CDs wurden gerade mal drei Stück ausgewertet, bevor er dann für immer verschwunden ist.
00:53:27
Und man weiß natürlich nicht, was für Taten hätte man auf diesen CDs noch sehen können.
00:53:31
Was für Opfer hat man vielleicht verpasst zu identifizieren?
00:53:34
Welche TäterInnen hätte man damit vielleicht noch ausfindig machen können?
00:53:38
Aber da man das alles nicht weiß, kann man natürlich auch nicht danach verurteilen.
00:53:42
Also richtig gut gemacht.
00:53:45
Man stelle sich mal vor, das wäre das einzige Beweismittel gewesen.
00:53:48
Weil im Zweifel kann so eine Schlamperei nämlich auch dazu führen, dass jemand nicht verurteilt wird.
00:53:52
Schließlich ordnet die Vorsitzende Richterin außerdem die anschließende Sicherungsverwahrung für beide an.
00:53:59
Frank und Danny werden womöglich nie wieder in Freiheit leben dürfen.
00:54:03
Nach Urteilsverkündung herrscht im Saal eine Mischung aus Erleichterung und Fassungslosigkeit.
00:54:07
Die Blicke der Anwesenden richten sich auf Frank und Danny, die das Urteil regungslos aufnehmen.
00:54:12
Die Verteidiger der beiden Angeklagten erklären, dass sie das Urteil für angemessen halten und keine Revision einlegen.
00:54:20
Na, wenigstens das.
00:54:21
Das hätten sie auch sich nicht trauen dürfen.
00:54:24
Ja, also da wäre ja dann was los gewesen.
00:54:25
Naja, sie hätten ja das Recht dazu gehabt.
00:54:28
Das ist ja schon so, aber ich finde es auch gut, dass sie es nicht gemacht haben.
00:54:32
Die mittlerweile 10-jährige Daria, die die Ermittlungen erst ins Rollen gebracht hat, musste nicht aussagen.
00:54:37
Erst nach dem Urteilsspruch werden sie und ihre Mutter Anastasia zu der Vorsitzenden Richterin gebeten.
00:54:42
Der ist es ein Anliegen, der traumatisierten Daria persönlich mitzuteilen.
00:54:47
Dieser Mann wird dir nichts mehr antun.
00:54:50
Er ist für immer im Gefängnis.
00:54:53
Bereits Wochen zuvor, am 17. Juli 2019, ist auch das Urteil gegen den dritten Angeklagten, Franks Auftraggeber Herbert, gesprochen worden.
00:55:01
Im Gegensatz zu Frank und Danny war er nicht direkt an den Missbrauchstaten beteiligt.
00:55:06
Er hat aber ja Frank per Live-Übertragung angestachelt.
00:55:10
Und deshalb ist der mittlerweile 49-jährige Herbert wegen Anstiftung und Beihilfe zum sexuellen und schweren Missbrauch von Kindern
00:55:17
sowie Besitz von kinderpornografischem Material, wie es juristisch heißt,
00:55:21
zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt worden.
00:55:25
Die Verbreitung des Materials ist zwar wahrscheinlich,
00:55:28
nachweisen konnte man es ihm Jahre später jedoch nicht mehr.
00:55:31
Herbert hat sich zu einer Therapie verpflichtet und muss einer Geschädigten,
00:55:36
der zum Tatzeitpunkt 10-jährigen Cheyenne, bei deren Vergewaltigung er per Livestream zugeschaut hat,
00:55:41
3000 Euro zahlen.
00:55:43
Während der Urteilsverkündung ist Herbert immer wieder in Tränen ausgebrochen.
00:55:47
Er hat erleichtert gewirkt angesichts der milden Strafe.
00:55:51
Die Vorsitzende Richterin in seinem Prozess hat jedoch deutliche Worte gefunden.
00:55:55
Die Taten waren schäbig und menschenverachtend.
00:55:58
Sie hat jedoch betont, dass das Gericht nur die persönliche Schuld des 49-Jährigen zu bewerten hatte.
00:56:04
Herbert sei nicht vorbestraft gewesen.
00:56:06
Trotz mehrmaliger Aufforderung sei er einer Einladung Franks auf dem Campingplatz nicht gefolgt.
00:56:11
Außerdem habe er direkt gestanden und acht Monate untersuchungshaft verbüßt.
00:56:16
Doch mit dem milden Urteil sind viele nicht einverstanden.
00:56:19
Der Mann, der den Missbrauch von Kindern mehrfach per Livestream beobachtet hatte, um sich sexuell zu befriedigen.
00:56:25
Der Mann, der Frank aufgefordert hatte, Zitat, mach mehr, das bringt mehr Geld,
00:56:29
durfte den Gerichtssaal mit einer Bewährungsstrafe verlassen.
00:56:32
In der Folge kam es vor dem Landgericht Detmold zu einer Demonstration.
00:56:36
Mehr als 100 Menschen protestierten mit Schildern wie
00:56:38
Urteil Opfer lebenslang, Urteil Täter Bewährung.
00:56:42
Ein Teilnehmer äußerte sein Unverständnis über das milde Urteil vor Fernsehkameras.
00:56:47
Was der Mann hier anspricht, ist ja ein wichtiger Punkt, denn wo keine Nachfrage, da auch kein Angebot.
00:57:05
An der Stelle kurzer Einschub.
00:57:06
Wir sprechen hier nicht vom Begriff Kinderpornografie, weil das ja keine Pornografie ist, sondern Missbrauch an Kindern.
00:57:14
Und der muss auch als solcher benannt werden.
00:57:15
Im juristischen Sinne spricht man aber immer noch von kinderpornografischem Material,
00:57:20
wenn es sich um Missbrauchsdarstellung von Personen unter 14 Jahren handelt.
00:57:25
Und weil wir das Thema ja erst in einer der letzten Folgen intensiv behandelt haben,
00:57:29
wollen wir jetzt hier nur mal kurz erwähnen, der Strafrahmen für den Besitz von Missbrauchsdarstellungen
00:57:34
und auch für die Verbreitung von solchen Material beträgt zu der Zeit, als Herbert verurteilt wird,
00:57:39
also im Jahr 2019, drei Monate bis zu fünf Jahre Haft.
00:57:43
Und Herbert, der hat ja jetzt nur zwei Jahre auf Bewährung bekommen.
00:57:47
Man hat zwar angenommen, dass er das Material auch verbreitet hat,
00:57:51
nachweisen konnte man ihm das aber nicht.
00:57:54
Vielleicht wäre ja auf den Datenträgern Beweismaterial dafür zu finden,
00:57:59
gewesen, das aber ja leider verschwunden ist.
00:58:02
Was die Opfer, die Angehörigen und die Öffentlichkeit seitdem aber außerdem beschäftigt,
00:58:06
ist die Aufarbeitung des Behördenversagens.
00:58:09
Weil eine ganz elementare Frage konnte im Prozess nicht geklärt werden.
00:58:13
Und zwar, wie konnte es zu dieser unfassbaren Verkettung von Versäumnissen und Fehlverhalten der Behörden kommen?
00:58:19
Gegen 14 MitarbeiterInnen bei der Polizei und beim Jugendamt wird ermittelt.
00:58:24
Angeklagt, geschweige denn verurteilt, wird jedoch niemand.
00:58:27
Trotzdem, oder gerade deshalb, setzt der Landtag NRW einen Untersuchungsausschuss ein,
00:58:32
der die Mängel aufarbeiten soll.
00:58:33
Im Sommer 2019, also parallel zum Prozess gegen Frank und Danny,
00:58:37
nimmt der Untersuchungsausschuss seine Arbeit auf.
00:58:40
Ziel ist es, das Versagen der Behörden auf zwei Ebenen zu durchleuchten.
00:58:43
Die Versäumnisse der Ermittlungsbehörden, der Polizei und der Staatsanwaltschaft auf der einen Seite,
00:58:47
das Versagen der Jugendämter auf der anderen.
00:58:50
Ganz konkret soll geklärt werden, warum hat man Frank, gegen den bis dato mehrere Anzeigen wegen sexueller Belästigung
00:58:56
und sogar sexuellem Missbrauch erstattet wurden, das Sorgerecht eines vierjährigen Mädchens zugesprochen.
00:59:01
Doch die Aufarbeitung gestaltet sich schwierig.
00:59:04
Einerseits, weil vieles mehr als 15 Jahre zurückliegt und damit Aufzeichnungen und Erinnerungen fehlen,
00:59:10
aber unter anderem auch, weil drei entscheidende MitarbeiterInnen des Jugendamts,
00:59:14
das für die Pflegetochter Lili zuständig war, ihre Aussage vor dem Untersuchungsausschuss verweigern.
00:59:19
Wir haben ja für diese Folge mit Roman von Alvinsleben gesprochen,
00:59:23
dem Anwalt von Anastasia, der Mutter von Laria.
00:59:25
Und er kann nicht verstehen, dass die MitarbeiterInnen ihre Aussage verweigert haben.
00:59:30
Ja, man ist in so einer Behörde tätig und man ist immer noch eine Person,
00:59:35
aber man hat eine verdammte Verpflichtung gegenüber seinem Amt.
00:59:39
Und wenn man da Fehler gemacht hat, dann sollte man auch aussagen,
00:59:42
um einfach Aufklärungshilfe zu leisten, damit man irgendwie hilft,
00:59:47
dass diese Fehler nicht erneut passieren.
00:59:49
Ja, sich dann in sein Schneckenhaus zurückziehen und das finde ich eher daneben.
00:59:55
Genau, und das kann man moralisch natürlich total daneben finden.
00:59:59
Hier sei an der Stelle aber ergänzend gesagt, sie sind nicht verpflichtet dazu
01:00:03
und sie können von ihrem Schweigerecht Gebrauch machen.
01:00:05
Und das haben sie ja letztendlich auch gemacht.
01:00:07
Trotz der Hürden kann der Untersuchungsausschuss dennoch grobe Fehler konkret identifizieren.
01:00:13
Es kommt raus, mehr als ein Dutzend Stellen in den Akten des Jugendamts
01:00:17
wurden nachträglich geändert oder vertuscht.
01:00:19
Wohl um Spuren zu ihrem Versagen zu verwischen.
01:00:22
Der Leiter des Jugendamts, Hameln Pyrmont beispielsweise,
01:00:25
hat in einer Akte nachträglich einen Vermerk ergänzt und zurückdatiert.
01:00:29
Der Vermerk sollte offenbar einen verschönernden Eindruck von Lillis Situation bei Frank vermitteln.
01:00:35
Eine andere Mitarbeiterin des Jugendamts hatte am 13. Dezember 2018
01:00:39
in der Akte zu Frank einen Absatz von November 2017 gelöscht.
01:00:43
In dem gelöschten Absatz war vermerkt worden, dass Pflegefater Frank immer wieder Kontakt zu kleinen Mädchen suchte
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und diese in ein Abhängigkeitsverhältnis brachte.
01:00:53
Einzige Konsequenz?
01:00:55
Der Leiter des Jugendamts wird suspendiert.
01:00:57
Der Ausschuss deckt aber nicht nur in Bezug auf das Jugendamt grobe berufliche Fehler auf,
01:01:02
sondern auch bei der Polizei.
01:01:04
Beispielsweise wurde trotz deutlicher Hinweise auf seine Beteiligung
01:01:07
Danny von der Polizei Lippe erst nur als Zeuge geladen und nicht als Beschuldigter.
01:01:12
Auch ging ein Durchsuchungsbeschluss der Staatsanwaltschaft vom 4. Januar 2019
01:01:17
gegen Danny nicht bei der Polizei ein, wodurch er genug Zeit gehabt hatte, Beweismaterial zu vernichten.
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Die Konsequenzen bei der Polizeibehörde Lippe?
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Mehrere Führungskräfte werden versetzt.
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Doch auch wenn gegen 14 MitarbeiterInnen von Jugendamt und Polizei ermittelt wurde,
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wird am Ende niemand jemals für das Fehlverhalten juristisch zur Verantwortung gezogen.
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Alle Ermittlungen werden schließlich eingestellt.
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Damit sich so etwas trotzdem niemals wiederholt,
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stellt die Untersuchungskommission am Ende ihrer Arbeit im Dezember 2020
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insgesamt 44 Empfehlungen an die Landesregierung aus.
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Darin empfiehlt sie zum Beispiel eine Forderung nach Schutzkonzepten
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bei der Unterbringung in Pflegefamilien
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oder die bessere Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Behörden.
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Für die Opfer aus Lüchte ein kleiner Trost.
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Sie selbst sind noch viel zu beschäftigt mit ihrem eigenen Leid,
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müssen weiterhin selbst für Gerechtigkeit kämpfen.
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Im Jahr 2022, also drei Jahre nach dem Urteil,
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haben 48 Opferfamilien Anträge auf Entschädigungszahlungen bei ihren jeweiligen Bundesländern eingereicht.
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32 davon in Nordrhein-Westfalen und 16 im angrenzenden Niedersachsen.
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Bislang mit mäßigem Erfolg.
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Von den 34 Anträgen wurden bisher nur 13 ausgezahlt.
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Stand August 2023.
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Darius Anwalt Roman von Alvinsleben hat dafür kein Verständnis.
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Dann hätte ich mir gewünscht, dass man in irgendeiner Form einen Fonds aufmacht oder eben Geld bereitstellt,
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aus dem dann die Kinder dem schwere Grad ihrer Beeinträchtigung aus diesem Fehlverhalten entschädigt werden.
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Und wenn es nur symbolisch ist, die Eltern haben viel Aufklärungsarbeit geleistet,
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haben mit den Kindern immer wieder die Polizeistationen aufgesucht,
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die Gerichtshandlungen mitgestaltet.
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Die waren dann doch sehr aufklärungsbemüht.
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Und das muss man auf der einen Seite honorieren,
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auf der anderen Seite das Leid irgendwie versuchen zu kompensieren.
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Und da hätte es sicherlich der Behörde gut getan, einfach zu sagen,
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wir nehmen jetzt mal eine halbe Million in die Hand, um mal ein Saal zu nennen und entschädigen die Kinder.
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Doch Roman von Alvinsleben bleibt hartnäckig.
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Im Sommer 2022 bekommt immerhin seine Mandantin, die mittlerweile 13-jährige Daria,
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nach einem langen Prozedere eine lebenslange Opferrente von monatlich 223 Euro zugesprochen.
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Sie bleibt bis zum heutigen Tag die einzige Betroffene, die eine Entschädigungszahlung erhält.
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Andere, so auch Franks Führer, Pflegetochter Lilly, sind bisher der ausgegangen.
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Und dazu noch ganz kurz.
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Also Opfer sexualisierter Gewalt können Ansprüche gegen den Staat geltend machen.
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Also vor allem, wenn sie aufgrund des Missbrauchs gesundheitliche Beeinträchtigungen haben.
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Und sie können auch zivilrechtliche Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld gegen die Täterinnen geltend machen.
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Und zwar unabhängig von der strafrechtlichen Verfolgung.
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Und die richten sich dann halt gegen die Personen, die den Missbrauch begangen oder nicht verhindert haben.
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Also sind sowohl die TäterInnen als auch der Staat potenziell für Entschädigungszahlung verantwortlich.
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Wobei das auch ein bisschen mit den Umständen des Einzelfalls zusammenhängt und in dem konkreten Fall in Lüchte jetzt noch nicht abschließend geklärt ist.
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Immerhin kommt es nach dem Fall in NRW zu umfassenden Reformen.
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Seit 2019 übernimmt automatisch das Landeskriminalamt, wenn der Verdacht auf Kindesmissbrauch im Raum steht.
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Außerdem wird eine neue Software eingesetzt und Polizistinnen sollen gezielt geschult werden im Umgang mit Sexualstraftaten an Kindern.
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Es bleibt außerdem zu hoffen, dass Lüchte eine Signalwirkung in der Öffentlichkeit mit sich bringt und sensibilisiert.
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Über Lüchte liegt seit dem Aufkommen des Falls ein Tuch des Schweigens.
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Das jedenfalls ist der Eindruck von Jens.
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Er ist enttäuscht von vielen Menschen aus seiner Nachbarschaft.
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Er sagt, er habe das Gefühl, dass die Scham darüber, dass es passiert ist, für die Leute hier wesentlich größer sei als die Sache an sich.
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Und dass die Opfer zwar, Zitat, ganz leidende Kinder sind, aber hier einfach nicht wahrgenommen werden oder aufgefangen werden oder ihnen geholfen wird.
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So nach dem Motto, da müssten sie selber durch.
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Er sagt in der ZDF-Doku, die Kinder von Lüchte, die Realität wird ausgeblendet, dass es im Prinzip die Nachbarwohnung sein kann, wo es passiert.
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Frank wird womöglich nie wieder in Freiheit leben.
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An dem unermesslichen Leid der betroffenen Kinder wird das aber nichts ändern.
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Frank hat nachweislich 32 Kinder im Alter zwischen 4 und 14 Jahren über einen Zeitraum von mehr als 10 Jahren sexuell missbraucht.
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Ermöglicht durch das Schweigen der Behörden und der Nachbarschaft in Lüchte.
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Die Dunkelziffer liegt wohl höher.
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Lilly befindet sich heute an einem unbekannten Ort.
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Viel zu früh wurde ihr die Kindheit geraubt.
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Viel zu oft wurde sie im Stich gelassen.
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Von denjenigen, die sie eigentlich schützen sollten.
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Von ihrer Mutter, dem Jugendamt und allen, die weggesehen haben.
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Statt Schutz und Geborgenheit fand sie nichts als Schmerz.
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Jens hat mich weggesehen.
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Er hat Frank instinktiv als Pädophilen und möglichen Straftäter identifiziert.
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Als Kind wurde Jens selbst Opfer sexualisierter Gewalt.
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Ich bin ein gebranntes Kind, sagt er heute.
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Jens steht seitdem in engem Kontakt mit den Angehörigen der Missbrauchsopfer.
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Er will ihnen eine Stütze sein.
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Er weiß, wie es sich anfühlt, mit diesem Trauma leben zu müssen.
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Viele der Betroffenen leiden bis heute unter Schlafstörungen, Angstzuständen und Panikattacken.
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Manche hätten sogar versucht, sich umzubringen.
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Einen besonders engen Draht hat Jens heute zu Anastasia, der Mutter von Daria, die Frank am Ende das Handwerk legte.
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Er und Anastasia sind, hat Jens uns am Telefon erzählt, heute gut befreundet.
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Also ich meine, das ist jetzt schon so ein echt harter Brocken, mit dem wir jetzt hier ins neue Jahr gestartet sind.
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Aber es ist auch ein Fall, um den wir uns eigentlich lange genug gedrückt haben, muss man sagen.
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Ja, genau. Aber er hat uns jetzt in der Recherche ja auch wieder gezeigt, dass natürlich auch, wenn es so schlimm ist, über Kindesmissbrauch zu reden, zu hören, zu lesen, dass das auch mit auch ein Problem ist.
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Weil wir sehen an diesem Fall, dass so viele Leute nicht hinsehen wollten, als das passiert ist.
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Und was das dann für Konsequenzen hatte, nämlich, dass zehn Jahre lang, vielleicht auch mehr, ein Mann Jagd auf Kinder gemacht hat, die es eh schon schwer im Leben hatten, wo eh schon Leute nicht hingeguckt haben oder sich nicht richtig gekümmert haben, ohne dass jemand eingegriffen hat.
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Und dann ist es jemand wie Jens, der sensibilisiert dafür ist, weil er das selber erlebt hat, der da was gesagt hat und der hier geschrien hat, hallo, hier passiert was ganz Schlimmes und ihr müsst mal hier drauf schauen.
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Ihr, die da für verantwortlich seid, die sich um diese Kinder kümmern sollten oder die Polizei, die sich um Verbrechen kümmern sollte.
01:08:06
Und es passiert wieder.
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Es zieht sich einfach durch.
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Und ich meine, da sagst du was, es sind über zehn Jahre gewesen.
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Zehn Jahre, das muss man sich mal vorstellen.
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Und mindestens 32 Opfer.
01:08:22
Die alle Opfer schwersten sexuellen Missbrauchs wurden.
01:08:26
Und das ist richtig, weil das liegt ja nicht daran, dass der Frank so genial ist, sondern es liegt daran, dass der weiß und über die Jahre ja auch gelernt hat, bestimmte Mechanismen zu bedienen, von denen man weiß, dass Menschen die Missbrauchstaten begehen, die auch immer wieder einsetzen.
01:08:44
Und da kann man ja jetzt auch dann schlecht sagen, ach Mist, ja, dann ist das eben so, sondern da muss man sich, wenn das in seinem eigenen Umfeld passiert ist, dann vielleicht auch mal damit auseinandersetzen und sich fragen, gehöre ich eigentlich zu denen, die das nicht haben sehen wollen und die das begünstigt haben?
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Weil es gab ja diese Gartenparty, wo der Jens dem ordentlich eine geschallert hat und das haben die Leute da ja auch mitbekommen.
01:09:06
Und das ist ja eigentlich das Tragische, dieses System von Manipulation und das Befüttern der Scham bei den Opfern und dieses Angstschüren, was er ja auch gemacht hat mit den Geistern, die dann kommen und so.
01:09:18
Das ist sicherlich das eine.
01:09:20
Aber das andere ist eben auch, dass es ganz offenbar in der Umgebung stattgefunden hat, wo es für den Frank ein leichtes war, nach vorne raus, hier auf Gartenpartys rumzutouren und auf witzigen Onkel zu machen und im Haus dann aber Vierjährige zu vergewaltigen.
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Ja, und ganz ehrlich, guck mal, diese eine Frau beim Jobcenter, da hat er das schon so easy rausgehauen mit dem Satz, ja, die müssen mal sehen, was sie für Süßigkeiten noch alles macht, als ob der solche Sprüche nicht auch auf dem Campingplatz gebracht hat.
01:09:51
Ja, also, ja, ja, genau. Er hat es doch zu Jens, der kannte Jens gerade eben erst und hat sowas rausgehauen.
01:09:59
Und Jens sagt in der ZDF-Doku, die Kinder von Lüchte, große Empfehlung an dieser Stelle, verlinken wir euch auch in der Folgenbeschreibung, dass er das Gefühl hatte, dass Frank da quasi abchecken wollte, ob er vielleicht ähnlich drauf ist wie er.
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Und da denke ich mir, da wird Jens in den über zehn Jahren ja sicherlich nicht der einzige gewesen sein.
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Aber daran liegt es eben, dass solche Taten ein Tabuthema sind und dass man die heile Welt nicht gefährden will.
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Und das ist auch kein Problem von Lüchte nur, sondern das ist ein Problem, was wir überall haben, überall auf der Welt, in jedem Milieu, auf jeder Arbeitsstelle, in jedem Sportverein.
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Und es stärkt die Täter, wenn man sich weigert, hinzusehen und zu akzeptieren, dass das, was eigentlich nicht sein darf, eben aber doch sein kann.
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Ja, und wir wollen ja jetzt hier auch nicht die Moralapostel spielen oder sowas, sondern wir wollen damit einfach nur auch sensibilisieren dafür.
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Weil natürlich ist es auch einfacher, im Kopf sich Sachen zu überlegen oder Ausreden zu finden, warum dieser Mann oder diese Frau jetzt diese Sachen zu dem Kind gesagt hat oder das Kind da irgendwie komisch angefasst hat oder irgendwas.
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Man möchte das ja lieber nicht und kann dann im Kopf sagen, ach, dir hat das bestimmt nicht so gemeint oder vielleicht habe ich mich verhört oder irgendwie sowas.
01:11:10
Aber das sind schon so die Sachen, wo man sich selber dann korrigieren muss, weil lieber einmal mehr beim Jugendamt melden oder bei der Polizei melden, die sich dann hoffentlich darum kümmern, als einmal zu wenig.
01:11:23
Im Fall von Jens hat das jetzt leider nicht gefruchtet, aber bei 54 Kindern und Jugendlichen, die jeden Tag in Deutschland Opfer von sexuellem Missbrauch werden, brauchen wir mehr Jensens auf dieser Welt.
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Und deswegen, wenn ihr einen Verdacht auf sexuellen Missbrauch habt oder euch selbst in der Kindheit oder Jugend sexualisierte Gewalt widerfahren ist, dann haben wir euch auch eine Anlaufstelle in der Folgenbeschreibung verlinkt.
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Und darunter findet ihr auch den Link zur Webseite von kein-täter-werden-da-findenden Menschenhilfe, die sich zu Kindern sexuell hingezogen fühlen und die nicht straffällig werden möchten.
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Nächste Woche geht es hier mit einem ganz anderen Thema weiter und zwar ohne Laura.
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Ja, ohne mich, dafür mit einem sehr spannenden Thema, auf das ich ja eigentlich gekommen bin.
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Deswegen freue ich mich auch schon sehr darauf, das zu hören.
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Das war ein Podcast der Partner in Crime.
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Hosts und Produktion Paulina Graser und Laura Wohlers.
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Redaktion Simon Garschhammer und wir.
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Schnitt Pauline Korb.
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Rechtliche Abnahme und Beratung Abel und Kollegen.