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#189 Das fatale abkommen

Willkommen bei Mordlust, einem Podcast der Partner in Crime.
Hier geht es um wahre Verbrechen und ihre Hintergründe.
Mein Name ist Paulina Krazer und gemeinsam mit meiner Kollegin und Freundin Laura Wohlers
bespreche ich hier immer einen bedeutsamen, wahren Kriminalfall.
Gemeinsam ordnen wir den immer ein, erörtern und diskutieren die juristischen,
psychologischen oder gesellschaftlichen Aspekte.
Und wir sprechen mit Menschen mit Expertise.
Hier geht es um True Crime, also auch um die Schicksale von echten Menschen.
Bitte behaltet das immer im Hinterkopf.
Das machen wir auch, selbst dann, wenn wir zwischendurch mal etwas abschweifen.
Das ist für uns so eine Art Comic Relief, aber natürlich nicht despektierlich gemeint.
Heute ist Laura nicht dabei.
Dafür habe ich wieder einen spannenden Gast.
Und wir besprechen gleich einen Fall, der zwar auf deutschem Boden passiert ist,
der hier aber nicht verhandelt wurde, weil die deutschen Ermittlungsbehörden
denen an ein anderes Land abgegeben haben.
Mit schweren Folgen für die Angehörigen.
Und diesen Fall bespreche ich mit dem Rechtsexperten Dr. Felix Zimmermann.
Hallo Felix.
Hallo.
Felix ist Rechtsanwalt und Journalist, ehemals Rechtsexperte beim ZDF
und seit 2022 Chefredakteur von Legal Tribune Online und Host des Podcasts Die Rechtslage.
Und Felix hat uns dankenswerterweise einen sehr speziellen und aktuellen Fall vorgeschlagen.
Felix, was hat dich dazu gebracht, den Fall hier heute mitzunehmen?
Ja, also es geht nicht nur um ein schreckliches Verbrechen, verübt in Deutschland,
bei dem auf den ersten Blick alles ganz klar erscheint,
doch eben am Ende das deutsche Justizsystem machtlos ist
und eben nicht das letzte Wort hat über die Strafbarkeit.
Und mich hat jetzt nicht nur der Fall gefesselt,
sondern es geht eben um die ganz großen Fragen von Gerechtigkeit und Lücken in unserem Rechtssystem.
Genau, und das muss man noch dazu sagen,
für den Fall haben sowohl Felix als auch wir mit der Familie des Opfers besprochen.
Die werdet ihr hier auch ein paar Mal im Interview hören.
Außerdem liegt uns die über 400 Seiten lange Ermittlungsakte vor.
Wir sind heute also wirklich sehr, sehr nah dran.
Dann würde ich sagen, fangen wir an.
Einige Namen haben wir geändert.
Es ist ein Tag im August 2023, als Julia dieses Lied im Kopf hat.
Nur kommt sie nicht auf den Titel.
Sie erinnert sich nur dunkel an die Melodie und das ärgert sie gewaltig,
denn sie will es unbedingt auf dem ersten Geburtstag ihrer Tochter spielen.
Das Lied bedeutet ihr sehr viel, denn wenn sie an die Melodie denkt,
dann erinnert sie sich noch ganz genau an den Tag, als sie es das erste Mal hörte.
Das war vor 27 Jahren.
Damals hatten ihre Tante Irina und ihr Onkel Michael extra eine Halle
in einer Stadt im Norden Kasachstans angemietet,
um den ersten Geburtstag ihres Kindes zu feiern.
Mischa.
Julia war ganz fanat in ihren Babycousin.
Der kleine Blondschopf war schon damals mehr sowas wie ihr Bruder.
Seit diesem Tag geht ihr diese Melodie nicht mehr aus dem Kopf.
Mittlerweile ist Julia 32 Jahre alt, wohnt über 5000 Kilometer von ihrem damaligen Heimatort entfernt
und will für den ersten Geburtstag ihrer Tochter, dass eben genau dieser Ohrwurm für gute Stimmung sorgt.
Sie sucht schon seit Wochen danach.
Auch Mischa hängt sie damit manchmal in den Ohren, aber der kann sich natürlich nicht erinnern.
Er hat zwar mal eine Videoaufnahme von seinem ersten Geburtstag gesehen und das Lied darauf gehört,
aber damals war er ja noch ein Kleinkind.
Heute ist ihr kleiner Cousin ein Mann, 28 Jahre alt, viel größer als Julia und breit gebaut.
Ein richtiger Sunnyball mit dunkelbraunem Haar, das er an den Seiten kurz und oben länger trägt.
Auf Instagram präsentiert er sich im schicken Anzug, mal breit grinsend mit seinem Rottweiler
und mal oberkörperfrei, dafür mit Schienbeinschonern und Mundschutz.
Denn in seiner Freizeit hat sich Mischa der MMA-Kampfkunst verschrieben und schon mehrere Titel abgeräumt.
Er hat sogar ein eigenes Studio eröffnet, in dem er Nachwuchstalente im Kampfsport trainiert.
Dabei spezialisiert er sich hauptberuflich darauf, Auseinandersetzungen zu vermeiden.
Denn Mischa hat mit seinem besten Freund eine Sicherheitsfirma gegründet, die gut läuft.
Er ist der Chef von 25 Angestellten.
Manchmal muss Julia schmunzeln, wenn sie darüber nachdenkt.
Ihr kleiner Cousin, der große Geschäftsmann.
Denn privat merkt man ihm seine Rolle überhaupt nicht an.
Wenn Sie sich sehen, blödelt er am laufenden Band mit Julias älterer Tochter, der 10-jährigen Luisa, herum.
Oft imitiert er Dialekte. Am besten kann er plattdeutsch.
Er ist der Entertainer der Familie und halt irgendwie doch noch Julias kleiner Bruder von damals.
Nur leider bekommt Julia Mischa nicht mehr so häufig zu Gesicht wie früher.
Vor allem, weil sie nicht mehr so nah zusammenleben wie damals in Kasachstan.
Ihre Familien sind im Jahr 1999, als Julia 8 war und Mischa 4, gemeinsam nach Deutschland ausgewandert.
Anfangs haben sie alle im kleinen Städtchen Gerolstein in Rheinland-Pfalz gewohnt.
Doch dann ist Mischas Familie ins knapp 50 Kilometer entfernte Wittlich gezogen.
Jetzt liegen etwa 45 Minuten Autofahrt zwischen ihnen und der Alltag, der es manchmal unmöglich macht, sich zu besuchen.
Auch Julia ist viel beschäftigt.
Sie arbeitet als Social-Media-Managerin in einer Werbeagentur und kümmert sich sonst um ihre zwei Mädchen.
Mit allem, was als Mama eben anfällt.
Und heute ist das die Planung von Milanas Geburtstagsparty.
Wenn ihr doch nur der Text dieses Liedes wieder einfallen würde, das damals bei Mischas festgespielt wurde.
Sie würde es auch so gerne für Milana spielen.
Und für Misha.
Dann würde sich der Kreis fließen, denkt Julia.
Zwei erste Geburtstage, 27 Jahre später, derselbe Song.
Und plötzlich kehrt die Erinnerung zurück.
Ha-fa-na-na.
Sie tippt das Wort in den Computer ein und tatsächlich.
Es erscheint ein buntes Video unterlegt mit dem Lied namens Ha-fa-na-na, das sie so lange gesucht hat.
Julia ist glücklich.
Es ist, als hätte sie ein verlorenes Puzzleteil wiedergefunden.
Erst will sie Misha den Song schon schicken, beschließt dann aber doch, bis Milanas Geburtstag zu warten, damit sie sein Gesicht dabei sehen kann.
Auf den Moment freut sie sich schon.
Drei Tage später, am 19. August 2023, wacht die 32-Jährige in ihrem ehemaligen Kinderzimmer bei ihren Eltern in Gerolstein auf.
Ihre Töchter liegen neben ihr im Bett.
Sie haben eine kleine Übernachtungsparty bei Oma und Opa gefeiert.
Es ist ein ruhiger Samstagmorgen, dessen Stille von einem grellen Schrei erschüttert wird.
Er kommt aus dem Wohnzimmer.
Es ist der Schrei ihrer Mutter.
Julia hat uns von der Situation damals erzählt.
Es war ein richtig hysterisches Schrein.
Mein Vater hat sofort gefragt, was ist denn los?
Und dann kam dieser Satz, den ich nie vergessen werde.
Da hat sie geschrien, es ist was ganz Schlimmes passiert.
Ich bin dann direkt runtergelaufen, völlig verwirrt.
Und dann sagte meine Mutter, Mishutka wurde erstochen in der Nacht.
Ja, ich konnte es nicht glauben.
Mein Kopf hat sich wirklich geweigert, das anzunehmen.
Ich habe immer wieder gesagt, nein, nein, das kann nicht sein.
Das kann nicht sein.
Und dann hat mein Onkel auch direkt angerufen.
Und in dem Moment war klar, dass es wahr ist.
Das war real.
Als Julias Onkel Mishas Vater anruft, schaltet ihre Mutter auf Lautsprecher.
Mishas Vater erzählt, wie er in der vergangenen Nacht von einem Anruf geweckt wurde.
Am Telefon war ein Bekannter von Misha, der ihn aufgefordert hat, schnell in die Wittlicher Innenstadt zu kommen.
Sie seien auf der Säubrenner Kirmes gewesen, einem Volksfest auf dem Marktplatz.
Und am Rande des Festgeländes, nur wenige Meter vor Mishas Haustür, habe es einen Streit gegeben.
Auf Misha sei eingestochen worden.
Er sei verletzt, sagte der Kumpel.
Mishas Vater ist sofort losgefahren und wenige Minuten später vor Ort gewesen.
So, und diesen Ort, den muss man sich so vorstellen.
Also die Stadt Wittlich hat knapp 20.000 EinwohnerInnen und so einen schönen Altstadtkern mit Kopfsteinpflasterboden,
süßen Gassen und barocken Häusern mit pastellfarbenen Fassaden.
Und Misha, der wohnt da mittendrin, nur wenige Meter entfernt vom Marktplatz, wo eben die Kirme stattfindet.
In seiner Straße, da ist zum Beispiel noch ein Dönerladen, ein Telekom-Shop und einige andere Einzelhandelsgeschäfte.
Misha wohnt im ersten Stock in einem der Häuser und er war am Abend mit zwei Bekannten,
die in seiner Kampfsportschule trainiert haben auf der Kirmes.
Die drei waren jetzt keine super engen Freunde, aber Misha wollte ihnen an dem Abend mal ein typisches deutsches Volksfest zeigen.
Das Fest war aber um zwei Uhr nachts vorbei und dann sind alle gestern nach Hause gelaufen.
So auch Misha mit seinen zwei Kumpels.
Und etwa gegen zwei Uhr dreißig, das erzählt jetzt Mishas Vater Julia und ihrer Familie am Telefon,
ist die Dreiergruppe durch eine der schmalen Gassen bis zu Mishas Haustür gegangen.
Und genau dahin wurde dann später Mishas Papa hinbestellt.
Und der war dann nur wenige Minuten später dort.
Und was ihn da erwartet hat, das hat er uns im Interview erzählt.
Mishas Vater ging davon aus, dass alles unter Kontrolle ist und hat deswegen ganz ruhig im Auto gewartet.
Mishas Vater ging davon aus, dass alles unter Kontrolle ist und hat deswegen ganz ruhig im Auto gewartet.
Aber irgendwann sei dann ein Polizist zu ihm gekommen und erzählte ihm das hier.
Am Morgen danach bei einem weiteren Telefonat merkt Julia ihrem Onkel an, dass er noch immer nicht glauben kann, dass sein Sohn wirklich tot ist.
Auch Julia fällt das schwer.
Da sind so viele offene Fragen in ihrem Kopf.
Was war das für ein Streit?
Mit wem?
Wer hat auf Misha eingestochen?
fragt sie ihren Onkel am Telefon.
Doch Mishas Vater kann ihre Fragen nur bedingt beantworten.
Er habe mit den Männern gesprochen, mit denen Misha auf der Kirmes unterwegs war, aber sie seien betrunken gewesen, sagt er.
Sie hätten ihm nur gesagt, dass sie vor Mishas Haustür auf eine Gruppe von US-AmerikanerInnen getroffen seien.
Zwei Männer und zwei Frauen.
Zwischen den Männern und Misha sei es dann zum Streit gekommen.
Misha und der eine Mann seien körperlich aneinander geraten und zu Boden gefallen.
Da sei der zweite Mann aus der anderen Gruppe gekommen und habe ein Messer gezogen.
Er habe von hinten mehrmals auf Misha eingestochen.
Misha sei dann beuchlings auf dem Boden zusammengebrochen.
Währenddessen hätten sich andere Menschen um sie versammelt.
Einer von ihnen habe dann die Polizei verständigt.
Misha habe auf dem Boden gelegen und habe sich blutend vom Bauch auf den Rücken gedreht.
Die AmerikanerInnen seien abgehauen, bevor die Polizei kam.
Als Mishas Vater das Gespräch beendet und auflegt, kann Julia noch immer nicht begreifen, dass ihr Cousin in der Nacht verstorben ist.
Das, was ihr Onkel ihnen am Telefon erzählt hat, wirft für sie mehr Fragen auf, als dass es Antworten gibt.
Warum ist denn niemand dazwischen gegangen?
Und vor allem, wieso hat einer von ihnen dann auf Misha eingestochen?
Einfach so auf offener Straße?
Wieso tut jemand sowas?
Julia weint jetzt bitterlich.
Sie und ihre Eltern liegen sich in den Arm.
Auch ihre Töchter drückt Julia ganz fest an sich.
Sie alle brauchen jetzt Halt.
Alle Hoffnungen liegen jetzt auf den Behörden.
Die Polizei hat Ermittlungen wegen Totschlags aufgenommen.
Sie werden die Täter finden und aufklären, was in der Nacht vorgefallen ist.
Warum Misha jetzt tot ist mit 28 Jahren.
Sein Todestag ist ein Samstag, mitten im August.
Die Sonne strahlt vom Himmel, die Menschen fahren ins Freibad.
Auch die Kirmes in Wittlich, auf der Misha abends noch gefeiert hat, hat wieder geöffnet.
Die Welt um sie herum scheint dieselbe zu sein.
Nur für Mishas Familie ist sie in der Nacht stehen geblieben.
Julia weiß, dass ihr Onkel und ihre Tante, Mishas Eltern, sie jetzt brauchen.
Also fährt sie noch am selben Tag zu ihnen.
Und Wittlich angekommen, nimmt sie die beiden fest in die Arme.
Sie kann ihnen ansehen, wie tief der Schock in ihren Knochen sitzt.
Der Schock darüber, dass heute nichts mehr so ist, wie es gestern noch war.
Erst gestern saß Misha am späten Nachmittag noch mit seiner Mutter auf der Terrasse.
Sein Vater hat uns erzählt, wie er den letzten Tag mit seinem Sohn erinnert.
Ich war beschäftigt und war am Telefonieren.
Und er hat gesagt, Papa, ich muss jetzt trainieren fahren.
Und heute Abend komme ich nach Hause.
Und kam ich raus, habe ich ihn so ungewinkt und so weiter.
Und das war das letzte Mal, das habe ich ihn gesehen.
Es war 17 Uhr.
Knapp zehn Stunden später war Misha tot.
Und heute ist es Julia, die mit seinen Eltern auf der Terrasse sitzt.
Verzweifelt, fassungslos und voller Trauer.
Denn Mishas Platz bleibt leer.
Menschen kommen vorbei und bringen Essen, drücken ihr Beileid aus, schenken tröstende Umarmung.
Der Schmerz der Familie ist allgegenwärtig.
Er sitzt mit ihm am Terrassentisch.
Wäre Misha jetzt hier, würde er allen die Traurigkeit aus dem Gesicht treiben.
So wie er es immer gemacht hat.
So war er.
Ein lustiger Mensch, der sie alle zum Lachen gebracht hat.
Ein engagierter Sportler, der Kindern an den Schulen ehrenamtlich Kampfsportunterricht gegeben hat.
Und ein liebevoller Sohn, dessen Traum es war, für seine Eltern da zu sein.
Er wollte finanziell für sie sorgen, sodass sie nicht mehr arbeiten gehen müssen.
Er hat das Leben für seine Liebsten besser gemacht, hat uns Julia erzählt.
Und wenn er da war und wenn er dann gefahren ist, hat man immer so ein schönes Gefühl gehabt.
Also der hat einem so das Gefühl gegeben, man wäre etwas Besonderes.
Und er hat immer nur die Stärken in einem gesehen und hat einen immer so gepusht.
Also das konnte er.
Also wenn ich dann irgendwie angefangen habe, in der Vergangenheit festzustecken und zu hinterfragen,
ja, nee, das war jetzt nicht so gut oder so.
Dann hat er immer gesagt, ja, warum beschäftigst du dich damit?
Ist doch jetzt egal, ist doch vorbei.
Und dann immer so, ja, komm, du lebst jetzt und alles ist gut.
Und ja, also so war er halt.
Dass sie ihn nun nie wiedersehen werden, fällt Julia in den Tagen nach Mischas Tod schwer zu begreifen.
Er wird sie nie wieder an sich drücken, wird nie wieder mit ihren Töchtern herumalbern.
Und das Lied, sie wird ihm nie das Lied vorspielen können, das sie an seinen ersten Geburtstag erinnert.
Sie wird es auch nicht am ersten Geburtstag ihrer Tochter spielen, denn Julia hat die Party abgesagt.
Niemandem in der Familie ist jetzt nach Feiern zumute.
Stattdessen müssen sie eine Beerdigung vorbereiten und die Trauer, die sich deshalb in ihrem Herzen eingenistet hat, scheint endlos.
Doch da ist noch ein Gefühl, das Tag für Tag stärker wird.
Wut.
Denn Mischas Familie weiß noch immer nicht, warum Mischas gestorben ist.
Was ist in der Nacht vor Mischas Haustür passiert?
Vom polizeilichen Seite heißt es erstmal nur, dass die Ermittlungen andauern.
Aber immerhin konnte man schon zwei tatverdächtige Amerikaner ausfindig machen.
Sie sind Mitte 20 und einer von ihnen hat sein Handy am Tatort verloren.
Und der andere, stellt sich heraus, hat sich bereits geständig gezeigt.
Er hat in einer Vernehmung bei der Polizei angegeben, dass es einen Streit gab, er seinen Freund beschützen wollte und deswegen auf Mischas mit seinem Klappmesser eingestochen habe.
Mit Sicherheit einmal, vielleicht auch zweimal, genau wisse er das nicht.
Das Messer habe er auf der Flucht in einen Fluss geworfen.
Die Polizei konnte das Messer sicherstellen.
An der Klinge ließen sich sogar Blutspuren von Mischas nachweisen.
Damit ist der dringende Tatverdacht gegen den Mann bestätigt.
Doch das Geständnis des Mannes verwirrt Julia.
Mischas Kumpels, die dabei waren, haben nichts davon gesagt, dass Mischas auf jemandem gesessen habe.
Außerdem passen die Angaben des Tatverdächtigen überhaupt nicht zum Obduktionsbericht, den Mischas Familie zwei Tage nach der Festnahme in den Händen hält.
Darin sind nämlich vier Messerstiche vermerkt und nicht nur zwei.
Die Rechtsmedizin konnte zwei oberflächliche Stichverletzungen feststellen.
Eine hinter dem rechten Ohr und eine im rechten unteren Bauchbereich.
Außerdem einen tiefen Stich in der linken Flanke und einen Schnitt im rechten oberen Bauchbereich, der Mischas Leber verletzt hat.
Durch den Stich in die linke Flanke hat Mischar fast zweieinhalb Liter Blut verloren, hält die Rechtsmedizin fest.
Es ist in seinen Bauch gelaufen. Er ist nach innen verblutet.
Zudem sind Teile seiner Gedärme aus seinem Körper ausgetreten.
Die bildliche Vorstellung davon ist für seine Familie kaum zu ertragen.
Es ist, als hätte man auch jedem Einzelnen von ihnen ein Messer in den Körper gerammt.
Und zwar mitten ins Herz.
Doch noch bevor sie verarbeiten können, was sie da gerade alles erfahren haben, erreicht sie noch eine Info, die den ganzen Fall zusätzlich verkompliziert.
Die Polizei teilt ihnen mit, dass es sich bei den tatverdächtigen Männern, die mittlerweile in Untersuchungshaft sitzen,
nicht um irgendwelche amerikanischen Touristen handelt, sondern um US-Soldaten.
Sie sind auf der 20 Kilometer entfernten Airbase namens Spang Dahlem stationiert.
Der, der sein Handy verloren hat und sich mit Mischar auf dem Boden geprügelt hat, heißt Andy und ist ein Sergeant.
Er hat also einen recht hohen Rang unter den Soldaten.
Und der, der zwei Messerstiche gestanden hat, ist ein 26 Jahre alter Flugzeugmechaniker namens Sean.
Und weil sie Soldaten sind, ermitteln derzeit nicht nur die deutschen Behörden, also Polizei und Staatsanwaltschaft.
Es hat sich auch das amerikanische Militärgericht eingeschaltet, also der Justizapparat der Armee.
Und Julia und Mischars Familie, die wissen natürlich jetzt gar nicht so recht, was das für die Ermittlungen bedeutet.
Also sie haben schon mal von dem Militärstützpunkt Spang Dahlem gehört, aber sie hatten noch nie Berührungspunkte damit bis jetzt.
Und sie fragen sich jetzt, was die Beteiligung der amerikanischen Behörden für die Ermittlungen in Mischars Todesfall bedeutet.
Und diese Fragen gebe ich jetzt an dich weiter, Felix. Was heißt das jetzt für die Familie?
Ja, also Hintergrund ist der folgende.
USA und Deutschland sind ja beide Teil der NATO, also dem westlichen Verteidigungsbündnis.
Und bei einem solchen Bündnis ist es eben auch üblich, dass Soldaten aus fremden Ländern bei den Bündnispartnern stationiert sind.
Also jetzt eben zum Beispiel eben die US-Soldaten in Deutschland.
Und da braucht es natürlich Regeln, wer genau die Strafverfolgung übernimmt, wenn ein Soldat eben so einer Straftat verdächtigt ist.
Solche Regeln gibt es im sogenannten NATO-Truppenstatut.
Das ist eben ein völkerrechtlicher Vertrag, der genau diese Frage regelt.
Doch nach dem Abkommen steht eben nicht von Anfang an genau fest, wer zuständig ist.
Und so will man eigentlich genau auf Nummer sicher gehen, dass sowohl die Deutschen als auch die US-Regeln rechtssicher beachtet werden.
Und daher waren dann bei der Vernehmung der US-Soldaten sowohl deutsche Kriminalbeamte dabei,
als auch solche der US-Air Force, Beamte des sogenannten Office of Special Investigation.
Die waren alle mit dabei, um eben die Tatverdächtigen nach beiden Rechten zu belehren,
weil man eben von vornherein nicht weiß, ob jetzt dann im Endeffekt die Deutschen ermitteln oder die Amerikaner.
Also um von Anfang an quasi alles richtig zu machen.
Absolut.
Und wie wird dann entschieden, ob das Verfahren von den Deutschen oder von den amerikanischen Ermittlungsbehörden geführt wird?
Genau, nach diesen ersten Vernehmungen wird dann geprüft, wer zuständig ist.
Und da sehen die NATO-Regeln Folgendes vor.
Prinzipiell, das Grundprinzip ist, dass Deutschland eigentlich das Vorrecht der Strafverfolgung hat,
aber prinzipiell darauf verzichtet.
Und zwar immer dann, wenn die Tathandlung sowohl in den USA als auch in Deutschland strafbar ist.
Klar, bei Totschlag, Tötung von anderen Menschen, beides strafbar.
Da ist die Grundregel, die Amerikaner sollen es machen.
Also machtlos ist die deutsche Justiz aber nicht.
In den Verträgen ist eindeutig geregelt, dass die Ermittler den Fall innerhalb von 21 Tagen zu sich ziehen können,
indem sie eben den Verzicht auf Strafverfolgung rückgängig machen.
Und in den Verträgen ist sogar geregelt, dass das insbesondere dann erforderlich sein kann und in Betracht kommen kann,
wenn Belange deutscher Rechtspflege betroffen sind.
Und da wird ausdrücklich gesagt, bei Tötung eines Menschen, bei Raub, bei Vergewaltigung,
ist es möglich, dass die Deutschen den Fall zu sich ziehen.
Was ich auch als sinnvoll erachte, weil Mischa war ja deutscher Staatsbürger und da hat Deutschland doch auch tendenziell ein Interesse daran, den Fall selbst zu verfolgen, oder nicht?
Absolut. Wenn etwa ein amerikanischer Soldat einen anderen amerikanischen Soldaten verletzt oder tötet,
dann ist es ein typischer Fall, wo man sagt, das können die US-Militärbehörden machen.
Wenn aber das Opfer deutscher ist, ist es ein typischer Fall, wo eben auch die deutsche Strafrechtspflege betroffen ist
und deutsche Staatsanwälte ermitteln können und meines Erachtens auch unbedingt sollten.
Und hinzu kommt, dass Angehörige von Opfern einer schweren Straftat einen verfassungsrechtlichen Anspruch darauf haben,
dass ermittelt wird, dass Staatsanwaltschaften ermitteln.
Und da würde ich auch sagen, dass die deutsche Staatsanwaltschaft ermittelt und nicht irgendeine ausländische.
Und da frage ich mich dann, welche Vorteile hat das überhaupt für Deutschland, das abzugeben?
Also gut, erstmal würde man kätzerisch vielleicht sagen, Vorteil hat das, dass man erstmal mit keiner Arbeit hat.
Aber man muss natürlich dazu sagen, also diese Nicht-Erklärung des Verzichts,
einfach gesagt, dass man die Amerikaner eben machen lässt, die ist die absolute Regel.
Und nach irgendwie Recherchen von uns, von LTO, eben auch bei Totschlagsfällen.
Man lässt die Amerikaner machen und vertraut bislang darauf, dass die das auch ordnungsgemäß ermitteln.
Also ich muss ehrlicherweise sagen, als ich das gehört habe, hat mich das stutzig gemacht.
Aber in unserem Fall ist das jetzt tatsächlich auch so.
Schon kurz nach der Festnahme gibt die Staatsanwaltschaft in Trier das Verfahren tatsächlich ans US-Militärgericht ab.
Das heißt, Deutschland zieht sich ab diesem Moment komplett aus den Ermittlungen raus,
obwohl Misha das Opfer deutscher Staatsbürger ist.
Wir haben die deutsche Staatsanwaltschaft Trier gefragt, die in den ersten Tagen sich um den Fall gekümmert hat,
warum so entschieden wurde und wurden dann auf das NATO-Truppenstatut, was Felix ja auch eben erklärt hat, verwiesen.
Es habe sich um eine konkurrierende Gerichtsbarkeit auf dem Gebiet der Strafrechtspflege gehandelt.
Und Deutschland habe auf das ihm zustehende Vorrecht der Ausübung der Strafgerichtsbarkeit verzichtet,
hat uns der leitende Oberstaatsanwalt auf Anfrage mitgeteilt.
Für eine Rücknahme des Verzichts auf Strafverfolgung habe man damals keinen Anlass gesehen.
Felix, ich habe noch nie vorher davon gehört, dass Deutschland hier ein Verfahren abgibt.
Aber ich vermute, das kommt gar nicht so selten vor bei den 20 Militärstützpunkten in Deutschland.
Oder ist es doch eher ein Einzelfall, dass sowas passiert?
Also, dass US-Soldaten in Deutschland Menschen töten, das kommt tatsächlich sehr selten vor.
Aber es gab schon solche Fälle.
Und zwar auch auf der Airbase in Spang-Dalien.
2011 hat ein US-Soldat sein Baby zusammen mit seiner Frau zu Tode misshandelt.
Und da hier ein US-Soldat getötet hat, wurde über das NATO-Truppenstatut das US-Militärgericht zuständig
und verurteilte den Mann zu 22 Jahren Haft.
Seine Frau hingegen, die arbeitete nicht für das Militär.
Für die war das deutsche Gericht zuständig.
Das wurde dann gesplittet und sie bekam wegen unterlassener Hilfeleistung fünf Jahre Haft.
Also Tötungen durch US-Soldaten sind sehr selten, aber es kommt vor.
Für Mischas Familie ist das, und das kann man sich ja vorstellen, jetzt alles total überfordernd,
weil sie noch nie mit dem Strafrecht zu tun hatten.
Und auf einmal müssen sie sich jetzt mit dem US-amerikanischen Militärrecht auseinandersetzen.
Und die Familienmitglieder sind aber froh, als die da über Kontakte schnell an eine Anwältin kommen,
die für eine amerikanische Kanzlei in Deutschland arbeitet, die Deutsch spricht,
sich aber auch mit dem Militärrecht auskennt.
Und Mischas Familie dann auch beim anstehenden Prozess gegen die beiden Soldaten unterstützen will.
Doch wenige Wochen später ist klar, einen Prozess gegen beide wird es gar nicht geben.
Einer der beiden Tatverdächtigen sei nun aus der Haft entlassen worden, heißt es.
Andy, der Sergeant, der sich mit Mischar am Boden geprügelt hat,
sei wieder frei und müsse sich nicht vor Gericht verantworten.
Er sei nicht für Mischas Tod verantwortlich und habe mit den amerikanischen Ermittlungsbehörden kooperiert.
Er sei von der Air Force außergerichtlich bestraft worden.
Wie wird nicht preisgegeben.
Und er habe für seine Kooperation Immunität erhalten.
Das bedeutet, dass er beim Prozess lediglich als Zeuge aussagen und nicht strafrechtlich verfolgt werden wird.
Also kurz und knapp, der ist jetzt aus dem Schneider.
Julia und Mischas Eltern sind entsetzt über die Neuigkeit.
Aufgebracht wenden sie sich an ihre Anwältin.
Die versucht mehr über die Entscheidung des Militärgerichts herauszufinden.
Aber vergeblich.
Die Informationen bleiben unter Verschluss.
Irgendwo hinter den Mauern der riesigen Airbase,
deren Türen für deutsche BürgerInnen im Normalfall verschlossen bleiben.
Am 17. November, knapp zwei Monate nach Mischas Tod, öffnen sie sich aber ausnahmsweise.
An dem Tag findet eine Anhörung von Sean statt, also der, der gestanden hat, mit dem Messer auf Mischar eingestochen zu haben.
Im Gegensatz zu seinem Kumpel sitzt er nämlich noch immer in Untersuchungshaft und die amerikanische Militärstaatsanwaltschaft ermittelt weiter gegen ihn.
Bei der heutigen Anhörung wird sie verkünden, ob Anklage gegen den 26-Jährigen erhoben wird.
Mischas Eltern wollen natürlich unbedingt dabei sein.
Sie wollen einerseits stark für Mischar sein und Präsenz zeigen,
andererseits wollen sie sich aber auch ein Bild von dem Mann machen, der für seinen Tod verantwortlich sein könnte.
Und da ging es mir natürlich ähnlich, deswegen habe ich mir auch Bilder von ihm angesehen.
Auf den Fotos fotografiert er sich selbst im Spiegel, hat eine Camouflagehose und ein super enges, khaki-farbenes Shirt an,
unter denen an den Armen seine Tattoos rausblitzen und er spannt seine enormen Oberarmmuskeln an.
Also alles auf diesem Bild schreit, ich gehe täglich pumpen.
Und im Kontrast dazu steht aber irgendwie sein extrem junges Gesicht.
Also im Gesicht sieht er auch viel jünger aus als 26 Jahre.
Und in dieses Gesicht blicken jetzt Mischas Eltern das erste Mal bei dieser Anhörung.
Mischas Vater hat uns erzählt, dass Sean auf ihn extrem unsicher gewirkt hat.
Dabei redet Sean selbst in der Anhörung gar nicht, sondern ein amerikanischer Staatsanwalt,
der direkt aus Seans Geständnis zitiert, dass er direkt nach der Tat bei der deutschen Polizei abgegeben hat.
So, und dieses Transkript liegt uns jetzt hier vor und darin sagt Sean,
dass er in der Tatnacht mit seinem Kumpel Andy und zwei Freundinnen auf der Kirmes unterwegs war.
Er sei sehr betrunken gewesen.
Irgendwann hätten sie einen Typen getroffen, den keiner von ihnen kannte und das war Mischas.
Sean habe nicht mitbekommen, wieso es zwischen Mischas und seinem Kumpel Andy zum Streit gekommen sei.
Er habe aber gesehen, dass Mischas seinen Kumpel angegriffen habe.
Dann seien beide auf dem Boden gelandet.
Irgendwann habe Mischas auf Andy gesessen und Andy habe im Gesicht geblutet.
Und deswegen habe er Angst um seinen Freund bekommen und sein Messer gezückt.
Er sei oft mit Messer unterwegs, hat Sean vor der Polizei angegeben.
Und dann habe er auf Mischas eingestochen.
Ein, vielleicht zweimal in die rechte Körperseite.
Dass er öfter zugestochen habe, daran könne er sich nicht erinnern.
Er sei sich aber sicher, dass er der Einzige gewesen sei, der ein Messer dabei gehabt hatte und zugestochen hat.
Wir erinnern uns, laut Obduktionsbericht gab es vier Stiche, zwei tiefe und zwei oberflächliche.
Sean kann sich nur an zwei erinnern.
Dass jemand anders für die weiteren Stiche verantwortlich ist, schließt er hier jetzt aber offenbar aus.
Auf die Nachfrage, wieso er gleich zugestochen und nicht erstmal versucht habe, Mischas runterzuziehen, sagt er, ich bin einfach ausgeflippt.
Danach sei er dann mit seinen Kumpels und mit den beiden Frauen geflüchtet und habe das Messer auf den Weg in Einfluss geworfen.
So seine Aussage.
Das frustriert Mischas Eltern.
Sie hatten gehofft, heute endlich erfahren zu können, wieso es überhaupt zu dem Streit gekommen war.
Aber auf die Antworten werden sie sich offenbar noch gedulden müssen.
Immerhin entscheidet sich die amerikanische Staatsanwaltschaft, Anklage gegen Sean zu erheben.
Und zwar wegen unpremeditated murder.
Felix, ich weiß, es ist immer schwierig, Straftatbestände zu vergleichen aus verschiedenen Ländern.
Aber womit könnte man das so ungefähr gleichsetzen im deutschen Recht?
Ja, das ist sowas wie ein Totschlag, der eben ohne Planung ist.
Und da ist natürlich in Deutschland sowohl Mord als auch Totschlag möglich.
Aber wenn wir jetzt mal an den Totschlag als minderschwerer Fall denken, das ist ja diese typische Affekttat.
Also es ist am ehesten mit Totschlag 212 StGB oder vielleicht auch mit einem minderschweren Totschlag 213 StGB vergleichbar.
Und das passt ja auch gut zusammen, weil die deutschen Behörden ja auch erstmal wegen Totschlag ermittelt haben.
Vor dem Militärgericht könnte dem Angeklagten eine unehrenhafte Entlassung aus der Armee und eine lange Haftstrafe blühen.
Mehr als 20 Jahre, heißt es in der Presse.
Doch bis zum Start des Prozesses, der auf Oktober 2024 angesetzt ist, müssen Mishas Angehörige noch ein Jahr lang warten.
Ein Jahr, in dem keiner von ihnen kommen sieht, dass sich schon bald die nächste Katastrophe anbahnt.
Der Prozess vor dem Militärgericht in Spang-Dalem steht jetzt also Mishas Familie kurz bevor.
Felix, auf was muss sich die Familie da jetzt gefasst machen?
Wie kann man sich so ein Militärgericht vorstellen?
Ja, das kennen wir ja nur irgendwie aus Filmen, aber genauso wie es da auch dargestellt ist, ist es auch.
Also alle Personen, die da auftreten, sind Militärangehörige.
Richter, Militär, die Verteidiger und die Anklage, alles Militärangehörige.
Und das wechselt dann auch manchmal.
Also wenn man da jetzt arbeitet bei der US-Armee da als Jurist,
dann ist man manchmal auf der Seite der Verteidigung und manchmal auf der Seite der Anklage.
In manchen Fällen gibt es auch eine Jury, wie im US-amerikanischen System ja die Regel.
Da kommen wir gleich nochmal drauf.
Aber wenn es eine gibt, dann sind das auch Militärangehörige
und meist auch vom selben Stützpunkt wie der Angeklagte.
Bedeutet also, alle Verfahrensbeteiligten sind Militärangehörige.
Allerdings gibt es schon die Möglichkeit des Angeklagten,
sich noch zusätzliche Verteidiger zu holen,
die quasi ganz normale zivile Verteidiger sind.
Und eben vor so einem Gericht startet am 30. September 2024
die Verhandlung gegen den geständigen Soldaten Sean vor dem Militärgericht in Spangdalem.
Julia betritt den einfachen, weiß gestrichenen Raum mit niedrigen Decken.
In der Mitte sieht sie eine große amerikanische Flagge,
die locker zum Boden hängt.
Und an allen Seiten des Raums sind Gerichtsbänke aus dunklem Massivholz aufgestellt,
an denen die verschiedenen Parteien Platz nehmen.
Ganz vorne sitzt die vorsitzende Richterin an einem Pult.
Rechts daneben die Staatsanwältin und links, jetzt kommt es, die achtköpfige Jury,
die, wie bei einem Militärgericht üblich, nur aus SoldatInnen besteht.
Felix hat es gerade schon gesagt.
Die Jury ist hier, weil Sean sich das so ausgesucht hat.
Als Angeklagter darf er sich laut dem Militärrecht nämlich entscheiden,
ob das Urteil allein von der vorsitzenden Richterin oder von einer Jury gefällt werden soll.
Sean hat jetzt Letzteres gewählt.
Und ich habe irgendwie so ein bisschen den Eindruck, man ist da bei Wünsch dir was.
Oder Felix?
Was hat es damit auf sich?
Mit der deutschen Brille ist das alles natürlich sehr merkwürdig.
Wir haben ja überhaupt keine Militärgerichte.
Ja, wenn bei uns ein Soldatenstraftat begeht, dann entscheidet ein ganz normales Strafgericht.
Aber ich sage mal so, diese Wahlmöglichkeit jetzt für diesen Soldaten, die ist historisch gewachsen.
Und die orientiert sich eben an dem Grundsatz, dass so ein Militärverfahren schnell ablaufen soll
und eben aber auch gerecht sein muss.
Und dem Angeklagten, der soll halt eine gewisse Kontrolle über sein Verfahren haben.
Und ja, das ist halt im militärischen Kontext besonders wichtig,
dass sie sich eben so in einer Struktur befinden, die total fremdbestimmt ist.
Nur weil ein Jury entscheidet oder nur weil der Richter entscheidet,
das muss ja nicht unbedingt bedeuten, dass das dann nicht unabhängig ist.
Aber es ist schon erstaunlich, diese Wahlmöglichkeit.
Ja, genau.
Du sagst nicht unabhängig, weil man hat natürlich für Menschen innerhalb seiner Bubble,
so will ich das jetzt mal nennen, weil das ja alles SoldatInnen sind, auch mehr Verständnis.
Hast du ja auch gerade gesagt, dass das ein Grund ist, wieso es überhaupt diese Wahlmöglichkeit gibt.
Ich bin sowieso kein Fan davon, solche rechtlichen Entscheidungen LeihInnen zu überlassen, ja.
Also wie in einer Jury jetzt.
Ja, das stimmt, aber es hat auch einen entscheidenden Nachteil.
Im Gegensatz zum normalen Strafrecht in den USA, wo ja auch oft eine Jury entscheidet,
ist es eben so, dass es beim Militärgericht eine Dreiviertelmehrheit oder sogar nur eine Zweidrittelmehrheit reicht,
um den Angeklagten zu verurteilen, ja.
Also weil es eben effizient und schnell gehen soll in der Militärgerichtsbarkeit, reicht das.
Und das kann natürlich für den Angeklagten auch zum Nachteil sein.
Und klar, also Jury spricht vielleicht auf den ersten Blick dafür,
dass die TR-Angehörigen quasi für ihren Kameraden entscheiden.
Aber man muss ja auch sehen, die wissen ja auch, dass ihre Vorgesetzten den Typ angeklagt haben.
Und da könnte es natürlich umgekehrt auch sein, dass sie sich nicht mit ihren Vorgesetzten anlegen wollen
und dem widersprechen wollen.
Also ich glaube nicht, dass immer unbedingt die Juryauswahl jetzt die bessere Auswahl ist.
Also auf jeden Fall diese ganzen Bedenken, die da möglicherweise im Raum stehen,
die hat Julia auch.
Ihr ist das auch suspekt.
Sie denkt gleich an diesen Korbsgeist vom Militär
und ist dem skeptisch gegenüber,
ob denn die Jury überhaupt objektiv über die Schuld des Angeklagten urteilen kann.
Julia, ihre Tante und ihr Onkel
nehmen einige Meter entfernt von der Jury im hinteren Bereich des Raums Platz.
Direkt neben den zahlreichen Presse- und MedienvertreterInnen, die gekommen sind.
Denn Mishas Angehörige sind nur als BesucherInnen zum Prozess zugelassen.
Also jetzt nicht etwa als NebenklägerInnen,
wie das bei einem deutschen Gerichtsverfahren der Fall wäre.
Vor dem Militärgericht ist nämlich keine Nebenklage erlaubt.
Das heißt, Julia und Mishas Eltern haben auch keine Akteneinsicht
oder die Möglichkeit, während des Prozesses Fragen oder Beweisanträge zu stellen.
Wieso ist das so, Felix?
Ja, also in Deutschland hat die Nebenklage ja eine lange Tradition,
obwohl natürlich auch in Deutschland Strafrecht öffentliches Recht ist.
der Staat gegen Privatpersonen.
Aber in Deutschland sagt man eben ja, das ist eben wichtig,
damit Opfer bei bestimmten schweren Straftaten auch Einfluss haben auf das Strafverfahren,
ihre Interessen besser zu schützen.
In den USA ist es hingegen ein Strengsystem, Staat gegen Angeklagter.
Und dort ist es viel eher üblich,
dass Angehörige dann einen Zivilprozess gegen den Täter anstrengen.
Und man denke jetzt nur an den Fall, den berühmten Fall des Footballers O.J. Simpson.
Der wurde ja von einer Jury freigesprochen, seine Frau am Mord zu haben.
Vom Zivilgericht aber wurde er schuldig befunden und wurde zur Zahlung von 33,5 Millionen Dollar verurteilt.
Man muss allerdings sehen, gewisse Rechte haben die Angehörigen auch in den USA bei Militärprozessen.
Sie können schreiben, an das Gericht senden, um emotionale und finanzielle Auswirkungen der Tat zu schildern.
Und sie können eben, wie man ja hier gesehen hat, eben daran teilnehmen als Zuschauer.
Aber eben ohne aktive Fragerechte wie in Deutschland.
Ja, und eben auch ohne Akteneinsicht im Zweifel.
Also bei Mischas Familie war das so, dass die im Vorfeld des Prozesses immer wieder versucht hat,
mithilfe ihrer Anwältin an Informationen über das amerikanische Ermittlungsverfahren zu kommen,
aber ohne Erfolg.
Die Anwältin konnte nur die Akten von der deutschen Polizei und den Objektionsbericht bekommen.
Aber in die Ermittlungen der amerikanischen Behörden haben sie trotz aller Bemühungen keine Einsicht erhalten.
Stattdessen haben sie dann in Eigenregie versucht, ZeugInnen zu finden,
die die Tat am Rande des Volksfestes beobachtet haben.
Aber alle, die in Frage kommen, waren betrunken oder standen zu weit weg,
können also keine verlässlichen Aussagen machen.
Deshalb ist Julia jetzt auch bei Prozessbeginn ganz nervös,
weil sie überhaupt nicht weiß, wer vor Gericht überhaupt aussagen wird.
Trotzdem hofft sie, dass der Gerichtsprozess jetzt endlich Klarheit bringt,
hat sie uns im Gespräch erzählt.
Im Prozess haben wir uns erwartet, dass wir endlich nicht mehr im Dunkeln tappen,
sondern erfahren, was in dieser Nacht passiert ist.
Damit sie die Worte des Angeklagten, wenn sie denn kommen, verstehen würden,
sind Julia und Nishas Eltern, die nur wenig Englisch sprechen, mit Übersetzungsgeräten ausgestattet.
Das Gericht hat die Apparate im Vorfeld untersucht und als Hilfe zugelassen.
Doch jetzt, kurz vor Verhandlungsbeginn, haben sich die Verantwortlichen offenbar umentschieden.
Das Militär hat Bedenken, dass man Aufnahmen vom Prozess machen könnte.
Julia, ihrer Tante und ihrem Onkel, bleibt daher nichts anderes übrig,
als die Live-Übersetzer wieder abzugeben und sich damit abzufinden,
dass sie am ersten Prozestag nicht alles verstehen werden.
Denn auch ihre Anwältin kann nicht jedes Wort für sie erklären,
das Flüstern würde die Verhandlung stören.
Julia ist frustriert, aber viel Zeit bleibt nicht, um ihrem Ärger Raum zu machen,
denn dann geht's auch schon los.
Die Tür geht auf und der Angeklagte tritt ein,
im dunkelblauen Anzug der Air Force und in Begleitung seines Anwalts,
einer der besten Anwälte für Militärrecht aus Amerika.
Sean hält einen Coffee-to-go-Becher in seiner Hand,
so als würde er eine Uni-Vorlesung besuchen
und nicht den Prozess, in dem er wegen der Tötung eines Mannes angeklagt wurde.
Von der Unsicherheit, die er noch bei der Anhörung vor einem Jahr ausgestrahlt hat,
sieht Mischas Familie nichts mehr.
Stattdessen tritt der Soldat selbstsicher auf.
Beinahe entspannt, findet Julia.
Plötzlich ist sie aufgeregt.
Alle erheben sich, der Prozess wird eröffnet.
Und dann spielt sich eine Szene vor Julia ab,
die sie schon oft in amerikanischen Füllern gesehen hat.
Die vorsitzende Richterin fragt den Angeklagten,
ob er sich schuldig bekennt oder nicht.
Da steht Sean nochmals von seinem Stuhl auf,
sieht die Richterin an und sagt trocken
Not guilty, Your Honor.
Nicht schuldig.
Julia kann nicht glauben, was sie da hört.
Sie sieht zu ihrer Tante Irina und ihrem Onkel Michael
und kann ihnen ansehen, dass sie dieselbe Frage haben.
Was ist mit dem Geständnis, das der Soldat abgelegt hat?
Er hat ja zugegeben, auf Mischas eingestochen zu haben.
Wie kann er jetzt auf seine Unschuld plädieren?
Julia fühlt Wut in sich aufsteigen.
Am liebsten würde sie aufstehen und fragen, was hier los ist.
Aber der Prozess geht schon weiter.
Sean hat sich ohne Erklärung wieder gesetzt.
Julia sucht, während die Richterin redet, seinen Blick.
Immer und immer wieder schaut sie ihn an.
Doch der Angeklagte zieht demonstrativ weg.
Er wird schon sehen, wie sich das Blatt wendet,
denkt Julia am Ende des Prozessauftakts.
Das Geständnis, das er abgelegt hat,
wurde ja heute am ersten Verhandlungstag
noch nicht einmal erwähnt.
Das bedeutet, die Jury weiß ja noch gar nichts davon.
Aber das wird sich bald ändern.
Wenn sie hören, dass Sean immerhin zwei Stiche eingeräumt hat,
dann liegt seine Täterschaft ja auf der Hand,
findet Julia.
Am zweiten Tag stellt das Militärgericht Mischas Familie
zwei Dolmetscherinnen zur Verfügung,
die den Prozess in einem Nebenzimmer in Echtzeit für sie übersetzen.
Fortan können sie also jedes Wort der Verhandlung verstehen,
die via Video ins Nebenzimmer übertragen wird.
Zunächst berichtet die Staatsanwältin
von den Ermittlungsergebnissen.
Es gibt Aufnahmen von Überwachungskameras
aus der Wittlicher Innenstadt,
die den Angeklagten und seine drei Freundinnen
kurz vor der Tat in der Nähe des Tatorts zeigen.
Außerdem haben KriminaltechnikerInnen
Blutspuren von Misha an den Schuhen von Sean gefunden,
genau wie an seinem Messer,
das er nach der Tat in den Fluss geworfen hat.
Darüber hinaus hat er vor der Tat
eine Textnachricht an seine Freundinnen verschickt,
in der er schreibt,
I choose violence.
Also, ich wähle Gewalt.
Und es gibt eine Zeugin,
die bei der Polizei ausgesagt hat,
dass Sean auf der Kirmes
auch ihren Freund mit einem Messer bedroht hat.
Und das nur wenige Stunden vor der Tat.
Das legt nahe,
dass der Angeklagte an dem Abend
wirklich nach Gewalt gesucht hat.
Nach der Tat hat er wiederum
seinem Freund Andy anvertraut,
dass er zweimal auf Misha eingestochen hat.
Das hat Andy in einer Vernehmung
bei der deutschen Polizei gesagt.
Die Stiche selbst hat Andy
nach eigener Aussage nicht mitbekommen.
Im Gesamtbild deuten also laut der Staatsanwaltschaft
alle Indizien auf eine Täterschaft von Sean hin.
Doch von dem Indiz,
das in Julias Augen am wichtigsten ist,
nämlich von Seans Geständnis,
sagt die Staatsanwältin nichts.
Dann wird die Jury plötzlich aufgefordert,
den Raum zu verlassen.
Erst als die acht Geschworenen draußen sind,
kommt die Staatsanwältin auf das Geständnis zu sprechen.
Sie fragt die Richterin,
ob es als Beweismittel zugelassen wird.
Ja, denkt Mishas Familie im Nebenraum.
Wieso denn nicht?
Doch die Richterin ist anderer Meinung.
Nein, sagt sie.
Und Mishas Angehörige sind völlig perplex.
Fragen sehen sie ihre Anwältin an.
Wie nein?
Warum?
Aber die Richterin erklärt sich nicht.
Stattdessen bittet sie die Jury wieder herein
und der Prozess geht weiter.
Erst nach dem Prozess erfahren Julia und Mishas Eltern,
dass das Geständnis schon Wochen vor dem Prozess
als Beweis abgelehnt wurde.
Grund dafür ist ein Antrag der Verteidigung.
Laut Seans Anwalt hat sein Mandant das Geständnis
nämlich nicht freiwillig abgelegt.
So, und hier wollten wir von der deutschen Staatsanwaltschaft wissen,
was schiefgelaufen ist bei der Vernehmung.
Und auf unsere Presseanfrage hat die Folgendes gesagt, Zitat,
hier ist im Einzelnen nicht bekannt,
auf welche Tatsachen das US-Militärgericht
seine Entscheidung gestützt hat
und warum es die Auffassung vertreten hat,
die Aussage sei nicht freiwillig.
Hierzu können nur US-amerikanische Behörden,
die das Verfahren geführt haben, Auskunft erteilen.
So, daraufhin haben wir natürlich das Militärgericht gefragt,
warum das Geständnis während des Prozesses
nicht als Beweismittel zugelassen wurde.
Und die Mitarbeitenden dort haben uns wiederum geschrieben,
Zitat,
Nachdem die militärischen Beweisregeln,
die einschlägige Rechtsprechung und die von den Parteien im Prozess
vorgebrachten Argumente sorgfältig geprüft wurden,
wurde die Aussage des Angeklagten gegenüber der Polizei
vom Militärgericht nicht zugelassen.
Nach einer gesetzlich vorgeschriebenen Gesamtbetrachtung der Umstände
stellte die Militärrichterin fest,
dass die Aussage des Angeklagten nicht freiwillig erfolgte
und daher als Beweismittel im Prozess nicht zulässig war.
Also alles relativ undurchsichtig.
Im Prozess spielt das keine Rolle
und aus den Antworten auf unsere Presseanfragen geht das auch nicht hervor.
Felix, du hast im Nachhinein Kontakt zum Anwalt von Sean aufgenommen
und ihm einige Fragen dazu gestellt.
Kannst du für uns mal runterbrechen,
warum der Anwalt jetzt behauptet,
dass das Geständnis unfreiwillig abgegeben wurde?
Also eigentlich müsste man das ja nachlesen können.
Es gibt ja eine Entscheidung des Militärgerichts,
die sagt, warum das Geständnis nicht verwertet wurde.
Aber das rücken die Amerikaner halt nicht raus.
Das muss man sich mal vorstellen.
Ein entscheidendes Beweismittel wird nicht verwertet
und das Militärgericht sagt der Öffentlichkeit nicht wieso.
Also das ist ja nicht Geheimjustiz.
Und wie du sagst, umso erstaunlicher ist,
dass ausgerechnet der Rechtsanwalt des Verteidigers
mir dann die Begründung gesagt hat.
Und er sagt, verschiedene Sachen hätten dazu geführt,
dass das Geständnis nicht verwertet wird.
Erstens sei Sean nicht richtig belehrt worden.
Die deutschen Ermittler hätten zwar auf Deutsch gesagt,
es geht um Totschlag,
aber das sei nicht korrekt übersetzt worden.
Und das würde auch nicht in der Akte stehen.
Und zweitens hätten auch die amerikanischen Ermittler
nicht das richtige Delikt genannt.
Die hätten von aggravated assault gesprochen.
Ja, das so viele heißt wie täglicher Angriff, Körperverletzung.
Aber eben auch nicht darüber aufgeklärt,
dass jemand gestorben sei.
Also kurzum, er hätte seine Aussage
nicht in der Kenntnis gemacht,
dass ihm ein Totschlag vorgeworfen wird,
dass eben Mischa gestorben ist.
Und deswegen könne eben seine Aussage nicht verwertet werden.
Das ist der eine Punkt.
Und der andere Punkt ist,
dass angeblich Sean unter Trug gesetzt worden sei von der Polizei,
nämlich ihm angedroht worden sei,
über Nacht in der Zelle bleiben zu müssen,
wenn er nicht aussagt,
vielleicht sogar, wenn er nicht gesteht.
Wie plausibel das alles ist,
darauf werden wir später noch kommen.
Genau, also für den Prozess heißt das jetzt erstmal,
die Jury weiß überhaupt nichts von dem Geständnis,
weil das Militärgericht dem Antrag offenbar stattgegeben hat.
Und für Julia und die Familie ist das alles ganz grauenvoll,
weil eigentlich, dachten sie,
geht es vor Gericht nur um die Höhe der Strafe.
Aber jetzt soll es darum gehen,
ob Sean überhaupt für den Tod von Mischa verantwortlich ist.
Vor wenigen Tagen bei Prozessbeginn
hatten sie noch ein starkes Vertrauen,
das jetzt endlich recht gesprochen wird.
Aber inzwischen fühlt sich der Prozess an
wie ein freier Fall ins Ungewisse.
Dabei wollten sie doch endlich einfach nur wissen,
wie Mishas letzte Minuten auf dieser Welt aussahen
und warum er sterben musste.
Erst die Aussage,
einer der Frauen,
die in der Nacht mit Sean und Andy unterwegs waren,
liefert im Prozess zumindest eine mögliche Erklärung
für den Streit zwischen den Männern.
Die Zeugin ist Deutsche
und seit Kurzem mit Andy,
dem US-Soldaten,
der nicht vor Gericht steht, verheiratet.
Sie gibt an,
dass sie in der Tatnacht
mit Andy, Sean und einer weiteren Freundin
unterwegs gewesen sei.
Kurz vor der Tat
seien sie zufällig auf Misha
und seine Kumpels getroffen.
Sie kannte keinen der Männer.
Misha hätte an einer Wand gelehnt
und als sie vorbeigelaufen sei,
plötzlich in ihre Richtung gespuckt.
Daraufhin habe sie so getan,
als würde sie zurückspucken
und dann sei Misha auf sie zugegangen.
In dem Moment habe sie Angst bekommen.
Sie habe gedacht,
Misha würde sie attackieren.
Da sei ihr Andy zur Hilfe gekommen
und habe sich zwischen sie und Misha gestellt.
So habe es alles begonnen.
Andy selbst,
der vor Prozess auch als Zeuge ausgesagt hat,
bestätigt das.
Er sei zwar an dem Abend betrunken gewesen,
der Streit habe aber erst begonnen,
als Misha auf seine Freundin zugelaufen sei.
Er sei dazwischen gegangen.
In dem Moment habe Misha
ihm einen Schlag auf die Schläfe verpasst.
Daraufhin habe er, Andy,
helle weiße Lichter gesehen.
Er sei bewusstlos geworden.
Und als er wieder zu sich gekommen sei,
habe er auf dem Rücken auf dem Boden gelegen
und Misha habe auf ihm gesessen.
Sein Kumpel Sean
habe währenddessen nah bei ihm gestanden
und das Messer in der Hand gehabt.
Dass Sean zugestochen hat,
habe Andy nicht mitbekommen.
Er sei damit beschäftigt gewesen,
Misha von sich zu drücken.
Als das dann gelungen sei,
seien sie geflüchtet.
Dass Misha verletzt gewesen ist,
habe er nicht mitbekommen.
Nur seine eigene kleine Wunde
unter dem linken Auge
sei ihm aufgefallen.
Andy vermutet,
dass Misha dafür verantwortlich ist.
Und dazu muss man sagen,
bei Misha wurde aber
weder eine Waffe gefunden,
noch hatte er Blut von Andy
an seinen Händen.
Die Aussage des Soldaten Andy
lässt also weitere Fragen offen.
Wie ist dieser Schnitt
unter Andys Auge überhaupt entstanden?
Und konnte er übersehen,
dass Misha tödlich verletzt war?
Immerhin hatte Andy
Mishas Blut auf seinen Klamotten.
Von Mishas Familie und Bekannten
glaubt keiner,
dass die Geschichte so gewesen ist.
Dass er jemanden
auf der Straße angreift,
würde ihm überhaupt
nicht ähnlich sehen.
Sie zweifeln an der Tatversion.
Dass sich das Ganze
überhaupt so zugetragen hat,
kann auch keiner
von Mishas Kumpels bestätigen.
Sie haben es schlichtweg
nicht gesehen.
Einer der Kumpels sagt,
wer Misha damals erstochen hat,
kann er nicht genau sagen.
Aber er wisse noch,
dass es ein Mann
mit schwarzen Shorts
und einer Baseballcap gewesen sei.
Das macht alle Anwesenden
jetzt hellhörig.
Denn ein Foto des Abends,
auf dem Andy und Sean
zu sehen sind,
zeigt, dass beide
komplett in schwarz gekleidet waren.
Aber nur einer von beiden
trug an dem Abend
eine Baseballcap.
Und zwar Andy.
Derjenige,
der mit den amerikanischen Behörden
kooperiert
und dafür Immunität erhalten hat.
Damit liegt die Frage nahe,
haben sich die amerikanischen
Ermittelnden etwa getäuscht?
Könnte doch Andy
der Täter gewesen sein
und nicht Sean?
Oder haben vielleicht
sogar beide zugestochen?
Es ist nur eine These,
aber sie spielt
Seans Verteidigung
gut in die Karten.
Als Seans Anwalt
das Wort an sich reißt,
macht er seinen Standpunkt
ganz klar.
Hier sitzt der falsche Mann
auf der Anklagebank,
sagt er.
Sean sei unschuldig
und am Streit
zwischen Andy,
der seine Frau verteidigen wollte,
und Misha
gar nicht beteiligt gewesen.
Stattdessen gäbe es nur einen Mann,
der Mishas Blut
an seinen Händen habe
und das sei Andy.
Seine Beschuldigung
stützt er zum einen
auf die Zeugenaussage
bezüglich der Basecap,
zum anderen darauf,
dass die Kriminaltechnik
tatsächlich Blutspuren
von Misha
auf Andys Klamotten
gefunden hat.
Ob das bedeutet,
dass Andy
auch zugestochen habe,
könne er nicht
mit Sicherheit sagen.
Und das noch mal
ganz wichtig zu betonen,
diese Blutspuren
beweisen ja eigentlich
nichts wirklich.
Also wenn Misha
auf Andy drauf saß
und auf ihn eingestochen wurde,
dann würde sich das theoretisch
auch so erklären lassen,
dass Andy Blut
von ihm abbekommen hat.
Aber laut
Shorns Anwalt
sind auch die Blutspuren
Indizien,
die darauf hindeuten,
dass auch Andy
der Täter sein könnte.
Denn die Indizien,
die gegen seinen
Mandanten
Sean sprechen,
seien nicht eindeutig.
Die Blutspritzer
an seiner Schuhsohle
könne auch
vom Tatort stammen.
Das Messer
war zwar Sean's,
aber Andy
könnte damit zugestochen haben.
Die Textnachricht,
laut der er Gewalt wähle,
sei nur ein Spaß gewesen.
und der Freund,
der bei der Polizei
ausgesagt hat,
dass Sean ihm in der Tat
nach die Stiche gestanden hat,
war Andy selbst.
Vielleicht habe der gelogen,
um Sean zu belasten.
Damit habe die Staatsanwaltschaft
nichts gegen Sean in der Hand,
Schlussfolger der Anwalt.
Fest stehe nur,
dass zwei konkurrierende
Theorien im Raum stehen.
Entweder habe Andy
oder Sean
auf Misha eingestochen.
Wer es war,
könne man nicht feststellen,
aber es gebe immerhin
so viel Zweifel
an der Täterschaft
seines Mandanten,
dass er freizusprechen sei.
Mishas Familie,
die aus dem Nebenzimmer
heraus alles verfolgt hat,
schaut fassungslos
durch die Videoübertragung
auf Seons Anwalt.
Er ist kein besonders
auffälliger Mann.
Sein Haar ist dunkelbraun
und kurz geschnitten,
seine Lippen sind dünn
und seine Nase spitz.
Es ist sein Auftreten,
das ihn hervorhebt.
Sein Selbstbewusstsein,
seine perfekt
zurechtgelegten Worte
und seine laute,
raumfüllende Stimme.
Alles,
was aus seinem Mund kommt,
wirkt auf sie
wie ein Studiert,
als wäre das alles
Teil einer Show
und zwar seiner Show.
Schon am ersten Tag
hat Julia gesehen,
welchen Einfluss
seine Worte
auf die Jury haben.
Da fragte er
die Geschworenen,
ob sie sich vorstellen können,
dass dieser Mann
einen Mord begangen hat.
Er zeigte auf seinen Mandanten.
Und plötzlich
hatte Julia das Gefühl,
dass da Sympathie
für Sean
in der Luft war.
Eine Art
Gemeinschaftsgefühl,
an dem sich
in den Augen
von Mishas Angehörigen
bis zum Ende
des Prozesses
nichts mehr geändert hat.
Nach acht Tagen
vor Gericht
wird die Beweisaufnahme
schließlich geschlossen
und die Jury
zieht sich zur Beratung zurück.
In zwei Tagen
will sie ihre Entscheidung
verkünden.
Es sind 48 Stunden,
in denen Julia,
Mishas Eltern
und die gesamte Familie
bangen.
Nie hätten sie gedacht,
dass der Prozess
sie so unbefriedigt
zurücklässt,
ohne Antworten
und ohne Entschuldigung
der Tatverdächtigen.
Und vor allem
hätten sie nie gedacht,
dass das Geständnis,
das der Angeklagte
abgelegt hat,
vor Gericht
einfach keine Rolle spielt.
Es hätte alles verändert.
Da ist sich
Mishas Familie sicher.
Im Interview
hat uns Julia erzählt,
mit welcher Erwartungshaltung
sie an die Urteilsverkündung
gegangen ist.
Also keine Strafe
wäre hoch genug
für das,
was er getan hat.
Dennoch hatte ich
die Hoffnung,
dass er
lebenslänglich bekommt.
Lebenslänglich
wäre halt wirklich
mein größter Wunsch
gewesen.
in dem Moment.
Aber so realistisch gesehen
hätte ich
auf jeden Fall
schon so mit
mindestens
zehn Jahren
Haft gerechnet,
ehrlich gesagt.
Wie das Gericht
entschieden hat,
erfahren sie
zwei Tage später,
am 11.
Oktober 2024.
Mishas Familie
ist aufgeregt.
Ihre Augen liegen
auf einem Soldaten
aus der Jury,
der nun aufsteht,
um das Urteil
zu verkünden,
dass sie nach der
Mehrheitsentscheidung
gefällt haben.
Ist Sean schuldig
oder nicht?
Das ist die entscheidende Frage.
Die Antwort?
Nein.
Not guilty.
Nicht schuldig,
sagt der Soldat.
Zwei Worte,
die Mishas Angehörigen
die Kehle zuschnüren.
Sie können sehen,
wie sich auf
Seans Gesicht
ein Grinsen breit macht,
einem Glückwünsche entgegen
und schüttelt Hände.
Er hat gewonnen.
Er ist frei.
Man kann sehen,
dass ihm ein Stein
vom Herzen fällt,
während sich die Last
auf den Schultern
von Mishas Familie
vervielfacht.
Mishas Papa
hat uns erzählt,
dass es sich für sie
so angefühlt hat,
als würden sie
ein zweites Mal
aus dem Leben
gerissen werden.
Und das Schlimmste ist,
das amerikanische
Militärgericht
muss nicht mal
eine Begründung
für die Entscheidung
abgeben.
Mit dem Freispruch
endet der Prozess,
ohne weitere Erklärung,
was nach Ansicht
der Jury
in der Nacht
von Mishas Tod
passiert ist.
Julia und Mishas Eltern
sind fassungslos,
aber nicht hoffnungslos.
Denn Julia
hat immer noch die Hoffnung,
dass sie gegen das Urteil
Rechtsmittel einlegen können.
Julia hatte,
so hat sie uns das erzählt,
schon relativ früh
ihre Anwältin gefragt,
was denn passieren würde,
wenn sie mit dem Straßmaß
nicht zufrieden wären.
Und Julia
erinnert sich so,
dass die Anwältin
ihr das hier gesagt habe.
Und da wurde uns besichert,
das ist gar kein Problem,
wir werden Revision einlegen,
dann kriegen wir Akteneinsicht,
dann fängt unsere Arbeit an,
also von den Anwälten,
die wir hatten.
Und als es dann wirklich
soweit war,
Freispruch
und alles dann,
ja,
es hieß so nach dem Motto,
ja,
da können sie,
es ist unanfechtbar,
da ist die Tür,
schön,
dass sie da waren,
auf Wiedersehen.
Und da war dieser,
also du hast die Welt
nicht mehr verstanden,
wie sowas
überhaupt
möglich
ist,
warum
kann man
keinen Einspruch
einlegen
und diese
Ungerechtigkeit,
die frisst einen
so dermaßen
auf,
also so als
kleiner Bürger
bist du einfach,
ja,
du bist machtlos,
ne,
du kannst einfach
nichts verändern
an dieser Situation.
So Felix,
und das ist so,
also Freispruch
und da mit Deckel drauf,
fertig ist die Kiste,
man kann nichts mehr machen.
Genau,
das ist erstmal so der Fall,
in den USA gilt allgemein,
Freispruch ist Freispruch,
da kann die Staatsanwaltschaft
anders als bei uns in Deutschland
jetzt nicht in Revision gehen.
Wir müssen allerdings festhalten,
auch neutrale Beobachter,
ja,
die den Prozess beobachtet haben,
Journalisten,
die haben nach dem Prozess
auch gesagt,
naja,
weiß jetzt auch nicht,
wer hier schuldig ist,
also ohne das Geständnis
konnte nicht wirklich geklärt
werden,
wer Mischa getötet hat.
Die Nichtverwertung
des Geständnisses,
ja,
das ist also der entscheidende Punkt,
warum der Prozess
so ausging,
wie er ausging.
So,
und wir haben vorhin schon angedeutet,
dass wir jetzt nochmal
darauf zurückkommen werden,
warum das Geständnis
nicht gewertet wurde.
Der Anwalt von Sean
hatte ja verschiedene Punkte
aufgeführt,
die wir uns jetzt alle
nochmal angeguckt haben.
Genau,
ob das dann überhaupt
so überzeugend ist,
ja,
weil es ist ja schon
merkwürdig,
Übersetzungsfehler,
die Amerikaner
so nicht richtig belehrt haben.
Ja,
und da haben wir eben
in die Akte geguckt,
wir haben die Stellen
nochmal intensiv befragt,
was denn jetzt da eigentlich
wirklich los war.
Und da kommen wir vielleicht
mal zu diesem ersten Punkt,
der wohl ausschlaggebend war
dafür,
dass das Geständnis
nicht verwertet wurde,
diese angebliche Drohung.
also die Drohung,
wenn du hier nicht aussagst,
dann musst du die Nacht
in der Zelle verbringen.
So,
und dazu hat die deutsche Polizei
auch später Stellung bezogen
und hat gegenüber dem SWR gesagt,
dass die Vernehmung
ohne Druck verlief,
sogar eher ruhig.
Paulina,
selbst wenn,
da völlig normal,
dass jemand,
wenn er dringend
eines Tötungsdeliktes
verdächtigt ist,
dass er dann in Haft bleibt,
wenn er nicht
in einer Zeugenaussage
oder Aussage
eben die Tatvorwürfe
ausräumt.
Insofern ist es aus meiner Sicht
schon keine unzulässige Drohung,
sondern einfach schlicht
die Schilderung
der üblichen Rechtsfolge.
Wenn wir dich weiter
für dringend
Tatverdächtig halten,
musst du eben in Haft bleiben.
Also, dass das jetzt hier
dazu führen sollte,
das Geständnis
nicht zu verwerten,
aber das überzeugt
wirklich überhaupt nicht.
Aber das ist ja auch
nicht der einzige Grund.
Genau, da gibt es nämlich
eben diese fehlende Belehrung.
Da sagte ja auch
der Anwalt von Sean,
das war eigentlich
der entscheidende Punkt gewesen.
Und da muss man natürlich sagen,
die Militärgerichte
in den USA,
die sind da sehr streng.
Im entsprechenden Gesetz
steht wirklich,
ja, eine Person
darf nicht vernommen werden,
bevor ihr nicht
die Natur der Vorwürfe
mitgeteilt wird.
Aber es ist jetzt wirklich so,
ja, dass Sean nicht gesagt wurde,
dass Mischa verstorben ist
und das gegen ihn
wegen Totschlags ermittelt wird.
Und da haben wir uns
eben die Akten genau angeschaut.
Und da sehen wir zuerst mal,
dass ihn jetzt zuerst
die Deutschen befragt haben,
die deutschen
Ermittlungsbeamten.
und da gibt es dann eben
Auszüge,
Vernehmungsprotokolle,
Belehrungsprotokolle.
Und in diesem Belehrungsprotokoll
ist die deutsche Belehrung
und dann immer die Übersetzung
auf Englisch.
Und da wird alles säuberlich
übersetzt.
Nur ein Punkt
wird eben nicht übersetzt,
gleich am Anfang,
Totschlag,
da fehlt die Übersetzung.
Das Ding ist,
es steht sicher nicht
im Belehrungsprotokoll drin,
das können wir hier vor uns sehen,
aber ob die Belehrung
wirklich nicht vollständig
auf Englisch übersetzt wurde,
das wissen wir ja wiederum nicht.
Ja, überall wird alles übersetzt,
aber der entscheidende Tatvorwurf,
das Tatdelikt,
das wird nicht übersetzt,
beziehungsweise die Übersetzung
nicht aufgeschrieben.
Was man aber hier klar sagen muss,
das ist ja auf jeden Fall
mal erstmal ein Versäumnis
der deutschen Polizei.
Und auch wenn man da jetzt
vielleicht für Totschlag
keine wörtliche Übersetzung
finden kann,
hätte man ja immerhin
einfach den Wortlaut
von Paragraph 212,
also Totschlag,
übersetzen können
und ihm das irgendwie
bekannt machen können.
Gut, heißt das wirklich,
dass er recht hat,
damit, dass er das nicht wusste?
Eben noch nicht,
denn es geht ja weiter.
Innerhalb der ersten Vernehmung,
auch ganz am Anfang,
gibt es weitere Stellen,
wo Jean ausdrücklich
sogar einräumt,
belehrt worden zu sein,
das wegen Totschlags
ermittelt wurde.
Aber, da muss man auch sagen,
das steht dann immer nur
auf Deutsch dort.
Zum Beispiel,
dass er sagt,
ich weiß,
warum ich hier vernommen werde.
Konkret geht es um einen Vorfall,
bei der eine Person
gewaltsam zu Tode gekommen ist.
Das steht in den deutschen Akten
nur auf Deutsch.
Auch hier würde ich sagen,
Versäumnis,
warum wurde diese
englische Übersetzung,
wir wissen eben nicht,
wie sie genau da lief,
nicht aufgenommen
ins Protokoll.
genau, dass sie stattgefunden hat,
davon kann man ja ausgehen.
Und warum wurde jetzt nicht
die ganze Vernehmung aufgezeichnet?
Dann gäbe es da jetzt
keine Verwirrung.
Ja, absolut.
Und das wäre möglich gewesen.
Jean hat ausdrücklich
für so eine Aufnahme
seine Zustimmung gegeben
und es gab sogar ein Diktiergerät,
aber ungünstigerweise
wurde da nur bruchstückhaft
was für das deutsche Protokoll
reingesprochen.
Das heißt,
der Beamte hat seine Fragen
aufgezeichnet
und offenbar auch die Antworten
der Übersetzerin,
aber eben nicht die Befragung
auf Englisch
und auch nicht die englischen Antworten.
Die Staatsanwaltschaft
riert halt uns hierzu
auf Anfrage mit,
das sei die übliche Vorgehensweise.
Naja,
aber was dann später passiert ist,
ist, dass unmittelbar danach
eine zweite Vernehmung erfolgte
zur Beweissicherung
und die auf Video
aufgezeichnet wurde.
Und was kann man
dem Video jetzt entnehmen
beziehungsweise dessen Abschrift?
Ja, also auch die Abschrift
des Videos
ist wieder nur auf Deutsch
und daraus ergibt sich
auf Deutsch
glasklar,
dass er auch bestätigt hat,
richtig belehrt worden zu sein.
Also der Beamte sagt,
Zitat,
dann würde ich
die Beschuldigtenbelehrung
auf Deutsch wiederholen.
Der Tatverwurf,
der hier im Raum steht,
ist der Verdacht
eines Tötungsgelegts.
Zitat Ende
und schon antwortet
Yes.
Und dann wieder der Beamte,
Zitat,
gestern Nacht
ist eine Person
getötet worden,
dazu sind sie befragt worden
und werden jetzt weiter befragt,
Zitat Ende
und schon wieder
Yes.
Und räumt dann wieder
den Tatverwurf ein,
also dass er mit dem
Taschenmesser
in die seitliche
Bauchseite gestochen hat.
Da sagt er auch wieder
Yes.
Okay, also hier
zeigt sich,
wenn wir davon ausgehen,
dass es eine
korrekte Übersetzung gab,
dann wäre die Behauptung,
dass er nicht wusste,
dass es sich um ein
Tötungsdelikt handelt.
Quatsch.
Denn er bestätigt auch hier,
dass er bereits in der ersten
Belehrung darüber in Kenntnis
gesetzt wurde.
Genau, die Frage ist halt nur,
man könnte sagen,
nur weil es auf Deutsch
da steht,
heißt es ja nicht,
dass die Übersetzerin es richtig
auf Englisch übersetzt hat.
Ja, also wir haben keinen Nachweis
für eine korrekte Übersetzung.
Mir fehlt zwar die Fantasie,
wie man gestern Nacht
ist eine Person getötet worden,
falsch übersetzen kann,
aber ganz theoretisch
wäre es ja möglich.
Ja, das heißt,
das Protokoll an sich
belegt dann immer noch nicht,
dass er auf Englisch
wirklich belehrt wurde,
dass jemand getötet wurde.
Gut, nun gibt es ja eine Person,
die da weiterhelfen könnte.
Ja, zu dieser Frage,
ja, ob das Geständnis
verwertet werden darf.
Da gab es ja auch ein Hearing.
Das war im April 2024.
Die Übersetzerin hätte doch da
einfach als Zeugin gehört werden müssen.
Sie weiß ja am besten,
was sie übersetzt hat,
aber erstaunlicherweise
wurde sie nicht als Zeugin angehört.
Und jetzt haben wir aber
weiter nachgebohrt.
Wir müssen ja wissen,
was die Übersetzerin
bei der Videoaufzeichnung
tatsächlich übersetzt hat
und haben nachgebohrt,
nachgebohrt
und schließlich hat jetzt
die Staatsanwaltschaft Trier
dann sich doch nochmal erbarmt
und das Video sich angeschaut
und angehört
und siehe da,
das Folgende
hat nämlich die amerikanische
Ermittlerin übersetzt.
Sie sagte wortwörtlich,
Last night at the event,
a person passed away,
also verstorben,
during the incident
and we are going to ask some questions.
We are going to ask you
some questions about this.
Und an der Stelle sagt sie,
so he,
in Bezug auf den deutschen Ermittler,
so he will repeat the advisement
as subject
and the allegation is
allegation of homicide.
Also ganz klar,
Tötungsdelikt.
Tötungsdelikt.
Also ganz klar,
wir können hier erkennen,
Sean wusste bei dieser Videovernehmung,
dass gegen ihn wegen Totschlags ermittelt wird.
Also wir haben jetzt die Info
von der Staatsanwaltschaft,
dass auf der Videovernehmung zu hören ist,
dass Sean mit der englischen Übersetzerin redet
und da zum einen nicht nur sagt,
dass er richtig belehrt wurde,
sondern er bejaht,
da auch zugestochen zu haben.
Ja, und vor diesem Hintergrund
ist natürlich einfach
schlichtweg nicht mehr haltbar,
dass Sean angeblich nicht wusste,
wegen was ermittelt wird.
Und die große, große Frage,
die dann immer noch ein bisschen offen ist,
woran liegt das jetzt nun,
dass trotzdem das Gericht
das Geständnis nicht verwertet hat
mit der Begründung,
dass er nicht richtig belehrt worden sei.
Haben die geschlampt?
Aber Felix,
ist das nicht alles im Grunde genommen egal?
Denn er hätte doch vor seinen ganzen Angaben
richtig belehrt werden müssen.
Und dazu gibt es halt keine Videoaufzeichnung
und nicht mal eine schriftliche Übersetzung.
Also klar kann sein,
dass er in der ersten Vernehmung
richtig belehrt wurde.
Aber wenn wir nicht wissen,
wann er richtig belehrt wurde
und es keine Aufzeichnung darüber gibt,
dass es gleich zu Beginn der Befragung war,
dann...
Genau.
Und das sagt auch der Anwalt.
Er sagt,
die Videoaufzeichnung ist nicht verwertbar,
weil er eben ganz am Anfang
schon nicht richtig belehrt wurde.
Wieso ist das eigentlich so wichtig?
Das ist wichtig,
weil es in den USA,
anders als in Deutschland,
ein weitreichendes Verwertungsverbot gibt.
Die heißt
The Fruit of the Poisonous Tree Doctrine,
also Frucht des verbotenen Baumes.
Konkret steht die Frucht hier
also für das Geständnis
und der verbotene Baum
für die angeblich falsche Belehrung.
Ganz einfach.
Das heißt,
wenn ich einmal am Anfang
als Polizei
einen Belehrungsfehler gemacht habe,
ist alles,
was danach kommt
und darauf beruht,
eben nicht zu verwerten.
Die Polizei soll also
von so einem Belehrungsfehler
nicht profitieren dürfen.
Okay.
Verstehe ich an sich.
Ist das in Deutschland auch so?
Nee, bei uns ist der Täter
nicht so geschützt.
In Deutschland ist es wirklich so,
wenn die Polizei vorsätzlich
jemanden täuscht,
austrickst
oder bedroht
oder Folter androht,
dann ist das nicht zu verwerten.
Aber nur wenn die Polizei
irgendwie einen Fehler gemacht hat
aus Versehen,
dann sagt bei uns
der Bundesgerichtshof
in der Abwägung
führt es dazu,
dass man es trotzdem verwerten kann.
Also es ist ganz anders.
Okay, also in den USA
sind diese Belehrungsregeln,
so nenne ich das jetzt mal,
strenger.
Da habe ich jetzt das Gefühl,
das kommt der Verteidigung
jetzt hier ganz gelegen.
Genau, also letztlich wissen wir
es nicht hundertprozentig.
Es deutet super viel darauf hin,
dass er richtig belehrt wurde.
Eben auch die Videoaufzeichnung,
dass er von Anfang an
richtig belehrt wurde.
Aber schwarz auf weiß
gibt es das nicht.
Und die Verteidigung,
die hat einfach eine Lücke gesucht,
einen Fehler gesucht
und einen gefunden
und sich zunutze gemacht.
Aber das muss man natürlich auch sagen,
am Ende wissen wir gar nicht ganz genau,
warum jetzt quasi das Geständnis
nicht verwertet wurde.
Denn die schriftliche Begründung,
die rückt ja das US-Militärgericht
nicht raus.
Das ist ja auch eines der Sachen,
die wirklich zu kritisieren ist.
Was ist unser Fazit jetzt daraus?
Also Fazit rechtlich ist es
erst mal hinzunehmen,
dass das US-Militärgericht
strengere prozessuale Anforderungen hat,
was die Belehrung angeht.
Das ist ja nicht per se das Problem.
Aber dass Shaw jetzt nicht
wirklich belehrt wurde,
ist eben total unwahrscheinlich.
Im Video wurde er richtig belehrt
und gerade diese Videoaufzeichnung
bestätigt eigentlich,
dass er auch am Anfang
richtig belehrt wird,
weil da eben Rückgriff
auch genommen wird
auf die erste Belehrung.
Also, dass er da nicht wusste,
weswegen ermittelt wird,
ist eben höchst unwahrscheinlich
eigentlich falsch.
Da sieht das Gericht
aber einfach auch nicht gut aus,
weil es ihm auch die Dolmetscherin
gar nicht geladen hat als Zeugin.
Die hätte ja auf jeden Fall sagen können,
was auch am Anfang belehrt wurde
und was nicht.
Wurde einfach nicht geladen.
Ja, die US-Ermittler,
die sehen auch nicht gut aus,
weil die haben ja dann später
auch nochmal eine eigene Vernehmung gemacht.
Da haben sie eben
auf jeden Fall falsch belehrt,
weil sie von Accurated Assault
gesprochen haben
und nicht von Homicide.
Ja, die Airbase sieht nicht gut aus,
weil sie der deutschen Öffentlichkeit
wichtige Informationen verweigert,
die Entscheidungsgründe
aber nicht rausrückt,
mit denen man eben genau wissen könnte,
warum das Gericht des Geständnisses
nicht verwerten will.
Und last but not least,
die deutschen Ermittler,
ja, die haben auch
schwerwiegende Versäumnisse begangen,
meines Erachtens.
Sie haben den zentralen
Totschlagsvorwurf
nicht ins Protokoll aufgenommen
und auch sonst im weiteren Verlauf
das Diktiergerät
nicht durchgängig mitlaufen lassen
und damit eben auch
die englischen Antworten
nicht verschriftlicht.
Ich habe natürlich auch
dort nachgefragt,
wie das sein kann,
dass Totschlag nicht übersetzt wurde.
Antwort recht lapidar.
Man wisse nicht,
warum Totschlag nicht übersetzt wurde
beziehungsweise nicht protokolliert wurde.
Also die sehen da alle
nicht besonders gut aus.
Und du sagst es schon,
also in Zukunft lieber lassen
und selbst ermitteln, ja.
Ja, also gerade so bei gravierenden
Straftaten würde ich sagen,
ja, also das ist ja auch nicht
das erste Mal.
Es gab zum Beispiel
einen ganz berühmten Fall,
den Seilbahnunfall
von Cavallese
in den Dolomiten in Italien.
Das war 1998,
2029-Gondola-Insassen
in den Tod gerissen worden,
darunter auch mehrere Deutsche.
Und der Grund für den Absturz war,
dass ein Pilot des US-Militärs
im Tiefflug in einem Jet
das Seilbahnnetz durchtrennte
und das Strafverfahren
wurde dann auch nicht
vor einem italienischen,
sondern US-Militärgericht geführt.
Und obwohl der Pilot
viel niedriger und viel schneller
flog als erlaubt,
wurde er freigesprochen.
Ja, verstehe.
Ja, und das Schlimme daran ist ja,
dass sich Deutschland
so ein Verfahren
dann auch nicht mehr
zurückholen kann,
wenn man es einmal abgegeben hat,
weil das im NATO-Truppenstatut
eben nicht vorgesehen ist.
Genau so ist das.
Und man kann schon
auch nicht neu anklagen.
Und gegen Andy
läuft jetzt auch nicht
von deutscher Seite aus
ein Verfahren.
Warum nicht, Felix?
Ja gut, also Andy,
weder die Familie
noch die Deutsche
noch die amerikanische Staatsanwaltschaft
glaubt ja daran,
dass Andy
Micha getötet hat.
Das war eigentlich
nur der Verteidiger,
der quasi aus taktischen Gründen
vielleicht gesagt hat,
der war es.
Aber niemand glaubt das
und deswegen wird auch
nicht gegen ihn ermittelt.
Da hat die Familie
auch eindeutig gesagt,
dass sie das gar nicht will,
weil sie eben auch wirklich
Sean für den Täter hält.
An Sean kommt man
auf jeden Fall nicht mehr ran.
Der ist mittlerweile
auch gar nicht mehr
in Deutschland stationiert.
Auf Anfrage hat uns
die Armee mitgeteilt,
dass er im Dezember 2024,
also zwei Monate nach dem Prozess
aus der Armee,
entlassen wurde.
Warum?
Bleibt offen.
Für Mishas Angehörige
ist das alles
unfassbar schlimm.
Sie fühlen sich
von den deutschen Behörden
im Stich gelassen.
Misha ist gewaltsam
zu Tode gekommen.
Er war deutscher Staatsbürger.
Wieso hat die Staatsanwaltschaft
in Trier
das Verfahren
überhaupt aus der Hand gegeben,
fragen sich die Angehörigen.
Hätte es, wenn es anders gelaufen wäre,
dann heute vielleicht
einen Schuldspruch gegeben?
Julia und Mishas Eltern
glauben ja.
Aber, Zitat,
seinerzeit bestand kein Zweifel,
dass die amerikanischen
Strafverfolgungsbehörden
den Sachverhalt
ebenso gründlich
ermitteln wie die deutsche,
hat uns die Staatsanwaltschaft
auf Anfrage mitgeteilt.
Und man habe damals
auch keine Zweifel
daran gehabt,
dass das US-amerikanische
Strafverfahren
ebenso wie ein deutsches
Strafverfahren
nach rechtsstaatlichen
Grundsätzen geführt werde,
heißt es weiter.
Ob man sich jetzt heute
anders entscheiden würde,
bleibt offen.
Also, ich bin der Meinung,
dass eine Staatsanwaltschaft
bei einem neuen Fall,
bei einem US-Soldat,
jetzt einen Deutschen
oder einen Bürger
überhaupt in Deutschland,
der nicht Militärangehöriger
der US ist,
auf gar keinen Fall
nochmal dieses Verfahren
in die USA
zu den Militärbehörden
abgeben darf.
Und solange
dieser ganze Komplex
nicht sauber erklärt wird,
ist es völlig
unverantwortungsvoll,
dass man bei so
einem schweren Delikt
wie einem
Totschlag
dieses Verfahren
nochmal an US-Militärgerichte
gibt.
Mishas Angehörige
würden sich
nichts sehnlicher wünschen,
als dass das alles
damals schon anders
abgelaufen wäre
und dass jemand
Verantwortung für
Mishas Tod übernimmt.
Vorher können sie
nicht zur Ruhe kommen,
haben sie uns erzählt.
Mishas Mutter sagt,
sie haben kein Leben mehr.
Es dreht sich alles
nur noch um ihren
toten Sohn.
Sie sind in einer Art
Kampfmodus,
so hat es Mishas Vater
uns beschrieben.
Und deshalb sind sie
seit dem Freispruch
natürlich auch nicht
untätig geblieben.
Schon eine Woche
später haben sie sich
gemeinsam mit anderen
vor der Airbase Spandale
versammelt.
Bei strömendem Regen
haben sie Schilder
in die Höhe gehalten.
Justice for Misha
stand darauf.
Vor den Toren der Airbase
haben sie lautstark
einen neuen Prozess
gefordert.
Nach dem letzten Prozess
hat sich Mishas Familie
sofort einen neuen
Rechtsbeistand gesucht.
Denn auch von der Anwältin,
die für sie kämpfen wollte,
sind sie heute enttäuscht.
Ihrer Aussage nach
hat sie sie nicht
im geringsten darauf vorbereitet,
dass das Geständnis
nicht als Beweis
zugelassen werden könnte.
Zum anderen werfen sie
ihr auch vor,
sie falsch beraten zu haben,
was die Rechtsmittel angeht.
Sie wissen,
dass man da jetzt
nichts mehr machen kann.
Sean wird nicht
nochmal angeklagt,
weder in Deutschland
noch in Amerika.
Der Zug ist so tragisch,
dass für Mishas Angehörige
auch ist abgefahren.
Felix,
gibt es da aber vielleicht
noch andere
juristische Möglichkeiten?
Der ist freigesprochen
und das wird so bleiben.
Die andere Frage ist,
ob irgendwo Unrecht
festgestellt werden kann.
Ich würde sagen,
man kann nochmal probieren,
zum Beispiel
über das Zivilrecht zu gehen.
Ich hatte ja vorhin schon
den Fall des Footballers
O.J. Simpson angesprochen.
Also die Familie könnte
natürlich eine
Schadensersatzklage
anstrengend zu versuchen.
Und da springt in Deutschland,
wo allein Zuständigkeit
bestünde jetzt
keine hohe Summe raus,
man würde immerhin mal
ein deutsches Gericht
sagen,
ja,
hier ist Unrecht geschehen,
würde immerhin mal
ein deutsches Gericht
die Schuld feststellen.
Was man noch
in Deutschland
machen könnte,
ist vielleicht
einen Antrag zu stellen
wegen anderer Delikte.
Denn,
ich habe ja schon gesagt,
dieses Truppenstatut,
das findet nur Anwendung,
wenn die Straftat
auch in den USA
strafbar ist.
Aber wir haben jetzt
hier zum Beispiel
Waffenbesitz,
bekanntlich in den USA
nicht so richtig strafbar.
Und Aussetzung,
ist ja auch ein Strafdelikt,
das ist beides in den USA
nicht strafbar.
Da könnte man jetzt
zum Beispiel
die Staatsanwaltschaft
nochmal auffordern,
deswegen zu ermitteln.
Aber eins muss man ja schon sagen,
insofern wäre eine Beschäftigung
des Bundesverfassungsgerichts
damit schon gut.
Denn es ist ja so,
wir haben schon
ein strukturelles Problem.
Genau,
und da ist die Familie
auch schon hinterher
mit dem neuen Anwalt,
den sie sich
nach dem Prozess genommen haben.
Mit dem wollen sie
genau das verfolgen,
nämlich,
dass Deutschland
die Strafverfolgung
im Falle eines Tötungsdelikts
nie wieder
einfach so
innerhalb von so kurzer Zeit
an Amerika abgeht.
Bei Misha hat das ja
nur einen Tag gedauert
und damit wurden
Mishas Grundrechte
verletzt finden,
seine Angehörigen.
Etwa das Recht
auf ein faires Verfahren.
Dagegen will Mishas Familie
jetzt juristisch vorgehen,
wenn es sein muss,
auch mit einer
Verfassungsbeschwerde.
Felix,
das ist möglich, ja?
Ja, das Bundesverfassungsgericht
hat im Jahr 2014 entschieden,
dass Angehörige
und Opfer
einer schweren Straftat,
wie natürlich Totschlag,
einen Strafverfolgungsanspruch haben.
Das heißt,
dass der Staat
und dem Fall natürlich
Deutschland
ermitteln muss.
Das Bundesverfassungsgericht
hat jetzt nicht konkretisiert,
was es genau bedeutet,
aber ich wage sehr zu bezweifeln,
dass es dafür ausreicht,
einen Fall an US-Militärbehörden
abzugeben,
weil es ist ja der Anspruch
gegen Deutschland,
dass Deutschland ermittelt.
Insofern würde ich schon sagen,
dass dieser Strafverfolgungsanspruch
eigentlich wirklich gebietet,
dass die Staatsanwaltschaft
bei schweren Taten
so einen Fall nicht abgibt.
Das sollte mal festgestellt werden,
aber ob da jetzt quasi
eine Verfassungsbeschwerderfolg hatte,
da gibt es Fristen von einem Monat,
dass die Staatsanwaltschaft
den Fall hier nicht behandelt hat,
ist schon quasi ein Jahr her.
Also die Erfolgsaussichten
sind da auch sehr gering.
Ja, insofern ist wirklich
erstmal meines Erachtens
Politik bzw. Staatsanwaltschaft
aufgerufen in Zukunft,
solche Fälle erstmal
nicht mehr abzugeben
an US-Militärbehörden.
Ja, aber wie es jetzt
für Mishas Familie weitergeht,
das wissen wir
zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht.
Wir hoffen natürlich,
dass sie noch irgendeine Art
von Gerechtigkeit bekommen,
auch damit Julia
und ihre Tante Irina
und ihr Onkel Michael
endlich abschließen
und um Misha trauern können.
Julia hat uns erzählt,
dass sie bis heute
darüber nachdenkt,
was es bedeutet haben könnte,
dass sie das Lied
Hafanana,
was an Mishas
ersten Geburtstag lief
und dass sie Misha
unbedingt zeigen wollte,
so kurz vor seinem Tod
wiedergefunden hat.
27 Jahre lang
war es in meinem Kopf,
doch ich hatte es
nie wieder gehört.
Und im September
hätten wir eigentlich
den ersten Geburtstag
meiner Tochter
groß gefeiert
und genau dieses Lied
wollte ich dafür haben.
Deshalb habe ich
so lange danach gesucht
und wirklich zwei Tage davor
habe ich es gefunden
und wollte es eigentlich
Misha schicken,
einfach um die Erinnerung
mit ihm zu teilen,
weil er hatte das
auch auf Videomen gesehen
und hat mir davon erzählt
von diesem Lied.
Ja, doch ich tat es nicht.
Und an diesem Abend
hörte ich es wieder,
genau am Tag,
an dem er ging.
War es Zufall,
war es eine Botschaft,
vielleicht war es
eine stille Erinnerung daran,
dass wir nicht warten sollten,
dass wir das,
was uns bewegt,
nicht für später
aufheben dürfen.
Also schreib diese Nachricht,
Teile, das Lied,
sag, was du fühlst,
denn wir wissen nie,
ob es einen später geben wird.
Und mit diesen emotionalen Gedanken
verlassen wir jetzt
diese Aufnahme.
Felix, vielen, vielen Dank,
dass du dir die Mühe gemacht hast,
den Fall mit uns
so detailliert
durchzuarbeiten
und überall
angeklopft hast
und rumgenervt hast,
bis die ganzen
Behördeninformationen
rausrücken.
Kein Problem,
Hobby von mir.
Wenn es in dem Fall
Neuigkeiten gibt,
dann erfahrt ihr das natürlich
hier über den Podcast
oder bei LTO.
Felix hat da
einen Hintergrundbericht
veröffentlicht,
den verlinken wir euch
auch nochmal
in der Folgenbeschreibung.
Vielen Dank, Felix.
Ja, gern geschehen.
Nächste Woche hören wir uns
wieder gemeinsam mit Laura
zu einem Fall,
bei dem es um
eine Vierecksbeziehung
und einen tödlichen
Ausgang gehen wird.
Bis dahin.
Das war ein Podcast
der Partner in Crime.
Hosts und Produktion
Paulina Graser
und Laura Wohlers.
Redaktion
Isabel Mayer
und wir.
Schnitt
Pauline Korb.
Rechtliche Abnahme
und Beratung
Abel und Kollegen.