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Herzlich willkommen bei Mordlust, einem Podcast der Partner in Crime.
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Wir reden hier über wahre Verbrechen und ihre Hintergründe.
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Mein Name ist Paulina Kraser.
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Und ich bin Laura Wohlers.
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In jeder Folge erzählen wir einen bedeutsamen, wahren Kriminalfall nach,
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ordnen den für euch ein, erörtern und diskutieren die juristischen,
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psychologischen oder gesellschaftlichen Aspekte
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und wir sprechen mit Menschen mit Expertise.
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Hier geht es um True Crime, also auch um die Schicksale von echten Menschen.
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Bitte behaltet das immer im Hinterkopf.
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Das machen wir auch.
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Selbst dann, wenn wir zwischendurch mal etwas abschweifen.
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Das ist für uns eine Art Comic Relief, aber natürlich nicht despektierlich gemeint.
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Der Fall, den wir heute erzählen, der passiert auf offener Straße,
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nah dran an tausenden feiernden Menschen.
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Und doch bleibt die Wahrheit über ein grausames Verbrechen jahrelang verborgen.
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So lange, bis ein Anruf alles auf den Kopf stellt.
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Aber bevor wir den erzählen, möchte ich noch von dir, Paulina, wissen, wo bist du?
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Auf jeden Fall nicht dort, wo ich sein sollte und auch nicht sein will.
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Also es sieht aus wie ein Hotelzimmer.
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Ja, ein grausiges Hotelzimmer in Mexico City und dieses Hotelzimmer kann sich auf jeden Fall nur über Wasser halten,
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weil hier PassagierInnen stranden, dessen Flieger gecancelt wurden oder so und das Hotel ein Deal mit der Fluggesellschaft hat.
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Also dein Flug wurde gecancelt, ja?
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Nicht so richtig.
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Ich bin ihn ja angetreten.
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Ich habe ja, wie du weißt, ganz oft ganz viel Glück mit meinen Fliegern.
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Und diesmal habe ich so richtig die Arschkarte gezogen.
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Ich saß ja schon mal in einem, da sind zwei Frauen handgreiflich miteinander geworden.
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Dann erinnern wir uns an den Flug, wo vor Start jemand Bombe schrie und über Leute rüber gejumpt ist
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und wie wild an der Tür gerüttelt hat und dann musste die Bundespolizei kommen
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und Hunde haben das Flugzeug nach Sprengstoff durchsucht und so.
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Alles schon gehabt, aber das hier setzt jetzt wirklich allem die Krone auf.
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Also wir wollten gestern um 21 Uhr vom Mexico City nach Frankfurt fliegen,
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hatten eh schon eine Stunde Verspätung und dann relativ zeitnah nach dem Start,
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so eine Dreiviertelstunde später, gehe ich auf die Toilette und habe schon vorher so Gegröle gehört.
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Ähnlich dem, was man gerne mal auf Flügen nach Mallorca zu Orden bekommt, weißt du?
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Und dann dachte ich schon so, oh nee, keine Lust, ist ja auch ein Nachtflug und so.
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Naja, dann bin ich kurz auf die Toilette und bemerkte, dann dabei in der Küche steht so ein Typ
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und diskutiert mit der Crew.
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Der schrie irgendwie auf Deutsch rum und schien derselbe zu sein, der vorher schon gegrölt hat
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und hat irgendwas gesucht oder so.
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Ich konnte das nicht so ganz zuordnen, aber war mir dann natürlich auch egal.
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Dann wunderten wir uns irgendwann, dass wir kein Abendessen bekommen haben.
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Wir waren ja voll hungrig, also wir hatten gedacht, wir essen jetzt was und dann Schlummerchen.
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Kam alles nicht und irgendwann kam die Durchsage, ob wir medizinisches Personal an Bord haben.
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Dann sind halt ein paar Leute aufgesprungen.
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Irgendwas hatte sich in der Kabine hinter mir abgespielt.
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Also ich saß da nicht.
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Vor uns in der Reihe saß aber offenbar ein Arzt oder Rettungssanitäter,
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der da hin ist und irgendwann wieder kam.
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Und als er zurückkam, erzählte er seiner Sitznachbarin etwas, was ich nicht verstanden habe.
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Und sie daraufhin nur so, oh mein Gott, ach du Scheiße, Scheiße.
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Und ich saß da so und war so, das ist doch nicht euer Ernst.
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Und sie so, oh nein.
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Und ich dachte, es gibt einen medizinischen Notfall, da ist jemand gerade irgendwie, dem geht es ganz schlecht oder ist verstorben.
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Was weiß ich, was ich mir da schon alles ausgemalt habe.
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Auch ein bisschen unfair, wie beunruhigend ist das bitte für andere Leute.
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Aber naja, kurz darauf die Durchsage.
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Ich würde sagen, da waren wir dann aber schon so drei Stunden in der Luft oder so.
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Es befindet sich ein aggressiver Passagier an Bord, der die Besatzung und andere PassagierInnen angegriffen hat.
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Und wir deshalb schon vor einiger Zeit umgedreht sind und jetzt zur Landung nach Mexiko City ansetzen.
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Nee, also das glaube ich jetzt nicht.
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Wegen einer Person musstet ihr umdrehen und sitzt jetzt da, weil eine Person so aggressiv war, dass sie andere Leute angegriffen hat.
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Ja, also pass auf, was passiert ist, dieser Typ, der da in der Küche rumgeschrien hat, der hat offenbar sofort nach Start immer mehr Alkohol verlangt und ist halt aggressiv dabei geworden und so ist ein Streit entstanden.
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Und dabei hätte der Unruly Passenger, wie es in Fachkreisen heißt oder wie ich sage, der Unruly, die Crew und eben andere PassagierInnen angegriffen.
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Dann wurde er mit Kabelbindern gefesselt, konnte sich aber befreien.
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Man war sich dann auch nicht so sicher, ob der Herr noch andere Substanzen konsumiert hat.
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Die wollten dem nämlich offenbar erst was zur Beruhigung geben oder so.
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Jedenfalls haben die dann eine ganze Reihe geräumt und das konnte man dann auch sehen.
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Dann saßen da offenbar fünf Crewmitglieder auf dem drauf, haben den festgehalten und mussten den dann mit so Decken abschirmen.
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Und er hat die ganze Zeit weiter Randale gemacht und rumgeschrien.
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Nee, also wie schlimm ist das und wie sauer warst du und waren die anderen PassagierInnen auf diesen Mann?
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Also ich kann mir vorstellen, weiß ich nicht, dass ich hätte was sagen müssen zu diesem Menschen.
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Habe ich mich jetzt nicht so in der Position gesehen, da jetzt hinzugehen und mit dem jetzt so Diskussionen darüber anzufangen?
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Nein, so beim Rausgehen, so, ich denke mal, dass sie, oder wurde der dann als erstes rauseskortiert oder wie wurde das dann geregelt?
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Nee, genau, ja, also wir sind dann gelandet, dann kam die Polizei und das habe ich alles sehr genau von meinem Platz verfolgen können.
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Die haben den dann übernommen sozusagen und dann, als der rausgebracht wurde, haben halt einige Leute applaudiert, dass der jetzt weg ist,
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weil das musst du dir auch mal vorstellen, wie schlimm ist das für die Crew gewesen, ja?
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Ich meine, ich habe das halt einmal gesehen, als ich mit einer Mitarbeiterin gesprochen habe.
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Die Lage war zwar unter Kontrolle, aber dadurch, dass er halt immer weitergemacht hat, du hast denen das schon angesehen, dass die die ganze Zeit unter Spannung waren,
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die hatten selber Sorge, die sind da die ganze Zeit rumgerannt, auch in unserem Bereich, von vorne nach hinten.
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Du hast denen das einfach angesehen, wie schlimm diese Situation auch für die ist.
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Na ja, auf jeden Fall wurde dann applaudiert, als der Unruhli dann rausgebracht wurde und dieser Typ hatte auf seinem Gesicht ein diabolisches Grinsen.
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Hat nach links und rechts geguckt, doch sich noch so halb verbeugt bei dem, was ging, weil der war natürlich an den Händen da zusammengehalten und hat immer,
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Gracias, gracias, gesagt.
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Nee, ich glaube das nicht, dass du jetzt schon wieder sowas erlebt hast.
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Das habe ich noch nie gehört.
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Ja, RTL, Bild, T-Online, alle haben schon berichtet.
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Und weißt du, ich meine, wie viele Leute passen in so einen Flieger rein?
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Wir haben um 18 Uhr unser Hotel verlassen und waren um 5 Uhr morgens wieder in irgendeinem Scheißhotel.
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Wir haben alle kein Essen gehabt, da waren ja auch Kinder an Bord und so.
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Ein Mensch kann das Leben von so vielen Leuten so abfacken für den Moment.
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Und ich meine, wir sind ja recht flexibel, bei mir ist jetzt halt Mittag, du sitzt jetzt halt abends da.
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Im Pyjama und ich kann die Folge hier aus dem Hotelzimmer aufnehmen.
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Aber bei meiner Begleitung zum Beispiel hat das beruflich auch nochmal ganz andere Auswirkungen.
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Und wir saßen gestern auch noch, dann als wir hier mit einem Shuttle ins Hotel gebracht wurden,
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mit einem Paar im Taxi.
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Die wurden auf einen Flug zwei Tage später umgebucht.
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Die müssen jetzt noch zwei Tage länger hier bleiben.
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Das ist einfach nur für den Arsch.
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Ich hoffe, dass dieser Typ alles bezahlen muss.
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Boah, das wäre gut.
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Das wäre auf jeden Fall gerecht.
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Es wäre gut, wenn du da irgendwie dranbleiben könntest, Paulina.
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Ja, ich weiß, dass der danach eingebuchtet wurde.
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Aber wenn jemand noch mehr Infos zu dem Mann hat, meldet euch bei mir.
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Dann widmen wir uns jetzt einer Geschichte, bei der es sowohl um ein grausames Verbrechen geht,
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als auch um den Umgang damit.
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Und dafür haben wir mit einer Frau gesprochen, die durch eine Tat das Liebste verloren hat.
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Und später wird sie mit uns darüber sprechen.
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Paulina, wir haben ja letztens erst über unsere Mobilfunkanbieter gesprochen.
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Erinnerst du dich?
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Ja, weil ich auf einmal kein Datenvolumen mehr hatte, was mich wirklich wundert, weil ich
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Und ich hatte gerade erst aufgestuft.
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Also eigentlich kann das gar nicht sein.
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Aber ich bin maximal unzufrieden mit meinem Anbieter auf jeden Fall.
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Dann haben wir auch verglichen.
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Und ich habe ja einen britischen Mobilfunkvertrag.
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Und ich weiß nicht, ob das hier jetzt irgendwie generell in England günstiger ist.
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Aber meiner kommt auf jeden Fall ja mit viel mehr Gigabyte im Monat und für viel weniger
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Geld als deiner.
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Ich muss aber auch dazu sagen, dass ich so viel Internet verbrauche, weil mein Telefonanbieter
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auch scheiße ist und das WLAN zu Hause immer abkackt.
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Also wirklich, ich habe von allem das Schlechteste.
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Ja, aber ich habe jetzt eine Lösung für dich.
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Und zwar unseren heutigen Werbepartner Simon Mobile.
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Simon Mobile bietet nämlich jetzt gerade unglaubliche 100 Gigabyte ab günstigen 19,99 Euro im Monat an.
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Ja, das ist Wahnsinn.
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Also 100 Gigabyte, das braucht man einfach nicht auf.
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Ja, und bei Simon Mobile ist man super flexibel.
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Also man kann den Tarif monatlich kündigen oder auch nochmal aufstocken, wenn einem das auch
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noch nicht genug ist.
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Außerdem hat man da Top-D-Netz-Qualität inklusive 5G und ein All-Net-Flat- und WiFi-Calling
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ist natürlich auch mit dabei.
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Der einzige Haken, die Aktion ist nur bis zum 28. April 2025 gültig.
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Also da müsste man jetzt schnell sein.
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Ja, und wir erzählen euch das natürlich nicht einfach so, ohne dass wir auch ein Deal da
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Für Mordlust-HörerInnen, die jetzt auf simonmobile.de oder in der App mit dem Code Mordlust5, also
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M-O-R-D-L-U-S-T, alles großgeschrieben 5, einen Vertrag abschließen.
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Die erhalten zusätzlich die ersten sechs Monate monatlich 5 Gigabyte geschenkt.
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Dieses Angebot gilt aber auch nicht lange, nur bis zum 31. März 2025.
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Also go, go, go, go, go, wenn ihr nicht, so wie ich immer, am Limit leben wollt.
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Genau, alle Infos findet ihr auf simon.link slash mordlust und wie immer auch nochmal in unserer Folgenbeschreibung.
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Einige Namen haben wir geändert.
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Ein Föhn, eine Bürste und mehrere Pinsel liegen neben Petra, als ihr auf dem Stuhl vor ihrer Freundin Platz nimmt.
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Es sind die Werkzeuge, mit denen ihre Freundin ihr jetzt am Nachmittag des 13. Februar 1988 den perfekten Partylook zaubern wird.
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Große Wellen, die ihrem blond gefärbten, schulterlangen Haar Volumen verleihen.
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Ein sanfter Schwung im Pony, der ihr ins Gesicht fällt.
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Und ein Make-up, das ihre rosigen Wangen und ihre großen Augen betont.
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Die 24-jährige Petra kann ihrer Freundin genaue Anweisungen geben, was sie will.
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Denn normalerweise ist sie es, die Föhn und Bürste benutzt, um Menschen schick zu machen.
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Petra ist Friseurin, aber heute Nachmittag hat sie frei.
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Deshalb genießt sie es umso mehr, sich selbst frisieren zu lassen.
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Und das nicht ohne Anlass.
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In Köln, wo Petra lebt, herrscht gerade Ausnahmezustand.
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Es ist Karneval und die sogenannte fünfte Jahreszeit wird in der ganzen Stadt von Jecken gefeiert.
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Die Straßen und die Kneipen der Innenstadt sind seit Tagen voll von Menschen in bunten Verkleidungen.
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Einige mit geschminkten Gesichtern, alle gut gelaunt.
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Und Petra will sich heute Abend am Karneval Samstag unter die Feierlustigen mischen.
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Sie hat sich für 20 Uhr mit ihrer Schwägerin Ute, der Frau ihres Bruders,
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und ihrer gemeinsamen Freundin Valerie verabredet, um die Nacht durchzutanzen.
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Petra kann sich nicht mehr erinnern, wann sie das zuletzt gemacht hat.
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Nur tanzen und die Sorgen des Alltags vergessen.
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Denn davon hat Petra im Moment einige.
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Vor acht Monaten ist ihre Ehe mit Fiete, ihrer Jugendliebe, in die Brüche gegangen.
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Sie haben sich scheiden lassen.
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Dabei ist erst vor anderthalb Jahren ihre gemeinsame Tochter geboren.
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Ladina, die sie beide über alles lieben.
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Nur die Liebe von Petra und Fiete ist irgendwo zwischen schlaflosen Nächten und Windelnwechseln verloren gegangen.
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Deshalb haben sie sich getrennt.
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Fiete ist aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen und die 24-jährige Petra ist mit ihrer Tochter Ladina allein dort zurückgeblieben.
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So hatte sie sich das nicht vorgestellt.
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Immerhin verstehen sie und Fiete sich noch gut und er will natürlich weiterhin Zeit mit Ladina verbringen.
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Auch heute wird er über Nacht auf sie aufpassen, während Petra zum ersten Mal, seit sie Mutter ist, feiern geht.
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Sie ist bereit, dass Mama sein heute Nacht unter ihrem Kostüm zu verstecken.
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Für ein paar Stunden mal wieder nur an sich selbst zu denken und zu tanzen.
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Nachdem ihre Freundin ihr die Haare gemacht und sie geschminkt hat, verabschieden sich die zwei
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und Petra macht sich auf den Weg zu ihrer Schwägerin Ute, wo sie sich zu dritt mit Valerie für die anstehende Karnevalsfeierei umziehen.
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Die Freundinnen haben sich ähnliche Outfits zurechtgelegt.
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Eine durchsichtige Feinstrumpfhose und schwarze Netzstrümpfe darüber.
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Schwarze Pöms und ein langes weißes T-Shirt, auf dessen Brust ein aufgedruckter Leopard prangt.
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Petra trägt das T-Shirt als Kleid.
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Am unteren Saum und an den Ärmeln baumeln lange Fransen.
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Um das Outfit abzurunden, schlingt sich die 24-Jährige noch eine mit goldenem Faden durchwickelte Kordel um den Hals.
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Dann schnappt sie ihre Handtasche in Krokodilslederoptik,
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steckt ihren kleinen Brustbeutel mit Bine-Maja-Aufhänger, in dem Petra ihr Geld aufbewahrt, hinein
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und schließlich gegen 21 Uhr kann's losgehen.
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Mit dem Taxi steuern die drei Freundinnen eine der bekanntesten Feierstätten in der Kölner Innenstadt an.
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Das sogenannte Bierdorf.
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Eine unterirdische Partymeile, die im Stil eines Dorfes errichtet wurde.
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17 Kneipen reihen sich hier im Kreis aneinander und in der Mitte befindet sich der sogenannte Bierbrunnen.
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Eine weitere Bar, in der natürlich laufend Bier gezapft wird.
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Tausende Menschen drängen sich hier von Theke zu Theke.
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Petra, Ute und Valerie sind schon bald mittendrin.
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Ihr Ziel ist die einzige Disco, die sich hier unten befindet, das Charivari.
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Ein legendärer Schuppen, der sogar seine eigene Währung hat.
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Für 10 Mark bekommt Petra fünf Verzehrmarken, sogenannte Kolontaler.
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Sie steckt die Marken in ihrer Handtasche, gibt ihre Jacke an der Garderobe ab
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und dann stürzt sie sich mit ihren Mädels ins Gedränge.
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Während sie sich an den anderen Gästen vorbei ihren Weg zur Barbahn,
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erfasst die laute Musik Petras Körper.
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Erstmal ein Drink.
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Die Freundinnen geben sich abwechselnd Runden aus.
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Sie lachen und schließlich tanzen sie.
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Drei Leopardinnen im Takt.
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Um sie herum all die anderen verkleideten Menschen.
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Über den Abend hinweg kommt Petra mit einigen von ihnen ins Gespräch.
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Vor allem einen Mann trifft sie immer wieder.
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Vielleicht hat er ein Auge auf sie geworfen.
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Ein bisschen flirten sie.
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Aber mehr ist nicht drin, denn der Abend gehört nur ihr und den Mädels.
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Und so tanzen sie zu dritt stundenlang bis weit nach drei Uhr nachts.
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Inzwischen ist das Charivari schon um einiges leerer geworden
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und Petra merkt, dass ihre Freundinnen langsam müde werden.
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Sie kann es ihnen nicht verübeln, auch Petra kann ihre Füße in den schwarzen Pumps langsam spüren.
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Aber sie will noch nicht nach Hause.
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Wer weiß, wann sie das nächste Mal ausgehen kann.
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Außerdem wollte sie noch eine andere Freundin im Big Ben treffen.
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Eine andere Diskothek, etwa einen Kilometer entfernt am Friesenplatz.
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Petra beschließt, dort noch vorbeizuschauen,
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auch wenn Ute und Valerie erst gar nicht begeistert davon sind, dass sie jetzt alleine weiterzieht.
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Sie wird sich oben vor dem Charivari ein Taxi nehmen, verspricht Petra.
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Dafür braucht sie aber Bargeld.
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Ihre Schwägerin Ute gibt ihr einen 100-Mark-Schein, den Petra in ihren Bine-Maja-Brustbeutel steckt.
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Anschließend bringt Ute Petra noch zur Garderobe, wo sie sich verabschieden.
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Dann zieht sich Petra ihren schwarzen, knielangen Mantel über und stapft aus der Kellerdisco nach oben,
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wo ihr die eiskalte Nachtluft um die Nase pfeift.
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Zügig geht sie zum nächsten Taxistand.
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Doch die Stadt ist noch voller Menschen, die jetzt alle nach Hause wollen.
00:15:55
Die Taxen in Köln sind ausgelastet und niemand hält für Petra an.
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Also steht sie zehn Minuten später noch immer in der Kälte.
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Mittlerweile haben sich zwei Männer und eine weitere Frau zu ihr gesellt, die ebenfalls warten.
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Aber es tut sich nichts.
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Deshalb beschließt Petra gegen vier Uhr, den Weg zum Big Ben zu Fuß zurückzulegen.
00:16:14
Es sind ja nur zehn Minuten.
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Das schafft sie.
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Petra biegt in die hell beleuchtete Fußgängerzone ein, in der noch andere Feiernde unterwegs sind.
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Nach fünf Minuten geht ihr Weg ab in die Albertusstraße.
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Eine ruhigere Wohnstraße, die nur spärlich beleuchtet ist.
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Am linken Straßenrand stehen mehrere verschlossene Bierwagen und eine hölzerne Zuschauertribüne.
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Vorbereitung für den morgigen Karnevalsumzug.
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Bis zum Big Ben sind es jetzt noch fünf Minuten zu Fuß.
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Doch dort kommt Petra nie an.
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Am nächsten Morgen, dem 14. Februar 1988, wird in Köln der Karnevalssonntag gefeiert.
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Viele Familien aus dem Umland machen sich auf in die Stadt, um die bekannte Parade zu sehen,
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die sogar im Fernsehen übertragen wird.
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In Petras Elternhaus hingegen ist an die Feierlichkeiten überhaupt nicht zu denken.
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Ihr Ex-Schwiegersohn Fiete hat sie am Morgen angerufen.
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Er wollte Ladina wie vereinbart zu Petra zurückbringen, aber Petra war nicht da.
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Selbst wenn sie die Nacht woanders verbracht hätte, sie würde ihr Töchterchen doch nicht warten lassen.
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Petras Eltern erkundigen sich bei ihren Freundinnen, mit denen sie gestern unterwegs war.
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Vielleicht hat Petra bei ihnen übernachtet?
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Doch Petras Schwägerin Ute verneint.
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Petra wollte noch alleine weiterziehen, sagt sie den besorgten Eltern.
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Um Viertel vor vier Uhr nachts haben sich ihre Wege getrennt.
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Das beruhigt Petras Mutter und ihren Vater kein bisschen.
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Den ganzen Vormittag sitzen sie wie auf heißen Kohlen.
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Sie warten darauf, dass Petra anruft, aber das Telefon bleibt stumm.
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Also gehen sie am Nachmittag zur Polizei und geben eine Vermisstenmeldung auf.
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Sie beschreiben Petras hellblondes Haar, ihr Karnevalskostüm und ihre schlanke, zierliche Figur.
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Was, wenn ihr etwas passiert ist, fragen sich ihre Eltern.
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Und die Polizei kann ihre schlimmsten Befürchtungen leider nicht entkräften.
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Als wenige Stunden zuvor, am Morgen des 14. Februars, in der Albertusstraße in Köln gegen 8.30 Uhr wieder Leben einkehrt
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und sich die ersten Menschen auf die Straße wagen, ist unter ihnen eine Spaziergängerin mit ihrem Hund.
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Die beiden drehen eine Runde um den Block.
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Ihr Weg führt sie an der hölzernen Tribüne und an einem grün-gelben Bierwagen vorbei,
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der in einer Parkbucht steht und noch geschlossen hat.
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Er wird um die Mittagszeit öffnen, wenn der Karnevalsumzug durch die Albertusstraße zieht
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und die Gehwege links und rechts voller verkleideter Menschen sein werden.
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Plötzlich zieht etwas die Aufmerksamkeit der Spaziergängerin auf sich.
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Zwei Beine in schwarzer Netzstrumpfhose, aber ohne Schuhe.
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Der Körper, zu dem sie gehören, liegt unter dem Wagen.
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Die Spaziergängerin bückt sich, um mehr zu sehen.
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Vielleicht braucht die unbekannte Hilfe?
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Doch der Blick unter den Bierwagen macht ihr schlagartig klar, dass für diese Frau jede Hilfe zu spät kommt.
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Sie liegt in einer riesigen Blutlache.
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Teile ihres Oberkörpers sind zertrümmert.
00:18:56
Sie ist längst tot.
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Schockiert von dem Anblick ruft die Spaziergängerin die Polizei, die umgehend anrückt.
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Und schon wenige Minuten später ist auf der Albertusstraße nichts von der Vorfreude auf den anstehenden Karnevalszug übrig.
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Statt bunt verkleideten Jecken versammeln sich nun Polizistinnen in Uniform und die Spurensicherung in weißen Schutzanzügen rund um den gelb-grünen Bierwagen, hinter dem die Leiche liegt.
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Ihr Anblick löst selbst bei den erfahrenen ErmittlerInnen Entsetzen aus.
00:19:25
Wer auch immer die Frau angegriffen hat, hat enorm viel Gewalt aufgebracht, um sie zu töten.
00:19:30
Neben einer Schürfwunde am Knöchel und blauen Flecken an den Oberarm hat sie schlimme Verletzungen am Hals, quasi überall vom Kinn bis zum Schlüsselbein.
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Ihr Unterkiefer ist mehrfach gebrochen und ihr Kehlkopf-Skelett wurde zerschmettert.
00:19:44
Schleimhäute sind gerissen und sie hat aus Mund und Nase geblutet.
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Ein schwarzer Absatzschuh liegt neben ihrem Kopf, der andere knapp anderthalb Meter entfernt.
00:19:54
Ihr T-Shirt-Kleid mit Leopardenmotiv ist bis zu ihrer Hüfte nach oben gerafft.
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Eine Tasche oder einen Geldbeutel können die Beamtinnen nicht finden.
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Dafür liegen mehrere lose Gegenstände bei der Toten unter dem Bierwagen.
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Ein gerissenes Haargummi, zwei Haarspangen, ein Nagellackfläschchen, eine halbvolle Rolle Nägern und ein Tampon.
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Es wirkt, als hätte jemand die Tasche der Frau durchsucht und nur die wertvollen Gegenstände mitgenommen.
00:20:19
Deshalb kann die Polizei die Frau auch nicht sofort identifizieren.
00:20:23
Ihr Ausweis fehlt.
00:20:24
Und es gibt noch ein anderes Problem.
00:20:26
Der bevorstehende Karnevalsumzug.
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Die Kriminalpolizei hatte die Stadt Köln eigentlich gebeten, die Parade umzuleiten,
00:20:34
sodass einerseits die Spurensicherung nicht gestört oder der Tatort verunreinigt wird.
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Andererseits sollen die Feierlichkeiten nicht von dem schrecklichen Leichenfund überschattet werden.
00:20:43
Denn unter den Mitwirkenden des Umzugs sind auch 50 Kölner Schulen.
00:20:47
Also auch Kinder, die auf keinen Fall sehen sollen, was hier passiert ist.
00:20:51
Aber eine Umleitung ist so kurz vorher nicht möglich, heißt es von offizieller Seite.
00:20:55
Das bedeutet, um die Mittagszeit in nur wenigen Stunden werden zahlreiche Wagen und Karnevalsvereine
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mit lauter Musik und in Feierlaune direkt am Tatort vorbeiziehen, was äußerst ungünstig ist.
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Schon jetzt steht fest, die Spurensicherung wird bis dahin nicht fertig sein.
00:21:12
Die Frauenleiche wird also noch da liegen und muss weiträumig abgesperrt werden.
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Immerhin steht von der Straße aus gesehen der Bierwagen davor.
00:21:20
So kann man sie nicht sehen.
00:21:21
Und der Streckenabschnitt des Zugs wird für die ZuschauerInnen gesperrt.
00:21:25
Die Gehwege rund um den Tatort sind also menschenleer,
00:21:28
während auf der Straße der Festzug vorbeizieht.
00:21:31
Die Kripo kann zudem erreichen, dass die Mitwirkenden in der Albertusstraße die Musik ausmachen.
00:21:36
Alles andere wäre despektierlich der Toten gegenüber.
00:21:40
Trotzdem ist die Szene, die sich hier um 14.30 Uhr ereignet, äußerst bizarr.
00:21:44
Mehrere PolizeibeamtInnen stehen hinter den Metallgittern,
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die den Bereich von der Parkbucht, in der der Bierwagen steht, bis zur Straße großräumig absperren.
00:21:53
Am Tatort arbeitet weiterhin die Kriminaltechnik in weißen Schutzanzügen,
00:21:57
während nur wenige Meter weiter verkleidete Kinder mit bunten Luftballons und selbst gemalten Schulbannern vorbeiziehen.
00:22:04
Musik wird zwar keine gespielt,
00:22:06
Trotzdem kann man die Menschen in der Parallelstraße freudig Kölle Allah rufen hören.
00:22:11
Gleichzeitig werden die Stimmen immer wieder von der Polizei übertönt,
00:22:15
die mit der Hilfe von Lautsprechern darum bittet, keine Süßigkeiten zu werfen.
00:22:19
Vor allem nicht in der Nähe des Tatorts.
00:22:22
Zumindest in der Albertusstraße ist aus dem Karnevalsumzug ein Trauerzug geworden.
00:22:26
Ein Totenumzug sozusagen.
00:22:28
Und schließlich muss die Parade sogar ganz gestoppt werden, um einen schwarzen Leichenwagen durchzulassen.
00:22:34
Er bahnt sich vorsichtig seinen Weg durch die farbenfrohen Feierlichkeiten und kommt schließlich neben dem Bierwagen zum Stehen.
00:22:41
Die Spurensicherung ist abgeschlossen.
00:22:43
Die Leiche der jungen Frau kann eingeladen und in die Rechtsmedizin gebracht werden.
00:22:48
Nur einen Namen hat die Polizei noch immer nicht.
00:22:51
Doch das wird sich bald ändern.
00:22:54
Etwa zur gleichen Zeit und nur einige Kilometer entfernt melden Petras Eltern ihre Tochter bei der Polizei als vermisst.
00:23:00
Sie sind ganz aufgelöst vor Sorge.
00:23:02
Ein Gefühl, das bald schon in Entsitzen umschlägt.
00:23:05
Die Polizei versucht ihnen so schonend wie nur möglich beizubringen,
00:23:08
dass heute Morgen in der Kölner Innenstadt eine Frau gefunden wurde, die auf ihre Beschreibung passt.
00:23:13
Blondes Haar, etwa 1,65 groß, Leoparden T-Shirt, Netzstrumpfhose und dass sie tot ist.
00:23:20
Der letzte Satz bringt die Welt von Petras Mutter und ihrem Vater zum Einsturz.
00:23:25
Wie kann Petra tot sein?
00:23:26
Sie ist doch nur ausgegangen, wollte tanzen und Spaß haben.
00:23:30
Was ist dann passiert?
00:23:31
Wie ist sie zu Tode gekommen?
00:23:34
Das kann die Polizei aktuell nur bedingt beantworten und die Details, die schweren Verletzungen, die Petra erlitten hat,
00:23:40
möchten die Beamtinnen den Eltern bewusst ersparen.
00:23:43
Sie sagen nur, dass Petra gewaltsam getötet wurde.
00:23:46
Wahrscheinlich von einem Mann, denn der Täter war ihr körperlich weit überlegen.
00:23:50
So viel steht fest.
00:23:51
Petras Eltern können die Worte, die aus den Mündern der Polizistinnen kommen, gar nicht begreifen.
00:23:56
Und als die schreckliche Neuigkeit schließlich zu ihnen durchdringt, trifft sie sie wie ein Schlag.
00:24:01
Ihre Tochter ist tot.
00:24:04
Sie werden sie nie wiedersehen.
00:24:06
Und Ladina, ihre Enkeltochter, wird ohne Mutter aufwachsen.
00:24:10
Wie sollen sie das dem kleinen Mädchen jemals erklären?
00:24:13
Zuerst verständigen sie Ladinas Vater, Fiete.
00:24:17
Sie können hören, wie Fiete versucht, die Nachricht zu verarbeiten.
00:24:20
Dann stellt er dieselben Fragen, die sie haben.
00:24:23
Wie kann das sein?
00:24:25
Gestern hat er sie doch noch gesehen.
00:24:26
Wie kann sie heute tot sein?
00:24:28
Keiner von ihnen will wahrhaben, dass die kleine Ladina über Nacht zum Halbweisenkind geworden ist.
00:24:33
Und Fiete zum alleinerziehenden Vater.
00:24:36
Erst der Obduktionsbericht, der wenig später vorliegt, macht den Tod von Petra real.
00:24:41
Und das auf grausame Art und Weise.
00:24:43
Denn das, was darin steht, ist an Brutalität kaum zu übertreffen.
00:24:47
Der Täter hat sie hinter dem Bierwagen zu Boden gebracht und dann massive Gewalt auf Petras Oberkörper ausgeübt.
00:24:53
Er muss zeitweise auf ihrem Rumpf gekniet haben und ihr mit der Kordel, die sie um den Hals trug, die Luft abgedrückt haben.
00:24:59
Schließlich hat er mehrere Minuten lang auf Petras Schlüsselbein, ihr Kinn und besonders auf ihren Hals eingetreten.
00:25:06
Er muss quasi auf ihr herumgetrampelt sein.
00:25:09
Anfangs hat sich Petra noch gewehrt, stellen die Expertinnen fest.
00:25:12
Nach einigen Minuten konnte sie aber nicht mehr atmen.
00:25:15
Sie ist erstickt.
00:25:16
Und gleichzeitig hat sie durch ihre Halsverletzung so viel Blut nach innen und außen verloren, dass ihr Gehirn nicht mehr mit Sauerstoff versorgt wurde.
00:25:23
Ihr Todeskampf muss qualvoll gewesen sein und könnte bis zu acht Minuten gedauert haben.
00:25:29
Die Vorstellung davon ist kaum auszuhalten.
00:25:32
Immerhin konnte die Rechtsmedizin mehrere fremde Hautschuppen auf Petras Körper sicherstellen, die vom Täter stammen könnten.
00:25:38
Nur steckt die DNA-Analyse in den 80ern noch in den Kinderschuhen.
00:25:43
In Deutschland gibt es weder Möglichkeiten, eine DNA-Spur auszuwerten, noch eine Datenbank mit DNA-Profilen.
00:25:49
Also bringen die Hautschuppen die Ermittlungen nicht weiter.
00:25:52
Der einzige Hinweis auf den Täter ist, dass er offenbar Petras Geldbörse und ihre Tasche mitgenommen hat.
00:25:59
Ihre Freundin hatte der Polizei erzählt, dass sie Petra, bevor sie sich verabschiedet haben, noch 100 Mark zugesteckt hat.
00:26:05
Er könnte es also auf Geld abgesehen haben.
00:26:07
Kurz erwägt die Polizei auch ein sexuelles Motiv.
00:26:10
Immerhin war Petras T-Shirt-Kleid nach oben gerutscht.
00:26:13
Ihre Strumpfhose hatte sie dagegen noch an.
00:26:15
Und an ihrer Leiche können weder Spermaspuren noch andere Hinweise auf eine Vergewaltigung nachgewiesen werden.
00:26:21
Das Raubmotiv scheint daher plausibler.
00:26:25
Nur, wie soll der Fremde, der offenbar wegen 100 Mark eine junge Mutter getötet hat, gefunden werden?
00:26:30
Noch dazu an Karneval, wo die Stadt voller Menschen war.
00:26:34
Unter ihnen waren viele TouristInnen.
00:26:35
Das bedeutet, der Täter könnte Köln längst verlassen haben.
00:26:39
Gleichzeitig sind die vielen Feiernden für die Polizei auch eine Chance.
00:26:42
Vielleicht hat jemand etwas beobachtet und traut sich nur nicht, es zu melden.
00:26:46
Die BeamtInnen drucken deshalb Plakate und hängen sie rund um den Tatort auf.
00:26:51
Mord am Zochweg steht darüber.
00:26:52
Und Zochweg, das werdet ihr besser wissen als ich und du vielleicht auch besser als ich.
00:26:58
Heißt Zugweg, ja.
00:27:01
Die Lettern sind groß und in knallroter Schrift gedruckt.
00:27:05
Darunter prangt ein Bild von Petra.
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Es zeigt sie freundlich, lächelnd, mit Grübchen und Pausbacken.
00:27:11
Darunter fragt die Polizei, ob jemand Petra in den frühen Morgenstunden des 14. Februar gesehen hat.
00:27:16
Jeder Hinweis könnte hilfreich sein.
00:27:19
Und während die Ermittlerinnen darauf warten, sprechen sie mit den Frauen, die Petra zuletzt lebend gesehen haben.
00:27:25
Mit ihren Freundinnen Ute und Valerie.
00:27:27
Die beiden sind am Boden zerstört.
00:27:29
Hätten sie gewusst, was passieren wird, hätten sie Petra nie allein gehen lassen.
00:27:34
Die Polizei fragt sie, ob es vielleicht im Charivari schon jemanden gab, der Petra nachgegangen sein könnte.
00:27:40
Petras Schwägerin Ute erinnert sich vage an einige Männer, die um sie herum gefeiert haben.
00:27:44
Vor allem aber an den einen, mit dem Petra geflirtet hat.
00:27:48
Er war etwa 1,80 Meter groß, hatte dunkle Haare und einen Oberlippenbart.
00:27:52
Nachdem Petra gegangen ist, hat Ute den Mann aus den Augen verloren.
00:27:56
Aus Utes Erinnerungen wird ein Phantombild des unbekannten Mannes angefertigt,
00:28:01
das die Polizei auf ein zweites Plakat druckt.
00:28:04
Darüber steht wieder, Mord am Zochweg und der Zusatz, die Polizei bittet um ihre Mithilfe.
00:28:09
Wer kann Angaben zu diesem Mann machen?
00:28:11
Nachdem die Nachbarschaft damit plakatiert wurde, meldet sich auch schon jemand bei der Dienststelle.
00:28:16
Es ist der Mann auf dem Plakat selbst.
00:28:18
Nur kann er der Polizei nicht weiterhelfen, sagt er.
00:28:21
Er habe Petra nach dem Charivari nie wieder gesehen.
00:28:24
Zum Beweis kann er sogar ein wasserdichtes Alibi vorweisen,
00:28:27
weshalb ihn die Polizei als Täter ausschließen kann.
00:28:31
Und ähnlich verhält es sich auch mit allen anderen Jecken, mit denen Petra im Charivari Kontakt hatte.
00:28:36
Die Polizei kann einige von ihnen ausfindig machen, aber die Befragungen laufen immer gleich ab.
00:28:41
Keiner von ihnen weiß etwas, jeder hat ein Alibi, jede Spur der Ermittelnden verläuft nach kurzer Zeit im Sand.
00:28:47
Je länger die Beamtinnen den Fall untersuchen, desto mehr stellen sie das Raubmotiv des Täters in Frage.
00:28:54
Immerhin hat Petra massivste Gewalt erfahren.
00:28:57
Man kann von einer regelrechten Übertötung sprechen.
00:29:00
Liegt da vielleicht ein persönliches Motiv viel näher als die Geldgier, fragt sich die Polizei.
00:29:07
Man kann es sein, dass Petra gar kein Zufallsopfer war, sondern dass sie den Täter kannte.
00:29:11
Schließlich gerät Fiete in den Mittelpunkt der Ermittlungen.
00:29:15
Petras Ex-Mann, von dem sie sich ja erst kürzlich getrennt hat.
00:29:19
Vielleicht war er eifersüchtig.
00:29:20
Vielleicht hat er die Trennung nicht so gut verkraftet.
00:29:23
Also stellen sie den 28-Jährigen, der sein Hemd gerne weit geöffnet zu Jeans und Lederjacke trägt, zur Rede und finden heraus,
00:29:30
Fiete war gar nicht wie bisher angenommen die ganze Nacht bei seiner Tochter Ladina, auf die er ja aufpassen sollte.
00:29:37
Stattdessen hat er das anderthalbjährige Mädchen am späten Abend noch zu seinen Eltern gebracht,
00:29:41
weil er selbst spontan auf eine private Karnevalsparty eingeladen wurde.
00:29:45
Dort hat er offenbar lieber gefeiert, als die Nacht zu Hause mit seiner Tochter zu verbringen.
00:29:50
Das räumt Fiete bei der Polizei schließlich ein und das können auch mehrere ZeugInnen von der Veranstaltung bestätigen.
00:29:56
Aber seine Ex-Frau Petra hat er in der Nacht nicht gesehen und schon gar nicht getötet, gibt er bei seiner Befragung zu Protokoll.
00:30:03
Ihr Verhältnis sei alles andere als feindselig gewesen und niemals hätte er seinem Kind die Mutter genommen.
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Er liebe Ladina und er habe auch Petra geliebt.
00:30:11
Die Polizei prüft Fietes Aussage und dabei lassen sich keine Anhaltspunkte dafür finden,
00:30:16
dass er in der Nacht in der Kölner Innenstadt, also dort, wo Petra getötet wurde, unterwegs war.
00:30:22
So wird auch der Verdacht gegen Fiete schließlich von der Polizei fallen gelassen.
00:30:26
Die letzte Spur, die die ErmittlerInnen hatten.
00:30:28
Petras Eltern können das nicht nachvollziehen.
00:30:31
Sie sehen Fiete nun mit anderen Augen.
00:30:33
Was, wenn ihr Ex-Schwiegersohn doch etwas mit Petras Tod zu tun hatte?
00:30:37
Was, wenn ihre Enkeltochter bei einem Verbrecher aufwächst?
00:30:40
Der Gedanke zermürbt sie und gleichzeitig können sie nichts dagegen machen.
00:30:45
Ladina lebt seit Petra tot ist bei Fiete.
00:30:47
Sie hat schon einen Elternteil verloren, sie wollen ihr nicht noch eines nehmen.
00:30:51
Das würden sie nicht übers Herz bringen.
00:30:53
Ganz egal, was sie inzwischen von Ladinas Vater halten.
00:30:56
Und so ziehen erst Wochen ins Land, dann Monate und schließlich Jahre.
00:31:01
Vom Karnevalsmord, der für einige Zeit die Schlagzeile in der Presse rund um Köln war,
00:31:06
spricht inzwischen niemand mehr.
00:31:08
Und Petras Angehörige hören auch nichts mehr von der Polizei.
00:31:11
Petras Eltern versuchen irgendwie mit dem Schmerz klarzukommen,
00:31:15
der mit dem Tod ihrer Tochter in ihr Haus und ihre Herzen eingezogen ist.
00:31:19
Man hat ihnen das Kind genommen und sie müssen irgendwie damit fertig werden,
00:31:22
auch wenn die Trauer endlos erscheint.
00:31:24
Petras Ex-Mann Fiete scheint anders damit umzugehen.
00:31:28
Selbst als die Polizei die Ermittlung mangels weiterer Hinweise zu den Akten legt,
00:31:32
ruft Fiete noch regelmäßig bei den Beamtinnen an und erkundigt sich nach Neuigkeiten.
00:31:37
Er besteht darauf, dass die Polizei nochmal jeden Stein umdreht und jede Spur untersucht.
00:31:42
Ladinas Vater holt sich später sogar die Hilfe einer Anwältin,
00:31:45
um zu erwirken, dass der Fall neu aufgerollt wird.
00:31:48
Doch es ist zwecklos.
00:31:49
Das Verbrechen an Petra wird zum Cold Case.
00:31:52
Der Täter ist und bleibt ein Phantom.
00:31:54
Und mit dieser Ungewissheit wächst Ladina auf.
00:31:58
Als sie schließlich sprechen kann, fragt das Mädchen immer öfter, wo ihre Mama ist.
00:32:02
Die meisten Kinder im Kindergarten wachsen schließlich mit zwei Elternteilen auf.
00:32:08
Und sie versteht nicht, wieso.
00:32:10
Fiete erklärt ihr dann, dass Petra getötet wurde.
00:32:13
Die grausamen Details des Verbrechens verschweigt er seiner Tochter, die ja noch ein Kind ist.
00:32:18
Die muss sie nicht kennen.
00:32:19
Irgendwann, als Ladina alt genug ist, erzählt er ihr aber, dass der, der ihr die Mutter genommen hat, noch immer frei ist.
00:32:27
Dass man den Mann nie gefasst hat und dass er deshalb Angst um sie hat.
00:32:31
Sie soll niemals abends im Dunkeln nach Hause laufen, sagt Fiete zu Ladina.
00:32:35
Und nie dicht an Türeingängen vorbei, wo man sie hineinziehen könnte.
00:32:39
Und wenn ein Auto neben ihr anhält, dann soll sie weglaufen, bringt er ihr bei.
00:32:43
Und Ladina verinnerlicht das, was ihr Vater sagt.
00:32:46
Sie wird in dem Wissen groß, dass auch sie jederzeit Opfer eines Verbrechens werden könnte.
00:32:52
Und in dem Unwissen, dass der Mörder ihrer Mutter ihr näher ist, als sie vielleicht denkt.
00:32:56
Bereit für eine neue kulinarische Reise, Paulina?
00:33:05
Ja, wie lange sind wir diesmal unterwegs?
00:33:07
Also das ist schon sehr weit entfernt.
00:33:10
Also nach Asien geht's.
00:33:11
Okay, aber ich meine, die Zeit der Reise, also wie lange geht diese Werbung?
00:33:16
Weil du rastest momentan wirklich sehr aus, wenn du HelloFresh bestellt hast.
00:33:20
Da bist du sehr euphorisch.
00:33:22
Du willst immer alles ganz genau erzählen.
00:33:24
Genau, diesmal ist der Trip sehr kurz, weil mir ist natürlich auch aufgefallen,
00:33:31
dass das niemandem was bringt, wenn ich hier diese Gerichte so runterratter.
00:33:36
Weil sicherlich niemand vor unserer Werbung hockt, immer wieder zurückspult und kocht.
00:33:41
Außerdem sind die Rezepte auch alle online einsehbar.
00:33:45
Deswegen erspare ich das allen heute hier.
00:33:47
Sehr gut, okay, wo geht's hin?
00:33:50
Also nach Asien.
00:33:52
Ja, es ist nicht sehr explizit, aber nur weil ich dieses Mal drei leckere Gerichte
00:33:58
aus verschiedenen asiatischen Ländern bestellt habe.
00:34:01
Aber was mir am besten…
00:34:03
Darf ich sagen, was ich richtig gerne esse?
00:34:06
Ja, das Gericht, was ich ja auch denke, was dir am besten gefallen würde, kommt aus Japan.
00:34:11
Und zwar die japanische Sakura Bowl mit pinkem Reis, dazu Sweet Chili Tofu und Tahini Soße.
00:34:17
Geil, würde ich essen.
00:34:18
Ja, es ist auch nicht nur lecker und einfach zu machen, sondern dank diesem pinken Reis
00:34:24
sieht es einfach auch richtig, richtig schön aus.
00:34:28
Und die zwei anderen Gerichte aus Asien, die waren einmal die glasierten koreanischen
00:34:33
Fleischbällchen mit Soja, Sesam, Kartoffeln und grünen Bohnen.
00:34:37
Und das andere war das Teriyaki-Fischfilet auf Ingwer-Süßkartoffel-Stampf mit pikantem Gurkensalat.
00:34:43
Also ihr hört schon, es ist für jeden und jede was dabei.
00:34:45
Und so ist das jede Woche bei HelloFresh, denn da könnt ihr immer aus mehr als 45 neuen Rezepten
00:34:51
auswählen, euch die Zutaten dafür grammgenau nach Hause schicken lassen.
00:34:54
Ihr müsst also gar nicht selber einkaufen und mithilfe von einfachen Rezeptkarten könnt
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ihr das dann alles nachkochen.
00:35:00
Und mit dem Code HFLUST, alles groß geschrieben, also H-F-L-U-S-T, spart ihr als neue oder ehemalige
00:35:08
KundInnen in Deutschland bis zu 120 Euro.
00:35:10
Und nur für kurze Zeit erhalten neue KundInnen für ein Jahr auch noch ein gratis Dessert in
00:35:16
jeder bestellten Box.
00:35:16
Alle Infos und den Code findet ihr wie immer auch nochmal in der Folgenbeschreibung.
00:35:20
Weitere Jahre vergehen, in denen niemand weiß, was damals am Karnevalssamstag 1988 hinter
00:35:33
dem Bierwagen geschehen ist.
00:35:35
Auch Ladina nicht, die ihre Mutter jeden Tag vermisst.
00:35:38
Vor allem am Valentinstag, an Petras Todestag.
00:35:41
Da möchte sie ihrer Mutter immer besonders nahe sein.
00:35:44
Und wie sie das all die Jahre gemacht hat, hat Ladina uns selbst im Interview erzählt.
00:35:50
An den Todestagen war ich immer am Grab meiner Mutter.
00:35:53
Ich bin immer zum Friedhof gegangen.
00:35:55
Ich war sowieso sehr oft da.
00:35:56
Aber an den Tagen am Todestag wie auch Geburtstag war ich am Friedhof und meistens alleine.
00:36:03
Eigentlich immer alleine.
00:36:04
Ich brauchte das aber auch.
00:36:07
Ich wollte da alleine sein.
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Da drumherum war auch nie jemand an den anderen Gräbern.
00:36:10
Und ich war da auch für mich alleine und habe dort mit meiner Mutter gesprochen.
00:36:13
Also laut gesprochen, als könntest du es hören.
00:36:15
Ich habe mir immer vorgestellt, wenn ich jetzt die Hände falte, die Augen zumache und rede,
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dass sie mich versteht.
00:36:21
Menschen, die ihre Mutter kannten, haben Ladina erzählt, dass Petra liebevoll, herzlich und
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immer gut gelaunt war.
00:36:28
Sie hat es geliebt, in den Urlaub zu fahren und hat das Leben genossen, bevor es ihr viel
00:36:32
zu früh genommen wurde.
00:36:34
Die Frage, was damals passiert ist, ist immer in Ladinas Hinterkopf.
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Sie ist Teil ihrer DNA.
00:36:40
Und sie kommt manchmal als Traurigkeit und manchmal als Angst zum Vorschein.
00:36:44
Letztere vor allem dann, wenn sie wie ihre Mama damals feiern geht, hat sie uns erzählt.
00:36:49
Wenn ich früher feiern war, dann haben wir uns eigentlich im Vorfeld schon darüber Gedanken
00:36:53
gemacht, wenn ich jetzt mit meiner Freundin weg war, wie man nach Hause kommt.
00:36:57
Und oft haben uns entweder mein Opa abgeholt oder der Vater von meiner Freundin und hat uns nach
00:37:05
Oder wir sind halt mit dem Taxi gefahren, gemeinsam.
00:37:07
Wir hatten fast denselben Weg.
00:37:10
Ich musste nur ein Stückchen weiter.
00:37:11
Für mich wäre es nie in Frage gekommen, mit der Bahn alleine zu fahren, aber auch zu zweit
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nicht mit der Bahn zu fahren, weil auch da Sachen passieren können.
00:37:19
Ja, in der Regel haben wir uns im Vorfeld irgendwie bemüht, dass man einfach weiß, man kommt auf
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jeden Fall gut nach Hause.
00:37:26
Ladina fühlt sich in ihren Zwanzigern auf der Straße nicht sicher.
00:37:30
Vor allem in der Dunkelheit.
00:37:31
Und ein Grund dafür ist, dass der, der das getan hat, noch immer auf freiem Fuß ist.
00:37:36
Ladina ist auch als Erwachsene nie aus ihrer Heimat Köln weggezogen.
00:37:39
Was, wenn der Täter auch von hier ist?
00:37:42
Er könnte ihr beim Einkaufen begegnen oder beim Spazierengehen in der Nachbarschaft.
00:37:46
Er könnte noch weitere Frauen angegriffen haben.
00:37:48
Vielleicht tut er es jetzt gerade.
00:37:50
Die Gedanken lassen sie nie los.
00:37:53
Für die Polizei mag der Fall vielleicht in irgendeinem Aktenschrank verstauben, aber
00:37:57
in Ladinas Kopf ruht das Verbrechen an ihrer Mutter nie.
00:38:00
Es ist immer präsent und das wird so bleiben, bis der Täter endlich gefunden wird.
00:38:05
Weitere Jahre vergehen.
00:38:07
Ladina macht eine Ausbildung zur Kauffrau für Bürokommunikation, studiert berufsbegleitend
00:38:12
und wird Verwaltungsfachwirtin.
00:38:14
Sie verliebt sich und wird selbst Mutter.
00:38:17
Aber der Verlust ihrer Mutter wird für sie nie einfacher.
00:38:20
Da wird immer eine Lücke bleiben, die niemand füllen kann.
00:38:23
Ende November 2022, da ist Ladina 36 Jahre alt, klingelt schließlich das Telefon.
00:38:30
Ein Ermittler von der Polizei in Köln ist in der Leitung.
00:38:33
Er hat den Cold Case ihrer Mutter mittlerweile übernommen.
00:38:36
Ladina ist verdutzt.
00:38:38
Heißt das, es wird wieder ermittelt?
00:38:40
Ja, sagt der Mann.
00:38:42
Beziehungsweise noch nicht, aber bald.
00:38:44
Sie wollen den Fall neu aufrollen und noch einmal um die Mithilfe der Öffentlichkeit bitten.
00:38:49
Die Vorbereitungen dafür laufen schon länger.
00:38:51
Der Karnevalsmord soll nämlich schon nächste Woche in der Sendung Aktenzeichen XY ungelöst ausgestrahlt werden.
00:38:58
Man erhofft sich jetzt, 34 Jahre nach der Tat, das neue Hinweise eingehen, sagt der Kommissar.
00:39:03
Ladina fällt aus allen Wolken.
00:39:07
Einerseits sind das großartige Neuigkeiten.
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Es sind die Worte, die sie sich so lange gewünscht hat, genauso sehr wie ihr Vater.
00:39:13
Der hat sein ganzes Leben darauf gehofft, dass er diesen Anruf erhalten würde.
00:39:17
Denn er war überzeugt, dass es doch noch neue Spuren oder Zeuginnen geben würde.
00:39:22
Oder dass man mit innovativer Technik die alten Spuren neu untersuchen könnte.
00:39:26
Aber die Hoffnung hat ihr Papa inzwischen mit ins Grab genommen.
00:39:29
Er ist vor einem Jahr, im Alter von 60 Jahren, an Krebs gestorben.
00:39:33
Ohne je zu erfahren, was der Mutter seiner Tochter damals passiert ist.
00:39:38
Das Unwissen hat ihn zermürbt, hat Ladina uns erzählt.
00:39:41
Mein Vater hat sein ganzes Leben lang versucht, dass der Fall neu aufgerollt wird.
00:39:46
Der war immer wieder bei der Polizei, beim Polizeipräsidium, hat sich dort erkundigt, ob es neue Erkenntnisse gibt, ob der Fall neu aufgerollt wird.
00:39:53
Der hat damals an Aktenzeichen XY geschrieben, ob dieser Fall ausgestrahlt werden kann.
00:39:58
Also es hat ihn immer nur beschäftigt.
00:40:00
Der hat immer in der Vergangenheit gelebt, dass er immer, ja, auch neue Beziehungen, die haben auch darunter gelitten.
00:40:07
Weil der Mörder seiner Mutter, seiner Tochter nicht gefasst wurde.
00:40:10
Also es hat sein ganzes Leben bestimmt.
00:40:13
Ladina wünscht sich, ihr Vater könnte jetzt hier sein.
00:40:16
Und sie könnten sich gemeinsam darüber freuen, dass die Polizei die verstaubten Akten wieder aufklappt.
00:40:20
Am Telefon dankt sie dem Ermittler für den Anruf und für die Vorwarnung, dass der Fall ihrer Mutter bald im Fernsehen gezeigt wird.
00:40:27
Über wichtige Neuigkeiten soll er sie auf dem Laufenden halten, aber er soll ihr auch keine falschen Hoffnungen machen, sagt sie.
00:40:33
Dann legt Ladina auf.
00:40:36
Wie es ihr nach dem Gespräch ging, hat sie uns beschrieben.
00:40:39
Ich konnte es gar nicht fassen.
00:40:41
Ich war zu dem Zeitpunkt im Urlaub.
00:40:42
Ja, ich konnte es gar nicht glauben.
00:40:45
Mein Vater war zu dem Zeitpunkt ein Jahr tot.
00:40:48
Und das hätte ihm vor allen Dingen auch sehr viel bedeutet.
00:40:50
Er wollte das immer und ich habe mich direkt gefragt.
00:40:53
Also ich konnte das gerade so, habe ich das so irgendwie verarbeitet, dass mein Vater nicht mehr da war.
00:40:57
Der ist ja auch sehr jung gestorben.
00:40:59
Und ja, das war wie so ein Schock erstmal, dass das jetzt aufgerollt wird.
00:41:05
Und dann fragt man sich, das ist so lange her, das ist 35 Jahre jetzt bald her.
00:41:10
Was bringt das jetzt noch?
00:41:11
In den Tagen nach dem Telefonat beschäftigt die 36-Jährige vor allem eine Frage.
00:41:16
Soll sie sich die Sendung von Aktenzeichen XY, die in einer Woche ausgestrahlt wird, ansehen?
00:41:21
Ladina hadert mit sich.
00:41:23
Ihr Vater hat ihr nie alle Details zum Tod ihrer Mutter verraten.
00:41:28
Vor allem, um sie zu schützen und damit sie nicht dieselben grauenvollen Bilder im Kopf hat, die ihn sein ganzes Leben lang verfolgt haben.
00:41:35
Warum sollte sie sich also jetzt genau diese Bilder im Fernsehen ansehen?
00:41:39
Schlussendlich entscheidet sich Ladina doch dazu einzuschalten.
00:41:43
Sie weiß, dass alle in ihrem Umfeld die Sendung schauen werden und sie will mitreden können.
00:41:48
Es geht schließlich um ihre Mutter und ein Stück weit auch um ihre eigene Geschichte.
00:41:53
Also sitzt Ladina am Mittwoch, den 7. Dezember 2022, um 20.15 Uhr vor dem Fernseher.
00:41:59
Sie ist angespannt, als Rudi Zerne anfängt, über den Fall zu sprechen.
00:42:03
Und noch mehr, als dann der kurze Film beginnt, in dem nachgestellt wird, was ihrer Mutter vor 35 Jahren angetan wurde.
00:42:10
Ladina kann eine blonde, zierliche Schauspielerin sehen, die mit ihren Freundinnen in der Disco tanzt und gut gelaunt Kölsch trinkt.
00:42:18
Dann verlässt sie die Party, zieht sich ihren schwarzen Mantel an, wartet einige Minuten vergeblich auf ein Taxi und geht dann zu Fuß los.
00:42:25
Als die Schauspielerin, die Ladinas Mutter mimt, schließlich in die dunkle Seitenstraße einbiegt, will Ladina sie am liebsten warnen.
00:42:33
Aber das Schicksal der blonden Frau ist schon geschrieben.
00:42:36
In dem Moment, in dem sie nichts ahnt, an dem Bierwagen vorbeigeht, schnellt aus der Dunkelheit die Hand eines Mannes hervor, der sie hinter den Wagen zieht.
00:42:44
Die Frau ruft um Hilfe.
00:42:46
Der Schrei, der aus dem Fernseher ertönt, geht Ladina durch Mark und Bein.
00:42:50
In der nächsten Szene kann man nur noch die Beine der jungen Frau erkennen, in schwarzen Netzstrümpfen, wie sie sich zuerst noch bewegen und dann erschlaffen.
00:42:59
Die Bilder sind für Ladina kaum zu ertragen, hat sie uns erzählt.
00:43:02
Diese Bilder zu sehen, das war einfach ganz schlimm für mich.
00:43:05
Ich habe mir das ab da an die letzten Minuten im Leben meiner Mutter wahrhaftig vorgestellt und konnte einfach nicht mehr schlafen.
00:43:13
Mir lief das wie ein Film vor Augen nachts.
00:43:16
Also sobald ich mich hingelegt habe, man hat ja so tagsüber auch immer wieder Sachen, die einen ablenken, wo man an was anderes denken muss.
00:43:23
Und ab dem Moment, wo ich im Bett lag, ist dieser Film immer vor meinen Augen abgelaufen.
00:43:28
Neben Ladina erreicht die Folge von Aktenzeichen XY ungelöst am 7. Dezember 2022 fast 5 Millionen Menschen in Deutschland.
00:43:36
Und trotzdem bleibt Ladinas Telefon in den Monaten danach still.
00:43:40
Die Weihnachtsfeiertage ziehen vorüber, dann der Jahreswechsel und schließlich ist es wieder Februar.
00:43:46
Der Monat, in dem sich das Verbrechen an ihrer Mutter jährt.
00:43:49
Ihr 34. Todestag fällt dieses Jahr auf einen Dienstag.
00:43:53
Wieder ist es Valentinstag.
00:43:55
Und wieder ist Ladina nicht nach Rosen, sondern nach Trauer zumute.
00:43:58
Als plötzlich gegen 10 Uhr morgens ihr Handy klingelt.
00:44:02
In der Leitung ist der Kommissar, der sie letztes Jahr angerufen hat.
00:44:05
Und er hat Neuigkeiten.
00:44:07
Noch während der Ausstrahlung der XY-Folge im Dezember ist ein vielversprechender Hinweis eingegangen, den sie bis jetzt verfolgt haben, sagt er.
00:44:15
Und aufgrund dieses Hinweises wurde heute Morgen ein Mann festgenommen, der dringend tatverdächtig ist, ihre Mutter getötet zu haben.
00:44:22
Heute, auf den Tag genau, vor 34 Jahren.
00:44:26
Ladina fällt damals aus allen Wolken, hat sie uns erzählt.
00:44:29
Sie hat das überhaupt nicht kommen sehen und wollte direkt mehr über den Mann wissen.
00:44:34
Der Tatverdächtige ist 56 Jahre alt, hat Familie und lebt in Köln.
00:44:38
Er war also immer hier, für die Polizei zum Greifen nahe.
00:44:42
Ein ehemaliger Freund von ihm namens Bernhard hat ausgesagt, dass er in der Tatnacht vor mehr als 30 Jahren mit seinem Kuppel Mick in Köln unterwegs war.
00:44:51
Sie hätten gegen kurz vor 4 Uhr morgens an demselben Taxi-Stand gewartet, an dem auch Petra um diese Zeit war.
00:44:57
Der Zeuge erinnert sich noch genau an eine Frau mit einem Tiger auf dem T-Shirt.
00:45:02
Als kein Taxi kam, sei die Frau zu Fuß gegangen und Bernhard und sein Kumpel hinterher.
00:45:07
Sie hätten erst woanders ein Taxi oder eine Bahn nach Hause nehmen wollen, aber Mick habe sich umentschieden.
00:45:13
Er habe sich plötzlich von Bernhard verabschiedet und sei der Frau mit dem Tiger-T-Shirt nachgegangen.
00:45:18
Bernhard habe sich nichts dabei gedacht und sei allein nach Hause gefahren.
00:45:22
Aber am nächsten Tag habe er vom Mord am Zochweg gehört und überall auf den Plakaten das Bild von Petra gesehen.
00:45:28
Da habe auch gestanden, dass die Tote ein T-Shirt mit Raubkatzen-Motiv getragen hätte.
00:45:33
Dabei habe er sofort an die Frau vom Taxi-Stand denken müssen.
00:45:36
Er habe sich gefragt, ob sein Kumpel Mick etwas damit zu tun gehabt haben könnte.
00:45:40
Der habe damals schon einige Diebstähle und Einbrüche auf dem Kerbholz gehabt.
00:45:44
Bernhard habe sich vorstellen können, dass Mick die Frau überfallen hat
00:45:48
und sie dabei gestürzt und gestorben sei.
00:45:50
Ein unglücklicher Unfall.
00:45:51
Aber er habe sich nicht getraut, zur Polizei zu gehen.
00:45:54
Einerseits, weil er mit Mick schon einige krumme Dinger gedreht habe.
00:45:57
Er habe Angst gehabt, dass die Polizei auch ihn verdächtigen würde.
00:46:01
Andererseits sei er ja weiterhin im selben Freundeskreis wie Mick gewesen.
00:46:05
Und er habe gewusst, dass seine Aussage allein Mick nicht überführen könne.
00:46:09
Er hätte sich nur Ärger mit Mick eingehandelt und das wollte er nicht, sagt Bernhard jetzt, viele Jahre später, bei der Polizei aus.
00:46:15
Mittlerweile seien Mick und er nicht mehr befreundet.
00:46:18
Er habe die Sache nie vergessen und wolle jetzt sein schlechtes Gewissen erleichtern.
00:46:23
Mehr als drei Jahrzehnte hat Bernhard seine Vermutung mit sich herumgetragen.
00:46:27
Zu überprüfen, ob sie stimmt, ob dieser Mick wirklich der Täter ist, liegt nun in den Händen der Polizei.
00:46:33
Die bisherigen Ermittlungen deuten aber darauf hin, sagt der Kommissar Ladiner.
00:46:38
Deshalb wurde der 56-jährige Tatverdächtige heute Morgen in seiner Wohnung festgenommen.
00:46:43
Als Ladiner und der Ermittler auflegen, fällt ihr ein Stein vom Herzen.
00:46:47
Ein neuer Zeuge, ein Tatverdächtiger, eine Festnahme.
00:46:51
Das wollte sie am liebsten direkt mit ihrem Vater teilen, hat sie uns im Interview gesagt.
00:46:56
Es war auch ganz schwer für mich, dass ich ihm das nicht erzählen konnte.
00:46:59
Ich bin dann ins Schlafzimmer gegangen, da habe ich so eine Wand von Bildern.
00:47:03
Unter anderem hängt auch er da oder auch das Hochzeitsbild meiner Eltern.
00:47:07
Und habe zu denen gesprochen und habe denen das gesagt, dass der Täter gefasst wurde.
00:47:11
Neben der Erleichterung wird Ladiner aber auch klar, dass die bevorstehende Zeit schwer für sie wird.
00:47:17
All die Fragen, die sie jahrelang im Hinterkopf hatte, ploppen jetzt wieder auf.
00:47:21
Was ist damals passiert? Wie ist ihre Mutter gestorben und warum?
00:47:25
Die Antworten liegen zwar noch im Verborgenen, aber sie scheinen jetzt greifbar.
00:47:29
Das ist einerseits gut, andererseits fragt sich Ladiner, ob sie bereit ist, die Wahrheit über das Verbrechen,
00:47:35
das ihre ganze Kindheit überschattet hat, herauszufinden.
00:47:38
Und wenn es zu einer Anklage kommt, in welchem Umfang will sie dann an einem Gerichtsprozess beteiligt sein.
00:47:43
Ladiner will darauf vorbereitet sein, wenn der Fall wirklich eintritt.
00:47:47
Deshalb meldet sie sich kurz darauf bei einer Person, die auch ihren Vater schon im Kampf um die Wahrheit unterstützt hat.
00:47:53
Bei seiner damaligen Anwältin Eva Kuhn, die jetzt ihre wird.
00:47:57
Die Verteidigerin kannte Fiete jahrelang und weiß alles über den Fall.
00:48:01
Das gibt Ladiner ein gutes Gefühl, besonders dann, als feststeht, dass die Staatsanwaltschaft wirklich Anklage gegen den mutmaßlichen Mörder ihrer Mutter erheben wird.
00:48:09
Ladiner entscheidet sich als Nebenklägerin am Prozess, der für den Spätsommer 2023 anberaumt ist, mitzuwirken.
00:48:17
Sie will sich einen Platz im Gerichtssaal sichern und dem Mann in die Augen schauen, vor dem sie ihr ganzes Leben lang Angst hatte.
00:48:23
Und sie will Akteneinsicht erhalten, auch wenn es schmerzlich wird.
00:48:26
Ladiner muss wissen, was damals hinter dem Bierwagen mit ihrer Mutter passiert ist.
00:48:30
Sonst wird sie die zermürbenden Fragen das ganze Leben mit sich rumtragen.
00:48:34
Eine Version dessen, was damals passiert sein könnte, nämlich die der Staatsanwaltschaft, hält Ladiner im Sommer 2023 in den Händen.
00:48:44
Es ist die Anklageschrift, in der genau beschrieben wird, was Mick zu Lasten gelegt wird.
00:48:48
Sich zu lesen, kostet Ladiner eine Menge Überwindung, hat sie uns gesagt.
00:48:53
Das war wirklich grausam zu lesen. Es waren so viele brutale Details, die da zum Vorschein kamen.
00:49:00
Die wusste ich überhaupt nicht. Und ich glaube auch nicht, dass sie mein Vater wusste oder sonst wer.
00:49:06
Also so genau im Detail, was da genau passiert war, habe ich erst dort gelesen.
00:49:13
Ladiner erfährt, dass ihre Mutter erdrosselt und getreten wurde, dass ihr Todeskampf mehrere Minuten ging und sie sich gewehrt hat, bevor sie keine Kraft mehr hatte.
00:49:21
Eine Übertötung, wie sie in einem Horrorfilm vorkommen könnte.
00:49:25
Dass ihrer Mama das passiert ist, das nimmt Ladiner tagelang mit.
00:49:30
Als ich die Anklageschrift gelesen habe, habe ich mir viele Gedanken darüber gemacht, was das für ein Typ sein muss.
00:49:34
Der muss ja äußerst brutal sein und hatte ganz große Angst, demjenigen gegenüber zu stehen.
00:49:39
Dann bald, wenn der Prozess beginnt.
00:49:42
Was das für ein Tier sein muss, der so sowas machen kann.
00:49:47
Also man kann sich ja so vorstellen, dass man mal im Affekt irgendwas macht oder dass man irgendwem eine knallt oder wie auch immer.
00:49:56
Aber das, was er gemacht hat, der hat meine Mutter so was von zugerichtet.
00:50:00
Im Vorfeld zum Prozessauftakt ist Ladiner vor allem eins.
00:50:04
In den Nächten schläft sie unruhig und an den Tagen kann sie nur daran denken, dass sie bald dem Mann gegenüber sitzen wird, der ihr mutmaßlich ihre Mutter genommen hat.
00:50:13
Noch ist der 56-Jährige ein Phantom für sie.
00:50:16
Schon bald wird er ein Gesicht haben.
00:50:18
Und eine Stimme.
00:50:19
Zumindest hofft Ladiner, dass er spricht.
00:50:22
Dass er endlich sagt, was damals vor 36 Jahren passiert ist.
00:50:25
Das ist er ihr und ihren Eltern schuldig, findet sie.
00:50:29
Zum Prozessauftakt am 4. September 2023, ein halbes Jahr nach der Festnahme des Mannes, haben sich viele PressevertreterInnen für den Prozess angekündigt.
00:50:37
Es kommt schließlich nicht alle Tage vor, dass am Landgericht Köln ein Pfeil aus den 80ern verhandelt wird.
00:50:43
Am liebsten wollen die ReporterInnen auch mit ihr sprechen, aber Ladiner versucht den Kameras aus dem Weg zu gehen.
00:50:49
Sie möchte unerkannt bleiben, deshalb wartet sie vor dem Gerichtssaal, bis die Presse den Raum verlassen hat.
00:50:55
Erst dann schlüpft sie durch eine Seitentür herein und nimmt still und leise neben ihrer Verteidigerin Platz.
00:51:00
Ladiner lässt den Blick durch den Saal schweifen.
00:51:03
Er ist nicht besonders groß oder schön.
00:51:05
Grauer Teppichboden trifft auf helle, kalte Leuchtstoffröhren an der Decke und dunkelbraune Holzpulte, die U-förmig im Raum aneinandergereiht sind.
00:51:14
An der Stirnseite sitzt die vorsitzende Richterin.
00:51:17
Und direkt gegenüber von Ladiner auf der rechten Seite des U-s sitzt der Mann, der sie zur Halbweisen gemacht hat.
00:51:23
Der angeklagte Mick.
00:51:24
Wie das war, ihn das erste Mal zu sehen, hat sie uns im Gespräch erzählt.
00:51:28
Ich musste mir erstmal so einen Überblick verschaffen.
00:51:30
Ich war noch nie in einem Gerichtssaal und habe dann schnell gesehen, okay, das muss er sein.
00:51:35
Und habe mich dann zu meiner Anwältin gesetzt und musste mich erstmal beruhigen.
00:51:39
Ich habe mich erstmal nur auf den Boden geschaut, habe die Augen auch geschlossen.
00:51:42
Ich musste mich erstmal da zurechtfinden.
00:51:45
Und habe die ganze Zeit überlegt, guckt man jetzt da hin, gucke ich jetzt da hin.
00:51:48
Ich will den eigentlich sehen, aber irgendwie auch nicht.
00:51:51
Ja, und dann habe ich irgendwann hingeschaut und habe dann gemerkt, dass ich auf irgendeine Reaktion gewartet habe von ihm.
00:51:56
Ich wollte, dass er auch rüberschaut oder irgendwelche Reue.
00:52:00
Irgendwas habe ich gesucht in ihm, was aber nie kam.
00:52:02
Und er konnte dann meinen Blick überhaupt nicht mehr von ihm wenden.
00:52:06
Ich habe mir richtig so das vorgestellt.
00:52:07
Bei mir lief dann dieser Film von Aktenzeichen immer wieder vor Augen ab
00:52:11
und habe mir darüber Gedanken gemacht, wo ich den quasi angestarrt habe.
00:52:16
Der Angeklagte hat ein rundes Gesicht, in dessen Mitte eine breite Nase sitzt und einen grauen Oberlippenbart.
00:52:22
Sein Verteidiger macht zwei Dinge gleich zum Anfang des Prozesses klar.
00:52:26
Erstens, sein Mandant wird von seinem Schweigerecht Gebrauch machen.
00:52:30
Er möchte keine Angaben zur Sache machen.
00:52:32
Und zweitens, sein Mandant ist unschuldig, sagt der gegnerische Anwalt.
00:52:36
Die Beweislage gegen ihn sei dürftig und der Zorge Bernhard, der seinen ehemaligen Kumpel belastet, sei unglaubwürdig.
00:52:43
Er habe sich in seinen Aussagen widersprochen, sagt der Verteidiger.
00:52:46
Und damit hat er recht.
00:52:49
Anfangs, bei seinem Anruf bei Aktenzeichen XY, war sich Bernhard noch sicher,
00:52:53
dass er und Mick am Tatabend ebenfalls im Charivari waren.
00:52:56
Später bei der Polizei ist er zurückgerudert und hat plötzlich angegeben, dass er das nicht mehr sicher weiß.
00:53:02
Und auch an andere Details hat sich Bernhard falsch oder gar nicht erinnert.
00:53:06
So hat er zum Beispiel ausgesagt, dass Petra ein Tiger-T-Shirt anhatte.
00:53:10
Dabei sei darauf ein Leopard gewesen.
00:53:13
Laura, findest du diese Verwechslung von Leopard und Tiger so eklatant, dass man sagt,
00:53:18
ah ja, da erinnert man sich dann nicht richtig?
00:53:21
Nein, weil ich auch das manchmal verwechsel.
00:53:24
Leopard, Gepard, Tiger.
00:53:27
Weißt du, wenn man die Tiere nicht alle Tage sieht, dann weiß ich auch nicht, was ist jetzt was.
00:53:32
Ja, genau, das sehe ich ähnlich.
00:53:34
Leopard ist für mich immer einfach zu merken, weil mein Hintern, wenn ich zu Hause bin, gerne in so einer ollen Leo-Leggings rumspaziere.
00:53:43
Leo Print ist ja einfach immer mal wieder in so, deswegen.
00:53:45
Aber ansonsten, ich finde es wirklich absolut Quatsch, das hier als Argument vorzubringen, dass man Leo und Tiger verwechselt.
00:53:53
Ja, und vor allen Dingen finde ich noch mal als Mann, weißt du, ich meine wir ja mit Leo Print und so, aber es war ja Karneval, ja.
00:54:00
Und dann habe ich das Gefühl, das ist dann wahrscheinlich einfach, ah ja, die hatte ein Kostüm an und war irgendwie als Raubkatze verkleidet.
00:54:08
Ah ja, was war das ja, mal ein Tiger, weißt du?
00:54:10
Nachts sind alle Katzen gleich.
00:54:13
Alle grau, sagt man, ne?
00:54:15
An Karneval wohl eher blau.
00:54:16
Naja, das ist auf jeden Fall ein Grund, den der Anwalt jetzt hier vorbringt, um Bernhards Glaubwürdigkeit in Frage zu stellen.
00:54:23
Und noch dazu bringt der Anwalt vor, dass Bernhard auch nicht wusste, ob er schließlich allein mit dem Taxi oder mit einer Straßenbahn nach Hause gefahren ist.
00:54:31
Wie kann er sich also sicher sein, dass der Angeklagte in der Tat nach einer Frau nachgegangen ist,
00:54:37
wenn er andere Details offensichtlich vergessen hat, stellt der Verteidiger in den Raum.
00:54:41
Als Bernhard selbst in den Zeugenstand tritt, leugnet er nicht, dass er Gedächtnislöcken von dem Abend hat.
00:54:47
Immerhin liegt die Tat nach mehr als 30 Jahre zurück.
00:54:50
Aber mit seinen Angaben über den Angeklagten ist er sich sicher.
00:54:54
Er hat all die Jahre immer wieder daran denken müssen.
00:54:57
Und er kann noch zwei Details hinzufügen, die seine Aussage stützen.
00:55:01
Zum einen erinnert er sich daran, dass Mick kurz nach der Tat eine neue Frisur hatte.
00:55:07
Ob er vorher glatte Haare hatte und sich dann Locken gemacht hat oder andersherum, das wisse er heute nicht mehr.
00:55:12
Aber die äußerliche Veränderung sei ihm im Kopf geblieben und legt in seinen Augen nahe, dass sein damaliger Kumpel nach der Tat nicht erkannt werden wollte.
00:55:20
Zum anderen habe er Mick kurz nach der Tat auf den Mord am Zugweg und die auffälligen Fahndungsplakate in der Kölner Innenstadt angesprochen.
00:55:27
Er habe ihn gefragt, ob es sich bei der Frau auf den Bildern nicht um die Frau handeln könne, die sie am Taxistand gesehen hätten.
00:55:34
Darauf habe Mick aufbrausend reagiert und ihn nur angefahren, dass er bereits ein Ermittlungsverfahren wegen eines anderen Delikts am Hals hätte.
00:55:40
Deshalb wolle er unter keinen Umständen, dass die Polizei wisse, dass er vielleicht auch das Mordopfer Petra in der Tatnacht gesehen habe.
00:55:48
Bernhard habe das Thema daraufhin fallen gelassen.
00:55:51
Insgeheim habe er Mick aber nur noch mehr verdächtigt und deshalb habe er auch Angst um seine eigene Haut gehabt.
00:55:56
Denn er habe ja schon einige krumme Dinger mit Mick gedreht.
00:56:00
Was, wenn die Polizei nicht nur einen Tatverdacht gegen Mick, sondern auch gegen ihn Bernhard hegen würde?
00:56:05
Das sei damals seine Sorge gewesen, gesteht Bernhard jetzt vor dem Kölner Landgericht.
00:56:10
Und die Sorge sei so groß gewesen, dass er seine Schwester um Hilfe gebeten habe.
00:56:15
Er erinnere sich heute gar nicht mehr daran, aber seine Schwester habe ihm jetzt, nachdem er bei der Polizei gegen Mick ausgesagt hat,
00:56:21
gesagt, dass Bernhard sie damals nach der Tatnacht um ein Alibi gebeten habe.
00:56:25
Die Schwester bestätigt das ebenfalls vor Gericht.
00:56:28
Ihr Bruder Bernhard sei damals nach Karneval 1988 zu ihr gekommen und habe ihr gesagt,
00:56:33
wenn die Polizei fragt, sag, dass ich von Samstag auf Sonntag bei dir war.
00:56:37
Er habe ihr auch erzählt, dass Mick in der Tatnacht einer Frau nachgegangen sei und seine Haare verändert habe.
00:56:44
Daran erinnert sie sich heute noch.
00:56:46
Sie hatte damals nicht für ihren Bruder gelogen, sagt die Zeugin, aber die Polizei hat ja nie gefragt.
00:56:52
Dafür steht jetzt bei der Verhandlung immer wieder die Frage im Raum, ob Bernhard wirklich die Wahrheit sagt.
00:56:58
Ladina kann das nicht nachvollziehen.
00:57:00
Für sie steht fest, die Tatnacht liegt 36 Jahre zurück.
00:57:04
Natürlich kann sich der Mann nicht mehr 100% daran erinnern, wo sie feiern waren oder welche Raubkatze auf dem T-Shirt ihrer Mutter abgebildet war.
00:57:11
Wichtig ist doch, dass er sich an die Indizien erinnern kann, die für die Täterschaft des Angeklagten sprechen.
00:57:17
Dass der Mann gewaltbereit war und Petra hinterhergegangen ist.
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Und daran hat Ladina keine Zweifel.
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Sein Vorstrafenregister offenbart, dass der 56-Jährige in den 80ern mehrere Diebstähle, Einbrüche und Gewaltdelikte begangen hat.
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Er hat weder Respekt für das Eigentum anderer gehabt, noch vor Frauen.
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Zur selben Zeit, als ihre Mutter getötet wurde, hat die Polizei wegen einer versuchten Vergewaltigung gegen Mick ermittelt.
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Das Verfahren wurde allerdings später eingestellt.
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Seit Mitte der 90er Jahre hat sich Mick zumindest laut seiner Akte nichts mehr zu Schulden kommen lassen.
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Er ist Vater zweier erwachsener Kinder und lebt in einer ruhigen Wohngegend.
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Doch das tut für Ladina nicht zur Sache.
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Sie ist von seiner Täterschaft überzeugt.
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Eigentlich schon von Anfang an.
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Aber spätestens dann, als vor Gericht ein Video von Micks Vernehmung bei der Polizei nach seiner Festnahme gezeigt wird.
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Das ist ihr ganz besonders in Erinnerung geblieben, hat sie uns erzählt.
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Da sagt er nämlich immer wieder, dass er sich an nichts erinnern könne.
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Und das glaubt Ladina ihm nicht.
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Sie glaubt ihm nicht, dass man so eine Tat einfach vergessen kann.
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Für Ladina hat sich im Prozess ein Bauchgefühl entwickelt, das da der Richtige auf der Anklagebank sitzt, sagt sie.
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Doch ein Gefühl alleine reicht nicht, um ihn zu überführen.
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Allerdings hat die Staatsanwaltschaft neben Bernhards Aussage noch ein weiteres klares Indiz gegen Mick in der Hand.
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Beziehungsweise fünf Indizien.
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Nämlich fünf Hautschuppen des Angeklagten, die auf Petras Klamotten festgestellt werden konnten.
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Drei davon hatte man schon bei den Ermittlungen 1988 sichergestellt.
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Nur konnte die Polizei damals ja nicht viel mit diesen Partikeln anfangen,
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weil die DNA-Analyse noch nicht so weit war wie heute.
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Jetzt sieht das anders aus, erläutert ein Rechtsmediziner vor Gericht.
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Alle Hautschuppen, die damals mit sogenannten Spurensicherungsfolien von Petras Leiche und Klamotten genommen wurden,
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wurden mit innovativer Technik erneut untersucht.
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Einige Partikel konnten ErmittlerInnen zugeordnet werden, die damals am Tatort waren.
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Andere stammen von fremden Menschen, vielleicht vom Feiern.
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Aber jedes fremde DNA-Profil war höchstens einmal auf Petras Körper vertreten.
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Alle bis auf eines.
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Die Partikel konnten an Petras Jacke und an ihrer Strumpfhose nachgewiesen werden,
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im Bereich der Oberschenkel und am linken Knöchel, wo sie auch eine Schürfwunde vom Kampf mit dem Angreifer hatte.
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Das beweist gar nichts, entgegnet Micks Verteidiger.
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Sein Mandant sei ja womöglich auch im Charivari gewesen.
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Vielleicht hätten Micks und Petras Jacken dort in der Garderobe übereinander gelegen
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und Micks Hautschuppen seien so auf Petras Jacke gekommen, wirft der Anwalt in den Raum.
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Doch der Sachverständige im Zeugenstand verneint.
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Das ist äußerst unwahrscheinlich, gibt er an.
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Und vor allem kann die Theorie Micks DNA an Petras Strumpfhose nicht erklären.
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Die Hautschuppen und Bernhards Aussage sprechen also gegen den Angeklagten.
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Zwei wichtige Indizien, aber eben nur zwei.
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Rein objektiv gesehen bleibt die Beweislage für eine Verurteilung wegen Mordes vor Gericht dünn.
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Ein Zeuge, der sich nicht an Details erinnert und bei der Tat selbst nicht dabei war.
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DNA-Spuren, die zwar einen engen Kontakt zwischen Mick und Petra beweisen,
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aber keinen Aufschluss geben, wann und wie sie Kontakt hatten.
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Und solange der Angeklagte schweigt, kann auch das Raubmotiv,
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von dem die Staatsanwaltschaft ausgeht, nicht zu 100% bejaht werden.
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Das ist aber die Voraussetzung, um das Mordmerkmal der Habgier feststellen zu können.
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Denn ohne Mordmerkmal ist eine Verurteilung ausgeschlossen.
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Denn wenn Mick kein Mord nachgewiesen werden kann,
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dann wird er das Gericht als freier Mann verlassen.
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Schließlich verjährt Totschlag nach 20 Jahren.
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Nur Mord verjährt nie.
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Das hat Ladinas Anwältin ihr in der Vorbereitung auf den Prozess erklärt.
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Nicht auszumalen, was das bedeuten würde.
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All die Hoffnung, all die Mühe, die in die Aufklärung dieses Verbrechens gesteckt wurde, umsonst.
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Alle würden wissen, wer es war und trotzdem würde diese Person draußen frei herumlaufen dürfen und ihr Leben weiterleben, als wäre nichts gewesen.
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Obwohl diese Person Ladinas Mutter auf brutale Art und Weise getötet hat.
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Selbst der Rechtsmediziner, der vor Gericht aussagt, spricht von einer Übertötung.
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So massive Verletzungen der Halsweichteile habe er in seiner 40-jährigen Laufbahn vielleicht dreimal gesehen, sagt der Mann.
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Die Vorstellung daran bort Ladina einen Stich ins Herz.
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Auch deshalb ist sie froh, als die Staatsanwaltschaft schließlich im März 2024 nach einer sechsmonatigen Verhandlung eine lebenslange Haftstrafe für den Angeklagten fordert.
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In den Augen der Staatsanwältin gibt es keine Zweifel daran, dass Mick sich des Mordes schuldig gemacht hat.
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Seine Verteidigung bleibt dagegen dabei, Mick habe nichts mit der Tat zu tun.
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Sein Anwalt plädiert auf einen Freispruch, den der Angeklagte selbst mit seinen ersten und letzten Worten im gesamten Prozess unterstreicht.
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Ich bin unschuldig, sagt der Klein laut.
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Dann zieht sich die Kammer zur Beratung zurück.
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Zwischen den Plädoyers und dem Urteil vergeht eine gute Woche, in der Ladina vor Aufregung nachts nicht schlafen kann.
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Was, wenn das Gericht Mick freispricht, fragt sie sich ständig.
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Was, wenn der ganze Prozess umsonst war?
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Sie könnte das nicht ertragen.
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Sie könnte da nicht seelenruhig auf ihrem Stuhl sitzen bleiben, wenn Mick den Gerichtssaal als freier Mann verlassen würde.
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Aber die Chance ist da, sagt auch ihre Anwältin.
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Die Expertin schätzt die Wahrscheinlichkeit auf einen Freispruch gering ein, aber sie liegt eben nicht bei null.
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Also vereinbaren die zwei Frauen eine Art Exit-Strategie und von der hat Ladina uns im Gespräch erzählt.
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Ich wusste, dass ich auf jeden Fall nicht in dem Saal bleibe, sollte er freigesprochen werden.
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Meine Anwältin hatte mich da so vorbereitet, dass sie mir gesagt hat, im ersten Satz wird das Urteil gesprochen.
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Alle stehen auf, das Urteil wird gesprochen und danach kommt die Begründung.
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Das heißt, ich hätte ja direkt im ersten Satz gehört, er ist freigesprochen und hätte den Saal verlassen.
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Das hätte ich mir nicht angetan, da irgendwas noch mir anzuhören.
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Ich wusste aber auch, dass in dem ersten Satz auch er für lebenslänglich verurteilt werden kann.
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Ladina ist also vorbereitet auf das, was kurz bevor steht.
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Und trotzdem, oder genau deshalb, schlägt ihr Herz am Tag des Urteilsspruchs wie verrückt.
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Als die Vorsitzende Richterin den Saal betritt, erheben sich alle für einen Moment.
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Dann beginnt die Frau zu sprechen.
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Im Namen des Volkes ergeht folgendes Urteil.
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Der Angeklagte wird wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.
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Kaum haben die Worte der Richterin ihren Mund verlassen, bricht Ladina in Tränen aus.
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Sie weiß, was das bedeutet.
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Mick wird verurteilt.
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Das Gericht ist, wie sie, von seiner Schuld überzeugt.
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Die Aussagen von Bernhard seien in sich stimmig, sagt die Richterin.
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Seine Erinnerungslücken zeugen nur davon, dass er sich selbst kritisch hinterfragt.
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Auch deshalb hält die Kammer seine Angaben für glaubhaft.
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Darüber hinaus würde auch das Nachtatverhalten des Angeklagten,
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die Veränderung seines Äußeren und seiner aufbrausenden Art,
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sowie natürlich die eindeutigen DNA-Spuren am Opfer klar für seine Täterschaft sprechen.
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Mit Sicherheit stellt die Kammer die Habgier als Mordmerkmal fest.
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Sie schließt aber auch eine anfängliche sexuelle Motivation des Täters nicht komplett aus.
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Auch, wenn keine Vergewaltigung stattgefunden hat.
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Während die vorsitzende Richterin redet, versucht Ladina weiterhin die Fassung zu bewahren
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und dem Urteilsspruch zu folgen.
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Aber das warme Gefühl in ihrem Inneren ist so heftig,
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dass sie die Tränen nicht zurückhalten kann.
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Davon hat sie uns erzählt.
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Ich habe einfach nur geweint, bitterlich geweint.
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Einfach die ganze Last ist von meinen Schultern gefallen, dieses Bangen.
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Die letzten Monate, man hat gemerkt, okay, ich habe das nicht umsonst gemacht.
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Ich saß hier und er ist verurteilt worden.
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Ja, ich habe meine Augen geschlossen, habe zu meinen Eltern gesprochen, so leise für mich im Kopf und habe gesagt, wir haben es geschafft.
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Es fühlte sich richtig gut an, befreiend an.
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Als Ladina im März 2024 das Landgericht in Köln verlässt, spürt sie, dass ihr Leben sich für immer geändert hat.
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Als sie denken kann, war der Mord an ihrer Mutter ein Mysterium, eine Ungewissheit, mit der sie gelernt hat zu leben.
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Jetzt, seit Ladina weiß, wer ihr ihre Mama genommen hat, ist die Trauer um ihren Verlust zwar nicht kleiner geworden,
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aber es hat sich trotzdem etwas verändert.
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Seit er im Gefängnis sitzt, das hat sich gut angefühlt.
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Also ich habe während dem Prozess, hat man halt die ganze Zeit schon gedacht, okay, er sitzt, es läuft jetzt alles seinen richtigen Weg,
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was lange Jahre halt nicht so war.
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Und man konnte damit irgendwie so ein bisschen abschließen.
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Also man kann das nie so ganz weg von sich tun.
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Ich habe auch ein kleines Kind und weiß, wie sehr das ihre Mutter braucht.
01:05:44
Und dementsprechend kann ich mir vorstellen, wie sehr ich meine Mutter vermisst haben muss.
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Und das macht es auch so ein bisschen schwierig, dass man das so ganz ablegen kann.
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Aber zumindest habe ich jetzt die Gewissheit, dass der Täter sitzt und nicht mehr frei rumläuft.
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Das war nämlich immer sehr schwer in meinem Leben, das zu begreifen, dass es jemanden gibt, der da einfach noch frei rumläuft,
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eigentlich weiß, was er getan hat und damit irgendwie ganz normal leben kann.
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Und das wollte ich nicht.
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Und ab der Verurteilung hat sich das wesentlich befreiender angefühlt.
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Ich wusste ja auch nie, wer das war.
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War das speziell gegen meine Mutter?
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Wollte der sich wegen irgendwas an meiner Mutter rächen?
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Ich habe mir in meiner Jugend oft genug vorgestellt, dass derjenige es auch auf mich abgesehen hat.
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Mein Vater hatte immer sehr viel Angst um mich und hat mir das auch eingetrichtert,
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wie ich mich draußen zu verhalten habe und wie vorsichtig ich sein muss.
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Und dadurch war ich sehr ängstlich, bin ich auch immer noch.
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Ich glaube, sowas legt man nie ab, wenn man so aufgewachsen ist.
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Aber es hat sich wirklich befreiend angefühlt, zu wissen, dass der Täter jetzt sitzt.
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Über den Mörder ihrer Mutter und über Bernhard, den entscheidenden Zeugen,
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hat Ladina in der Zeit nach dem Prozess viel nachgedacht.
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Bernhard hätte natürlich viel früher aussagen können.
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Dann hätte sie die Angst und die Fragen über den Tod ihrer Mutter
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vielleicht nicht so viele Jahre mit sich herumtragen müssen.
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Aber sie kann auch etwas Verständnis für Bernhard aufbringen.
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Man hat gemerkt, dass ihn das sehr viel Überwindung und auch Mut gekostet hat,
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überhaupt gegen ihn auszusagen.
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Er erwähnte mal, dass er auch Angst vor ihm gehabt hatte.
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Und das glaube ich auch.
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Also wer so brutal vorgeht, der hat schon so eine gewisse Macht wahrscheinlich ausüben können auf Leute.
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Er hat ja immer damit gerechnet oder immer gedacht, dass er das war.
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Aber er hatte gehofft, durch andere Delikte, die der Täter begangen hatte,
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dass man ihn deswegen auch verurteilen kann.
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Also dass man das auf meine Mutter irgendwie da zurückzuführen ist,
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die Sachen, die er begangen hat.
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Ja, das war halt nicht so.
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Und ich bin froh, dass er da Aktenzeichen geschaut hat und sich gemeldet hat.
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Hätte es ihn nicht gegeben, wäre das nie rausgekommen.
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Ladina ist noch immer damit beschäftigt, alles aufzuarbeiten,
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was sie von klein auf erlebt hat.
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Das wurde ihr besonders zu Prozessbeginn klar.
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Da hatte sie zum Beispiel viel mit Schlafstörungen zu kämpfen.
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Auf Anraten ihrer Anwältin hatte sie sich damals bei der Traumaambulanz gemeldet
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und bis heute ist sie in Therapie.
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Das tut Ladina gut und hilft ihr zu verarbeiten.
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Heute kann sie wieder besser schlafen, sagt sie.
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Und auch was die Angst angeht, die sie früher täglich begleitet hat,
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hat sich inzwischen etwas getan.
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Die Angst in meinem Leben ist auf jeden Fall weniger geworden.
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Ich glaube, wenn man so sein Leben lang mit einer Angst lebt,
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kann man das nie ganz ablegen.
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Dunkelheit ist noch nie mein Freund gewesen und wird es auch nicht.
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Und ich kann zumindest mittlerweile in den Keller gehen, ohne dass ich Angst habe.
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Vorher konnte ich das nicht.
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Also ich habe es möglichst vermieden, alleine in den Keller zu gehen.
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Da ist es ja immer dunkel, ob Tag, ob Nacht und Geräusche.
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Wenn ich irgendwelche Geräusche gehört habe, das war nie gut.
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Und das klappt besser.
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Immer noch nicht gut.
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Und das aber so insgesamt würde ich schon meinen, dass ich gechillter geworden bin.
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Was ihre Tochter angeht, wird das Chillen und Loslassen aber noch eine Herausforderung für sie werden,
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Ich glaube, Ladina.
01:09:10
Also meine Tochter, die ist noch in dem Alter.
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Da ist sie nicht alleine unterwegs.
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Aber sollte es dann irgendwann soweit sein,
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da werde ich auch, glaube ich, sehr ängstlich sein.
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Weil man einfach, man weiß, es kann immer was passieren.
01:09:25
Aber wenn das in der eigenen Familie passiert ist, glaube ich, geht man mit dieser ganzen Sache nochmal anders um.
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Sonst ist das so, man malt sich das vielleicht aus, aber ich weiß ja, was passiert ist und was passieren kann.
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Und dementsprechend, glaube ich, schon wird es sehr schwer für mich, da loszulassen
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und meine Tochter auch mal gehen zu lassen.
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Also sie wird auf jeden Fall ordentlich aufgeklärt werden.
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Das ist sie auch jetzt schon.
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Dass halt einiges passieren kann, dass es böse Menschen gibt, die einfach Sachen machen, die nicht in Ordnung sind.
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Und sie wird da ordentlich sensibilisiert werden.
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Und ich werde immer für sie da sein und sie auch mitten in der Nacht sonst wo abholen.
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Es gibt Menschen, die schlimme Dinge tun.
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Und einer von ihnen war Mick.
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Er hat einem kleinen Mädchen die Mutter genommen und er wäre fast damit durchgekommen.
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Doch das kleine Mädchen ist heute eine starke Frau,
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die bewiesen hat, dass sie dem Mann gegenüber treten kann, der ihr Leben für immer verändert hat.
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Und die heute weiß, dass Angst ein ständiger Begleiter sein kann, aber dafür sorgen wird, dass die niemals Überhand nehmen wird.
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Und das finde ich wirklich so bemerkenswert, dass Ladina es geschafft hat, über diese Angst hinweg zu leben und ihr Leben auch zu genießen.
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Weil man muss sich ja mal vorstellen, wir wachsen schon damit auf, dass irgendwie vielleicht unsere Eltern uns einbläuen,
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ja, da kann was passieren und so und pass auf.
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Aber in ihrem Leben ist dieses Horrorszenario, was uns immer erzählt wird oder vor dem wir Angst haben, Wirklichkeit geworden.
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Ihr Vater hat ihr das natürlich logischerweise dann auch immer wieder gesagt, aber diese Frau war so mutig, dass sie sich diesem Prozess ausgesetzt hat und dem Mann gegenübergetreten ist, der für dieses Horrorszenario verantwortlich war.
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Also wie krass ist das?
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Ja, genau wie du sagst, sie ist ja in dem Moment nicht nur dem Mann gegenübergetreten, der ihre Mutter auf grausame Weise getötet hat,
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Sondern, ne, du trittst ja da in dem Moment auch der Person gegenüber, die dafür verantwortlich ist, dass du mit dieser Angst aufgewachsen bist, dass du auch, ne, ich hab das total nachvollziehen können, auch als sie gesagt hat, sie hatte teilweise Phasen, wo sie ja auch angenommen hat, dass der Täter was persönlich gegen ihre Mutter hatte, ist ja auch gar nicht so weit von der Hand zu weisen, wegen dieser Übertötung, die da stattgefunden hat.
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Und ich kann es total nachvollziehen, dass sie sagt, den gucke ich mir an und ich nehme mir jetzt in dem Moment auch diese Angst, indem ich all das, was ich mir über die Jahre im Kopf zusammengebraut habe, entmystifiziere und mir angucke, was das für ein Typ ist und wie der sich bewegt und wie der redet und stelle mich dem.
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Und der Fall zeigt halt auch wieder, wie wichtig diese rechtliche Aufarbeitung ist für die Angehörigen.
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Auch wenn das 35 Jahre zu spät kommt sozusagen, ja, und leider Petras Eltern und auch Fiete, ne, also Ladinas Vater, das jetzt nicht mehr mitbekommen haben,
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ist es ja für Ladina und ihre Verarbeitung so wichtig gewesen und es ist immer noch so wichtig, dass es diesen Abschluss gab und dass es dieses in Anführungszeichen Wiederherstellen der Gerechtigkeit jetzt am Ende gegeben hat und der Mann in Haft gekommen ist.
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Ja, und Gott sei Dank haben sie das Mordmerkmal festgestellt, weil als ich das erste Mal von dem Fall gehört habe und dann an der Stelle war, wo es hieß, ja, wenn kein Mordmerkmal festgestellt werden kann, dann können wir halt nicht verurteilen, ist mir echt alles aus dem Gesicht gefallen, weil es gibt ja diese Fälle.
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Und Gott sei Dank ist das jetzt keiner davon, das wäre wirklich nicht auszumalen gewesen.
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Es hat so lange keine Gerechtigkeit geben können, weil man eben nicht wusste, wer es ist.
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Und wenn das jetzt auch noch durch eine Verjährung so weitergegangen wäre, obwohl man weiß, wer es ist, grauenhaft, aber dazu ist es ja zum Glück nicht gekommen.
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Mir tut es halt so leid, dass der Vater diese Gerechtigkeit nicht mit erfahren hat, ja, weil ich meine, das ist die Ex-Partnerin gewesen, mit der man auch ein Kind zusammen hatte,
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mit der hat man ein Leben zusammen und die wird auf diese Art getötet und dann wird man auch noch selber teilweise dafür verdächtigt oder kritisch beäugt, ob man es vielleicht nicht selber war.
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Und Ladina hat uns ja auch erzählt, wie ihn das mitgenommen hat und beschäftigt hat über all die Jahre.
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Es tut mir einfach so wahnsinnig leid, dass der von dieser Welt gegangen ist, ohne diese Genugtuung, dass man jetzt weiß, wer es ist.
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Ja, ein großes Danke natürlich an Ladina, dass sie uns heute so einen Einblick gegeben hat und uns damit auch nochmal gezeigt hat, was so eine Geschichte auf ganz persönlicher Ebene mit den Beteiligten machen kann, was wir eben nie vergessen wollen.
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Genau. Und nächste Woche, Laura, bist du ja nicht mit dabei. Ich sage dir jetzt, was du dann hören kannst nächste Woche als Konsumentin.
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Und zwar geht es um einen sehr erschreckenden Fall und um ein Thema, das uns beide ja auch sehr umtreibt.
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Und die Folge wird den Titel tragen. Überdosis der Justiz.
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Und bis dahin bin ich dann auch hoffentlich wieder zu Hause. Drückt mir die Daumen.
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Ja, bitte komm zurück.
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Das war ein Podcast der Partner in Crime.
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Hosts und Produktionen Paulina Kraser und Laura Hohlers.
01:14:35
Redaktion Isabel Mayer und wir.
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Schnitt Pauline Korb.
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Rechtliche Abnahme und Beratung Abel und Kollegen.