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#200 Der verlorene schutzengel

Willkommen bei Mordlust, einem Podcast der Partner in Crime.
Wir reden hier über wahre Verbrechen und ihre Hintergründe.
Mein Name ist Paulina Kraser.
Und ich bin Laura Wohles.
In jeder Folge erzählen wir einen bedeutsamen, wahren Kriminalfall nach,
ordnen den für euch ein, erörtern und diskutieren die juristischen,
psychologischen oder gesellschaftlichen Aspekte.
Und wir sprechen mit Menschen mit Expertise.
Hier geht es um True Crime, also auch um die Schicksale von echten Menschen.
Bitte behaltet das immer im Hinterkopf.
Das machen wir auch, selbst dann, wenn wir zwischendurch mal etwas abschweifen.
Das ist für uns so eine Art Comic-Relief, aber natürlich nicht despektierlich gemeint.
Der Fall, den wir heute erzählen, der handelt von einer jungen Frau,
die True Crime Podcast liebte und nicht ahnte,
dass sie selbst einmal Opfer eines Kriminalfalls wird.
Vorher aber noch Folgendes.
Ich weiß nicht, ob es euch aufgefallen ist,
als ihr jetzt eben auf diese Folge geklickt habt.
Aber das ist unsere zweihundertste Folge.
Ja.
Wie fühlt sich das an, Paulina?
Alt.
Alt, so wie alles in meinem Leben, fühlt sich das an.
Ich meine, wir haben ja nie über diese Folgenanzahl gesprochen,
sondern wir haben immer gesagt, wie viele Jahre.
Ja.
Wir haben immer gesagt, fünf Jahre.
Ja.
Wenn ich das jetzt so neu denken müsste, wie viele Folgen meinen wir, machen wir?
Okay, ja, das ist eine gute Frage, weil jetzt haben wir 200 hinter uns.
Findest du nicht auch 200 ganz schön wenig für fast sieben Jahre?
Ja, aber wir haben ja am Anfang halt auch nur alle zwei Wochen rausgebracht.
Und ich finde, eigentlich sind 200 wenig.
Ich habe nämlich gerade gedacht, ja, wir machen tausend.
Aber das wäre ja auch nochmal eine lange Zeit.
Also wir planen nicht aufzuhören, ja.
Weil ich rieche schon Angstschweiß bis hierhin.
Also bisher ist der Plan open end, ja.
Also wir haben es so ein bisschen verschwitzt.
Bei uns ist es nämlich nicht so richtig vorher aufgefallen mit der 200.
Und wir haben jetzt nicht so richtig was vorbereitet, ja.
Ja.
Und deswegen haben wir gesagt, das machen wir, wenn wir sieben Jahre alt werden.
Das ist auch bald.
Das ist am 17.07.
Da werden wir sieben.
Und das ist auch dann die Folge, die vor der Sommerpause rauskommt.
Und da machen wir was.
Da haben wir jetzt gedacht, da machen wir vielleicht eine kleine Sonderfolge oder so.
Und dass wir da nicht wissen wollen, was da passieren wird.
Ja, also eigentlich machen wir das nicht.
Also wir nehmen diese Folge schon auf.
Aber vorbereiten soll das unser Team.
Genau.
Also normalerweise, und ich glaube, das macht diesen Podcast hier auch aus,
Das ist nicht unsere Stärke, spontan hier irgendwelche tollen Momente entstehen zu lassen.
Außer mal ab und an, wenn wir so miteinander reden.
Aber es geht natürlich immer darum, dass wir super vorbereitet sind.
Und dass wir hier alles so gut wie möglich über die Fälle wissen.
Und das wollen wir halt nicht machen.
Aber wie wir so sind, wir können das dann auch nicht loslassen.
Wir haben schon gedacht, wir können ein paar Ideen reingeben.
Das ist wieder typisch.
Erst hieß es so, ja, also wir wollen damit nichts zu tun haben.
Aber jetzt, wo es dann an die Planung geht, sind wir schon wieder so,
ah, vielleicht geben wir doch noch die eine oder andere Idee mit rein.
Ja, genau.
Und dann hatten wir gesagt, naja, vielleicht es könnte eine Fallerzählung sein,
von der wir nichts wissen.
Fragen vielleicht.
Aber das haben wir auch schon so oft gemacht.
Du hast gesagt, eine Idee wäre, wer hat was gesagt.
Ja.
Dass wir so Zitate vorlesen.
Und dann müssen wir erraten, wer das gesagt hat.
Und ich glaube, das kann witzig sein.
Aber auch irgendwie nur, wenn es so krasse Aussagen sind.
Also eine von uns hat zum Beispiel mal gesagt, ich lasse jetzt offen, wer.
Wenn man mehr als vier von was hat, dann hat das schon so einen Anschein von Verwahrlosung.
Also so mehr als vier Meerschweinchen oder mehr als vier Kinder.
Und das wäre dann ja witzig, wenn wir dann beide sagen, nee, also sowas, das würde ich
ja nie sagen.
Und dann kommt die Auflösung.
Wer hat es jetzt gesagt?
Ja.
Und gleichzeitig können die HörerInnen auch mitraten.
Oder sie wissen es vielleicht auch noch, weil sie gerade auch noch bei Folge 5 sind.
Genau.
Kann halt die Gefahr aber hoch sein, dass das am Ende nur für uns witzig ist.
Naja, also wir gucken mal.
Wir haben gesagt, kleine Sonderfolge.
Ich meine, kann ja sein, es super gut wird, wenn wir mal nicht unsere Finger da drin haben.
Ja.
Und wenn es schlecht wird, dann gucken wir erst mal.
Dann fragen wir erst mal bei Seven One, unserem Vermarkter, ob das unsere Statistik nach
unten ziehen würde, wenn da eine Folge bei ist, bei der die Leute nach drei Minuten ausschalten.
Und wenn das nicht so ist, dann kommt die raus.
Und wenn doch, dann hat sie nie gegeben.
Genau.
Vielleicht habt ihr ja auch Ideen, was in dieser Folge passieren soll, in dieser Wundertütenfolge.
Jetzt in den nächsten Tagen machen wir da einen Post auf Instagram.
Da könnt ihr drunter kommentieren.
Bitte nicht per privater Nachricht, weil das kann unser Team dann nicht lesen.
Ja, es ist quasi eine Wunderschultüte für unser siebenjähriges Podcast-Kind, was es ja jetzt ist
und was jetzt eben in die Schule geht.
So, jetzt fällt mir gerade ein, so ganz stimmt das natürlich nicht, dass wir gar nichts vorbereitet haben
für Folge 200.
Denn dieser Fall, der sollte ja unbedingt hier auf die 200.
Denn das ist ein aktueller Fall und er ist sehr besonders für uns.
Und in dessen Mittelpunkt stehen zwei Familien.
Was diese Familien eint, ist der Wunsch nach Gerechtigkeit für ihre Kinder.
Was sie trennt, ist, wie diese Gerechtigkeit herzustellen ist.
Paulina, wir fliegen ja schon ganz bald mit unserer Redaktion nach Mallorca für ein Arbeitsbootcamp,
aber ja auch für ein bisschen Spaß.
Poolmeisterschaft, sag ich da.
Ja, unter anderem.
Und ich hab mir gedacht, es wäre ja cool, eine Drohne mitzunehmen.
Ich hab immer so ein bisschen Angst.
Also ich würde die auf jeden Fall im Pool versenken.
Hast du schon mal mit einer Drohne gedreht?
Naja, nee, das waren ja immer nur die Kameramänner oder die Kamerafrauen, die das bedient haben.
Aber ich fand's immer so cool und ich fand auch, es sah nicht so schwer aus.
Ich hab früher auf jeden Fall gerne diese Elektroautos gehabt mit der Fernbedienung, weißt du?
Aber das Ding ist bei Drohnen natürlich, anders als bei den Autos, die man fernsteuern kann, dass die schon eher teuer sind.
Also zu teuer dafür, dass ich da auf Mallorca jetzt einmal zum Spaß ein Drohnenvideo von der Natur oder von uns machen will.
Aber da ist mir unser heutiger Werbepartner eingefallen, bei Grover kann ich ja einfach eine Drohne ausleihen.
Ich hätte noch einen Wunsch, wenn du eh eine Drohne ausleihst, kannst du dann einen Beamer ausleihen, weil ich hab so ein paar Filme auf meiner Liste, die wir da abends zusammen gucken können.
Das finde ich gut.
Bei Grover kann man ja ganz viele verschiedene technische Geräte ausleihen.
Also ob es jetzt Beamer, Drohne, Laptop, Kamera oder sonst was ist.
Und zwar ganz ohne Anzahlung oder Kaution.
Und zwar so lang, wie man die eben benötigt.
Falls wir euch jetzt damit auf Ideen bringen und ihr ganz dringend, so wie wir, eine Kamera oder einen Beamer braucht, keine Panik.
Grover liefert innerhalb von drei Werktagen direkt bis zu euch nach Hause.
Und falls mir das Drohnenfliegen dann entgegen aller Erwartungen so richtig, richtig viel Spaß macht und ich das dann irgendwie zu Hause weiterführen möchte,
dann kann ich die Drohne auch behalten.
Denn wenn die Mietdauer vorbei ist, kann man die Sachen ganz einfach weitermieten, wenn man die nicht zurückschicken will.
Oder gegen was Neues tauschen.
Oder wenn man will, eben auch kaufen.
Und ihr müsst euch keine Gedanken machen, wenn mal was kaputt geht, weil Grover Care ist ja immer inklusive.
Grover reduziert übrigens gerade seine Preise.
Viele Produkte sind da aktuell mehr als 20 Prozent günstiger.
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Und mit dem Code Mordlust40, also M-O-R-D-L-U-S-T und dann 40, die 4 und die 0,
spart ihr 40 Euro auf den ersten Mietmonat ab einer Mietdauer von mindestens sechs Monaten.
Das ist gültig für alle Produkte.
Und alle Infos findet ihr auch nochmal, wie immer, in unserer Folgenbeschreibung.
Einige Namen haben wir geändert.
Der Kamin knistert, draußen prasseln Regentropfen an die Fensterscheiben und drinnen in einem gemütlichen Wohnzimmer
wärmen sich zwei beste Freundinnen Anfang Oktober 2022 ihre Hände an dampfenden Teetassen auf.
Nebenher läuft der Fernseher.
Hanna und Natalia sehen Frodo, Sam, Pippin und Merizu, wie sie im zweiten Teil der Herr-der-Ringe-Trilogie,
Die zwei Türme, waghalsige Abenteuer, zusammen erleben.
Sie selbst sitzen währenddessen eingekuschelt in Decken auf dem Sofa in Hannas Elternhaus im bayerischen Chiemgau.
Wie die Hobbits sind auch Hanna und Natalia Teil einer Viererklicke.
Ihre Mädels Steffi und Steffs gehören noch dazu, aber die beiden sind gerade nicht in der Heimat.
Denn inzwischen leben sie alle in unterschiedlichen Städten.
Natalia zum Beispiel arbeitet in Österreich und die 23-jährige Hanna studiert Medizin in der Stadt Cluj in Rumänien.
Deshalb sehen sie sich heute seltener als früher, aber ihre Freundschaft ist noch immer genauso eng wie damals.
Wann immer sie beide in der Heimat der 6000-Seelen-Gemeinde Aschau sind, treffen sie sich und quatschen.
So wie heute bei Hanna zu Hause.
Und ein bisschen so wie Frodo war auch Hanna mit dem hellbraunen Haar und charismatischen Lächeln den ganzen Sommer in ihren Semesterferien auf Reisen.
Dementsprechend viel hat sie zu erzählen.
Gemeinsam lassen die Freundinnen ihren zweiwöchigen Urlaub nach Frankreich im Sommer Revue passieren.
Und dann erzählt Hanna noch von ihrem Spontantritt nach Griechenland und von ihrem Ausflug auf die Wiesen kürzlich.
Hanna war schon immer super aktiv, immer unterwegs, überall hat sie Freundinnen.
Auch in der Schule war es immer Hanna, die ihre vierköpfige Mädelsklicke zusammengehalten und animiert hat, gemeinsam Dinge zu erleben.
Hauptsache raus aus dem Alltag und stattdessen ins Schwimmbad oder an die Beachbar am Kiemensee.
Wenn eine von ihnen keine Lust hat, dann sagt Hanna noch heute, bitte, bitte, bitte.
So lange, bis ihre Freundinnen doch dabei sind.
Hannas Begeisterung ist einfach ansteckend.
Eine ihrer neuesten Entdeckungen sind True-Crime-Podcasts.
Voller Enthusiasmus berichtet sie von Fällen, die sie am liebsten allein in der Sauna hört.
Sie rätselt so gerne mit und will verstehen, was in den Köpfen der TäterInnen vorgeht.
Hanna hat so lange davon erzählt, dass nun auch Natalia hooked ist.
Von ihren liebsten Formaten wollen die beiden keine Folge mehr verpassen.
Und dazu gehört auch Mordlust.
Es gibt also genug zu bereden an diesem Sonntag, den 2. Oktober 2022 und die Freundinnen quatschen stundenlang.
Denn sobald werden sie sich nicht wiedersehen.
In zwei Tagen geht Hannas Flug zurück nach Rumänien.
Heute Abend hätten sie noch die Möglichkeit, zusammen zu feiern.
Denn im Eiskeller, dem einzigen Club in ihrer Heimat Aschau, steigt heute eine große Party.
Viele bekannte Gesichter werden da sein.
Hanna freut sich schon seit Tagen darauf.
Natalia hingegen kommt nicht mit.
Sie arbeitet mittlerweile in Österreich und dort ist morgen kein Feiertag.
Deshalb will sie heute an einem Sonntag nicht ausgehen.
Ausnahmsweise kann daran nicht mal Hannas Bitte, Bitte, Bitte rütteln.
Und so pausieren die besten Freundinnen den zweiten Teil von Herr der Ringe irgendwann
und verabschieden sich am frühen Abend voneinander.
Wann sie den Film zu Ende schauen oder sich das nächste Mal sehen werden, wissen sie noch nicht.
Aber spätestens in zwei Wochen werden sie sich wieder hören.
Denn da wird Hanna ihren 24. Geburtstag feiern.
Am heutigen Abend feiert Hanna aber erstmal im Eiskeller.
Kaum angekommen, bahnt sie sich ihren Weg durch den dichten Innenraum,
in dem die Menschen eng gedrängt stehen.
Viele Partygäste kennt Hanna und über die meisten kann sie hinwegsehen,
denn mit ihren fast 1,90 Meter überragt sie viele ihrer Freundinnen mühelos.
Hanna trägt heute eine schwarze Schlaghose in Lederoptik mit einem Reißverschluss an der Hüfte,
die ihre sportliche Figur betont.
Und ein leicht transparentes T-Shirt, unter dem ihr schwarzes Bustier aufblitzt.
Um ihren Hals liegt ihr liebstes Schmuckstück.
Eine feine, goldene Kette mit einem kleinen Schutzengel-Anhänger.
Jetzt, wo sie beginnt zu tanzen, folgt der zarte Engel jeder Bewegung,
schwingt im Takt mit Hannas Körper.
Ein leuchtender Akzent im flackernden Licht.
So ziehen die Stunden an der Studentin vorbei.
Hanna hat Spaß, sie fahrt ausgelassen und sie trinkt, bis sie den Alkohol spüren kann.
Erst um zwei Uhr nachts hat sie genug von den wummernden Bessen.
Sie will jetzt nach Hause, ins warme, weiche Bett.
Also verabschiedet sie sich von ihren Freundinnen und holt an der Garderobe ihre schwarze Lederjacke,
die sie überstreift.
Dann tritt sie vor die Tür auf den Parkplatz des Clubs.
Draußen ist es dunkel, es nieselt und sie bemerkt, dass der Reißverschluss ihrer Hose auf der Tanzfläche gerissen ist.
Sie muss sie festhalten, damit sie nicht runterrutscht.
Immerhin sind es nur knapp 900 Meter, etwa 10 Minuten Fußweg zu ihr nach Hause.
Hanna will gerade los, da begegnet sie auf dem Parkplatz ihrem Nachbarn Felix.
Er will auch nach Hause, sagt er.
Sie verabreden, zusammenzugehen, wie sie es schon oft gemacht haben.
Aber Felix will nochmal kurz in den Club, er muss pinkeln.
Hanna wartet draußen auf ihn.
Eine Minute, zwei, mittlerweile ist es fast halb drei nachts.
Nach fünf Minuten beschließt Hanna einfach alleine loszugehen.
Über den Parkplatz zur Kampenwandstraße, die einmal quer durch den Ort führt.
Auch an einem Hotel vorbei, in dem eine Frau nur wenige Minuten später einen angsterfüllten Schrei hört.
Am nächsten Morgen, am 3. Oktober, der Tag der Deutschen Einheit, ist Hannas warmes, weiches Bett zu Hause leer.
Für ihre Eltern ist das aber erstmal kein Grund zur Sorge.
Immerhin ist Hanna erwachsen und sie schläft oft unangekündigt bei Freundinnen, wenn sie am Abend aus war.
Zum Beispiel bei einer Freundin namens Franzi, die gestern auch im Eiskeller war.
Also gehen ihre Eltern am Vormittag an der Prien, einem nahen gelegenen Fluss, spazieren.
Erst am Nachmittag, als ihre Mutter noch immer nichts von Hanna gehört hat, fragt sie sich schließlich, ob alles okay ist.
Hört sie, bist du bei der Franzi?
Tippt sie gegen 16 Uhr in ihr Handy ein und schickt die Nachricht an Hanna ab.
Doch statt wie sonst zwei erscheint diesmal nur ein kleiner Haken auf WhatsApp, was Hannas Mutter besorgt.
Am liebsten würde sie nun Hannas Freundinnen schreiben und sich nach ihrer Tochter erkundigen.
Aber sie muss an das eine Mal denken, als Hanna während eines Praktikums in einer Arztpraxis nicht wie sonst zum Mittagessen heimkam.
Damals hat ihre Mutter vor Sorge Hannas Freundinnen angeschrieben.
Und das war Hanna schrecklich peinlich.
Mama, es muss doch nicht immer das Schlimmste passiert sein, hat Hanna damals vorwurfsvoll gesagt.
Sie hatte einfach nur Stress auf der Arbeit, nichts weiter.
Also versucht Hannas Mutter auch jetzt, sich zu beruhigen.
Einige Stunden lang schafft sie das, dann greift sie schließlich doch zum Hörer und telefoniert Hannas Freundinnen ab.
Sie will wissen, ob jemand was von Hanna gehört hat.
Aber die Antwort ist immer dieselbe.
Nein.
Gegen 23 Uhr am Abend des 3. Oktober, als ihre Tochter seit mehr als 24 Stunden nicht mehr zu Hause war,
geben Hannas Eltern telefonisch eine Vermisstenanzeige bei der Polizei auf.
Und es dauert keine Viertelstunde, da steht schon eine Beamtin vor ihrer Haustür.
Die Frau sieht betroffen aus.
Und sie hat eine kleine Plastiktüte dabei, deren Inhalt Hannas Eltern kennen.
Es ist eine dezente goldene Halskette mit einem Schutzengel daran.
Hannas Schutzengel, der sie wortwörtlich verlassen hat.
Die Nachricht, die die Polizistin neben der Halskette überbringen muss, ist grauenvoll.
Der Körper ihrer Tochter wurde am Nachmittag von einem Spaziergänger leblos in der Prien gefunden,
erklärt die Polizistin.
Derselbe Fluss, an dem Hannas Eltern am Morgen spazieren waren.
Es scheint, als wäre Hanna in der Nacht ertrunken und vom Wasserfluss abwärts getragen worden.
Ihre Leiche wurde am Flussufer zwölf Kilometer entfernt von Aschau gefunden, sagt die Polizistin.
Und zerschmettert damit die Welt von Hannas Eltern in tausend Stücke.
Ihre Tochter ist tot.
Sie wird nie wieder heimkommen.
Nie wieder lebendig.
Die Gewissheit reißt ihnen ein Loch in die Brust, genau da, wo ihr Herz war.
Und dann sagt die Polizistin noch etwas.
Nach ersten polizeilichen Erkenntnissen könne man ein Fremdverschulden nicht ausschließen.
Und damit steht für Hannas Eltern fest, dass diesmal wirklich das Schlimmste passiert ist.
Das Schlimmste, was sie sich jemals hätten vorstellen können.
Während Hannas Eltern den Schutzengel ihrer Tochter an sich nehmen und versuchen zu begreifen,
dass ihr Leben nie wieder dasselbe sein wird, wird Hannas Leiche noch in der Nacht in die
Rechtsmedizin nach München überführt.
Der Anblick, der sich den ForensikerInnen bietet, ist verstörend.
Ihr Körper weist mehrere schwere Verletzungen auf.
Hanna ist nur noch spärlich bekleidet.
Sie trägt lediglich ihre Schuhe und Socken, ein String, ein Bustier und das transparente
Shirt, das sie beim Feiern anhatte.
Ihre Lederjacke und ihre Handtasche mitsamt Inhalt fehlen.
Genau wie ihre Schlaghose.
Die Untersuchung der Rechtsmedizin bringt zahlreiche Auffälligkeiten zutage.
Der Körper ist übersät mit Hämatomen und Bollen.
Vor allem am Rücken und an den Oberarmen finden sich deutliche Einblutungen.
Besonders sticht eine seltene Verletzung ins Auge.
Beide Schulterdächer, also die Knochen, die über die Schultergelenke ragen, sind symmetrisch
gebrochen.
Eine Fraktur dieser Art entsteht normalerweise nur, wenn mit enormer Kraft gleichmäßig auf
beide Schultern eingewirkt wird, zum Beispiel durch einen Sturz aus großer Höhe auf den
Rücken.
Noch erschütternder sind fünf Riss-Quetsch-Wunden am Kopf, die auffallend gleichförmig sind und
stark geblutet haben.
Das Blut hat Hannas Haare verklebt, die durch das reißende Wasser des Flusses verfilzt
sind.
In der Rechtsmedizin nimmt man an, dass viele der Verletzungen vom Treiben im reißenden
Wasser stammen.
Möglich ist aber auch, dass Hanna schon vorher angegriffen wurde, notieren die ForensikerInnen
im Obduktionsbericht.
Und sie stellen eine Vermutung auf, was passiert sein könnte.
Nämlich, dass Hanna von hinten angesprungen, zu Boden geworfen und dann attackiert wurde.
Wahrscheinlich mit einem harten Gegenstand, zum Beispiel einem Stein.
Ein solcher käme jedenfalls als Tatwaffe für die fünf Kopfverletzungen in Frage.
Danach könnte der Angreifer sie ins Wasser geworfen haben, wo sie schließlich ertrunken
ist.
Für die Kripo bedeutet das, sie ermittelt jetzt offiziell wegen eines möglichen Tötungsdelikts.
Die Soko Club, der fast 60 PolizistInnen angehören, wird gebildet.
Und es dauert nicht lange, bis sich erste Spuren ergeben.
Infoaufnahmen vom Vorplatz des Eiskellers zeigen, wie Hanna gegen 2.28 Uhr vom Club weggeht.
Sie zieht ihre Hose, deren Reißverschluss nicht mehr hält, nach oben und läuft dann zielstrebig
über den Parkplatz auf die Kampenbahnstraße zu, die durch den Ort führt.
Danach gibt es kein Bildmaterial mehr, auf dem Hanna zu sehen ist.
Dafür berichtet aber eine Frau, die in einem Hotel an der Kampenbahnstraße nur wenige
hundert Meter entfernt vom Eiskeller nächtigte, dass sie gegen 2.30 Uhr den lauten Schrei einer
Frau gehört hat.
Gesehen hat sie nichts, aber das Hotel liegt auf Hannas Heimweg und es steht exakt an der
Stelle, an der die Kampenbahnstraße über den kleinen Bärbach führt, der in den Fluss
Prien mündet.
An normalen Tagen ist der Bärbach nur wenige Zentimeter tief, mehr Rinnensal als Bach.
Sonntagnacht, als Hanna gestorben ist, war er aber vom starken Regen angeschwollen.
2,30 Meter breit und etwa 1,40 Meter tief.
Es ist also gut möglich, dass Hanna dort hineingefallen ist oder geworfen wurde und dass
das Wasser sie von hier bis in die Prien getragen hat.
Als die Polizei daraufhin das Ufer des Bärbachs untersucht, findet sie tatsächlich eine Männeruhr.
Vielleicht hat sie der Täter verloren.
Gleichzeitig berichten mehrere Partygäste aus dem Eiskeller der Soko, dass sie gegen 2.30 Uhr, also genau als Hanna losgelaufen ist, einen Jogger mit Stirnlampe an der Disco gesehen haben.
Weil das so eine ungewöhnliche Zeit für eine Joggingrunde ist, haben sich viele der Feiernden diese Sichtung gemerkt.
Oberste Priorität hat jetzt den Läufer und den Besitzer der Uhr zu finden.
Vielleicht hat einer der beiden Hanna gesehen, vielleicht handelt es sich sogar um dieselbe Person.
Hannas Eltern und ihre Freundinnen bekommen von den Ermittlungsergebnissen nur am Rande mit.
Viel allgegenwärtiger sind der Schockzustand und die Trauer, die auf ihnen liegt, wie eine dunkle, schwere Decke, die sie nicht von sich streifen können.
Keiner von ihnen kann begreifen, dass Hanna nicht mehr da ist, dass sie nicht mehr heimkommen, nie ihren 24. Geburtstag feiern und nie ihr Medizinstudium abschließen wird.
Hanna ist tot.
Sie wurde einfach aus dem Leben gerissen und das Leben in Aschau ist nicht mehr dasselbe.
Zumindest nicht für die, die Hanna nahe standen.
Was Hannas Freundin Natalia in dieser dunklen Zeit Halt gibt, ist ihre Mädelsklicke aus der Schule.
Hanna war immer diejenige, die sie zusammengebracht hat.
Und das tut sie auch jetzt noch.
Denn das nächste Mal, als Natalia ihre anderen zwei Freundinnen Steffi und Steff sieht, stehen sie gemeinsam im Bestattungsinstitut.
An Hannas Sarg.
Sie wollen zu dritt Abschied nehmen von ihrer besten Freundin.
Von Hanna, die nie eine Gelegenheit ausgelassen hat, das Beste und das Schönste aus ihrer aller Leben herauszuholen.
Der Gedanke ist einerseits tröstend, andererseits macht er Natalia traurig.
Aber sie weiß eines.
Hanna hätte nicht gewollt, dass sie in bodenloser Trauer versinken.
Sie hätte gewollt, dass sie tanzen und lachen und dass sie ihr mit einer Party gedenken.
Und genau das machen die drei Freundinnen jetzt.
Sie schalten die nervige Dudelmusik aus, die in dem Raum im Bestattungsinstitut, in dem Hannas Sarg aufgebahrt wird, läuft und machen stattdessen ihre Playlist an.
Sie hören die Filmmusik von Herr der Ringe und Harry Potter, Hannas Lieblingsfilmen, die sie sich immer und immer wieder angesehen hat.
Und sie tanzen dazu, kippen den einen oder den anderen Schnaps.
Sie lachen über die Jahre, die sie mit Hanna hatten und sie weinen um all die Zeit, die ihnen nun verwehrt bleibt.
Die Soko Club arbeitet währenddessen auf Hochtouren daran, aufzuklären, was in der Nacht auf den 3. Oktober mit Hanna passiert ist.
Doch eine der heißesten Spuren läuft nach ausgiebiger Ermittlung ins Leere.
Es stellt sich heraus, dass die Armbanduhr, die am Bärbach gefunden wurde, einem Wanderer gehört, der sich schon vor einiger Zeit dort verloren hat.
Er sei damals zum Bach gegangen, weil er mal musste und sei hineingefallen, sagt der Mann.
Dabei habe er seine Uhr verloren.
Das kann die Polizei zwar nicht überprüfen, aber immerhin hat der Zeuge für die Nacht in der Hanna-Stab ein Alibi.
Die Uhr hat also nichts mit ihrem Tod zu tun und die Spurensuche geht weiter.
Fündig wird die Soko einige Wochen nach Hannas Tod im Wasser.
Am Grund des Bärbachs wird einer von Hannas Ringen gefunden.
Und einige Meter weiter, wo der Bach bereits in die Prien fließt, fischen die Ermittler in schließlich ihre schwarze Handtasche, ihre Lederjacke und die kaputte Hose aus dem Fluss.
Die Hose ist auf links gedreht, so als hätte sie ihr jemand von den Beinen gezogen.
Sonst kann die Soko an den Kleidungsstücken keine Spuren oder Besonderheiten feststellen.
Und von Hannas Handy fehlt weiterhin jede Spur.
Genau wie von dem Jogger, der in der Nacht am Eiskeller gesehen wurde.
Wer ist der Mann und darum war er weit nach Mitternacht noch joggen, fragen sich die Beamtinnen.
Die Soko startet schließlich zweieinhalb Wochen nach Hannas Tod einen Aufruf in der Lokalpresse.
ZeugInnen, die was über den Jogger sagen können, sollen sich melden.
Schon am nächsten Tag, noch vor sieben Uhr am Morgen, meldet sich eine Frau, die alle Antworten auf ihre Fragen kennt.
Der gesuchte Mann sei ihr Sohn Sebastian, sagt die Anruferin.
Der 20-Jährige trainiere gerade für einen Halbmarathon und gehe häufig zu ungewöhnlichen Uhrzeiten joggen.
Manchmal steige er sogar mit seiner Stirnlampe im Dunkeln die Berge hinauf, um sich frühmorgens den Sonnenaufgang von oben anzusehen.
Sebastian wird daraufhin von der Soko als Zeuge vorgeladen, wo der junge Mann am nächsten Tag pünktlich auftaucht.
Er ist klein, etwa 1,67 groß und schlank, hat braunes Haar, dünne Lippen und große dunkle Augen.
Und Sebastian ist zurückhaltend. Das notieren die Polizeibeamtinnen, die ihn befragen, aber sehr bemüht.
Er hat seine Joggingkleidung und die Stirnlampe mitgebracht, die er in der Nacht getragen hat.
Und er zeichnet auf einer Karte, die ihm die Polizei vorlegt, die Laufroute ein, die er in der Nacht vom 2. auf den 3. Oktober zurückgelegt haben will.
Sie ist etwa 5 Kilometer lang und führt gegen Ende am Eiskeller vorbei.
Überprüfen kann die Soko seinen Weg aber nicht. Sein Handy und seinen Fitness-Tracker, deren GPS-Daten man hätte auslesen können, habe er nicht dabei gehabt, sagt der Zeuge.
Warum er so spät noch laufen war, fragt man ihn.
Er habe nicht schlafen können, antwortet Sebastian.
Ob ihm in dieser Nacht etwas Besonderes aufgefallen sei, wollen die Beamtinnen dann wissen.
Sebastian verneint.
Er sei Hannah nicht begegnet und er kenne sie auch gar nicht.
Nicht mal vom Sehen, gibt der 20-Jährige an.
Dabei liegen ihre Elternhäuser nur 600 Meter voneinander entfernt.
Die Befragung dauert etwa eine Stunde.
Zum Schluss macht die Polizei einen Mundhöhlenabstrich und fotografiert Sebastian zwölfmal in unterschiedlichen Lichtverhältnissen.
Dann darf er nach Hause gehen.
Zumindest vorerst.
Drei Wochen später wird der junge Mann erneut als Zeuge vernommen.
Diesmal fragt die Soko Sebastian, wie er von Hannas Tod erfahren habe.
Seine Mutter habe ihm davon erzählt, sagt er.
Und später habe er in der Lokalpresse einen Artikel darüber gelesen.
Und beim Lesen des Artikels, was habe er sich da gedacht, was mit Hannah passiert sei?
Fragt eine Polizeibeamtin Sebastian.
Er wisse nicht, wie er das jetzt sagen solle, antwortet Sebastian kleinlaut.
Er zögert jetzt viel und überlegt, bevor er weiterspricht.
Dann sagt er, dass er sich vorstellen könne, dass jemand Hannah im Auto mitgenommen habe und dass sie wieder aussteigen wollte.
Vielleicht habe sie dieser Unbekannte zu etwas zwingen wollen.
Vielleicht habe er ihr auch, Zitat, irgendwas draufgehauen oder so.
Was könnte er ihr denn draufgehauen haben?
Fragt die Polizistin weiter.
Und Sebastian antwortet zögerlich.
Irgendwas im Auto, was da drin war oder auch schon außerhalb vielleicht irgendein Stein oder so.
Es ist das, was Sebastian hier sagt, was in der Polizeiakte später als Täterwissen eingestuft wird.
Denn auch die Rechtsmedizin hat im Obduktionsbericht einen Stein als mögliche Tatwaffe benannt.
Jemand könnte Hannah mit einem Stein die tiefen Kopfverletzungen zugefügt haben, wegen derer sie bewusstlos wurde, heißt es da.
Und dass Sebastian jetzt auch von einem Stein spricht, kann in den Augen der Soko kein Zufall sein.
Also wollen sie sich in seinem Umfeld umhören und laden als nächstes seine beste Freundin vor, mit der er sich laut eigener Aussage am Tag nach der Tat getroffen hat.
Jule ist 21 Jahre alt und sie erzählt ausführlich, dass sie am Abend des 3. Oktober, am Tag nach Hannas Tod, mit Sebastian spazieren war.
Laut Jule habe Sebastian sie dabei gefragt, ob sie schon wisse, dass da beim Eiskeller eine Frau umgebracht und vorher missbraucht worden sei.
Jule sagt, sie habe nichts davon gewusst.
Konnte sie auch nicht, weil Hannah zu dem Zeitpunkt erst vor kurzem entdeckt worden war.
Und genau deshalb werden die ErmittlerInnen, die Jule gegenüber sitzen, jetzt hellhörig.
Denn wenn es stimmt, was sie sagt, dann hat Sebastian vor allen anderen von Hannas Tod gewusst.
Und er sich selbst im Gespräch mit seiner besten Freundin verraten.
Und so klicken kurze Zeit später die Handschellen.
Am 18. November, sechseinhalb Wochen nach Hannas Tod, wird Sebastian wegen Mordverdachts festgenommen.
Die Nachricht von der Festnahme spricht sich in der 6.000-Seelen-Gemeinde Aschau natürlich schnell herum.
Viele im Ort kennen Sebastian, zumindest vom Sehen.
Er ist Mitglied einer großen Familie, die hier in Aschau stark verwurzelt ist.
Seine Eltern, Schwestern, Großeltern, Tanten und Cousinen wohnen allesamt in mehreren Häusern, die dicht beieinander stehen.
Der Vater ist Gymnasiallehrer, die Mutter ursprünglich Augenoptikerin, betreut Kinder mit Behinderung.
Sebastian, ihr einziger Sohn, gilt als entwicklungsverzögert.
Außerdem hat man vor Jahren bei ihm ADHS und eine Sprachstörung diagnostiziert.
Noch heute ist Sebastian enorm schüchtern und als Einzelgänger bekannt.
Nach seinem Hauptschulabschluss hat er eine Ausbildung zum Anlagenmechaniker angefangen,
der er bis zu seiner Verhaftung nachging.
Seine Arbeitskolleginnen erinnern sich allerdings, dass sich Sebastian nach dem Tag der Deutschen Einheit,
also nach Hannas Tod, für zwei Tage bei der Arbeit krank gemeldet hat.
Das ist zwar kein Beweis für seine Täterschaft, die Krankmeldung macht ihn aber auch nicht weniger verdächtig.
Genau wie das, was die ErmittlerInnen der Soko finden, als sie sein Handy näher unter die Lupe nehmen.
Sebastians Suchverlauf offenbart unzählige Aufrufe von Pornowebseiten.
Das allein ist für einen 20-Jährigen jetzt nicht unbedingt ungewöhnlich.
Was aber auffällig und für die Polizei alarmierend ist, ist, dass Sebastian eine Vorliebe für bestimmte Videos hat.
Nämlich solche, die Gewalt gegen Frauen verherrlichen.
Ich bin da ehrlicherweise so ein bisschen drüber gestolpert, weil kann ich schon verstehen, dass die Polizei, also dass das sozusagen ins Bild passt.
Aber es ist natürlich ein relativ schwaches Indiz, finde ich.
Wenn du dir die Pornolandschaft anschaust, dann ist die ja voll von Erniedrigungsthematiken und Vergewaltigungspornos.
Jetzt wissen wir nicht, wie viel Gewicht sie dem geben.
Was hier aber heraussticht, ist eben die Konsummenge.
Weil wir hier gerade von unzähligen Aufrufen gesprochen haben.
Mit unzählig meinen wir am 27.09.412 Aufrufe, am 28.31, am 29.451, am 30.229.
Das ist natürlich eine Unmenge.
Ja, wenn es eben so viele sind, dann ist es ja wirklich alarmierend.
Genau, wir haben keine medizinische Expertise.
Aber so würde ich immer denken, so sieht der Verlauf aus von jemandem, der ein problematisches Konsumverhalten an den Tag legt.
Die Tat war ja in der Nacht vom 2. auf den 3. Oktober.
Wie viele Pornos er an diesem Tag geschaut hat, wissen wir nicht.
Dafür gibt es offenbar keine Angaben.
Aber was auffällt ist, dass es danach offenbar durchgehend im einstelligen Bereich war.
Also deutlich weniger, also deutlich, deutlich weniger als an den Tagen davor, ja.
Deutlich, deutlich weniger.
Und dann auch mal zwei Wochen kein einziger Aufruf.
Und dann hat es sich langsam wieder gesteigert, bis Sebastian Ende Oktober wieder im dreistelligen Bereich war.
Und wir haben ja auch schon mal in anderen Folgen über generell Medienkonsum gesprochen
und ob ein bestimmter Konsum Menschen zu TäterInnen machen kann.
Zum Beispiel bei Horrorfilmen oder Gewaltdarstellungen in Filmen.
Und da kommt man ja dann immer wieder irgendwie zu dem Konsens, dass man das natürlich nicht so sagen kann.
Aber dass die Beschäftigung mit Gewalt und mit solchen Filmen und mit solchen Szenen,
die schon in ihrem Denken und in ihrem Handeln beeinflussen kann.
Ja, natürlich macht Pornokonsum sehr viel mit Menschen.
Vor allem bei dem Ausmaß.
Aber da geht es ja auch noch um andere Dinge wie Abstumpfen und Kontrollverlust.
Aber halten wir fest, so eine Vorliebe allein ist nicht bedenklich.
Die Masse an Konsum ist aber deutlich außerhalb des normalen Konsumverhaltens.
Ja, und was noch interessant ist, am 30. September, also nur drei Tage vor Hannas Tod,
hat Sebastian ein Video angeschaut, in dem ein junges Mädchen von einem maskierten Täter überfallen,
stranguliert und vergewaltigt wird.
Für die Polizei wirft das Video im Zusammenhang mit den Ermittlungen nun die Frage auf,
ob Sebastian eben auch Vergewaltigungsfantasien hatte
und ob er die womöglich in der Nacht in die Tat umsetzen wollte.
Das wäre nämlich ein Motiv, schussfolgert die Soko.
Für ein Sexualverbrechen spricht, dass Hanna ohne Hose im Fluss gefunden wurde.
Es wäre möglich, dass der Täter ihr die Hose noch an Land ausgezogen und sie anschließend in die Prien geworfen hat.
Anzeichen einer Vergewaltigung lassen sich an Hannas Leiche zwar keine finden
und auch keine DNA von Sebastian, die könnte das Wasser aber auch weggewaschen haben.
Die ErmittlerInnen hoffen deshalb, dass sie bei einer Durchsuchung von Sebastians Sachen
Beweise für einen Kontakt zwischen ihm und Hanna finden.
Ein Haar oder eine Hautschuppe der Toten zum Beispiel.
Oder ihr Handy, das nach wie vor fehlt.
Deshalb wird Sebastians Zimmer zu Hause auf den Kopf gestellt.
Sogar den Spind an seinem Arbeitsplatz untersucht die Soko.
Aber sie findet nichts.
Nichts, was beweisen könnte, dass Hanna und Sebastian je Kontakt hatten.
Auch einen Tatort können die Beamtinnen nicht bestimmen.
Der Tatverdacht der Soko beruht also weiterhin vor allem auf dem Fakt,
dass Sebastian offenbar schon einen Tag vor der Öffentlichkeit wusste,
dass in der Nacht eine junge Frau gestorben war.
Das hatte ja zunächst seine beste Freundin Jule ausgesagt.
Sie meint, dass Sebastian ihr bei einem Spaziergang zu zweit davon erzählt hat.
Im Laufe der Ermittlungen wird aber auch Jules Schwester Kerstin befragt.
Und die bestätigt zwar wie Jule, dass Sebastian schon am 3. Oktober von einem Mord in Aschau wusste.
Also vor allen anderen.
Sie erzählt aber von einer ganz anderen Situation.
Laut Kerstin seien sie, Jule, Sebastian und ein anderer Kumpel am 3. Oktober,
nämlich am Chiemensee Tischtennis spielen gewesen.
Und auf dem Weg zurück zum Auto habe Sebastian ihnen allen erzählt, dass in Aschau eine Frau getötet wurde.
Sie seien alle schockiert gewesen, sagt Kerstin.
Und als sie später im Internet danach gesucht habe, habe sie nichts dazu gefunden.
Logisch, weil Hannas Leiche da gerade erst geborgen worden war.
Wie es zu dem Widerspruch zwischen den Aussagen der Schwestern kommt,
also ob der Spaziergang vielleicht vor dem Tischtennis stattgefunden hat
oder ob sich eine von ihnen in der Zeit irrt, kann die Polizei bei der Befragung von Kerstin nicht klären.
Stattdessen hat Kerstin aber noch etwas anderes Interessantes über Sebastian zu sagen.
Er habe nämlich auf ihre Schwester Jule gestanden, erzählt sie.
Einmal, als sie zu dritt im Auto gesessen haben, Jule und Sebastian vorne und Kerstin auf dem Rücksitz,
habe sie gesehen, wie er ihrer Schwester mit der Hand über den Oberschenkel gestreichelt habe.
Jule habe das nicht gewollt.
Sie habe ihm mehrfach gesagt, dass er das lassen solle.
Sebastian habe trotzdem nicht aufgehört, bis sie, Kerstin, von hinten seine Hand weggeschlagen habe.
Und schließlich, in einer späteren Befragung, erzählt Kerstin noch etwas.
Sie spricht von einem Abend im November 2022, etwas mehr als einen Monat nach Hannas Tod.
Sebastian sei da schon zweimal von der Polizei befragt worden.
Ihre Schwester Jule habe am selben Tag zum ersten Mal bei der Polizei ausgesagt
und abends hätten sie eine kleine Hausparty veranstaltet.
Neben ihrer Schwester Jule sei auch ihre Mutter sowie Sebastian und ein gemeinsamer Freund da gewesen.
Sie hätten in der Küche gesessen, Alkohol getrunken und sich unterhalten.
Irgendwann sei man am Tisch auch auf Hanna zu sprechen gekommen.
Und da habe Sebastian, der an dem Abend eher ruhig und bedrückt wirkte, plötzlich aus dem Nichts gesagt,
ja, ich war's, ich hab sie umgebracht.
Kerstins Mutter habe daraufhin gesagt, dass er sich einen Anwalt nehmen solle.
Das bestätigt die Mutter, die nach Kerstin befragt wird bei der Polizei.
Sie habe die Aussage von Sebastian auch gehört.
Weiter habe man nicht darüber gesprochen.
Aber Sebastian habe danach angefangen, sich stark zu betrinken, was er sonst nie tue.
Er habe sich sogar vom Alkohol übergeben müssen.
Schließlich habe er bei ihnen geschlafen, sagen sowohl Kerstin als auch ihre Mutter.
Am nächsten Tag sei er dann festgenommen worden.
Hannas Familie war bis jetzt in der Annahme, dass es sich beim Tod ihrer Tochter vielleicht auch um einen tragischen Unfall gehandelt haben könnte.
Hannas Mutter hat sich einfach nicht vorstellen können, dass hier bei ihnen im beschaulichen und friedlichen Dorf Aschau ein so grausames Verbrechen geschehen ist.
Ein Verbrechen, dem ihre eigene Tochter zum Opfer fiel.
Aber jetzt, nach Sebastians Festnahme, sieht sie das anders.
Hannas Eltern haben inzwischen Teile des Obduktionsberichts gelesen.
Sie wissen jetzt, wie schwer Hanna verletzt war.
All die Hämatome, die gebrochenen Schulterdächer und die fünf Wunden am Kopf.
Jede einzelne Verletzung war wie ein Stich in ihre Herzen.
Und jede einzelne Verletzung beweist in ihren Augen, jemand muss Hanna angegriffen haben.
Jemand wollte ihr wehtun, jemand hat sie mutwillig getötet.
Davon sind Hannas Eltern überzeugt.
Und mit dieser Überzeugung zieht eine bittere Kälte in ihr Leben.
Neben der Trauer, die seit Monaten anhält, nüsst sich nun auch Wut in ihrer Brust ein.
Hanna, die sie großgezogen, über alles geliebt und beschützt haben, wurde ihnen genommen.
Hannas Geburtstag müssen ihre Eltern und ihr Bruder ohne sie feiern.
Im Dezember 2022 stehen die Weihnachtsfeiertage an, bei denen Hanna ihnen schrecklich fehlt.
Ihre gute Laune und ihr Lachen, das sie so lieben.
Der Winter ist lang und kalt.
Und im Frühjahr 2023, als der Schnee schmilzt, kommt mitsamt der grünen Wiesen im Chiemgau noch etwas anderes zum Vorschein.
Ein Handy.
Hannas Handy.
Die Polizei war bis jetzt auf der Suche danach.
Und nach mehreren erfolglosen Tauchgängen findet man es jetzt doch am Grund der Prien.
Möglich ist, dass das Handy monatelang vom Geröll verdeckt war und erst jetzt durch die Strömung freigelegt wurde.
Besser jetzt als nie finden Hannas Eltern.
Sie erhoffen sich neue Erkenntnisse daraus.
Doch das, was die Polizei auf dem Mobiltelefon findet, macht die Wunde, die sie in ihren Herzen tragen, nur noch tiefer.
Hanna hat in der Nacht, in der sie starb, die Nummer gewählt, die sie als Notfallkontakt eingespeichert hatte, nämlich den Festnetzanschluss ihrer Eltern.
Um 2.32 Uhr, etwa zu der Tatzeit, von der die Polizei bisher auch ausgeht, hat sie über die Schnellwahlfunktion auf ihrem gesperrten Handybildschirm versucht, eine Verbindung in ihr nur einige hundert Meter entferntes Zuhause aufzubauen.
Vergeblich.
Der Anruf ist nie aufgebaut worden.
Wahrscheinlich wegen eines technischen Fehlers oder weil sie kein Guthaben mehr auf ihrer Prepaid-Karte hatte.
Genau kann man das aber nicht nachvollziehen.
Aber allein das Wissen darüber, dass Hanna versucht hat, Hilfe zu rufen, erschüttert ihre Eltern bis ins Mark.
Wie gern wären sie in der Nacht aufgesprungen, um ihrer Tochter zu helfen.
Hätten sie Hanna retten können, wenn der Anruf sie erreicht hätte?
Diese Frage wird nun für immer unbeantwortet in der Luft hängen.
Umso mehr erhoffen sich Hannas Eltern nun eine Antwort darauf, ob es tatsächlich Sebastian war,
wegen dem ihre Tochter in den offenbar letzten Minuten ihres Lebens den Anruf abgesetzt hat.
Hat er sie überfallen?
Und wenn ja, warum?
Was ging in seinem Kopf vor?
Früher hat sich Hanna Fragen wie diese gestellt, wenn sie True-Crime-Podcast gehört hat.
Niemals hätte sie sich ausmeilen können, dass ihre Mutter einmal dieselben Fragen haben wird
und dass Hanna selbst das Opfer eines Kriminalfalles ist, dennoch gelöst werden muss.
Im Mai 2023, im selben Monat, an dem Hannas Handy gefunden wird, erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage wegen heimtürkischen Mordes gegen Sebastian.
Und nochmal fünf Monate später, im Oktober 2023, beginnt der Prozess gegen ihn vor dem Landgericht Traunstein.
Der holzvertefelte Gerichtssaal ist bis auf den letzten Platz gefüllt.
Viele von Hannas FreundInnen sind gekommen, auch um Hannas Eltern beizustehen, die ganz vorne Platz genommen haben und die Nebenklage antreten.
Sie halten sich an den Händen, als Sebastian, mittlerweile 21 Jahre alt, in Handschellen und Fußfesseln hereingeführt wird.
Wahrscheinlich sind sie ihm früher schon mehrmals an Aschau begegnet, ohne es zu wissen.
Seit Hannas Tod haben sie einige wenige Bilder von ihm gesehen.
Doch heute stehen sie ihm zum ersten Mal bewusst gegenüber.
Sein aschblondes Haar trägt er ordentlich zur Seite gekämmt, an den Füßen Turnschuhe,
dazu eine dunkelgraue Hose und ein dunkelblaues Kurzarmhemd, das seine muskulösen Oberarme betont.
Er wirkt kräftiger als auf den Fotos, hat deutlich zugenommen.
Kaum etwas erinnert noch an den schmalen jungen Mann, der er einmal war.
Der Vorwurf hingegen hat sich nicht verändert.
Laut der Anklage, die der Staatsanwalt am ersten Prozesstag vorliest,
soll Sebastian Hanna in der Nacht vom 2. auf den 3. Oktober 2022 zufällig beim Joggen begegnet sein.
Er sei zuvor sexuell frustriert gewesen, weil er immer nur Körbe von Mädchen gekriegt habe.
Das macht die Staatsanwaltschaft an den Aussagen fest,
die er gegenüber der Polizei selbst getätigt hat.
Als er dann in der Nacht Hanna sah, die allein unterwegs war,
habe er laut der Anklage seine Chance gewittert und kurzerhand entschieden, sie zu vergewaltigen.
Er sei von hinten auf sie gesprungen und habe sie beuchlings zu Boden gebracht.
Sie habe den Schrei ausgestoßen, den dann die Frau im Hotel in der Nähe gehört hat.
Sebastian habe dann in einem dynamischen Geschehen und mit grober Gewalt zuerst auf ihren Rücken und ihre Oberarme eingewirkt.
Wie genau ist der Staatsanwaltschaft noch immer ein Rätsel?
Schließlich soll Sebastian aber auf ihren Kopf eingeschlagen haben, vermutlich eben mit einem Stein.
Sicher kann die Staatsanwaltschaft das weiterhin nicht sagen, die Tatwaffe ist bis heute unauffindbar.
Anschließend habe Sebastian der bewusstlosen Hanna die Hose und die Jacke ausgezogen, glaubt die Staatsanwaltschaft.
Dann habe er sich doch gegen eine Vergewaltigung entschieden und Hanna stattdessen bewusstlos in den neun Grad kalten Bärbach geworfen, wo sie ertrunken ist.
Eine Erklärung dafür, warum Sebastian Hanna letztlich mutmaßlich doch nicht missbraucht hat, konnte die Staatsanwaltschaft bisher nicht in Erfahrung bringen.
Und der Einzige, der Stellung dazu beziehen könnte, der Angeklagte selbst schweigt.
Sebastian hat seit seiner Festnahme vor elf Monaten nichts mehr zu den Tatvorwürfen gesagt.
Und seine zwei Verteidiger geben zum Prozessstart an, dass ihr Mandant sich auch vor Gericht nicht äußern will.
Sie betonen noch einmal, was Sebastian selbst schon bei der Polizei gesagt hatte.
Damit startet ein Indizienprozess, für den zunächst 27 Verhandlungstage vor einer Jugendkammer des Landgerichts Traunstein angesetzt sind.
Indizienprozesse sind ja immer irgendwie besonders spannend, weil es halt eben darauf ankommt, ob am Ende diese Indizienkette für eine Verurteilung ausreicht.
Für diese Tat hier, die Sebastian vorgeworfen wird, gibt es keine objektiven Beweise.
Also keine Zeuginnen, keine DNA-Spuren, keine Tatwaffe und nicht mal einen Tatort, den man mit Sicherheit bestimmen kann.
Aktuell geht die Polizei davon aus, dass Hanna in der Nähe dieses Hotels überfallen wurde, weil ja die Zeugin da einen Schrei gehört und Hannas Handy dort die letzten genauen GPS-Daten gesendet hat.
Danach sind die Daten ungenau, weil sich das Telefon schon im Wasser befunden haben muss.
Wo sich die Tat genau zugetragen hat, weiß aber niemand.
Was die Staatsanwaltschaft gegen Sebastian in der Hand hat, ist einerseits, dass er in der Nacht in der Umgebung des Eiskellers Joggen war,
außerdem, dass er von jungen Frauen frustriert war und dass er offenbar schon vor allen anderen in Aschau über Hannas Ableben Bescheid wusste.
So hatte es ja seine beste Freundin Jule bei der Polizei erzählt.
Nur wegen ihrer Aussage, die Sebastian Täterwissen unterstellt hat, wurde der Angeklagte verhaftet und vor Gericht ist sie jetzt die Hauptbelastungszeugin.
Doch als Jule schließlich Platz nimmt, bricht ihre Aussage Stück für Stück in sich zusammen.
Bei ihrer ersten Befragung durch das Gericht bricht Jule in Tränen aus.
Die Vernehmung muss abgebrochen werden.
Beim zweiten Mal erklärt Jule dann, dass sie sich nicht mehr so sicher sei, ob ihr Sebastian am 3. Oktober, dem Feiertag,
und bei einer erneuten Befragung macht die 21-Jährige schließlich von ihrem Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 der Strafprozessordnung Gebrauch.
Ein Recht, mit dem Zeug in den Aussagen verweigern können, wenn sie sich damit selbst in Schwierigkeiten bringen würden.
Jule hat offenbar Angst, sich mit einer Falschaussage strafbar zu machen.
Deshalb scheidet sie als Zeugin vom Prozess aus.
Daraufhin führt man jetzt die Auswertung ihres Handys in den Prozess ein.
Und darauf finden sich Sprachnachrichten, die Jules ursprüngliche Aussage bei der Polizei,
die wegen der Sebastian verhaftet wurde, komplett hinfällig machen.
Denn als Jule damals nach ihrer ersten Aussage das Polizeipräsidium verlassen hat,
verschickte sie Sprachnachrichten an ihre Mutter und an einen Freund,
in denen sie ganz aufgebracht sagt, dass sie sich im Datum geirrt hat.
Wortwörtlich sagt Jule,
mir ist gerade aufgefallen, ich habe der Polizei gerade einen Schmarrn erzählt,
weil ich habe nicht mehr genau gewusst, welches Datum das war.
Und dann später,
es war nicht am dritten, wo wir uns getroffen haben, sondern am fünften.
Sie wiederholt das mehrfach und schickt sogar eine Nachricht an Sebastian,
in der sie auch ihm beichtet, dass sie sich, Zitat,
verplappert hat.
Dann bittet sie ihn, dass er, wenn er das nächste Mal Kontakt mit der Polizei habe,
doch Bescheid sagen soll, dass sie sich im Datum vertan hat.
Und da könnte man im ersten Moment ja denken,
hallo, was ist hier eigentlich los?
Wieso geht Jule nicht einfach zurück zur Polizei und klärt das selber auf?
Aber da ist vielleicht wichtig zu wissen,
dass auch Jule geistig eingeschränkt ist.
Also genau wie ihr Freund Sebastian, den sie von der Förderschule her kennt.
Genau, jetzt könnte man aber natürlich sagen,
also sie hat ja ihrer Mutter diese Sprachnachricht geschickt,
dass sie was Falsches gesagt hat.
Ja.
Da hätte die Mutter sich an die Polizei wenden können.
Aber bei der Mutter sind eh auch ein paar Sachen komisch.
Denn die Mutter hat ja angegeben, dass sie bei der Hausparty das so verstanden hat,
dass Sebastian einen Mord gestanden hat.
Ja.
Wenn das denn wirklich so war und wenn sie ernsthaft davon ausgegangen ist,
dass er da ein Geständnis abgelegt hat,
warum ist sie denn dann nicht da zur Polizei gegangen?
Das ist ja auch mehr als merkwürdig.
Ja.
Ja, und sie muss es ja ernst genommen haben,
weil sie ihm ja geraten hat, sich einen Anwalt zu holen.
Also so oder so, die Aussage von Jule, der Hauptbelastungszeugin, ist damit hinfällig.
Denn am 5. Oktober, zwei Tage nach Hannas Tod, wusste bereits jeder in Aschau Bescheid.
Was also bleibt, ist die Aussage von Jules jüngerer Schwester Kerstin,
die ebenfalls angegeben hatte, sich am 3. Oktober mit Sebastian getroffen zu haben.
Einmal jetzt ganz kurz zur Einordnung.
Kerstin hatte bei der Polizei ja gesagt, dass sie am 3. Oktober mit Sebastian,
aber auch mit Jule und noch einem anderen Kumpel am Chiemensee Tischtennis spielen war
und dass Sebastian dabei gesagt hatte, dass in Aschau eine Frau ermordet wurde.
So, und mit diesem Tischtennisausflug hat sich die Soko auch viel beschäftigt
und diesen Kumpel gefragt, der mit dabei war.
Aber dabei sind dann nur noch mehr Widersprüche aufgekommen.
Kerstin sagt zum Beispiel, dass sie sich sicher sei, dass das am 3. Oktober war,
weil der Kumpel nur da Zeit hatte.
Der Kumpel sagt aber stattdessen, dass er zwar mal mit Kerstin Jule und Sebastian Tischtennis spielen war,
sich aber nicht mehr sicher ist, ob das wirklich am 3. Oktober war.
Und daran, dass Sebastian da über einen Mord gesprochen hat, erinnert er sich auch nicht.
Also die Umstände dieses Treffens sind jetzt im Prozess nach monatelanger Ermittlung weiterhin unklar.
So, Zeugin Kerstin bleibt aber vor Gericht dabei bei besagtem Tischtennisausflug am 3. Oktober.
Auf dem Rückweg zum Auto habe Sebastian ihnen allen vom Mord in Aschau erzählt.
Klammer auf, obwohl Hannas Leiche zu dem Zeitpunkt gerade ja erst geborgen worden war.
Klammer zu.
Und jetzt wird Kerstin aber damit konfrontiert, dass der Kumpel, der bei dem Ausflug dabei war,
bei der Polizei angegeben hat, dass er nichts dergleichen gehört habe.
Und daraufhin rudert sie dann zurück.
Sie sagt, der Kumpel habe eineinhalb Meter entfernt gestanden.
Sie sei davon ausgegangen, dass er das gehört habe.
Mit Sicherheit wüsste sie das heute aber nicht mehr.
Das widerspricht aber ihrer Aussage, die sie vor einem Jahr bei der Polizei gemacht hat.
Da hatte sie nämlich gesagt, dass sie alle über den Mord schockiert gewesen seien.
Was ja einschließen würde, dass alle die Aussage gehört haben.
Jetzt vor Gericht sagt sie stattdessen, dass sie sich heute nicht mehr daran erinnern kann.
Vielleicht sei das auch nur ihre Schlussfolgerung gewesen, weil sie schockiert war.
Aber sie bleibt dabei, ihr habe Sebastian am Feiertag, als eigentlich noch niemand davon wusste,
mit Sicherheit von einem Mord in Aschau erzählt.
Als es dann in der Befragung um die Hausparty am 17. November 2022,
eineinhalb Monate nach Hannas Tod und nur einen Tag vor Sebastians Verhaftung geht,
berichtet Kerstin erneut, dass Sebastian damals gesagt habe,
ja, ich war's. Ich habe sie umgebracht.
Auch ihre Mutter bestätigt ihre Aussage vor Gericht später wieder.
Beide geben außerdem an, dass Sebastian, als er das gesagt hat, noch nicht betrunken gewesen sei,
sondern erst später am Abend.
Und dass er auf sie schon länger bedrückt und weniger lustig als sonst gewirkt habe.
Die Aussagen von Mutter und Tochter zu dem Abend sind also kohärent und schlüssig
und Kerstin darf schließlich nach einer dreistündigen Befragung den Gerichtssaal verlassen.
Also, Stand jetzt ist Jule, die wichtigste Zeugin im Prozess,
die als erste angegeben hatte, dass Sebastian ihr am 3. Oktober schon von Hannas Tod erzählt habe,
überraschend weggebrochen.
Und auch das Täterwissen, das Sebastian beim Tischtennisspielen offenbart haben soll,
also, dass er schon vor der Öffentlichkeit von einer Leiche gewusst haben will,
steht auf wackeligen Beinen, weil es eben nur eine Person gehört haben will.
Und weil Jules Aussage ja vor Gericht geplatzt ist und deswegen auch nicht ins Urteil eingeflossen ist,
können wir nicht sagen, ob und was Jule zu dieser Tischplattennummer gesagt hat.
Das sind zwei zentrale Indizien, auf die die Staatsanwaltschaft ihre Anklage gestützt hat,
die jetzt fehlen.
In der Gesamtschau wird die Indizienkette also brüchiger.
Und deshalb bekommt die Aussage auf der Hausparty,
die die Staatsanwaltschaft als Geständnis wertet,
also das
Ja, ich war's, ich hab's hier umgebracht,
nun umso mehr Gewicht.
Aber auch dieses mutmaßliche Geständnis
gerät im Laufe des Prozesses ins Wangen.
Nämlich, als der einzige Zeuge,
der neben Sebastian,
den Schwestern Jule und Kerstin
und ihrer Mutter an dem Abend dabei war, aussagt.
Dieser Kumpel sagt zwar auch,
dass ihm Sebastian damals bedrückt vorgekommen sei,
aber diese heikle Aussage seines Freundes
hat er völlig anders verstanden.
Zum einen habe Sebastian nicht gesagt,
Ja, ich war's, ich hab's hier umgebracht,
sondern
Ich bin der Mörder von Aschau.
Und zum anderen habe er gleich hinterher geschoben,
dass er das jetzt nur sage,
weil er keinen Bock mehr auf den ganzen Druck habe,
der auf ihm lasste.
Welchen Druck Sebastian meinte,
sei dem Zeugen nicht ganz klar gewesen.
Weil zu der Zeit war Sebastian ja nur Zeuge,
kein Tatverdächtiger.
Festgenommen wurde er ja erst am nächsten Tag.
Der Kumpel sei davon ausgegangen,
dass Sebastian sich selbst Druck gemacht habe.
Versteht, dass dieser Kumpel
die Aussage überhaupt nicht ernst genommen hat,
weil er Sebastian, laut eigener Aussage,
die Tat nicht zugetraut habe.
Es hat ja im Anschluss auch niemand die Polizei gerufen.
Der Kumpel und Sebastian
haben sogar bei den Schwestern zu Hause geschlafen
und sind erst am Morgen nach Hause gefahren,
wo Sebastian dann verhaftet wurde.
Die Aussage seines Kumpels
spielt Sebastians Verteidigung vor Gericht
natürlich in die Karten
und sie lässt seine Familie,
die genau wie Hannas Familie
fast jeden Tag im Gerichtssaal sitzt,
aufatmen.
Denn sie ist von Sebastians Unschuld überzeugt.
Allen voran seine Mutter,
die sich damals nach Hannas Tod
ja sogar freiwillig bei der Polizei gemeldet hat,
um mitzuteilen,
dass es sich bei dem gesuchten Jogger
um ihren Sohn handelt.
Damals habe sie gedacht,
dass man sich doch melden müsste,
wenn die Soko Mithilfe bitte,
sagt sie der Presse.
Heute bereue sie den Anruf.
Sie sei naiv gewesen.
Auch deshalb will Sebastians Mutter
jetzt alles daran setzen,
die Unschuld ihres Sohnes zu beweisen
und beauftragt,
während der Prozess schon einige Wochen läuft,
eine zusätzliche Strafverteidigerin
für Sebastian.
Und zwar die Anwältin Regina Rick.
Von der haben wir hier im Podcast
ja schon mehrfach gehört.
Regina Rick hat nämlich unter anderem
Manfred Genditzki verteidigt,
der, wir erinnern uns,
2012 wegen des sogenannten
Badewannenmordes
zur lebenslange Haft verurteilt wurde.
Da haben wir in Folge 52 drüber gesprochen.
Da war es nämlich so,
dass Regina Rick für Genditzki
eine Wiederaufnahme des Verfahrens
erwirken konnte.
Und im neuen Prozess im Jahr 2023
kam dann schließlich heraus,
dass der Badewannenmord
gar kein Mord war,
sondern ein Unfall.
Und deswegen wurde Genditzki
dann ja auch freigesprochen,
nachdem er, sage und schreibe,
13 Jahre lang unschuldig
im Gefängnis gesessen hatte.
Die Strafverteidigerin
ist mit dem Fall in der Presse
sehr bekannt geworden
und Sebastians Mutter
will sie jetzt auch
an der Seite ihres Sohnes wissen.
Als sie zum Prozess dazu stößt,
läuft der schon mehrere Wochen.
Regina Rick war entsetzt,
als sie die Polizeiakten
zum ersten Mal gelesen hat.
Vor allem deshalb,
weil Sebastian zweimal
als Zeuge befragt wurde
obwohl Rick in den
Vernehmungsprotokollen
insbesondere von der zweiten
Befragung klare Anzeichen
dafür sieht,
dass er damals längst
Tatverdächtiger war.
Dafür spricht lauter Anwältin
unter anderem der unfreundliche Ton,
den die Beamtinnen
ihm gegenüber an den Tag legen.
Außerdem ist mehrfach notiert,
dass Sebastian
Denkpausen einlegt,
dass er seinen Kopf
in seine Hände stürzt
und offenbar nicht weiß,
was er sagen soll.
Die Vernehmenden
zeigen dafür wenig Verständnis.
Was sind sie denn
so nachdenklich?
Fragen sie grob,
obwohl sie wissen,
dass Sebastian
intellektuell unterlegen ist.
Dann wollen sie wissen,
welchen Mädchentyp
Sebastian bevorzugt,
was, wenn er ja nur
Zeuge wäre,
gar nichts zur Sache täte.
Und dann soll er plötzlich
spekulieren,
wie Hannah umgebracht
worden sein könnte,
woraufhin Sebastian
zunächst nicht weiß,
was er sagen soll
und dann nach mehreren
Nachfragen von Seiten
der Polizei schließlich sagt,
dass er sich vorstellen könnte,
dass sie mit einem Stein
bewusstlos geschlagen
worden sein könnte.
Die Ermittelnden
verbuchen das als Täterwissen.
Dabei wirkt
Sebastians Antwort
laut Regina Rick
mehr wie der ehrliche Versuch
eines überforderten Zeugen,
dem Fragenhagel
der Polizei standzuhalten.
Zumal er als Zeuge
ja alle Fragen beantworten muss.
Als Tatverdächtiger
hätte er die Aussage
verweigern können.
Darüber hätte er dann
aber belehrt werden müssen
und man hätte ihm
die Möglichkeit gewähren müssen,
einen Rechtsbeistand
zu kontaktieren.
Ist aber alles nicht passiert,
weil er ja als Zeuge
vernommen wurde.
Zusätzlich
kommt Rick die Sache
mit dem Handy seltsam vor,
das ihr Mandant
bei seiner Laufrunde
nicht dabei hatte.
Um 2.42 Uhr,
also etwa 10 Minuten
nach der Tat,
hat jemand darauf nachweislich
das Strategiespiel
Clash of Clans gespielt.
Ist es realistisch,
dass Sebastian
die junge Frau
bewusstlos geschlagen,
ihren Körper
in den Baerbach geworfen
und etwas mehr
als 600 Meter
nach Hause gelaufen ist,
nur um dann sofort
ein Handyspiel zu zocken?
Regina Rick
hält das für unrealistisch.
Mehr noch,
sie hält Sebastian
für unschuldig
und glaubt,
dass sich ihr Mandant
und Hannah
in der verhängnisvollen
Nacht nie begegnet sind.
Kannst du das nachvollziehen,
Laura,
mit dem Spiel,
dass das unrealistisch ist?
Also,
als jemand,
der gar keine Handyspiele spielt,
ist es schwer nachzuvollziehen,
dass jemand,
der jetzt gerade
vielleicht jemanden
umgebracht hat,
direkt zum Handy greift
und dann so ein Spiel spielt.
Aber es soll ja auch Leute geben,
die sowas als Beruhigung machen,
weißt du,
so Handyspiele spielen.
Ich mache das nur zur Beruhigung.
Also ich habe ja leider,
ich weiß auch gar nicht,
wie das wieder dazu gekommen ist,
ich habe irgendwann wieder angefangen,
Candy Crush zu spielen.
Das mache ich zum Glück
überhaupt nicht exzessiv,
aber wenn,
dann nur,
um mich runterzubringen.
Also gerade,
wenn ich mich aufrege
oder nervös bin
oder unter Druck,
dann mache ich das.
Aber ich habe natürlich
überhaupt keine Ahnung,
wie man sich nach einer Tat
verhalten würde.
Ja,
und man muss ja schon sagen,
diese circa zehn Minuten,
das ist ja eine ganz kleine Zeitspanne nur.
wenn der Schrei von Hannah
um 2.30 Uhr vernommen worden ist
und er um 2.42 Uhr dann schon spielt,
also schon zu Hause ist,
sich das Handy irgendwie geholt hat,
sich wahrscheinlich hingesetzt hat
und spielt.
Ich verstehe die Verteidigung da,
dass sie Zweifel seht,
weil es schon einfach aufgrund
dieser kurzen Zeitspanne
ein bisschen merkwürdig ist.
Ja,
verstehe ich.
Aus Transparenzgründen
müssen wir hier vielleicht auch einmal sagen,
also das Handy wurde auch mal
von mehreren Familienmitgliedern genutzt.
Am 3. Oktober,
am Tag nach Hannas Tod,
wurde darauf zum Beispiel
ein Strickvideo abgespielt
und da geht das Gericht jetzt eben davon aus,
dass es nicht Sebastian war,
der sich das angeschaut hat
und deshalb hat die Kammer
auch in Frage gestellt,
ob es denn wirklich Sebastian war,
der in der Nacht
Clash of Clans gespielt hat.
Seine Anwältin sagt aber klar,
ja,
das war er,
er sei nämlich der Einzige
aus der Familie,
der überhaupt Clash of Clans
gespielt habe
und der in der Nacht
überhaupt wach war.
Vor Gericht
vertritt die Strafverteidigerin
eine andere Theorie,
was in der Nacht,
in der Hannah gestorben ist,
passiert sein könnte.
Eine,
die bei vielen ProzessbeobachterInnen
auf Unverständnis
und zum Teil
auch auf Verärgerung stößt.
Denn Regina Rick
stellt in den Raum,
dass Hannas Tod
doch nur ein tragischer Unfall war.
Sie hält es für möglich,
dass Hannah
auf dem Nachhauseweg
am Ufer des Bärbachs
pinkeln wollte
und dabei ins Wasser
gefallen ist.
Im reißenden Bach
habe sie es nicht geschafft,
wieder herauszuklettern
und sei ertrunken.
Die Verletzungen
seien erst nach ihrem Tod
beim Treiben im Wasser
hinzugekommen,
weil sie an Steinen
oder anderen Hindernissen
hängen geblieben sei,
mutmaßt die Verteidigerin.
Und um ihre These
zu untermauern,
hat sie Hannas Obduktionsbericht
mitsamt der Bilder
ihrer Verletzungen
an einen renommierten
Rechtsmediziner aus Hamburg
weitergegeben,
der ihr bestätigt habe,
dass es sich bei Hannas Wunden
durchaus um sogenannte
Treibverletzungen
Handeln könne.
Woran er das festmacht,
könnte der Experte
vor Gericht erklären.
Regina Rick
stellt einen Antrag,
ihn als Sachverständigen
zu hören,
um ihre Unfalltheorie
zu stärken
und ihren Mandanten
zu entlasten.
Aber das Gericht
lehnt ihren Antrag ab.
Man verweist auf
einen anderen
Rechtsmediziner,
den das Gericht
bereits beauftragt hat.
Außerdem möchte
die Kammer noch
einen anderen Experten
hören,
einen Hydromechaniker
von der Universität
der Bundeswehr
in München.
Er soll den
Prozessbeteiligten
erklären,
wie Kräfte
in einem Fluss wirken
und ob es möglich sei,
dass Hannah im Wasser
so schwer verletzt wurde.
Dafür hat der Experte
nicht nur den
Obduktionsbericht gelesen,
mit der Hilfe von
Drohnenaufnahmen hat er
auch den Flussverlauf
genau studiert.
Zusätzlich ist er die
betreffende Strecke
zweimal abgelaufen
und letztlich kommen
sowohl der Hydromechaniker
als auch der vom Gericht
beauftragte
Rechtsmediziner
zu einem gänzlich
anderen Schluss
als Regina Rick.
Beide halten es
für äußerst
unwahrscheinlich,
dass sich Hannah
all ihre schweren
Verletzungen
allein im Wasser
zugezogen haben soll.
Gerade die fünf
Kopfverletzungen
waren in ihrer Tiefe
und Form
alle auffallend gleich
und alle müssen
laut der Rechtsmedizin
mit einem Gegenstand
entstanden sein,
der etwa im 90-Grad-Winkel
auf Hannas Kopf
eingewirkt hat.
Würde man davon ausgehen,
dass die Wunden
erst im Fluss
entstanden sind,
da müssten sie also
von ein und demselben
Hindernis stammen,
schlussfolgert der
Hydromechaniker.
Und das hält er
für ausgeschlossen,
dass eine treibende
Person in den
Studeln der Prien
mehrfach an
ein und demselben
Stein aufprallt,
das kann nicht sein.
Stattdessen wirkten
dort sogenannte
Scherkräfte,
also Kräfte,
die entstehen,
wenn ein Körper
an etwas
vorbeigezogen wird.
Dabei komme es
typischerweise
zu oberflächlichen
Schürfwunden,
aber eben nicht
zu den tiefen
Riss-Quetsch-Verletzungen,
wie sie bei Hannah
festgestellt wurden.
Außerdem habe in der
Nacht Hochwasser
geherrscht und je höher
der Wasserstand,
desto geringer
die Verletzungsgefahr,
sagt der Sachverständige.
Weil ein Körper
oben schwimmt und bei
Hochwasser der Abstand
zum Grund, also auch
zu den Steinen, an denen
man sich verletzen könnte,
größer ist.
Was ihn zusätzlich
stutzig macht, ist
Hannas Kleidung.
Die Kunstlederhose und
die Lederjacke fehlten,
aber Schuhe und
Unterwäsche hatte
sie noch an.
Für den Experten ist
das ein starkes Indiz
gegen einen Unfall.
Dass die Schlaghose
vollständig vom Wasser
abgestreift wird,
hält der Experte
für beinahe unmöglich.
Und auch, dass
Hannah vom Wasser
aus ihre Eltern
angerufen habe,
wie von der Verteidigung
behauptet, kann er nicht glauben.
Schon bei einem Wasserstand
von 80 Zentimetern
sei das Stehen im Bach
wegen des Gerölls
und der Strömung
extrem schwierig.
In der Nacht
sei das Wasser
1,40 Meter hoch gewesen.
Hannah habe sich
deshalb mit hoher
Wahrscheinlichkeit
nicht mehr daran halten können,
selbst wenn sie
noch bei Bewusstsein war.
Und dass sie unter
diesen Bedingungen
zwei gezielte Tasten
drücken konnte,
um einen Anruf
abzusetzen,
kann sich der Gutachter
bei bestem Willen
nicht vorstellen.
Wenn dann,
müsste sie versucht haben,
an Land zu schwimmen
oder sich an irgendetwas
festzuhalten.
In letzterem Szenario
wären vermutlich aber
Kratzer an ihren Händen
entstanden.
Doch Hannahs Hände
waren völlig unverletzt.
Ein weiteres Indiz dafür,
dass sie bereits
bewusstlos war,
als sie ins Wasser fiel.
Von der Unfalltheorie,
mit der die Verteidigung
den Angeklagten
entlasten wollte,
bleibt nach den Ausführungen
des Sachverständigen
also nicht viel übrig.
Trotzdem versucht Regina Rick
weitere Zweifel zu sehen.
Etwa mit einem Beweisantrag,
der klären soll,
ob Hannas Anruf
womöglich versehentlich
im Wasser ausgelöst
worden sein könnte.
Zum Beispiel durch
den Kontakt ihres Handys
mit Pflanzen
oder sogar durch
Wassertropfen.
Doch das Gericht
lehnt auch diesen
Antrag ab
und gibt die Frage
der Verteidigung
stattdessen an den
Hydromechaniker weiter.
Und der widerspricht
klar.
Das sei auch
unmöglich,
sagt er.
Pflanzen,
die einen Notruf
absetzen
und Steine im Fluss,
die Hannah beide
Schulterdächer
symmetrisch brechen,
Im Gerichtssaal
fällt es
Hannas Eltern schwer,
sich die in ihren Augen
abstrusen Theorien
der Verteidigung
anzuhören.
Natürlich wollen sie
in erster Linie,
dass die Wahrheit
über den Tod
ihrer Tochter
ans Licht kommt
und nicht,
dass ein Unschuldiger
dafür ins Gefängnis
geht.
Trotzdem halten sie
die Unfalltheorie,
die Regina Rick
in den Raum stellt,
für einen Schmarrn,
wie man auf
bayerisch sagen würde.
Ein Unsinn,
der ihre Tochter
zu einem Gegenstand
degradiert,
so formuliert es
ihr Anwalt
in einer Pressemitteilung.
Hannas Eltern
kritisieren öffentlich,
dass die Verteidigerin
Darstellungsshow veranstaltet
und dass Hanna,
der einzigartige Mensch,
der sie war
und das Leid,
das noch immer
das Leben ihrer Eltern
bestimmt,
im Prozess keine Rolle
mehr spielt,
seit Regina Rick
mitmischt.
Ändern können sie
an der Strategie
der Verteidigung
natürlich nichts.
Sie müssen Prozestage
wie diese
über sich ergehen lassen,
auch wenn sie ihnen
die letzte Kraft,
die sie noch haben,
aus den Knochen ziehen.
Nachmittags,
wenn Hannas Mutter
und ihr Vater
vom Gericht in Traunstein
nach Hause kommen,
fallen sie meist
erschöpft ins Bett.
Sie fühlen sich
ausgelaugt und leer
und sie vermissen
Hanna schrecklich.
Neben der Belastung
des Prozesses
sind ihre Tage
noch immer von Trauer
gefüllt.
Eine Trauer,
die auch ihr Berufsleben
aus der Bahn geworfen hat.
Hannas Mutter,
die früher selbstständig
als Schneiderin
arbeitete,
hat seit dem Tod
ihrer Tochter
keinen Auftrag
mehr angenommen.
Ihr Vater hat versucht,
an seinen Bürojob
zurückzukehren,
musste aber
nach eineinhalb Wochen
abbrechen.
Er erträgt es nicht mehr,
unter so vielen Menschen
zu sein.
Seitdem arbeitet er
ausschließlich
von zu Hause aus.
Weder Hannas Eltern
noch ihre Freundinnen
glauben noch
an einen Unfall.
Die Theorie ist
für sie lebensfremd.
Warum sollte
Hanna nachts
bei schlechtem Wetter
und nur wenige
hundert Meter
von zu Hause
entfernt
noch wild pinkeln?
Warum sollte
sie sich im Wasser
die Jacke und die Hose,
aber nicht die Schuhe
ausziehen?
Und warum sollte
sie in einer Notlage
ihre Eltern
angerufen haben,
statt zu versuchen,
zum Ufer zu schwimmen
oder sich irgendwo
festzuhalten?
Nichts von dem
ergibt für sie Sinn.
Nichts davon
klingt für sie
nach Hanna.
Und Hannas Angehörige
sind offenbar
nicht die Einzigen,
die wenig von der
Unfalltheorie halten.
Wie im Februar 2023
nach viermonatiger
Verhandlungen
ans Licht kommt.
Regina Rick
kündigt einen
Beweisantrag an,
mit dem keiner
der Anwesenden
gerechnet hat
und der alles
verändern könnte.
Denn die
Strafverteidigerin
bringt eine interne
E-Mail-Korrespondenz
zwischen dem
Staatsanwalt
und der
vorsitzenden
Richterin
Jacqueline
Asbichler
ins Spiel,
die sie zufällig
in einer der
Akten entdeckt hat
und die
brisante
Inhalte
enthält.
Denn in den
Mails
verständigt man
sich darauf,
dass die
Staatsanwaltschaft
im Plädoyer
denselben
Ablauf der
mutmaßlichen
Tat
schildern soll
wie das
Gericht.
Hanna
sei von
hinten
überfallen,
zu Boden
gebracht,
mehrfach
auf den
Kopf
geschlagen
und bewusstlos
in den
Bach
geworfen
worden.
An einer
Stelle
schreibt
Richterin
Asbichler
sogar,
sie
gehe
von
gefährlicher
Körperverletzung
in Tateinheit
mit
Mord
aus.
Das
legt
nicht nur
eine
Bewertung
nahe,
sondern
die
Richterin
könnte
damit
dem
Staatsanwalt
auch
vorgegeben
haben,
auf was
er
plädieren
soll.
Der
schreibt
nämlich
später,
dass
er und
sein
Kollege
übereingekommen
seien,
dass man
den
selben
Sachverhalt
wie
ihr,
also
wie
das
Gericht,
so
schreibt
er das
wörtlich,
annehme.
Und als wäre
das nicht
schon genug,
duzen sich
die
Richterin
und der
Staatsanwalt
in den
E-Mails.
Teils
sprechen
sie sich
sogar
mit
Spitznamen
an.
Und
genau
diese
Vertrautheit
ist
für Rick
ein
Problem.
Sie
sieht
darin
einen
Verstoß
gegen
die
Neutralität
der
Kammer.
Absprachen
zwischen
Staatsanwaltschaft
und
Gericht
über
die
Rechtsfolgen
ohne
die
Verteidigung
einzubeziehen
das geht
meiner Meinung
nach
überhaupt
nicht,
sagt sie
der
Deshalb
stellt
Regina
Rick
einen
Befangenheitsantrag.
Sie lehnt
die
vorsitzende
Richterin
für den
weiteren
Prozess
ab
und
fordert,
dass
die
Ersatzkammer
übernimmt.
Es ist
ein
Paukenschlag
in der
Verhandlung,
der für
Aufruhr
sorgt.
Zunächst
werden
alle
angesetzten
Prozesstermine
abgesagt.
Die
Kammer
des
Landgerichts
muss
nun
ohne
Mitwirkung
der
vorsitzenden
Richterin
prüfen,
ob
dem
Antrag
der
Verteidigung
stattgegeben
wird.
Wenn ja,
dann würde
das eine
weitere
Verzögerung
für die
Verhandlung
bedeuten,
weil
eine
neue
Kammer
übernehmen
müsste.
Das
bedeutet,
dass
sich
die
Verantwortlichen
neu
in die
Akten
einarbeiten
und
unter
Umständen
alle
Zeuginnen
neu
aussagen
müssten.
Für
Hannas
Eltern,
die
sich
einen
Abschluss
des
Verfahrens
wünschen,
würde
das
einen
weiteren
Rückschlag
bedeuten.
Für
Sebastians
Familie
hingegen
überwiegt
die
Hoffnung,
denn
ihr
Vertrauen
in die
Vorsitzende
Richterin
ist laut
Regina
Rigg
erschüttert.
Eine
Woche lang
bangen
beide
Familien.
Dann
steht
fest,
der
Antrag
wird
abgelehnt.
Alles
bleibt
beim
Alten.
Zur
Begründung
gibt
die
Jugendkammer,
die
den
Antrag
jetzt
geprüft
hat,
nur
an,
Zitat,
dass
sowohl
aufgrund
des
Kontexts
des
E-Mail-Verkehrs
als auch
aufgrund
des
weiteren
Verfahrensgangs
eine
Besorgnis
der
Befangenheit
der
sich
erst
am
Anfang
des
Prozesses
bei der
Staatsanwaltschaft
gemeldet
hat.
Sein Name
ist Jonas.
Er war
eine Zeit
lang mit
Sebastian
in der
JVA
Traunstein
inhaftiert
und dabei
soll er
etwas
erfahren
haben,
was er
mit
dem
Gericht
teilen
möchte.
Etwas,
was
nochmal
alles
im
Prozess
ändern
könnte.
Jonas
Aussage
bezieht
sich
auf die
Weihnachtszeit
2022.
Hannah
ist
da seit
knapp
drei
Monaten
tot
und
Sebastian
sitzt
seit
einem
Monat
in
U-Haft.
Jonas
und
Sebastian
seien ab
und zu
bei den
Hofgängen
miteinander
ins
Gespräch
gekommen,
erklärt
Jonas.
Sebastian
habe
dabei
immer
verneint,
etwas
mit
Hannahs
Tod
zu tun
zu
haben,
bis
sie
dann
in
der
Weihnachtszeit
in
einer
Zelle
zusammengesessen
und
Spekulatius
gegessen
hätten.
Da
habe
Sebastian
ihm
erzählt,
dass
er
sich
von
Frauen
erniedrigt
fühle
und
schließlich
habe
er
zugegeben,
etwas
mit
dem
Eiskellerfall
zu tun
zu
haben.
Er
habe
Hannah
nämlich
vom
Sehen
her
gekannt
und
schon
immer
hübsch
gefunden.
Er
habe
ein
sexuelles
Interesse
an
ihr
gehabt,
soll
Sebastian
seinem
neuen
Kumpel
in
Haft
anvertraut
haben.
Deshalb
habe
er
sie,
als
er
sie
in
der
Nacht
gesehen
habe,
vergewaltigen
wollen,
gibt
Jonas
vor
Gericht
an.
Ob
er
das
getan
habe,
habe
Sebastian
Fluss
geworfen.
Jonas
sagt,
er
habe
das
so
verstanden,
als
habe
Sebastian
Hannah
entsorgen
wollen.
Der
Vorfall,
wie
Jonas
die Tat
nennt,
habe
ein
kleines
Stück
vom
Eiskeller
entfernt
stattgefunden,
gibt
er
an.
Und
das
Gespräch,
das
die
beiden
zur
Weihnachtszeit
geführt
hätten,
hätte
nur
ungefähr
fünf
Minuten
gedauert.
Wenn
dieses
Gespräch
so
stattgefunden
hat,
wie
der
Zeuge
es
erzählt,
dann
wäre
das
also
ein
richtiges
Geständnis
von
Sebastian.
Nur
wirft
die
Aussage
von
Jonas
neben
Antworten
auch
Fragen
auf.
Zum
Beispiel,
warum
sie
keine
neuen
Erkenntnisse
beinhaltet.
Jonas
konnte
kein
Täterwissen
von
Sebastian
offenbaren,
sondern
nur
die
Dinge
wiederholen,
die
aus
der
Presse
bekannt
sind.
Und
Jonas
hat
in
Haft
nachweislich
Zugang
zu
Zeitungen
und
er
kann
Fernsehen.
Es
wäre
also
möglich,
das
Gespräch
nur
ausgedacht
hat.
Das
wiederum
wirft
dann
die
Frage
auf,
wieso
sollte
Jonas
lügen?
Die
Antwort
hat
er
selbst
offenbart.
Er
hat
der
Staatsanwaltschaft
von
Anfang an
mitgeteilt,
dass er
einerseits
aussagt,
weil er
aus den
Medien
weiß,
dass
Sebastian
schweigt,
er
wolle
also
Aufklärungshilfe
leisten.
Andererseits
weiß
Jonas
aber auch,
dass
die
Vorsitzende
Richterin
im
Hanna-Prozess
dieselbe
Frau
ist,
die
für
das
Verfahren,
wegen
dem
er
inhaftiert
ist,
urteilen
wird.
Dadurch,
dass er
hier die
Wahrheit
sage,
erhoffe er
sich einen
Vorteil
für seine
eigene
Strafsache,
hat
Jonas
gesagt.
Offenbar
weiß
Jonas
nicht,
dass
das
nicht
geht,
also
Aufklärungshilfe,
die
unter
Umständen
zu einer
Strafmilderung
führt,
kann man
nämlich nur
als
Kronzeuge
leisten und
dann auch
nur,
wenn das
Verfahren,
über das
man
Aussagt,
etwas mit
dem
eigenen
Verfahren
zu tun
hat,
was hier
ja gar
nicht
der
Fall
ist.
Aber
der
Gefangene
will
aber
trotzdem
aussagen.
Dabei
hat
Jonas
es mit
der
Wahrheit
in der
Vergangenheit
nicht
immer
so
ernst
genommen.
Er
sitzt
unter
anderem,
weil er
minderjährige
Mädchen
im
Internet
belogen
hat,
um
sie
zu
sexuellen
Handlungen
zu
zwingen.
Und
in
einem
früheren
Prozess
hat
er
eine
Falschaussage
gegen
seine
Mutter
gemacht,
die
später
aufgeflogen
ist.
Es gibt
also
tatsächlich
Gründe,
die
gegen
ihn
als
glaubwürdigen
Zeugen
sprechen.
Fragwürdig
bleibt
deshalb,
ob
und wie
das
Gericht
seine
Aussage
in
die
Urteilsfindung
einfließen
lassen
wird.
Der
Urteilsspruch
fällt
auf einen
Tag
im
März
2024.
Über
sechs
Monate
hinweg
wurde
verhandelt.
Mehr
als
60
Zeug
in den
Brunnen
gehört.
Die
Staatsanwaltschaft
hat
sich in
ihrem
Plädoyer
für
eine
Verurteilung
nach
Jugendstrafrecht
ausgesprochen,
weil bei
Sebastian
eine
Reifeverzögerung
vorliegt.
Sie
plädiert
auf
neuneinhalb
Jahre
Haft
wegen
Mordes.
Die
Verteidigung
fordert
dagegen
einen
Freispruch,
denn
was
in
der
Nacht
vom
2.
auf
den
3.
Oktober
2022
passiert
ist,
könne
weiterhin
niemand
mit
Sicherheit
wissen.
Niemand
weiß,
wo
genau
Hannah
gestorben,
wann
sie
den
Bärbach
gelangt
ist und
wie
die
Verletzungen
an ihrem
Körper,
vor allem
die
Knochenbrüche
an den
Schultern
und die
fünf
Wunden
am
Kopf
entstanden
sind.
Vor
allem
aber
sind
alle
Anwesenden
gespannt,
ob
die
Indizienkette,
die der
Prozess
zutage
gefördert
hat,
in den
Augen
des
Gerichts
ausreicht,
um die
Schuld
des
Angeklagten
festzustellen.
Sebastian
sitzt in
einer
dunkelgrauen
Daunenjacke
auf seinem
Platz,
Hier hingegen
sieht man an,
dass sie
aufgeregt ist
und auch
Hannas Eltern
halten sich
sichtlich nervös
an den Händen.
Sie wissen,
ihnen steht noch
einmal ein
harter Tag
bevor,
denn heute
müssen sie
die Nacht,
in der ihre
Tochter
gestorben ist,
noch einmal
durchleben.
Ein letztes
schmerzvolles
Mal.
Als sie
Vorsitzende
Richterin
Jacqueline
Asbichler
zur
Urteilsverkündung
ansetzt,
ist es im
Gerichtssaal
Mucksmäuschen
still.
Jeder
hört
gebannt zu,
als sie
ausspricht,
was im
Prozess
immer wieder
Thema war.
Objektiv
gesehen
gibt es
keine
handfesten
Beweise
für
Sebastians
Schuld.
Es gibt
keine
ZeugInnen,
keine
DNA-Spuren,
keine
Tatwaffe
und kein
Tatort.
Aber es
gibt eine
Reihe
von
anderen
Indizien,
sagt die
Richterin,
die nach
Ansicht
das Gericht
klar für
eine
Täterschaft
des
Angeklagten
sprechen
und auf
die sie
nun
nacheinander
eingeht.
Zunächst
ist da die
Tatzeit,
für die
Sebastian
kein
Alibi
hat.
Hannah
sei
alleine
auf dem
Heimweg
gewesen
und anhand
von
Sebastians
Joggingroute
sei es
immerhin
plausibel,
dass er
ihr
begegnet
sei.
Dem
stunde
auch
nicht
entgegen,
dass
Sebastian
bereits um
2.42 Uhr
wieder
zu Hause
war und
am Handy
gespielt
habe.
Der
Weg
vom
mutmaßlichen
Tatort
zu ihm
nach Hause
sei
für
einen
geübten
Läufer
in knapp
drei
Minuten
machbar.
Damit
sei
ihm
das
Tischtennisspielen
am
Chiemensee,
wo er
Kerstin
vom
Mord
einer
Frau
in
Aschau
erzählt
habe,
noch
bevor
die
Öffentlichkeit
davon
wusste.
Die
Hausparty
bei
Jule
und
Kerstin,
bei der
er
gesagt
haben soll,
dass er
Hannah
getötet
habe.
Das
Gericht
hält
Kerstin
und
ihre
Mutter
als
Zeuginnen
für
glaubwürdig.
Selbst
wenn
Kerstin
sich
widersprochen
hat,
weil sie
einerseits
sagte,
dass
alle
von
Sebastians
Kommentar
zur
Tötung
einer
Frau
in
Aschau
schockiert
waren
und
andererseits
war sie
sich
gar nicht
sicher,
ob
das
alle
gehört
haben.
Und
auch
die
Einlassung
des
Inhaftierten
Jonas
wird von
der
Kammer
als
Geständnis
gewertet.
Entgegen
aller
Zweifel
sei
auch
Jonas
ein
glaubwürdiger
Zeuge,
sagt
die
Vorsitzende
Richterin
in
ihrer
Begründung.
Denn
er
habe
eben
doch
Details
geschildert,
die
er
Frauen
erniedrigt
gefühlt
habe,
weil er
immer nur
Körbe
bekommen
hat.
Beides
habe
nicht
in der
Presse
gestanden.
Und
da
fragt man
sich
doch,
naja,
dass er
die
bewusstlos
geschlagen
hat,
damit
sie
sich
nicht
wehren
kann.
Da muss
man
keine
Kopf
Akrobatik
betreiben,
um
auf den
Gedanken
zu
kommen.
Nee,
das
liegt
ja
einfach
nah,
genau.
Ja,
und
auch,
dass er
sich
von
Frauen
erniedrigt
gefühlt
hat.
Also ich
meine,
es gab
ja
Gespräche
zwischen
den
beiden,
das
hätte
Sebastian
theoretisch
auch
in einem
anderen
Zusammenhang
ihm
erzählt
haben
können.
Außerdem
liegt
das
vielleicht
auch
so
ein
bisschen
auf der
Hand,
also
nicht
das
mit
dem
Erniedrigt
Fühlen,
aber
dass er
jetzt
nicht
der
war,
der
die
größten
Chancen
bei
Frauen
hatte.
Er
war
relativ
schüchtern,
hatte
auch
so
eine
Sprachstörung,
war
nicht.
Also
von der
Beschreibung
her war er
einfach
offenbar
auch
nicht
der
charismatischste
Typ.
Und
dann
auch
noch
so
jung
und
da
muss
man
sich
dann
vielleicht
auch
erst mal
ein bisschen
finden.
Also
ich finde,
das sind
jetzt
alles
keine
Insider-Informationen.
Nee,
und ganz ehrlich,
er hat halt
davor schon mal
vor Gericht gelogen
und er hat
ja auch
nachweislich
diese Mädchen
im Internet
belogen.
Also
einfach
schon,
weil er
diesen Hang,
sage ich
jetzt mal
in Anführungszeichen
zum Lügen
in der Vergangenheit
an den Tag
gelegt hat,
finde ich es einfach
schwierig,
den als glaubwürdig
einzustufen.
Zurück ins Gericht.
Zur Indizienkette,
die die vorsitzende
Richterin Asbichler
bei der Urteilsverkündung
erläutert,
gehört auch,
dass Sebastian
sich nach der Tat
verändert habe.
Das haben einige
seiner Bekannten,
darunter Kerstin
und ihre Mutter
ausgesagt.
Er sei ihnen
bedruckt vorgekommen
und habe mehr
Alkohol getrunken.
Das wiederum
zeugt für die Kammer
davon,
dass er sich innerlich
unter Druck
gesetzt gefühlt habe,
weil er etwas
zu verbergen hatte.
Und schließlich
und mitunter
am schwersten
wiegt für das Gericht,
dass Hannah
nach Aussagen
der gehörten
Sachverständigen,
dem Rechtsmediziner
und dem Hydromechaniker
nicht verunfallt sein kann.
Das macht die
vorsitzende Richterin
letztlich daran fest,
dass laut den Experten
zwar Einzelne,
aber auf keinen Fall
alle Verletzungen
an Hannas Körper
im Wasser
entstanden sein können.
Und dass Hannah
versucht hat,
ihre Eltern zu erreichen,
wahrscheinlich um Hilfe
zu holen.
Hilfe,
die nie kam.
Wer nach Würdigung
all dieser Indizien
noch an einen
Unfall glaube,
dem könne man
alles erzählen,
sagt die vorsitzende
Richterin zu ihrer
Urteilsbegründung.
Für die Kammer
gilt es jedenfalls
als erwiesen,
dass Sebastian
Hannah zunächst
vergewaltigen wollte,
sie deshalb
bewusstlos geschlagen hat,
es sich dann aber
anders überlegte.
Statt Hannah
bewusstlos liegen zu lassen
und das Risiko einzugehen,
dass sie ihn später
wiedererkennen würde,
habe er sie dann
in den Baerbach geworfen
und so aus
Verdeckungsabsicht
getötet.
Damit hat sich Sebastian
aus Sicht des Gerichts
der gefährlichen
Körperverletzung
und des Mordes
schuldig gemacht.
Ein Verbrechen,
das für den 21-Jährigen
eigentlich eine lebenslange
Freiheitsstrafe
nach sich ziehen würde.
Doch ein Gutachten
bescheinigt ihm
eine Reifeverzögerung,
weshalb er nach
Jugendstrafrecht
verurteilt wird.
Das Urteil
Sebastian nimmt
den Schuldspruch
ausdruckslos
zur Kenntnis.
Nicht einmal jetzt
kann man seiner Mimik
eine Empfindung abnehmen.
Anders sieht es
in den Gesichtern
von Hannas Eltern
und Freundinnen aus,
die heute anwesend sind.
Erleichterung
macht sich unter ihnen breit.
Viele halten sich
an den Händen,
einige haben Tränen
in den Augen.
Auch wenn weiterhin
unklar ist,
was genau mit
Hannah passiert ist,
es fühlt sich doch
ein wenig befreiend an,
dass der Prozess
jetzt nicht umsonst war,
dass ein Gericht
den Angeklagten
für schuldig befunden hat.
Dass letztendlich
Ruhe einkehren kann,
sie verarbeiten können.
Auch der Prozess
war für sie
nervenaufreibend.
Doch die Ruhe
hält nicht lange an,
denn in ihrer
Urteilsverkündung
hat sich die vorsitzende
Richterin nicht nur
an Sebastian gewandt,
sondern auch an
seine Verteidigerin
Regina Rigg.
Rigg sei manipulativ
vorgegangen und habe
versucht, die Medien
zu instrumentalisieren.
Die Richterin
bezieht sich dabei
unter anderem
auf den Befangenheitsantrag,
den Rigg gestellt hat
und darauf,
bis an einem Tag
vor Gericht
Rigs ehemaliger Mandant
Manfred Genditzki
als Besucher
aufgetaucht ist.
Warum,
weiß niemand.
Für einige
BesucherInnen des Prozesses
und offenbar auch
für die vorsitzende
Richterin hat das
aber den Anschein erweckt,
als wollte Regina Rigg
mit ihrem Erfolg
im Badewannenfall
Prahlen.
Jacklin Asbichler findet,
die Verteidigung habe
Druck auf die
RichterInnen ausüben
wollen und das hält
sie für ein Unding.
Rigg sei einem Organ
der Rechtspflege
unwürdig,
sagt die Richterin.
Und sie,
Asbichler,
sehe,
Zitat,
eine Entwicklung,
die den
Rechtsstaat gefährde.
Und Regina Rigg
lässt die Seitenhebe
der vorsitzenden
Richterin nicht
auf sich sitzen.
Denn auch sie
findet,
dass der Rechtsstaat
gefährdet ist.
Und zwar durch
den Schuldspruch
von Sebastian.
Als sie sich
nach der Urteilsverkündung
an die Presse wendet,
spricht die Verteidigerin
von der Verurteilung
eines Unschuldigen
sehenden Auges
und sie kündigt an,
in Revision zu gehen.
Rigg ist sich sicher,
so etwas kann der BGH
nicht akzeptieren.
Und tatsächlich
wird sie damit
Recht behalten.
Genau.
Und das ist auch ein Grund,
warum wir uns diesen Fall
für die 200 ausgesucht haben,
weil es nämlich
eine ganz aktuelle
Entwicklung in dem Fall gibt.
Wir haben jetzt
monatelang auf die
Entscheidung des
Bundesgerichtshofs
gewartet,
die jetzt vor kurzem
im April 2025
gefallen ist
und dafür sorgt,
dass der Fall
nochmal komplett
neu aufgerollt wird.
Der BGH
hat das Urteil
nämlich aufgehoben
und zwar wegen
einer sogenannten
Verfahrensrüge.
Und das ist wirklich
ein Ding,
denn solche Rügen
sind nur selten
erfolgreich.
In unserem Fall
rügt der BGH
ein Fehlverhalten
der Vorsitzenden
und Richterin
und zwar,
weil sie sich,
wie wir erzählt haben,
per Mail mit dem
Staatsanwalt
ausgetauscht hatte,
ohne dass die Verteidigung
davon wusste.
Es geht also genau
um diesen Befangenheitsantrag,
den Regina Rick schon
während des Prozesses
gestellt hat,
der damals aber von
einer anderen Kammer
abgewiesen wurde.
Der BGH
gibt Rick jetzt
recht,
das Verfahren hätte
schon damals an eine
andere Jugendkammer
des Landgerichts
verwiesen werden müssen
und Jacqueline
Asbichler,
die Vorsitzende
Richterin,
hätte nach dieser
Aktion nicht länger
die Vorsitzende
Richterin bleiben dürfen.
Denn, Zitat,
mit dem heimlichen
Vorgehen konnte
beim Angeklagten
der Eindruck
entstehen,
dass die Vorsitzende
sich nicht mehr
unparteiisch ihm gegenüber
verhielt,
erklärt der BGH.
Und das bedeutet,
das Urteil ist nicht
rechtskräftig und der
Prozess wird komplett neu
aufgerollt, also es wird
neu und vor einer
anderen unvoreingenommenen
Kammer verhandelt.
Für das Landgericht
Traunstein ist das
natürlich eine ordentliche
Panne, dort hat man sich
bisher auch nicht
zur Kritik des BGH
geäußert und auch
unsere Anfrage an die
Pressestelle bezüglich
einer Stellungnahme
blieb unbeantwortet.
Hannas Eltern haben
währenddessen über ihren
Anwalt weitergegeben,
dass es ihnen nie darum
ging, einen bestimmten
Schuldigen im Gefängnis
zu sehen.
Die Verfahrensrüge
wollten weder Hannas Eltern
noch ihr Anwalt
aber weiter kommentieren.
Regina Rigg,
mit der wir zur
Vorbereitung für die
Folge gesprochen haben,
hat uns auf der
anderen Seite erzählt,
dass sie davon überzeugt
ist, dass sie in einem
neuen Verfahren beweisen
kann, dass ihr Mandant
unschuldig ist, dass sich
Sebastian und Hanna in
der Nacht nicht begegnet
sind und dass Hanna doch
verunfallt ist.
Wie sie das beweisen
will, darüber konnte sie
leider nicht mit uns
sprechen, weil das
Verfahren ja noch läuft.
Der nächste Schritt ist
jetzt allerdings, dass
Sebastians Verteidigung
eine Freilassung aus der
Haft beantragt.
Seine Familie hofft
darauf, dass sie ihn bald
wieder zu Hause aufnehmen
darf, dass er wieder in
seinem Zimmer wohnen
kann, das noch genauso
aussieht wie damals, als
ihn die Polizei abgeholt hat.
Dort würde er dann auf den
neuen Prozess warten, der
ihm bevorsteht.
Damit Regina Rick genügend
Zweifel an der Schuld
ihres Mandanten sehen kann,
helfen Sebastians Mutter
und seine Tanten
tatkräftig mit.
Schon seit Anfang 2023,
also noch vor Start des
ersten Prozesses, laufen sie
regelmäßig an der
Prien entlang und
dokumentieren Steine und
Hindernisse im Fluss, an
denen sich Hanna gestoßen
haben könnte.
Wenn das Wasser
niedrig steht, kann man
sie gut sehen.
Als das Wasser einmal höher
war, haben sie eine
Handtasche hineingeworfen, um
zu testen, wie schnell sie
davon gespült wird und wie
wuchtig der Fluss ihr
zusetzt.
Sie sind überzeugt, dass es
auch das Wasser war, das
Hanna zugesetzt und verletzt
hat und nicht Sebastian.
Der neue Prozess steht aber
nicht nur Sebastian
bevor, sondern auch Hanna's
Familie und ihren
Freundinnen.
Noch einmal müssen sie sich
anhören, wie schlimm Hanna
verletzt war, dass sie
geschrien hat und ihr
niemand zur Hilfe kam und
dass sie ertrunken ist in der
verhängnisvollen Nacht, so
nah an ihrem Zuhause.
Dass ihr Schutzengel sie
verlassen hat, als sie ihn so
dringend gebraucht hätte.
Wie ein Damoklesschwert hängen
die grauen Tage vor Gericht
jetzt über ihnen.
Tage, an denen sie auf
Antworten hoffen werden.
Antworten, die ihnen zwar
Klarheit bringen würden, aber
Hanna nicht wieder lebendig
machen werden.
Natalia hat sich inzwischen
noch einmal, der Herr der
Ringe, die zwei Türme
angesehen.
In der Extended Version
natürlich, so wie sie und
Hanna das immer gemacht
haben.
Und sie ist wieder an der
Stelle stehen geblieben, an
der sie und Hanna an ihrem
letzten Tag zusammen auf
Pause gedrückt haben.
Kurz zuvor sagt Sam zu
Frodo, das ist wie in den
großen Geschichten, Herr
Frodo, in denen, die wirklich
wichtig waren.
Voller Dunkelheit und
Gefahren waren sie.
Und manchmal wollte man das
Ende gar nicht wissen, denn
wie könnte so eine Geschichte
gut ausgehen?
Wie könnte die Welt wieder so
wie vorher werden, wenn so
viel Schlimmes passiert ist?
Aber letzten Endes geht auch
er vorüber, dieser Schatten.
Selbst die Dunkelheit muss
weichen.
Ein neuer Tag wird kommen und
wenn die Sonne scheint, wird
sie umso heller scheinen.
Natalia hat die Zeile auf
Hannas Beerdigung zitiert und
dann hat sie gesagt, Hanna
scheint für uns, jetzt und für
immer.
Dieser Fall nimmt mich so mit.
Ich habe vorhin schon, als sie
mir noch mal die Bilder
angeguckt haben und so.
Ich finde es so grauenhaft.
Ja, mir geht es auch so, ich
frage mich, ob das damit
zusammenhängt, dass ich mich
irgendwie so gut in sie
reinversetzen kann, weil ich
das halt auch kenne, dieses
du bist zum Studieren
irgendwo anders und dann
kommst du in den
Semesterferien oder so nach
Hause und dann, ja, gehst du
halt in diesen einen Club,
den es halt bei dir zu Hause
gibt und freust dich, alle
Leute wieder zu sehen und so.
Ja, sie ist genau wie du und ich
mit Harry Potter und Herr der
Ringe.
Ja.
Also, kein Wunder, dass wir uns
mit ihr und ihren Freundinnen so
verbunden fühlen, ja.
Ja, und dann ist es eben nicht so
klar, schwarz auf weiß, was ist
passiert, wir haben eben noch nicht
dieses Ende, so war's und damit kann
man sich jetzt irgendwie abfinden, es
gibt diesen in Anführungsstrichen
Bösen, der für seine Strafe dann
irgendwie jetzt büßen wird oder
so, ne, weil es halt eben noch ein
aktueller Fall ist.
Ja, und es wirkt irgendwie nicht so
richtig klar, es gibt Argumente, die
dafür sprechen, dass er es gewesen
sein könnte, es gibt Sachen, die
dagegen sprechen, dass er es war,
ich finde, das hält sich auch so ein
bisschen die Waage, ne, also was man
für und was man gegen ihn hat, also
ich meine, was haben wir alles, ja,
also dafür, dass er es war, sprich,
dass Kerstin meint, er hat bereits
am 3.10. darüber geredet, dass
die Frau tot war und dass sie es
gegoogelt hat.
Genau, und das ist so ein Punkt, wo
ich mir denke, das klingt für mich
schon glaubhaft, weil wenn man sich
daran erinnert, dass man was
googelt und dann aber nicht findet,
ich finde das schwierig, mir
vorzustellen, dass sich das jemand
ausdenkt und wenn sie aber sich im
Tag vertan hat und das Googeln hat
am 5.10. stattgefunden, dann hätte
sie aber ja was gefunden, weil ab dem
4. wusste man ja schon über den
Tod von Hannah Bescheid.
Genau, und gerade, dass man sich an
sowas wie das Googeln erinnert,
ich meine, auch sowas bringt man
manchmal durcheinander, aber würde
ich auch sagen, spricht erst mal
dafür. Auch dieses angebliche
Geständnis auf der Hausparty könnte
man auf jeden Fall gegen ihn
verwenden.
Ja, vor allen Dingen, weil es mehrere
Personen gehört haben. Auch wenn jetzt
der Kumpel sagt, ich habe es aber ganz
anders verstanden. Es ist einfach
merkwürdig, wenn jemand sagt, dann bin
ich eben der Mörder hier oder ich habe
sie getötet. Es ist komisch, aber wie wir
ja vorhin auch schon gesagt haben, wenn
die Mutter das wirklich für voll
genommen hat, warum ist die dann nicht
zur Polizei damit gegangen? Auch das ist
irgendwie ein bisschen seltsam.
Ja, und was ich auch einen ziemlich
seltsamen Zufall finde, ist, dass er sich
einen Tag nach dem Feiertag, also dem
Tag, an dem Hannah gefunden wurde,
krank meldet für zwei Tage.
Was für mich natürlich hier so ein
bisschen ins Gewicht fällt, ist dieses, er
war nach eigener Aussage von Mädchen
frustriert, hatte noch keine sexuellen
Erfahrungen gemacht, hat diese sehr
expliziten Pornodarstellungen sich
ständig, muss man wirklich sagen,
ständig angesehen und ist gegenüber der
Jule auch schon mal übergriffig geworden.
Ja, wo der im Auto ihren Oberschenkel
angefasst hat.
Genau. Und dann gibt es auch noch ein
weiteres Indiz, das uns bekannt ist, wo es
um voyeuristische Tendenzen und andere
sexuelle Vorlieben geht, die bei uns auch
die Alarmglocken schlagen lassen. Auf die
wollten wir jetzt noch nicht weiter
eingehen, auch zum Schutz der betroffenen
Personen, die damit involviert sind.
Ja, solche Sachen sind halt irgendwie
krasse Red Flags. Aber auch wenn man
das mal von der anderen Seite betrachtet, also
es sieht halt einfach nicht aus wie ein
Unfall, wenn man daran denkt, dass sie
den Notruf gerufen hat, beziehungsweise
ihre Eltern angerufen hat oder versucht
hat anzurufen. Weil wenn man im reißenden
Fluss schwimmt, dann würde man vielleicht
nicht die Zeit haben oder einfach im
Stande sein, sein Handy rauszuholen und
einen Anruf zu tätigen, sondern man würde
ja vielleicht eher versuchen, sich irgendwie
festzuhalten an Wurzeln oder was weiß ich, um
irgendwie rauszuklettern. Es waren aber zum
Beispiel keine Kratzer an ihren Handflächen
oder so zu finden. Also es spricht da eher
dafür, dass sie halt bewusstlos war, bevor sie
ins Wasser kam. Für mich sind die ausgezogenen
Klamotten auch wirklich ein großes Indiz. Also
gerade, dass sie auch die Schuhe noch anhatte und
die Hose dann aber da drüber im Wasser
abgestriffen werden sollte. Das finde ich eine
ganz komische Erklärung. Ja, aber auch ihre
Kopfverletzung. Also dass diese Kopfverletzung
alle so gleich aussehen. Weil es kann ja auch
irgendwie sein, dass sie irgendwo stecken
geblieben ist und dann immer wieder durch
diesen reißenden Fluss halt immer wieder mit
dem Kopf gegen den gleichen Stein geknallt
ist. Es ist wahnsinnig schwer, sich das
vorzustellen, wie so ein Körper im Bach
treibt und was dann alles damit passieren
kann. Ja, und was zum Beispiel auch die
RechtsmedizinerInnen ganz am Anfang
gesagt haben, als sie diese Verletzung von
diesen Schulterdächern gesehen haben, war
ja, dass solche Verletzungen eigentlich nur
auftreten, wenn man aus einer großen Höhe
auf den Rücken fällt sozusagen, dass die
beide so gleichmäßig brechen. Und da habe
ich gleich gedacht, okay, aber wie soll das
im Fluss passieren? Aber auch, wie soll
das durch Sebastian passiert sein? Weil
die Staatsanwaltschaft sagt ja, er ist von
hinten auf sie draufgesprungen und sie ist
beuchlings hingefallen. Also sie ist nach
vorne gefallen. Das heißt, sie ist ja gar
nicht auf ihre Schultern gefallen. Das
heißt, sie lag schon auf dem Boden, als
er weitere Gewalt angewandt hat. Und
dass dann diese Schulterdächer so
gebrochen sein sollen, danach noch, als
sie schon am Boden lag, das hört sich für
mich jetzt als Laien einfach ein bisschen
unwahrscheinlich an. Ja, und dann haben
wir noch, dass kein Blut an Land gefunden
wurde und auch die Leichenspürhunde da
nicht angeschlagen haben. Also dieses
ganze Thema gibt es Beweise dafür, dass
das überhaupt ein Tatort war. DNA, ZeugInnen,
Blutspuren und so. Keine Tatwaffe. Das ist
einfach alles sehr mysteriös. Ja. Also
nochmal, es gibt für beide Versionen
Argumente. Wir haben ja wie gesagt unter
anderem mit Regina Rick gesprochen und jetzt
ist ja völlig offen, wie das Urteil in einem
zweiten Prozess ausfallen wird. Und egal, wie
das Ergebnis sein wird, wir hoffen halt sehr,
sehr, sehr für die Menschen in Hannas Umfeld,
dass die endlich zur Ruhe kommen und auch
mal in diese Verarbeitung gehen können und
endlich eine Klarheit darüber bekommen, wie
Hanna gestorben ist, egal wie es jetzt war.
Einfach, dass man damit jetzt irgendwann mal
abschließen kann und sich nicht immer
wieder damit beschäftigen muss und nicht
auch immer wieder von diesen Verletzungen
und so weiter hören muss. Das ist ja
schrecklich. Ja. Und wir bleiben
natürlich da dran an dem Fall. Also wenn es
irgendwelche Updates gibt, dann werdet ihr
das hier auf jeden Fall auch mitbekommen.
Genau. Nächste Woche beschäftigen wir uns aber
erst mal mit der Frage, ob jemand, der nicht am
Tatort war, genauso bestraft werden kann wie
jemand, der jemanden erschossen hat. Bis dahin.
Tschüss.
Das war ein Podcast der Partner in Crime.
Hosts und Produktion Paulina Graser und Laura Wohlers.
Redaktion Isabel Mayer und wir.
Schnitt Pauline Korb.
Rechtliche Abnahme und Beratung Abel und Kollegen.