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#22 Genetischer fingerabdruck

Hey und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von Mordlust, unserem True-Crime-Podcast,
in dem wir wahre Kriminalfälle nacherzählen.
Hier geht's um Verbrechen und vor allem um ihre Hintergründe.
Mein Name ist Paulina Kraser.
Und ich bin Laura Wohlers.
Wir erzählen uns hier gegenseitig immer einen Fall, von dem der andere nichts weiß.
Und deswegen bekommt ihr auch unsere spontanen und ungefilterten Reaktionen zu hören.
Wir kommentieren die Fälle auch, manchmal auch mit ein bisschen Sarkasmus und vor allem
wird hier auch mal gelacht, das ist aber nie despektierlich gemeint.
Die heutige Folge dreht sich um den genetischen Fingerabdruck, also um die DNA.
Ich habe gerade vorhin mal in unsere Facebook-Gruppe geguckt, Mordlust Stammtisch, und mir ältere
Beiträge durchgelesen und ich bin echt total begeistert, was die Leute da alles so reinschreiben.
Da sind total viele gute Sachen mit dabei.
Und da bin ich auf den Begriff Dark Tourism gestoßen.
Kennst du das?
Ich kenne es jetzt auch nur, weil ich den Post gelesen habe, aber dachte mir so, also ich
wusste nicht, dass es das wirklich gibt.
Es ist auch völlig an mir vorbeigegangen, dieser Trend.
Und es gibt ja sogar eine Netflix-Dokumentation darüber.
Also das ist quasi, wenn du dir im Urlaub denkst, ach, heute gehe ich mal nicht an den Strand,
sondern besuche einen Massengrab oder irgendeinen Kriegsschauplatz.
Aber das hast du ja quasi auch gemacht.
Ja.
Wo?
Als du zu Maddys Urlaubshaus gefahren bist.
Also ich bin da nicht gefahren.
Jemand ist mit mir dahin gefahren und hat gesagt, guck mal, hier war das übrigens.
Ach so.
Wir sind ja eh daran vorbeigefahren.
Ach, ich dachte, ihr seid extra.
Okay, aber das muss ich sagen, das wäre für mich schon wieder echt viel zu weit.
Also das wäre jetzt so eine Art von Dark Tourism, den ich total scheiße finden würde.
Ja, man muss echt so ein bisschen gucken, wie man das eigentlich findet, daraus dann irgendwie
Profit zu schlagen.
Weil zum Beispiel ist es ja so bei dem Fall Hinterkaifik, der uns auch so oft vorgeschlagen
wird, in dem Podcast dazu besucht der Journalist so einen Tourguide, so eine Frau, die halt
immer so Nachtwanderungen oder sowas dahin macht und dann halt alles über diesen Mord erzählt.
Und ja, also mich interessiert das super doll, diese ganzen Fälle, aber ich glaube, sowas würde
ich dann irgendwie komisch finden, da mitzugehen.
Ja, wobei wir ja in Palermo in die Katakomben wollten, wo diese ganzen Mumien lagen.
Das haben wir im Endeffekt nicht gemacht.
Und als ich mich mit dem Thema jetzt ein bisschen beschäftigt habe, dachte ich auch, vielleicht
war das eine gute Entscheidung.
Weil zum Beispiel in dieser Netflix-Dokumentation, da gibt es verschiedene Teile von und der besucht
halt überall auf der Welt Dark Places sozusagen.
Und der steigt in dem Trailer tatsächlich in dieses U-Boot, wovon ich ausgehe, dass es das
U-Boot ist, wo diese dänische Journalistin drin ermordet wurde.
Also total abgefahren.
Und ich wusste nicht, dass es in letzter Zeit so zugenommen hat.
Also man weiß ja, dass Friedhöfe schon immer irgendwie so eine Touristenattraktion waren.
Ich war aber tatsächlich mal in Rouen, in Frankreich, auf dem Pestfriedhof.
Und da muss ich sagen, das ist eine der schönsten Sehenswürdigkeiten, die ich je gesehen habe.
Das sind halt so alte Fachwerkhäuser.
Und in der Mitte ist ein total schöner Innenhof.
Und das war halt ein Massengrab.
Und da wurden halt früher die Menschen, die an der Pest gestorben sind, reingeworfen.
Und heute sieht man diesen Zusammenhang noch an so Schnitzereien überall im Holz.
Da sind überall so Totenköpfe drauf.
Und ich habe mich aber gefragt, ob man das irgendwie mit True Crime verbinden kann.
Also ob es da bestimmte Parallelen gibt und was die Leute an diesen Dark Places so gut finden.
Der Co-Autor von Dark Turist, der hat gesagt, dass die Motivation für solche Besuche quasi im Wunsch nach etwas Wahrhaftigem liegt.
Oder nach einer symbolischen Begegnung mit dem Tod.
Und Dr. Philip Stone, der hat das Feld erforscht.
Und der meint, und das finde ich super interessant, dass das quasi ein Ventil einer Gesellschaft ist, die den Tod aus ihrem Alltag verbannt hat.
Und da kann man jetzt meiner Meinung nach wirklich eine Parallele zu True Crime ziehen.
Die hatten wir damals in unserer Auflistung nicht, als wir unsere Zuhörer befragt haben, warum sie True Crime hören.
Aber das ist zum Beispiel was, was mir auch immer sehr am Herzen liegt irgendwie, dass Leute den Tod halt nicht so verteufeln.
Und dass man das irgendwie als was Normales ansieht, was einem ja mitgegeben wurde.
Also zum Leben gehört Tod.
Und deswegen fand ich diesen Aspekt da irgendwie so interessant.
Also auf den ersten Blick hört sich das immer so ein bisschen makaber an.
Wenn man so einen Tourismus macht, wo man irgendwie zu irgendwelchen Tatorten fährt.
Aber wenn man mal wirklich darüber nachdenkt, besuchen wir ja, wenn wir im Urlaub sind oder auch so Orte, die geschichtsträchtig sind, wie zum Beispiel die KZs.
Und das machen wir ja auch nicht, weil man irgendwie sensationslustig ist oder irgendwie makaber angehaucht, sondern um zu lernen.
Das ist auch wichtig, um nicht zu vergessen.
Ich finde, am Ende kommt es darauf an, wie dieser Tourismus aufgezogen wird oder ja, verkauft wird.
Wenn es nicht so Sensationsgier befriedigt, sondern man auch wirklich was dabei lernt, dann finde ich schon, dass es sinnvoll sein kann, solche Orte dann aufzusuchen.
Ja, nur nicht jeder Mord ist halt eben auch geschichtsträchtig.
Und wenn Menschen anfangen, Geld zu zahlen, damit sie mal einen Tatort sehen können und da sonst halt nichts hintersteckt, also keine Weiterbildung, dann ist das definitiv zu fragwürdig.
Ja, genau. Dann bist du jetzt dran.
Mein Fall dieser Folge zeigt, dass Gerechtigkeit einen langen Atem hat.
Es ist Donnerstag, der 9. April 1987.
Heike sitzt zusammen mit ihrer Freundin Janett in deren Wohnung in Plauen.
Sie schauen sich Urlaubsfotos an.
Heike ist 18 Jahre alt und hat kurze braune Haare.
Sie ist ein aufgeschlossenes Mädchen, aber auch vorsichtig, also keine, die sich viel rumtreibt.
Sie kommt gerade von ihrem Volkshochschulkurs.
Eigentlich arbeitet sie als Näherin und heute hat sie sich ihren Monatslohn von 700 Mark abgeholt.
Mit den Kursen will sie sich auf ein Ingenieurstudium vorbereiten.
Dreimal die Woche geht sie deswegen zur Abendschule.
Noch wohnt Heike bei ihren Eltern in Altensalz, das ist circa 10 Kilometer von ihrer Freundin entfernt.
Für sie ist es aber keine wirklich große Entfernung, weil sie mit dem Moped unterwegs ist.
Ihr Moped ist ihr großes Hobby.
Heute aber ist ein regnerischer Tag.
Und als Heike sich gegen Viertel vor zehn auf den Nachhauseweg machen will, meint Janett, sie solle doch lieber bei ihr übernachten.
Die Strecke nach Hause ist hobbelig und sie muss dunkle Wege fahren.
Heike aber lehnt ab.
Sie muss morgen nämlich noch die Konfirmation ihres jüngeren Bruders vorbereiten.
Ihre Mutter liegt gerade im Krankenhaus.
Sie hatte sie vor ihrem Kurs besucht und ihr ein Stück Kuchen mitgebracht.
Deswegen will sie auch noch fahren, als ihr Moped nicht anspringt.
Ich schieb's an, sagt sie.
Das Letzte, was Janett von Heike hört, ist, wie sie auf dem Moped davon fährt.
Dieter Wolfram steht einen Tag später in einem Waldstück zwischen Plauen und Altensalz.
Es regnet immer noch in Strömen.
Dem Chef der Mordkommission von Karl Marx statt bietet sich ein schlimmer Anblick.
Für die Jüngeren, das ist heute Chemnitz.
Vor ihm liegt Heike tot und fast nackt.
Ihr Körper ist überseht mit Blutergüssen.
Ihre Klamotten sind überall auf dem schlammigen Boden verteilt.
Es ist ein Bild, das sich in Wolframs Kopf einbrennen und ihn selbst, als er schon pensioniert ist, nicht wirklich zur Ruhe kommen lassen wird.
Heike wurde sexuell missbraucht und erdrosselt.
Mit ihrem eigenen BH, ihrem Slip und einem Gummiband, vermutlich vom Mofa.
Die zusammengeknotet als Tatwaffe gedient haben müssen.
Der Täter muss brutal vorgegangen sein.
Von dem Mädchen, das davor ihm liegt, gibt es schon eine Vermisstenmeldung.
Ihr Vater hatte sich Sorgen gemacht, als seine Tochter nicht nach Hause gekommen ist.
Ein paar Stunden später hatte ein Soldat zuerst Heikes Moped und dann sie entdeckt.
Außer der Tatwaffe, also den zusammengeknoteten Kleidungsstücken, haben sie fast nichts.
Es fehlen Dinge, die eigentlich Heike bei sich haben sollte.
Eine Armbanduhr, ihr Portemonnaie mit Ausweis und dem Gehalt von 700 Mark und ihr Schlüssel.
Für die Ermittler ist klar, dass dies kein einfacher Fall werden wird.
Weil es die ganze Nacht geregnet hat, können sie keine Fuß- oder Reifenspuren sichern.
Das Wasser hat alles weggespült.
Die Polizei sucht die nächsten Tage, Wochen, Monate intensiv nach einem Täter.
Keine Anhaltspunkte.
Einmal allerdings passiert etwas Merkwürdiges.
Ein Unbekannter beobachtet die Polizei am Tatort.
Als die Beamten das bemerken, rennt der Mann weg und entwischt ihn.
Jahre später wird etwas Ähnliches an Heikes Grab passieren.
Ihre Eltern wollen dort um ihre Tochter trauern, als sie einen Unbekannten dort entdecken.
Der flüchtet, als sie ihn zur Rede stellen wollen.
Gruselig.
2016, fast 30 Jahre später.
Derselbe Fall, ein anderer Ermittler.
Enrico Petzold sitzt in seinem Arbeitszimmer in Zwickau.
Er hat ein Bild von Heike an der Wand hängen, damit er sich immer an sie erinnert.
Enrico Petzold hatte den Fall irgendwann um das Jahr 2000 rum von Dieter Wolfram übernommen,
als der in den Ruhestand gegangen ist.
Auch Petzold hat der Fall nie losgelassen.
Den Kontakt zu ihren Verwandten hat er nie abgebrochen.
Heikes Eltern und ihren Brüdern zu sagen, dass sie den Täter endlich haben.
Das war immer sein Ziel.
Obwohl er sich nie wirklich lang und intensiv mit dem Fall auseinandersetzen konnte.
Er ist zwar Hauptbearbeiter, aber neue Verbrechen haben natürlich Vorrang.
Und so war es ihm nie möglich, sich über einen längeren Zeitraum ohne Unterbrechung damit zu befassen.
Zwei Jahre nach Heikes Tod hatte man die Akte geschlossen.
Die Spurenlage war damals aussichtslos.
Mit so der Zeit hatte man noch nicht die Mittel, um aus den gesicherten Kleidungsstücken genaueres festzumachen.
Als die Techniken 1999 dann weiterentwickelt waren, hatte man immer wieder Schritte unternommen,
einen genetischen Fingerabdruck zu finden.
Aber erst im Jahr 2001 gab es den großen Schritt.
Da nämlich gelang es durch die Prüfung von Heikes Klamotten ein DNA-Profil einer bisher unbekannten Person auszumachen.
Leider war das Profil nicht ganz vollständig.
Ein vollständiges DNA-Profil ist mit fast absoluter Sicherheit einer bestimmten Person zuzuordnen.
Es zu ergänzen gelingt ihnen erst Jahre später durch wieder weitere Techniken.
Fast 3000 Personen wurden bisher überprüft, aber fast keiner von ihnen war irgendwie wirklich verdächtig, Heike ermordet zu haben.
Die DNA-Analysen haben sich in den Jahren immer wieder verbessert.
Fast alle fünf Jahre entwickelt sich die Technik nochmal ein Stück.
Und deswegen hat Enrico Petzold auch über all die Jahre immer wieder Teile der Asservate zum Landeskriminalamt in Dresden geschickt,
damit nochmal und nochmal und nochmal drauf geschaut wird.
Gerade erst hat Petzold von einem Fall erfahren, bei dem ein Mann in Osnabrück nach 26 Jahren überführt wurde.
Erst hat er es nach der Sendung Aktenzeichen XY ungelöst eine Zeugenaussage zu einem Verdächtigen gegeben.
Und dann wurden alte DNA-Spuren an der Kleidung des Opfers getestet, die den Verdacht dann bestätigt haben.
Der Täter gestand dann darauf hin.
Genau das möchte Petzold auch für Heikes Hinterbliebene.
Als bei Petzold aber im Jahr 2016 das Telefon klingelt und das LKA Dresden ihm beteilt,
dass es einen Treffer zu der vollständigen DNA-Spur gibt, bleibt er erstmal vorsichtig.
Er hat nämlich schon viele Enttäuschungen bei diesem Fall einstecken müssen.
Heikes Familie will er auch erstmal nichts davon sagen.
Denn es gab schon einmal eine erfolgsversprechende männliche, genetische Spur, die im BH-Knoten gefunden wurde.
Also da, wo auch diese Spur herkommen soll.
Die Ermittlungen dahin führten aber ins Leere.
Außerdem hatte es noch zwei Spermaspuren an Heikes Hose gegeben.
Einer von den Männern gibt an, mit Heike damals einvernehmlichen Geschlechtsverkehr gehabt zu haben.
Der andere kann sich nicht erklären, wie seine Spuren an die Hose kamen.
Er kam aber ebenfalls aus der Gegend und kannte Heike.
Beide Männer hatten für den Tatzeitpunkt ein Alibi.
Warte mal, also die wurden erst 30 Jahre später befragt, aber wussten noch genau, was sie gemacht haben?
Nee, ich gehe davon aus, dass sie die Spuren eher gefunden haben.
Also jetzt ist ja 2016 und die haben ja schon 2011 dann die ersten richtigen genetischen Fingerabdrücke festmachen können.
Das ist natürlich die Frage.
15 Jahre, natürlich auch eine Weile her.
Aber die konnten ein Alibi nachweisen.
Wahrscheinlich, weil beide ja Heike kannten und wussten, wann es passiert ist.
Wussten sie wahrscheinlich deswegen auch beide noch, was sie an dem Tag gemacht haben, bevor sie von dieser schrecklichen Nachricht erfahren haben.
Ja, das kann sein.
Der Mann, dem die DNA-Spur von den BH-Knoten zugeordnet werden kann, heißt Helmut S.
Er ist 61 Jahre alt, also heißt zum Tatzeitpunkt war er 32 Jahre.
Er wohnt in Gera, also in Thüringen, hat aber damals nur ein paar Kilometer vom Tatort entfernt gewohnt.
Helmut S. ist Frührentner, dreimal geschieden und sein Vorstrafenregister ist ganz schön happig.
Besonders in der DDR ist er oft mit dem Gesetz aneinandergeraten.
Fahren ohne Führerschein, versuchte Flucht aus der DDR.
Gut, das wollen wir nicht bewerten.
Meine Eltern sind auch geflohen.
Diebstahl, gefährliche Körperverletzungen und siehe da, sexuelle Nötigungen.
Mehr Hinweise auf eine Täterschaft gibt es aber nicht.
Und deswegen ist nicht von Anfang an so klar, ob sie den Fall überhaupt vor Gericht bringen können.
Und deswegen ist es umso bemerkenswerter, dass Petzold dann doch eine Festnahme erwirken kann.
Und das ist jetzt auch die Zeit, wo er sagt, er möchte es gerne Heikes Familie sagen.
Und abends schaut er bei ihrem jüngeren Bruder Frank vorbei.
Der Freien Presse erzählt Frank W., dass er und seine Familie bis zu dem Tag, an dem Enrico Petzold von der Festnahme erzählte,
sie immer Angst hatten, es könnte jemand aus dem Bekanntenkreis gewesen sein.
Einer, dem sie vielleicht sogar regelmäßig die Hand schütteln.
Deswegen sei die Nachricht in zweierlei Hinsicht eine Erleichterung.
Endlich gibt es wieder eine Chance, Frieden zu finden.
Auch für Heikes Eltern.
Heikes Mutter ist mittlerweile 77 Jahre und ihr Vater 80.
Die Brüder sind sich einig, dass die Eltern zu schwach sind, um die Strapazen des Prozesses durchzustehen.
Dezember 2016 vor dem Landgericht Zwickau.
Auf der Anklagebank sitzt Helmut S.
Das Besondere hierbei ist, dass die Tat in der damaligen DDR begangen wurde.
Und deswegen ist er auch nach damaligem Recht Paragraf 112 des Strafgesetzbuches der DDR angeklagt.
Und im Zweifel bedeutet das für ihn nämlich eine mildere Strafe,
weil man damals für Mord nicht mindestens 15 wie heute, sondern mindestens 10 Jahre bekam.
Helmut S. ist gezeichnet.
Nach langjährigem Alkoholmissbrauch hatte er einen Schlaganfall erlitten und er kann kaum reden oder laufen.
Eigentlich sitzt er im Rollstuhl, hat er sich aber mit seinem Gehstock hinkend vor das Gericht geschleppt.
Außerdem ist er an Demenz erkrankt.
Seine Verteidiger sagen, er wüsste zwar noch, dass er dreimal verheiratet gewesen sei,
könne aber nicht mehr benennen, mit wem.
Mal abgesehen davon, dass er eh kaum sprechen kann,
sei er auch unfähig überhaupt anzugeben, was er an diesem Tag vor 30 Jahren gemacht haben soll.
Ich glaube, das würde jedem schwerfallen, ja.
Die Hirnfunktionen bei ihm wären einfach zu beeinträchtigt.
Die Zeit zum Prozess hat er auch nicht in einem normalen Gefängnis verbracht,
sondern in einem Haftkrankenhaus.
Wegen all dieser Dinge wäre ihr Mandant nicht mehr verhandlungsfähig,
geschweige denn verteidigungsfähig.
Zumindest bei der Verhandlungsfähigkeit hat er ein Gutachter widersprochen
und ihm sehr wohl zwei Stunden Verhandlung pro Tag zugemutet.
Während der Verhandlung sagt er nichts, er guckt meist nach unten
und manchmal lauscht er den Worten seiner Anwälte mit offenem Mund.
Teilweise wirkt er teilnahmslos.
Alles Schauspielerei, meint Heikes Familie.
Sie tritt als Nebenkläger auf und obwohl ihre Anwälte sie gut auf den Prozess vorbereitet haben,
ist das Verhalten von Helmut S. wie ein Schlag ins Gesicht für sie.
Gabi Thieme von der Freien Presse begleitet den Prozess
und schildert, dass Helmut S. in den Pausen sehr wohl imstande ist,
mit seinem Verteidiger zu kommunizieren.
Er würde auch lachen.
Das sind die schlimmsten Momente, sagt Heikes Bruder Frank.
Die Diskussion, ob Helmut S. jetzt verhandlungsfähig ist oder nicht,
gipfelt darin, dass der Chefarzt des Haftkrankenhauses bei seiner Vernehmung angibt,
dass er es gar keine Unterstützung bräuchte.
Er könnte eigentlich die meisten Dinge selbstständig erledigen
und sei damit kein Fall für das Haftkrankenhaus.
Außerdem sagen Zeugen während der Verhandlungen,
dass Helmut S. Schach und Videospiele spielen kann,
dass er Treppen steigt und dass er neulich ferngesehen hat
und das Gezeigte ganz toll fand.
Es war eine Vergewaltigungsszene vom Tatort.
All das führt dazu, dass Heikes Bruder während der Vernehmung ausfällig wird.
Dieser Mann war 30 Jahre lang ein Schauspieler.
Man kann auch jetzt nicht erwarten, dass er die Tat zugibt,
sagt er nach seiner Vernehmung.
Dann richtet er sich an Helmut S.
Deine Gesundheit ist uns egal, wir spucken auf dich.
Der Richter ermahnt ihn.
Drei Wochen nach Prozessbeginn stirbt Heikes Vater plötzlich.
Er wird nicht mehr erfahren,
ob jemals jemand für den Tod seiner Tochter zur Verantwortung gezogen wird.
Mehrere Zeugen, die Helmut S. aus früheren Jahren kannten,
treten vor Gericht,
damit man sich quasi ein Bild von seiner Persönlichkeit machen kann.
Das ist ja üblich bei Indizienprozessen,
dass das ganze Leben einmal umgekrempelt wird,
damit man ein einheitliches Bild bekommt.
Seine Halbschwester beispielsweise wird vorgeladen
und schildert eine Situation,
die sie mit ihm im Teenager-Alter erlebt hat.
Er soll versucht haben, sich an ihr zu vergehen.
Andere Zeugen schildern Ähnliches.
Eine seiner Ex-Frauen sagt,
dass es vier Tage lang,
rund um die Zeit nach der aufsehenerregenden Tat,
mit Grippe krankgeschrieben war.
Und es war ja sehr nass in der Nacht und außerdem Minusgrade.
Das Charakterbild des Angeklagten scheint ziemlich eindeutig.
Es gibt aber andere Probleme,
die der Anklage zu schaffen machen könnten.
Beispielsweise der Verbleib einer Münze.
Man hatte in Heikes Vagina,
nämlich bei der Obduktion,
eine Ein-Mark-Münze gefunden.
Nee, das ist ja furchtbar.
Ja, das hatte der Täter offenbar
aus Hohn nachträglich eingeführt.
Ekelhaft.
Und diese Münze war damals auch gesichert worden,
aber jetzt ist sie irgendwie nicht mehr auffindbar.
Und das ist natürlich ein gefundenes Fressen
für die Anwälte von Helmut S.
Sie behaupten, dass damals,
als es die heutigen Standards der Beweissicherung noch nicht gab,
schlampig gearbeitet wurde.
Das aber schließt der Spuren Sachverständige aus.
Eine Verunreinigung käme nicht in Frage
und außerdem wurden die Asservate stets in Plastikverpackungen gelagert
und nur mit Handschuhen angefasst.
Trotzdem ist Helmut S.'s DNA
nur an einer Stelle,
und zwar im BH-Knoten, gefunden worden,
nicht auf den anderen Kleidungsstücken.
Ich finde den Prozess irgendwie deswegen so spannend,
weil sich hier natürlich jetzt nicht nur die Frage stellt,
ob die Indizien halt tatsächlich für eine Verurteilung reichen,
sondern auch, wie er verurteilt wird,
wegen seiner Gesundheit erst mal.
Und natürlich auch, ob das überhaupt Mord war.
Weil bei Totschlag wäre Helmut S. ja fein raus,
weil er dann nicht mehr mit einer Strafe rechnen müsste.
Weil Totschlag verjährt, genau.
Nach 43 Verhandlungstagen, 22 Zeugen und 5 Sachverständigen
fordert die Staatsanwaltschaft
die lebenslange Haftstrafe für Helmut S.
mit der Feststellung der besonderen Schwere, der Schuld.
Sie glaubt, Heike hatte vor über 30 Jahren eine Panne gehabt
und ist dann ihrem späteren Mörder in die Hände gefallen.
Die Spuren im Knoten der Tatwaffe
würden das eindeutig belegen.
Dort hätte der Täter zugezogen.
Helmut S. lässt sich von seinem Verteidiger zitieren.
Nee, ich war das nicht.
Seine Anwälte wollen einen Freispruch.
Es würden konkrete Anhaltspunkte für eine Täterschaft fehlen.
Außerdem verstehen sie nicht, warum man dem Mann, dessen Sperma
auf Heikes Hose gefunden wurde, glauben würde,
dass er sich nicht erklären kann, wie das auf die Hose kam.
Ihren Mandanten aber mit seiner DNA-Spur auf dem BH
eine Täterschaft nachweisen wollen.
Alles in allem sei die Beweislage ziemlich dünn
für eine Verurteilung wegen Mordes.
Finde ich irgendwie auch.
Also nur eine einzige Spur von diesem Helmut auf dem BH
ist ja schon relativ wenig.
Klar, der hat da auch diese Vorstrafen,
die so in die Richtung gingen.
Aber ich hätte jetzt nicht gedacht,
dass sie ihn bei so wenig Indiz in Anführungszeichen
wegen Mordes verurteilen können.
Das ist schon tatsächlich ziemlich ungewöhnlich.
Und eigentlich sagt diese DNA-Spur ja nur aus,
dass er irgendwie mit ihrem BH in Berührung gekommen ist.
Und es muss nicht mal direkt gewesen sein.
Also unter welchen Umständen, bleibt da ja völlig offen.
Ich habe selten von Fällen gehört,
wo jemand irgendwie des Mordes verurteilt werden würde
wegen einer DNA-Spur.
Nicht in Deutschland zumindest.
Ja.
Das wäre jetzt so noch gar nicht untergekommen.
Am 30. August 2017 wird das Urteil gesprochen.
Zu Beginn der Urteilsverkündung lobt der Richter erst mal
die unermüdliche Amelux-Arbeit von Petzold und Wolfram.
Die hätten nämlich am Ende zum Täter geführt,
der jetzt tatsächlich wegen Mordes an Heike W.
nach damals geltenden DDR-Recht
zu 15 Jahren Haft verurteilt wird.
Eine besondere Schwere der Schuld,
kannte das damalige Recht nicht.
Das Landgericht Zwickau stellt sie aber dennoch fest
und kombiniert so beide Rechtssysteme miteinander.
Helmut S. habe Heike brutal vergewaltigt
und sie zur Verdeckung der Straftat erwirkt.
Besonders schwer wiegt seine Schuld,
weil die Tatbegehung besonders drastisch war
und die Platzierung der Münze
menschenverachtende Züge offenbare.
Die genetische Spur von Helmut S.
würde sich genau an der Stelle befinden,
also an eben jenem Knoten,
mit dem der Täter damals zugezogen hätte.
Eine Verunreinigung der Beweismittel sei auszuschließen
und eine andere schlüssige Erklärung für die DNA an der Tatwaffe gäbe es nicht.
Helmut S. hätte damals in der Nähe gewohnt,
war ortskundig
und die Tat war ihm aufgrund seiner Vorstrafen nicht wesensfremd.
Der Rechtsfrieden sei nur mit diesem Urteil herzustellen.
Dann sagt der Richter noch,
die Gerechtigkeit hat einen langen Atem.
Heikes Brüder fallen sich um den Hals und haben Tränen in den Augen.
Wenigstens ihrer Mutter können sie jetzt den Frieden geben,
den sie sich immer für die Familie gewünscht hatte.
Die Anwälte von S. legen natürlich Revision ein
und meinen, dass der Fall aus mehreren Gründen vom BGH
auf Rechtsfehler geprüft werden muss.
Vor allem aber wegen der Kombination des damals geltenden Rechts und des heutigen.
Die Bundesrichter können aber keine Verfahrensfehler feststellen
und somit ist das Urteil seit Juli 2018 rechtskräftig.
Hm, hätte ich nicht gedacht.
Also sitzt der jetzt in so einem Krankenhausgefängnis oder in einem normalen?
Im normalen.
Der wurde auch schon während des Prozesses
dann wieder in ein normales Gefängnis gebracht.
Weil die ganzen Gutachter ja meinten,
nö, dem geht's nicht so schlecht.
Bei diesem Fall ist vielleicht auch sehr eindrucksvoll,
was für Arbeit die Ermittler geleistet haben.
Also Enrico Petzold wurde auch noch ausgezeichnet
für seine Hartnäckigkeit, muss man ja schon fast sagen.
Ja, der Name sagt mir auch was.
Also irgendwie, ja, sagt er mir was.
Also andere Beamter wären bei so einem Fall,
der so erfolgslos aussieht, wahrscheinlich nicht dran geblieben.
Und wir haben ja schon oft irgendwie von Fällen berichtet,
wo wir Schritte der Polizei nicht verstehen können.
Und das hinterlässt vielleicht auch manchmal den Eindruck,
dass wir uns immer Fälle aussuchen, wo unzureichend ermittelt wurde.
Aber das liegt eher an der Berichterstattung,
die dann natürlich eher verfolgt wird,
als bei einem Fall, wo alles glatt läuft.
Und ich habe mich sehr gefreut,
dass man jetzt hier mal einen Fall gefunden hat,
wo die Ermittler wirklich so akribisch waren
und auch so menschlich mitgefühlt haben mit dem Fall.
Ich habe auch das Gefühl,
dass meistens eher das rüberkommt,
als würden die Polizisten nichts auf die Reihe kriegen
und alles wäre falsch.
Und sie würden den ganzen Tatort verunreinigen und so weiter.
Aber es gibt diese Ermittler,
die an einem Fall für immer dranbleiben
und der ihnen irgendwie nicht aus dem Kopf geht.
Und sie haben schlaflose Nächte
und schaffen das manchmal dann nicht innerhalb ihrer Karriere,
diesen Fall zu lösen
und kommen darüber aber irgendwie nicht hinweg
und können damit nicht umgehen.
Aber ja, wie soll es denn auch sonst sein?
Das sind ja auch normale Menschen.
Und ich glaube,
wenn wir in solch schrecklichen Fällen ermitteln würden,
wo es um Kinder geht
oder um Vergewaltigung und Mord
und einfach einen Täter, der auf freiem Fuß ist,
dann würde es uns, glaube ich, genauso gehen,
dass man das nicht abstellen kann
und dass man immer weitersucht.
Das Gericht fand die Indizienkette übrigens eindeutig.
Wobei ich mich frage, welche Kette?
Also es gab ja die DNA,
dann gab es den Wohnort und sein Vorstrafenregister.
Aber das hängt eigentlich nicht zusammen, ehrlicherweise.
Mein Aha beschäftigt sich heute mit dem DDR-Recht,
angewandt in der jetzigen Zeit.
Und zwar ist es so,
wenn Straftaten heute erst aufgedeckt werden,
die damals in der DDR begangen wurden,
dann müssen sie auch nach damaligem Recht verurteilt werden.
So wie das in diesem Fall ja auch war.
Und damals in der DDR gab es nicht das Gesetz,
Mord verjährt nicht.
Da ist nämlich ein Mord sehr wohl nach 25 Jahren verjährt gewesen.
Und da könnte man ja jetzt denken,
dass Helmut S. dann für den Mord strafrechtlich eigentlich nicht mehr hätte belangt werden können.
Aber für diesen Fall gibt es einen Artikel im Einführungsgesetz des Strafgesetzbuches.
Und da steht drin, dass die Mordfälle, die in der DDR begangen wurden,
zwar nach DDR-Recht verurteilt werden müssen,
aber dass sie strafrechtlich verfolgt werden können,
selbst wenn sie nach damaligem Recht schon verjährt wären.
Im Zuge dieser Rechtseingleichung,
also von beiden Rechten,
gab es aber eine Ausnahme,
und zwar die Taten,
die bis 93 verjährt gewesen wären.
Also, hätte Helmut S. die Tat 1968 oder früher begangen,
dann wäre sie 93 verjährt gewesen,
und dann wäre er fein raus gewesen.
Da sie ja aber 87 begangen hat, lag sie weiter hinter.
Die besondere Schwere der Schuld gab es ja so damals in der DDR nicht.
Im Fall von Heike W. war es aber so,
dass die Richter die besondere Schwere der Schuld verglichen haben
mit einem Konstrukt, was auch in der DDR angewandt wurde.
Und das war der Mord aus besonders egoistischen Motiven.
Und danach war es eben auch in der DDR möglich,
einen Verurteilten die Option auf Haftentlassungen
nach 10 oder 15 Jahren zu nehmen.
Übrigens schönte man in der DDR die Kriminalstatistik,
weil man der Ansicht war,
dass der Sozialismus nicht mit Kriminalität vereinbar wäre.
Naja, aber unsere Kriminalstatistik
wird ja auch auf gewisse Weise beschönigt.
Aber ja klar, in der DDR war das natürlich noch mal anders.
Ja, und es wurde halt auch wenig darüber berichtet,
weil sie eigentlich die DDR-Bürger,
ich glaube auch gerade im Vergleich zu den Bürgern der BRD,
als sozial weiterentwickelt darstellen wollten.
Da gibt es auch ein Buch zu, zu den Taten der DDR.
Da ist auch dieser Bürger von Plauen, wird da behandelt.
Auch in Plauen.
Und genau, da geht es dann, also das sind dann Taten,
von denen du noch nie was gehört hast,
weil eben nicht darüber berichtet wurde in der DDR.
Schon eine Verarsche der Bürger, muss man ja so sagen.
Du meinst der Sozialismus?
Ja, die DDR.
Bevor ich jetzt mit meinem Fall anfange,
geht es noch kurz um ein Thema, das uns sehr am Herzen liegt,
und zwar der Menschenhandel und wie damit umgegangen wird.
Wusstest du, dass mehr als drei Viertel der Opfer von Menschenhandel
in der EU Frauen sind?
Wusste ich nicht, habe ich mir aber ehrlich gesagt gedacht,
weil ich Menschenhandel natürlich auch immer gleich
im Zusammenhang mit Zwangsprostitution sehe.
Genau, die meisten von Ihnen werden eben auch zur Prostitution gezwungen
oder aber auch zur Arbeit gezwungen für viel zu wenig Lohn.
In den Jahren 2013 bis 2014 wurden laut EU-Bericht
insgesamt 15.846 Frauen, Männer, Mädchen und Jungen
als Opfer von Menschenhandel in der EU registriert.
Und dagegen geht die EU gemeinsam vor.
Und zwar mit Prävention, Opferschutz
und natürlich auch mit einer gemeinsamen Strafverfolgung.
Die EU-Kommission hat da zum Beispiel eine elektronische Plattform
ins Leben gerufen, auf der sich rund 100 Organisationen
aus ganz Europa austauschen.
Das EU-Recht garantiert den Opfern von Menschenhandel
verbriefte Rechte, darunter den Anspruch auf Rechtsberatung
und auch medizinische Versorgung.
Diese gemeinsame Kraft gegen Menschenhandel
ist nur einer von ganz vielen Gründen,
warum wir die EU brauchen.
Ja, und vor allem auch, warum wir alle
am 26. Mai, also diesen Sonntag, wählen gehen sollten.
Genau, und in unsere Shownotes stellen wir euch auch alle Infos zur Wahl.
Okay, ich fange an.
In meinem Fall diese Folge hast du, Paulina, schon einmal in einem anderen Zusammenhang
hier im Podcast erwähnt.
Und wirklich?
Und er zeigt, dass nichts ist, wie es scheint.
Michelle wächst in Oberweißbach im Thüringer Wald auf.
Schon mit 15 Jahren weiß sie, dass sie einmal Polizistin werden möchte.
Ihr Onkel ist bei der Polizei und ihr großes Vorbild.
2003 beginnt sie in Baden-Württemberg mit 18 Jahren ihre Ausbildung zur Polizistin.
2007 arbeitet Michelle in Heilbronn.
Sie ist viel als verdeckte Ermittlerin im Rauschgift-Milieu tätig und verschafft sich so den Respekt
der anderen, meist männlichen Kollegen in ihrem Team.
Am 25. April 2007 beginnt die 22-Jährige morgens ihren Bereitschaftsdienst.
Zusammen mit ihrem Kollegen, dem 24-Jährigen Martin, fährt sie im Streifenwagen durch Heilbronn.
Gegen 14 Uhr fahren die beiden auf den Parkplatz der Theresienwiese, wo nebenan gerade für
das Frühlingsfest aufgebaut wird.
Dort wollen sie Mittagspause machen.
Doch plötzlich tauchen an beiden Seiten des Autos Gestalten auf.
Sie richten Pistolen auf Michels und Martins Kopf und drücken ab.
Die beiden Polizisten sacken sofort zusammen.
Die Täter zehren die beiden aus dem Auto und nehmen ihnen die Dienstwaffen und Handschellen
ab.
Dann flüchten sie.
Ein Fahrradfahrer, der die zwei Schüsse gehört hat, ruft die Polizei.
Sofort kommen mehrere Streifenwagen.
Rund um das Auto der beiden Beamten wird rot-weißes Absperrband gespannt.
Michelle stirbt noch am Tatwort.
Ihr Kollege Martin wird schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht.
Dort liegt er mehrere Wochen im Koma.
Martin hatte einen der Täter im Rückspiegel gesehen und sich deshalb umgedreht.
So hat er sich wahrscheinlich selbst, ohne es zu wissen, das Leben gerettet.
Denn durch seine kleine Bewegung wurde er nur seitlich am Kopf getroffen.
Die ersten Anhaltspunkte für die Suche nach den Tätern sind die Hülsen und Projektilteile
am Tatort.
Die können ganz bestimmten Waffen zugeordnet werden, und zwar einer Tokarev T-33 und einer
Radom VIS-35.
In den Tagen nach der Tat werden auch verschiedene Zeugen gehört.
Mehrere von ihnen erzählen, dass sie gesehen haben, wie blutverschmierte Männer sich schnell
vom Tatort entfernt haben.
Als Martin nach einigen Wochen aus dem Koma erwacht, kann er sich an die Tat so gut wie
gar nicht erinnern.
Aber erinnerst du dich jetzt, Paulina?
Ja, ich weiß natürlich, dass es jetzt um unsere Erinnerungsfolge ging, wo man Martin mithilfe
von Hypnose versucht hat, wieder auf die Sprünge zu helfen, also seinem Gedächtnis wieder
auf die Sprünge zu helfen.
Genau, in Folge 4 hatten wir über die Erinnerungen gesprochen und hatte Paulina das erzählt.
Und mit Martins Hilfe können dann Phantomzeichnungen der beiden Täter angefertigt werden.
Doch gefunden werden diese Männer nicht.
Wochenlang kommt die sogenannte Soko-Parkplatz nicht weiter, die mit mehr als 45 Beamten an
dem Fall arbeitet.
Denn neben den Projektilteilen, den Phantombildern und den Zeugenaussagen gibt es kaum verwertbare
Hinweise.
Doch nach sieben Wochen gibt es eine erste richtige Spur.
An dem Streifenwagen der beiden wird DNA gefunden.
Sie gehört zu einer Person, die bereits in der Datenbank des Bundeskriminalamts gespeichert
ist.
Sie gehört zu einer Person, die schon im Zusammenhang mit über 30 Straftaten steht.
Doch die Person hat keinen Namen.
Das Einzige, was die DNA bei sie aussagt, ist, dass es sich um eine Frau handelt.
Um die Frau ohne Gesicht.
Die von der Polizei auch UWP genannt wird, also unbekannte weibliche Person.
Die Spur der UWP taucht zum ersten Mal bei einem Mord am 25.
Mai 1993 in Idar-Oberstein in Rheinland-Pfalz auf.
An dem Tag wird die alleinstehende Rentnerin, Lieselotte Schlänger, brutal ermordet.
Einen Tag später findet die Polizei die 62-Jährige in ihrer verwüsteten Wohnung.
Um ihren Hals ein mehrfach gewickelter Blumendraht.
Die Ermittler finden zunächst keine verwertbaren Spuren, nur drei Gläser auf dem Küchentisch
und eine Flasche Sprudelwasser.
Eine Zeugin gibt an, dass sie einen, Zitat, Vertretertypen, also jemanden, der etwas verkaufen
will und gesehen haben will, mit einem Pilotenkoffer und Bodybuilderstatur.
Doch die Polizei findet diesen Mann nicht und sonst auch niemand Verdächtigen.
Fünf Jahre nach der Tat wird beim Bundeskriminalamt eine bundesweite DNA-Datenbank angelegt
und Staatsanwaltschaften im ganzen Land fangen an, neue Spuren in ungelösten Fällen zu suchen.
Und so werden 2001 auch in Idar-Oberstein die Tassen aus der Asservatenkammer gekramt und auf DNA untersucht.
Auf ihnen wird der genetische Fingerabdruck einer Frau gefunden,
die erst im März diesen Jahres ihre DNA an einem anderen Tatort, und zwar in Freiburg, hinterlassen hat.
Am 26. März 2001 lässt der Frührentner Josef Walzenbach jemanden in seine Wohnung in Freiburg,
dem er Getränke anbietet.
Einige Zeit später findet ihn seine Nachbarin tot in der Wohnung liegen.
Der 61-Jährige wurde mit einem unbekannten Gegenstand so lange auf den Kopf geschlagen,
bis er einen Schädelbruch erlitt und anschließend erwürgt.
Und wieder, an einem Glas hinterlässt die Frau ihre Spur.
Die beiden Fälle werden miteinander in Verbindung gebracht und eine gemeinsame Soko gegründet.
Die Ermittlungen ergeben, dass bei beiden Taten Zeitschriftenwerber in der Nähe gesehen wurden.
Deshalb werden daraufhin ganze Drückerkolonnen überprüft.
Doch die Soko findet die Frau nicht.
In den darauffolgenden fünf Jahren wird ihre Spur bei etlichen Straftaten gefunden,
vornehmlich bei Einbrüchen und Diebstählen.
So zum Beispiel auf einem mitgebrachten Keks in einem aufgebrochenen Wohnwagen in der Nähe von Mainz,
auf einer Heroinspritze auf einem Autobahnparkplatz in der Eifel oder an einem Tankdeckel eines gestohlenen Autos.
2004 reist die Frau ohne Gesicht nach Österreich.
Dort wird ihre Spur an 13 Tatorten gefunden.
Unter anderem baut sie dort in einem Autohaus Dutzende Airbags aus Neuwagen aus und bricht in ein Elektrofachgeschäft ein.
Bei zwei Taten in unserem Nachbarland konnten tatsächlich Mittäter gefasst werden.
Und zwar zwei Männer, die beide in U-Haft kommen und beide aber keine Aussage machen.
Scheint eine ziemlich aktive Täterin zu sein mit ziemlich vielen Interessen.
Ja.
Und 2006 kommt die UWP zurück nach Deutschland.
Dann wird 2007 die Polizistin Michelle getötet.
Diese Tat fällt völlig aus dem Raster, aber letztendlich sorgt sie dafür,
dass so viele Menschen nach der Frau ohne Gesicht suchen wie nie zuvor.
Darunter auch Profiler, die versuchen ein Täterprofil der Frau zu erstellen.
Oh, das scheint fast unmöglich.
Ja.
Aber sie sind sich sicher, dass es sich um eine, Zitat, eiskalte Täterin handelt
und sie es mit einer, Zitat, sehr, sehr gewissenlosen, brandgefährlichen Person zu tun haben.
Sie suchen eine weibliche Person, die sich im Drücker- und Drogenmilieu aufhält,
brutal, mobil und in wechselnder männlicher Begleitung unterwegs ist.
Die Profiler gehen außerdem davon aus, dass sie einer organisierten Bande angehört,
bei der sie entweder nur eine Mitläuferin oder die Anführerin ist.
Und sie sagen auch, dass es sein könnte, dass die Frau nicht immer als Frau in Erscheinung tritt.
Und zwar haben sie diese Theorie, weil von verschiedenen Zeugen ausgesagt wurde,
dass sie sich einig waren, dass auf keinen Fall eine Frau an der Tat beteiligt war.
Hm.
Eine Rasterfahndung beginnt und tausende Bürgerinnen müssen ihre Speichelprobe abgeben.
Doch der Computer meldet keinen Treffer.
Und die UWP macht auch nach dem Mord an Michelle und geniert weiter.
Am 10. März 2008 zum Beispiel gibt es wieder einen Treffer.
Die DNA wird an einem Auto gefunden, mit dem die Leichen von drei getöteten Georgiern in Heppenheim transportiert wurden.
Mit jeder neuen Tat wird das Profil unklarer.
Mal steht die Frau ein Motorrad, dann zapft sie von einer Baumaschine Diesel ab
und dann lässt sie in einer Gartenhütte eine Gitarre mitgehen.
Dann endlich, 2009, nachdem hunderte Staatsanwälte, Polizisten und Kriminaltechniker
sich den Kopf zerbrochen haben über die UWP, ist die Jagd nach dem Phantom vorbei.
In einer Pressekonferenz vom 27. März 2009 gibt das LKA Baden-Württemberg in Stuttgart bekannt,
es war eine Frau und wir haben die Frau auch gefunden.
Die gesuchte Frau ist eine 71-Jährige aus Oberschlesien stammende Mitarbeiterin einer bayerischen Kunststofffirma.
Diese Frau montiert tagtäglich hölzerne Wattestäbchen auf Verschlussstopfen und verpackt diese in Plastikröhrchen.
Die zuständigen Polizeibehörden aller Orte, an denen die DNA der UWP gefunden wurde,
hatten ihre Spuren Abstrichbestecke von einer Firma aus Frickenhausen.
Und diese Firma hatte ihre Wattestäbchen von der Kunststofffirma, in der die genannte Mitarbeiterin arbeitet.
Also hatte die Frau ihre DNA bei dem Hantieren mit den Wattestäbchen einfach darauf hinterlassen
und nun wirklich gar nichts mit den Taten zu tun.
Das ist so unfassbar.
Vor allem, dass man auch einfach zwei Jahre lang, weiß ich nicht, wie viele Profiler daran setzt,
und die denken, was ist das für ein Übermensch?
Was ist mit dieser Frau?
Stiehlt diese Gitarren, ermordet Polizistinnen, ist unsichtbar, ist vielleicht ein Mann auch oder verkleidet sich vielleicht auch als Mann.
Das ist so absurd.
Es ist wirklich so verrückt.
Und auch, ich habe ja die ganzen alten Dokus dazu geguckt und Fernsehbeiträge.
Und da sind ja auch noch die Medien der Meinung, es gibt diese Frau.
Und das ist dann halt so witzig.
Also ich glaube, die ARD hat dann halt die Profiler begleitet bei ihrer Arbeit und so.
Ey, die dachten sich auch so im Nachhinein, was für eine Scheiße.
Weil die müssen dann ja ein Täterbild erstellen und versuchen dann ja auch, da irgendwas rein zu interpretieren.
Und die dachten sich am Ende ja auch nur so, ja toll, da hat jemand halt keine Handschuhe angehabt.
Geil.
Aber wie war die Polizei jetzt darauf gekommen?
Zehn Tage vor der Pressekonferenz wird die DNA der UWP erneut gefunden.
Und zwar im Rahmen der Untersuchung einer Brandleiche.
Bei der vermutet die Polizei, dass es sich um einen seit dem Jahr 2002 vermissten männlichen Asylbewerber handelt.
Um das zu überprüfen, werden die Spuren von der Leiche mit den Spuren auf dem Fingerabdruckblock in der Asylakte des Vermissten verglichen.
Und tatsächlich, es ist der Gesuchte.
Doch auf dem Fingerabdruckblock findet sich auch die DNA der UWP.
Doch das kann ja eigentlich gar nicht sein, denken sich die Beamten.
Denn dieser Fingerabdruckblock war immer in der Asylbehörde gewesen und war ganz sicher nie von einer weiblichen Kriminellen angefasst worden.
Durch diesen Vorfall waren sich die Ermittler dann sicher, dass etwas mit dem Abstrichbesteck nicht in Ordnung sein könnte.
Weil woher sollte sonst die weibliche DNA auf den Block kommen?
Und daraufhin wurde das Besteck getestet und der Weg bis in diese Kunststofffirma verfolgt.
Und so ist das Ganze quasi aufgeflogen.
Warum das eigentlich gar nicht hätte passieren können, erzähle ich dann später noch in der Diskussion.
Aber kommen wir erstmal zurück zu Michelle, der getöteten Polizistin.
Von 2007 bis 2009 jagt die Soko Parkplatz, also dem sogenannten Phantom von Heilbronn hinterher, das es gar nicht gibt.
Nach dem Aufdecken der Ermittlungspanne 2009 müssen sie also ganz von vorne beginnen.
Doch zwei weitere Jahre vergehen ohne neue Anhaltspunkte.
Dann werden am 11. November 2011 die Leichen von zwei Bankräubern in einem verbrannten Wohnmobil in Eisenach gefunden.
Die Männer sind Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt.
Neben ihnen finden die Ermittler die Dienstwaffen von Michelle und Martin.
Vier Tage später wird eine weitere Verdächtige festgenommen.
Beate Zschäpe, die kurz nach dem Banküberfall am selben Tag eine Wohnung in Zwickau in Brand gesetzt hat, in der sie mit den beiden Uwes lebte.
In dieser Wohnung werden nicht nur eine Tokarev T33 und eine Radom VS35 gefunden, die auch in dem Mord an Michelle verwendet wurden.
Sondern auch eine Jogginghose, mutmaßlich von Uwe Mundlos, mit Blutspritzern von Michelle.
In der Folge kommt heraus, dass es sich bei dem Trio nicht nur um Bankräuber, sondern um eine rechtsextreme Terrorgruppe handelt.
Dem nationalsozialistischen Untergrund, kurz NSU.
Und hier werde ich jetzt meine Haare ein bisschen nach vorne ziehen, damit alle Zuhörer auf demselben Stand sind,
da ich mir sicher bin, dass nicht alle ganz genau über die Absichten und die Taten von Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe Bescheid wissen.
Der NSU wird 1999 von Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt gegründet, und zwar mit dem Ziel, mit bürgerausländischer Herkunft zu ermorden.
Die drei leben zu dieser Zeit seit etwa einem Jahr untergetaucht.
Kennengelernt haben sie sich in einem Jugendclubhaus in Jena, ihrem Heimatort.
Ab 1993 radikalisieren sie sich und schließen sich der Neonazi-Vereinigung Thüringer Heimatschutz an.
In den Jahren darauf werden alle drei immer wieder auffällig, werden deshalb vom Verfassungsschutz beobachtet.
Auffällig werden sie zum Beispiel, weil Beate Zschäpe eine fremdenfeindliche Demo mit dem Motto anmeldet
zur Bewahrung Thüringer Identität gegen die Internationalisierung durch die Europäische Gemeinschaft.
Oder weil Uwe Böhnhardt eine menschengroße Puppe mit gelben Judenstern an einer Autobahnbrücke in Jena aufhängt.
Oder weil er zusammen mit Uwe Mundlos in Nazi-Uniform in der Gedenkstätte KZ Buchenwald erscheint.
Als die Polizei 1998 herausfindet, dass sie drei mehrere Briefbomben-Attrappen gebaut und
verschickt hatten, wird Haftbefehl gegen sie erlassen.
Doch zu dem Zeitpunkt sind die schon untergetaucht.
Ein Jahr später gründen sie den NSU und fangen an, die furchtbaren Taten akribisch zu planen.
Zwischen 2000 und 2007 ermorden sie dann neun männliche Kleinunternehmer mit Migrationshintergrund.
Alle Opfer sind in Deutschland völlig integriert.
Auf alle Opfer wird aus kurzer Distanz mehrfach geschossen.
In allen Fällen ermittelt die Polizei im Umfeld der Opfer.
Ein rechtsextremer Hintergrund wird ausgeschlossen.
Neben den Morden verübt der NSU 43 Mordversuche, drei Sprengstoffanschläge und 15 Raubüberfälle.
Am 4. November 2011 überfallen Mundlos und Bönert erneut eine Bank.
Doch die Polizei ist ihnen auf den Fersen.
Das wissen die beiden, denn sie hören den Polizeifunk ab.
Bevor sie verhaftet werden können, begehen die beiden Selbstmord.
Und so wird erst im November 2011 bekannt, dass es die Terrorzelle der NSU gibt.
Und zwar mit dem Leichenfund der beiden Männer in dem Wohnwagen
und dem Fund von Bekennervideos in der Wohnung in Zwickau.
Obwohl der Verfassungsschutz die drei schon lange beobachtet hatte,
viele V-Leute eingesetzt worden waren,
die auf die rechtsextreme Szene im NSU-Umfeld angesetzt wurden,
und die Taten nun wirklich sehr offensichtlich miteinander in Verbindung standen
und auf einen rechtsextremen Hintergrund deuteten,
wurde der NSU erst bekannt, als sich die drei selbst dazu entschieden.
Das Versagen des Staates in diesem Fall
führt zu einer tiefen Krise der deutschen Sicherheitspolitik.
Und im Mai 2013 startet der NSU-Prozess gegen Beate Zschäpe.
Am 11. Juli 2018 wird sie als Mittäterin der Morde und Sprengstoffanschläge
wegen Mitgliedschaft im NSU und wegen schwerer Brandstiftung
zu lebenslanger Haft verurteilt und die besondere Schwere der Schuld festgestellt.
Auch für den Mord an Michelle wird der NSU verantwortlich gemacht.
Neben den gefundenen Dienstwaffen, den mutmaßlichen Tatwaffen,
der Jogginghose und der Bekennervideos, in der auch Michelle erwähnt wird,
gibt es noch etwas, das darauf hindeutet, dass der NSU beteiligt war.
Und zwar finden Journalisten vom RBB bei ihrer Recherche zu der Doku
»Der Tod einer Polizistin« altes ARD-Material.
Auf diesem Videomaterial, das am 27. April 2007, also zwei Tage nach der Tat, gemacht wurde
und die Kranzniederlegung am Tatort dokumentiert,
zeigt ein Graffiti an der Wand, unmittelbar neben dem Tatort,
ein Graffiti mit den Buchstaben NSU.
Ach was.
Damals, also 2007, sagte diese Bezeichnung aber niemandem etwas und war deshalb nicht aufgefallen.
An dieser Stelle muss ich kurz sagen, dass die Doku »Der Tod einer Polizistin«,
dass sie extrem gut gemacht ist und dass jeder, der sich für den NSU interessiert,
die unbedingt anschauen sollte.
Link gibt es dann wie immer in den Shownotes.
Ja, es stellt sich ja trotzdem die Frage, warum sollten Michelle und Martin sterben?
Die Tat passt ja erstmal gar nicht in die Reihe der NSU-Morde.
Michelle und Martin hatten keinen Migrationshintergrund.
Daher vermuten die Ermittler zunächst eine Beziehungstat.
Michelle hatte lange Zeit gegenüber einer Kneipe gewohnt,
in der sich regelmäßig Rechtsextreme trafen.
Außerdem waren zwei ihrer Kollegen von der Polizei bis 2002
Mitglieder der sogenannten »European White Knights of the Ku Klux Klan«,
einer rassistischen Organisation, der auch einer der V-Männer angehört hat,
die im NSU-Umfeld eingesetzt wurden.
Doch diese Spur führt ins Leere.
Am 9. Dezember 2015 erklärt Beate Zschäpe im NSU-Prozess,
dass Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt ihr gegenüber erklärt hätten,
den Mord an Michelle begangen zu haben, um an die Dienstpistolen zu kommen,
weil ihre eigenen Waffen Ladehemmungen hatten.
Später gibt sie an, dass sie glaubt, ihr wurde das wahre Motiv für den Mord verschwiegen.
Am Ende des Prozesses rechnet die Bundesanwaltschaft die Tat nur Mundlos und Böhnhardt zu
und nimmt an, dass sie die beiden Polizisten zufällig und als Vertreter des verhassten Staates auswählten.
Doch nach dem Prozess kommen irritierende Informationen heraus.
Der Stern schreibt zum Beispiel, dass am Tattag am Tatort Geheimdienstmitarbeiter der USA anwesend waren.
Außerdem kommt in der Analyse mit der Handyfunkdaten heraus, dass das Handy eines bekannten Islamisten in der Nähe der Theresienwiese eingewählt war.
Ob Michelle und Martin eine Geheimdienstaktion störten oder irgendwie an einer Beobachtung beteiligt waren, weiß man nicht.
Warum Michelle wirklich sterben musste, kann man also bis heute nicht mit Sicherheit sagen.
Auch nicht, von wem sie umgebracht wurde.
Am Tatort wurden nämlich keine Spuren von Mundlos oder Böhnhardt gefunden.
Stattdessen eine unbekannte DNA auf dem Rücken von Martin.
Die Blutspritzer von Michelle auf der Jogginghose von Uwe Mundlos deuten außerdem darauf hin,
dass die Person, die die Jogginghose trug, nicht der Schütze war, sondern neben dem Schützen stand.
Das würde ja darauf hindeuten, dass mindestens drei Täter am Mord an Michelle beteiligt waren.
Also mindestens zwei standen auf der Seite von Michelle und mindestens einer auf der Seite von Martin.
Wegen dieser ganzen Ungereimtheiten wurden der Polizei Versäumnisse vorgeworfen.
Warum wurde es nicht bis zum Ende aufgeklärt?
Weil dann vielleicht herausgekommen wäre, dass noch mehr Leute der NSU angehört haben?
Weil dann alle NSU-Morde nochmals hätten aufgerollt werden müssen?
Vielleicht.
Was aber ganz sicher ist, ist, dass wenn die Ermittler nicht zwei Jahre lang einem Phantom hinterhergejagt wären,
hätte der Fall schneller und vielleicht auch gründlicher aufgeklärt werden können.
Ja.
Ich habe mir ja schon ein bisschen gedacht, dass du den Fall von dem Phantom von Heilbronn machst.
Deswegen habe ich es noch nicht vorweggenommen.
Aber tatsächlich war das auch Thema bei meinem Fall im Prozess.
Weil der Richter nämlich genau deswegen wissen wollte, wie die Asservate gelagert waren.
Er hat halt auch den Namen genannt.
Und deswegen musste Enrico Petzold halt genau sagen, wer wie, wann was angefasst hat.
Weil der Richter sich schon darüber bewusst war, dass es eben dieses Phantom gab.
Und er wollte das halt tatsächlich auch für diesen Fall ausgeschlossen wissen.
Und deswegen, selbst wenn in der Berichterstattung wenig über die genauen Details der DNA berichtet wurde, gehe ich davon aus, dass sie wirklich sehr gewissenhaft da geguckt haben, reicht diese DNA-Spur wirklich aus, um den Mörder auszumachen.
Weil die halt auch sensibilisiert waren durch diesen Fall.
Ja.
Bevor wir beide jetzt zusammen so ein bisschen über die DNA diskutieren, einmal kurz für alle, was das eigentlich ist.
Unsere DNA ist im Kern von fast jeder Zelle eines Menschen.
Und in diesem Zellkern sind unsere Erbinformationen enthalten.
Und aussehen tut das Ganze wie diese Wendeltreppe, die man aus dem Bio-Unterricht kennt.
Ich habe zu den Vorgehensweisen gelesen, für ein vollständiges DNA-Profil werden in Deutschland 13 Stellen an der DNA untersucht.
Und daraus ergeben sich dann lange Zahlencodes.
Das ist jetzt wirklich sehr einfach runtergebrochen, ja.
Die Wahrscheinlichkeit, dass noch jemand diese Kombination, der 13 Stellen hat, liegt bei 1 zu einer Billion.
Es sei denn, du hast einen eineigigen Zwilling.
Und über die DNA können eben auch Rückschlüsse auf ein Verwandtschaftsverhältnis geschlossen werden.
DNA kann aus Körperflüssigkeiten wie Blut, Sperma oder Speichel, aber auch aus Hautzellen oder Haarwurzeln gewonnen werden.
Wir hinterlassen überall unsere DNA ständig, immer wenn wir Dinge anfassen, immer wenn wir mit jemandem sprechen, beim Niesen.
Wir tragen sie an unseren Kleidungsstücken.
Man kann die auf etliche Arten übertragen, auch durch die Luft.
Deswegen hinterlassen wir halt immer unsere Spuren.
Und für die Ermittler ist die DNA-Analyse ein unfassbarer Fortschritt gewesen.
Und sie gilt quasi als nahezu sicher.
Und deswegen ist es wichtig, dass die DNA-Spuren am Tatort entsprechend gesichert werden.
Und deswegen muss der Ist-Zustand da halt unangetastet bleiben.
Also, dass nicht ständig tausende Leute ohne Schutzanzüge den Tatort verunreinigen, indem sie ihre eigene DNA oder die DNA, die an ihnen haftet, halt eben da verstreuen.
Und deswegen sind Fotos übrigens auch so wichtig oder Videoaufnahmen, um eben festzuhalten, was ist am Tatort passiert, wie sah es zu Beginn aus, wer ging rein und rauf.
Ja, genau. Das macht ja die Spurensicherung unter anderem.
Und die wird ja immer gerufen, wenn die Polizei von einem Ort als Tatort ausgeht.
Und die Sicherung der Spuren beinhaltet dann natürlich die Spurensuche, die Spurenerfassung, die du eben schon erwähnt hast, zum Beispiel das Dokumentieren von Fotos oder die Nummerierung.
Und dann die Spurenauswertung im Labor.
Und das macht man alles, weil man von der Lokartischen Regel ausgeht.
Und die besagt, dass es keinen Kontakt zwischen zwei Objekten geben kann, ohne dass diese Spuren aufeinander hinterlassen.
Das ist jetzt für uns True-Crime-Experten nichts Neues.
Aber Edmond Lokart, nachdem diese Regel benannt ist, hat schon 1910 Folgendes zu Papier gebracht.
Nicht nur seine Fingerabdrücke oder seine Fußabdrücke, auch seine Haare, die Fasern aus seiner Kleidung, das Glas, das er bricht, die Abdrücke der Werkzeuge, die er hinterlässt,
die Kratzer, die er in die Farbe macht, das Blut oder Sperma, das er hinterlässt oder an sich trägt.
All dies und mehr sind stumme Zeugen gegen ihn.
Dies ist der Beweis, der niemals vergisst.
Er ist nicht verwirrt durch die Spannung des Augenblicks.
Er ist nicht unkonzentriert, wie es die menschlichen Zeugen sind.
Er ist ein sachlicher Beweis.
Physikalische Beweismittel können nicht falsch sein.
Sie können sich selbst nicht verstellen.
Sie können nicht vollständig verschwinden.
Nur menschliches Versagen, diese zu finden, zu studieren und zu verstehen,
kann ihren Wert zunichte machen.
Es ist ja total absurd, dass jemand so was, so viele Jahre,
bevor es dann eben technisch möglich war, diese DNA auszuwerten und zu analysieren,
da schon so weitsichtig war.
Weil von diesen ganzen kleinen Genen und Zellkernen kann der ja wirklich wenig gewusst haben zu dem Zeitpunkt.
Und er hat ja auch so recht damit, dass es an sich was völlig Neutrales ist und nur der Mensch im Endeffekt eventuell was Falsches draus macht.
Ja, und auch vor allen Dingen finde ich das mit dem menschliches Versagen, diese zu finden, zu studieren und zu verstehen.
Also genau, auch diese Interpretation, die oft halt falsch ist.
Und ja, und dieser Lokal gilt auch gerade wegen diesen Gedanken auch zum Mitbegründer der Forensik sozusagen.
Genau, und dieses menschliche Versagen haben wir auch bei meinem Fall gesehen, dem Phantom von Heilbronn.
Da hatten die Ermittler natürlich auch schon vor 2009 den Verdacht gehabt, dass es sich möglicherweise um eine Kontamination handeln könnte.
Doch bei der Überprüfung der Labore hatten sie keine Mängel festgestellt und auch eine Verunreinigung der Wattestäbchen war ausgeschlossen worden.
Und zwar, weil es normalerweise so abläuft.
Eigentlich gibt es nämlich immer ein sogenanntes Kontrollstäbchen.
Das heißt, es gibt immer noch ein zweites Stäbchen, das nicht ausgepackt und im Labor danach aber trotzdem mitgetestet wird.
Wenn dieses Stäbchen dann dieselbe Spur aufweist wie das benutzte Stäbchen, dann ist ja klar, dass irgendwas nicht stimmen kann.
Im Fall des Phantoms soll immer auch ein Kontrollstäbchen mitgetestet worden sein, weshalb die Ermittler die Verunreinigung ausgeschlossen hatten.
Dass das Kontrollstäbchen aber in allen Fällen jeweils immer eins gewesen sein soll,
das dann nicht von der Mitarbeiterin gefertigt bzw. kontaminiert wurde, ist irgendwie schwer vorstellbar.
Man könnte hier jetzt behaupten, dass gar nicht immer ein Kontrollstäbchen genutzt wurde.
Mach ich aber nicht.
Worauf ich eigentlich hinaus will, ist, dass eigentlich immer kontrolliert wird, ob das Wattestäbchen mit der Spur verunreinigt ist.
Und dass es sich in meinem Fall aber nicht um einen Fehler gehandelt hat, das ist eigentlich der Witz an der ganzen Sache.
Denn so eine Panne war ohnehin absehbar gewesen, weil es bis dato keine Qualitätsstandards für die Wattestäbchen gab.
Also es gab keine Richtlinien, wie die steril gemacht werden sollten oder aus welcher Firma sie bezogen werden.
Aber, also im Grunde genommen war es wahrscheinlich die gleiche Frau, die irgendwie Watte um die Q-Tips bindet, die ich mir nachher in die Ohren stecke oder was.
Ja.
Also, aber wie kam denn ihre DNA daran? Konnte man das feststellen, ob das von ihren Fingern war oder hat sie raufgenießt oder?
Nee, aber, also sie hat anscheinend ohne Handschuh gearbeitet, aber es kam auch am Ende quasi raus, dass es niemals ein DNA-freies Produkt war oder sein sollte oder so.
Ja, ich wollte gerade sagen, was dachte sie, wofür sie dieses Stäbchen macht?
Genau, das war dann so ein bisschen Aussage gegen Aussage, weil die Firma meinte, ihnen wurden nie gesagt, dass es ein DNA-freies Produkt sein soll, weil sie nicht wussten, wofür das überhaupt benutzt wird und ja, aber man weiß nicht so richtig, ob das stimmt oder nicht.
Was man aber eben weiß ist, dass eben manche Landeskriminalämter mit keimfreien und anderen mit DNA-freien Wattestäbchen gearbeitet haben, obwohl ich dann auch gelesen habe, dass das Label DNA-frei sowieso fragwürdig ist.
Viele Experten sagen nämlich, dass es ein solches Produkt nicht geben kann.
Selbst die Tatsache, dass die Wattestäbchen bei der Herstellung mit Ethylenoxid behandelt oder mit Strahlen sterilisiert würden, reiche nicht aus, um alle DNA-Spuren zu vernichten, zum Beispiel die irgendwo beim Pflücken der Baumwolle zum Beispiel schon entstanden sind.
Ach, mhm.
Aber das Phantom von Heilbronn führte dann eben zu einer Diskussion über die Qualitätsstandards von Wattestäbchen und die Bezugsquellen.
Zumindest wurden danach Reformen gefordert.
Ich konnte aber nirgends finden, ob es wirklich auch zu Reformen gekommen ist und heute Standards da sind für Wattestäbchen.
Und deshalb habe ich das BKA angeschrieben.
Die haben mir jetzt zurückgeschrieben, dass es zwar keine Vorgaben speziell für die Wattestäbchen gibt, aber mittlerweile schon allgemeine Vorgaben für diese Abstrich-Kits.
Unter anderem, dass alle Komponenten des Kits durch Ethylenoxid behandelt werden müssen, es einzeln verpackte Röhrensysteme gibt.
Und dass die Herkunft des jeweiligen Produkts auch genau nachzuverfolgen ist.
Wahrscheinlich sind die Unternehmen einfach jetzt sehr wachsam, weil die natürlich alle nicht wollen, dass denen das passiert.
Deswegen sorgen die wahrscheinlich jetzt selbst dafür.
Tatsächlich sind ja ähnliche Dinge passiert, gerade in den USA.
Da gab es nämlich eine Welle, wo oft dann Ermittler in das Visier der Ermittlung geraten sind, weil ihre DNA komischerweise auf den Tatwaffen gefunden wurde oder auf irgendein Kleidungsstück des Opfers.
Und ich hatte da von einem Fall tatsächlich gelesen, der ganz dramatisch auch ausgegangen ist, weil da der Mitarbeiter des Labors beschuldigt wurde, tatsächlich.
Und da hatte man noch nicht daran gedacht, dass das eventuell durch eine Verunreinigung sein könnte, weil man damals noch nicht so weit war.
Und genau wegen eines solchen Falls habe ich von Laboren gelesen, die vorsichtshalber halt die DNA-Profile ihrer Mitarbeiter speichern.
Also es würde dann trotzdem aufploppen, aber dann weiß man im Grunde genommen gleich, okay, hier könnte sich das dann um eine Verunreinigung handeln.
Wir hatten ja gerade erst in Folge 21 über das kontaminierte Messer von Amanda Knox' Freund gesprochen, also von Raffaele.
Auf dem befand sich ja am Griff Amandas DNA und auf der Messerschneide, die von der ermordeten Meredith.
Und die Ermittler aus Perutia hielten das ja zuerst für ein super Beweismittel.
Aber Experten hatten ja von Anfang an Probleme mit dem Messer, weil das Amandas DNA auf dem Griff war, das hat ja gar nichts bewiesen, weil sie war ja ständig in der Wohnung ihres Freundes und hat das Messer natürlich auch mal benutzt.
Und mit Merediths DNA verhält sich das so, dass die Menge an der Schneide halt so gering war, dass es halt eher wahrscheinlich ist, dass die Spur dort durch eine indirekte Übertragung raufgekommen ist.
Also eben durch Amanda irgendwie, als sie aus ihrer WG kam oder halt später bei den Ermittlungen.
Beim Berufungsverfahren hatten ja dann diese beiden unabhängigen Sachverständigen von der römischen Universität La Sapienza ausgesagt.
Und die hatten sich das alles ja nochmal angesehen und hatten dann über 40 methodische Fehler bei der Analyse festgestellt.
Über 40.
Und wir haben ja eben auch in der Doku gesehen, wie die da ohne Schutzkleidung rein und raus gerannt sind aus dem Haus.
Und NSU und die beiden Uwes, das zieht sich ja durch diese Fälle total durch, weil die DNA-Spur von Uwe Böhnhardt wurde ja auch an der Leiche von Peggy Knobloch gefunden.
Das war ja 2016 die Nachricht überhaupt, bis dann im März 2017 auch wieder klar war, dass es sich um eine Verunreinigung handelte.
Also wir sehen, die Spurenanalyse ist da sehr anfällig für sowas.
Als ich damals bei der Urteilsverkündung von unserem Schackendorf-Fall war, da hatte der Richter ja auch betont, dass eben die Menge der DNA wichtig ist und aber auch in welchem Umfeld sie quasi dahin kommt.
Und also da war es ja so, dass auf dieser Tatwaffe, auf diesem Pfahl oder auf dieser Stange, darauf war ja die DNA von diesem bekannten Verbrecher, den die Verteidigung ausgegraben hatte, der sich gerade zu der Zeit irgendwo in Holland aufgehalten hat.
Aber die DNA, die war halt so gering und war quasi umhüllt von staubähnlichen Substanzen, dass das Gericht halt meinte, wie auch immer die da hingekommen ist, wenn es der Täter gewesen wäre und er hätte diese Stange mit der bloßen Hand angefasst, dann wäre viel, viel mehr DNA dran gewesen.
Also wenn er es gewesen wäre, dann hat er sich entweder sehr gut geschützt, weil seine DNA war nirgendwo sonst oder sie ist halt tatsächlich über irgendwelche Umwege da an einem Staubkorn sozusagen hingeraten und das sieht das Gericht halt für viel wahrscheinlicher.
Aber trotzdem ist es doch so komisch, wie diese DNA da hingekommen ist, oder?
Also klar, dann sind wir vielleicht bei einer Kontamination im Labor oder so, aber es ist doch trotzdem einfach so, ja, so unerklärlich irgendwie.
Wir haben ja überall die DNA. Meine DNA ist überall auf der Welt. Ich frage mich eher, wie nicht ständig an irgendwelchen Orten nicht meine oder deine DNA gefunden werden kann.
Und wir in einem Mordfall auf einmal verwickelt sind.
Dazu habe ich nachher nochmal was. Da mache ich mir ganz schön Sorgen, dass das bei mir eventuell bei mir passiert.
Aber, nee, ernsthaft, also das sind ja so kleine Partikelchen. Die Orte, die wir besuchen, die müssen ja voll sein damit.
Wobei das natürlich auch, wie gesagt, auf die Menge ankommt und Spuren ja auch irgendwann verwischen, aber trotzdem finde ich ganz schön gruselig.
Wir haben ja jetzt gerade schon über die Kontamination zum Beispiel auch im Labor gesprochen.
Irgendwie zum Beispiel Spuren irgendwie vermischt werden oder so aus Versehen, keine Ahnung.
Aber es kann ja auch zum Beispiel schon zu Fehlern kommen, wenn die Labormitarbeiter die falschen Daten in eine Tabelle eintragen.
Und da zum Beispiel einen Zahlendreher haben.
Ja, das muss man auch mal mit einbeziehen. Das sind alles ja Menschen, die diese Sachen eintragen.
Ja, genau. Und Fehler können auch bei der Ermittlung passieren. Also damit meine ich jetzt nicht am Tatort oder im Labor, sondern stellen wir uns vor, dass der Computer einen Treffer ausspuckt.
Dann kann das sich nämlich bei dem auch um einen sogenannten Zufallstreffer handeln.
Also ein Match, das gar nicht wirklich eins ist. Und das geht, weil bei der Spurenanalyse aufgrund von der Menge oder der Qualität der Spur manchmal eben kein vollständiges Profil ermittelt werden kann.
Du hast ja schon eben gesagt, dass man ungefähr 13 Abschnitte bräuchte.
Wenn aber dann am Tatort eine DNA gefunden wird, aus der zum Beispiel nur sechs Abschnitte ermittelt werden können, weil die halt von der Qualität her nicht so gut ist oder nur so wenig zu finden ist.
Und das wird dann im System eingegeben. Dann besteht eine Wahrscheinlichkeit, dass mehrere Personen in der Datenbank eben den gleichen Code aufweisen oder dass zum Beispiel eine Person ausgespuckt wird, die gar nicht an der Tat beteiligt war.
Genau. Und deswegen spricht man ja bei 13 von diesem vollständigen DNA-Profil, was sie bei meinem Fall halt vorher nicht hatten.
Sie hatten vorher halt nur sechs oder so oder sieben und hatten dann aufgrund dieser erweiterten Technik dann das vollständige Profil ausmachen können, weshalb sie dann im Endeffekt diesen großen Schritt machen konnten und dann den Täter ermitteln konnten.
Genau, nämlich bei einem Fall, bei dem ein Engländer, der ein hundertprozentiges Alibi hatte, jemanden in Italien umgebracht haben soll.
Bei ihm hatte die Datenbank quasi ein Match gemeldet und sieben Genorte stimmten nämlich überein.
Und dann hat man eben, wie bei dir jetzt auch, noch mehr Genorte analysiert und konnte ihn dann auch ausschließen.
Aber sowas geht ja dann auch nur, wenn von der Spuren-DNA noch etwas vorhanden ist oder genug vorhanden ist und das ist oft nicht der Fall.
Ja, und deswegen ist es dann auch zu unsicher, jemanden aufgrund solch eines Abgleichs zu verdächtigen, weil es sich dann eben nicht um ein vollständiges Profil handelt.
Und wenn man dann die DNA-Analyse bis zum Ende führt sozusagen, also bis vor das Gericht,
dann können da natürlich auch noch Fehler passieren.
Bei der Interpretation zum Beispiel, weil der Staatsanwalt die Spuren falsch auswertet oder falsch auswerten will.
Passiert zum Beispiel bei sogenannten Mischspuren öfters mal.
Also wenn zum Beispiel an der Tatwaffe mehrere Spuren zu finden sind, also vom Täter, aber auch vom Opfer und anderen Menschen,
die die Tatwaffe, also zum Beispiel das Messer in der Hand gehalten haben.
Dann ist es in der Regel sehr schwer, mit Sicherheit zu sagen, von wem die Spur ist.
Also ihr merkt schon da draußen, in dem, was Paulina und ich jetzt alles erzählt haben,
dass es mit der DNA ein bisschen kompliziter ist und vor allem auch fehleranfälliger, als man sich vielleicht denkt.
Und da muss man sich halt immer wieder vor Augen führen, dass die Daten der DNA-Analyse genau deshalb vor Gericht nur als Indiz gelten
und eben nicht als Beweis für die Schuld eines Menschen.
Genau, es ist im Grunde genommen so viel wert wie eine Zeugenaussage.
Ich erinnere mich immer sehr gerne an dieses Beispiel zurück, was uns damals der eine Strafverteidiger gesagt hatte.
Nur weil der Pferdehaufen vor dem Gericht liegt, heißt es nicht, dass ein Pferd dahin gegangen ist und dahin gemacht hat.
Es heißt nur, dass ein Pferdehaufen vor dem Gericht liegt.
Wie es dahin gekommen ist und unter welchen Umständen, das weiß man nicht.
Momentan dürfen wir in Deutschland ja aus der DNA-Spur nur ziehen, ob es eine Frau oder ein Mann ist.
Also so wie in deinem Fall, man hat ja immer von einer Frau gesprochen, weil man halt anhand der Chromosomen festmachen konnte, weiblich oder männlich.
Für die Ermittlungsarbeiten darf aber nur die sogenannte Junk-DNA verwendet werden.
Also die DNA-Abschnitte, die keine Merkmale enthalten, die Rückschlüsse auf den konkreten DNA-Träger zu lassen.
Also es darf quasi nur identifiziert werden und es gibt dann nur Treffer mit Daten, die quasi schon in der Datenbank enthalten sind.
Der Teil, den du gerade meintest, ist nämlich nicht der Teil mit den Erbinfos.
Weil die zu bestimmen, das ist in Deutschland verboten.
Wenn man aber wollen würde, könnte man aus einer DNA-Spur noch viel mehr lesen.
Was man alles herausfinden könnte, hat uns der Forensiker Dr. Marc Benecke erklärt.
Wenn du die Erbsubstanz von einer Person hast und sobald du die dann vervielfältigt hast und genug davon hast, kannst du den Menschen im Grunde genommen klonen.
Also das ist zwar verboten, aber das geht.
Also du könntest dann alle Bestandteile, die für die kleinen Schalter zuständig sind, die dann wiederum bestimmte Bestandteile, die du auch sehen kannst, steuern.
Manchmal irgendwelche Haarfarbe du hast oder Augenfarbe, Körperhöhe, wie dein Körperinneres funktioniert, im Darm und so.
Das kannst du dann im Grunde genommen alles auslesen.
Das macht man in der Kriminalistik natürlich nicht.
Erstmal, weil keiner Lust dazu hat, weil es uninteressant ist, zweitens, weil es zu teuer ist und drittens vor allen Dingen auch, weil es verboten ist.
Ja, also eher, weil es verboten ist, würde ich sagen.
Weil uninteressant ist es ja gerade für die Kriminalistik nicht.
Aber dazu kommen wir gleich nochmal.
Genau, also was wir schon wissen, die Gene bestimmen das Aussehen, weil eineiige Zwillinge haben die gleichen Gene und deswegen sehen sie halt eben auch gleich aus.
Das Magazin New Scientist hat einen Forscher beauftragt und der sollte ein Phantombild erstellen, nur anhand von Genen, die er bekommen hat.
Und dann haben sie das nachher verglichen mit dem richtigen Bild und nur Lippe und Kinn waren halt nicht so genau, aber es war schon eine ziemliche Ähnlichkeit.
Und deswegen wird es in Zukunft halt auch so gehen, dass man Phantombilder theoretisch erstellen könnte anhand der DNA.
Und weil das aber möglich ist, muss man sich auch mal fragen, in welche Richtung das noch gehen könnte.
Also jetzt nicht nur kriminaltechnisch gesehen, sondern das findet ja dann auch in anderen Bereichen Anwendungen.
Mein Lieblingsthema, weil sich da natürlich auch irgendwann die Frage stellt, was das eigentlich irgendwann mit unserer Gesellschaft macht,
Wenn es jetzt schon Menschen gibt, die sich unter dem relativ harmlos klingenden Begriff Family Balancing jetzt schon das Geschlecht des Kindes vorher aussuchen.
Wie aussuchen?
Also es ist so, dass bei künstlichen Befruchtungen im Ausland, in Deutschland ist das verboten, muss man dazu sagen,
du ja vorher guckst, auch welche Eizellen am stärksten wären und welche quasi die besten Überlebenschancen haben.
Und da kannst du halt auch feststellen, ob es ein Junge und ein Mädchen ist.
Und deswegen lassen sich die Frauen, die vielleicht schon einen Jungen haben, dann weibliche Embryonen einpflanzen,
damit das Geschlechterverhältnis halt ausgewogen ist.
Was mich übrigens zu einer ähnlichen Thematik führt, wie zum Beispiel diesen Trisomie-Test, ja.
Der Drops ist jetzt gelutscht, weil die Tests, die sind ja zugelassen und ja, jeder sollte auch darüber selber entscheiden dürfen.
Aber irgendwann kommen wir ja mal an einen Punkt, wo wir uns wirklich mal damit auseinandersetzen müssen,
ob wir in einer Gesellschaft leben wollen, die schon im Vorhinein bestimmte Menschen halt nicht haben will.
Und das ist ja nicht nur beim Geschlecht so, was du dann alles vorher bestimmen kannst,
sondern wie Marc Benecke eben auch gesagt hat, du kannst anhand der Erbinformationen auch auslesen,
welche Krankheiten man hat, wie der Darm funktioniert, wie er eben meinte.
Und was das langfristig auch mit unserem Umgang mit Menschen macht, die anders sind,
wenn es immer weniger davon gibt, das finde ich schon sehr bedenklich, ja.
Ich habe einmal in diesem Zusammenhang den Satz gehört, ist doch toll, dann gibt es ja weniger Krankheiten.
Aber das ist ja keine Behandlung, sondern das ist halt schon ziemlich dicht an der Selektion dran.
Und das, was eben für die Kriminaltechnik sehr wichtig ist und unfassbare Möglichkeiten in sich trägt,
das kann für unsere Gesellschaft meiner Meinung nach echt hoch problematisch sein.
Du hast ja eben schon angesprochen, dass es in naher Zukunft zumindest möglich wäre,
irgendwie wirklich Phantombilder anhand von DNA zu erstellen.
Und das ist in manchen Bundesländern gar nicht mehr so krasse Zukunftsmusik.
Bayern und Baden-Württemberg möchten genau das, dass die sogenannte erweiterte DNA-Analyse in Deutschland erlaubt wird.
Und dazu haben sie auch schon einen Gesetzesentwurf eingereicht.
Darin heißt es, ist unbekannt, von welcher Person das Spurenmaterial stammt,
dürfen auch Feststellungen über das Geschlecht, die Augen, Haar und Hautfarbe, das biologische Alter
sowie die biogeografische Herkunft der Person getroffen werden.
Was hältst du denn generell von solchen Reformvorschlägen, also in Bezug auf die Fahndung nach dem Täter?
Ich finde es gar nicht schlecht, wenn die Wahrscheinlichkeit nicht so hoch wäre, dass da Fehler passieren.
Weil noch nach meinen Recherchen halte ich gerade, was so Aussagen über Augenfarbe und so angeht, das für ziemlich anfällig.
Und deswegen würde ich es jetzt ehrlich gesagt noch nicht gut finden.
Zumal man auch noch nicht wirklich darüber debattiert hat, wie sich das verhält mit Leuten,
die ihr Aussehen halt im Laufe der Jahre verändert haben.
Was erstmal ganz sicher wäre, ist, dass sich die Funktion der DNA-Analyse grundlegend verändern würde.
Weil momentan ist es ja so, dass die DNA, die am Tatort gefunden wird,
in der Regel halt verglichen wird mit der Datenbank im BKA.
Und dann gucken die, ob es da einen Treffer gibt.
Oder wenn es zum Beispiel einen konkret Verdächtigen in dem Fall gibt,
dann wird seine DNA mit der DNA am Tatort abgeglichen sozusagen.
Aber wenn das andere jetzt möglich wäre, also die erweiterte DNA,
dann würde die Ermittlung sozusagen auf mögliche, noch unbekannte Tatverdächtige ausgeweitet werden.
Also in einem Beispiel, man hat keinen Treffer in der Datenbank und noch gar keinen Verdächtigen,
dann könnte die DNA dem Ermittler möglicherweise sagen,
dass der Täter zu der und der Wahrscheinlichkeit blonde Haare und grüne Augen hat.
Da kann man dann schon argumentieren, dass es den Ermittlern bei der Suche vielleicht etwas einfacher gemacht wird,
weil der Kreis der Verdächtigen eingegrenzt wird.
Außerdem würden so eventuell Maßnahmen gegen Unbeteiligte vermieden werden,
weil zum Beispiel dann keiner verdächtigt werden würde, der dunkle Haare hat.
Also so sozusagen sind die Argumente, die Pro-Argumente.
Da kann man natürlich direkt dagegen steuern, weil Leute sich die Haare färben können.
Aber bleiben wir mal dabei, wenn bei einer Untersuchung herauskommt,
dass die DNA von einem blonden, grünäugigen und mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit aus Nordeuropa stammenden ist,
dann bringt das die Ermittler in der Regel nicht so weit, weil es davon in Deutschland sehr viele gibt.
Aber wenn in einem, das ist jetzt auch ausgedacht, niedersächsischen Dorf mit 100 Einwohnern,
20 davon aus dem Nahen Osten kommen und die Spur weist dann auf einen dunkelhäutigen Täter mit braunen Augen und schwarzen Haaren,
der wahrscheinlich biogeografisch aus Afghanistan kommt, dann sieht die Sache schon anders aus.
Also eigentlich ist diese erweiterte Analyse nur dann sinnvoll, wenn die Spur nicht aus der Mehrheitsbevölkerung stammt.
Aber das hat ja dann irgendwie direkt einen sehr bitteren Beigeschmack.
Ja, weil es voll diskriminierend ist.
Genau, einige Experten sehen nämlich gerade in dieser Forderung eine rassistische Stimmungsmache seitens der Parteien.
Auch, weil dieser Gesetzentwurf kurz nach dem Mord an der Medizinstudentin Maria L. aus Freiburg kam.
Kannst du dich noch daran erinnern?
Ja, natürlich.
Die junge Frau wurde nämlich von einem Flüchtling vergewaltigt und umgebracht.
Und die Polizei hatte gesagt, ja, wenn sie diese erweiterte DNA-Analyse hätten machen können, wären sie viel schneller auf ihn gekommen.
Und ja, und dann gab es halt in Baden-Württemberg diese fremdenfeindliche Debatte, aus der dann diese Forderung entstanden ist.
Aber ich habe dann auch mit Dr. Benecke darüber gesprochen und er hatte noch einen guten Punkt zum Thema biogeografischen Hintergrund gemacht.
Also es ist so, der biogeografische Hintergrund oder der ethnische Hintergrund, wenn du so willst, den kann man heute schon für 60 Euro bestimmen lassen bei MyHeritage.com und Ancestry.com.
Das machen auch sehr viele Leute, das haben schon mehrere Millionen Leute gemacht.
Dann hast du natürlich in erster Linie eine Herkunftsbeschreibung.
Das hört sich im Moment irgendwie interessant an, ist es aber gar nicht, weil natürlich alle Menschen total negiert sind.
Es gibt ja keine Nicht-Migranten auf der Erde, außer auf irgendeinem Atoll oder sowas.
Und genau das führt mich jetzt zu der Geschichte, warum ich Sorge habe, dass meine DNA-Arbeit an irgendeinem Tatort in Japan zu finden sein wird.
Denn ich habe ja mal so ein DNA-Set getestet, beziehungsweise drei.
Und ich ärgere mich im Nachhinein total darüber, weil diese Unternehmen jetzt einfach meine DNA haben und ich nicht weiß, was damit passiert.
Ich habe das für eine Reportage gemacht und im Endeffekt, ich kriege meine DNA ja nicht zurück.
Und ich finde es irgendwie total behämmert, vor allem, weil genau das passiert ist, was Mark Wenicke gesagt hat.
Es kam dann raus, dass ich irgendwie 20 Prozent skandinavisch bin und 20 Prozent mitteleuropisch und bla bla bla.
Und es war nicht sehr überraschend für mich, dass rauskam, dass meine näheren Verwandten wahrscheinlich nicht aus Afrika kommen.
Ja, danke für diese Infos.
Ja, das ist es nämlich genau, dass diese biogeografische Herkunft heute halt nicht mehr das ist, was sie mal war.
Außerdem, wie du auch sagst, die Bestimmungen sind ja auch nicht so genau.
Es gab allerdings mal einen Fall in den Niederlanden, da kam das auch schon mal zum Einsatz.
Und da war das nämlich so, dass drei Asylbewerber eines Mordes verdächtigt waren.
Und dann hatten die Wissenschaftler damals noch ohne jegliche rechtliche Grundlage die DNA einfach ausgewertet und sind dann zu dem Schluss gekommen, dass der Täter Mittel- oder Nordeuropäer gewesen sein muss.
Und somit waren diese drei Asylbewerber dann aber erst mal entlastet, weil sie ja ganz offenbar nicht aus Mittel- oder Nordeuropa kamen.
Im Endeffekt führte diese Phänotypisierung dann auch zum richtigen Täter tatsächlich, der dann verurteilt wurde.
Und deswegen ist es seitdem in den Niederlanden erlaubt.
Und da muss man dazu sagen, dass in Deutschland diese Ermittlung ins Leere gelaufen wäre, weil ja der Täter nicht in der Datenbank gespeichert war.
Woraufhin mich Mark Benecke noch hingewiesen hat, war, dass man bei dieser Art der Ermittlung ja auch bestimmte Krankheiten oder eine Neigung zu einer bestimmten Krebserkrankung ermitteln kann,
was einem ja nicht unbedingt bei der Fahndung nach einem Täter hilft.
Diese wirklich persönlichen Informationen hat man ja dann aber trotzdem.
Ja, ich finde, da tummeln sich natürlich viele Risiken, ja.
Gerade das mit der Krebserkrankung zum Beispiel.
Dann geben sie raus, diese Person hat eventuell Krebs.
Und wohlmöglich, das wäre ja noch das Schönste, weiß die Person das ja aber selber gar nicht, weil sie ja diesen Test gar nicht gemacht hat.
Also ich finde das schon problematisch, ja.
Und das ist ja auch ein Grund, warum das heute verboten ist, weil es einfach zu sehr in die Persönlichkeitsrechte eingreifen würde.
Also wenn man sich auf äußerliche Merkmale bei einem Phantombild beschränken würde, würde ich sagen, okay, das könnte ich mir in Zukunft vorstellen.
Ja.
Dass die Technik so weit ist, dass man sagt, mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit ist das so.
Du wirst es aber nicht sicher sagen können.
Nicht mal, was die Augenfarbe angeht.
Zumindest nicht nach dem, was man heute kann.
Ich finde gerade in Bezug auf Datenschutz sollte man das wirklich nochmal überdenken.
Denn es ist ja so, dass in Deutschland jeder das Recht auf informationelle Selbstbestimmung hat.
So heißt das zumindest.
Also der Mensch soll selber darüber entscheiden können, wann und welche persönlichen Informationen offenbart werden.
Und auch, wie mit den Daten umgegangen wird.
Was ja gut ist.
Und das gewährt halt den Schutz vor unbegrenzter Datenerhebung, Datenspeicherung, Weitergabe und so weiter.
Und schützt vor der Gefahr der totalen Registrierung.
Das macht für mich auch alles Sinn.
Ich verstehe natürlich, dass Persönlichkeitsmerkmale wie Krankheiten oder Charaktermerkmale nicht irgendwo gespeichert werden sollten.
Aber wie du auch gesagt hast, die äußerlichen Merkmale, die sind ja auch eigentlich auf den ersten Blick zu erkennen.
Wie ja auch das Geschlecht, das ja schon rausgelesen wird.
Wenn man dann da in ein paar Jahren ganz konkrete Angaben herauslesen kann aus der DNA, dann fände ich das schon sinnvoll.
Also in Bezug auf die Suche nach einem Täter.
Aber bis das soweit ist, macht es schon Sinn, dass man eben momentan nur das Geschlecht und die Identität ermitteln darf.
Damit es eben keine ziellosen Rasterfahndungen gibt, wo möglicherweise am Ende Unschuldige ins Visier der Polizei geraten.
Ja, wir können uns das ja auch erstmal ein paar Mal ansehen, wie die Nina lande da auf die Nase fällt.
Mit so ein paar Fällen. Und dann können wir das ja hier einführen.
Ja.
Abschließend fand ich einen Gedanken da ganz interessant.
In der Krimireihe von dem Autor Oliver Menard.
Da spielte nämlich ein Haar am Tatort eine wichtige Rolle, das am Ende nicht zur Täterin führte,
sondern nämlich zu einer Dame in Russland oder so, die da ihre Haare verkauft hatte, damit man sich hier in Europa schöne Extensions davon machen kann.
Ja.
Weißt du, auf sowas kommt man dann auch nicht direkt als Ermittler.
Ja.
Da ermittelt man erstmal eine Weile dran rum.
Ich hab zum Schluss noch ein Rätsel für dich.
Eine Art selbst ausgedachte Black Story von mir mit wahrem Kern.
Oh Gott, da hab ich Angst vor.
Also, ein Mann ersticht seine Ex-Partnerin.
In ihrer Wohnung, also am Tatort, finden die Ermittler Blutspuren von ihr und dem Täter.
Das Blut des Täters wird dann analysiert.
Tatverdächtig ist der Ex-Freund, der auf ihrem Anrufbeantworter wüste Beschimpfungen hinterlassen hat.
Der wird zu einer DNA-Analyse gebeten und er geht auch dahin.
Doch es gibt keinen Treffer, obwohl er der Mörder war.
Warum?
Du darfst jetzt übrigens mir Fragen stellen, die ich mit Ja und Nein beantworte.
Oder du gibst direkt auf und ich erkläre es.
Okay, also, Moment.
Kannst du mir das am Anfang nochmal kurz sagen?
Ein Mann ersticht seine Ex-Partnerin.
In ihrer Wohnung, also am Tatort, finden die Ermittler dann Blutspuren von ihr und dem Täter.
Also, es ist klar, dass der Typ, der die Wüstenbeschimpfungen auf dem Anrufbeantworter hinterlassen hat, der Täter ist.
Ja.
Und es gibt keinen Match, obwohl er zur DNA-Analyse geht und Blut abgegeben hat.
Wie wird die DNA-Analyse eigentlich gemacht?
Äh, na, Speichelprobe?
Ja.
Das haben die bei ihm auch gemacht, quasi.
Der ist zur Speichelprobe gegangen, weil das ist immer, das ist dann am schnellsten sozusagen der Test.
Also hat er sich Speichel von jemand anders im Mund transportiert.
Boah, wäre das eklig.
Und es kann nicht sein, dass er das irgendwie vertauscht hat oder so.
Also, es ist auch sein Speichel, der abgegeben wurde.
Ja.
Und stimmt der Speichel mit dem Blutspritzer überein?
Nein.
Kann ja nicht.
Nein, kann nicht.
Kann ja nicht.
Sonst wäre ein Match gewesen.
Ja.
Du kommst auf jeden Fall nicht drauf.
Ja, dann sagst du es.
Weil es ist so verrückt.
Ja.
Okay.
Und zwar, der Mann, der Täter, hatte vor einigen Jahren Leukämie gehabt und mithilfe einer
Stammzellentransplantation die Krankheit überwunden.
Und durch die Spende hat er die gesamten blutbildenden Organe und damit auch die genetische Identität
des Blutes von diesem Spender bekommen.
Man spricht dann auch von einer genetischen Chimäre.
Denn die DNA der Körperzellen bleibt die des Patienten, also des Täters.
Die DNA der blutbildenden Organe und des Blutes ist aber dann die des Spenders.
Und so konnte der Täter mit der Blutspur nicht in Verbindung gebracht werden, weil für die
DNA-Analyse in der Regel halt diese Speichelproben genommen werden.
Und die Speichelproben hatten halt dann eine andere DNA als das Blut am Tatort.
Du hast quasi das Blut von jemand anderem.
Ja.
Und da sind sie erst vor kurzem, ich glaube es war 2008, in München drauf gekommen.
Da hatte sich nämlich ein Mann selbst getötet.
Und bei ihm wurden dann zwei DNA, also verschiedene DNA entdeckt.
Eine weibliche und eine männliche.
Und es hat sich herausgestellt, dass er halt eine Stammzellentransplantation gehabt hatte von einer Frau.
Und deswegen zwei DNA hatte sozusagen.
Wow.
Krass, oder?
Ja, das kann man auch noch quasi, das passt auch noch super in unsere Fehlerquellen.
Ich glaube, es kommt nicht so häufig vor.
Aber es ist immer noch, ja, eine Möglichkeit, wie die DNA auch falsch sein könnte.
Das ist ja abgefahren.
Wir haben heute über einen Fall geredet, bei dem der Täter durch die Revolution in der Kriminaltechnik nach 30 Jahren überführt werden konnte.
Und über einen Fall, bei dem durch ein verunreinigtes Wattestäbchen zwei Jahre lang nach einem Phantom gesucht wurde.
Ja, und wir haben über die DNA-Analysen geredet, über deren Möglichkeiten, über deren Gefahren dahingehend auch und über deren Grenzen.
Zum Abschied müssen wir euch jetzt noch mitteilen, dass wir jetzt mal eine Woche länger Pause machen.
Das hat verschiedene Gründe, unter anderem, dass wir damit unseren Wochenrhythmus ändern und bei Laura und ich sehr lange in den Urlaub gehen wollen und euch da dann aber nicht auf den Trockenen lassen wollen und deswegen mehr Vorbereitungszeit brauchen, damit ihr auch währenddessen Stoff habt.
Also wir sind am 12. Juni wieder für euch da.
Und wir sind am 29. Juni auf dem Podcast-Piccnic von PULS in Erlangen.
Um 15 Uhr geht es da los und ja, alle Infos packen wir euch in die Shownotes und wir würden uns freuen, wenn ihr kommt.
Fertig?
Yes!
Das war ein Podcast von FUNK.