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Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von Mordlust, unserem True-Crime-Podcast,
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diesmal aus London. Hier erzählen wir wahre Verbrechen nach und sprechen über ihre Hintergründe.
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Mein Name ist Paulina Kraser und ich bin Laura Wohlers. Wir erzählen uns hier gegenseitig
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jeweils einen Kriminalfall, von dem die andere nichts weiß. Und deswegen bekommt ihr auch
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unsere ungefilterten Reaktionen mit. Wir kommentieren die Fälle und hier wird auch mal
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gelacht, das ist aber nie despektierlich gemeint. Und heute geht es bei uns um Sadisten, also
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um Menschen, die Lust oder Befriedigung empfinden, wenn sie andere leiden sehen. Ja, deswegen
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an dieser Stelle vielleicht einmal der Hinweis. Wir reden heute über Täter, die während ihrer
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Taten menschenverachtend handeln und sie haben auch einen Sexualbezug. Das ist hier also nicht
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eine der leichten Folgen. Vorher geht es erstmal um Linda O'Keefe. Und zwar war das ein elfjähriges
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Mädchen, das vor 46 Jahren brutal ermordet wurde. Und ihr Foto hing bis vor ein paar Monaten noch an der
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Pinnwand der Mordkommission in Newport Beach in Kalifornien und konnte jetzt endlich abgenommen
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werden, weil der Mörder von Linda gefasst wurde. Und zwar mit einer neuen Ermittlungsmethode der
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genetischen Genealogie. Das hört sich jetzt fancy an, aber das ist eigentlich nur, also damit ist nur die
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DNA-Analyse gemeint, die genutzt wird, um Verwandte zu finden zum Beispiel. Solche DNA-Analysen werden von
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mehreren Firmen in den USA angeboten. Und der bekannteste Anbieter heißt GED Match. Und da können dann
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zum Beispiel adoptierte Kinder ihre DNA-Daten hochladen, um nach ihren biologischen Eltern zu suchen. Und wenn die
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ihre Daten auch in dem System hochgeladen haben, dann gibt es eben ein Match. Und der Gründer des Unternehmens meinte
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2018 in einem Interview, dass die Seite schon 10.000 adoptierten Kindern geholfen hat, ihre Eltern zu finden.
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Ja, was hat das jetzt mit Lindas Fall zu tun? Fragst du dich wahrscheinlich, Paulina?
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Genau, wenn man sich nämlich bei GED Match anmeldet, erklärt man sich damit einverstanden, dass die Daten unter
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Umständen an die Polizei weitergegeben werden. Und im Fall von Linda hat sich dann halt irgendein
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entfernter Verwandter... Was heißt unter Umständen an die Polizei weitergegeben werden?
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Ja, die werden nicht direkt dahin weitergeleitet, sondern wenn die Polizei sozusagen Material braucht, um ein
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Verbrechen zu lösen, dann darf sie darauf zugreifen. Aber die sind dann natürlich auch nicht besonders
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explizit, welche Taten und wie oft sie die Daten weitergeben.
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Das gibt es ja gar nicht.
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Aber es ist so quasi, wenn du dich anmeldest, so groß da geschrieben, nicht im Kleingedrucken,
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dass du es selber liest und du kannst dich dagegen entscheiden.
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Okay, also wenn ich jetzt ein Verbrechen begehe und mein Vater ist in dieser Datenbank angemeldet,
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dann werden die ja über meinen Vater irgendwie zwangsweise auf mich kommen.
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Ja. Amis halt, wie wir immer sagen.
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Wir werden immer von uns gebashed. Ich finde halt, also versteht mich nicht falsch, ich finde
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das sehr toll, dass Verbrechen aufgeklärt werden. Ich finde es nur komisch, dass man über
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Leute, die nichts mit mir zu tun haben, zu meinem Vater jetzt nicht unbedingt gehört, aber
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weißt du, also über irgendwelche Verwandte dann Rückschlüsse auf mich ziehen kann.
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Ja. Und bei dem war das halt so, dass das auch wirklich ein wirklich weit entfernter Verwandte
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war, der sich da halt angemeldet hat und weil natürlich die DNA von dem Mörder am Tatort gefunden
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wurde, aber halt nie in irgendeiner Verbrechensdatenbank war, konnte das nie gematcht werden und so konnte
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das halt gematcht werden. Und mit Hilfe solcher Anbieter wurden, es ist ja nur in den USA, das wird ja
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nicht bei uns gemacht, aber da wurden dann schon über 60 Fälle, konnten dadurch gelöst werden und darunter
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auch einer der spannendsten Fälle, die wir kennen und der ohne Michelle McNamara's Recherche niemals
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so bekannt wäre. Welcher Fall ist das?
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Der Golden State Killer?
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Genau, der Golden State Killer konnte nämlich im April 2018 durch die genetische Genealogie
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identifiziert und dann auch festgenommen werden.
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Ja, da ist das Ergebnis hier jetzt natürlich gut.
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Trotzdem finde ich es spooky, was die alles mit unseren Daten machen können. Und wie wir wissen,
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ja auch mit meinen, weil ich ja bei drei verschiedenen Anbietern jetzt irgendwie bin. Also alle meine
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Verwandten sollten sich in Obacht nehmen. Vielleicht sollte ich denen das irgendwann mal sagen.
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Ja, vielleicht verhinderst du so auch die Verbrechen, die die planen.
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Wenn ich denen das sage, ja. Ich schreibe einen Brief an alle.
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Aber vorher erzähle ich dir jetzt erstmal meinen Fall.
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Acht Stück Kabelbinder. Mindestens 37 Zentimeter lang. Vier Stück Klebeband. Zwei Paar Einmalhandschuhe. Fünf Stück Kondome. Müllsäcke dick. Cutter und Klingen. Kondom mit Schwarzpulver gefüllt.
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Das steht so auf der Liste. Die Liste für die nächste Frau. Gut versteckt unter dem Titel Test X Speicherkapazitätstest in einem Ordner auf seinem Computer, der im Keller steht.
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Eine Datei, die fast genauso gut versteckt ist wie seine dunkle Seite.
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Nicht mal seine Frau weiß, wie Frank eigentlich wirklich ist.
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Sie hat jemanden geheiratet, von dessen Bedürfnissen sie keine Ahnung hat.
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Er hat sie in dem Fotoladen kennengelernt, wo sie gearbeitet hat.
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500 Gramm Hackfleisch für ihre Katze hatte er ihr besorgt und gesagt, ich will dich kennenlernen.
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Hat funktioniert. Sie haben sich kennen und lieben gelernt, sich ein Zuhause errichtet.
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Mit der Eheschließung hatte Frank gehofft, diesen einen Teil von sich ausschalten zu können.
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Immerhin war er jetzt glücklich, kümmerte sich um ihre gemeinsame Tochter, ist ein aufmerksamer Vater.
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Seine Frau steht für ihre gemeinsame Zukunft.
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Darin soll seine Vergangenheit keine Rolle mehr spielen.
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So zumindest war mal der Plan.
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Aber er kann nicht. Er kann diese Seite nicht ausschalten.
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Auch das gehört zu ihm. Und das schon fast sein ganzes Leben lang.
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Als Frank ungefähr acht Jahre alt ist, fängt es an.
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Da kauft er nämlich einem Mitschüler ein Meerschweinchen ab.
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Frank ist ein eher einsames und isoliertes Kind und findet zu Hause nicht den Halt, den er sich wünscht.
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Er hätte gerne ein Haustier. Etwas, mit dem er sich beschäftigen kann.
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Nach Hause aber kann er es nicht bringen.
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Zu seinem Stiefvater hat er kein gutes Verhältnis.
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Außerdem ist der allergisch gegen Tierhaare.
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Hoffentlich sagt die Oma ja.
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Ihr vertraut er. Und alle Erinnerungen, die er mit ihr hat, sind gute Erinnerungen.
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Aber sie will das Tier nicht bei sich haben.
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Da musst du es halt tot machen, sagt sie dem kleinen, schmächtigen Frank.
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Frank will nicht, dass das Meerschweinchen leidet.
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Er will es fixieren und eine Betonplatte auf den Kopf fallen lassen.
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Die Platte trifft aber nicht dahin, wo sie soll.
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Das, was er da vor sich sieht, fasziniert ihn.
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Er erkundet den Körper, tastet.
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Und damit ist sein Verlangen geboren.
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Das Öffnen eines Körpers, das Entdecken des Inneren und vor allem die Wärme zu spüren.
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Eine Wärme, die er so zuvor noch nie erlebt hat.
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Schon gar nicht zu Hause.
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Immer wieder muss er an das Meerschweinchen denken.
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Vielleicht kann er irgendwann mal in eine Höhle fassen, die größer ist, denkt er sich.
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Und irgendwann setzt er das in die Tat um.
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Es werden Hühner, Schafe, Lämmer.
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In Gedanken aber ist das schon bei noch größeren Tieren.
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Irgendwann werden aus den kleinen Tieren Rinder und Pferde.
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Dass sie leiden, kümmert ihn nur anfangs.
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Da tötet er sie noch, bevor er beginnt.
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Irgendwann aber ist es ihm egal.
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Frank würde gerne in den Leib eines Tieres eintauchen und die ganze Wärme um sich herum spüren.
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Ähnlich wie ein Kind, das sicher und geborgen im Mutterleib liegt.
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Frank durchlebt in der gleichen Zeit, in der er mit immer größerer Begeisterung die Tiere quält,
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auch seine Pubertät und seine Sexualität.
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Und irgendwann ist das eine auch das andere.
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Als 13-Jähriger gipfelt sein Verlangen vorerst darin,
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dass er sich an toten Menschen in Leichenhäusern vergeht.
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Aber damit gibt es ein Problem.
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Weißt du welches?
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Dass er sie nicht aufschneiden kann und da reinklettern kann.
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Warum kann er sie nicht aufschneiden?
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Weil das dann jemand merken würde.
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Es muss warm sein.
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Seiner Vergangenheit kann er nicht entfliehen.
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Auch nicht in einer Ehe.
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Wenn er mit seiner Frau intim wird, gelingt es ihm oft nicht, einfach so mit ihr zu schlafen.
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Normaler Verkehr triggert ihn nicht.
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Er muss die erlebten Bilder immer wieder vor seinem geistigen Auge abspielen,
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bis er Erregung empfinden kann.
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Und so lebt er nach außen das Leben eines anständigen Familienvaters,
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das nicht von der Norm abweicht und taucht gleichzeitig ungesehen in seinem Keller nachts in seine Fantasien ein.
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Aber dass er die oft nicht ausleben kann, sorgt auch für Frust.
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1994, das ist das Jahr vor seiner Hochzeit, da wird der Drang zu groß.
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In seiner Gedankenwelt hat er sich das, was er mit den Tieren macht, schon etliche Male mit Menschen vorgestellt.
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An einem regnerischen Abend fährt er zählos durch die Gegend.
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Eigentlich wollte er mit seinem Gewehr ein paar Karnickel töten.
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Aber dann trifft er auf eine Tramperin, die er mitnimmt.
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Betty ist 28 Jahre alt und hat blondes, lockiges Haar.
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Sie ist Südafrikanerin, lebt aber gerade in den Niederlanden.
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Mehrere Wochen ist sie durch Europa gereist und will nun heim.
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Die beiden führen während der Fahrt ein Gespräch, aber Frank kann sich gar nicht richtig konzentrieren.
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Immerhin hat er jetzt die Gelegenheit, mal seine Fantasien in die Realität umzusetzen.
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Was hat er im Auto?
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Kann er die Spuren verwischen?
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Das fragt er sich.
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Frank lenkt den Wagen auf einen Parkplatz.
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Dann gibt er vor, seine Schlüssel verloren zu haben.
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Betty hilft ihm dabei, in der Dunkelheit zu suchen.
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In dem Moment, wo sie ihm den Rücken zudreht, nimmt er sein Gewehr und erschießt sie.
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Danach vergeht er sich mehrmals an ihrer Leiche und trifft Maßnahmen, um eine Identifizierung zu verhindern.
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Was macht der dann?
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Also er zerteilt die Leiche und nimmt die Hände mit wegen der Fingerabdrücke.
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Betty wird am nächsten Tag in den Niederlanden gefunden.
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Ein Verdächtiger kann nicht ermittelt werden.
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Befriedigend war die Erfahrung aber nicht.
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Sie war Frank nicht grausam genug.
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In seiner Vorstellung war alles anders und viel brutaler.
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Auf dem Tisch von Franks Mutter liegen Tarotkarten.
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Die Karte des Todes wurde heute schon auffällig häufig gezogen.
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Als Frank und seine Mutter da so vor den Karten sitzen, überkommt es ihn.
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Er hält nicht mehr Stand und gesteht seiner Mutter, was er getan hat.
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Und die glaubt ihm nicht.
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Frank war schon immer ein fantasievoller Junge, der gern Geschichten erzählt hat, sagt sie.
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Er will sich wichtig machen, denkt sie, und lässt die Sache auf sich beruhen.
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Denn das sollte nicht Franks einziger Mord bleiben.
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Fast zwei Jahre nach seinem ersten Mord im Oktober 96 begegnet er, nach einem Streit mit seiner Frau,
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der Prostituierten Kerstin.
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Während die beiden Sex haben, schießt er ihr von hinten in den Kopf.
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Auch ihre Leiche zerstückelt und öffnet er.
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Und, das sage ich jetzt nicht, damit es möglichst anschaulich, brutal ist,
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sondern weil es nachher wichtig für die Aufarbeitung ist,
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er schneidet ihr das Herz heraus und legt es ihr zwischen die Beine.
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Ein Autofahrer entdeckt den Leichnam.
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Der ist absichtlich nicht gut versteckt.
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Dafür würde Frank keine Mühe aufwenden.
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Seine Taten sollen gesehen werden.
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Und sie sollen Furcht in anderen Menschen auslösen.
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Trotz des Geschenktnisses an seiner Mutter fliegen seine Taten bisher nicht auf.
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Aber seine Frau überrascht er mit seinem neu erlernten Wissen über den menschlichen Körper.
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Das Herz ist so groß wie eine Faust.
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Oder die Gebärmutter hat die Größe einer Birne.
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Das wusste sie bisher nicht.
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Frank erklärt es ihr.
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Eine Person aber scheint ihm auf die Schliche zu kommen.
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Die Tante seiner Frau.
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Also beschließt er, sie zu beseitigen.
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Seitdem gilt sie als vermisst.
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Die Polizei vernimmt Frank sogar dazu.
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Aber wieder gelingt es ihm, sich hinter seiner scheinbar bürgerlichen Fassade zu verstecken.
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Seine Interessen verlagern sich aber nach diesem Mord.
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Es geht ihm jetzt nicht mehr nur um die Wärme.
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Er erkennt den Reiz, der in ihm ausgelöst wird, wenn andere Menschen leiden.
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So bringt er nur wenige Wochen nach dem Mord an seine angeheirateten Tante auf äußerst brutale Weise eine weitere Prostituierte um.
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Nachdem er sie stundenlang mit einem Feuerzeug und seinen Zähnen quält.
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Sein letztes Opfer ist kein Mensch.
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Er muss vorher an einem anderen Objekt üben, was er alles anstellen kann, damit die tatsächliche Erfahrung dann auch wirklich befriedigend ist.
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Frank kauft ein Schaf, bringt es zu einer verlassenen Hütte in einem Wald und fesselt es.
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Er stellt sich vor, das wäre sein nächstes Opfer.
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Eine junge, hilflose Frau.
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Ihm schutzlos ausgeliefert.
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Er spricht mit ihr, also mit dem Schaf, erklärt ihr, dass er ihren Körper gleich explodieren lassen wird.
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Und er stellt sich vor, dass das Blöken eigentlich Schreie sind.
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Zwei Ladungssprengsätze präpariert er am Schaf, macht sich eine Zigarette an und zündet die Lunte.
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In meinen Gedanken heißt das Schaf Erna.
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Weil es einen Namen braucht.
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Rest in Peace, Erna.
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Natürlich möchte er diese Erfahrung jetzt auch mit einem Menschen machen.
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Die Einkaufsliste für die Intensilien hat er ja bereits auf seinem Computer gespeichert.
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Gedanklich hat er sich schon ganz darauf eingestellt, sein nächstes Opfer zu quälen.
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Doch nachdem die Tante seiner Frau vermisst wird, erzählt Franks Mutter einer Familienangehörigen von seinem Geständnis.
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Der lässt die Geschichte keine Ruhe und sie vermutet, dass Frank etwas mit dem Verschwinden der Tante zu tun haben könnte.
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Also informiert sie die Polizei und Frank wird festgenommen.
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Damit endet seine Mordserie.
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Also jetzt hat die Mutter ihm dann doch geglaubt.
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Wie viele Jahre später?
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Ich weiß gar nicht, ob sie das wirklich geglaubt hat.
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Sie hat einfach mit jemandem darüber gesprochen und die Person hat es dann geglaubt.
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Das war jetzt relativ schnell hintereinander alles, oder?
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Also 1994 war sein erster Mord und 2000 wird er verurteilt.
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Also sagen wir mal so innerhalb von fünf Jahren hat er das gemacht.
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Okay, dann ist es doch eine längere Zeit gewesen.
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Es waren halt auch viele Tiere immer noch dabei.
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Die Medien schaffen ein Bild eines Monsters, berichten genau über Franks abscheuliche Taten und geben ihm den Namen Rein-Ruherippa.
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Frank wird im Jahr 2000 vom Schwurgericht wegen vielfachen Mordes zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt.
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Das Gericht ordnet die Einweisung in die forensische Psychiatrie an.
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Der Gutachter spricht ihm eine verminderte Schuldfähigkeit zu.
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Frank hätte eine schwere seelische Abartigkeit im Sinne einer progredienten sadistischen Perversion vor dem Hintergrund einer Borderline-Störung entwickelt.
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Seine Frau lässt sich noch vor der Urteilsverkündung von ihm scheiden.
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Und hier enden die meisten Geschichten über den Rein-Ruherippa.
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Seine Taten wurden medial ausgeschlachtet.
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Der Bösewicht sitzt hinter Gittern.
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Zeit für den Abspann.
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Aber das ist eigentlich ein Fehler, besonders in dem Fall von Frank Gust.
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Denn auch sein Leben geht weiter.
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Und nur weil der Fall als aufgeklärt gilt, ist für Frank noch lange nicht geklärt, was eigentlich in seinem Leben alles schiefgelaufen ist.
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Und das würde er gerne verstehen.
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Und deswegen lohnt es sich, hier mal genauer hinzusehen.
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Und deswegen gibt es von mir jetzt im zweiten Teil einen Erklärungsversuch.
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Frank Gust sagt, dass es ihm nach all den Jahren im Gefängnis, was zum jetzigen Zeitpunkt 19 sind, nicht möglich ist, eine einheitliche Sicht auf seine Taten zu haben.
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In dem Buch Der Rein-Ruherippa versucht er gemeinsam mit der Kriminologin und Therapeutin Petra Klages seine Vergangenheit aufzuarbeiten.
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Dort beschreibt er, dass er auf seine Taten fast immer mit grauen Entsetzen und mit tiefster Verachtung gegen sich selbst zurückblickt.
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Aber er kann nicht sagen, dass er seine Verbrechen bereut.
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Denn das würde für ihn bedeuten, dass er den unabdingbaren Willen haben müsste, so ein Verbrechen absolut nie wieder begehen zu wollen.
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Und darüber auch hundertprozentige Gewissheit zu haben.
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Und diese Gewissheit hat er nicht, sagt er selbst.
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Es gibt Momente, in denen er mit seinen Gedanken und Gelüsten abschweift.
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Und dann ist da halt wieder dieser Drang in ihm.
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Frank hat Frauen früher als eine Art Schlachtvieh angesehen, wenn er von ihnen angetan war.
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Und hier zeigt sich ganz gut, wie Sadisten über ihre Opfer denken.
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Denn sie werden verdinglich dienen einem Zweck, werden benutzt und werden dann weggeworfen.
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Über all die Jahre ist es ihm zwar schon gelungen, seine Gewaltfantasien weitestgehend aus seinem Alltag zu verbannen, aber eben auch nur fast.
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Eine Zeit lang, so erzählt er Petra Klages, habe er immer, wenn er eine bestimmte TV-Moderatorin gesehen hat, teilweise tagelang Gewaltexzesse gedanklich durchlebt.
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Und währenddessen war das für ihn ein tolles Gefühl.
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Und kaum waren die Fantasien vorbei, ekelte er sich danach wieder vor sich selbst.
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Durch seine Therapie hat er gelernt, die Trigger zu ersticken und die aufkommende Lust nicht zuzulassen.
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Und außerdem sagt er, dass er sich selbst Libido-senkende Mittel zur Behandlung gewünscht hat und die jetzt auch einnimmt.
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Eine Perspektive auf Freilassung hat er aber nicht.
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Bald schon nachdem das Gericht ihn in ein psychiatrisches Krankenhaus hat einweisen lassen, ließ er sich in die JVA verlegen,
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weil er selbst der Meinung ist, dass so einer wie er nicht abschließend therapierbar sei.
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Sollte er das nicht vielleicht lieber dem Psychologen überlassen, das zu entscheiden?
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Wenn er der Meinung ist, er ist nicht abschließend behandelbar, dann finde ich es ganz gut, dass er das auch sagt.
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Und daraus halt eben auch die Schlüsse zieht, nicht wieder freigelassen zu werden.
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Ja, ich meine, wenn sich jemand gegen eine Therapie wehrt, kann man ihn ja auch nicht therapieren?
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Der ist, also der durchlebt schon eine Therapie, der hat auch eine Therapie gemacht.
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Aber er wollte einfach nicht in das psychiatrische Krankenhaus.
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Also wie wird man so?
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Wenn man sich seine Taten ansieht, vor allem die Symbolkraft in der einen Tat, wo er der Frau das Herz zwischen die Beine gelegt hat,
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Da kommen sicher einige jetzt auf die Idee, dass er vielleicht ein Problem mit seiner Mutter gehabt haben könnte.
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Und das ist aber trotzdem hier schwierig, zu einer finalen Aufklärung zu kommen,
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weil die Antwort darauf, ob er zu seiner Mutter ein gestörtes Verhältnis hat, fällt unterschiedlich aus, je nachdem, wen man fragt.
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Gust behauptet, dass er in seiner Kindheit hauptsächlich emotionale Kälte und Missbrauch erlebt hat.
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Als sein neuer Stiefvater bei ihm und der Mutter einzog, änderte sich viel.
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Das hier sind jetzt Franks Schilderungen.
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Die Mutter hat dazu in Interviews, soweit ich weiß, nie Stellung bezogen.
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Kuscheln mit der Mutter morgens im Bett wurde vom Stiefvater verboten.
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Er durfte nicht mal mehr das Schlafzimmer betreten.
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Jede Art von sichtbaren Gefühlen wie Trauer oder Freude war nicht mehr gern gesehen.
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Und außerdem wurde nach Franks Aussagen seinen Stiefbruder bevorzugt behandelt,
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so dass Frank sich immer mehr zum Einzelgänger machte.
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Und er erzählt, dass ein Nachbar ihn sexuell misshandelt und ihn vermietet haben soll.
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Seine Mutter und sein Stiefvater sollen davon nicht nur gewusst haben, sondern auch finanziell davon profitiert haben.
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In der Zeit hätten sie sich plötzlich viel, viel mehr leisten können, als eigentlich für die beiden üblich war.
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Und selbst wenn sie nicht daran beteiligt gewesen wären, dann hätte es, so sagt er, genug Anzeichen für den Missbrauch gegeben, die sie nicht hätten übersehen können.
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Einmessen zum Beispiel klauen, notorisches Lügen.
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Und außerdem habe Frank, das sagt er in einem Interview, seine Kuscheltiere unten aufgeschnitten und penetriert.
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Frankus macht ziemlich viele Angaben darüber, was in seiner Kindheit schiefgelaufen ist.
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Bestätigt werden konnte bisher, aber davon nicht wirklich war es.
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Wobei ich auch nicht wirklich sagen kann, ob jemals jemand wirklich danach gesucht hat.
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Also versucht hat, das zu überprüfen, was in seiner Kindheit schiefgelaufen ist.
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Weil im Endeffekt, wozu sollte man auch, könnten sich andere Menschen denken.
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Der Täter ist ja jetzt gefasst.
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Fragt man die Mutter, so scheint es, als hätten die beiden ein gutes Verhältnis zueinander.
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Als würden sie sich gegenseitig dabei unterstützen, herauszufinden, was in Franks Vergangenheit schiefgelaufen ist.
00:20:45
Einmal habe sie von ihm wissen wollen, was genau vorgefallen ist, was er getan hat.
00:20:50
Er schrieb ihr einen Brief zurück mit allen Einzelheiten der Taten, der sie total überforderte.
00:20:56
Auch das ist Teil des Sadismus.
00:20:59
Nicht nur während der Tat die Opfer quälen, sondern auch danach Angst und Schrecken verbreiten.
00:21:03
Seine Mutter sagt, Frank hätte eingesehen, dass sie doch nicht so schuldig ist, wie er zunächst dachte.
00:21:10
Und dass sie ihn liebt, egal was ist.
00:21:12
Das erzählt sie zumindest in den Interviews.
00:21:15
Frank findet nicht gut, dass sich seine Mutter so in das Licht der Öffentlichkeit drängt.
00:21:19
Und dort beteuert, wie sehr sie ihn liebt.
00:21:21
Sich aber gleichzeitig nicht mal nach einer ärztlichen Untersuchung, bei der geklärt werden sollte, ob Frank Krebs hat, bei ihm gemeldet hat, um nach dem Ergebnis zu fragen.
00:21:30
Nicht, dass er das moralisch verurteilen dürfte, das sagt er selbst.
00:21:34
Diese Vorwürfe kann er niemandem machen.
00:21:37
Aber er ärgert sich darüber, dass in den meisten Reportagen und Filmen, die über ihn gedreht werden, er quasi nicht zu Wort kommen kann.
00:21:44
Sehr wohl aber seine Mutter, die seiner Aussage nach nicht die ganze Geschichte erzählt, weil die halt eben auch mit seinem Missbrauch anfängt.
00:21:52
Und wenn das tatsächlich seine Geschichte sein sollte, dann bringt uns das natürlich auch näher an den Ursprung seines Sadismus.
00:21:59
Manche Opfer kehren irgendwann die Rollen um, indem sie etwas oder jemanden quälen, was schwächer ist als sie, damit sie eben in der Situation nicht die Opfer sind, sondern die Täter.
00:22:08
Natürlich entschuldigt keine Erklärung Gusts Verhalten.
00:22:14
Was ich damals tat, war schlichtweg bestialisch und unmenschlich.
00:22:18
Und das gefällte Urteil sehe ich nach wie vor als absolut richtig und angemessen an.
00:22:22
Ja, was ich tat, bedauere ich weit tiefer, als man mir wohl zutraut.
00:22:27
Doch alle normalen Gefühle und Gedanken in Bezug auf meine Verbrechen ändern nichts an dem, was ich getan habe.
00:22:32
Es ist meine Verantwortung.
00:22:34
Ebenso wie es auch meine Verantwortung ist, alles mir Mögliche dafür zu tun, um sicherzustellen, dass von mir und meinen perversen Fantasien für kein Lebewesen jemals wieder irgendeine Gefahr ausgeht.
00:22:45
Und deswegen will Frank Gust für immer im Gefängnis bleiben.
00:22:49
Bei einem sexuellen Satisten, wie er es ist, ist die Gefahr zu hoch, dass er Menschen sowas wieder antun könnte, meint er.
00:22:57
Es kommt mir total besonders vor, dass er so eine Meinung über sich hat und es auch noch so sagt.
00:23:05
Also ich habe selten gelesen, dass ein Täter so offen ist und auch in einer Weise so selbst reflektiert.
00:23:13
Und ja, bin ganz erstaunt.
00:23:15
Ich finde vor allem schade, dass das nicht öfter genutzt wird.
00:23:19
Gerade bei so einem Täter, der ein eigenes Interesse an der Aufarbeitung hat.
00:23:25
Also aus diesen Erkenntnissen kann man ja viel ziehen und in diesem Fall würden Veröffentlichungen von Tätern dann auch Sinn ergeben.
00:23:33
Es ist halt nur wichtig, dass der Journalist oder die Senderanstalt, die dahinter steht, das halt genau einordnet und nicht einfach eine Plattform gibt, wo der quasi ungefiltert oder der oder die Täterin ungefiltert alles rausposaunen kann.
00:23:48
Aber zum Beispiel so das Zitat, was du eben genannt hast, das finde ich ganz wichtig, weil die meisten Leute, die in der Zeit Zeitung gelesen haben, als der Rhein-Ruhr-Ripper Thema war, haben den halt einfach ja als Monster quasi abgestempelt bekommen und auch im Kopf behalten wahrscheinlich und wissen von sowas nichts.
00:24:08
Das ist vielleicht auch besser, also einfach gut für die Gesellschaft.
00:24:12
Es gibt, also dass es vielleicht nicht so viele Monster gibt, wie die Presse uns glauben lassen will, sondern dass es einfach Leute mit Problemen sind, mit psychischen Krankheiten.
00:24:24
Dieser Fall war so ein bisschen painig für mich, weil ich mich erst mit einem anderen Fall beschäftigt hatte, von dem ich nach einigen Medienberichten, die ich gelesen hatte, erst mal der Annahme war, dass er gut zu dem Thema Sadismus passt.
00:24:36
Und das war das Horrorhaus von Höxter.
00:24:39
Das wurde ja medial schnell unter dem Begriff Sadismus verbucht.
00:24:44
Aber mit solchen Fachbegriffen, die die Psyche betreffen, muss man offenbar sehr vorsichtig sein und wir müssen uns ja auch immer nochmal da durchwursteln und fragen ja im Zweifel auch Experten.
00:24:55
Bei Höxter kam jetzt auch noch hinzu, dass der erste Gutachter Sadismus auch bescheinigte.
00:25:00
Aber im darauffolgenden Gutachten von der forensischen Psychiaterin Dr. Nala Esamee hieß es dann, dass der Angeklagte gar nicht zu Sadismus fähig wäre, weil er intellektuell so schlicht ist, dass er gar nicht begreifen könne, wie es anderen ginge und deswegen auch keine Freude an ihrem Schmerz haben könnte.
00:25:18
Und für mein AHA habe ich deswegen mit Dr. Esamee gesprochen, um zu erfahren, wie man Sadismus eigentlich diagnostiziert.
00:25:25
Und das ist, so hat sie mir verraten, wie wenn man einen Knochenbruch diagnostiziert.
00:25:30
Also bestimmte Merkmale müssen erfüllt sein, ansonsten ist es halt kein Knochenbruch oder halt eben kein Sadismus.
00:25:35
Um zu einem Ergebnis zu kommen, muss man aber erstmal versuchen, die Gesamtpersönlichkeit des Begutachteten zu begreifen.
00:25:42
Das heißt, sie fangen an mit der biografischen Anamnese, mit der Herkunft, mit der Familie, lassen sich Kindheit und Jugend schildern, Erziehungsstile prägende Einflüsse, Werte, die im Elternhaus gegolten oder auch nicht gegolten sind.
00:25:54
Die Schul- und Berufsbiografie, die Pubertätsentwicklung, eine sehr ausführliche Sexualanamnese, gerade wenn es um Sexualstraftaten geht.
00:26:05
Und dann fragen sie natürlich explizit nach den entsprechenden Vorlieben und nach den entsprechenden Fantasien und nach orgasmusauslösenden Fantasien.
00:26:15
Außerdem sucht man bei dem Tatmuster nach sadistischen Praktiken, Mustern oder Motiven.
00:26:20
Ob jemand beispielsweise sich an Angst und Schrecken ergötzt, wie in meinem Fall bei sexuellen Sadisten, kann man gerade an der Tat an sich schon Hinweise auf Sadismus finden.
00:26:31
Im sexuellen Bereich schauen sie sich an, ob es Praktiken gibt, die besonders auf das Quälen und Demütigen der anderen Person abzielen und ob das eben zu einem bestimmten gesteigerten Erlebnis führt.
00:26:47
Es gibt Praktiken, die mit sexuellem Sadismus in Zusammenhang gebracht werden, also insbesondere Verstümmelung von Körperteilen oder Setzen von Brandwunden oder das besondere Zufügen von Schmerzen, um nur einiges zu nennen.
00:27:04
Im Zusammenhang mit der Begutachtung von Sadisten habe ich auch von sogenannten Merkmalslisten gelesen.
00:27:09
Wahrscheinlich ist das auch das, womit sich Frau Salmee beschäftigt.
00:27:12
Und zwar gibt es da sozusagen drei verschiedene Gruppen, in die man diese Merkmale unterteilen kann.
00:27:18
Und die erste Gruppe hatte sie gerade ja schon genannt.
00:27:21
Das ist dieses physische Verletzen und Foltern, wo man eben etwas verstümmelt und so weiter.
00:27:26
Und die zweite Gruppe bezieht sich auf die ritualisierten Handlungen und Demütigungen.
00:27:31
Und darunter fällt dann zum Beispiel der Punkt, der Täter behält Trophäen vom Opfer.
00:27:35
Und als drittes die detaillierte Planung und Machtausübung.
00:27:40
Und darunter fällt dann zum Beispiel das Merkmal, der Täter sperrt das Opfer ein.
00:27:44
Und wenn dann ja eine gewisse Menge an diesen Merkmalen zu finden ist, dann ist es eher wahrscheinlich, dass der Gutachter die Diagnose sexueller Sadismus stellt.
00:27:54
Frank Gust hatte die Taten auch sehr lange vorher geplant.
00:27:58
Das sieht man ja auch an dieser Einkaufsliste und so.
00:28:01
Der wollte halt dann auch, dass es perfekt für ihn ist, damit seine Lust maximal gesteigert werden kann während der Tat.
00:28:08
Und hatte Frank Gust im Gespräch mit seinem Gutachter dann offen zugegeben, dass ihn die Taten sexuell befriedigt haben?
00:28:16
Ich gehe mal stark davon aus.
00:28:19
Gerade weil man heute so viele Einzelheiten über seine Taten weiß.
00:28:23
Weil das ist ja nicht immer so, dass die Täter das danach zugeben.
00:28:26
Und deswegen sind diese Merkmalslisten ja auch so gut.
00:28:30
Und weil, wenn sie es zugeben würden, direkt, ja, jetzt bei Frank Gust war es ja so auffällig auch schon alleine.
00:28:38
Wenn es nicht so auffällig ist und der Gutachter dann noch quasi schwanken kann zwischen sexuellem Sadismus oder eben nicht, ist es dem Täter natürlich lieber, dass es nicht rauskommt.
00:28:49
Und weil, wenn sexueller Sadismus diagnostiziert wird, dann haben die auch in dem Maßregelvollzug es schwerer, Lockerungen zu bekommen und ja auch schwerer überhaupt rauszukommen danach.
00:29:04
Und oft ist auch diese Sicherungsverwahrung ein Thema bei sexuellen Sadisten.
00:29:09
Aber dessen müssen sich die Täter ja dann auch erstmal bewusst sein.
00:29:13
Warum jetzt bei Höxter die Gutachten voneinander abwichen?
00:29:16
Er hatte hier jetzt spezielle Ursachen.
00:29:18
Der erste Gutachter, der erkrankte dann nämlich auch während der Verhandlungen.
00:29:21
Und die Paardynamik zwischen den beiden Tätern kam dann auch nochmal erschwerend hinzu.
00:29:26
Aber im Gegensatz zu dem Paar aus Höxter war Frank Gust, so sagen halt viele, der Paradesatt ist.
00:29:33
Was mir dabei nicht so ganz klar war, kann Frank Gust im Nachhinein wirklich in den guten Momenten Entsetzen über seine Tat empfinden,
00:29:41
weil er sie ja so lange im Voraus geplant hat und sie dann auch währenddessen so genossen hat?
00:29:47
Dass er nachher womöglich sagt, naja, das ist schon ein großes Problem, dass ich das habe oder dass er sich auch schämen mag
00:29:54
oder dass er seine Neigungen selber als Deviant erkennt.
00:29:59
Das ist ohne Zweifel möglich.
00:30:04
Aber trotzdem kann ja in der Tatsituation selbst es einen großen Reiz ausüben, die Tat auch zu begehen.
00:30:11
Das heißt, Entsetzen als solches sagt prognostisch überhaupt nichts aus.
00:30:18
Genau, also Heul ist kein Garant dafür, dass er es nicht nochmal tun würde.
00:30:22
Er gilt also weiterhin als gefährlich.
00:30:25
Für wen er allerdings nie gefährlich wurde, zumindest nicht, dass wir wüssten, ist seine Familie.
00:30:30
Dr. Semmi sagt, sadistische Motive sind häufig abgespalten.
00:30:34
Der Täter lebt in einer Parallelwelt sadistische Fantasien aus und hält gewissermaßen sein unmittelbares Sozialfeld,
00:30:44
ein soziales Nachfeld davon unbehelligt.
00:30:47
Da ist die Kriminalkasuistik von Frank Gust eben ein solches Beispiel.
00:30:53
Das ist nicht so selten, dass eine sehr gute Fassade aufrecht gehalten wird,
00:30:58
dass die Leute im Alltag hoch leistungsfähig sind, mit ihrem Leben formal gut zurecht kommen.
00:31:04
Und das andere ist eine völlig abgeschottete Parallelwelt.
00:31:08
Das mit der Parallelwelt, das hat man zum Beispiel auch bei meinem Klarinettenmörderfall aus Folge 3 gesehen,
00:31:15
bei dem erst nach seinem Tod überhaupt entdeckt wurde, dass er mehrfacher Mörder war.
00:31:20
Stimmt. Und der hatte doch auch so Comics an den Wänden hängen.
00:31:26
Der war doch auch sadist, oder?
00:31:28
Du hattest ja eben gesagt, dass du am Anfang ja gedacht hattest,
00:31:33
Höxter hat etwas mit Sadismus zu tun. Das hatte ich ja auch.
00:31:36
Und in der Vorbereitung zu der Folge habe ich nochmal mit der Kriminalpsychologin Lydia Benicke telefoniert.
00:31:43
Und ihr habe ich dann erzählt, dass es mich so gewundert hatte,
00:31:46
dass ich quasi bei Höxter direkt an Sadismus gedacht habe und davon quasi ausgegangen bin,
00:31:51
obwohl ich zugegebenermaßen gar nicht so viel darüber gelesen hatte, als das alles Thema war.
00:31:57
Und sie hat mir dann erzählt, dass an dem Tag, als diese Tat öffentlich wurde,
00:32:02
sie ganz viele Journalisten angerufen haben und auch im Rat gefragt haben.
00:32:07
Und darunter auch die Bild.
00:32:08
Und die wollten nämlich am ersten Tag direkt titeln, das Sadistenpaar von Höxter.
00:32:13
Und Lydia meinte dann zu den Redakteuren, dass sie das jetzt noch auf keinen Fall schreiben können,
00:32:18
weil sie eben noch gar nichts über die Motive des Paares damals wussten.
00:32:22
Und ja, wie du gesagt hast, es stellte sich ja jetzt auch heraus, dass kein Sadismus diagnostiziert wurde.
00:32:28
Und die Bild hat da auf Lydia gehört und deswegen wurde aus dem Sadistenpaar aus Höxter das Folterpaar aus Höxter am ersten Tag.
00:32:36
Gut, vielleicht haben sie auf Lydia gehört, was die Überschrift angeht.
00:32:40
Es gibt aber noch ganz, ganz viele Artikel, wo es immer, also wo es heißt, das sadistische Paar oder ihre sadistischen Taten.
00:32:50
Ja, wobei die sich auch viel auf Aussagen der Ermittler beziehen, muss man dazu sagen.
00:32:55
Also sie schreiben nicht nur die Zitate, wo es um Sadismus geht,
00:32:58
sondern sie übernehmen einfach auch die Ansichten der Ermittler
00:33:03
und verwussten das aber dann halt weiter, weitestgehend auch wieder in ihren eigenen Texten.
00:33:09
Aber die Ermittler waren anfangs offenbar auch davon überzeugt.
00:33:15
Bei meinem Täter hat die Presse auch sehr schnell vom Sadisten gesprochen, hat sich da aber dann herausgestellt, dass es richtig war.
00:33:25
Und mein Fall zeigt, wie das Internet als Werkzeug benutzt werden kann, um unbemerkt Straftaten zu planen und zu begehen.
00:33:33
In dieser Geschichte geht es unter anderem um Suizid und darum würde ich an dieser Stelle gerne nochmal auf die Telefonseelsorge hinweisen.
00:33:40
Dort bekommt ihr rund um die Uhr Hilfe und Infos und die Nummer findet ihr in unseren Shownotes oder wenn ihr bei Google Telefonseelsorge eingebt.
00:33:48
Am 28. April 2016 sitzt Sabine im Zug nach Gießen.
00:33:53
Sie ist dort mit dem Mann verabredet, der sie umbringen soll.
00:33:56
Per SMS verabschiedet sie sich noch von ihrem besten Freund Christian.
00:34:01
Anfang 2016 ist Sabine 23 Jahre alt.
00:34:05
In ihrem kurzen Leben musste sie schon viel durchmachen.
00:34:09
So wird sie als Kind von ihrem eigenen Großvater missbraucht.
00:34:12
Aufgrund dieser Erfahrung entwickelt Sabine eine Persönlichkeitsstörung.
00:34:16
Sie ist Borderlinerin.
00:34:17
Mit der Pubertät kommen die Depressionen, die Selbstverletzungen, die Suizidversuche und die stationären Aufenthalte in Psychiatrien.
00:34:24
Im Winter 2015 verliert sie ihren Job und fällt noch tiefer in ein schwarzes Loch.
00:34:29
Kurz danach sucht sich Sabine Hilfe in einem Internetforum für depressive Menschen.
00:34:34
Am 18. März schreibt sie dort einen Nutzer namens Heimu an.
00:34:38
Heimu erzählt Sabine, dass er selbst mal an Depressionen litt und nun anderen helfen möchte.
00:34:43
Er schreibt, dass er leitender Angestellter mittleren Alters ist und eine 19-jährige Tochter hat.
00:34:48
Schon bei ihrer ersten Unterhaltung fragt er Sabine nach ihren Suizidgedanken.
00:34:52
Er scheint ein guter Zuhörer zu sein.
00:34:54
Heimu versteht Sabines Todessehnsucht und erzählt ihr schon bald, dass es schmerzlose Arten zum Sterben gäbe.
00:35:01
Er behauptet fälschlicherweise, dass Erhängen schmerzfrei wäre.
00:35:05
Dass Heimu versucht Sabine zu manipulieren, merkt sie nicht.
00:35:09
Für sie ist er der erste Gesprächspartner, der sie in ihrem Todeswunsch bestärkt, anstatt ihr davon abzuraten.
00:35:16
Mit der Zeit wird Heimu immer drängender, sagt, er wolle ihr beim Sterben helfen.
00:35:21
Sabine zögert, hört aber trotzdem nicht auf, mit dem Fremden zu schreiben.
00:35:25
Dann redet Heimu ihr ein, dass sie in ihrer Kindheit gar nicht missbraucht wurde,
00:35:30
sondern dass sie ihren Großvater verführt hätte.
00:35:33
Außerdem prophezeit er ihr, dass sie wegen ihres Übergewichts nie einen Partner finden würde.
00:35:38
Anstatt sie aufzubauen, macht er sie immer kleiner und damit Sabines Wunsch zu sterben immer größer.
00:35:44
Irgendwann erklärt Heimu ihr, wie er sie umbringen würde.
00:35:47
Er hat einen genauen Plan für die Hinrichtung.
00:35:51
Sabine soll zum Gießener Bahnhof kommen, die beiden würden in den Wald fahren.
00:35:55
Da würde er sie ausziehen, ihre Hände hinter dem Rücken verbinden,
00:35:59
damit, falls sie es sich doch noch einmal anders überlegen sollte, sie nicht fliehen könne,
00:36:02
und dann würde er sie umbringen.
00:36:04
Ihr Tod würde rasch eintreten, versichert er.
00:36:07
Sabine weiß nicht, was sie darauf schreiben soll.
00:36:10
Ihre Depression verhindert ihr, klare Gedanken zu fassen.
00:36:13
Einige Zeit später stößt Sabine dann im Internet auf einen Artikel, der sie erstarren lässt.
00:36:18
Ein unbekannter Mann hatte eine junge Frau aus Bremen in den Selbstmord getrieben.
00:36:22
Ein Nutzer mit dem Namen Isch Seifert hatte im Herbst des vorigen Jahres die 23-jährige Theresa angeschrieben.
00:36:28
Sie war Altenpflegerin und ebenfalls in dem Forum unterwegs, in dem jetzt Sabine täglich mit Heimu schreibt.
00:36:34
Theresa hatte den Tod ihres Vaters nicht verkraftet und im Netz nach Halt gesucht.
00:36:40
Dort ist sie auf den Mann gestoßen, der sich als Rettungssanitäter und Familienvater ausgab und ihr helfen wollte.
00:36:45
Die beiden sind über Monate in Kontakt.
00:36:48
In der Zeit tauscht er mit ihr Selbstmordfantasien aus und gibt ihr sogar Anleitungen.
00:36:52
Nach einem ihrer Skype-Gespräche am 16. Februar ist Theresa tot.
00:36:57
Sie hatte sich erhängt.
00:36:58
Der Mann hatte sie dazu gebracht, um seine sexuellen Fantasien auszuleben.
00:37:03
Das vermutet zumindest die Presse.
00:37:05
Doch identifiziert wird der Nutzer nicht.
00:37:08
Denn die Staatsanwaltschaft Bremen stellte dem Fall keine Ermittlungen an.
00:37:12
Der Grund, den sie angibt, Beihilfe oder Anstiftung zum Selbstmord, ist in Deutschland nicht strafbar.
00:37:19
Teresas Eltern können das nicht fassen.
00:37:21
Aus den Chat-Protokollen geht ihrer Meinung nach hervor, dass der Wunsch nach dem Tod ihrer Tochter mehr von dem Chat-Partner als von Theresa selbst stammte.
00:37:29
Wie kann ein Mann eine junge Frau in den Tod treiben und ungestraft davon kommen?
00:37:34
Das fragt sich auch Sabine.
00:37:35
Und sie ist sich sicher zu wissen, wer der Mann ist.
00:37:38
Die Parallelen zu Heimo sind zu eindeutig, als dass es Zufall sein könnte.
00:37:43
Daraufhin meldet sich Sabine bei den Verantwortlichen des Selbsthilfe-Forums und macht sie auf den Bremer Fall und die Verbindungen zu Heimo aufmerksam.
00:37:50
Die erzählen ihr daraufhin, dass RTL bereits auf der Suche nach dem Mann ist.
00:37:54
Teresas Eltern hatten sich hilfesuchend an den Sender gewandt.
00:37:57
Der Reporter Wolfram Kunig hatte daraufhin ein Rechercheteam zusammengestellt und sich auch Kriminalpsychologin Lydia Benecke mit ins Boot geholt.
00:38:04
Das Team ist verdeckt in dem Internetforum unterwegs.
00:38:08
Und mit Hilfe von Sabine kommt sie dann auch schließlich an Heimo.
00:38:11
Lydia Benecke chattet mit dem Mann unter dem Pseudonym Safira.
00:38:14
Sie gibt sich als junge Frau mit Depressionen aus und schnell geht es auch in diesem Chat um Selbstmord und Tötungsfantasien.
00:38:21
Ach, das ist ja abgefahren.
00:38:23
Die Kriminalpsychologin will, dass der Mann seine sexuelle Motivation schriftlich zugibt,
00:38:28
sodass man etwas gegen ihn in der Hand hat, sollte es doch noch zu einer Verhandlung kommen.
00:38:32
Das tut er schließlich.
00:38:34
Außerdem schreibt er, dass er sie auch töten würde, wenn sie es in dem Moment nicht mehr wollen würde.
00:38:40
Er würde es tun, wenn er meint, der Zeitpunkt wäre gekommen.
00:38:46
Der Mann ist extrem gefährlich und Sabine in akuter Gefahr.
00:38:49
Doch Sabine glaubt nicht, dass die Journalisten irgendetwas ausrichten können.
00:38:53
Schließlich hatte nicht einmal die Staatsanwaltschaft Bremen Grund für eine Strafverfolgung gesehen.
00:38:57
Letztendlich chatten sie ja nur mit ihm.
00:39:00
Deshalb beschließt Sabine, dass sie Heimu hinter Gittern bringen wird.
00:39:04
Wenn er sie tötet, dann begeht er eine Straftat.
00:39:06
Sabine würde dann alle Beweise für die Polizei bereitlegen und damit weitere Straftaten verhindern.
00:39:12
Sie glaubt ihrem Tod somit einen höheren Sinn zu geben.
00:39:15
Von ihrem Plan erzählt sie niemandem etwas.
00:39:18
Doch am 11. April wird Sabine durch ihre Hausärztin in die Psychiatrie eingewiesen, weil sie merkt, wie schlecht es ihrer Patientin geht.
00:39:25
Dort hat Sabine aber weiter Kontakt zu Heimu.
00:39:28
Er drängt sie, die Klinik zu verlassen, um den Plan durchzuführen.
00:39:32
Und erstmals stimmt Sabine zu.
00:39:35
Der 24. April wird als Tattag ausgemacht und Sabine bekommt für diesen Tag Ausgang.
00:39:39
Sie vertraut sich ihrem besten Freund Christian an, erzählt ihm von dem Vorhaben, sich mit dem fremden Mann aus dem Internet zu treffen, um sich von ihm töten zu lassen.
00:39:48
Christian ist schockiert und schafft es Sabine zu überreden, zurück in die Klinik zu gehen.
00:39:52
Sie muss ihm versprechen, dass sie keinen Kontakt mehr zu Heimu haben wird.
00:39:56
Sabine gibt Christian daraufhin die SIM-Karte aus ihrem Handy.
00:39:58
Doch insgeheim bleibt sie via Skype mit Heimu in Kontakt.
00:40:01
Am 28. April bekommt Sabine wieder Ausgang.
00:40:05
An diesem Tag holt sie sich eine neue SIM-Karte und ein Zugticket nach Gießen.
00:40:08
Per SMS verabschiedet sie sich von Christian.
00:40:11
Der versucht noch, sie zu überzeugen, aus dem Zug zu steigen.
00:40:14
Doch diesmal ist Sabine nicht umzustimmen.
00:40:17
Christian ist verzweifelt.
00:40:19
Schließlich ruft er den Reporter Wolfram Kunig an, den er durch Sabine kennt.
00:40:22
Er bittet ihn um Hilfe.
00:40:24
Kunig schlägt vor, sich mit Sabine in Frankfurt zu treffen und macht sich sofort auf den Weg.
00:40:28
Christian schafft es Sabine zu überreden, sich zumindest vor dem Treffen mit Heimu noch kurz mit dem Reporter zu treffen,
00:40:35
noch mehr Beweise gegen den Mann festzuhalten.
00:40:37
Gegen 21 Uhr steigt Sabine also am Frankfurter Hauptbahnhof aus, um dort Wolfram Kunig zu treffen.
00:40:43
Mit viel Überzeugungskraft schafft es Kunig, Sabine zu überreden, nicht auf den Plan des Mannes einzugehen.
00:40:49
Sie hätten genug Beweise gesammelt, um ihn hinter Gitter zu bringen, sagt er.
00:40:53
Ob das wirklich stimmt, weiß Kunig nicht.
00:40:56
Das weiß er selber nicht?
00:40:58
Nee, das sagt er nur, um sie zu stoppen.
00:41:01
Dann wird die Polizei kontaktiert und gemeinsam ein Plan aufgestellt, um den Mann festzunehmen.
00:41:06
Dann, plötzlich, vor laufender Kamera, ruft Heimu an.
00:41:09
Er fragt Sabine, was sie anhat.
00:41:11
Pullover und Jeans, antwortet sie.
00:41:13
Und was drunter?
00:41:15
Normale Unterwäsche, sagt sie.
00:41:17
Die beiden verabreden sich für den späten Abend am Gießener Bahnhof.
00:41:21
Polizei, Fernsehteam und Sabine machen sich auf den Weg dorthin.
00:41:24
Um ein Uhr nachts kommt ein übergewichtiger Mann, deutlich älter als 50, auf Sabine zu, die vor der Bahnhofshalle steht.
00:41:31
Er sieht so gar nicht aus wie der Mann, den er selbst beschrieben hatte.
00:41:35
Die beiden gehen schnell zu Heimus Auto.
00:41:37
Dann greift die Polizei zu und durchsucht den Mann.
00:41:40
Er hat eine kleine Flasche bei sich und ein Taschentuch.
00:41:43
Später wird sich herausstellen, dass es sich um K.O.-Tropfen handelt.
00:41:46
In seinem Auto finden die BeamtInnen Abschleppseile, die teilweise schon zu einer Schlinge geknotet sind
00:41:51
und Kabelbinder.
00:41:52
Kunik und sein Kameramann kommen dazu.
00:41:55
Was machen Sie hier?
00:41:57
Fragt der Reporter.
00:41:58
Heimo erklärt, dass er eine Internetfreundin abholen wollte.
00:42:01
Er kenne sie schon länger, sie hatte ein paar Probleme und sie hat ihn jetzt darum gebeten, sie heute hier abzuholen.
00:42:07
Er hätte aber jetzt erst kommen können, weil er noch so lange hatte arbeiten müssen.
00:42:10
Tatsächlich war der Mann auf der Konfirmation seiner Tochter.
00:42:14
Dann fragt der Reporter noch.
00:42:16
Ich würde gern wissen, was Sie den Eltern von Teresa sagen wollen.
00:42:21
Was sagen Sie den Eltern von Teresa, die sie in den Selbstmord getrieben haben?
00:42:25
Ich habe keine Frau in den Selbstmord getrieben, antwortet der Mann.
00:42:29
Dann steigt er in das Polizeiauto.
00:42:31
Und Katharina mit einer Beamten in ein anderes.
00:42:33
Ende Dezember 2016 beginnt der Prozess gegen Heimo, der eigentlich Rolf S. heißt, Vater einer 15-jährigen Tochter ist und aus Hessen kommt.
00:42:41
Und der mehrfach wegen sexuell sadistisch motivierten Taten vorbestraft ist.
00:42:47
Spannend wird, ob Rolf S. überhaupt verurteilt werden kann.
00:42:51
Normalerweise ist in Deutschland nur die vollendete Tat bzw. der Versuch strafbar.
00:42:55
Bei diesem Fall ist es aber ja noch nicht einmal zu dem Versuch der Tötung gekommen.
00:43:00
Der Staatsanwalt Thomas Hauburger ist aber sehr motiviert, Rolf S. verurteilt zu sehen.
00:43:05
Und so soll ausnahmsweise die bloße Vorbereitung einer Tat bestraft werden.
00:43:09
Dazu hat er sich einen Plan zurechtgelegt.
00:43:11
Er will Rolf S. mithilfe von § 30 des Strafgesetzbuches drankriegen.
00:43:16
Der Paragraf trägt die Überschrift Versuch der Beteiligung, was ja erstmal Verwirrung klingt.
00:43:21
Bei diesem Paragrafen geht es eigentlich um die Anstiftung bzw. das Bereiterklären zu einem Verbrechen.
00:43:26
In Absatz 2, auf den sich der Staatsanwalt hier bezieht, heißt es, es wird bestraft, wer sich bereiterklärt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen.
00:43:37
Normalerweise wird der Paragraf herangezogen, wenn sich diese Erklärung auf einen Dritten bezieht.
00:43:41
Bei diesem Absatz geht es nämlich eigentlich um Gruppendynamik.
00:43:44
Also, dass wenn jemand einem anderen sagt, dass er ein Verbrechen begehen wird, dass dieses Bereiterklären ihn dann an diese Tat bindet.
00:43:51
Also daran, sie auch wirklich zu begehen, weil er sie ja bereits jemandem anderen angekündigt hat.
00:43:56
Wenn aber der, dem gegenüber die Tat angekündigt wird, selbst später das Opfer sein soll, dass sie es sogar einverstanden zeigt, gilt das dann auch?
00:44:04
Das ist die Frage dieser Verhandlung.
00:44:07
Am ersten Prozestag wird die Anklage verlesen.
00:44:09
Rolf S. wird vorgeworfen, sich für die Ermordung der Zeugin bereiterklärt und sich so zum Mord mit ihr verabredet zu haben.
00:44:15
Zur Beweisführung werden zunächst zwei Gutachter geladen.
00:44:18
Der erste Gutachter erklärt, dass Rolf S. ihm gegenüber ausgesagt hat, lediglich besonderen Gefallen an Aufhängespielchen zu finden.
00:44:26
In Bezug auf Sabine hatte Rolf S. jegliche Tötungsabsichten geleugnet.
00:44:31
Es hätte sich nur um Rollenspiele gehandelt.
00:44:34
Das Fesselwerkzeug, das bei ihm im Auto gefunden wurde, hätte er bewusst nie angebunden, sondern immer nur in der Hand gehalten, um so noch rechtzeitig eingreifen zu können.
00:44:43
Er behauptete weiter, er habe den Frauen im Internet nur helfen und ihnen Ratschläge geben wollen.
00:44:47
Er habe, nachdem er selbst einmal schwer depressiv war, ein gewisses Verständnis für Depressive.
00:44:52
Das qualifiziert ihn natürlich sehr mit Suizidgefährdeten zu schreiben.
00:44:58
Rolf S. sei sich keiner Schuld bewusst und hat daher im Gespräch mit dem Gutachter auch keinerlei Reue gezeigt.
00:45:05
Die endgültige Diagnose lautet sexueller Sadismus und volle Schuldfähigkeit.
00:45:09
Dann wird ein zweiter Gutachter in den Zeugenstand gerufen, der sich mit Sabine beschäftigt.
00:45:14
Dieser sagt, dass es bei ihr kein ernsthaftes Verlangen nach Selbstmord gegeben habe, dass es nicht ihr freier Wille war, sondern dass die Krankheit aus ihr sprach.
00:45:23
Im Verlauf der Verhandlung werden außerdem mehrere Zeugen geladen, die ebenfalls mit dem Nutzer Heimo in Kontakt waren.
00:45:28
Sie erzählen, dass er sie sehr schnell aufgefordert hatte, Selbstmord zu begehen.
00:45:32
Möglichst nackt und möglichst so, dass er es am Telefon oder über das Internet mitbekomme.
00:45:36
Von sadomasochistischen Rollenspielen sei nie die Rede gewesen.
00:45:41
Auch Lydia Benecke erzählt von ihren Chat-Unterhaltungen mit Rolf S. und ihrer Einschätzung zur Gefährlichkeit des Mannes.
00:45:47
Der Angeklagte fällt bei der Verhandlung dadurch auf, dass er immer wieder grinst.
00:45:53
Am letzten Prozestag hält Thomas Hauburger seinen Abschlussplädoyer.
00:45:57
Dieses ist sehr persönlich.
00:45:58
Sowieso wird Hauburger von der Presse als sehr engagiert und emotional beschrieben.
00:46:03
Während des Plädoyers flüstert Rolf S. intensiv mit seinem Verteidiger.
00:46:07
Hauburger fordert sieben Jahre und am Ende seines Vortrags sagt er an den Angeklagten gewandt,
00:46:13
Rolf S. Verteidiger verzichtet überraschenderweise auf sein Plädoyer und somit wird auch kein Antrag auf Freispruch oder Ähnliches gestellt.
00:46:34
Da kommt auch die Frage auf, ob der Verteidiger nicht vielleicht sogar selber der Ansicht war, dass sein Mandant gefährlich ist.
00:46:40
Das kann man auf jeden Fall vermuten.
00:46:42
Und ich habe auch mit jemandem gesprochen, der dabei war bei der Verhandlung.
00:46:46
Auch einem Juristen, der mir erzählt hat, dass das Schlimmste quasi, was ein Verteidiger machen kann, ist, sich von seinem Mandanten zu distanzieren.
00:46:56
Und bevor man das macht, sagt man vielleicht lieber nichts.
00:47:00
Aber es ist auch nur eine Vermutung hier.
00:47:02
Also wir wissen ja nicht, was seine wirklichen Motive waren, dieses Plädoyer nicht zu halten.
00:47:07
Am 3. Januar 2017 wird dann das Urteil verkündet.
00:47:11
Das Landgericht Gießen hat die Tat als sichbereit erklärend zu einem Verbrechen des Mordes gemäß § 30 Absatz 2 und § 211 Absatz 2 gewertet.
00:47:22
§ 211 kennen wir, das ist der Mordparagraf und das Mordmerkmal, auf das sich die vorsitzende Richterin in ihrer Urteilsbegründung bezieht, ist zur Befriedigung des Geschlechtstriebs.
00:47:31
Die Richterin schließt sich den Forderungen des Staatsanwaltes in Bezug auf die Haftstraf an und verurteilt Rolf S. zu sieben Jahren Freiheitsentzug.
00:47:38
In ihrer Urteilsbegründung spricht die Richterin von einem Zitat über allemaßen perfiden Verhalten des Angeklagten,
00:47:45
der das Vertrauen eines dringend hilfsbedürftigen Menschen ausgenutzt habe, allein, um sich sexuell zu erregen.
00:47:51
Nach dem Urteilsspruch geht Rolf S. Verteidiger in Revision.
00:47:54
Die Voraussetzungen des § 30 seien nicht erfüllt, sagt er, weil die Gesetzgeber mit der Regelung die Erklärung gegenüber Dritten gemeint hätten
00:48:03
und es keine sogenannte Selbstbindung seines Mandanten an die Tat gegeben hätte.
00:48:07
Doch am 4. Juli 2018 wird das Gießener Urteil vom BGH bestätigt.
00:48:11
Ihre Begründung?
00:48:12
Der Wortlaut des Gesetzes nennt keine Adressaten, dem gegenüber die Tatbereitschaft erklärt werden muss.
00:48:18
Auf die Abgabe der Erklärung gegenüber einer bestimmten Person kommt es danach nicht an.
00:48:22
Und so wird das Urteil rechtskräftig.
00:48:25
Manchmal beschweren wir uns ja darüber, dass die Gesetze manchmal so ausgelegt sind, dass da so viele Lücken sind oder dass man das so oder so interpretieren kann.
00:48:35
Jetzt haben wir mal ein schönes Beispiel dafür, dass das auch in was Gutem enden kann.
00:48:40
Das stimmt. Und es hätte vielleicht auch nicht jeder Staatsanwalt diesen Paragrafen genommen und das so gemacht, weil es eben, es hätte halt auch anders ausgehen können, ja.
00:48:50
Die Richterin hätte sich auch anders entscheiden können, weil man es halt so oder so lesen kann, wie du gerade gesagt hast.
00:48:55
Und ich hatte den Eindruck bei meiner Recherche, dass, weil er so engagiert war, der Staatsanwalt, dass es auch deswegen quasi geklappt hat.
00:49:05
Und dass vielleicht, wenn ein anderer Staatsanwalt dahinter gesteckt hätte, es vielleicht nicht geklappt hätte.
00:49:09
Also die Sabine, die hat ja mitgeholfen, dass das Verbrechen jetzt auch geklärt wird.
00:49:15
Was ich erstmal toll finde, dass sie dazu die Kraft hatte, weil in so einer psychischen Verfassung ist das halt auch nicht einfach, sich dann auf irgendwas anderes zu konzentrieren.
00:49:24
Weiß man, wie es ihr heute geht?
00:49:27
Also über sie ist nicht so viel bekannt.
00:49:30
Also man sieht sie ja in dem RTL-Beitrag dazu und man hat zumindest das Gefühl, dass sie erleichtert ist und dass es ihr gut geht.
00:49:42
Aber danach kam kein Artikel mehr über sie und ich denke mal, dass sie sich dann auch zurückgezogen hat.
00:49:48
Die Geschichte von Heimuth zeigt, wie viel Verantwortung die Behörden haben, wenn es um die Suche nach Anhaltspunkten für eine Straftat geht.
00:49:56
Und damit komme ich zu meinem Aha, der Frage nach der Tatherrschaft.
00:50:00
Schauen wir uns den Fall von Teresa nochmal an, der jungen Frau, die sich umgebracht hat.
00:50:05
Ein vorbestrafter Mann mit sexuell-sadistischen Fantasien treibt sich in einem Selbsthilfeforum für Depressive rum und chattet gezielt mit jungen, depressiven Frauen.
00:50:13
Er schreibt eine von ihnen an, fragt sie nach ihren Selbstmordgedanken, suggeriert ihr, sie zu verstehen, erzählt ihr von schmerzfreien Tötungsmöglichkeiten,
00:50:20
schwächt ihr Selbstwertgefühl, drängt sie und weiß dabei, dass es ihr nicht gut geht.
00:50:25
Schließlich gibt er ihr eine Anleitung zum Selbstmord.
00:50:28
Die Eltern finden ihre Tochter tot in ihrem Zimmer und chat Protokolle des Grauens auf ihrem Handy und Computer und wenden sich an die Behörden.
00:50:35
Doch die Ermittlungen nach dem Unbekannten werden nicht aufgenommen.
00:50:38
Scheinbar hat es keinen Anfangsverdacht gegeben, also keine Anhaltspunkte für eine Straftat.
00:50:44
Da fragt man sich doch, hat man denn richtig hingeschaut?
00:50:47
Klar, wenn ich als Staatsanwalt nur mal kurz auf so einen Sachverhalt schaue, kann ich schon mal vorschnell sagen,
00:50:53
Selbstmord und der unbekannte Mann war nicht mal in der Nähe.
00:50:56
Ja, da können wir leider nichts machen.
00:50:59
Aber so sollte es ja eigentlich nicht sein.
00:51:01
Man sollte ja erst einmal recherchieren, um zu prüfen, ob da nicht doch vielleicht Anhaltspunkte für eine Straftat vorhanden sind.
00:51:07
Wenn die Staatsanwaltschaft Bremen die Chatprotokolle aufmerksam gelesen hätte,
00:51:11
dann hätte sie wahrscheinlich festgestellt, dass durchaus die Möglichkeit bestand,
00:51:16
dass der Mann Teresa in den Selbstmord getrieben hat.
00:51:19
Und man kann ja auch davon ausgehen, dass die Behörden relativ schnell herausfinden hätten können,
00:51:24
wer der Nutzer namens Heimu war.
00:51:25
Und dann hätten sie auch gesehen, dass dieser Mann vorbestraft ist.
00:51:28
Und zwar genau wegen Delikten, die sexuell sadistisch motiviert waren.
00:51:32
Und wenn sie sich dann noch Theresas ärztliche Geschichte angesehen hätten,
00:51:37
hätten sie auch gewusst, dass sie starke psychische Probleme gehabt hatte.
00:51:40
Und dass sie nicht mehr in der Lage war, objektive Entscheidungen zu ihrem Wohl zu treffen.
00:51:44
Und wenn sie all das gewusst hätten, dann, aber auch erst dann hätten sie entscheiden können,
00:51:49
ob es genug gewesen wäre, um den Fall vor Gericht zu bringen.
00:51:52
Also die Staatsanwaltschaft, die wusste von den Chats.
00:51:57
Ja, die lagen den Ermittlern und der Staatsanwältin vor.
00:52:02
Sie können ja so jetzt wirklich glücklich sein, dass bei der zweiten jungen Frau so viel passiert ist,
00:52:09
was diese Tat am Ende verhindert hat, weil ansonsten hätten die vor genau dem gleichen Ergebnis gestanden,
00:52:14
wie bei der Theresa.
00:52:16
Aber er wollte sie ja umbringen.
00:52:18
Aber er hätte das doch als Selbstmord aussehen lassen, oder nicht?
00:52:21
Ja, wahrscheinlich hätte er das so geplant.
00:52:24
Die Frage ist, ob er es geschafft hätte, aber du hast recht.
00:52:27
Ich will ja nur sagen, eventuell hätte es auch noch ein weiteres Opfer gegeben.
00:52:31
Und dann hätten sie wieder vor dieser gleichen Thematik stehen können.
00:52:35
Also ist das eigentlich nur deren Glück, weil hätte es jetzt dieses andere Opfer gegeben,
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dann hätten sie sich nämlich die Frage stellen müssen, ob sie das nicht hätten verhindern können.
00:52:44
Genau. Aber stellen wir uns jetzt mal vor, die Staatsanwaltschaft Bremen hätte ein Verfahren beantragt.
00:52:49
Welche Art von Anklage hätte man denn vorbringen können?
00:52:52
Weil wir wissen ja, dass Selbstmord keine Straftat ist und somit die Beihilfe oder Anstiftung dazu auch nicht.
00:52:58
Aber hier gibt es ein paar Parallelen zum Sirius-Fall, den ich bei unserer TIN-Konzession erzählt habe.
00:53:04
Das Video verlinke ich dann euch auch nochmal in den Shownotes.
00:53:07
Bei so einem Sachverhalt ist es nämlich wichtig herauszufinden, wer die Tatherrschaft hatte.
00:53:12
War es Theresa? Wollte Theresa wirklich sterben?
00:53:15
Oder war es Heimut, der Theresa sterben sehen wollte, um sich daran sexuell zu befriedigen?
00:53:20
Und wenn dem so war, wusste Heimut denn, dass sie nicht mehr objektiv entscheiden konnte, ob sie leben oder sterben wollte.
00:53:26
Das wären die Fragen, die vor Gericht in Bremen hätten geklärt werden müssen.
00:53:32
Es wäre dann tatsächlich nicht ausgeschlossen, dass das Gericht zu dem Urteil gekommen wäre, dass Heimut die Tatherrschaft innehatte.
00:53:38
Und so hätte ein Richter ihn verurteilen können, bevor er weitere Frauen anschreibt und in Gefahr bringt.
00:53:44
Doch dazu kam es ja nicht, wie wir wissen, weil er es gar nicht ermittelt wurde.
00:53:48
Über die Gründe dafür kann man natürlich nur spekulieren, aber ein Jurist, mit dem ich gesprochen habe, der hier aber anonym bleiben möchte, meinte, dass Fälle gegen Unbekannt bei der Staatsanwaltschaft ungern gesehen werden.
00:54:00
Und weil man da auch keinen bekannten potenziellen Schuldigen hat, sind diese Fälle auch oft schwer zu lösen.
00:54:06
Und da kommt es dann einem vielleicht gelegen, wenn man sich mit dem Argument, Selbstmord ist keine Straftat, aus der Verantwortung ziehen kann.
00:54:14
Aber der Mann wäre ja eigentlich nicht unbekannt gewesen. Sie hätten den ja ausfindig gemacht.
00:54:20
Ja, aber es war eine Anzeige gegen Unbekannt und die sind erst mal nicht so gern gesehen, weil man den Unbekannten ja erst mal ausfindig machen muss und man am Anfang nicht weiß, wie umfangreich das jetzt wird.
00:54:31
War der Fall von Theresa Gegenstand von der Verhandlung, bei der er nachher verurteilt wurde?
00:54:36
Das heißt, diese Straftat, die im Grunde genommen nicht als Straftat zu bewerten sein kann, die wurde nicht aufgegriffen und die ist bis heute quasi ungesühnt.
00:54:48
Richtig. Und wir erinnern uns, er hat auch nur sieben Jahre bekommen.
00:54:54
Und wir sehen, dass nur auf den Fall Sabine ist, vielleicht gar nicht so wenig.
00:54:57
Aber wir sehen, wie gefährlich der ist. Wir sehen, dass er Wiederholungstäter ist.
00:55:04
Und vor allem sehen wir auch, dass er sich in einem Gebiet bewegt, wo er jederzeit unter einer anderen Identität wieder agieren kann.
00:55:12
Und in Nürnberg, also die Staatsanwaltschaft Nürnberg, ist wohl auch gerade dran, eine Anklage vorzubereiten, weil es da wohl auch wieder einen ähnlichen Fall gegeben hat.
00:55:23
Und wenn es dazu kommt, dann kann es möglicherweise sein, dass eine Sicherungsverwahrung für ihn in Betracht kommt.
00:55:33
Aber ja, die sind in der Vorbereitung und man weiß halt darüber jetzt gerade noch nicht.
00:55:39
Und es geht da um einen Fall, der vorher stattgefunden hat, der bisher aber noch nicht klar war, dass er das war.
00:55:45
Genau, darüber weiß man noch nichts.
00:55:47
Was ja aber feststeht, ist, hätten ein paar engagierte Journalisten und ein Staatsanwalt aus Gießen nicht die Motivation gehabt, diesen Mann zu finden und zur Verantwortung zu ziehen,
00:55:59
dann wären vielleicht noch andere oder ja, möglicherweise andere junge Frauen zu Opfern von Heimo geworden.
00:56:07
Ich muss ja gestehen, dass ich so ein bisschen skeptisch war, als wir gesagt haben, wir wollen uns mal mit Salisten beschäftigen,
00:56:14
weil es eben halt auch eine von jenen Taten ist, die man so schwer nachvollziehen kann, möchte man sagen.
00:56:20
Und dann ist mir aber aufgefallen, dass wir uns in einer anderen Folge gar nicht so weit weg von dem Thema schon mal ähnlich mit einer Thematik befasst haben.
00:56:31
Und zwar, weißt du, welche ich meine?
00:56:34
Bei deinem Fall.
00:56:35
Gerade bei meinem Fall, weil er erstens sexuell motiviert war.
00:56:41
Sadismus weiß ich gar nicht, ob das zu der Zeit, in der Peter Kürten, also der Vampir von Düsseldorf, da schon so verbreitet war, dass man überhaupt geguckt hat, ob er Sadist ist oder sadistische Züge hat.
00:56:51
Was mich halt so an den Sadismus erinnert hat und was ich so plakativ finde, auch für die Täter oder Täterin, dieses Verlangen danach, die Angst in den Augen des Opfers zu sehen.
00:57:02
Und das hatte Peter Kürten quasi ja perfektioniert, weil er nach seinen Taten, nachdem bekannt war, dass irgendwer wieder umgebracht wurde oder opfert wurde, ist er durch die Stadt gelaufen und hat extra den Leuten gelauscht, die sich das gegenseitig erzählen, damit er die Reaktion in den Menschen sehen kann.
00:57:17
Das finde ich bei meinem Mordlustfall und bei den Sadisten wirklich sehr perfide.
00:57:24
Total. Paulina und ich haben euch ja jetzt zwei Fälle von sexuellen Sadisten vorgestellt und bei unserer Recherche ist uns aber auch die Frage gekommen, ob es auch nicht sexuelle Sadisten gibt.
00:57:35
Und die gibt es, da geht Paulina gleich nochmal drauf ein. Aber wissenschaftlich gesehen bezeichnet Sadismus ausschließlich den sexuellen Sadismus, bei dem es immer um die Erregung und Befriedigung sexueller Bedürfnisse geht.
00:57:47
Und wenn wir jetzt den Begriff Sadist hier verwendet haben, dann meinten wir damit den sexuellen Sadisten.
00:57:54
Aber sexueller Sadist ist nicht gleich sexueller Sadist. Und das habe ich nämlich aus dem Buch von Lydia Benecke mit dem Titel Sadist gelernt.
00:58:01
Nämlich eines der Ziele der Autoren war es, dem Leser zu verdeutlichen, dass es gefährliche und ungefährliche sexuelle Sadisten gibt.
00:58:11
Und die ungefährlichen findet man dann häufig in der BDSM-Szene.
00:58:15
Weil auch sie kann es erregen, wenn sie ihr gegenüber demütigen und quälen können.
00:58:20
Aber eben nur in einem vorher mit dem gegenüber abgesprochenen Rahmen, in einem Spiel, zu dessen Regeln der andere zugestimmt hat, weil er es eben auch erregend findet.
00:58:29
Und der Gegenpart in einem BDSM-Spiel mit einem Sadisten ist dann der Masochist, den es eben antören, Kontrolle abzugeben und Schmerzen zu erfahren.
00:58:37
Für alle, die davon noch nie etwas gehört haben.
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Was die einvernehmlichen von den gefährlichen Sadisten in Bezug auf die sexuelle Erregung unterscheidet, hat mir Lydia so erklärt.
00:58:48
Die einvernehmlichen sexuellen Sadisten, die ich interviewt habe, haben alle unabhängig voneinander gesagt, sie möchten einen Menschen, der ihnen eben sympathisch ist und der ihnen so sehr vertraut und sie hinreichend mag,
00:59:02
dass dieser Mensch ihnen diese absolute Kontrolle geben will über sich, seine Psyche und seinen Körper.
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Und das sehen sie als ein Geschenk.
00:59:11
Und dieses Geschenk ist das, was die einvernehmlichen sexuellen Sadisten maximal kickt.
00:59:18
Sie sagen auch, dass die Vorstellung, etwas Ähnliches zu tun, was die gefährlichen sexuellen Sadisten tun, also die Straftäter,
00:59:26
dass diese Vorstellung sie persönlich in keinster Weise erregt, weil sie sagen,
00:59:30
einen Menschen gegen seinen Willen festzuhalten, ihm körperliche Gewalt zuzufügen, ihn im wahrsten Sinne des Wortes zu zerstören,
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das ist nicht die Form von Macht, die sie erregt.
00:59:42
Und ein großer Unterschied ist auch die Bindungsfähigkeit der einvernehmlichen Sadisten.
00:59:47
Ohne diese könnten sie ein Spiel, wie es in der BDSM-Szene üblich ist, gar nicht eingehen.
00:59:51
Und seit einigen Jahren wird auch im klinischen Sinne zwischen den einvernehmlichen und gefährlichen Sadisten unterschieden.
00:59:57
Sexuelle Vorlieben wie der Sadismus gehören nämlich zu den Paraphilien, also zu sexuellen Neigungen, die deutlich von der Norm abweichen.
01:00:04
Und lange Zeit wurden Paraphilien als krankhaft betrachtet.
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Doch seit 2013 wird ihnen nicht mehr grundsätzlich ein Krankheitswert zugeschrieben, sondern nur noch dann, wenn der Betroffene selbst unter der Neigung leidet oder anderen damit schadet.
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Und dann wird das Paraphil-Störung genannt und auch als psychische Störung eingestuft.
01:00:21
Ja, weil so ein schwaches sadistisches Sexualverhalten, das ist ja seit gewissen Büchern, deren Namen ich nicht mal erwähnen möchte, eine weit verbreitete sexuelle Praktik zwischen Erwachsenen.
01:00:34
Also es ist ja gerade heutzutage überhaupt nicht mehr selten.
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Genau, und deswegen hat es auch Lydia Benecke gefreut, dass es dann irgendwann auch wirklich in einem quasi wissenschaftlichen Rahmen abgesteckt ist, dass es nicht krankhaft ist.
01:00:48
Solange es den Betroffenen nicht schadet und anderen Leuten nicht schadet.
01:00:52
Außer so ein bisschen.
01:00:53
Und tatsächlich ticken gefährliche sexuelle Sadisten wortwörtlich auch anders.
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Im Jahr 2012 gelang es einer US-amerikanischen Forschungsgruppe nämlich nachzuweisen, dass gefährliche sexuelle Sadisten Auffälligkeiten bei der Verarbeitung von Eindrücken im Gehirn zeigen.
01:01:10
Die Forschergruppe schaute sich mithilfe von Magnetresonanz-Tomografien an, was in den Köpfen von acht sexuell-sadistischen Sexualstraftätern im Gegensatz zu sieben nicht-sexuell-sadistischen Sexualstraftätern beim Anblick von Schmerzen vorging.
01:01:24
Allen Versuchspersonen wurden dann insgesamt 50 Bilder gezeigt.
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Auf der Hälfte der Bilder waren Menschen zu sehen, die gerade Schmerzen erlitten.
01:01:32
Zum Beispiel eine Person, der einer anderen mit einer Schere in die Hand schneidet.
01:01:37
Auf den übrigen Bildern waren Szenen zu sehen, die nicht direkt mit Schmerzen in Verbindung standen.
01:01:41
Zum Beispiel nur eine Schere in der Nähe einer Hand.
01:01:45
Nach jedem Bild sollten die Versuchspersonen dann angeben, wie stark sie den Schmerz einschätzen, der darauf gegebenenfalls zu sehen war.
01:01:52
Sexuell-sadistische Straftäter bewerteten den dargestellten Schmerz im Vergleich zu den anderen als stärker.
01:01:56
Sie zeigten beim Anschauen der Schmerzbilder auch eine stärkere Aktivität in der linken Seite ihrer Amygdala,
01:02:02
die unter anderem eine wichtige Rolle bei der emotionalen Einschätzung von Situationen spielt.
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Das bedeutet, dass das Gehirn der sadistischen Sexualstraftäter mit ungewöhnlich starken Empfindungen reagiert, wenn es Schmerzen anderer wahrnimmt.
01:02:14
Und es gab noch einen Unterschied zwischen den beiden Gruppen.
01:02:16
Und zwar zeigte sich nur in den Gehirnen der sexuellen Sadisten eine Aktivität im vorderen linken Teil der sogenannten Insula, also der Inselrinde.
01:02:23
Und zwar umso größer, je stärker sie den dargestellten Schmerz einstuften.
01:02:27
Besonders die vordere Inselrinde ist an der gefühlsmäßigen Bewertung von Schmerzen beteiligt,
01:02:32
aber auch an der Fähigkeit, sich in andere einzufühlen und an sexuellen Lust- und Liebesgefühlen.
01:02:39
Das heißt, dass das Areal von ihnen angeht, also das sexuelle Lust- und Liebesgefühle.
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Das ist gekoppelt aneinander.
01:02:49
Genau, dass das angeht, wenn sie Schmerzen sehen.
01:02:52
Das geht dann an und leuchtet.
01:02:55
Und ich habe mich gefragt, ob der Sadismus eigentlich behandelbar ist.
01:03:02
Also nicht im Sinne von heilbar, weil Paraphilien gelten ja nicht als Krankheiten, die du heilen kannst mit einer Medikation oder so.
01:03:09
Von daher behandelbar.
01:03:11
Und ich spreche hier natürlich auch nur von dem wissenschaftlichen Sadismus, weil Charaktereigenschaften zu behandeln ist ja auch irgendwie nicht ganz so leicht.
01:03:17
Zu den Paraphilien, da zählt ja zum Beispiel auch die Pädophilie dazu.
01:03:21
Und ich kann das daran irgendwie besser erklären, weil man sich, darüber haben wir in diesem Podcast ja auch schon mal geredet, seine Sexualpräferenz nicht aussuchen kann.
01:03:31
Und auch bei der Pädophilie ist es so, dass du selbst mit Therapien meistens zu keinem Ergebnis kommst.
01:03:38
Also meistens sind die ergebnisfrei.
01:03:39
Du kannst die Trigger versuchen zu unterdrücken, so wie Frank Gust das halt eben auch gesagt hat.
01:03:45
Man kann es aber nicht wirklich behandeln, höchstens halt mit Verhaltenstherapien.
01:03:49
Dagegen steuern, um zu versuchen, seine eigenen Gedanken unter Kontrolle zu bringen.
01:03:55
Ja, da haben wir doch auch schon mal in Folge 19, als es um die Vergewaltigung auch ging, um diese Art von Sexualstraftäter.
01:04:02
Das waren ja jetzt nicht unbedingt Sadisten in dem Fall.
01:04:05
Aber da haben wir doch auch mit einer Expertin gesprochen, die erzählt hat, dass man sich zum Beispiel so Tricks aneignet,
01:04:11
wie man dann in Situationen, wo man merkt, dass es aus einem rauskommt sozusagen,
01:04:17
dass man jetzt eigentlich am liebsten, was weiß ich, die Frau angreift oder im Fall von sexuellen Sadisten, die gefährlich sind, jemanden quält.
01:04:26
Dass man ja dann lernen kann, damit umzugehen.
01:04:31
Ob man es dann wirklich schafft, ist ja wieder eine andere Sache.
01:04:33
War das dieser Notfallkoffer?
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Was ist jetzt in diesem Koffer?
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Weil du gerade Sexualstraftaten ansprichst, wir müssen hier aber uns bewusst werden,
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dass zwar Sexualstraftaten immer Gewalt und Sexualität miteinander verbinden,
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das ist aber nicht identisch mit dem sexuellen Sadismus.
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Also die Gewalttätigkeit bei den Vergewaltigungen, die dient ja eher dem Zweck,
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ohne dass die eigentlichen sexuellen Interessen sadistische Motive haben.
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Genau, das ist ganz wichtig, weil da haben auch manche Pressevertreter Probleme mit.
01:05:10
Wenn Sie von einem Fall hören, wo es besonders brutal war, wo sehr viele Einzelheiten bekannt sind,
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die sehr brutal sind, dass oft dann der Fehler gemacht wird,
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dass dann Sadismus oder sadistisch oder was weiß ich mit in dem Artikel stehen,
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obwohl das eigentlich eben nicht stimmt.
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Die meisten Sexualstraftaten sind nicht von sexuellen Sadisten gemacht.
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Begangen, begangen wurde.
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Begangen worden sind.
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Das war jetzt genau richtig.
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Genau, es ist nämlich so, dass sexueller Sadismus bei weniger als 10% der Vergewaltiger diagnostiziert wird.
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Aber er existiert bei 37 bis 75% der Menschen, die sexuell motivierte Tötungsdelikte begangen haben.
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Das habe ich von der MSD Manual.
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Also bei den Menschen, die jemanden umgebracht haben, aus sexueller Motivation heraus ist Sadismus schon recht häufig zu finden.
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Ein Sadist kommt ja nicht immer alleine.
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Übrigens haben wir, ich habe das Gefühl, es kommt jetzt gerade so rüber, als gäbe es mega viele.
01:06:24
Aber wir beziehen uns hier halt auf die.
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Und manchmal kommen die nicht alleine, denn in der Kriminalgeschichte gibt es einige Beispiele für sadistische Pärchen, die zusammengearbeitet haben, und zwar überall auf der Welt.
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Ich dachte schon, du sprichst jetzt von Rudeln.
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So ein Pärchen gab es auch bei uns in Deutschland.
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Lutz und Monika Kecke hießen die beiden.
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Und durch die beiden starben 1994 zwei Schülerinnen bei sadistischen Sexspielen.
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Monika Kecke half ihrem Mann, die 16-Jährigen zu verschleppen, zu betäuben und stundenlang zu quälen.
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Und beide Opfer starben letztendlich an einer Überdosis Chloroform.
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Lutz Kecke war der Haupttäter und der Sadist, der letztlich auch in eine Psychiatrie kam.
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Und Monika Kecke wurde schuldfähig gesprochen und zu lebenslanger Haft verurteilt.
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Und die Frage ist ja, was bringt eine Frau dazu, ihrem Mann bei solch furchtbaren Taten zu helfen, auch wenn sie selber eigentlich keine Sadistin ist?
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Dazu hat Lydia Benecke mir eine Antwort gegeben.
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Da gibt es, sehr grob gesagt, zwei typische Konstellationen.
01:07:25
Einmal sehr, sehr, sehr selbstunsichere Frauen mit einem wirklich schweren Selbstwertproblem.
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Die dazu neigen, in Beziehungen eher abhängig zu werden von Partnern und dann wirklich bereit sind, sich komplett aufzuopfern und sich komplett dem Partner zu unterwerfen.
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Solche Persönlichkeiten sind natürlich für solche Täter sehr, sehr ideal, weil die Täter sehr schnell merken,
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dass diese Frau sich genau so verhält, wie sie es erwarten in einer Beziehung, nämlich sich eben komplett unterordnet.
01:07:55
Und die andere Art von Mittäterinnen sind Frauen, die häufig auch in ihrer Kindheit und Jugend traumatische Erlebnisse gemacht haben,
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emotionale, körperliche, sexuelle.
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Und manchmal kann es dazu kommen, dass in so einer Partnerschaft diese Frauen merken, dass ihr Partner ein Täter ist und sich dem sogar aus einer gewissen Eigeninitiative anschließen,
01:08:20
Ja, ich glaube, das ist ein sehr gutes Beispiel von dieser Täter-Opfer-Umkehr, von der ich vorhin gesprochen habe, dass man eben auch mal nicht das Opfer ist und gleichzeitig aber selber nicht die führende Hand hat, sondern quasi mit auf diesen Zug aufspringt.
01:08:48
Und diese Frauen sagen dann auch oft vor Gericht, wenn das rauskommt, sie waren ja nicht die führende Kraft und sie wurden auch von dem Mann beeinflusst.
01:08:59
Und eigentlich sind sie auch das Opfer.
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Manchmal stimmt das nicht, aber sie sagen das dann.
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Und es ist also nicht so, dass ein Sadist irgendwie einen Masterplan für eine Komplizin hat und sich diese Frau dann gezielt aussucht.
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Lydia Benecke bezeichnet die Partnerwahl von Sadisten als Schlüssel-Schloss-Prinzip.
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Da die Sadisten selbst sehr unflexibel in ihrer Persönlichkeit sind, suchen sie sich dann oft intuitiv den Partner, der in seiner Persönlichkeit ähnlich unflexibel ist.
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Das Ergebnis sind dann Paare mit einem narzisstischen Ehemann, der sich eine passende Ehefrau mit abhängiger Persönlichkeit sucht.
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Die abhängige Partnerin merkt aufgrund ihrer Persönlichkeit nicht, wie egoistisch und dominant ihr narzisstischer Ehemann sie behandelt.
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Auch wenn sie es merken würde, ist ihre Angst, verlassen zu werden, meistens zu groß, um sich dann dagegen aufzulehnen.
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Und vor allem Frauen mit einem niedrigen Selbstwertgefühl fühlen sich zu egozentrischen, dominant auftretenden Männern hingezogen.
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Durch die Verbindung mit dem Partner versprechen sie sich bewusst oder unbewusst dann Schutz und Teilhabe an dieser Stärke.
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Und so hatte auch das Gericht im Fall von Monika Kecke geurteilt, dass sie mit der Tat eben die Zuneigung ihres Mannes gewinnen wollte.
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Kommen wir mal zu den nicht-sexuellen Sadisten.
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Auf jeden Fall musste ich die ganze Zeit an diesen einen Anfangstext des Buches Diary of an Oxygen Thief denken.
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Der Autor ist anonym, das Buch ist in den Niederlanden aber ein Bestseller und der Anfang geht so um.
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Ich mochte es, Frauen weh zu tun. Mental, nicht physisch.
01:10:25
Ich habe nie eine Frau geschlagen in meinem Leben.
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Nun gut, einmal, aber das war ein Fehler.
01:10:30
Ich erzähle dir später davon.
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Das Ding ist, ich hob davon richtig ab.
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Ich habe es wirklich genossen.
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Wenn du Serienmörder sagen hörst, dass sie nichts bereuen oder Gewissensbisse haben wegen all der Menschen, die sie umgebracht haben.
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Ich war genauso.
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Ich habe es geliebt.
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Mir war es auch egal, wie lange es dauerte.
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Ich hatte ja Zeit.
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Ich habe gewartet, bis sie mir komplett verfallen waren.
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Bis sie mich mit den großen Kula-Augen angesehen haben.
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Ich liebte es, den Schock in ihrem Gesicht zu sehen.
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Und die Augen glasig wurden, als sie versuchten zu verstecken, wie sehr ich sie verletzt habe.
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Und es war legal.
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Ich glaube, ich habe ein paar von ihnen getötet.
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Ihre Seelen, meine ich.
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Und ich glaube, das beschreibt ganz gut, welche Ausprägung dieser Charakter-Sadismus halt kennt, weil der halt nicht in Gewaltverbrechen oder im Schlafzimmer endet.
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Der kanadische Persönlichkeitspsychologe Delroy Paulus von der University of British Columbia kam zu dem Ergebnis, dass, wenn man zum Beispiel zu den Menschen gehört, die Freude daran empfinden, Insekten zu töten, man mit Wahrscheinlichkeit sadistische Züge in sich trägt.
01:11:35
Und dass die aber halt Teil einer normalen Persönlichkeitsstruktur sind.
01:11:39
Also selbst das, was ich gerade vorgelesen habe von dem Typen, der so gerne Frauen verletzt hat, das sind Teile einer normalen Persönlichkeitsstruktur.
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Ein weiteres Beispiel.
01:11:49
Wie, das sind Teile einer normalen Persönlichkeitsstruktur.
01:11:53
Also wenn man so ist, ist das doch nicht normal.
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Das ist nicht normal, aber es ist in dem Sinne ja kein, wie wir wissen, wissenschaftlicher Sadismus.
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Du würdest das dann eher dem Narzissmus zuordnen.
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Ach so, also Teil von Persönlichkeitsstörungen.
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Nicht von normalen Persönlichkeitsstörungen.
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Ja, also auch, also wenn du jetzt zum Beispiel Fliegen tötest und so gerne, dann ist das noch nicht irgendetwas, was auffällig ist.
01:12:19
Das ist etwas, was du guckst gerade so, als wäre das völlig wahnsinnig.
01:12:24
Also Fliegen ist das andere.
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Aber andere Tiere.
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Ach so, du hast ja auch Insekten gesagt.
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Also es zählt, es ist jetzt nicht, wenn man Kleintiere umbringt, dann ist es schon kein, dann ist es schon ein Problem.
01:12:36
Ich will damit nur sagen, sowas kommt viel häufiger vor, als wir uns das vorstellen.
01:12:41
Und ein weiteres gutes Beispiel dafür sind Kommentare im Netz.
01:12:46
Wenn man nämlich weiß, dass die andere Person einen bösen, richtig bösen Kommentar liest und der sie unglücklich macht.
01:12:55
Und das ist was, was wir so oft sehen.
01:12:58
Ich lag hier gestern auf der sehr unbequemen Couch von Laura nachts und habe mir, also im Feed ist ein Promi-Portal aufgetaucht.
01:13:09
Und da habe ich eine Familie gesehen von irgendwelchen C-Promis.
01:13:12
Und als ich das gesehen habe, da wusste ich schon, wie die Kommentare darunter aussehen, weil das Kind eben nicht aussieht wie irgendwie so ein Instagram-Baby, was immer lacht und toll ist und süß.
01:13:23
Und es war halt genauso die ersten zehn und vor allem die ersten zehn meistgelikten Kommentare waren sowas von ekelhaft und unter der Gürtellinie.
01:13:33
Und das machen sie natürlich zum einen, um irgendwie selber Likes zu bekommen, aber zum anderen auch, weil ich meine, die wissen ja, dass die Mutter das auch verletzt und dass die sich darüber aufregt.
01:13:45
Und sie machen es trotzdem und sie machen es gerade deswegen, um eben halt einfach nur ihr eigenes Ego aufzuwerten.
01:13:50
Das sagt halt Lydia Benecke auch über Alltagssadisten.
01:13:54
Diese Alltagssadisten, habe ich eben schon angedeutet, bezeichnet man eigentlich eher als Menschen mit einer Mischung aus einer antisozialen und narzisstischen Persönlichkeitsstörung.
01:14:02
Also das ist kein pathologischer Begriff.
01:14:04
Und zeigt sich aber, glaube ich, auch ein bisschen bei den Menschen, die so gerne Trash-TV gucken und gerne zusehen, wie zum Beispiel die Freundin vom Wendler heult.
01:14:16
Also vielen Menschen...
01:14:18
Ja, habe ich gelesen.
01:14:21
Vielen Menschen macht es Spaß, das anzusehen.
01:14:25
Und wenn dir das Spaß macht, anzusehen, wie jemand anderes weint, dann weißt du ja, dass du eigentlich in dem Moment kein Empathiegefühl für die Person hast, die gerade weint.
01:14:35
Auch wenn es aus den noch so nichtigen Gründen ist, bist du in dem Moment nicht empathisch.
01:14:40
Und deswegen glaube ich, dass wir ganz, ganz viele Alltagssadisten unter uns haben.
01:14:45
Und vielleicht halt auch einfach mit Abstufungen, ja.
01:14:48
Ich habe eine Frage an dich.
01:14:49
Hast du eine sadistische Seite an dir?
01:14:53
Und ich spreche jetzt natürlich von Alltagssadismus, weil alles andere möchte ich nicht wissen.
01:14:56
Aber hast du sie?
01:14:58
Und wenn ja, wo merkst du sie?
01:15:00
Also ich würde auf jeden Fall sagen, dass ich niemandem wehtun könnte oder sowas, jetzt Gewalt antun könnte.
01:15:09
Aber ich bringe Insekten um.
01:15:15
Okay, die Frage ist ja...
01:15:17
Fliegen fange ich und bringe sie raus.
01:15:18
Okay, und wenn du das Insekt umbringst, empfindest du dabei...
01:15:22
Dann mache ich es ganz langsam und ziehe eins hin die Beine.
01:15:25
Ob ich dann Erfüllung empfinde?
01:15:29
Nee, aber ich muss sie ja töten, damit sie mich in der Nacht nicht pieksen.
01:15:35
Genau, aber dann ist es ja eher so, okay, ich tue jetzt, um einfach mal eine Ruhe zu haben und nicht, weil ich es geil fühle.
01:15:41
Nein, also ich finde es wirklich nicht geil.
01:15:45
Nee, aber ich töte ja auch, also ich töte ja nicht mal Insekten.
01:15:49
Aber deswegen habe ich dich das gefragt, weil ich habe bei dir noch nie gesehen, dass du irgendwie, wenn es jemandem schlecht ging oder wenn jemand, auch jemandem, den man nicht mag und dem passiert dann irgendwie was Blödes, das noch nie gesagt,
01:16:02
Oh ja, geschieht dem Recht oder so. Also diese Seite hast du einfach überhaupt nicht an dir.
01:16:07
Ich hingegen reibst dir die Hände.
01:16:16
Nee, aber, also wir beide verbringen ja schon viel Zeit miteinander und ich habe auch schon manchmal das Bedürfnis, Laura wehzutun und manchmal mache ich es.
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Das Ding ist nur, abgesehen von heißem Wasser und da habe ich mich ja noch nicht herangetraut.
01:16:32
Hat sie kaum Schmerzempfinden. Und deswegen ist es für mich immer relativ unbefriedigend.
01:16:36
Also Fazit ist, wir sind eher keine Alltagssadisten.
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Manche sagen so, andere so.
01:16:44
Wir sind ja hier gerade in London, wie ihr jetzt schon mitbekommen habt. Ist es schön, wieder hier zu sein?
01:16:51
Ich habe dann noch eine Frage an dich. Ich muss mal kurz was holen.
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Oh nein, kriege ich jetzt dieses olle Bier schon wieder?
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Willst du eigentlich mal ein guter Gast sein? Ein dankbarer Gast und dein Gingerbier exklusive Schnecke austrinken?
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Hast du das noch? Warum trinkt dein Freund das nicht?
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Ich möchte gerne andere Geschenke bekommen. Warum kriege ich sowas?
01:17:23
Ich werde das echt nicht trinken.
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Und wenn du mich dazu zwingst, bist du...
01:17:29
Du weißt ja, dass man in der BDSM-Szene Codewörter hat, wenn man nicht mehr gequält werden will.
01:17:34
Schwarmendingen Early Kong, sag ich da.
01:17:46
Das war ein Podcast von Funk.