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#4 Annelieses exorzismus frauke liebs

Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von Mordlust.
Mein Name ist Paulina Kraser und ich bin Laura Wohlers.
Ich habe mir vor kurzem darüber Gedanken gemacht, wenn wir jetzt ganz, ganz viele Folgen produzieren,
was wir ja vorhaben, dass uns eventuell irgendwann die Mordfälle ausgehen würden.
Und deswegen habe ich mich gefragt, wie viele Mordfälle gibt es eigentlich in Deutschland?
Also im Sinne nach Strafgesetzbuch 211. Was glaubst du?
Pro Jahr? Scheiße, ich hasse das. Warum muss ich jetzt sagen? Ich bin so schlecht in sowas.
Okay. Wie viele Mordfälle? Okay. 350.
Ist nicht schlecht. Tatsächlich, also 2017 waren es 405. Es waren auch schon mal weniger.
Wow. Sehr gut.
Du meinst jetzt deine Schätze.
Also ja, das ist natürlich viel. Also wir werden immer Futter haben für neue Folgen.
Ja, hoffentlich machen die auch ein bisschen besondere Morde. Nicht einfach nur jemanden abknallen oder so, oder?
Sonst können wir die nicht nehmen.
Also bitte, wenn ihr jemanden umbringen wollt, strengt euch an. Vielleicht mal was mit einer Geheimbotschaft.
Oder Gift.
Ja, finde ich gut.
Du bist diese Woche dran.
Genau. Ich fange an mit meinem Mordfall.
Mein Fall ist der Exorzismus von Anneliese Michel.
Nein, kenne ich. Ich kenne Anneliese Michel, aber wie lange ist das her?
Das war 1976.
Also es geht um einen Fall über den Kampf von Wissenschaft gegen Religion, der auf dem Rücken eines kranken Mädchens ausgetragen wird.
Und Anneliese Michel wird am 21. September 1952 im bayerischen Leibelfingen geboren.
Dort wächst sie mit drei Schwestern in einem streng katholischen Elternhaus auf.
Als Kind ist Anneliese Mitglied in einem Sportverein, spielt Klavier und Akkordeon und ist eigentlich ein ganz normales Kind.
Nur, dass sie eben sehr religiös ist.
Mehrere Male in der Woche geht sie in die Kirche und um die Sünden anderer zu sühnen, schläft sie manchmal auf dem Boden.
So läuft das bei den Katholiken anscheinend.
Mit 16 Jahren hat Anneliese ihren ersten Krampfanfall und knapp ein Jahr später kommt der zweite und daraufhin wird sie dann auch untersucht.
Bei einem EEG wird eine Hirnschädigung im linken Schläfenbereich entdeckt.
Daraufhin wird bei ihr Epilepsie diagnostiziert und sie bekommt auch Medikamente dagegen.
Kurz danach bekommt Anneliese auch noch eine Lungenentzündung und muss dann sechs Monate in so ein spezielles Krankenhaus dafür.
Und in der Zeit hat sie trotz der Medikamente immer wieder so epileptische Anfälle.
Und in einer Doku, die ich darüber geguckt habe, spricht eine Freundin, die Anneliese dort kennengelernt hat in der Klinik und erzählt hat, wie diese Anfälle aussahen.
Und zwar hat sich Anneliese während dieser Anfälle zusammengekrümmt und hat immer mal wieder kurz aufgeschrien und hatte auch Schaum vor dem Mund.
Später erklärt Anneliese, dass sie während dieser Anfälle zum ersten Mal Stimmen gehört und teuflische Fratzen gesehen hat.
Und nach den sechs Monaten in der Klinik muss Anneliese dann in eine neue Schulklasse, weil sie halt so viel verpasst hat.
Und dort findet sie keine Freunde, vereinsamt und bekommt auch Depressionen.
Was ihr dabei sicherlich nicht hilft, ist, dass ihre Mutter ihr verbietet, Jungs zu treffen, feiern zu gehen und auch nur Freundinnen zu besuchen.
Mit 21 klagt Anneliese dann über ein ständiges Klopfen im Schrank, unter dem Fußboden und über der Zimmerdecke.
Außerdem hört sie Stimmen aus der Hölle, die sagen ihr, dass sie verdammt ist und auch in der Hölle schmoren wird.
Anneliese fährt dann 1973 mit einer Reisegruppe zu dem Wallfahrtsort San Damiano in der Schweiz.
Und die Leiterin dieser Gruppe meint Anzeichen zu erkennen, dass Anneliese vom Teufel besessen ist.
Diese Leiterin spricht auch in dieser Doku und da erzählt sie halt eben, dass sie Anneliese Weihwasser zum Trinken gegeben hat.
Und Anneliese das auch trinken wollte, aber es wohl nicht konnte.
Und sie hatte gesagt, das stinkt, das kann ich nicht trinken.
Außerdem konnte Anneliese wohl auch nicht an einem Kreuz vorbeigehen.
Und das waren eben alles Anzeichen für diese Leiterin, die dann anfängt, verschiedene Pfarrer abzuklappern, die sich Anneliese mal angucken sollten.
Aber alle Pfarrer, die gefragt werden, sehen keinen Anhaltspunkt für eine Besessenheit.
Darunter ist auch der Pfarrer Ernst Alt, dessen Name wir uns merken müssen.
Und er rät Anneliese erstmal zum Arzt zu gehen, was sie dann auch macht.
Der Arzt diagnostiziert daraufhin eine beginnende, paranoide Psychose.
Und trotz dieser Krankheiten schafft Anneliese es irgendwie in diesem Jahr Abitur zu machen und auch noch ein Studium an der Uni Würzburg anzufangen.
Sie will Lehrerin werden und studiert, man hätte es gedacht, Religionspädagogik.
Und dafür zieht sie in ein katholisches Wohnheim in Würzburg.
Und dort scheint es ihr in der Anfangszeit besser zu gehen.
Sie verliebt sich sogar, findet viele Freundinnen und geht auch feiern.
Außerdem lässt sie sich dort auch in der Uniklinik behandeln, weil es ihr eben immer noch nicht besser geht.
Dort kriegt sie dann wieder eine neue Diagnose und zwar neurotische Depressionen mit Entwicklungskarakter.
Im Wohnheim lernt Anneliese Anna und Maria kennen.
Und die drei jungen Frauen werden eine eingeschworene Clique, die sich immer mehr von den anderen abschottet.
Und die beten jeden Tag mehrmals und die steigern sich richtig in ihre Religion rein.
1974 ist Anneliese dann wieder bei unserem Pfarrer Ernst Alt und er gibt dann doch eine Diagnose und zwar Umsessenheit.
Das ist halt eben noch keine Besessenheit, denn die Dämonen haben von den Betroffenen noch keinen Besitz ergriffen, aber sie bedrängen ihn schon.
Die Familie freut sich über diese Diagnose, weil sie sich dann eben endlich erklären können, warum es ihrer Tochter noch immer nicht besser geht, obwohl sie ja behandelt wird und Medikamente bekommt und so weiter.
Am 1. Juli 1975 spricht der Pfarrer Ernst Alt dann seinen ersten Exorzismus.
Das ist ein Probeexorzismus und der erzählt in der Doku, dass es so war, dass er vor Anneliese stand und ein Gebet sprach, das aber nur leise, also ohne die Lippen zu bewegen.
Und nach diesem Gebet wäre Anneliese ausgerastet und hätte ihren Rosenkranz zerrissen.
Und ab diesem Tag verschlechtert sich ihr Zustand noch weiter.
Sie kann nicht schlafen, muss sich die ganze Zeit bewegen, sitzt unter anderem mehrere Stunden lang unter dem Esstisch und bellt.
Was?
Außerdem isst sie Insekten und leckt ihren eigenen Urin vom Boden auf.
Der Pfarrer rät den Eltern, Anneliese in eine Nervenklinik einzuweisen, als er das mitbekommt.
Das wollen die aber nicht, weil die Eltern Angst haben, dass Anneliese dann später nicht als Lehrerin arbeiten darf.
Dann rät er ihnen, den sogenannten großen Exorzismus bei Anneliese durchzuführen.
Dazu braucht man aber das Einverständnis des Würzburger Bischofs damals.
Und der erteilt dann auch die Erlaubnis, aber nicht alt soll ihn durchführen, sondern ein anderer Pfarrer, und zwar Arnold Renz.
Der große Exorzismus findet dann am 24. September 1975 zum ersten Mal statt und ihm folgen 66 weiterer dieser Art.
66 bei Anneliese.
Weißt du, was man bei einem großen Exorzismus ungefähr macht?
Nein, ich weiß nur, dass man die Person meistens irgendwie fixiert und versucht, den Teufel durch Gebete etc. auszutreiben.
Also ich wusste nicht so ganz genau, wie das aussieht.
Ich dachte, das wäre halt irgendwie spektakulärer so.
Ich habe dann gelesen, also es ist so, dass als erstes die Betroffenen mit Weihwasser besprengt werden.
Dann werden Gebete gesprochen, wie du gesagt hast, Hände aufgelegt und auch das Kreuz gezeigt.
Und das Spektakuläre sind eigentlich immer eher die Reaktionen der Besessenen, der in Anführungszeichen Besessenen.
Möchtest du hören, wie sich sowas anhört?
Denn ab der zweiten Sitzung läuft bei Anneliese ein Tonband mit.
Ja, mach mal, zeig es mir gerne.
Ich muss dazu sagen, mein absoluter, absoluter Horror, Horrorfilm war der Exorzismus von Emily Rose.
Ich konnte danach jahrelang nicht mehr einschlafen, wenn ich um drei Uhr wach geworden bin.
Und das ist auch heute noch so.
Wenn ich heute nachts wach werde, um drei, dann habe ich das immer im Kopf, dass das ja die Geisterstunde ist.
Und du weißt ja, ich bin sehr anfällig für sowas.
Weil, wusstest du, dass Emily Rose auf einer deutschen Vorlage...
Nein.
Nee, ich nämlich auch nicht.
Ist das Anneliese Michel?
Ja, genau.
Also das war die Vorlage.
Emily Rose ist Anneliese Michel.
Oh mein Gott.
Krass, oder?
In Italien führen die ja immer noch ganz viele Exorzismen durch.
und als ich in Rom war, saßen wir am Tisch mit einer, die Emily Rose hieß.
Und sie hat meinen Blick gesehen und sagte sofort, es tut mir leid.
Sie wusste sofort, warum ich sie so angestarrt habe.
Die Arme, alle Arme Emily Rose dieser Welt.
Okay, ich mach an.
Die Arme, alle Arme, alle Arme, alle Arme, alle Arme, alle Arme, alle Arme.
Gleich vorbei.
Das ist das Blödsinn.
Oh Gott, wie ein Tier.
Wenn es ein Tier ist.
Ich mach aus, okay?
Das waren jetzt 30 Sekunden.
Ja.
Oh Gott.
Ich werde vom Teufel besessen, wann ich es angehört habe.
Du glaubst nicht, wie das für mich war, das anzuhören.
Ich musste ja eine Stelle raussuchen, die ich dir zeige.
Das dauert eine Stunde 30.
Ich hab mir das nicht ganz angehört, aber ich hab immer wieder reingehört und es war so schrecklich.
Und dann musste ich das ja auf meinen Laptop ziehen.
Und ich glaub ja nicht an Gott und auch nicht an den Teufel.
Aber ich hatte so ein komisches Gefühl, als ich das runtergeladen habe und dachte mir,
wenn jetzt irgendwie das Licht anfängt zu flackern oder so, dann kriege ich einen Herzinfarkt.
Du glaubst auch nicht an den Teufel, nachdem Satan durch mein Handy, durch deine Stimme zu mir gesprochen hat,
als ich den Satansmord gemacht habe?
Ich hab das ja nicht gehört, nur du hast es gehört.
Ich würde dir raten, fang besser an zu glauben.
Gut, ich komme zurück zur Anneliese, okay?
Ach ja, genau.
Der Exorzist Arnold Renz, also der das durchgeführt hat, erklärt übrigens,
dass Anneliese von Lucifer, Judas, Nero, Kain und, jetzt kommt's, Hitler besessen ist.
Du hast es jetzt eben nicht gehört, was eine andere Stelle war, aber an einer Stelle ruft sie
Heil, Heil, Heil.
Renz hat auch gleich einen Grund für ihre Besessenheit.
Und zwar soll Anneliese eben Sühne besessen sein.
Das heißt, sie ist besessen davon, andere vor der Hölle zu bewahren.
Du erinnerst dich an das Auf-dem-Boden-Schlafen.
Und diese Sühne-Besessenheit, die sei auf einen Fluch zurückzuführen, den eine Nachbarin von Anneliese vor ihrer Geburt ausgesprochen hat.
Gut, am 3. März 1976 beginnt dann mit Aschermittwoch die Fastenzeit und Anneliese stellt ab dem Tag dann das Essen komplett ein, weil sie Stimmen gehört hat, die ihr das Essen verboten haben.
Das war bestimmt Hitler. Der wollte ja auch nie Fleisch essen.
Sie fängt an, außerdem stundenlang zu knien und ihren Kopf auf den Boden zu schlagen.
Ab Mitte April geht es Anneliese so schlecht, dass sie zurück nach Hause ziehen muss.
Und dort geht dann das Maltretieren weiter.
So macht sie 600 Kniebeugen am Tag, schlägt um sich, beißt, kratzt und verletzt sich auch immer wieder selbst, zum Teil auch schwer.
So versucht sie zum Beispiel ein Loch in die Wand zu beißen und bricht sich dabei einen Zahn aus.
Zeitweise wird sie dann ans Bett gefesselt, damit sie sich nicht weiter verletzt.
Und Anneliese glaubt auch, dass sie die Wundmale Jesus an sich erkennt.
So hat sie auch wirklich wunde Füße, aber das kommt daher, weil sie immer zu kleine Schuhe anhat.
Und sie ist der Meinung, sie hätte die Wunden auch an den Händen gehabt, aber die wären unsichtbar, weil sie den Heiland, so sagt sie, gebeten hat, die nicht aufbrechen zu lassen, damit sie ihre Examsarbeit noch fertig schreiben kann.
Was sie übrigens dann auch noch gemacht hat.
Aber zu dem Zeitpunkt wiegt Anneliese nur noch 31 Kilo bei einer Körpergröße von 1,66, also so groß wie ich.
Sie sieht schrecklich aus, die Fotos kann man auch im Internet anschauen.
Also sie sieht viel älter aus, als sie ist.
Und sie hat überall blaue Flecken und auch um die Augen und sieht aus, als hätte man ihr halt die Augen eingeschlagen.
Hat wunde Stellen überall, auch so um den Mund herum alles eingerissen.
Und am 30. Juni 1976 wird der letzte große Exorzismus an ihr durchgeführt, der 67.
Einen Tag später und somit ein Jahr nach dem Probeexorzismus stirbt Anneliese dann an den Folgen der Unterernährung.
Und eineinhalb Jahre nach ihrem Tod lassen Annelieses Eltern ihre Leiche übrigens wieder ausgraben.
An diesem Tag soll nämlich ein Wunder geschehen und Anneliese soll auferstehen.
Sie ist nämlich einer Ordensschwester im Traum erschienen und hatte gesagt, dass ihr Körper nicht verwest sei und sie jetzt aufersteht.
Und die Eltern von Anneliese sehen das als Beweis an, dass der Tod von ihr eben doch übernatürlicher Art war.
Dann wird der Sarg geöffnet und wer hätte es gedacht, Annelieses Körper ist verwest und sie ist immer noch tot.
Im April 1978 werden dann die Eltern und die zwei Pfarrer wegen fahrlässiger Tötung mit Unterlassung zu jeweils sechs Monaten Haft verurteilt,
die dann aber auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt sind.
Außerdem werden sie alle als vermindert schuldfähig eingestuft, weil sie wirklich an den Teufel glauben würden.
Dieser Punkt wird kritisiert, da es im Umkehrschluss bedeutet, dass alle gläubigen Christen vermindert schuldfähig sind.
Ja, natürlich. Also jeder, der an Religion glaubt, ist quasi geisteskrank.
Genau, genau.
Was auch noch interessant war, ist, dass ich bei meiner Recherche nach einem Buch gesucht habe, das den Fall wissenschaftlich einordnet,
weil ich halt immer gerne ein Buch habe, das alles schon vereint sozusagen.
Aber das einzige Buch, das sich eingehend mit dem Fall beschäftigt, ist von einer Frau Goodman.
Und die ist der Meinung, dass Anneliese vom Teufel besessen war.
Und es war aber die einzige, der Einsicht in alle Akten gewährt wurde.
Und sie ist der Meinung, der Exorzismus hätte auch funktioniert, wenn Anneliese nicht diese Medikamente gegen die Epidepsie genommen hätte.
Denn die hätten Annelieses Gehirn beruhigt und deshalb war das Gehirn nicht anfällig für den Exorzismus.
Und das war quasi das Problem.
Und die katholische Kirche freut sich natürlich sehr über dieses Buch und sieht es auch als wissenschaftlichen Beweis für die Besessenheit von Anneliese an.
Ja, und im Internet finden sich ganz viele Seiten und Foren, in denen die Menschen sich ganz sicher sind, dass es eben genauso war.
Ich habe halt irgendwie gedacht, dass der Fall schon viel, viel länger zurückliegt.
Ich war jetzt total überrascht, dass du in den 70ern gesagt hast, ich hätte halt gedacht, das wäre irgendwie in den 50ern gewesen oder so.
Ist ja Wahnsinn.
Habe ich auch gedacht.
Mein Aha-Moment hatte ich bei meiner Recherche zur Epilepsie.
Ich weiß nicht, wie es bei dir ist, aber wenn ich an Epilepsie denke, denke ich eigentlich nur an Krampfanfälle und auch daran, dass man mit den richtigen Medikamenten heute eigentlich damit normal leben kann.
Allerdings habe ich gelernt, dass eine Epilepsie in schätzungsweise 50 Prozent der Fälle mit psychischen Krankheiten wie Psychosen, Depressionen, Angstzuständen oder Persönlichkeitsstörungen einhergeht.
Bei den auftretenden Psychosen haben die Epileptiker Wahn- und Sinnestäuschungen, optische und manchmal auch akustische Halluzinationen.
Sie sind aggressiv und oft auch fanatisch-religiös.
Und wenn dann eben zwei Exorzisten vorbeikommen und 67 Teufelsaustreibungen ausführen, dann ist es nicht verwunderlich, dass sich die Psyche bei Anneliese nicht verbessert hat.
Im Gegenteil war es ja so, dass es ihr immer schlechter ging und zwar, weil ihr Umfeld und sie selber sich auch einredeten, dass sie vom Teufel besessen ist und somit die Psychose verstärkt haben.
Zum Glück ist es ja heute so, dass die Ärzte weiter sind und dass Epileptiker, die unter psychologischen Krankheiten leiden, psychotherapeutisch behandelt werden, auch Medikamente dafür bekommen und auch im Alltag sonst unterstützt werden.
Denn wenn es eine ärztliche Diagnose gibt und auch Medikamente ausgegeben werden, die helfen, dann gibt es ja auch gar keinen Nährboden für irgendwelche religiösen Vorstellungen oder Lösungen.
Das Problem ist aber ja, dass man erst so wenig über das Gehirn weiß und erst fünf Prozent der Funktionen erforscht sind, gibt es immer wieder neue Krankheiten, die entdeckt werden.
Und die waren dann vorher möglicherweise falsch diagnostiziert und wurden auch mit den falschen Medikamenten behandelt.
Und wenn solche Menschen, die diese Krankheiten haben, die falsch diagnostiziert werden und so weiter, in einem falschen Umfeld sind, wie jetzt beispielsweise bei Anneliese in einem streng katholischen, dann werden eventuell solche übernatürlichen Lösungen gesucht.
Und leider ist es auch heute noch so, denn jeden Tag werden in Deutschland schätzungsweise bis zu zehn Exorzismen abgehalten.
Das ist doch nicht dein Ernst. Jeden Tag in Deutschland. Wo? In Bayern.
Wahrscheinlich.
Ja, das war mein Fall.
Also glaubst du, Anneliese hatte auch schon vorher den Verdacht, dass sie vom Teufel besessen ist? Oder glaubst du, das kam erst durch den Pfarrer?
Ich kann mir schon vorstellen, dass sie vorher schon, weil sie auch gesagt hat, dass sie diese Stimmen und diese teuflische Fratze schon gesehen hat, bevor sie überhaupt auf diesen Wallfahrtsort gefahren ist und wo die Leiterin das gesagt hat.
Und es ist ja jetzt auch eben bewiesen, dass es eben ganz oft so ist, wenn man eine Epilepsie hat, dass man dann diese Psychosen hat und sich sogar so religiös fanatisch verhält.
Aber eben, die haben es natürlich total verstärkt und sie damit auch umgebracht letztendlich.
Und sie wurden ja auch deswegen verurteilt, also fahrlässige Tötung, weil sie hätten ihr helfen können.
Das hat auch nach der Obduktion der Arzt gesagt, dass man ihr hätte jederzeit noch helfen können, halt mit Zwangsernährung zum Beispiel.
Weil sie ist ja am Ende durch die Unterernährung verhungert und verdurstet.
Das war auch dann, als es dann um die Verhandlungen ging, sodass die Eltern die Schuld auf den Pfarrer natürlich geschoben haben, gesagt haben, wir haben das Leben unseres Kindes in die Hände der Kirche gegeben.
Und der Pfarrer hat natürlich gesagt, ich war für den Exorzismus zuständig und die Eltern müssen aber gucken, dass sie isst und so.
Genau, also echt krass.
Ich habe mal so eine Doku gesehen über den Vatikan, wo die das natürlich auch immer noch durchführen.
Ja, Papst Franziskus hat, wann war er, vor zwei, drei Jahren, hat er das ja auch nochmal begrüßt.
Wow, ja, guter Fall.
Dann bist du jetzt dran.
Jetzt kann ich da nicht schlafen.
Also bei meinem Fall muss ich dazu sagen, dass das quasi mein Einstieg in meine Crimesucht war.
Der bewegt mich bis heute wahnsinnig.
Und macht mich fertig.
Macht mich fix und fertig.
Oh Gott, ich bin gespannt.
Es geht um Frauke Liebs.
Frauke Liebs ist eine aufgeweckte, lebensbejahende und vor allem eine hilfsbereite junge Frau.
Im Jahr 2006 ist sie 21 Jahre alt und vor allem Dreivierteljahr nach Paderborn gezogen.
Dort macht sie eine Ausbildung zur Krankenpflegerin.
Vorher hatte sie bereits eine Ausbildung zur Erzieherin gemacht und in ihrem FSJ in einer Behinderteneinrichtung gearbeitet.
Einfach nur, damit du ein Bild von ihr hast, was sie für ein Mensch war.
In Paderborn wohnt sie gemeinsam mit ihrem Exfreund Chris, mit dem sie vorher vier Jahre zusammen war in einer Wohngemeinschaft.
Zu dem Zeitpunkt sind die beiden aber schon über ein Jahr kein Paar mehr.
Und die kommen sehr gut miteinander aus, obwohl Fraukes Mutter zunächst sehr skeptisch war.
Frauke hat zwischenzeitlich sogar eine neue Beziehung, aber die hält nicht lang.
Sie chattet leidenschaftlich gern, vor allem über ICQ.
Mein Freund weiß immer noch seine ICQ-Nummer auswendig.
Nicht dein Ernst.
Am Abend des 20. Juni treffen sich Frauke, Chris und Fraukes Mutter zum Abendessen.
Währenddessen piept Fraukes Handy öfter mal und sie bekommt eine Nachricht von ihrer Freundin Isabella.
Mit der macht sie zusammen diese Ausbildung.
Wir sitzen jetzt im Pub. Gute Sicht auf die Leinwand. Komm gerne vorbei.
Wir erinnern uns, 2006 war ja die Weltmeisterschaft in Deutschland und an dem Abend spielt England gegen Schweden.
Nach dem Essen setzen Chris und Fraukes Mutter sie in diesem Irish Pub ab, wo ihre Freundin auf sie wartet.
Aber zu Hause merkt Chris, dass er seinen Schlüssel nicht mehr an sich hat und fährt mit Fraukes Mutter wieder zurück in den Pub.
An dem Abend ist es sehr voll in dem Pub und Frauke ist gut gelaunt, wirkt aber etwas müde.
Statt sich auf das Spiel zu konzentrieren, erzählt Isabella später, schreibt sie lieber SMS mit einem neuen Bekannten.
Es ist ein Freund von Isabella und auch wenn die Handys von damals ja total langlebige Akkus hatten, geht Fraukes Handy aus.
Isabella hat das gleiche Modell wie Frauke, ein Nokia 6230 und leitet ihren Akku, bekommt ihn aber dann später wieder zurück.
Gleich nach dem Spiel gegen 23 Uhr macht sich Frauke auf den Weg nach Hause.
Chris wartet da ja auf sie, weil sie keinen Schlüssel hat.
Mehr als 5 Euro hat Frauke nicht dabei, aber sie braucht zu Fuß nicht länger als 15 bis 20 Minuten und es ist ja Sommer, deswegen läuft sie.
Beide wollen nicht, dass Deutschland im Achtelfinale gegen England spielen muss, das war quasi eine Art Insider.
Chris versucht sich noch eine Zeit lang wach zu halten, aber als er dann doch fast einstift, beschließt er sie anzurufen.
Frauke hat das Handy aus.
Am nächsten Morgen wundert sich Isabella in der Berufsschule über den leeren Platz in ihrer Klasse, auf dem sonst Frauke sitzt.
Sie fragt die Lehrerin, ob Frauke sich krank gemeldet hätte.
Keine Krankmeldung, kein Lebenszeichen.
Als sowohl Chris, Isabella, Fraukes Mutter und Fraukes Schwester nichts von ihr hören, werden sie nervös.
Eine Vermisstenanzeige nimmt die Polizei aber nicht auf, weil Frauke volljährig ist und ihren Aufenthaltsort selbst bestimmen kann.
Wie immer, ne?
Am Donnerstag verteilt Fraukes Familie zusammen mit ihren Klassenkameraden aus der Berufsschule Flugblätter.
Und noch am selben Abend klingelt das Handy von Chris.
Es ist Frauke.
Soweit er sich erinnern kann, sagt sie,
Hallo Christos, wollte sagen, dass es mir gut geht und dass ich bald nach Hause komme.
Sagt Mama und Papa und den anderen Bescheid.
Danach legt sie sofort auf.
Er ist erleichtert, dass sie sich gemeldet hat, aber irgendetwas stimmt nicht.
A, Christos nennt sie Chris nur, wenn sie sauer auf ihn ist oder wenn sie ihm etwas erklären will.
B, sie klang sehr benommen, sagt Chris später.
Als hätte man sie unter Drogen gesetzt oder so.
Aber sie kommt bald, denkt er sich.
Und deswegen werden jetzt alle alarmiert und warten gemeinsam in der WG auf sie.
Aber Frauke kommt nicht.
Damit sie ihre Telefonverbindung überwachen können, leiten die Ermittler ein Verfahren wegen des Verdachts auf Geiselnahme ein.
Das heißt aber nicht, dass sie mithören können.
So wie man das aus dem Fernsehen kennt, zumindest hieß es das damals nicht.
Nur, dass sie wissen, in welchen Sendemast sich das Handy einloggt.
Währenddessen läuft die Suchaktion von der Polizei.
Sie befragen Leute, bei denen sich Frauke aufhalten könnte, aber keiner gibt einen Hinweis.
In dem Moment, als Frauke ihr Handy wieder einschaltet, bekommt Fraukes Bruder eine Nachricht, dass sie wieder erreichbar ist.
Er ruft sie an und sie hebt sogar ab.
Und das ist das Gespräch, so wie er sich erinnert.
Aber wieder kommt Frauke nicht heim.
Die Ermittler können nicht viel Hilfe leisten, weil Frauke sich ja regelmäßig meldet und sagt, dass es ihr gut geht.
Am Samstag meldet sie sich wieder bei Chris, um wieder zu beteuern, dass sie nach Hause kommt.
Er fragt sie, ob sie verletzt sei.
Frauke sagt nein und am Ende betont sie wiederholt, ich bin in Paderborn, ich bin in Paderborn, ich bin in Paderborn.
Sonntag ruft sie Chris wieder an.
Ich komme heute nach Hause.
Bist du in Gefahr?
Fragt er.
Nein.
Warum bist du gestern nicht nach Hause gekommen?
Kann ich dir später erklären.
Wo bist du?
Erkläre ich dir, wenn ich zu Hause bin.
Wieder nur ein Versprechen, was sie nicht halten kann.
In dieser Zeit verbringt Karin, Fraukes Schwester, sehr viel Zeit in Fraukes Wohnung zusammen mit Chris.
Montag ist der erste Tag, an dem sie sich nicht meldet.
Dienstagnacht, als Karin wieder in der WG mit Chris zusammen ist, klingelt sein Telefon.
Hallo Chrissy, mir geht's gut.
Wo bist du?
Kann ich nicht sagen.
Komm doch nach Hause.
Nein, das geht nicht.
Warum denn nicht?
Kann ich dir nicht sagen.
Bist du festgehalten?
Ja.
Nein, nein.
Hast du Angst?
Nein.
Wer ist bei dir?
Kann ich nicht sagen.
Bist du müde?
Ja, sehr müde.
Weißt du, dass die Polizei nach dir sucht?
Ja, weiß ich.
Woher weißt du das?
Naja, ich bin ja fast eine Woche weg.
Warum bist du denn weg?
Das weißt du doch, Chris.
Hast du einen anderen Typen kennengelernt?
Du weißt doch, dass ich nicht wegen einem Typen eine Woche lang wegbleibe.
Du kennst mich doch.
Karin ist bei mir.
Wir machen uns alle ganz große Sorgen.
Sind Mama und Papa auch da?
Die waren hier.
Sag ihnen, dass ich sie ganz doll liebe.
Wann kommst du zurück?
Ich weiß nicht.
Warum bist du nicht gekommen, obwohl du gesagt hast, dass du heute zurückkommst?
Erkläre ich dir später.
Soll ich dich abholen?
Nein, das geht nicht.
Können wir uns irgendwo treffen?
Das geht nicht.
Wo bist du?
Mama.
Wo bist du?
Mama.
Wo bist du?
Mama.
Wann meldest du dich?
Weiß ich noch nicht.
Melde dich doch wenigstens einmal am Tag.
Habe ich doch die anderen Tage auch gemacht.
Ich war sehr traurig, dass du dich gestern nicht gemeldet hast.
Ja, weiß ich, dass du sehr traurig warst.
Gib mir Karin bitte.
Das hier ist jetzt der zweite Teil des Gesprächs zwischen Frauke und Karin.
Bitte frag mich nicht aus.
Hast du Angst, nach Hause zu kommen?
Nein.
Wir räumen auch die Wohnung und keiner fragt dich, was passiert ist.
Komm doch wieder.
Das geht nicht.
Ich lebe noch.
Bist du mit einer oder mehreren Personen zusammen?
Frag bitte nicht.
Ich würde gerne bei euch sein.
Ich würde gerne nach Hause.
Jetzt nimmt Chris das Handy weg und sagt, melde dich wenigstens einmal am Tag.
Dieses Gespräch hinterlässt bei allen Beteiligten einen Eindruck.
Vor allem, weil sie wieder völlig benommen klingt und Chris ist der Meinung aber, dass es ein Fortschritt war, weil das das erste Mal ein richtiges Gespräch war und sie länger miteinander reden konnten.
Karin wird das Gespräch aber fürchterlich auf, weil sie meint, dass es sich wie ein Abschied angehört hat.
Fraukes Mutter denkt darüber nach, ob sie mit Mama Mama einen Hinweis auf ihren Aufenthaltsort geben wollte, weil das war ja auch die Frage von Chris.
Tatsächlich sollte Karin recht behalten.
Es war Fraukes letzter Anruf.
Danach ist Funkstille.
In der Zeit schiebt die Polizei keine neuen Ermittlungen an, weil sie keine weiteren Anhaltspunkte erhalten.
Die Familie engagiert einen Privatdetektiv, der zwar viel Geld kostet, aber keine neuen Informationen bringt.
Am 4. Oktober 2006 geht ein Anruf bei der Polizei ein.
Ein Jäger hat einen Leichnam an einer verlassenen Landstraße gefunden und von der Kleiderbeschreibung her passt das auf Frau.
Der Ablageort heißt Totengrund.
Erst zwei Tage später können die Ermittler Fraukes Familie endlich sagen, dass es sich um ihre Tochter handelt.
Ihre Leiche ist wegen der Witterungsverhältnisse stark skelettiert.
Sie finden keine Drogen in Knochen oder Haaren, wobei man dazu sagen muss, dass K.O.-Tropfen auch relativ schnell abgebaut gewesen wären.
Nicht mal die Todesursache können sie ermitteln.
Sie wissen nur, es gab keine Gewalteinwirkung auf die Knochen oder auf die Kleidung
und das Zungenbein ist nicht gebrochen.
Also das heißt, dass sie wahrscheinlich nicht erwürgt wurde.
Anzeichen auf einen Missbrauch werden nicht gefunden, aber ausschließen können sie das natürlich überhaupt nicht.
Die Ermittlungen gehen weiter.
Sogar bei Fraukes Beerdigung sind Kriminalpolizisten anwesend, um nach Verdächtigem Ausschau zu halten.
Sie nehmen vor allem Chris und ihren neuen Bekannten genauer unter die Lupe.
Der Bekannte, mit dem sie an dem Abend in den Pub so lange geschrieben hat, scheint im ersten Moment sehr verdächtig, weil sein bester Freund sich ein paar Wochen vorher das Leben genommen hat.
Das heißt, er war emotional sehr instabil.
Und er wohnt in einem Ort in der Nähe von Paderborn, der im gleichen Sendemastgebiet liegt, woher die meisten Anrufer kamen.
Aber auch diese Ermittlungen laufen ins Leere, weil die Polizei irgendwann ausschließt, dass er was damit zu tun hat, weil sein Alibi genauso wasserfest ist wie das von Chris.
Chris hätte ja auch schlecht sie festhalten können und sie gleichzeitig die Anrufe tätigen lassen können, wenn er mit ihrer Schwester zusammen ist.
Fraukes Handyakku war beim Verlassen des Papps leer, weil sie hatte sich ja das von ihrer Freundin ausgeliehen, hat ja aber eine SMS geschrieben.
Das heißt, sie muss Gelegenheit gehabt haben, ihr Handy aufzuladen.
Und die erste SMS halten sowohl ihre Freunde als auch die Polizei für echt, also im Sinne von glaubwürdig, dass sie wirklich meint, also dass es ihr wirklich gut ging.
Die SMS wurde aus dem Raum Nieheim, das ist eine sehr ländliche Gegend mit kleinen Ortschaften, gesendet.
Und das ist circa 40 Kilometer von Paderborn entfernt.
Und die kam ja zwei Stunden nach dem Verlassen des Papps an.
Das heißt, der Täter muss sie in dem Auto irgendwo hingefahren haben.
Alle Anrufe, die danach kamen, kamen aber irgendwo aus der Gegend von Paderborn.
Also muss er mobil gewesen sein und mit ihr hin und her gefahren sein.
Eine Theorie ist, dass er mitbekommen hat, dass sie noch diese SMS aus Nieheim geschickt hat und sie dann immer an diese anderen Orte für die Telefonate gebracht hat.
Weil warum hätte er sie auch sonst telefonieren lassen sollen?
Außerdem wiederholte sie ja ständig, dass sie in Paderborn ist, das hat sie ja immer wieder gesagt.
Also glaubt die Polizei, dass es quasi eine Art Ablenkungsmanöver gewesen sein soll.
Die Polizei geht davon aus, dass der Täter Frauke also in dieser ländlichen Gegend festgehalten hat und dass er Ortskenntnisse hatte.
Weil der Ort, an dem die Leiche gefunden wurde, sagen sie, war nur der Ablageort.
Und ihre Schwester sagt in einem Interview in einer Dokumentation, dass sie nicht darüber hinweg kann, dass man Frauke wie ein Stück Müll dort einfach irgendwo abgelegt hat.
Es wurden mehr als 900 Leute überprüft und etlichen Hinweisen wurde nachgegangen.
Von ihrem Handy und von ihrer Uhr und ihrer Handtasche fehlt bis heute jede Spur.
Bei der Leiche wurde aber ein Kreuzanhänger gefunden, das habe ich bei Aktenzeichen XY ungelöst gesehen, der von der Familie und von den Freunden nicht zugeordnet werden konnte.
Ein Reporter vom Stern Crime hat über diese ganze Story einen Megaartikel geschrieben.
Der hat diesen Fall quasi als Gespräch zwischen allen Beteiligten dargestellt und hat dafür auch den Axel Springer Preis bekommen.
Cool.
Könnte man denken, dass ich für den Stern arbeite, so oft wie ich ihn erwähne?
Bis 2016 wird es medial still um den Fall von Frauke Liebs.
Bis die Geschichte von einem sadistischen Ehepaar, das Frauen festgehalten und misshandelt hat, in Deutschland bekannt wird.
Wir alle kennen den Fall besser als das Horrorhaus von Höxter.
Die Ermittler stellen einen Zusammenhang her, weil erstens die SMS, die in der Nacht ihres Verschwindens geschrieben wurde, aus Nieheim kam,
was zum Kreis Höxter gehört.
Und zweitens, bei der Auswertung der Handys von Frauke und von Wilfried W., also das war der Höxter-Mörder,
gab es überraschend viele Übereinstimmungen, was die Aufenthaltsorte betrifft.
Drittens, er hatte mehrere Autos angemietet auf seinen Namen.
Das heißt, er ist mit den Frauen auch immer hin und her gefahren.
Bisher gibt es dafür aber offenbar keine konkreten Beweise, dass er der Mörder war.
Und mit dieser Theorie beschäftigen sich aber noch andere viele Menschen,
und jetzt kommt mein Aha.
Ich habe nämlich eine neue Sucht entwickelt.
Und zwar gibt es ein Forum in Deutschland, das heißt All Mystery.
Kennst du das?
Ursprünglich war das mal ein Forum für Verschwörungstheoretiker, aber jetzt geht es da hauptsächlich um mysteriöse oder religiöse oder politische Themen.
Also quasi um fast alles, worüber man eigentlich diskutieren möchte.
Und es gibt da mehrere Threads zu Frauke Liebs und einer heißt Aktivitäten und Aktionen, der ist von 2014.
Und die sprechen da auch von einem Einsatz vor Ort.
Und das ging dann aber nicht, weil sie die Zustimmung der Polizei nicht bekommen haben.
Aber die wollten da irgendwie an ältere Fotos von Leuten von damals kommen.
Ich weiß nicht, ob du das auch mal hattest.
Wir hatten so eine lokale, so was wie ein lokales Fotoalbum, wo die Fotos online gestellt wurden von Partys.
So was wollten die suchen, um irgendwelche Hinweise zu finden.
Also es geht da hauptsächlich darum, dass man sich Informationen hin und her schiebt.
Und in diesem Thread ging es aber auch darum, den Fall zu lösen.
In einem der Foren ging es um den Zusammenhang von Frauke und Höxter.
Und da finden sich mehrere Gemeinsamkeiten.
Einmal eine Buchung seines Handys am Leichenfundort.
Wann genau das war, hat die Polizei aber nicht bekannt gegeben.
Ortskenntnisse, auch im Wald, weil er als Bauer tätig war und als Hundeführer.
Verwendung von Medikamenten, um das Opfer willenlos zu machen.
Versenden von SMS zur Beruhigung der Angehörigen.
Und angeblich hat die Mutter von Frauke mal in einem Sterninterview einen Schrauber aus Nieheim erwähnt.
Und Frauke hätte sie gefragt, wo Nieheim eigentlich liegt.
Und jetzt glauben die Leute aus dem Forum, dass das der Mörder von Höxter war,
weil der auch an Autos geschraubt hat.
Einer mutmaßt da, dass sich die beiden kannten und er Frauke,
als Krankenschwester für ein anderes Opfer gebraucht hat.
Und weil sie so hilfsbereit war, einfach helfen wollte.
Und natürlich nicht gewusst hat, was der Hintergrund war.
Ich habe gerade erst gelesen, dass das in Amerika auch so ein Ding ist,
dass sich da viele Hobbydetektive im Internet zusammentun und sich mit diesen Fällen beschäftigen.
Und dass das manche aber natürlich auch total einnimmt, dass sie dann ihre ganze Zeit damit verbringen.
Und jetzt weiß ich auch, warum du Cold Cases halt nicht so gerne magst.
Weil ich finde es einfach so absurd, dass es keine Hinweise gibt auf gar nichts, dass sie keiner gesehen hat.
Es gibt so eine Karte, da zeichnen sie quasi ein, welchen Weg sie gegangen sein könnte.
Weil sie nicht mal wissen, welchen Weg sie genommen hat.
Also man weiß nichts.
Und der Typ aus Höchster, hat der irgendwas zu der gesagt?
Die haben ihn doch wahrscheinlich dazu gefragt.
Ja, hat nichts gesagt.
Ach, vor allem, wenn der Typ das war, dann weiß man auch, was sie vorher ungefähr erlebt haben muss,
weil das ein sadistisches Arschloch war.
Und das macht es halt noch viel schlimmer irgendwie.
Aber die Eltern und die Familie, die sagen natürlich bis heute, sie möchten gerne wissen, was passiert ist.
Klar.
Auch wenn, also die Ungewissheit ist schlimm und vielleicht ist das, was sie erfahren, noch schlimmer.
Aber dann können sie vielleicht irgendwann damit abschließen.
Ich glaube, man stellt sich immer das Allerschlimmste vor.
Und dann ist es immer besser, das halt auch zu wissen.
Was ich so krass finde, ist, dass er sie so oft hat telefonieren lassen.
Ja, eine Woche fast jeden Tag.
Okay, dann machen wir mal lieber mit was anderem weiter, oder?
Genau, und zwar habe ich ja letzte Woche von einer Situation erzählt,
wo ich offenbar sieben Meter neben einem Tatort saß, der aber für mich nicht einsichtig war.
Und wir auch das ganze Geschehen nicht wirklich mitbekommen haben.
Die Polizisten haben mich und diese Gruppe, in der ich saß, gefragt, ob wir Informationen geben könnten
zu dieser Gruppe, wo drin sich das Opfer befunden hat.
Und wir haben alle ganz unterschiedliche Wahrnehmungen gehabt, was uns auf die Idee gebracht hat,
dass wir mal über Erinnerungen reden, weil die immer sehr verfälscht sind,
gerade auch sehr subjektiv sind von der Wahrnehmung.
Genau, und als du mir deine Story erzählt hast, musste ich direkt an einen Tatort denken,
den ich geguckt habe, der genau das zum Thema hatte.
Ich weiß nicht, ob du den kennst, einen Münchner Tatort mit dem passenden Titel Die Wahrheit.
Ich gucke keine Tatorte?
Und in dem Film wird ein Mann vor einem Supermarkt erstochen und es gibt ganz viele Zeugen,
aber alle machen unterschiedliche Aussagen.
Und in dem Film haben sie es ganz cool dargestellt, indem sie das so crossgecuttet haben von den Vernehmungen,
dass jeder was anderes gesagt hat.
Und ich habe mich nach dem Tatort gefragt, warum ist das eigentlich so?
Weil im Film hatten schließlich alle dieselbe Szene erlebt und auch keiner hatte irgendwie einen Nutzen,
was Falsches zu sagen.
Aber tatsächlich ist es so, dass das Vergessen und Uminterpretieren wichtige Funktionen unseres Gehirns sind.
Das Vergessen zum Beispiel schützt uns davor, sinnlose Daten mit uns herumzuschleppen.
Und wenn wir nicht vergessen könnten, dann wären wir nicht lebensfähig,
weil das Gehirn dann halt komplett überfordert wäre.
Und wenn wir Erinnerungen nicht vergessen, dann interpretieren wir sie um.
Denn unsere Identität wird im Wesentlichen dadurch bestimmt,
dass wir uns in der Vergangenheit auf uns selber beziehen.
Das brauchen wir, um unsere Identität zu stabilisieren sozusagen.
Und da wir ständig damit beschäftigt sind, unsere Identität zu finden und zu stabilisieren,
werden auch die Erinnerungen ständig neu interpretiert und inszeniert,
damit sie halt dann zu unserer momentanen Identität passen.
Und dafür gibt es auch einen Beweis.
Also erinnere dich mal an eine Situation, in der du ein kleines Kind warst.
Schwierig. Sowas wie Einschulung oder so?
Zum Beispiel?
Siehst du das jetzt vor dir gerade in deinem inneren Auge?
Ja, ich hatte eine ganz große Schultüte.
Sehr gut.
Mit einer Maus drauf.
Siehst du dich selber, also siehst du dich vor dir oder siehst du diese Situation aus deinen Kinderaugen?
Also die Situation sehe ich quasi eigentlich von einer anderen Perspektive aus.
Also ich sehe mich.
Genau.
Das ist ganz oft so, wenn man sich erinnert an Sachen, die schon lange her sind.
Und daran wird deutlich, dass eben so eine Umdeutung stattgefunden haben muss,
weil das ja eben physikalisch nicht möglich ist, dass du dich selber siehst.
Das Interessante bei Alzheimer-Patienten ist übrigens, dass durch die fehlenden Erinnerungen
diese Identitätsabgleichung nicht mehr stattfinden kann, weshalb sie auch nach und nach
ihre Persönlichkeit dann verlieren.
Das wusste ich auch nicht, aber das macht Sinn, ne?
Ja.
Ja, schrecklich.
Aber wir deuten eben nicht nur um, sondern reduzieren auch die Erinnerungen, die wir haben.
Das kann man zum Beispiel daran erkennen, dass wir Erinnerungen üblicherweise in Standbildern
haben, anstatt in bewegten Bildern, was ich auch noch gar nicht realisiert hatte.
Aber es ist wirklich so, wenn man dran denkt.
Außerdem erinnern wir uns nur an das Wichtigste und Details gehen verloren.
So sieht man nur Bildausschnitte mit einem Radius von etwa 10 Grad Öffnungswinkel.
Das heißt, dass alles um unser Gesicht fällt herum, also was links und rechts neben uns passiert,
dass wir das nicht abspeichern, also gar nicht.
Das ist auch ganz wichtig bei Aussagen über eine Tat oder über den Täter oder sowas.
Und wir verändern auch unsere Erinnerungen, indem wir mit anderen darüber sprechen.
Da gibt es auch ein Beispiel.
Als du mir von deinem Urlaub in Lissabon erzählt hast, hast du mir vor allem davon erzählt,
dass das Pärchen in deinem Nebenzimmer nachts ziemlich laute Dinge getrieben hat und du deswegen
nicht schlafen konntest.
Und damit, dass du mir das erzählt hast, hast du deine Erinnerungen selber beeinflusst.
Denn beim nächsten Mal, wenn du es jemand anderem erzählst, erscheinen dir die Nachbarn,
die so laut waren, wichtiger als alles andere.
Und insgesamt der Urlaub dir dann auch schlechter, als er eigentlich war.
Naja, auf jeden Fall. Noch eine Sache.
Genau. Wir schreiben nämlich nicht nur die Erinnerungen selber um, also wie du das jetzt
gemacht hast, indem du mir das erzählt hast, sondern auch andere Leute für uns.
Und das ist zum Beispiel so, wenn wir mit anderen Leuten über Vergangenes sprechen, das man zusammen
erlebt hat. Also zum Beispiel wir beide waren ja auf diesem Poetry Slam zusammen.
Und wenn du mir danach irgendeinen Detail dazu erzählst, an das du dich erinnern kannst,
speicherst du das ab in deiner Erinnerung.
Genau. Ich speichere das ab, als wäre das meine Erinnerung dann auch und kann das nicht
mehr unterscheiden.
Ja, gerade nach einer gewissen Zeit. Du weißt es vielleicht noch die nächste Woche, aber
irgendwann wird das alles ein Gemisch.
Ja.
Das ist übrigens auch so mit Fotos. Fotos beeinflussen das nämlich auch. Gerade
Kindheitserinnerungen. Deswegen kann ich mir auch vorstellen, dass man sich vielleicht
auch deswegen eher aus einer anderen Perspektive sieht, weil bei meinem Einschulungsbeispiel
weiß ich natürlich, wie ich aussah und wie meine Schultüte aussah hauptsächlich.
Durch die Fotos.
Durch die Fotos, genau.
Ja. Ja, das ist auf jeden Fall da auch ein Punkt. Und eben, das kann halt gefährlich
werden, weil so unsere Erinnerungen von anderen manipuliert werden können.
Übrigens, Kinder sind dafür fast gar nicht anfällig für Erinnerungsbeeinflussung, aber Erwachsene.
Also als Erwachsener ist das quasi einfacher, deine Erinnerungen von dir als Kind zu beeinflussen,
als in dem Moment, wo du Kind bist.
Ah, okay.
Warum ist das so?
Weil du dich als Erwachsener an diese Erinnerungen viel öfter erinnert hast.
Also je öfter du dich erinnerst, desto mehr verwechselst du und dichtest dazu.
Stimmt.
Ich habe das übrigens auch manchmal so, dass ich mich selber manipuliere.
Also zum Beispiel habe ich früher meiner Mutter erzählt, ich war bei Katja Lernen und eigentlich
war ich aber mit Katja Party machen.
Und irgendwie nach einer Woche habe ich mir dann eingeredet, wenn ich eine schlechte Note
bekommen habe, warum war die so schlecht?
Ich habe doch mindestens dreimal gelernt, einmal bei Katja.
Und dabei war ich ja gar nicht bei Katja Lernen.
Kennst du das, dass du manchmal irgendwie dir selber Sachen so einredest, bis du dir selber
glaubst?
Zum Beispiel, wenn ich sage, dass ich krank bin.
Dann habe ich auch das Gefühl, dass ich wirklich krank bin.
Und dann gibt es ja Leute, die das absichtlich machen mit anderen Menschen.
Und zwar geht es da um die induzierte Erinnerung.
Das nennt man auch False Memory Syndrome.
Und eine amerikanische Forscherin hat nämlich ein Experiment gemacht und das sah so aus.
Ich würde dir jetzt quasi ganz viele Fotos von einem Heißluftballon zeigen.
Und dann stelle ich dir suggestive Fragen dazu.
Solange bis du glaubst, dass klein Laura wirklich als Kind mit diesem Heißluftballon geflogen ist.
Das wäre jetzt ja keine schlimme Erinnerung.
Aber jetzt stell dir mal vor, das macht man quasi mit Patienten, die Missbrauchserinnerungen
aus der Kindheit haben oder eben nicht.
Es gibt nämlich einige Fälle in Deutschland und natürlich auch aus Amerika, wo Therapeuten
immer diese suggestiven Fragen gestellt haben und die Personen dann irgendwann geglaubt
haben, sie wurden als Kind missbraucht.
Da gibt es wirklich ganz, ganz viele Fälle zu.
Ich habe jetzt echt Dutzende davon gelesen.
Und deswegen warnt man vor Erinnerungen, die erst während der Therapie auftreten.
Manchmal macht das der Therapeut gar nicht absichtlich, sondern er vermutet das dann, fragt dann
dahingehend und damit entwickelt man auf einmal diese falschen Erinnerungen.
Also hier geht es dann hauptsächlich um die Fragestellungen.
Und noch ein Beispiel.
Probanden wurde ein Video von Autounfällen gezeigt und danach wurde die eine Gruppe befragt, wie hoch
war wohl die Geschwindigkeit der Autos beim Zusammenstoßen?
Und die andere Gruppe wurde gefragt, wie hoch war wohl die Geschwindigkeit der Autos beim Zerschmettern?
So, dann passiert erstmal nichts.
Und eine Woche später wurden diese beiden Gruppen erneut befragt, ob sie Scherben in dem Video gesehen haben.
Und was meinst du, welche Gruppe öfter ja gesagt hat?
Wahrscheinlich die zweite, wo die Frage war nach dem Zerschmettern.
Und da siehst du, dass alleine ein Wort deine Erinnerung trügt, weil auf dem Video waren keine Scherben zu sehen.
So, und dieses falsche Erinnerungen hervorrufen, das hat man übrigens auch eine Zeit lang bei Vernehmung gemacht.
Und da kam dann noch erschwerend hinzu, dass die Vernommenen unter Hypnose gesetzt wurden, um sich besser erinnern zu können.
Da wurden dann eben auch diese suggestiven Fragen gestellt.
Und plötzlich ist eine ganze Stadt der Meinung gewesen, den Teufel gesehen zu haben.
Das zumindest passiert im Film Regression und der bezieht sich auf einen Fall in den USA, allerdings ein bisschen abgewandelt.
Und da geht es eben um diese Regressionstechnik.
Und die wurde später bei Vernehmung verboten, weil man eben davon ausgegangen ist, dass die absichtlich falsche Erinnerung hervorruft, alleine durch die Fragestellung.
Es gibt aber eine andere Art von Hypnose, die sehr wohl bei der Polizei benutzt wird.
Und die heißt forensische Hypnose.
Aber auch das ist umstritten, weil manche Leute eben sagen, dass du nicht mehr so richtig Herr deiner Sinne bist bei der Hypnose.
Aber bei der forensischen Hypnose ist es eben so, dass deine Willensfreiheit nicht beeinträchtigt wird.
Und angewandt wurde das zum Beispiel bei einem NSU-Mord an einer Polizistin.
Und ihr Kollege hatte nämlich neben ihr im Auto gesessen, als sie durch einen Kopfschuss getötet wurde.
Und er wurde dabei auch schwer verletzt und konnte sich nachher an gar nichts mehr erinnern.
Und erst nach einer Weile kehrten dann so ein paar Erinnerungsstücke zurück, auch als er wieder zurück zum Tatort geführt wurde.
Aber die entscheidenden Hinweise konnte er erst liefern, als er eben unter dieser forensischen Hypnose befragt wurde.
Die musste damals abgebrochen werden, weil es ihm gesundheitlich nicht so gut ging.
Und einem zweiten Versuch hat er aber nicht zugestimmt.
Und das ist natürlich deswegen so, weil die Befragten meistens halt traumatische Erlebnisse nochmal durchleben.
Und das dann natürlich auch alles viel intensiver erleben, als die eigene Erinnerung eigentlich normalerweise zulassen würde.
Besser erinnern kann man sich, weil man sich entspannt und viel mehr konzentriert.
Und das Ganze wird dann Video überwacht.
Und der Vernommene muss das aber nachher freigeben.
Also es ist nicht, dass du es einfach so benutzen kannst.
Weil wenn er der Meinung ist, da habe ich irgendwas gesagt, was nicht stimmt, dann kann er das quasi widerrufen.
Aber wie gesagt, auch dafür gibt es viele Kritiker.
Also es wird nicht so oft eingesetzt.
Es gibt aber zwei Hypnotiseure in Deutschland, die halt für die Polizei solche Sachen machen.
Was du gesagt hast mit den, was du gesagt hast mit den suggestiven Fragen.
Das ist ja auch so, habe ich zumindest gelesen, dass ganz, ganz viele Leute in Amerika Taten gestanden haben, obwohl sie unschuldig waren.
Und zwar nur, weil die Ermittler eben auch diese Art von Fragen halt die ganze Zeit gestellt haben.
Und wenn du neun Stunden mit diesen zwei Cops, die dann wahrscheinlich noch beide Bad Cops sind, dir Sachen einreden, ja fast schon, obwohl sie dich fragen, dass du irgendwann unter diesem Druck irgendwie zusammenbrichst und selber dann wirklich auch glaubst, dass du es warst und das dann gestehst.
Das finde ich auch echt gefährlich.
Weißt du, weißt du, wo sie es gemacht haben?
Bei Making a Murderer, da hast du ja diese Videoaufnahmen von diesem Verhörzimmer und der war ja auch noch sehr minder intelligent und galt ja, glaube ich, als fast behindert.
Und bei dem ist es natürlich noch mal einfacher und die haben dann immer gesagt, ihr seid doch da hingegangen und habt sie vergewaltigt.
Wie habt ihr sie angekettet?
Und da musste der ja nachher sogar noch ein Bild davon malen.
Ja.
Unfassbar.
Vor allen Dingen, bei dem war es ja auch so krass, dass er ohne seine Eltern interviewt wurde oder verhört wurde und das ist auch gar nicht rechtens gewesen.
Apropos, manchmal vermischen sich ja auch Erinnerungen, so wie zum Beispiel bei unserer letzten Folge.
Netterweise wurden wir von ein paar Zuhörern darauf aufmerksam gemacht, dass der Fall Kroll, den du besprochen hattest, nicht der war, worüber in dem Zeitverbrechen-Podcast geredet wurde.
Da ging es nämlich um Hennes Jürres und Otto Debesch und die beiden Fälle haben so ein paar Gemeinsamkeiten und deswegen habe ich die verwechselt.
Vielen Dank, dass ihr so aufmerksam zuhört.
Ja, und wie so oft haben wir auch in dieser Folge eine Empfehlung für euch, diesmal ein Podcast mit dem Namen Serial und dieser liegt mir halt sehr am Herzen, weil das für mich auch so ein Einstiegsfall war, der mich nicht mehr losgelassen hat und der auch wahrscheinlich der Grund ist, warum Paulina und ich hier heute sitzen.
Es ging von Serial zu My Favorite Murder, zu Mordlust.
Genau, denn nach Serial war ich eben süchtig nach True Crime Podcast und als Paulina dann in Lissabon wegen zu lautem Sex nicht schlafen konnte, habe ich ihr dann Serial empfohlen und du warst dann auch abhängig direkt, oder?
Ich habe es ja in Lissabon noch komplett durchgehört, obwohl es 13 Stunden sind insgesamt, ne?
Ja, ich habe es auch sogar zweimal gehört, weil ich wollte unbedingt, dass mein Freund es hört und dann habe ich es einfach nochmal gehört.
Du bist ein Freak.
Ja, Serial gehört zu den erfolgreichsten Podcasts der Welt, es sind also nicht nur Paulina und ich, die das gut finden, sondern es wurde insgesamt mehr als 80 Millionen Mal runtergeladen.
Die Produzentin ist die Journalistin Sarah Koenig aus Baltimore und sie beschäftigt sich mit dem Fall Adnan Sayed und dabei geht es um den Mord an der 18-jährigen Schülerin Hayman Lee aus Baltimore im Januar 1999, für den dann auch ihr Ex-Freund Adnan Sayed wegen Mordes verurteilt wurde.
Die Journalistin arbeitet investigativ in diesem Podcast und spricht mit Zeugen und auch mit Adnan selber und Paulina und ich sind sehr neidisch auf diese Art von Arbeit, würden das auch sehr gerne machen.
Wenn uns jemand finanzieren möchte, dann klären wir auch Mordfälle auf.
Und Sarah Koenig deckt Fehler in den Ermittlungen auf und in der Arbeit der Anwälte und schafft es am Ende sogar mit dem Podcast ein Wiederaufnahmeverfahren zu erwirken.
Und warum diese Empfehlung heute kommt, ist, weil sie so gut zu unserem Special Falscherinnerung passt.
Denn in der ersten Folge erzählt Sarah Koenig, dass sie das ganze letzte Jahr damit verbracht hat, herauszufinden, wo Adnan am 13. Januar 1999 für genau 21 Minuten und zwar zwischen Viertel nach zwei am Nachmittag und 36 Minuten nach zwei war.
Und sie sagt, bevor sie mit der Recherche zu dem Podcast anfing, hatte sie nie darüber nachgedacht, wie schwierig es tatsächlich ist, sich zu erinnern und zwar richtig zu erinnern, also an die genaue Zeit der Geschehnisse.
Um ihren Zuhörern die Schwierigkeit zu verdeutlichen, fragt sie, wissen sie noch, wie sie letzten Mittwoch zur Arbeit gekommen sind? Zu Fuß, mit dem Auto oder mit dem Fahrrad? Hat es geregnet?
Paulina, sag doch mal, warst du letzten Mittwoch in irgendwelchen Läden? Was hast du gekauft? Hast du mit jemandem geredet? Und wenn ja, mit wem?
Nee, natürlich weiß ich gar nichts mehr von letzten Mittwoch.
Ja. Und jetzt stell dir mal vor, du musst sagen, was du vor sechs Wochen an einem bestimmten Mittwoch gemacht hast. Das ist nämlich die Situation, vor der Koenig steht.
Und die Tat geschah ja 1999, das heißt, es gab keine Erinnerungshilfen wie Instagram, Facebook, WhatsApp oder ähnliches. Und wenn du keinen Kalender hast, in den du alles penibel reinschreibst, wie du, Paulina, dann wird das wirklich schwer.
Was man als Schüler in der Highschool auch nicht hat, weil du hast keine Termine und du hast keine Verpflichtungen, du gehst zur Schule und danach machst du irgendeinen Kram.
Richtig. Und auch damals haben verschiedene Zeugen unterschiedliche Erinnerungen, was Adlans Aufenthaltsort um genau 2.15 bis 2.36 Uhr betrifft. Er selber sagt, er glaubt, in der Bibliothek gewesen zu sein.
Sein Freund Jay, der übrigens Hauptzeuge der Staatsanwaltschaft ist, sagt allerdings etwas ganz anderes. Und zwar sagt er, dass Adnan in der Zeit seine Ex-Freundin Hayman Lee umgebracht hat.
Und diese einzelne Aussage besiegelt Adlans Schicksal und er geht dann ins Gefängnis.
Und wie wir gerade gelernt haben, sind Erinnerungen und somit auch Aussagen über Erinnerungen äußerst manipulierbar.
Und auch deswegen ist der Fall so kontrovers, weil letztlich Aussage gegen Aussage steht.
Und warum Sarah Kenick es schafft, ein Wiederaufnahmeverfahren zu erreichen, müsst ihr euch dann selber anhören.
Übrigens ganz interessant. Komischerweise kann sich ja jeder erinnern, was er am 11. September 2001 gemacht hat.
Und das ist ja eben deswegen der Fall, weil an dem Tag etwas ganz Spektakuläres passiert ist, weshalb du auch Jahre später immer noch weißt, wo warst du, als es passiert ist.
Du hast diese Bilder auch noch vor Augen. Und wenn das ein ganz normaler Mittwoch war, erinnert sich quasi keiner mehr dran.
Und es ist natürlich auch noch was anderes, wenn du mich am Donnerstag fragst, was ich Mittwoch gemacht habe, als tausend Wochen später.
Ja, beim 11. September finde ich das so krass, weil wir waren da ja elf und wir beide können uns perfekt daran erinnern und eben, wenn etwas Besonderes passiert, was mit viel Emotionen zu tun hat, dann können wir uns so gut daran erinnern, weil Emotionen eben so ein Katalysator für die Erinnerungen sind.
Ja.
Du wolltest noch was erzählen.
Ja.
Ich habe ja noch was für dich.
Nein.
Nein.
So.
Wie geil.
Und zwar habe ich in der zweiten Folge mich gefragt, wie Inhaftierte eigentlich an neue Bekanntschaften kommen, weil es ja auch oft zu Hochzeiten oder zu neuen Liebesbeziehungen kommt und hatte ein paar Inhaftierte angeschrieben.
Ich habe nicht den angeschrieben, von dem ich gesprochen habe.
Ich werde den Brief jetzt auch nicht vorlesen und ich werde auch nicht sagen, von wem der ist.
Du darfst ihn dir gleich.
Du darfst ihn dir gleich durchlesen.
Keine Angst.
Ich habe dieser Person auch gesagt, dass ich nicht selber an der Brieffreundschaft interessiert bin und sondern eher wissen möchte, wie sowas zustande kommt, was er damit für Erfahrungen gemacht hat etc.
Ich habe übrigens fünf Leute angeschrieben.
Das ist der einzige, der mir geantwortet hat.
Und wir nennen ihn jetzt mal Eduard. Und Eduard sitzt laut eigener Aussage halt weder wegen Gewalt oder Sexualverbrechen hinter Gittern, sondern wegen Hinterziehung.
Er ist auch nicht so lange eingeknackt.
Wie alt?
Schon älter. Ein älterer Jahrgang.
Und er hat mir dazu zu meiner Frage geschrieben, warum so viele Frauen denn eben auch den Kontakt suchen, dass er das Gefühl hat, dass viele Frauen eben ein Helfer-Syndrom haben.
Und deswegen halt das Glück bei den, wie er es nennt, knackig suchen.
Und er sagt, das schlägt halt sehr schnell danach ein Unglück um, weil nirgendwo so viel gelogen wird wie im Knast.
Das sollte ich ihm glauben.
Und er sagt aber auch, und das fand ich total spannend, dass er schon ganz viele Briefe von Frauen bekommen hat, die quasi wissen wollten, ob er jemanden erschossen hat oder die ihn gefragt haben, wieso sein Leben als Krimineller war.
Die sich quasi so ein bisschen daran aufgegeilt haben.
Aufgegeilt haben.
Ja.
Und die sein Leben so spannend finden.
Und deswegen hat er gesagt, sind zu den Frauen, mit denen er Kontakt hatte, im Endeffekt nicht sehr viele übrig geblieben.
Weil er, also er schreibt sehr respektvoll über Frauen und ja, das ist kein blöder Typ und er sagt halt eben, er hat keine Lust, Kontakt zu Frauen zu haben, die irgendwie den Thrill darin suchen, in dem, was er gemacht hat.
Und es war ja Unrecht, das weiß er auch.
Und das möchte er sich halt eben nicht antun.
Krass.
Krass, dass er dir zurückgeschrieben hat.
Ich schreibe dem auch nochmal.
Also ich finde es tatsächlich ja auch ein bisschen spannend und ich möchte ein bisschen wissen, wie sein Alltag aussieht und so.
Cool.
Und dann wollten wir nochmal Danke sagen.
Ja, für euer ganzes Feedback, das ihr uns bei Instagram gebt und eure Privatnachrichten und so.
Und die sind super motivierend und wir haben überhaupt nicht gedacht, dass das da so ankommt und dass ihr euch dann auch die Zeit nehmt, uns dann zu schreiben, dass ihr es toll findet oder ja, was ihr besonders gut findet oder so.
Ja, da sind wir sehr happy.
Die Resonanz ist halt echt groß und da freuen wir uns wahnsinnig drüber und wir freuen uns auch darüber, dass uns so viele Frauen hören.
Ja.
Wenn ihr auch noch was loswerden wollt, dann immer auf Mordlust auf Instagram oder Mordlustpodcast.gmx.de.
Genau, dann war es das schon mit unserer vierten Folge.
Die fand ich wirklich gut.
Ich fand sie auch gut, hat mir sehr viel Spaß gemacht.
Bis zum nächsten Mal.
Bis dann.