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Es ist vorbei und wir haben es überlebt, sogar ohne hinfallen.
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Was hat dir denn am besten an unserer kleinen Minitour gefallen oder was ist dir am meisten
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hängen geblieben im Kopf?
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Am allergeilsten finde ich, dass man jetzt vor Augen hat, für wen wir aufnehmen und wer
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Ich weiß, wie Liv aussieht und Thomas und Dewey und sein Bruder und dieser nette große Mann
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aus Norddeutschland.
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Und die habe ich jetzt immer vor meinem inneren Auge, wenn wir aufnehmen.
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Oh, Fusil rennt hier gerade rum.
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Aber ehrlicherweise hat mir noch ganz gut gefallen, dass du in Köln endlich entlarvt wurdest.
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Von deinem Bruder.
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Also es kam da nochmal zur Sprache, dass Laura ja als Berufswunsch früher Dienerin hatte.
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Und glücklicherweise war ihr Bruder auch anwesend.
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Den ich dann bat, mal zu den Vorwürfen Stellung zu beziehen, dass er Laura für Fernseheinheiten
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als Bedienstete trainierte.
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Und das hier waren seine Worte.
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Eigentlich muss ich zugeben, dass das absolut verstunkener Logen ist.
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Also Laura hat vielleicht einen Grund aus, also wahrscheinlich eine Mannschaft, Fantasie
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gehabt, um sich quasi selbst zu beschädigen, diesen Berufswunsch haben zu können, denke ich.
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Tellerbrote, keine Erinnerung bei dir?
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Doch, die haben sehr gut geschmeckt.
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Ja, aber da hörst du es ja schon.
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Er hat sich ja dann auch wieder verraten, indem er dann doch gesagt hat, wie lecker die
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Nutella-Bote waren.
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Einer von euch beiden lügt.
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Ich fand, er sah sehr vertrauenswürdig aus.
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Sagen wir mal so.
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Ja, ich fand aber auch, die Leute, die nur mitgeschleppt wurden, also dass die quasi
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nicht mittendrin aufgestanden und gegangen sind, das kann man denen schon hoch anrechnen.
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So scheiße fandst du es, dass dich das verwundert, dass die nicht mittendrin aufgestanden sind.
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Nein, aber ich meine, es ist ja auch nicht für jeden was, Mord und Totschlag.
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Und ja, vielleicht haben wir jetzt dadurch aber Leute dazugewonnen und vielleicht hören
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jetzt auch noch deshalb neue Leute zu.
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Was mir auch Spaß gemacht hat, war mit dir live auf der Bühne zu stehen und dass
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wir das quasi zusammen gemacht haben, weil stell dir mal vor, wir hätten das alleine machen
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müssen, also ganz alleine, das wäre ja schlimm gewesen, aber so mit dir hat mir das schon
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ganz gut gefallen und ich finde, das könnten wir nochmal machen.
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Das machen wir nochmal.
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Vorher einigen wir uns dann aber darüber, wie lange wir am Ende stehen bleiben müssen,
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um den Applaus zu hören.
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Ich wollte dann nämlich immer schnell von der Bühne und Laura suhlte sich immer gerne
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noch ein bisschen darin und ich musste dann immer verharren in dieser Situation, obwohl
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mein Körper schreit, flucht.
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Ja, in Köln ist Paulina direkt weggerannt.
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Und die Leute, die wollten sich ja noch verabschieden.
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Ja, nächstes Mal.
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Und damit heißen wir euch herzlich willkommen zu Mordlust, einem Podcast von Funk von ARD
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und ZDF, in dem es um wahre Verbrechen und ihre Hintergründe geht.
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Mein Name ist Paulina Kraser.
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Und ich bin Laura Wohlers.
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In jeder Folge beleuchten wir ein spezielles Thema und dazu erzählen wir zwei wahre Kriminalfälle
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nach, diskutieren die und sprechen auch mit Expertinnen.
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Und wenn wir dabei mal etwas lockerer reden, hat das nichts mit fehlender Ernsthaftigkeit
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Das ist unser Comic-Relief, damit wir alle mal durchatmen können.
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Das ist aber natürlich nie despektierlich gemeint.
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Heute geht es bei uns um das Thema Stalking, also auch um das Thema, das wir bei den Live-Auftritten
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behandelt haben.
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Wir wollten nämlich nicht einfach nur einen Mitschnitt online stellen, weil wir wissen,
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wie nervig die Qualität da manchmal sein kann.
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Und außerdem haben wir halt auch viel mit dem Publikum interagiert und das ist ja für
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einen Zuhörer oder eine Zuhörerin zu Hause dann manchmal nicht so spannend.
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Wir benutzen heute ausnahmsweise mal den englischen Begriff Stalker für alle Geschlechter.
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Und zum Thema Stalking passt ja auch eine Erfahrung ganz gut, die ich vor kurzem machen
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Da hatte ich nämlich für einen kurzen Moment gedacht oder befürchtet, einen Stalker zu
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Und zwar saßen Paulina und ich da in einem Restaurant und dann habe ich eine Nachricht bekommen.
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Die ist so ähnlich wie die, die ich jetzt vorlesen werde.
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Es ist nicht die Originalnachricht, sondern nur das Gedächtnisprotokoll.
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Ja, weil Laura hat einen klugen Move gemacht und hat die Originalnachricht gelöscht.
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Hey, ich habe mich nicht getraut, dich anzusprechen und jetzt sitzt du in meinem Lieblingsrestaurant.
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Du hast ja wahrscheinlich schon deinen Elite-Partner gefunden.
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Falls nicht, ich bin ein guter Typ und gar nicht so creepy, wie das jetzt rüberkommt.
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Also ich bin kein Stalker oder so.
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Was schon ein bisschen komisch war, weil wir gerade über Stalking gesprochen haben.
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Ja, erstens das und dann muss er ja noch irgendwie in der Nähe gewesen sein oder uns zumindest davor
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Was aber besonders gruselig ist, ist, dass dieser Herr den Begriff Elite-Partner benutzt, weil,
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das müsst ihr wissen, mein Freund in meinem Handy als Elite-Partner eingespeichert ist.
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Und ich mich dann halt eben gefragt habe, hat dieser Typ jetzt mein Handy gehackt oder ist das wirklich nur ein Zufall?
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Mich wundert total, dass dieser Mann ja weiß, wie creepy sich diese Nachricht anhört und sich
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trotzdem dafür entscheidet, sie dir zu schreiben.
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Ja, er hat ja auch gesagt, er hat sich nicht getraut, mich anzusprechen.
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Hätte er dann aber lieber gemacht, als so eine Nachricht zu schreiben, hätte ich dann gar nichts
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mehr geschrieben, oder?
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Wann hättest du nichts mehr geschrieben?
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Ja, wenn ich mich nicht getraut hätte, die Person anzusprechen, dann hätte ich lieber keine
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Nachricht geschrieben oder halt in der Nachricht nicht sowas geschrieben, sondern einfach eine
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normale Nachricht geschrieben.
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Ich glaube, also man selbst weiß ja, dass man nicht gefährlich ist oder nicht, sagen wir mal
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jetzt großartig von der Norm abweichend.
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Und deswegen denkt man immer, dass man alles sagen kann, weil der andere wird es schon
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Aber oft ist das so, dass wir dann Nachrichten bekommen und wir wissen, die sind total witzig
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gemeint, aber in uns schreit alles aller.
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Ja, und auch in dem Fall war es ja auch nur in dem Moment und in dem Kontext so absurd.
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Also ich gehe ja nicht wirklich davon aus, dass du, dessen Namen ich nicht mehr weiß, ein
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Ja, ich habe ja meinen Elite-Partner bereits gefunden, aber es gibt ja genügend Plattformen,
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auf denen man ja seinen Elite-Partner finden kann.
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Eben auf Benannter zum Beispiel oder wenn es ein bisschen was Jüngeres, Knackigeres sein
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Auch bei Knuddels.
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In meinem Fall brauchte es keine Plattform, um sich kennenzulernen.
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Mein Fall zeigt, dass, selbst wenn alles Mögliche für das Opfer getan wird, es manchmal einfach
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nicht genug sein kann.
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Der Volkspark Berlin Friedrichshain ist, wenn du mich fragst, einer der schönsten Parks in
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Es gibt da lange, breite Wege zum Laufen und Basketballplatz, Tischtennisplatten, Spielplätze,
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ein Teich und ein nettes Restaurant in der Mitte des Parks, wo man im Sommer toll draußen
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Ich bin manchmal da, wenn ich so tue, als könnte ich Longboard fahren.
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Dir ist das bekannt?
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Aber viele Menschen kommen auch mit ihren Hunden dorthin.
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Und so ist es bei Maria und Nelson im Winter 2016.
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Wenn man Hunde hat, dann kommt man schnell ins Gespräch.
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Maria und Nelson sind beide Besitzer von Bullterriern.
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Sie unterhalten sich, während Erna und Bobby das machen, was Hunde ebenso machen.
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Beide sind Anfang 30.
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Maria arbeitet als Hotelmanagerin an der Rezeption.
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Sie ist fleißig, steigt gerade in der Branche auf.
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Nelson ist ein großer Mann, massig.
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Er trägt Turnschuhe und war früher in der Sprayer-Szene aktiv.
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Einen festen Job hat er nicht.
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Maria und Nelson verstehen sich gut, beschließen, dass sie sich wiedersehen wollen.
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Bei einem ihrer Dates erzählt Nelson, dass seine Ex-Freundin ihm fremdgegangen ist.
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Das hat ihn verletzt.
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Er öffnet sich ihr.
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Maria hat schon seit Jahren keine feste Beziehung mehr gehabt.
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Aber das ändert sich jetzt, wo Nelson in ihr Leben getreten ist.
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Er tut ihr gut, bringt sie zum Lächeln.
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Er kümmert sich.
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Wenn sie einen anstrengenden Tag auf Arbeit hatte, dann darf sie die Füße hochlegen und
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er massiert sie ihr.
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Dafür kocht sie für ihn, obwohl sie eine miserable Köchin ist.
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Sie versucht es trotzdem.
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Die beiden haben eine harmonische Beziehung.
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Manchmal aber ist Nelson unsicher.
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Er hat zum Beispiel Angst, vor ihrer Familie zu versagen und sagt deswegen einmal ganz
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kurzfristig das Kennenlernen ab.
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Wenn Nelson diese Anflüge hat, dann gibt Maria ihm Zeit, die er braucht, um sich wieder einzufangen.
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Für Maria ist ihre Familie sehr wichtig.
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Sie ist 2010 zusammen mit ihrer jüngeren Schwester Julia nach Berlin gezogen.
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Die beiden sind unzertrennlich.
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Nicht nur Schwestern, sondern beste Freundinnen.
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Eine Zeit lang haben sie auch zusammen gewohnt.
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Für Nelson, der nicht in einer intakten Familie groß geworden ist, ist das alles neu und ungewohnt.
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Aber als er sich dann doch dazu überwindet, Marias Familie zu treffen, macht er einen guten Eindruck.
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Er ist sichtlich bemüht, hat sich vorher einparfümiert und sich gute Anziehsachen rausgesucht.
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Das kommt bei Marias Familie an.
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Sie sehen, wie Nelson Maria anhimmelt und wie verliebt wiederum Maria ist.
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Und so wird er schon bald Teil ihrer Familie.
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Maria bringt ihn jetzt öfter mit, wenn sie an den Nachmittagen zusammen im Garten von Marias Tante grillen.
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So circa ein Jahr lang ist Nelson fester Bestandteil von Marias Leben.
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Alles läuft gut.
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Obwohl sich in der Zeit offenbart, dass Nelson mehrere tausend Euro Schulden hat.
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Unter anderem deshalb, weil er einen Mann verletzte, als sich Nelson gegen ihn verteidigen musste.
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Nur war es nachher Nelson, der den Schaden hatte und die Arztkosten bezahlen sollte.
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Zumindest ist das die Version, die er Maria erzählt.
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Okay, also wenn er sich nur verteidigen musste, dann müsste der eigentlich nicht die Rechnung bezahlen.
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Theoretisch nicht.
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Manchmal passiert es dann ja doch anders.
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Und Maria glaubt ihm die Geschichte auch, weil sie hat ja keinen Grund, ihm zu misstrauen.
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Und weil ihm eben alle vertrauen, hilft auch Marias Tante ihm dabei, seinen ganzen Papierkram zu bearbeiten und bei den Gesprächen mit einem Rechtsbeistand und so.
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Die Tante setzt sich ein für den jungen Mann, von dem sie meint, dass er eine Chance verdient hat.
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Sie tilgt sogar einige seiner Schulden.
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Aber letztens Geldangelegenheiten sind nicht das einzige Problem in der Beziehung von ihm und Maria.
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Nelson hat mit Eifersucht zu kämpfen.
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Vertrauen fällt ihm schwer.
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Im Mai 2018 eskaliert eine Situation.
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Nelson hat gerade Marias Tablet in der Hand und will eigentlich auf der Internetseite seiner Bank etwas erledigen, als er sieht, dass Maria zwei Nachrichten auf Facebook bekommen hat.
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Er öffnet ihr Postfach und sieht, dass ein Mann sie dort um eine Reservierung eines Hotelzimmers bittet.
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Und dann beginnt sein Gedankenkarussell.
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Er ist sich sicher, dass Maria ihn betrügt und hintergeht.
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Bestimmt bedeutet die Nachricht eigentlich, dass Maria ein Zimmer für sich und den Gast reservieren soll.
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Er konfrontiert sie.
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Maria erklärt ihm geduldig, wie es wirklich ist.
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Aber von da an hat Nelson kein Vertrauen mehr.
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Er stellt ihre Liebe zu ihm in Frage.
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Er will jetzt öfter am Tag wissen, wo sie ist, was sie macht.
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Ständig macht er ihr Vorwürfe.
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Zu viel Arbeit, zu viel Zeit für die Familie und zu wenig liegt ihr Fokus auf ihm.
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Anfangs kämpft sie noch dagegen an.
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Irgendwann aber ist sie es leid, abzuwehren.
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Sie wird stiller, hat keine Kraft mehr für die täglichen Kämpfe.
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Doch ihre Resignation löst in Nelson nur noch mehr Unsicherheit aus.
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Gleichzeitig wird er wütend.
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Wenn sie sich jetzt treffen, dann ist es nicht mehr wie früher, als man in Marias Augen sehen konnte, wie gut ihr Freund ihr tat.
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Jetzt beschimpft er sie als Fotze und Drecksau, spioniert ihr hinterher, durchsucht ihre Sachen.
00:11:56
Während sie immer schlechter behandelt wird, verlangt er aber gleichzeitig von ihr, dass sie ihre Liebe unter Beweis stellt.
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Vier oder fünf Monate geht das so.
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Dann kann Maria nicht mehr.
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Sie beendet die Beziehung.
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Nelson aber will sich so einfach nicht abspeisen lassen.
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Er terrorisiert Maria, ruft sie an, stellt ihn nach, beobachtet sie aus Gebüschen,
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schreibt ihre Freunde und die Familie mit falschen Social-Media-Accounts an.
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Permanenter Psychoterror.
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Und das von der Person, die Maria vor nicht allzu langer Zeit sehr glücklich gemacht hat.
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Kurzzeitig ist Nelson dann sogar einmal in einer psychiatrischen Klinik, nachdem er Maria mit Suizid gedroht hatte.
00:12:32
Sie bittet ihn darum, dass er sich endlich Hilfe holt.
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Aber dort hält er es nicht lange aus.
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Zu groß ist seine Panik, dass Maria in der Zeit etwas mit einem anderen Mann haben könnte.
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Dann, eines Abends, als Maria gerade mit dem Auto durch die Garage des Hotels fährt, in dem sie arbeitet, sieht sie plötzlich hinter ihrem Wagen eine Person.
00:12:52
Es ist Nelson, der ihr Auto verfolgt und jetzt mit aller Macht versucht, in den Wagen zu kommen.
00:12:57
Er will zu seiner Maria, koste es, was es wolle.
00:13:00
Dann wirft er sich mit seinem Körper gegen die Fenster, will sie mit dem Fuß eintreten.
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Maria hat wahnsinnige Angst.
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Gerade so schafft sie es noch rechtzeitig, die Polizei zu rufen.
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Als die BeamtInnen eintreffen und Nelson wegführen, finden sie eine völlig aufgelöste junge Frau vor.
00:13:15
Maria zittert am ganzen Körper.
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Die PolizistInnen nehmen eine Anzeige auf und halten bei Nelson eine Gefährderansprache.
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Maria bewirkt ein Kontakt- und Näherungsverbot beim Familiengericht.
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Wie kann jemand, mit dem man mal Zukunftspläne hatte, sich plötzlich in den persönlichen Albtraum verwandeln?
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Nelson lässt sich von den Maßnahmen nicht abschrecken.
00:13:35
Viel eher haben sie seine Wut geschürt.
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Denn er ist auf Bewährung.
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Wegen mehrerer Delikte.
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Unter anderem hatte er seiner Ex-Freundin die Nase gebrochen.
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Durch Marias Anzeigen könnte es jetzt nämlich sein, dass Nelsons Bewährungsstrafe widerrufen wird.
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Also das heißt, dass er dann die Haftstrafe antreten muss.
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Was für ein Verrat, denkt sich Nelson.
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Für ihn ist es, als würde Maria ihm damit sein Leben ruinieren.
00:13:59
Manchmal steht er jetzt stundenlang vor ihrer Wohnung in Berlin-Friedrichshain und starrt von der anderen Straßenseite hoch zu ihren Fenstern.
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16 Mal muss die Polizei kommen und eingreifen.
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Marias Angst, dass ihr Ex jetzt hinter jeder Ecke auf sie warten könnte, ist allgegenwärtig.
00:14:15
Bei ihrer Tante ist er auch schon über den Zaun geklettert und hat gegen alle Fensterscheiben gedonnert.
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Innerhalb von wenigen Wochen wird der Psychoterror so schlimm, dass sie sich jetzt nicht mehr in ihrer eigenen Wohnung zu Hause fühlen kann.
00:14:26
Deswegen verbringt sie jetzt ihre Nächte abwechselnd bei ihrer Schwester und bei ihren Freunden.
00:14:31
Mittlerweile trauen Maria und ihre Schwester Julia Nelson alles zu.
00:14:36
Sollte er sich ihr nähern und ihr etwas antun wollen, dann muss Maria ganz lange und laut schreien.
00:14:41
Das machen die Schwestern aus. Nur zur Sicherheit.
00:14:43
Marias Umfeld ist wachsam.
00:14:46
Die meiste Zeit wird sie von jemandem begleitet.
00:14:48
Auch mit dem LKA steht Maria in Kontakt.
00:14:51
Am 7. Dezember telefoniert noch einmal ein Polizist mit Nelson und erklärt ihm erneut, dass er Maria nicht weiter belästigen darf.
00:14:58
Nelson reagiert darauf aber patzig.
00:15:00
Nachdem das Gespräch beendet ist, ist er aufgewühlt.
00:15:03
Währenddessen sitzt Maria bei Julia in der Wohnung in Zehlendorf.
00:15:07
Julia hat für sie beide zu Abend gekocht.
00:15:09
Dann machen sie noch eine Gassirunde zusammen und dann muss Julia wieder an die Doktorarbeit.
00:15:13
Maria schläft an diesem Abend rechtzeitig ein, denn sie hat am nächsten Tag Frühschicht und das heißt für sie um 4.30 Uhr aufstehen.
00:15:20
Als der Wecker an diesem Morgen klingelt, ist es draußen noch dunkel.
00:15:24
Während Maria sich fertig macht, telefoniert sie noch mit einer Kollegin.
00:15:27
Die soll sie im Parkhaus abholen.
00:15:29
Die beiden besprechen auch, was sie zum Frühstück gemeinsam essen wollen.
00:15:33
Julia wird davon wach.
00:15:34
Dann hört sie, wie die Tür hinter Maria ins Schloss fällt.
00:15:37
Da ist es 6 Uhr.
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Eine kurze Zeit später wird Julia wieder etwas hören.
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Die Schreie ihrer Schwester.
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Maria läuft die Treppe aus dem dritten Stock nach unten.
00:15:47
Am Eingang trifft sie noch den Nachbarn, der gerade mit seinem Hund von der Gassirunde zurück ist.
00:15:51
Noch einmal kurz übers Fell streicheln, bevor sie weiter muss zu ihrem Auto.
00:15:54
Kaum tritt sie aus der Eingangstür des Hauses, sieht sie, wie jemand schnellen Schrittes auf sie zustürmt.
00:16:01
Er hat ein Messer in der Hand.
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Ohne etwas zu sagen, stützt er sich auf sie und sticht zu.
00:16:06
Maria schreit laut und lang, wie abgemacht.
00:16:10
Aber hindern tut ihn das nicht.
00:16:12
Nelson hört erst auf, als die Klinge abbricht.
00:16:15
Maria steht blutend vor ihm.
00:16:17
Er lässt den Messergriff fallen und flieht.
00:16:19
Julia hastet auf nackten Füßen im Schlafanzug aus ihrer Wohnung.
00:16:22
Maria steht blutend gegen die Eingangstür gelehnt, hat ihr Handy in der Hand.
00:16:26
Sie hat noch geschafft, die Polizei anzurufen.
00:16:29
Dann sagt Maria zusammen.
00:16:30
Julia versucht, sie zu reanimieren, bis der Rettungswagen kommt.
00:16:34
Nachbarn kommen aus ihren Wohnungen, versuchen Julia zu helfen.
00:16:38
Maria stirbt an ihren Verletzungen.
00:16:40
Nelson sitzt in einem Glaskasten.
00:16:44
Von dort aus beobachtet er den Prozess aufmerksam.
00:16:47
Wenn die JournalistInnen Fotos von ihm machen wollen,
00:16:50
dann hält er sich den türkisfarbenen Aktendeckel schützend vor sein Gesicht.
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Er ist wegen Mordes angeklagt.
00:16:56
Nach der Tat hatte er noch bei McDonalds gefrühstückt,
00:17:00
sich ein Bier gekauft und sich dann selbst der Polizei beim Ostbahnhof gestellt.
00:17:04
Diese Wache ist weder bei Julia um die Ecke gewesen, noch in der Nähe seines Zuhauses.
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Es ist die mit den bequemsten Betten.
00:17:13
Und das wusste er schon aus seinen vorherigen Verhaftungen.
00:17:17
Alles, was ihn interessierte, war, ob Maria tot ist.
00:17:20
Das war ihm wichtig.
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Für ihn musste es so sein.
00:17:23
Als die BeamtInnen ihm das bestätigen, ist er erleichtert.
00:17:27
Jetzt vor Gericht sagt er aber, es tue ihm leid.
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Und dabei schießen ihm Tränen in die Augen.
00:17:32
Die Tat war übrigens keine Affekttat.
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Lange vor dem 8. Dezember hatte Nelson angefangen zu googeln,
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wie das mit dem Fernseher in der Untersuchungshaft ist
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oder wie man straflos mit einer Tat davonkommt
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und was mit Mördern so passiert.
00:17:44
Offensichtlich hatte er vorübergehend auch die Idee gehabt,
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Maria mit Säure zu entstellen,
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sie aber nach einer Weile wieder verworfen.
00:17:51
Stattdessen besorgte er sich einen GPS-Tracker
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und brachte ihn an Marias Auto an.
00:17:55
Und so wusste er eben auch an diesem Tag ganz genau,
00:17:58
bei wem sie übernachtete und Schutz suchte.
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Nelson's Ex-Freundinnen erzählen vor Gericht,
00:18:03
dass sie ihn anfangs alle nett und sympathisch
00:18:05
und charmant und zuvorkommend kennenlernten.
00:18:07
Keine konnte ahnen, als was er sich später entpuppen würde.
00:18:11
Als Julia am Zeugenstand sitzt, fragt das Gericht, wie Maria so war.
00:18:14
Julia antwortet mit bebender Stimme.
00:18:16
Meine Schwester war mein Seelenpartner, mein Tagebuch.
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Sie war einfach immer für mich da.
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Und jetzt wurde sie ihr genommen von jemandem,
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den sie in ihrer Familie mit offenen Armen empfangen hat.
00:18:28
Die Kamar spricht Nelson des Mordes aus Heimtücke
00:18:31
und niedrigen Beweggründen schuldig.
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Er wollte seine Ex-Freundin bestrafen,
00:18:35
weil sie Anzeige gegen ihn erstattet hatte.
00:18:37
Das Gericht sieht das als erwiesen an.
00:18:39
Den Vertrauensbruch habe er nicht dulden können.
00:18:42
Außerdem stellen sie bei ihm die besondere Schwere der Schuld fest.
00:18:46
Er muss also nach Ablauf dieser 15 Jahre
00:18:48
dann erst mal wieder zur Prüfung
00:18:50
und die müssen dann gucken,
00:18:51
ob dann noch eine Gefahr für die Allgemeinheit von ihm ausgeht.
00:18:54
Alle in Marias Umfeld haben versucht zu verhindern,
00:18:58
dass das, was am Ende dann doch eingetroffen ist, passiert.
00:19:01
Ihre Familie und ihre Freunde haben alles getan,
00:19:04
damit sie sich sicher fühlt.
00:19:05
Die PolizistInnen waren engagiert und haben die Lage ernst genommen.
00:19:08
Und obwohl am Ende nicht geklärt ist,
00:19:10
warum seine Bewährungsstrafe von damals nicht ausgesetzt wurde,
00:19:14
hatte selbst Julias Anwalt vor Gericht gesagt,
00:19:18
In diesem konkreten Fall sehe ich nichts, wo die Polizei mehr hätte machen können.
00:19:23
Kein Verbot, kein Schreiben, keine Anzeige hatte Nelson abhalten können.
00:19:27
Am Ende hat alles nichts genützt.
00:19:30
Also Julias Anwalt hat ja gesagt, die Polizei hat alles gemacht, was in ihrer Macht stand.
00:19:34
Aber es hört sich ja jetzt auch ein bisschen so an,
00:19:37
als wäre dieser letzte Anruf von der Polizei so der Trigger am Ende gewesen.
00:19:41
Ich meine, Nelson hat ja vorher schon sich das überlegt und die Google-Suche bestätigt das ja auch.
00:19:46
Aber so als wäre das irgendwie der Initiator dann doch gewesen.
00:19:51
Ja, also Initiator nicht, weil wie du selber sagst, hatte er diese Tat ja geplant.
00:19:55
Das sieht das Gericht ja als erwiesen an und das bestätigt ja auch seinen Suchverlauf und so.
00:20:00
Aber an diesem Abend war er genau deswegen sehr aufgebracht, genau.
00:20:03
Und war er eigentlich vorher, also der hatte ja schon mal ein paar Delikte so auf dem Kehrpolz,
00:20:08
aber war er auch schon mal als Stalker irgendwo aufgetreten vor ihr?
00:20:11
Ja, also ob in dem Ausmaß, weiß man am Ende nicht.
00:20:16
Aber vor Gericht haben drei Ex-Freundinnen ausgesagt.
00:20:19
Und alle meinten, dass der am Anfang total der liebevolle Kerl war.
00:20:22
Ein toller, fürsorglicher Freund, der auch morgens Frühstück gemacht hat.
00:20:25
Aber dann hatte er eben auch diese andere Seite, die so krass eifersüchtig war
00:20:30
und die auch so unkontrolliert erschien.
00:20:32
Also einer Freundin hat er zum Beispiel mal mit Pizza beworfen oder Kaffee über sie geschüttet.
00:20:38
Also der muss schon wirklich schon lange ein extremes Problem gehabt haben mit seinen Emotionen auch.
00:20:45
Dieses ganze Drama, was Maria mit Nelson erlebt hat,
00:20:49
das begann ja mit etwas, das viele in einer eher abgeschwächteren Form kennen.
00:20:54
Und zwar mit der Eifersucht.
00:20:55
Und darum dreht sich heute mein Aha, aber in der krankhaften Variante.
00:20:59
Und es ist nicht immer ganz leicht zu erkennen, ab wann ist jetzt eine Eifersucht überhaupt krankhaft
00:21:06
und wo noch normal und gesund.
00:21:09
Weil Eifersucht im geringen Maß ja auch irgendwie was Schönes sein kann.
00:21:12
Und die Grenzen zu dem, was man selbst als tolerierbar empfindet, völlig verschieden sind.
00:21:18
Im Grunde kann man aber sagen, dass die Eifersucht dann krankhaft ist, wenn dadurch die Beziehung bedroht wird.
00:21:23
Weil der eine Part den anderen so sehr einengt, dass die Lebensqualität dadurch abnimmt.
00:21:27
Die kann übrigens bei beiden gefährdet sein.
00:21:30
Also sowohl bei der Person, auf die sich die Eifersucht konzentriert, als auch bei der, von der sie ausgeht.
00:21:35
Bei dem eifersüchtigen Part, bei der er sich den ganzen Tag auf fast nichts anderes mehr konzentrieren kann
00:21:40
und den Partner oder die Partnerin am liebsten einsperren würde, um die volle Kontrolle zu haben.
00:21:45
Und bei dem anderen Part, bei ihm nichts mehr geglaubt wird und er sich ständig rechtfertigen muss
00:21:50
und dadurch seine Freiheiten beschnitten werden.
00:21:52
Die Eifersucht steht dann nämlich immer zwischen einem, egal wie gut die Beziehung jetzt gerade läuft.
00:21:57
Übrigens auch ungeachtet der Tatsache, ob wirklich betrogen wird
00:22:00
oder ob überhaupt ein Grund zur Sorge besteht, dass die Beziehung bedroht ist.
00:22:04
Dem liegt die Eifersucht übrigens immer zugrunde.
00:22:07
Also das Gefühl, der Angst, dass mir etwas verloren gehen könnte.
00:22:11
Die Liebe, die Beziehung, die Anerkennung oder das Gefühl, für ihn oder sie die einzige Person zu sein.
00:22:17
Und diese Verlustangst löst dann Misstrauen, Traurigkeit oder Wut aus, die man seinem Gegenüber entgegenbringt.
00:22:23
Krankhafte Eifersucht wurzelt immer in einem fehlenden Selbstbewusstsein.
00:22:27
Die Sorge, nicht genug zu sein und mit einer anderen Frau oder einem anderen Mann nicht konkurrieren zu können.
00:22:33
Und bei dem Person ist es so, dass das eigene Glück oft untrennbar mit dieser Beziehung verbunden ist,
00:22:40
die man mit dem Partner oder der Partnerin hat.
00:22:42
Krankhaft eifersüchtige Menschen wollen von ihrem Partner oder von der Partnerin dann oft,
00:22:45
dass sie die Unterstellung entkräften.
00:22:47
Also so wie bei Nelson, er behandelte Maria immer schlechter,
00:22:50
aber er wollte von ihr immer noch diese Bestätigung haben
00:22:53
und wollte, dass sie alle seine Vorwürfe eigentlich wieder auflöst.
00:22:57
Sie wollen dann die Sicherheit von der anderen Seite wieder hergestellt bekommen,
00:23:00
aber merken dabei halt gar nicht, dass ihr Verhalten für die Beziehung völlig destruktiv ist.
00:23:06
Weil im Grunde genommen bringt man seinen Partner ja dann zum Lügen,
00:23:09
weil der ja nach dauernden Eifersuchtsproblemen sich ganz sicher dann dreimal überlegt,
00:23:14
immer die Wahrheit zu sagen.
00:23:16
Also man züchtet sich so ein bisschen das Unkraut in seiner Beziehung selbst heran
00:23:20
und fliegt dann auf, dass beispielsweise der Mann statt noch zu arbeiten,
00:23:25
abends mit drei Freunden unterwegs war, sieht die Frau sich in ihrer Sorge bestätigt.
00:23:29
Einige ForscherInnen sind der Ansicht, dass Eifersucht evolutionsbedingt sinnvoll ist.
00:23:34
Denn sie macht uns darauf aufmerksam, dass für uns überlebenswichtige Bindungen gefährdet sind.
00:23:38
Und die seien bei Männern und Frauen unterschiedlich begründet.
00:23:41
Der Psychologie-Professor David Frederick hat 2014 fast 64.000 Menschen befragt,
00:23:47
was für sie schlimmer wäre, wenn der Partner oder die Partnerin mit einer anderen Person Sex hat,
00:23:52
ohne sich zu verlieben,
00:23:53
oder wenn sich der Partner oder die Partnerin in eine andere Person verliebt.
00:23:57
Was fändest du schlimmer?
00:23:59
Ich fände es schlimmer, wenn man sich in jemand anderen verliebt.
00:24:03
Und ich gehe mal davon aus, dass bei den Frauen das öfter gesagt wird als bei den Männern.
00:24:09
Ist das richtig?
00:24:10
Und warum, glaubst du, ist das so?
00:24:14
Das kann ich dir nicht beantworten.
00:24:17
Auf jeden Fall würdest du ins typische Bild passen, was sich aus der Studie ergab.
00:24:22
Weil die meisten Frauen fänden es schlimmer, wenn sich der Partner gefühlsmäßig umorientiert.
00:24:26
Wohingegen heterosexuelle Männer eher das Fremdgehen auf sexueller Ebene fürchteten.
00:24:30
Und das hat, laut einigen Forschern, eben evolutionsbiologische Gründe.
00:24:35
Denn dem Mann war es offenbar vor allem wichtig, seine Gene weiterzugeben.
00:24:39
Und dass die Frau ihm kein Kind eines anderen unterschiebt.
00:24:42
Wohingegen die Frau darauf angewiesen war, dass der Partner sie und die Kinder versorgt.
00:24:47
Gleich, ob er sexuell andersweitig irgendwo aktiv ist.
00:24:50
Für sie war die emotionale Bindung, also stets fürs Überleben, wichtiger.
00:24:55
Ich sagte eben übrigens heterosexuell, weil die Abweichungen der Antworten bei Menschen mit homosexueller Orientierung unbedeutend waren.
00:25:02
Da war es nicht so, dass die Männer Sex ohne Liebe und die Frauen Gefühle ohne Sex schlimmer fanden.
00:25:08
Das hielt sich da eher die Waage.
00:25:10
Und auch bei Kindern ist Eifersucht überlebenswichtig.
00:25:12
Kommt in der Familie nämlich ein neues Geschwisterchen dazu, um das sich die Eltern dann mehr kümmern,
00:25:17
kann das überlebensgefährlich werden.
00:25:19
Und deswegen machen die ersten Kinder dann durch Schreien und Wut auf sich aufmerksam.
00:25:25
Ja, oder mit Tanzeinlagen wie mein Bruder.
00:25:28
Weil es gibt einige Videoaufnahmen, die das bestätigen, dass er sehr eifersüchtig war, dass ich als kleines Baby dann die ganze Aufmerksamkeit bekommen habe.
00:25:39
Erstmal hört man nur so, also man hört nur, man sieht noch nichts, man sieht ja mich, der gewickelt wird.
00:25:45
Und dann hört man nur so, Papa, guck mal, Papa, guck mal, Papa, guck mal.
00:25:48
Und dann schwenkt die Kamera auf mein Bruder.
00:25:51
Und er tanzt einfach so zu Michael Jackson.
00:25:54
Also mega witzig.
00:25:57
Und das, ja, und es gab halt immer wieder, haben mir meine Eltern erzählt, diese Situation, wo er dann halt irgendwas gemacht hat.
00:26:04
Irgendwas, weil er war ja schon fünf.
00:26:06
Also er konnte, musste nicht schreien oder so.
00:26:08
Er konnte dann wirklich schon was zeigen, wie er dann die Aufmerksamkeit wieder zu sich ziehen konnte.
00:26:15
Soll ich dir sagen, was ich glaube, was Julian dazu sagen würde?
00:26:18
Eigentlich muss ich zugeben, dass es absolut erschwungen der Logen ist.
00:26:21
Bis du den Videobeweis siehst.
00:26:27
Ich muss aber nochmal dazu sagen, dass beide Theorien, die ich eben vorgestellt habe, umstritten sind.
00:26:33
Harald Oberbauer ist Facharzt für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin in Innsbruck.
00:26:39
Und er hat dem SZ-Magazin ein Interview zu seiner Arbeit in der Eifersuchts-Sprechstunde gegeben.
00:26:45
Und er sieht auch Unterschiede zwischen Patienten und Patientinnen.
00:26:48
Frauen würden eher erkennen, dass sie ein Problem haben und landen dann durch Suche nach Heilung bei ihm.
00:26:55
Wohingegen die Männer eher die Schuld bei der Partnerin suchen und nur durch deren Drängen dann bei ihm aufschlagen.
00:27:01
Das ist seine Erfahrung.
00:27:02
Er erzählt dem Journalisten Sacha Bettany außerdem, dass es Paare gibt, die sich nicht einmal gemeinsam Filme ansehen können,
00:27:11
weil die SchauspielerInnen darin so schön sind, so toll aussehen, so erfolgreich sind, dass es für die krankhaft eifersüchtige Person kaum auszuhalten ist, sich das anzusehen.
00:27:22
Und weil heute überall schöne oder schön gemachte Menschen mit einem vermeintlich perfekten Leben, Körper, Karriere, blablablauern,
00:27:31
sehen Menschen, die eh zu vergleichen neigen, sich im ständigen Konkurrenzkampf mit denen.
00:27:37
Harald Oberbauer guckt übrigens zu Beginn der Therapie erstmal, ob eine sogenannte Grundstörung vorhanden ist.
00:27:43
Also Alkoholismus, Hirnschäden, Depressionen oder ein Verlust der Libido.
00:27:48
Denn das sind alles Sachen, aus denen eine Eifersucht hervorgehen kann.
00:27:52
Eifersucht an sich ist nämlich keine Krankheit und dennoch ist sie behandelbar.
00:27:57
Bist du denn ein eifersüchtiger Mensch?
00:27:59
Also in einer Beziehung irgendwie jetzt wirklich fast gar nicht.
00:28:02
Also ich merke, dass ich Eifersucht eher so außerhalb von romantischen Beziehungen erlebe.
00:28:08
Wenn dein Ex den Fussel zu lange hat, dann wirst du eifersüchtig, dann willst du den auch wieder haben.
00:28:15
Was meinst du denn?
00:28:17
Also wir waren mal essen mit einer Freundin von mir.
00:28:20
Und die Freundin hat dann gesagt, dass die bald in London ist und dass ihr euch ja zum Frühstück treffen könntet.
00:28:25
Und dann hat mir das gar nicht gefallen auf einmal, weil ich dachte, das funktioniert hier so gut zu dritt.
00:28:30
Ich will dann auch dabei sein.
00:28:32
Also da dachte ich so, also das finde ich ja so doof, wenn ich dann nicht bei so einem schönen Frühstück dabei sein könnte,
00:28:38
dass ich gar nicht will, dass ihr euch trefft.
00:28:40
Aber ich weiß gar nicht, ob das dann so unter Eifersucht fällt oder eher auch dieses FOMO.
00:28:45
Weißt du, dieses Fear of Missing Out, dass du dann nicht dabei bist.
00:28:49
FOMO, sag jetzt nicht, du kennst diesen Begriff nicht.
00:28:53
Du willst dann halt auch dabei sein, aber du bist dann nicht eifersüchtig auf mich, dass ich was mit ihr mache.
00:29:00
Nee, nee, genau.
00:29:01
Also ich hätte jetzt keine negativen Gefühle einem von euch gegenüber, aber das Gefühl, was ich in dem Moment hatte,
00:29:09
das kam schon der Eifersucht sehr nah.
00:29:11
Und deswegen, meinst du, ich habe eher FOMO.
00:29:16
Ja, ich habe das jetzt diagnostiziert.
00:29:19
Bei mir ist das so, ich habe auch manchmal so Anfälle, aber das schiebe ich dann einfach auf Hormone.
00:29:25
Du suchst aber auch für alles eine Erklärung.
00:29:29
Laura sucht für alles einen übergeordneten Sinn und meistens hat es mit ihrem Körper zu tun.
00:29:34
Und sie weiß auch ganz genau, wie sie es behandelt.
00:29:37
Und zwar mit ganz vielen Nahrungsergänzungsmitteln.
00:29:42
Nee, erzähl jetzt, erzähl jetzt.
00:29:45
Na, von so einer Situation, wo du es auf deinen Körper geschoben hast.
00:29:50
Du denkst dann wieder, du bist in den letzten drei Viertel des 18. Zykluses in diesem Jahr und deswegen reagierst du jetzt gerade komisch.
00:29:59
Also, ich war noch bei der Arbeit, wo Paulina und ich zusammen gearbeitet haben.
00:30:03
Und eine Kollegin hat mich nach Hause gefahren.
00:30:06
Und die hatte eigentlich dieselbe Jeansjacke wie ich.
00:30:09
Und ich hatte meine Jeansjacke an, das habe ich aber nicht gecheckt, als ich ausgestiegen bin und habe dann die Jeansjacke, die neben mir lag, mitgenommen.
00:30:16
Ich hatte also dann zwei Jeansjacken.
00:30:18
Und dann habe ich halt die eine Jeansjacke an den Haken gehängt und die andere habe ich irgendwo hingeschmissen, als ich reingekommen bin.
00:30:26
Eine halbe Stunde später sehe ich eine Jeansjacke an dem Haken hängen und denke mir, das ist nicht meine Jeansjacke, weil meine Jeansjacke liegt ja auf meinem Bett.
00:30:38
Und du glaubst nicht, was in meinem Kopf abgegangen ist, ja?
00:30:41
Also, total irre, ja?
00:30:44
Und dann habe ich mir sonst was ausgemalt, dass hier irgendjemand, dass hier jetzt noch eine andere Frau im Spiel ist, die auch so eine Jeansjacke hat.
00:30:53
Ich habe Terroranrufe, also mein Freund war beim Fußball, ich habe Terroranrufe gemacht, ist natürlich nicht reingegangen.
00:30:59
Ich dachte mir, Quatsch, oh mein Gott.
00:31:02
Doch, ich dachte mir, ich fahre da jetzt hin.
00:31:05
Stell dir mal vor, ich wäre da hingefahren auf den Fußballplatz und hätte da eine Szene gemacht oder so.
00:31:11
Natürlich ist dann irgendwann am Abend bei mir auch der Groschen gefallen.
00:31:16
Aber nachdem du ihn schon damit konfrontiert hast oder?
00:31:20
Nee, zum Glück danach, aber ich habe es ihm dann noch erzählt.
00:31:23
Ja, und dann habe ich auf meine Zyklus-App geschaut und es war halt genau zwei Tage vor meinen Tagen.
00:31:30
Also, ich gehe davon aus, dass hier die Hormone auf jeden Fall ihre Finger im Spiel hatten.
00:31:36
Es hört mir auch öfter auf, dass ich in gewissen Phasen des Monats eifersüchtiger bin als in anderen.
00:31:43
Ich glaube, das ist oft auch eine Entschuldigung.
00:31:47
Mein Fall zeigt, dass Liebe nicht alle von uns glücklich macht.
00:31:51
Einige Namen habe ich geändert.
00:31:53
Es ist der 19. August 2011.
00:31:56
Sie kann jetzt kommen.
00:31:58
Alles ist vorbereitet.
00:32:00
Vor den Fenstern hängt Stacheldraht.
00:32:02
Im Flur ist die Videokamera installiert und das Schloss wurde ausgetauscht,
00:32:06
sodass der Hausmeister es mit seinem Zweitschlüssel nicht mehr öffnen kann.
00:32:09
Er hat so viele Lebensmittel besorgt, dass sie, wenn nötig, für mehrere Monate halten.
00:32:14
Außerdem liegen alle Utensilien bereit.
00:32:17
Das Vaginalspekulum, der Befruchtungskatheter, die Hormonpräparate und die Schwangerschafts- und Fruchtbarkeitstests.
00:32:25
In seinen Umhängebeutel packt er zwei selbstgebastelte Handgranaten, Handschellen und einen USB-Stick.
00:32:32
Im Hosenbund steckt eine Pistole, in seiner Hosentasche eine tote Maus.
00:32:37
Bereit, seinen Plan in die Tat umzusetzen, verlässt er gegen 10 Uhr die Wohnung und steigt in das Auto.
00:32:42
Doch er fährt nicht direkt zu ihr.
00:32:44
Vorher kauft er noch Blumen, rote Rosen, einen ganzen Strauß für seine große Liebe.
00:32:50
Er legt ihn behutsam auf die Rückbank und fährt zum Studentenwohnheim.
00:32:54
Dort schleicht er sich ins Treppenhaus und wartet.
00:32:57
Als Daria an diesem Tag gegen 13 Uhr von der Uni in ihr Wohnheim im Hamburger Stadtteil Barmbek kommt,
00:33:02
steht ein Mann vor ihrer Zimmertür.
00:33:04
Es ist Thomas, unangekündigt.
00:33:07
Daria kennt Thomas nur flüchtig, hat ihn ein paar Mal auf Studentenpartys hier im Wohnheim getroffen.
00:33:12
Von Anfang an fand sie ihn merkwürdig.
00:33:14
Obwohl er erst 30 Jahre alt ist, wirkt er viel älter.
00:33:18
Er hat schwarze, fettige Haare und einen langen, zotteligen Bart.
00:33:22
Mit seinen Schlaghosen sieht er ein bisschen aus, als wäre er aus der Zeit gefallen.
00:33:26
Er hatte ihr angeboten, eine Homepage für sie einzurichten.
00:33:29
Für eine angehende Modedesignerin sei dies ja nicht verkehrt.
00:33:32
Hier und jetzt sagt er, dass die Website fertig programmiert sei und dass er ihr deshalb den USB-Stick geben wolle.
00:33:38
Die 26-Jährige lässt ihn also in ihr Zimmer.
00:33:40
Doch dann wird sie plötzlich von hinten zu Boden gerissen.
00:33:43
Thomas zielt mit einer Waffe auf sie.
00:33:45
Daria schreit, warum tust du das?
00:33:48
Er antwortet, du bist die einzige Frau, die je nett zu mir gewesen ist.
00:33:52
Daria versteht nicht.
00:33:54
Sie fängt an, auf Thomas einzureden, fleht ihn an, sie gehen zu lassen.
00:33:57
Er erklärt, ich liebe dich, du darfst nicht gehen.
00:34:01
Stundenlang dreht sich das Gespräch darum, dass er Daria nicht gehen lassen will.
00:34:05
Als Thomas dann irgendwann doch für einen Moment unaufmerksam ist,
00:34:09
traut sich Daria heimlich, mit ihrem Handy die Nummer eines Freundes zu wählen.
00:34:12
Doch Thomas bemerkt es im letzten Moment und reißt ihr das Handy aus der Hand.
00:34:16
Er drückt ihr die Waffe in den Nacken und droht, ich schieße dich ab.
00:34:19
Dann zwingt er Daria, die Nummer des Bekannten noch einmal zu wählen
00:34:22
und ihm zu sagen, dass sie ihn angerufen hat, weil sie sich vor einer toten Maus erschreckt hat.
00:34:28
Daria gehorcht, sie hat jetzt Todesangst.
00:34:31
Um 18 Uhr sagt Thomas plötzlich, pack deine Sachen, wir fahren für eine Weile zu mir.
00:34:35
Ich komme nur mit, wenn ich um 10 Uhr wieder nach Hause darf, entgegnet Daria.
00:34:39
Thomas' Antwort darauf ist das Klicken der Handschellen.
00:34:43
Eine legt er um ihre, die andere um seine.
00:34:46
Als Daria aus dem Wohnheim geführt wird, ist es noch hell draußen.
00:34:49
Sie schaut sich hilfesuchend um, doch niemand scheint die Szene mitzubekommen.
00:34:54
Thomas öffnet die Fahrertür des Autos, befiehlt Daria einzusteigen und auf den Beifahrersitz rüber zu rutschen.
00:35:00
Er erklärt ihr, dass die Beifahrertür verschlossen ist und löst die Fesseln.
00:35:04
Als der Wagen nach nur ein paar Minuten wieder zum Stehen kommt, zieht Thomas ihnen die Handschellen wieder an.
00:35:09
Daria wird zum Hauseingang buxiert und wieder bekommt niemand mit, was da gerade auf offener Straße passiert.
00:35:16
Thomas schiebt Daria in die enge, dunkle und stickige Wohnung.
00:35:19
Bis unter die Decke stapeln sich hier Lebensmittel, in einer Ecke steht eine Telefonzelle und überall liegt Müll und Holz.
00:35:26
Daria sucht mit ihrem Blick nach einem Ausweg, doch die Fenster sind alle mit Stacheldraht verhangen.
00:35:31
Ihr wird bewusst, das ist ihr Gefängnis.
00:35:34
Daria ist Thomas' große Liebe.
00:35:37
Mit ihr möchte er jetzt eine Familie gründen.
00:35:40
Doch große Lieben hatte Thomas schon viele.
00:35:42
Nie wurde daraus jedoch eine Beziehung.
00:35:44
Das erste Mal hat Thomas es im Jahr 2001 versucht.
00:35:48
Damals ist er 20 Jahre alt und wohnt in einem kleinen Dorf bei Naumburg an der Saale.
00:35:52
Noch bei seinen Eltern, weil er keine Leerstelle findet.
00:35:55
Und so sitzt Thomas oft den ganzen Tag zu Hause und schaut Fernsehen.
00:35:58
Am liebsten Küstenwache mit Eva Habermann.
00:36:02
Thomas verliebt sich in die schöne blonde Schauspielerin und fängt an, ihr Briefe zu schreiben.
00:36:07
Als Eva die ersten Briefe in der Post hat, glaubt sie noch, es handelt sich bei diesem Thomas um einen ganz normalen Fan.
00:36:12
Ein älterer Herr, das denkt sie, weil die Briefe in so einer altmodischen Schönschrift geschrieben sind.
00:36:18
Als sie seiner Bitte nachkommt und ihm ein Autogramm schickt, bekommen die Briefe allerdings einen anderen Ton.
00:36:24
So schreibt er zum Beispiel,
00:36:26
Ich war heute in ihrem Kinofilm und als ich sie sah, schlug mein Herz fest in meiner Brust und ich dachte, es würde zerspringen.
00:36:32
Es war wirklich wunderbar, dass ich ihren vollkommen perfekten Körper bewundern durfte.
00:36:38
Sie sind wirklich die wunderschönste Frau der ganzen Welt.
00:36:41
In einem anderen steht, vielleicht fahre ich zur Berlinale und mal sehen, vielleicht finde ich sie.
00:36:49
Dann hat er sie gefunden.
00:36:51
In der Zeit, in der Thomas Eva mehr und mehr Briefe schreibt, versucht er bei der Bundeswehr aufgenommen zu werden.
00:36:56
Doch wird dort nach kurzer Zeit als untauglich ausgemustert.
00:37:00
Die BundeswehrärztInnen vermuten bei ihm eine schizoide Persönlichkeitsstörung.
00:37:04
Und so muss Thomas wieder nach Hause und hat genug Zeit, um Küstenwache zu schauen und Tagträume von Eva Habermann zu haben.
00:37:11
Im Winter 2002 will er es aber nicht mehr nur bei seiner Fantasie belassen.
00:37:16
Thomas fährt nach Hamburg und will seine große Liebe endlich persönlich kennenlernen.
00:37:20
Als Eva an diesem Tag nach Hause kommt, steht ein Mann vor ihrer Tür.
00:37:23
Er stellt sich als Thomas vor, der, der ihr schon so viele Briefe geschrieben hat.
00:37:27
Dann fällt er auf die Knie und sagt, ich liebe sie.
00:37:30
Eva ist geschockt und bittet den Mann zu gehen.
00:37:33
Und Thomas sagt, ich werde wiederkommen.
00:37:36
An Weihnachten kommt er mit sechs gepackten Koffern vor ihr Haus.
00:37:40
Dort sitzt er dann und strickt.
00:37:43
Und neben ihm, während er da strickt, brennt ein Teelicht in einem Stöfchen.
00:37:49
Mit einer Teekanne drauf.
00:37:51
Nö, von Tee war hier keine Rede.
00:37:53
Einfach das Stöfchen.
00:37:55
Vielleicht hatte er kein normales Teelicht.
00:37:58
Nur Omas Stöfchen.
00:38:01
Eva kommt das aber genauso absurd rüber wie dir jetzt.
00:38:04
Ja, da wäre ich auch gleich alarmiert bei dem Stöfchen.
00:38:07
Und deswegen ruft sie die 110.
00:38:09
Als die Polizei kommt und Thomas fragt, was er da mache, antwortet er, ich warte auf Frau Habermann.
00:38:16
Die Beamtinnen führen ihn vom Grundstück, doch er bleibt in der Nähe.
00:38:19
In den nächsten Wochen kampiert Thomas immer wieder im Wald neben Evas Haus.
00:38:23
Er steht vor ihrer Tür, klingelt Sturm und wirft nachts Steine gegen ihr Schlafzimmerfenster.
00:38:27
Und er durchwühlt ihren Müll.
00:38:30
In einem Brief schreibt er ihr dann überglücklich, dass er einen benutzten Tampon bei ihr im Müll gefunden hat.
00:38:35
Den trage er jetzt immer bei sich und so sei das Blut, das einmal durch sie geflossen ist, jetzt ganz nah an seinem Herzen.
00:38:46
Nein, nein, das darf man nicht tun.
00:38:49
Immer wieder kommt die Polizei, doch keine 15 Minuten später und der Mann steht wieder vor der Tür.
00:38:57
Wo hat er diesen Tampon?
00:38:58
Scheinbar in seiner Brusttasche, weil er es jetzt nah am Herzen trägt.
00:39:02
Evas Leben wird zur Hölle.
00:39:04
Sie erwirkt eine einstweilige Verfügung gegen ihren Stalker, doch auch die hält Thomas nicht ab.
00:39:09
Als deshalb gegen ihn eine kurze Gefängnisstrafe verhängt wird, scheint auch das keine Wirkung auf ihn zu haben.
00:39:15
Er schreibt Eva, heute erhielt ich vom Amtsgericht einen großen Brief, das in drei Tagen Gefängnis gegen mich angeordnet wird.
00:39:21
Ich möchte Ihnen sagen, dass ich Sie immer lieben werde.
00:39:26
Noch Monate stellt er Eva nach.
00:39:28
Erst als sie Hamburg für mehrere Monate verlässt, hört Thomas auf.
00:39:31
In dieser Zeit zieht Thomas in eine kleine Wohnung in Barmbäck und lebt von Hartz IV.
00:39:35
Kurz nach Eva sucht er weiter die große Liebe.
00:39:38
Dazu spricht er fremde Frauen beim Einkaufen oder auf der Straße an.
00:39:42
Wenn er eine geeignete gefunden hat, stellt er ihr nach, setzt sich in Bus und Bahn neben sie, macht Fotos und schreibt Liebesbriefe.
00:39:49
Auf seinem Computer legt er eine Datenbank an.
00:39:51
Dort notiert er Namen, Adressen, Autokennzeichen und auch Informationen darüber, wann welche Frau wo am besten anzutreffen ist.
00:39:59
Das geht Jahre so und immer wieder wird er von den Frauen angezeigt.
00:40:03
Doch auch die Ermittlungen der Hamburger Staatsanwaltschaft stoppen ihn nicht.
00:40:07
Weil ein Gutachter feststellt, Hinweise auf eine manifeste psychotische Erkrankung haben sich bei der Untersuchung nicht ergeben.
00:40:14
Doch dass Thomas krank ist, dafür gibt es neben dem Nachstellen noch mehr Anzeichen.
00:40:19
2008 zum Beispiel kauft er eine Telefonzelle auf Ebay, weil er Angst hat, beim Telefonieren belauscht zu werden.
00:40:24
Im Sommer 2009 kommt er dann sogar für mehrere Wochen in die Psychiatrie.
00:40:29
Dort wird dann doch festgestellt, dass Thomas an einer paranoiden Schizophrenie leidet.
00:40:33
Ab diesem Zeitpunkt steht ihm ein Betreuer zur Seite.
00:40:36
Doch auch der hält Thomas nicht von seiner besessenen Suche nach der großen Liebe ab, die immer mehr zu eskalieren droht.
00:40:42
Sein nächstes Opfer ist nämlich nur 13 Jahre alt.
00:40:45
Thomas kontaktiert das Mädchen über Schüler-VZ und nur weil die Eltern eingreifen, kann Schlimmeres verhindert werden.
00:40:52
Es kommt wieder zur Anzeige.
00:40:53
Die Polizei stellt Thomas mal wieder einen Besuch ab und hält eine Gefährderansprache.
00:40:57
Das Verfahren wird aber eingestellt, genau wie die vorherigen auch.
00:41:01
So kann Thomas weitersuchen.
00:41:03
Im Mai 2011 lernt er dann Daria auf einer Studentenparty kennen.
00:41:07
Sie kommt aus Tel Aviv und macht gerade einen Studentenaustausch in Hamburg.
00:41:11
Thomas unterhält sich mit Daria auf Englisch.
00:41:13
Sie ist sehr freundlich und nett.
00:41:15
Sie erzählt ihm von ihrem Modestudium und so kommt es zu dem Deal mit der Website.
00:41:20
Und Thomas ist verliebt.
00:41:22
Am nächsten Tag schickt er ihr eine Facebook-Freundschaftsanfrage.
00:41:25
Dann fängt Thomas an, sie mit Nachrichten zu bombardieren.
00:41:29
Im Juni trifft er sie nochmal auf einer anderen Party im Studentenwohnheim.
00:41:32
Und im Juli spricht er sie an der S-Bahn-Haltestelle an.
00:41:35
Dort erzählt Daria ihm, dass sie bald zurück nach Israel geht.
00:41:38
Er ist geschockt.
00:41:40
Das darf nicht passieren, denkt er sich.
00:41:42
Sie ist seine große Liebe, die Frau, mit der er eine Familie gründen will.
00:41:46
Und um dieses Ziel zu erreichen, schmiedet Thomas seinen Plan.
00:41:51
Er baut seine Wohnung zu einem Gefängnis um und bereitet alles für eine künstliche Befruchtung vor.
00:41:55
Denn ein Baby mit der Frau, die er liebt, ist sein größter Wunsch.
00:41:59
Als am 19. August 2011 alles soweit bereit ist, holt Thomas Daria zu sich nach Hause.
00:42:05
Und dort sind wir jetzt wieder.
00:42:07
Daria hat immer noch Todesangst.
00:42:09
Gefesselt sitzt sie in der engen, stickigen Wohnung.
00:42:12
Ihr Entführer mit der Waffe vor ihr.
00:42:14
Als Thomas gegen 22 Uhr auf die Toilette muss, ist Daria für einen kurzen Moment alleine.
00:42:19
Das erste Mal seit neun Stunden.
00:42:21
Sie ergreift ihre Chance.
00:42:23
Immer noch gefesselt, öffnet sie ein Fenster und zwängt sich am Stacheldraht vorbei.
00:42:27
Das Metall zerschneidet ihre Haut, zerkratzt Arme und Beine.
00:42:31
Daria springt aus dem Fenster, das zum Glück nicht weit über dem Boden ist, und rennt.
00:42:36
Als die Polizei kurze Zeit später bei Thomas vor der Tür steht, sagt er, ich stelle mich, sie können mich festnehmen.
00:42:42
Nachdem Thomas abgeführt wurde, wird die Wohnung durchsucht.
00:42:45
Dort finden die Beamtinnen zwei Handgranaten, verschiedenste Waffen, 173 Patronen, neun Handschellen, drei Fußfesseln, eine schusssichere Weste, eine Telefonzelle und die Befruchtungsutensilien.
00:42:58
In seinem Keller stoßen die PolizistInnen dann noch auf über 100 Feuerlöscher.
00:43:03
Wo kauft man all den Kram? Auf Etsy oder was?
00:43:07
Was will man mit all dem Kram?
00:43:09
Übrigens hat man das zu den Feuerlöschern auch nie herausgefunden, also warum er die eigentlich hortete.
00:43:14
Vielleicht gab es auch nicht wirklich einen Grund.
00:43:17
Ja, das kann auch sehr gut sein.
00:43:19
Was sie noch in der kleinen Wohnung finden, sind 1,6 Tonnen Lebensmittel- und Hygieneartikel und so viel Holz, dass man damit ein halbes Fußballfeld hätte auslegen können.
00:43:32
Nämlich 3200 Quadratmeter.
00:43:35
Alles wird rausgeschafft, auch die Telefonzelle.
00:43:38
Und vor der Wohnung, da steht noch der Wagen von Thomas.
00:43:41
Auf dem Rücksitz legt der Strauß Rosen.
00:43:43
Am 20. Februar 2012 beginnt am Landgericht Hamburg der Prozess gegen den Entführer von Barmbeck, wie er von der Presse genannt wird.
00:43:50
Der 30-Jährige muss sich wegen versuchter Geiselnahme, Freiheitsberaubung, Nötigung und Verstoßes gegen das Kriegswaffen- und das Sprengstoffgesetz verantworten.
00:43:58
Und Thomas ist geständig.
00:44:00
Er hatte der Polizei erklärt, er habe die Studentin ausgewählt, weil sie die einzige Frau war, die je nett zu ihm war.
00:44:07
Er sie liebte und fürchtete, sie zu verlieren.
00:44:09
Trotzdem sagte er aus, dass er Daria nichts antun wollte und sie auch nicht gegen ihren Willen festhalten.
00:44:16
Um herauszufinden, wie es um Thomas' psychischen Gesundheitszustand steht, wird ein Gutachter in den Zeugenstand gerufen.
00:44:36
Der erklärt, dass Thomas an einer schweren Schizotypenstörung leide.
00:44:40
Dass sein Verhalten über die Jahre eskaliert sei, weil er nicht gestoppt und ihm nicht geholfen wurde.
00:44:45
Mindestens 19 Frauen hatte er bis zum Prozessstart nachgestellt.
00:44:49
Daria sei sein letzter verzweifelter Versuch gewesen, eine Familie zu gründen.
00:44:53
Thomas sei von dem Gedanken, eine Beziehung mit ihr zu führen, besessen gewesen.
00:44:57
Irgendwann werde sie seine Liebe schon erwidern, habe er gedacht.
00:45:01
Der Psychiater kann nicht ausschließen, dass Thomas aufgrund seines Liebeswahns steuerungsunfähig und somit zur Tatzeit schuldunfähig war.
00:45:08
Er erklärt außerdem, dass davon auszugehen sei, dass Thomas ohne Therapie zum Wiederholungstäter werde.
00:45:13
Nicht nur Thomas' Anwältin plädiert auf eine Unterbringung in einer forensischen Psychiatrie.
00:45:17
Auch die Staatsanwaltschaft.
00:45:18
In seinen letzten Worten entschuldigt er sich bei Daria, die mittlerweile wieder in Israel lebt und bei dem Prozess auf eigenen Wunsch nicht anwesend ist.
00:45:26
Nach fünf Verhandlungstagen steht das Urteil dann fest.
00:45:29
Freispruch wegen Schuldunfähigkeit.
00:45:30
Thomas kann nicht bestraft werden, weil er eine krankhafte seelische Störung hat.
00:45:35
Er kommt in die forensische Psychiatrie.
00:45:37
Wie lange, ist unklar.
00:45:38
Aber regelmäßig soll er von der zuständigen Strafverstreckungskammer beurteilt werden.
00:45:43
Sicher ist, solange Thomas dort untergebracht ist, ist die Liebe vor ihm sicher und er vor ihr.
00:45:50
Viele meiner Infos hatte ich übrigens aus dem Sternartikel zu dem Fall von Kerstin Herrenkind.
00:45:56
Und den Link packe ich euch wie immer in die Shownotes.
00:46:01
Das muss ja ein wahnsinnig langer Zeitraum auch dazwischen gewesen sein.
00:46:05
Geht eigentlich.
00:46:06
Also die Eva Habermann, das fing 2001 an und Daria war ja 2011.
00:46:12
Also in zehn Jahren hat er quasi diese 19 Frauen gestalkt.
00:46:16
Die 19 großen Lieben.
00:46:19
Das ist schon erschreckend, dass manche Menschen immer von so vielen großen Lieben sprechen.
00:46:26
Die Eva Habermann, die hat das nachher mitbekommen?
00:46:29
War die vor Gericht?
00:46:29
Also die war nicht beim Prozess, aber die hat das natürlich auch durch die Medien erfahren
00:46:34
und meinte auch, als sie das erste Mal irgendwie einen Artikel gelesen hat oder gesehen hat,
00:46:38
die Schlagzeile, dass sie direkt wusste, dass es ihr Ex-Stalker war.
00:46:42
Und sie hat auch erzählt, dass sie der Polizei damals schon gesagt hat, dass er Hilfe braucht.
00:46:48
Aber ich meine auch schon alleine die Tatsache mit dem Tampon sagt schon so viel aus, ja.
00:46:55
Wo sich mir wirklich der Magen umgedreht hat, war nicht bei dieser Tamponsache, sondern weil
00:47:00
er gesagt hat, du bist die einzige Frau, die je nett zu mir war.
00:47:03
Da will man ja nicht mehr nett sein, wenn man sowas hört.
00:47:06
Nein, lieber zu niemandem mehr nett sein.
00:47:09
Aber Eva Habermann hatte ja recht mit ihrer Einschätzung ganz am Anfang, also dass er Hilfe bitter nötig
00:47:16
gehabt hätte, denn Thomas litt schon damals an einer wahnhaften Störung.
00:47:21
Und damit komme ich zu meinem Aha, der Erotomanie, auch Liebeswahn genannt.
00:47:27
Also ein Wahn, da haben wir schon öfter von gesprochen, das ist die krankhaft entstandene
00:47:32
Fehlbeurteilung der Realität.
00:47:34
Und an dieser falschen Beurteilung, da halten die Erkrankten fest.
00:47:38
Egal, ob das jetzt einem gesunden Menschenverstand entgegensteht oder auch der Lebenserfahrung
00:47:43
des Betroffenen, ja.
00:47:44
Und beim Liebeswahn bezieht sich halt diese Fehlbeurteilung auf Liebesbeziehungen, die in Wirklichkeit
00:47:50
gar nicht existieren.
00:47:51
Die erkrankte Person glaubt, dass sie von einer anderen Person geliebt wird, obwohl das halt
00:47:57
Und sie glaubt an eine seelische Verbundenheit und eine romantische Liebe, auch wenn sie diesen
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Menschen noch nie persönlich getroffen hat zum Beispiel und nur aus dem Fernsehen kennt,
00:48:07
wie das ja auch bei Thomas und seiner ersten großen Liebe Eva Habermann der Fall war.
00:48:12
Er hat damals die Schauspielerin idealisiert und sich ja in eine Scheinwelt zurückgezogen,
00:48:17
als er immer diese Serie mit ihr geguckt hat.
00:48:20
Und in dieser Scheinwelt hat Eva ihn auch geliebt.
00:48:23
Und dasselbe gilt auch für Daria.
00:48:25
Für Thomas war sie ja die Frau, mit der er dann Kinder haben wollte, zusammenleben wollte
00:48:30
und alt werden wollte, obwohl die ja nur dreimal oder so miteinander gesprochen hatten.
00:48:35
In seinem Kopf war sie die tollste Frau, die er je getroffen hat.
00:48:39
Der Erotoman ist davon überzeugt, dass die Person ihre Liebe zu ihm verheimlicht und halt
00:48:45
nur durch so versteckte Signale zeigt.
00:48:47
Und dabei deuten die Erkrankten dann irgendwelche Zeichen, also Gesten oder nonverbale Signale
00:48:55
komplett falsch.
00:48:56
So hatte Thomas ja auch gemeint, dass als Daria seine Freundschaftsanfrage bei Facebook bestätigt
00:49:02
hatte, dass das quasi Code dafür war, dass sie ihn auch liebt.
00:49:06
Und das kann so weit gehen, dass Leute, die vom Liebeswahn betroffen sind, meinen, Weltstars
00:49:13
würden ihre Tourneen extra so planen, dass die bei denen dann in der Nähe sind.
00:49:20
Aber wenn es so ist, dass die Person dem Erkrankten oder der Erkrankten gegenüber ablehnend ist,
00:49:25
dann deuten die das so um, dass diese Person nur kokettiert zum Beispiel.
00:49:30
Also sie legen sich das halt immer so zurecht, dass das eigentlich so ist, dass die Person sie
00:49:36
Also nein heißt ja.
00:49:38
Und sexuelle Aspekte sind beim Liebeswahn übrigens zweitrangig.
00:49:43
Thomas hatte ja jetzt zum Beispiel auch nicht vorgehabt, mit Daria Sex zu haben.
00:49:47
Er hatte ja alles vorbereitet, um eine künstliche Befruchtung durchzuführen.
00:49:51
Ob das nicht vielleicht noch an was anderem lag?
00:49:53
Nee, er hatte sich vorher auch testen lassen, ob alles gut ist.
00:49:58
Also er war davor beim Urologen.
00:50:00
Oder was meintest du jetzt?
00:50:02
Ja, aber vielleicht hätte er ja Erfolgsdruck in dem Moment, wo die gefesselte Frau dann
00:50:08
Ja, gut, das kann auch sein.
00:50:10
Häufig ist die Person, mit der die Betroffenen glauben, in einer Liebesbeziehung zu sein, älter,
00:50:15
vermögender oder in der Karriere weiter.
00:50:18
Also zum Beispiel jetzt ein Vorgesetzter oder eine Chefin oder auch eine Berühmtheit, sei
00:50:24
es jetzt aus Film und Fernsehen oder Politik oder was weiß ich.
00:50:27
Und die meisten Betroffenen sind Frauen und zwar ledige Frauen zwischen 40 und 60 Jahren.
00:50:32
Fast 70 Prozent sind weiblich.
00:50:35
Also ist Thomas nicht der typische an Liebeswaren erkrankte Mensch.
00:50:39
Bei Frauen verläuft die Störung aber meist mit weniger schweren Konsequenzen ab.
00:50:44
Also Polizeieinsätze und juristische Verfahren.
00:50:47
Das ist dann eher bei den Männern gehäuft.
00:50:50
Und oft tritt die Krankheit auch gemeinsam mit anderen seelischen Störungen auf.
00:50:55
Das war ja auch bei Thomas so.
00:50:56
Er hatte ja noch die Schizophrenie.
00:50:57
Und deshalb richten sich meistens die Therapien an das Grundleiden.
00:51:01
Also wird dann auch ein Liebeswahn beispielsweise mit Neuroleptika oder Stimmungsstabilisierern behandelt
00:51:08
und natürlich auch mit Psychotherapie.
00:51:10
Liebeswahn geht aber nicht immer mit Stalking einher.
00:51:13
Denn diese krankhafte, zwanghafte Form von der Zuwendung, die Stalker haben,
00:51:19
das ist quasi keine Voraussetzung für ein Liebeswahn.
00:51:22
Der Mensch kann auch einfach ein Liebeswahn haben.
00:51:24
Und du als die Person, mit der er glaubt, diese Beziehung zu haben, kriegst das gar nicht mit.
00:51:30
Stalking ist jetzt was, was deutlich häufiger auftritt als der Liebeswahn.
00:51:34
Laut Mannheimer Zentralinstituts für seelische Gesundheit wird jeder achte Mensch mindestens einmal in seinem Leben Opfer eines Stalkers.
00:51:42
Aber wir sprechen ja auch im Alltag jetzt viel über Stalking.
00:51:46
Aber da geht es dann eher zum Beispiel um sogenannte Stalking-Profile auf Instagram zum Beispiel,
00:51:51
die viele Menschen haben.
00:51:53
Wir persönlich kennen natürlich keine.
00:51:54
Aber das ist auch kein richtiges Stalking.
00:51:57
Was Stalking ist, steht in § 238 unseres Strafgesetzbuches und es heißt dort Nachstellung.
00:52:03
Und da geht es um fünf Tathandlungen, die geeignet sein müssen,
00:52:07
die Lebensgestaltung des Opfers schwerwiegend zu beeinträchtigen.
00:52:10
Bei der ersten Tathandlung zum Beispiel geht es um die Nähe, die der Stalker sucht.
00:52:15
Und wichtig ist hier das Wort beharrlich.
00:52:18
Der Stalker muss dies nämlich beharrlich tun.
00:52:20
Das reicht dann in der Regel nicht, wenn er zehnmal nachts vor deiner Tür steht.
00:52:25
Und die zweite Handlung betrifft die Kontaktaufnahme.
00:52:28
Stalking ist es dann in der Regel, wenn die Person Telefonterror macht,
00:52:33
dich mit Nachrichten bombardiert und zum Beispiel immer wieder versucht,
00:52:37
über dritte Personen auch an dich ranzukommen.
00:52:40
Wir haben jetzt im Vorfeld auch mit einigen Gestalkten gesprochen.
00:52:44
Und die haben uns erzählt, dass die Stalker auch Kontakt zu ihrer Familie gesucht haben.
00:52:49
Also zum Beispiel die Mutter angeschrieben haben oder die Schwester.
00:52:52
Und auch, dass der Stalker andere Menschen überredet, mit der Person Kontakt aufzunehmen.
00:52:57
Eine andere Tathandlung kann sein, dass der Stalker für die Person Sachen bestellt unter ihrem Namen
00:53:03
oder mit den Kontaktdaten sich bei einer Dating-App anmeldet zum Beispiel.
00:53:07
Oder Todesanzeigen aufgibt.
00:53:10
Ja, das ist zum Beispiel der 17-jährigen Steffi passiert.
00:53:13
Ihr Stalker hatte für sie eine Todesanzeige im Namen ihrer Eltern aufgegeben.
00:53:19
Und darin schrieb er dann sowas wie, unsere liebe Steffi wurde heute viel zu früh aus ihrem jungen, erfüllten Leben gerissen.
00:53:26
Und das war nur der Höhepunkt dieses Albtraums.
00:53:29
Zuvor hatte er ihr immer wieder SMSen geschickt mit Inhalten wie, sagt dir der Name Natascha Kampusch etwas?
00:53:36
Also er wollte ihr verdeutlichen, dass sie vielleicht eventuell demnächst entführt wird.
00:53:42
Und sie wusste am Anfang nicht, wer ihr diese Nachrichten schreibt, aber es war ihr Arbeitskollege.
00:53:48
Und der spielte sich die ganze Zeit vor ihr eigentlich als Beschützer auf.
00:53:52
Also er tat so, als hätte er zum Beispiel Selbstkontakt mit dem Stalker und als würde er dafür jetzt sorgen, dass er damit aufhört.
00:53:59
Und wollte deswegen damit bei ihr gut dastehen.
00:54:02
Und später stellte sich aber heraus, dass ihr Arbeitskollege dann halt eigentlich ihr Stalker war.
00:54:08
Und er musste Steffi dann dafür 5000 Euro und ihrer Mutter 3000 Euro Schmerzensgeld zahlen, als es rauskam.
00:54:14
Und hat dafür dann ein Jahr und zehn Monate auf Bewährung bekommen.
00:54:18
Ja, also gab es bei ihm quasi noch nicht mal eine kurze Freiheitsstrafe.
00:54:23
Und das Ding ist, dass glaube ich, viele Beteiligte immer das Gefühl haben, diese Lage eskaliert bald.
00:54:30
Und sie versuchen ja dann schon währenddessen alles zu tun, was ihnen irgendwie möglich ist, um das zu unterbinden.
00:54:37
Aber es funktioniert halt nicht.
00:54:39
Und man hat dann dieses große Ohnmachtsgefühl, weil die Person halt einfach nicht damit aufhört.
00:54:44
Ja, was man ja machen kann, ist zum Beispiel zivilrechtlich gegen einen Stalker vorgehen.
00:54:50
Das hatte ja auch Maria aus deinem Fall gemacht.
00:54:52
Die war dann zum Familiengericht gegangen und hat einen Antrag auf einstweilige Anordnung gestellt.
00:54:58
Und das Gericht kann dann eben anordnen, dass der Stalker sich nicht mehr der Wohnung nähern darf oder nicht mehr dem Umfeld nähern darf.
00:55:04
Und wenn er das dann doch macht, dann droht ihm ein Bußgeld.
00:55:07
Dieses zivilrechtliche Verfahren einzuleiten, ist aber nicht so ganz unaufwendig.
00:55:12
Und deswegen wird einem immer in der Regel erst mal geraten, zur Polizei zu gehen.
00:55:16
Weil die kann nämlich ohne richterlichen Beschluss direkt Gefahrenabwehren tätig werden.
00:55:20
Ja, dazu braucht man dann halt auch keinen Anwalt.
00:55:23
Und der kann ja auch teuer werden.
00:55:24
Strafrechtlich kann man ja auch dagegen vorgehen.
00:55:27
Also ich erstatte beispielsweise Anzeige bei der Polizei.
00:55:30
Und die Polizei ermittelt dann.
00:55:31
Das kann dann halt eine Weile dauern.
00:55:33
Und dann gibt sie die Akte der Staatsanwaltschaft.
00:55:36
Nun war es bis vor 2017 noch so, dass man erst mal schauen musste, ob das Stalking das Opfer schwerwiegend in der Lebensgestaltung beeinträchtigt.
00:55:44
Und das war meistens erst dann der Fall, wenn das Opfer umziehen musste oder so.
00:55:49
Also schwerwiegend halt wirklich das Leben verändern musste.
00:55:52
Was natürlich zur Folge hatte, dass die betroffenen Personen, die das lange ausgehalten haben, also sehr resilient waren,
00:55:58
in der Situation kaum Chancen hatten, rechtlich gegen den Peiniger vorzugehen.
00:56:03
Und man hat natürlich die Strafbarkeit des Verhaltens des Täters oder der Täterin vom Verhalten des Opfers abhängig gemacht.
00:56:13
Und das ist ja völlig absurd.
00:56:15
Und seit der Gesetzesänderung ist es jetzt so, dass das Verhalten des Täters oder der Täterin nicht mehr zu einem sogenannten Erfolgsdelikt führen muss, sondern heute ist daraus ein Eignungsdelikt geworden.
00:56:26
Also theoretisch reicht es aus, wenn sich die Taten dazu eignen.
00:56:30
Aber auch das muss man erst mal nachweisen.
00:56:32
Ja, und was man dazu noch sagen kann, ist, dass vor 2007 man Stalker so gut wie gar nicht verfolgen konnte,
00:56:39
weil es eben erst seitdem diesen Paragraphen überhaupt gibt und man sie halt jetzt erst bestrafen kann.
00:56:45
Und der Strafrahmen heute, der reicht von einer Geldstrafe bis hin zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren.
00:56:50
Es sei denn, die Person hat durch ihr Nachstellen das Opfer oder Angehörige des Opfers oder nahestehende Personen in Lebensgefahr gebracht.
00:56:58
Oder sie, ja, schwer gesundheitlich geschädigt oder ihren Tod verursacht.
00:57:04
Und solche Vergehen werden in Absatz 2 und 3 dieses Paragraphen geregelt.
00:57:08
Und dann können die TäterInnen auch natürlich längere Zeit ins Gefängnis kommen.
00:57:12
Und dazu ein Beispiel aus der Realität.
00:57:14
Es geht um einen Mann, nennen wir ihn Daniel und seine Freundin, nennen wir sie Tatjana.
00:57:19
Daniel hatte Tatjana im Sommer 2014 kennengelernt.
00:57:22
Da war sie psychisch gesund.
00:57:24
Daniel trank viel und war auch recht eifersüchtig.
00:57:28
Und daran störte sich Tatjana.
00:57:29
Im Februar 2015 telefonierten Tatjana und Daniel miteinander.
00:57:34
Und bei diesem Telefonat nannte Tatjana Daniel aus Versehen Michi.
00:57:38
Und so hieß ihr Ex-Freund.
00:57:40
Und daraufhin beendete Daniel sofort dieses Telefonat und die Beziehung, weil er der Meinung war, dass sie ihn betrügt.
00:57:47
Und danach begann dann der Horror.
00:57:49
Verfolgung, Sachbeschädigung, Verleumdung bei Tatjanas Arbeitgeber, Todesdrohungen und so weiter.
00:57:55
Er kontaktierte sie auch ständig.
00:57:57
Innerhalb von 18 Stunden schickte er ihr einmal 111 WhatsApp-Nachrichten.
00:58:02
Und dabei wollte er sie nicht zurück.
00:58:04
Also es ging ihm nur darum, sie zu demütigen und zu verletzen.
00:58:08
Und Tatjana konnte daraufhin nicht mehr schlafen.
00:58:11
Sie hatte ständig Angst um sich und um ihre Eltern.
00:58:13
Und sie konnte auch nicht mehr zur Arbeit gehen.
00:58:15
Und nachdem sie schon einen Suizidversuch hinter sich hatte, ließ sie sich dann in eine psychiatrische Klinik einweisen.
00:58:20
Ende April 2015 wurde sie dort dann wieder entlassen, ohne dass sich ihr Zustand wirklich verbessert hatte.
00:58:27
Tatjana litt seitdem unter starken Depressionen.
00:58:30
Und am 9. November 2015 nahm sie sich dann das Leben.
00:58:35
Und Daniel wird von einem Gericht zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt, weil das Gericht entschied, dass Daniel den Tod von Tatjana fahrlässig verursacht hatte.
00:58:46
Und das, obwohl acht Monate zwischen Beendigung der Nachstellung und ihrem Suizid lagen.
00:58:52
Okay, also die Rechtsprechung meint also, dass man für die Todesfolge, selbst wenn es Suizid ist, den Täter oder die Täterin belangen kann.
00:58:59
Und das ist ja relativ ungewöhnlich.
00:59:02
Ja, also mir fällt jetzt zum Beispiel auch kein Vergewaltigungsfall ein, bei dem ein Täter oder eine Täterin nachher wegen des Suizids der Frau oder des Mannes bestraft wurde.
00:59:12
Aber auch Verurteilungen wegen Stalkings mit Todesfolge sind sehr selten.
00:59:16
Über diese Besonderheit im Strafgesetzbuch haben wir in München mit Dr. Alexander Stevens gesprochen, der uns seine Einschätzung zur Nachstellung mit Todesfolge gegeben hat.
00:59:25
Ja, sehr spannend für die Juristen, weil man nicht so ganz nachvollziehen kann, warum man das gemacht hat.
00:59:31
Denn der Gesetzgeber hat das damit begründet, dass er gesagt hat, er will die Opfer schützen.
00:59:34
Aber wenn wir mal ehrlich sind, jedes Strafgesetz ist eigentlich dazu da, Opfer zu schützen.
00:59:38
Also ich kenne jetzt kein Strafgesetz, das nicht dazu da wäre, Opfer zu schützen.
00:59:41
Von dem ist es so ein bisschen zirkelschlüssig.
00:59:44
Es ist ja auch erstaunlich, dass nach acht Monaten noch ein Zusammenhang zwischen dem Stalking von Daniel und dem anschließenden Tod von Tatjana nachgewiesen werden konnte, oder?
00:59:57
Ja, das ist letztlich immer das Problem des Staatsanwalts.
01:00:01
Es gilt ja die Unschuldsvermutung, bis das Gegenteil letztlich bewiesen ist.
01:00:05
Und in dem Fall hatte man zumindest aufgrund der ganzen Vorgeschichte und dieser psychologischen Titanie, die sich daraus ergeben hat, doch relativ einfach diesen Rückschluss ziehen können, den ja auch der Bundesgerichtshof dann so bestätigt hat.
01:00:18
Genau, also der BGH hat das Urteil sogar nochmal bestätigt.
01:00:22
Aber wie du eben auch schon gesagt hast, Nachstellung mit Todesfall kommt sehr selten vor.
01:00:26
Wir haben, glaube ich, zwei Fälle oder so gefunden.
01:00:28
Aber es kommt überhaupt selten vor, dass die Stalking-Anzeigen überhaupt von einem Gericht verhandelt werden.
01:00:34
Das sind nämlich nur 20 Prozent.
01:00:36
Und von den tatverdächtigen Stalkern, das waren 2018 und 15.906, werden tatsächlich nur ein bis zwei Prozent überhaupt verurteilt.
01:00:44
Wir haben Dr. Alexander Stevens noch gefragt, warum so wenig verurteilt werden.
01:00:49
Und er meint, das liegt vor allem an der Formulierung des Paragrafen.
01:00:52
Und da stört er sich eben genau an diesem Begriff der Beharrlichkeit.
01:00:56
Die Stalking-Handlung muss beharrlich sein.
01:00:58
Beharrlich ist ein völlig unbestimmter Rechtsbegriff, der es letztlich Staatsanwälten und Richtern erlaubt, das zu definieren, was beharrlich ist.
01:01:05
Und das kann bis zu hundert, bis zu tausend Fälle sein, bis jemand sagt, das war jetzt beharrlich.
01:01:10
Und noch viel schwieriger ist tatsächlich noch ein weiteres Tatbestandsmerkmal.
01:01:13
Nämlich, dass die Lebensführung, zumindest muss es geeignet sein, dass die Lebensführung schwerwiegend beeinträchtigt wird.
01:01:20
Und das hast du quasi nie.
01:01:22
Also deswegen gibt es auch ganz wenige Fälle, die tatsächlich vor Gericht landen und auch abgeurteilt werden.
01:01:28
Und diese Fälle sind dann schon echt krass.
01:01:30
Also von dem her hat man die größeren Chancen gar nicht so sehr mit der Strafanzeige,
01:01:34
sondern eher auf dem zivilrechtlichen Weg.
01:01:36
Und Alexander Stevens hat uns außerdem noch erzählt, dass man die Hürden für Stalking so hoch gesetzt hat,
01:01:41
weil man eben andere Personengruppen nicht damit abstrafen will.
01:01:44
Also zum Beispiel einen Vater, der die Mutter während eines Sorgerechtsstreits mehrere Male versucht zu erreichen,
01:01:49
weil er eben sein Kind sehen will.
01:01:51
Oder zum Beispiel den Gerichtsvollzieher, der eben beharrlich versucht, sein Geld zurückzubekommen und einzutreiben.
01:01:57
Vielleicht würden ja härtere Stalking-Gesetze da was bringen, mag sich jetzt der eine oder die andere denken.
01:02:03
Also, dass man die Hürde in manchen Fällen dann eben doch runtersetzen würde.
01:02:08
Und da hat uns Dr. Alexander Stevens aber gesagt, dass er dagegen ist, immer die Strafgesetze verschärfen zu wollen.
01:02:14
Denn das Problem würde hier viel mehr in der Auslegung liegen.
01:02:17
Also genauer zu definieren, ab wann etwas beharrlich ist oder ab wann ist denn beispielsweise ein Widerwille erkennbar bei einer Sexualstraftat.
01:02:26
Das ist eben viel Auslegungssache und deswegen sollte man einfach klarer definieren, wenn man das macht, bekommt man das.
01:02:32
Ja, was wir ja immer versuchen, ist auch die Täter oder die Täterin zu verstehen,
01:02:38
weil man ja eigentlich nur dann daran arbeiten kann, dass solche oder ähnliche Taten nicht nochmal passieren.
01:02:43
Und das möchten wir natürlich auch in diesem Fall tun.
01:02:46
Wenn wir jetzt die beiden Fälle anschauen, die wir gerade erzählt haben, dann fällt ja auf, dass die Täter sehr verschieden waren.
01:02:54
Und was sie vereint, das hat uns Kriminalpsychologin Lydia Benecke in Köln erklärt.
01:02:59
Also bei vielen sieht man, dass sie Bindungsschwierigkeiten haben, die man auch biografisch zurückverfolgen kann.
01:03:05
Also typischerweise hatten sie entweder einen Verlust in der Kindheit einer wichtigen Bezugsperson,
01:03:09
manche sind im Heim aufgewachsen, manche hatten eine sehr instabile Beziehung zu Eltern.
01:03:14
Sie haben also Probleme, gesunde Beziehungen aufrechtzuerhalten und sie können nicht mit dem Ende von Beziehungen häufig umgehen
01:03:20
oder wünschen sich unrealistische Arten von Beziehungen.
01:03:23
Das heißt, Bindungsstörungen sind da häufig zu finden und einige von ihnen haben auch andere psychiatrische Erkrankungen,
01:03:30
aber häufig spielt dieses Bindungsproblem eine Rolle und dass sie sehr krankbar sind.
01:03:33
Das heißt, sie können sehr wütend werden, wenn das, was sie sich wünschen, nicht so in Erfüllung geht.
01:03:37
Ja, das eint sie, aber es gibt auch Dinge, in denen sie sich unterscheiden.
01:03:43
Und das ist zum Beispiel in der Motivation der TäterInnen.
01:03:45
Grob kann man die nämlich in zwei verschiedene Kategorien teilen.
01:03:49
Der eine ist der sogenannte zurückgewiesene Stalker, der eine Trennung nicht verkraftet.
01:03:54
Das ist zum Beispiel Nelson aus meinem Fall gewesen.
01:03:56
Das ist übrigens auch die TäterInnen-Gruppe, die am häufigsten vorkommt.
01:04:01
Weil 50 Prozent der Täter oder TäterInnen sind Ex-PartnerInnen.
01:04:04
Sie wollen den oder die Ex zurückerobern und glauben, sie könnten das mit permanenter Aufmerksamkeit.
01:04:10
Wenn sie aber dann merken, das funktioniert nicht, dann kann das Motiv auch in Rache umschlagen.
01:04:14
Also so nach dem Motto, siehst du, das hast du jetzt davon, dass du mich nicht zurücknimmst.
01:04:20
Der zweite Tätertyp ist der beziehungssuchende Stalker.
01:04:23
Einmal solche, die wissen, sie haben noch keine Beziehung zu dem Opfer, diese aber erzwingen wollen.
01:04:28
Und die, die im Liebeswahn sind, wie Thomas aus deinem Fall.
01:04:32
Tätertypen, die nicht so häufig vorkommen, sind noch die sadistisch motivierten TäterInnen, die Spaß daran haben, andere durch ihr Stalking zu quälen, weil sie das sexuell erregt.
01:04:41
Und die, die ihr Opfer bestrafen wollen, weil sie sich ungerecht behandelt fühlen.
01:04:45
Also zum Beispiel von einem Arzt oder einer Ärztin oder einem Richter oder einer Richterin.
01:04:50
Und Lydia hat uns noch von einem Beispiel erzählt, das ganz deutlich macht, in was für einer anderen Welt die TäterInnen oft leben.
01:04:58
Sie hatte nämlich einen Stalker in Therapie, der seine Ex-Partnerin umgebracht hat.
01:05:03
Und er hatte sich diese Frau als Partnerin ausgesucht, weil sie damals noch sehr jung war und er sie gut kontrollieren konnte.
01:05:10
Doch irgendwann wollte die Frau das halt nicht mehr mitmachen.
01:05:13
Und als dann Schluss war, konnte er den Kontrollverlust nicht akzeptieren.
01:05:18
Und in der Therapie erzählte er Lydia dann, dass er damals einen totalen Tunnelblick bekommen hat.
01:05:23
Es ging nur noch darum, wie kann er seine Ex zurückbekommen.
01:05:28
Und der ging dann auch irgendwann nicht mehr arbeiten, weil er nur noch quasi gestalkt hat.
01:05:33
Und das Interessante war aber, dass er in der Therapie erzählt hat, dass er und seine Ex nach der Trennung noch Kontakt hatten.
01:05:40
Das stellte sich aber heraus, wenn er seine Ex hundertmal angerufen hat und beim hundertersten Mal ging sie ans Telefon und sagte dann, dass er damit aufhören soll.
01:05:48
Dann war das für ihn Kommunikation.
01:05:51
Und erst in der Therapie hat er halt begriffen, dass das nicht der Fall war und dass er halt ein Stalker war.
01:05:57
Also im Grunde interpretieren sie die Realität komplett um.
01:06:01
Und wir wollten von Lydia Wenicke wissen, ob denn jedem Stalking eine psychische Erkrankung zugrunde liegt.
01:06:07
Man kann nicht prinzipiell sagen, Stalking bedeutet, die Person ist krank.
01:06:11
Man sieht aber in verschiedenen Untersuchungen, dass etwa in 50 Prozent der Stalking-Fälle Persönlichkeitsstörungen diagnostiziert werden.
01:06:18
Das sind also Besonderheiten im Fühlen, Denken und Handeln, aufgrund derer eine Person vielleicht besonders kränkbar ist oder große Probleme mit Zurückweisung hat und auch mit der Regulation ihrer Gefühle.
01:06:27
Und dann gibt es halt die etwas kleinere Anzahl, die dann wirklich Wahnerkrankungen haben, die dann wirklich eine Realität sehen, die es nicht gibt.
01:06:35
Und diese letzte Tätergruppe, die wirklich wahnhaft ist, die muss dann auch medikamentös behandelt werden.
01:06:41
Das Interessante ist, wenn diese Wahnerkrankten oder also Menschen mit Psychosen, wenn die dann erfolgreich therapiert werden und der Wahn weggeht,
01:06:49
dann erkennen die auch, dass das wirklich nicht okay war und dass es auch nicht real war.
01:06:53
Das Problem ist bei denjenigen, die zum Beispiel aufgrund ihrer Persönlichkeitsstruktur ein Problem haben mit Zurückweisung,
01:06:59
bei denen ist die Gefahr sehr groß, dass sie in zukünftigen Beziehungen, wenn diese Beziehungen wieder scheitern, ähnlich reagieren werden.
01:07:06
Nehmen wir jetzt mal an, du, Paulina, wirst von so einem gestalkt, ja, also von jemandem, der das noch nicht gecheckt hat.
01:07:14
Wir nennen ihn Bruno und den hast du an der Käsetheke im Supermarkt kennengelernt.
01:07:19
Für ihn war es Liebe auf den ersten Blick und weil du ihn vorgelassen hast, war das für ihn auch Code, dass du ihn liebst, ja.
01:07:27
Und ja, seitdem steht er nachts vor deiner Tür, er bombardiert dich mit Nachrichten auf Social Media, er schickt dir Fotos von Käse und von anderen Dingen
01:07:37
und irgendwann reicht es dir und du gehst zur Polizei.
01:07:39
Was passiert dann?
01:07:40
So, du erzählst den BeamtInnen dann erstmal ganz genau, was bisher geschehen ist und erstattest Anzeige.
01:07:47
Und die werden dir dann unter anderem raten, mit dieser Anzeige zum Amtsgericht zu gehen,
01:07:52
damit du eben so eine einstweilige Anordnung beantragen kannst, wie Maria das auch gemacht hat.
01:07:56
Denn viel mehr können sie an der Stelle nicht machen, was jetzt auch den Täter betrifft, weil Bruno hat dich auch noch nicht bedroht zum Beispiel.
01:08:04
Und ja, und deswegen ist das Einzige, was du dann erstmal machen musst, ist nochmal herkommen für eine ausführlichere Vernehmung mit jemandem von der Kriminalpolizei.
01:08:13
Und auch Bruno wird zu so einer Vernehmung geladen, der muss aber nicht kommen.
01:08:17
Ich möchte kurz sagen, dass dieses Beispiel krass konstruiert ist, weil ich niemals jemanden an der Kasse vorlassen würde.
01:08:24
Beim Käse schon gar nicht, aber generell im Supermarkt tue ich immer so, als ob ich die Person hinter mir nicht sehen würde,
01:08:30
auch wenn sie nur eine Limette hat und ich den ganzen Wagen voll ist, ist mir egal.
01:08:33
Oh, das mache ich nicht.
01:08:34
Es sei denn, sie fragt, okay? Aber ich würde es niemals selbst anbieten.
01:08:39
So, und bei meinem Glück ist es jetzt aber so, dass Bruno weiterhin nachts vor meiner Tür steht und ich notiere das jetzt jedes Mal alles brav in mein Stalking-Tagebuch.
01:08:48
Also ich lösche keine Nachrichten, so wie du.
01:08:50
Ich protokolliere alles, so wie es mir die Polizei geraten hat.
01:08:56
Sehr vorbildlich.
01:08:57
An einem Abend lässt er mich dann aber nicht in die Wohnung, weil er sie blockiert.
01:09:01
Und was die Polizei dann machen kann, hat uns Tobi erklärt. Er ist Polizeikommissar aus NRW.
01:09:06
In solchen Fällen bitte wirklich sofort die Polizei über den Notruf verständigen und sich selbst erstmal in Sicherheit bringen.
01:09:11
Wird der Täter also tatsächlich vor Ort angetroffen, wird er auch direkt belehrt und befragt und im Regelfalle wird auch sofort eine sogenannte Gefährderansprache durchgeführt.
01:09:19
Hier wird ihm dann eröffnet, dass seine Handlung eine Straftat darstellen und er jetzt im Blick der Polizei ist.
01:09:24
Ihm wird dann unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass er Paulina in Ruhe lassen soll und welche Folgemaßnahmen ihm drohen, falls er sich eben nicht daran halten sollte.
01:09:32
Das kann zum Beispiel ein sogenannter Platzverweis sein.
01:09:34
Die Person in Gewahrsam zu nehmen, ist auch immer nur unter gewissen Voraussetzungen möglich.
01:09:38
Zum Beispiel bei einer konkreten Gefahr, die von dem Täter ausgeht oder wenn durch ihn schon weitere gewisse Straftaten begangen wurden.
01:09:45
Oder eben auch zur Durchsetzung des Platzverweises.
01:09:48
Allerdings ist das auch natürlich immer nur eine temporäre Maßnahme und die nächste Stufe wäre dann nämlich fast schon eine Festnahme mit anschließender Untersuchungshaft.
01:09:56
Aber das passiert auch eigentlich nur in sehr seltenen Ausnahmefällen.
01:09:59
Da muss man auch realistisch sein und vor allen Dingen als Polizei immer verhältnismäßig agieren.
01:10:04
Außerdem liegt die Entscheidung bei solchen freiheitsentziehenden Maßnahmen auch gar nicht bei der Polizei selbst, sondern bei der Staatsanwaltschaft.
01:10:10
Also diesen aufdringlichen Bruno jetzt mitzunehmen, geht nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen.
01:10:17
Und einige PolizistInnen finden ihren Handlungsspielraum aber zu klein und deswegen fordern sie Nebenstrafen.
01:10:23
Nach dem Motto, wenn man den Stalker nicht einsperren kann, dann muss man ihn irgendwie anders von seiner Nachstellung abhalten.
01:10:29
Zum Beispiel mit einem Führerscheinentzug, wenn er mir jetzt schon öfters hinterhergefahren ist.
01:10:33
Wir haben Tobi noch gefragt, was er von solchen Maßnahmen hält.
01:10:37
Bei allen Forderungen nach zusätzlichen Maßnahmen, wie dann eben dem Entzug der Fahrerlaubnis oder sogar der Beschlagnahme eines Kraftfahrzeugs oder zum Beispiel auch elektronische Aufenthaltsüberwachung oder Ähnlichem, muss natürlich immer die Frage der Verhältnismäßigkeit gestellt werden.
01:10:49
Also jede Strafe muss vorher geprüft und auch genau an den Sachverhalt und den Täter angepasst werden.
01:10:54
Sonst ist sowas manchmal auch gar nicht mehr zielführend.
01:10:56
Aber bei der Frage, ob dieses Repertoire noch erweitert werden könnte, wird die Polizei sich wohl eher weniger dagegen sperren.
01:11:02
Das denke ich zumindest.
01:11:03
In der Hinsicht hat sich aber seit der Einführung des Delikts der Nachstellung auch schon einiges getan.
01:11:08
Früher war es sicherlich noch viel schwerer, für die Polizei in Nachstellungsfällen zu handeln.
01:11:12
Mittlerweile hat sich das Bewusstsein gegenüber diesem Delikt und zum Beispiel auch die Ausbildung der PolizeibeamtInnen bezüglich dessen definitiv schon zum Positiven verändert.
01:11:21
Und solche Delikte werden im Regelfall von der Polizei wirklich ernst genommen.
01:11:25
Und was die Polizei im Rahmen dieses Delikts auch noch machen kann, sind sogenannte Gefährdungsanalysen.
01:11:30
Die werden nämlich gemacht, um einschätzen zu können, wie gefährlich der Täter oder die Täterin ist.
01:11:35
Und wenn dann eben klar ist, sie oder er ist gefährlich, dann können weitere Schutzmaßnahmen ergriffen werden.
01:11:42
Und dazu schauen sich die SachbearbeiterInnen bei der Polizei alle Informationen an, die sie zu dem bestimmten Fall haben.
01:11:50
Oder wenn wir jetzt zum Beispiel wieder an Bruno denken, dann schauen sie, ob es da schon Vorstrafen gab oder was sie für einen Lebenslauf hatte.
01:11:56
Und sie analysieren die Psyche der TäterInnen.
01:12:00
Und bei einer Studie, die vom LKA NRW in Auftrag gegeben wurde, haben einige MitarbeiterInnen angegeben, wie sie das machen.
01:12:08
Also wie sie herausfinden, ob jemand gefährlich ist oder nicht.
01:12:12
Das machen die ja mit so einem staatlich geprüften Instrument, ne?
01:12:16
Ja, das aber ja eigentlich auch jeder hat.
01:12:20
Es ist der Bauch.
01:12:22
Ja, und einer der Mitarbeiter erklärte das so.
01:12:25
Bei uns sind viele Entscheidungen aus dem Bauch heraus.
01:12:28
Das ist ganz einfach Erfahrungssache.
01:12:30
Man hat einen Beschuldigten vor sich sitzen und weiß, ob er ein Arschloch ist.
01:12:35
Dass dort keine PsychologInnen sitzen, das wird kritisiert.
01:12:39
Und fairerweise muss man auch sagen, von vielen der BeamtInnen selbst wird das kritisiert.
01:12:44
Also viele wünschen sich hier auch Hilfe, um die Arschlöcher zu erkennen.
01:12:48
Und bei Bruno kommt jetzt heraus, surprise, er ist so ein Arschloch.
01:12:54
Und dann kann die Polizei zum Beispiel noch zu meinem Schutz jeden Tag eine Streife für 10 Minuten vor meinem Haus patrouillieren lassen oder so, um Bruno abzuschrecken.
01:13:01
Sie können ihm eine elektronische Fußfessel umbinden und mir raten, zu Verwandten oder zu Freunden zu ziehen, damit er mich nicht finden kann.
01:13:09
Das mache ich im Zweifel, aber vorher ja schon selbst, weil ich Angst habe alleine zu Hause.
01:13:14
Und um psychisch mit der Situation besser umgehen zu können, vermitteln sie mich dann noch an Opferschutzorganisationen.
01:13:20
Wenn ich Glück habe, dann wohne ich in Bremen, weil da sitzt die Polizei direkt PsychologInnen auf die TäterInnen an.
01:13:27
Und das seit 2016.
01:13:28
Und viele nehmen die Hilfe auch an.
01:13:31
Und seit der Einführung dieser Maßnahme gab es bei den Fällen, bei denen diese PsychologInnen eingesetzt wurden, auch keine Tötungsdelikte mehr bei den Stalkern.
01:13:40
In Berlin geht das aber zum Beispiel nicht.
01:13:42
Wegen des Datenschutzes.
01:13:44
Also hier ist es so, da müssen sich dann die Stalker alleine Hilfe suchen.
01:13:47
Und das tun sie eher selten, weil sie ja dazu einsehen müssten, dass sie Hilfe brauchen.
01:13:53
Und bei so einem schwerwiegenden Fall wie Bruno ist es sehr unwahrscheinlich.
01:13:58
Also wir sehen, oft sind dann der Polizei auch einfach die Hände gebunden.
01:14:02
Ja, und eine Frau, die genau das nicht mehr akzeptieren wollte, ist Sandra Zegler.
01:14:07
Sie ist ehemalige Kriminalkommissarin und war halt eben so frustriert, weil sie vielen nicht helfen konnte oder sie ablehnen musste, wieder nach Hause schicken musste, dass sie ihren Job an den Nagel gehangen hat und die Organisation SOS Stalking gegründet hat.
01:14:22
Und da arbeitet sie jetzt mit Betroffenen und TäterInnen zusammen.
01:14:25
Dadurch hat sie jetzt das Gefühl, besser unterstützen zu können und muss nicht da Halt machen, wo ihr Einsatzgebiet endet.
01:14:34
Mit ihrer Hilfsorganisation kann sie den Opfern jetzt ganzheitlich helfen und ihnen speziell auf ihre Situation zugeschnittene Hilfestellung leisten.
01:14:42
Sie sagt, eine große Herausforderung ist für die Betroffenen meist schon allein anzuerkennen, dass man überhaupt gestalkt wird.
01:14:48
Es ist aber total wichtig, das ganz schnell zu erkennen, denn je eher man eingreift, desto höher ist die Chance, dass man das chronische Stalking noch verhindern kann.
01:14:57
Oft hoffen die Betroffenen nämlich, dass es von allein wieder aufhört.
01:15:00
Aber das tut es halt in den meisten Fällen nicht.
01:15:03
Und gerade, dass die Definition von Stalking so weitgreifend ist, macht es den Opfern halt auch nicht gerade einfach zu erkennen, wann werde ich jetzt eigentlich gestalkt.
01:15:12
Und in dem Fall liegt das auch daran, sagt sie, dass viele Stalking-Fälle aus gewalttätigen Beziehungen hervorgehen.
01:15:18
Wir sprechen tatsächlich auch bei einer wirklich Vielzahl von Fällen von häuslicher Gewalt im Vorfeld.
01:15:25
Das heißt also, wenn eben Frauen auch aus diesen schwierigen Gewaltbeziehungen kommen, die dann irgendwann beendet werden und dann in Stalking übergehen,
01:15:33
da ist es dann manchmal auch so ein fließender Übergang von einer Gewaltbeziehung in die nächste, in Anführungszeichen, Gewaltbeziehung, die die Frauen ja nicht mehr wollen,
01:15:42
aber die dann eben doch weiterhin stattfindet.
01:15:46
Und das ist dann auch manchmal ein sehr langwieriger Bewusstseinsprozess, bis dann die Betroffenen merken,
01:15:52
irgendwie ist es jetzt hier nicht mehr nur ein Konflikt und wir streiten hier nicht nur und irgendwie ist es jetzt hier nicht mehr nur so eine komische Verliebtheit oder so,
01:16:01
sondern das ist eine Grenzüberschreitung und es ist sogar strafbar.
01:16:04
Das dauert manchmal lange, manchmal bis zu zwei, drei oder fünf Jahren sogar.
01:16:09
Der Strafverteidiger Dr. Alexander Stevens hat uns übrigens erzählt, dass er aus seiner Praxis weiß,
01:16:14
dass viele Opfer ihren ehemaligen Partner oder die ehemalige Partnerin auch verquererweise nicht vor den Kopf stoßen wollen.
01:16:21
Also gerade wenn der Partner oder die Partnerin vorher schon mal straffällig war und beispielsweise auf Bewährung ist,
01:16:26
dann überlegt man sich mehrmals, ob man die Person in deren Verständnis jetzt zum Opfer macht.
01:16:33
Und einige nehmen dann ihre Anzeige auch wieder zurück.
01:16:36
Er meint, was halt in dem Fall wirklich was bringt, ist vor allem Aufklärung zu betreiben,
01:16:39
also dafür zu sorgen, dass Betroffene auch wirklich erkennen, wenn sie gestalkt werden.
01:16:43
Und wir hoffen jetzt natürlich heute auch, dass diese Folge dabei helfen könnte.
01:16:48
Ja, der Großteil der Opfer sind übrigens Frauen.
01:16:51
Von 20.280 Opfern im Jahr 2018 waren es fast 16.500 Frauen und 3.834 Männer.
01:17:00
Allerdings geht zum Beispiel die Opferschutzorganisation Der Weiße Ring davon aus,
01:17:05
dass die Dunkelziffer bei Männern viel höher ist als bei Frauen.
01:17:08
Weil bei ihnen erstens die Scham vielleicht höher ist, Stalking anzuzeigen,
01:17:14
also zu sagen, mich stalkt eine Frau, die mir vielleicht körperlich auch unterlegen ist
01:17:20
und ihnen zweitens vielleicht auch eher nicht geglaubt wird,
01:17:23
beziehungsweise die Taten als nicht so gefährlich eingestuft werden,
01:17:26
weil sie von einer Frau begangen werden.
01:17:30
Aber es ist ja auch so, dass die Übergänge fließend sind von,
01:17:33
ich sag jetzt mal, die Person geht mir richtig auf den Wecker,
01:17:37
über Belästigung bis hin zu Stalking.
01:17:40
Ja, weil das Empfinden ja auch ganz individuell ist von den Opfern.
01:17:45
Von diesen 20.280 Opfern waren etwas mehr als 1.000 unter 18.
01:17:51
Und 346 davon waren sogar unter 14.
01:17:54
Also es ist so, dass auch Kinder gestalkt werden, wobei Kinder auch oft sekundär Opfer sind.
01:18:00
Also wenn das Kind nach einer Scheidung bei der Mutter beispielsweise lebt und diese dann gestalkt wird,
01:18:05
dann wird das Kind quasi mitgestalkt.
01:18:07
Das zählt dann auch dazu.
01:18:09
Und das Problem dabei ist häufig, dass durch ein gemeinsames Sorgerecht der Ex-Partner oder die Ex-Partnerin
01:18:15
noch an viele Informationen kommen kann.
01:18:18
Gerade eben auch durch die Kinder.
01:18:20
Bei Kindern, sagt Sandra Ziegler, ist die Verarbeitung der Situation noch mal schwerer,
01:18:25
weil sie diese Abwehrmechanismen halt noch nicht entwickelt haben, die wir Erwachsenen haben
01:18:29
und die uns helfen, so eine Lage besser einzuordnen.
01:18:32
Übrigens haben unsere Kollegen vom Y-Kollektiv auch eine Reportage gemacht,
01:18:36
wo sie einen Jugendlichen begleitet haben, der gestalkt wurde.
01:18:39
Und das ist Max.
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Max ist 17 zum Zeitpunkt des Stalkings und homosexuell.
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Und er war auf einer schwulen Dating-Plattform angemeldet.
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Und offenbar ist der Stalker da auf ihn aufmerksam geworden.
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Und der Stalker schickte dann einen Trauerkranz in seine Schule,
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outete ihn überall als schwul, hängte Plakate an den Schulzaun
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und macht ihm halt so das Leben zur Hölle.
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Mittlerweile meint man zu wissen, wer dafür verantwortlich ist.
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Ein 31-jähriger Mann soll 2016 mehrere Homosexuelle aus Bremen
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monatelang gestalkt haben und terrorisiert haben.
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Und viele hat er halt auch gegen ihren Willen geoutet.
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Und der Mann hat schon gestanden.
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Und der Prozess begann jetzt Anfang des Jahres.
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Und darin geht es konkret um vier Stalking-Fälle.
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Falls ihr euch den Fall von Max ansehen wollt,
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wir verlinken euch die Reportage in den Shownotes
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und auf unserer Instagram-Seite, Mordlust, der Podcast.
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Ja, und aus dieser Reportage geht auch ganz gut hervor,
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was diese Zeit für Max bedeutet hat
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und was für immense Konsequenzen das auf sein Leben hatte.
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Und auch Sandra Zegler weiß,
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was Betroffene in dieser Zeit des Stalkings durchmachen müssen.
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Das bedeutet erst mal ein ganz großes Ohnmachtsgefühl.
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Sehr häufig fühlen sich die Betroffenen sehr bedroht.
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Selbst wenn der Täter nicht direkt droht, oft tun sie das ja indirekt.
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Also allein die Tatsache zu wissen, dass mir jemand auf den Fersen ist,
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das alleine wirkt schon sehr bedrohlich.
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Und es gibt tatsächlich zwei Forscher, die rausgefunden haben,
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dass Stalking den gleichen Stress verursacht bei den Betroffenen
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wie das Überleben eines Flugzeugabsturzes.
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Und ich glaube, dazu braucht man eigentlich nicht mehr sagen.
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Das spricht für sich.
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Das Einzige, was man noch dazu wissen muss, ist,
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dass Stalking ja ein Dauerdelikt ist.
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Das heißt, die Betroffenen erleben es nicht nur einmal,
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sondern eigentlich immer, immer, immer wieder
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und haben immer wieder dieses hohe Stresslevel.
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Und das macht natürlich wahnsinnig krank.
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Und solchen Menschen, die halt dieses Stalking erleben,
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generelle Tipps zu geben, ist gar nicht so einfach,
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sagt Sandra Zegler.
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Denn was bei einem Stalker helfen kann,
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kann bei einem anderen nur noch mehr Aggressionen auslösen.
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Das kann man auch ganz gut damit vergleichen
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mit dem Anruf des Polizisten in dem Fall von Maria,
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beziehungsweise Nelson.
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Der hatte natürlich auch nicht die Intention,
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dass Nelson dann direkt zur Tat schreit,
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sondern da ging es entweder darum, ihn zu beruhigen
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oder ihm halt klar aufzuzeigen,
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was passiert, wenn er jetzt weitermacht und nicht aufhört.
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Aber Sandra Zegler sagt, was sie immer rät,
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ist, dem Stalker einmal klarzumachen und zu sagen,
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ich will keinen Kontakt mehr.
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Und danach sollte man auch keine Reaktion mehr zeigen.
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Egal, ob die jetzt positiv oder negativ ist,
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für den Täter oder die Täterin ist eine Reaktion,
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eine Beziehung oder eben Kommunikation.
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Und wozu es wirklich niemals kommen sollte,
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ist eine sogenannte letzte Aussprache.
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Denn wenn Stalker vorhaben, ihre Opfer zu töten,
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dann passiert es meistens bei so einer Aussprache.
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Aber dass ein Stalker sein Opfer umbringt,
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kommt tatsächlich nur sehr selten vor.
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Es gibt ja auch eine Serie, die sich mit der Thematik beschäftigt.
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Ihr kennt sie sicher.
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Das ist die Serie You.
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Mit dem doch von vielen Menschen
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als sehr attraktiv wahrgenommenen Stalker Joe Goldberg.
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Viele schwärmen tatsächlich für den, deswegen sage ich das.
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Und die schwärmen auch nicht nur unbedingt für den Schauspieler,
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sondern wirklich für den Charakter Joe Goldberg.
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Und das findet der Schauspieler, der ihn spielt,
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Penn Badgley, hart bedenklich.
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Und deswegen äußert er sich dazu auch fleißig auf Twitter,
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dass er das nicht so witzig findet,
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dass einige Frauen ihn auffordern, sie zu entführen.
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Also er als Schauspieler hat schon Schwierigkeiten,
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das so anzuerkennen,
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dass Menschen seine Figur sympathisch finden.
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Wobei er auch klarstellt,
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das Problem liegt nicht nur bei den ZuschauerInnen.
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Die Serie kreiert ja auch kein typisches Bild eines Serienmörders,
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sondern romantisiert diese Figur Joe Goldberg natürlich ungemein,
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weil sie es aus seiner Sicht erzählt.
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Und Joe sieht sich selbst ja ganz offensichtlich gar nicht so, wie er ist.
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Penn Badgley hofft,
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dass das einen Denkprozess bei den Zusehenden hervorruft.
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In The Late Night Show with Stephen Colbert sagt er,
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die Reaktion auf den Charakter Joe sagt ziemlich viel darüber aus,
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wie sehr wir gewillt sind, einer Person, die aussieht wie ich,
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die dieselbe Hautfarbe hat und dasselbe Geschlecht hat wie ich,
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mit all den einhergehenden Privilegien zu vergeben
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und geduldig mit ihr zu sein.
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Und wie wenig wir bereit sind, das bei Menschen zu tun,
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die wir nicht in diese Schublade stecken können.
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Ja, aber die MacherInnen der Serie wollen natürlich auch,
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dass wir als Zusehende uns mit der Hauptfigur identifizieren,
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weil wir sonst relativ schnell abschalten würden.
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Deswegen hat er jetzt ja auch das Gefühl,
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ein bisschen Aufklärungsarbeit leisten zu müssen
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und zu zeigen, was Joe eigentlich für ein Mensch ist.
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Am Ende eines jeden Live-Auftritts von uns haben wir ja unsere HörerInnen abgefragt.
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Also es gab sozusagen einen kleinen Test,
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beziehungsweise ein Spiel, Team Paulina gegen Team Laura.
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Und in jeder Stadt haben wir uns dann dafür jeder fünf MitspielerInnen ausgesucht.
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Und die haben dann Fragen gestellt bekommen
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und hatten immer 20 Sekunden Zeit, sie zu beantworten.
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Und wer als erster fünf Punkte hatte, war die Siegerin des Abends.
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Ja, und der Punktestand nach vier Auftritten ist jetzt zwei zu zwei.
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Und das können wir natürlich so nicht stehen lassen.
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Und mit wir meine ich eigentlich Paulina, weil mir es egal ist.
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Aber deshalb betteln wir uns jetzt noch einmal in dieser Folge.
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Und ja, Paulina wird mir Fragen stellen und ich werde ihr welche stellen.
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Und wer als erster drei Punkte hat, ist die Siegerin des Mordlust-Quizes 2020.
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Und was macht die Verliererin jetzt eigentlich?
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Haben wir uns schon was ausgedacht?
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Ich habe mir was ausgedacht.
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Du könntest sagen, ob du das okay findest.
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Also, die Verliererin muss für einen Tag die Dienerin der anderen sein.
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Das heißt, Kaffee machen, Frühstück machen, Sachen holen, Sachen tragen, einkaufen.
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Also alles an diesem Tag, worauf man eigentlich dann keinen Bock hätte zu machen.
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Aber tue ich dir dann nicht einen Gefallen, wenn du das einen Tag alles machen darfst.
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Du willst danach nur deine Fernseheinheit bei mir abholen.
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Ja, und ihr da draußen könnt natürlich auch mitraten jetzt.
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Welches Getränk trank der windenden Amokläufer, bevor er sein Elternhaus verließ und sich auf zu seiner alten Schule machte?
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Ich glaube, ich weiß es.
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War es ein bestimmter Kakao?
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Ja, aber ich würde es jetzt gelten lassen, weil ich so großzügig bin.
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Wie heißt der Gerichtshund, der Kindern im Prozess gegen ihre PeinigerInnen zur Seite steht?
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Oh nein, ich weiß das.
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Habe ich mehrere Versuche?
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Hast du denn einen im Kopf?
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Ja, das finde ich.
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Okay, die ist ein bisschen schwerer, aber da kann man logisch mitdenken und dann kann man die erraten, ja.
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In Folge 8 rede ich von Marianne Bachmeier, die Selbstjustiz beging.
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Sie tötete den Mann, der ihre Tochter tötete.
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Und am Anfang dieser Geschichte zitiere ich Pablo Neruda.
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Der Böse soll nicht den Guten töten und nicht der Gute den Bösen.
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Ich bin nur ein Dichter, nichts weiter.
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Aber ich sage euch, ohne jeden Zweifel.
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Was sagt er denn?
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Das weiß ich doch nicht mehr.
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Ohne jeden Zweifel sollte lieber der Gute den Bösen töten.
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Sollte lieber der Gute den Bösen töten, bevor der Böse noch anderes Böses machen kann.
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Genau das sagt er nicht.
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Was hat er gesagt?
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Es gibt keine guten Mörder.
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Das hatte ich ja gesagt, weil wir dann darüber geredet haben, wie dieses subjektive Rechtsempfinden so Einfluss darauf nimmt, wie wir eine Tat beurteilen.
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Ja, das muss ich mir merken.
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So, welche nehme ich denn?
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Wie habe ich den Fall genannt, in dem ich von Stefan M. erzähle, der erst seine Familie und dann sich selbst getötet hat?
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Ich weiß ja, welcher Fall das war.
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Aber wie hast du den denn genannt?
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Das Ding ist, Laura weiß ganz genau, dass ich so...
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Doch, ein verfuschtes Leben.
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Verfuschtes Leben.
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Welche Diagnose bekam der Parkplatzmörder aus Folge 11?
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Also der Mann von Engelchen, die bis zu seiner Verhaftung nichts von seinem Doppelleben als Mörder gewusst hatte.
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Welche Diagnose?
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Weiß ich doch nicht.
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Also kam er in die forensische Psychiatrie?
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Entschuldigung, vor seiner Verhaftung.
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Er bekam eine Diagnose, bevor das alles rauskam.
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War das wichtig für den Fall, was er für eine...
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Jetzt soll ich dir einen Tipp geben, oder was?
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Hatte der vielleicht Krebs?
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Also Prostatakrebs?
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Er war HIV-positiv.
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Das war doch wichtig, weil sie halt ja keinen Sex mehr haben konnten und weil er sich ja offenbar auf dem schwulen Strich rumtrieb.
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Es steht also immer noch 2-1.
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Gut, dann packe ich jetzt meine schweren Fragen aus.
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Was sagt man in München-Gladbach-Stadt, Hellau oder Alarv?
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Oh, du bist ja fies, ey.
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Das weiß ich nicht.
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Das wirst du jetzt für immer wissen, so ein unnützes Wissen.
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Na toll, dann nehme ich jetzt auch lieber die schwerere Frage vorweg.
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Bei welchem Format interviewt Amanda Knox, die damals enge mit den Eisaugen von der Presse getauft wurde, andere Frauen, die medial schlecht gemacht wurden?
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Ich weiß nicht, wie das Format heißt.
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Du hast nur auch gesagt, dass sie auf irgendeiner Couch sitzt dabei, aber...
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Und irgendwas mit Stars vielleicht?
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Das Scarlet Letter Reports.
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Das könntest du wissen.
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Wie viele Exorzismen musste Anneliese Michel über sich ergehen lassen, bis sie schließlich starb?
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Nee, waren schon mehr.
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Was notierte Debbie Milkey auf einem Zettel, als das Gericht sein Urteil über sie sprach?
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Ich weiß zwar nicht mehr wofür, aber T.
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Du weißt nicht mehr wofür?
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Oder D für Death Penalty.
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Das ist eine fiese Frage, das sehe ich schon an deinem ekligen Grinsen.
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Mit welcher Waffe stand der Weihnachtsmann-Täter aus unserer Weihnachtsfolge vor der Tür der Opferfamilie?
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Was heißt das mit welcher Waffe?
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Ja, was hatte der dabei?
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Einen Flammenwerfer.
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Paulina hat gewonnen!
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Weißt du, was Arthur Spooner von King of Queens sagen würde?
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Ich beschreibe Paulinas Ausdruck.
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Sie ist sehr glücklich.
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Aber wenn ihr da draußen jetzt keine davon erraten konntet, dann empfehlen wir bis zum nächsten Live-Podcast, alle Folgen noch einmal oder fünfmal zu hören.
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Aber ihr könnt auch trainieren. Bei uns bei Instagram wird es nämlich die nächsten Tage noch weitere Quizfragen geben.
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Die könnt ihr dann in den Storys versuchen zu beantworten.
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Dann verneigen wir uns jetzt vor euch.
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So wie mein Vater in Berlin.
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Den hatten wir nämlich kurz erwähnt und mit eingebaut.
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Ich hätte ihn darum gebeten, nicht während des Live-Podcasts aufzustehen und zu gehen.
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Das hat er ja mal gemacht, als wir bei Shutter Island im Kino waren.
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Und mir war klar, dass mein Vater irgendwas machen wird, wenn man ihn anspricht.
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Aber, dass das jetzt passiert, was passiert ist, haben wir jetzt auch nicht mit gerechnet.
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Er ist aufgestanden und hat sich, ja, verbeugt und sich richtig feiern lassen.
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Das ist so geil.
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Hallo, ich bin ein Mann mit einer relativ geringen Geduldsschnur und dafür heimse ich jetzt mal einen fetten Applaus ein.
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Aber er hat sich sehr darüber gefreut.
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Ihr müsst kein FOMO haben. Wir hören uns wieder am nächsten Krimmitwoch, dem 18. März.
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Das war ein Podcast von FUNK.