00:00:00
hast du eigentlich schon mal die polizei gerufen ja mindestens einmal warum ich wurde einmal zeugin
00:00:20
einer schweren körperverletzung ein freund und ich haben von der gegenüberliegenden straßenseite
00:00:25
gesehen wie zwei schränke schmächtigen bekannten von uns wirklich umgenietet haben also ganz gezielt
00:00:34
zu boden gebracht haben gegen den kopf getreten zwei oder dreimal und der war ganz schlimm verletzt
00:00:41
der war auch nicht ansprechbar danach und ich sagte das ging so schnell dass niemand also keiner
00:00:47
von uns hätte reagieren können das waren drei sekunden oder so und warum hatten die den überhaupt
00:00:52
angegriffen also angeblich war es so dass er die freundin von dem einen angebaggert hat im club und
00:01:00
er kannte die clubbesitzer und die türsteher und hat sich da wohl so ein bisschen in sicherheit gewogen
00:01:05
und dann haben die halt gewartet bis da rausgegangen ist und dann haben die es ganz schnell gemacht da
00:01:11
muss ich auch vor gericht aussagen und also die polizei gerufen hast wie lange hat das dann gedauert
00:01:16
bis sie gekommen sind das weiß ich nicht mehr ich war nämlich ein wenig alkoholisiert aber es hat nicht
00:01:23
okay okay ich glaube ich habe in meinem leben erst einmal die polizei gerufen und zwar war ich da in
00:01:30
berlin weil gegenüber von meiner wohnung ein möchte gern pavorotti auch nach 22 uhr nicht aufhören wollte
00:01:38
zu singen und zwar wirklich so wo ich war weil er wirklich gedacht hat glaube ich dass er ein opernsänger
00:01:44
ist okay also es war diese diese art von musik
00:01:47
und das beängstigende an der geschichte war dass ich erst mal zwei minuten in der warteschleife hängen
00:01:56
ja wenn leute mit solchen notfällen da anrufen wie du einen hattest dann ist das auch kein wunder dass man zwei minuten in der warteschleife hängt
00:02:05
okay gut aber eine ruhestörung ist ja nicht umsonst eine ordnungswidrigkeit ja
00:02:11
naja auf jeden fall habe ich mir gedacht krass wenn man da anruft ist man erst mal zwei minuten in der warteschleife auch wenn man einen richtigen notfall hätte
00:02:21
ja und als dann schließlich doch irgendwann ein beamter ranging und ich ihm dann eben von dieser ruhestörung erzählte
00:02:28
habe ich natürlich auch bemerkt wie kleinlich das ist wenn man das dann mal ausspricht
00:02:33
und musste dann auch so ein bisschen lachen
00:02:35
und dann als der
00:02:38
beamte der hat dann auch durchs telefon diesen gesang gehört und musste halt auch voll lachen
00:02:43
und dann meinte er so
00:02:45
also wir haben heute so viele ruhestörungen bis wir es zu ihnen schaffen hat er bestimmt schon aufgehört
00:02:54
jedes mal die polizei rufen würde wenn ich in meiner wohnung singe dann hätte die berliner polizei nichts anderes zu tun
00:03:02
und würde gar nicht anders 110 telefon gehen
00:03:06
aber du bist halt auch nicht so ein pavarotti weißt du
00:03:09
wenn du wirst es
00:03:11
und damit herzlich willkommen zu modlust einem true crime podcast von funk von ard und zdf wir reden hier über wahre verbrechen und ihre hintergründe mein name ist paulina kraser
00:03:22
und ich bin laura wohlers in jeder folge beleuchten wir ein spezielles thema dazu erzählen wir zwei wahre kriminalfälle nach diskutieren die und sprechen auch mit expertinnen darüber
00:03:31
wir reden hier manchmal auch ein bisschen lockerer miteinander das hat aber nichts mit einer fehlenden ernsthaftigkeit zu tun
00:03:36
das ist für uns so eine art comic relief damit wir zwischendurch auch mal durchatmen können das ist aber natürlich nie
00:03:41
despektierlich gemeint
00:03:43
heute geht es bei uns um fälle in denen polizistinnen eine rolle spielen
00:03:47
wir gehen diesmal gleich zur sache und ich erzähle dir jetzt von einem fall der zeigt dass die vermeintlich gefährlichere waffe einen nicht in sicherheit wegen lässt
00:03:57
einige namen habe ich geändert
00:03:59
es ist der 28 juni 2013 als hans joachim an einem leicht bewölkten tag morgens vor dem neptun brunnen in berlin steht
00:04:08
direkt neben dem fernsehturm am alexanderplatz sitzt der bärtige neptun auf einer muschel und lässt sich von schlangen und krokodilen mit wasser bespeien
00:04:17
ihm zu den füßen sitzen vier frauen mit nackter brust am beckenrand während der meeresgott seinen dreizeig über die linke schulter geworfen in richtung rotes rathaus guckt
00:04:27
die meisten die an dem brunnen vorbeigehen schauen sich die skulpturen in hellgruner patina nicht an das liegt meiner meinung nach auch an dem platz an dem er steht dort lädt nämlich nicht so viel zum verweilen ein
00:04:39
es sei denn man ist jugendlich und hat tagsüber nicht so viel zu tun außer mit gleichaltrigen irgendwo rumzuhängen
00:04:45
an diesem tag aber wird der brunnen zum schauplatz einer szene auf die alle anwesenden augenpaare gerichtet sind
00:04:52
hans joachim ein mann der gerade zufällig auf dem platz steht beobachtet wie mehrere polizeibeamtinnen mit einer person reden
00:04:59
die person mit der sie reden kann er nicht sehen weil sie von seiner perspektive aus vom gott der meere verdeckt wird
00:05:06
nun ist es nicht selten ist dass die polizei zum alex gerufen wird und sich mal den einen oder die andere vornimmt
00:05:13
der alexanderplatz gilt zu dieser zeit nicht gerade als sicher immer wieder gibt es hier fälle von körperverletzungen und drogenhandel
00:05:20
hans joachim erkennt an dieser situation also erstmal nichts ungewöhnliches der ton ist nicht laut oder aggressiv es wird nicht
00:05:27
geschrien sondern sich normal unterhalten doch dann passiert etwas womit hans joachim nicht gerechnet hat
00:05:33
urplötzlich taucht die person mit der die polizistinnen reden hinter der statue auf es ist ein mann er ist nackt
00:05:41
und wie hans joachim später vor fernsehkameras sagen wird blut überströmt und er hält ein messer in der hand
00:05:48
als kinder geben sich frederick und sein zwei jahre älterer bruder dennis den halt den sie zu hause manchmal nicht bekommen können
00:05:57
mit ihren eltern leben sie gemeinsam einige jahre in berlin dann aber kommt die scheidung
00:06:02
den vater sehen die brüder nicht mehr so oft und die mutter geht viel arbeiten
00:06:06
deswegen beschäftigen sich frederick und dennis viel miteinander
00:06:09
neue männer kommen in das leben der mutter sie zieht mit den jungs nach bremen weg aus berlin
00:06:15
aber für frederick steht der umzug nicht für einen neuanfang
00:06:19
in der neuen stadt hat er probleme anschluss in der schule zu finden
00:06:22
den neuen freund der mutter kann er auch nicht leiden
00:06:25
als dennis 18 wird sieht er aus frederick ist noch zu jung dafür
00:06:29
und bleibt noch einige zeit in der misslichen wohnsituation mit seiner mutter bis auch er auf eigenen beinen stehen kann
00:06:35
frederick macht sein abitur will bwl studieren lernt eine junge frau kennen und verliebt sich
00:06:41
aber die beziehung der beiden ist nicht von dauer frederick trennt sich nachdem seine freundin ihn betrügt
00:06:47
nach der gescheiterten liebesbeziehung verändert sich etwas in fredericks verhalten
00:06:51
er erzählt seinem bruder dass er stimmen hört
00:06:54
spricht davon ein auserwählter zu sein
00:06:57
er wird auffällig geht noch dazu eine beziehung mit der mutter seiner ex freundin ein
00:07:02
nach und nach wendet sich sein umfeld von ihm ab
00:07:06
seine mutter hat irgendwann sorge dass frederick auch eine gefahr für andere menschen sein könnte
00:07:10
so wie er sich verhält
00:07:11
das ist im jahr 2009
00:07:13
sie meldet ihren sohn bei der polizei die weist ihn ein frederick hat eine paranoide psychose
00:07:20
heißt er nimmt die realität völlig anders auf als andere interpretiert sie um verfolgungswahn
00:07:27
halluzinationen und eben stimmen hören obwohl niemand mit einem spricht das sind ja so typische dinge die da mit einher gehen
00:07:34
es kann sein dass frederick eine genetische veranlagung dazu hat eine bestimmte genetische disposition erhöht nämlich die wahrscheinlichkeit dass man psychisch erkrankt
00:07:42
genetische faktoren spielen vor allem bei der entwicklung von schizophrenen erkrankungen und dazu zählt nämlich auch diese paranoide psychose
00:07:50
fredericks vater neigt auch dazu vielleicht hat aber auch sein drogenkonsum bei ihm etwas durcheinander gebracht
00:07:57
vielleicht war es beides
00:07:59
nach der therapie schließt frederick sein bwl studium ab zieht nach berlin wo auch sein bruder dennis und ihr vater leben
00:08:05
hier wohnt er in einer kleinen ein zimmer wohnung im sechsten stock eines hauses in weißen see
00:08:10
dort ist man eher anonym
00:08:12
nur einmal wird frederick laut und wird im wohnhaus auffällig er randaliert im treppenhaus
00:08:17
ein nachbar der ihn dabei erwischt weiß gar nicht dass der 31 jährige überhaupt hier wohnt
00:08:22
zwischen den beiden eskaliert ein streit frederick geht auf seinen nachbarn los dieser erstattet später anzeige
00:08:29
in dieser zeit ist frederick oft aggressiv das bestätigt später die staatsanwaltschaft und sein vater
00:08:35
zu der mutter hat er in der zeit wenig kontakt der streit zwischen den nachbarn passiert einen tag bevor frederick
00:08:42
in den neptun brunnen am alex steigt
00:08:44
um ca halb zehn informiert jemand wegen der nackten person im brunnen den wachschutz vom roten rathaus das liegt nicht weit entfernt
00:08:52
der mann der dort gerade im dienst ist meldet sich bei der polizei und macht sich dann selbst auf den weg zum neptun brunnen
00:08:58
in dem frederick immer noch bis zu den waden im wasser steht
00:09:01
frederick schwaffelt zeug was keinen sinn ergibt
00:09:04
ich bin der messias sagt er und ritzt sich währenddessen mit einer langen klinge in die haut
00:09:09
polizisten polizistinnen und rettungssanitäter treffen ein und versammeln sich um den brunnen
00:09:15
aber nicht nur sie
00:09:16
auch einige schaulustige und passant innen sind inzwischen auf die szene aufmerksam geworden
00:09:21
darunter auch hans joachim der von seiner position erst mal nur die polizistinnen sieht
00:09:26
einer der herumstehenden holt sein handy raus und filmt
00:09:29
ein beamter nähert sich frederick und steigt zu ihm in den brunnen
00:09:33
er redet auf ihn ein frederick aber lässt sich nicht auf ein gespräch ein
00:09:37
er reagiert gar nicht
00:09:39
der beamte steigt wieder aus dem brunnen
00:09:41
dafür versucht es jetzt ein anderer und geht im wasser ein paar schritte auf den nackten frederick zu
00:09:46
jetzt ist seine aufmerksamkeit sehr wohl geweckt
00:09:50
frederick sieht ihn an bewegt sich auf den polizisten zu
00:09:53
jetzt erkennt auch hans joachim mit wem die polizistinnen die ganze zeit geredet haben
00:09:58
frederick tritt hinter der statue hervor
00:10:00
aus einem anderen winkel fängt die handykamera ein was jetzt passiert
00:10:04
als frederick auf den polizisten zugeht das messer immer noch in der hand
00:10:09
schreit der beamte
00:10:12
währenddessen macht er ein paar schritte rückwärts in richtung brunnenrand
00:10:16
dabei hat er die waffe auf frederick gerichtet
00:10:18
dieser läuft weiter auf den polizisten zu dann hört man einen schuss er trifft frederick in den
00:10:24
oberkörper der polizist springt aus den brunnen der nackte bleibt stehen torke dann ein paar
00:10:30
schritte zurück und fällt um dann eilen mehrere polizistinnen und polizisten zu frederick die kamera
00:10:36
zeigt zwar nicht in den brunnen aber man erkennt auch aus einiger distanz wie er strampelt und sich gegen die
00:10:42
beamtinnen wehrt
00:10:43
dann wird er von ihnen an händen und füßen gepackt hochgehoben und in einer ausgestreckten position aus dem brunnen getragen
00:10:50
seine klamotten liegen neben dem brunnen turnschuhe jeans mit gürtel und ein rotweiß
00:10:57
frederick stirbt sie können ihn nicht mehr retten
00:11:00
die todesursache war der schuss durch die lunge nicht die verletzung die er sich selbst zugefügt hatte
00:11:05
die waren zwar tief aber halt nicht lebensgefährlich
00:11:09
bei der obduktion kommt heraus dass er zum zeitpunkt des todes unter drogen stand
00:11:13
sein bruder dennis hatte die meldung dass ein nackter im neptun brunnen von einem polizisten erschossen wurde
00:11:19
irgendwo auf einem bildschirm gesehen
00:11:21
niemals hätte er gedacht dass der nackte sein bruder frederick ist
00:11:26
als sein vater ihn anruft und dennis sagt was passiert ist guckt er im internet nach weiteren meldungen
00:11:31
er findet das video das der passant gemacht hat
00:11:34
klickt drauf sieht wie sein bruder erschossen wird
00:11:39
dennis hat fragen und die möchte er mithilfe eines anwalts klären
00:11:42
gegen den schützen wurde bereits ein ermittlungsverfahren wegen totschlags eingeleitet
00:11:46
von dem erhofft sich dennis eine antwort darauf warum der polizist zu frederick in den brunnen gestiegen ist
00:11:52
und so den abstand zu ihm verringert hat
00:11:54
oder warum man nicht auf den sozialpsychiatrischen dienst gewartet hat der im umgang mit menschen in solchen ausnahmesituationen geschult ist
00:12:01
dennis fragt sich ob frederick dann vielleicht noch leben würde
00:12:05
jetzt ist er tot und dennis versteht nicht wieso
00:12:08
die polizei lässt relativ schnell nach dem vorfall verlauten dass es sich höchstwahrscheinlich um eine notwehrsituation gehandelt habe
00:12:16
auf diesem video kann man nur hören was der polizist laut und deutlich ruft also was vorher an unterhaltung stattgefunden hat das wissen wir nicht
00:12:24
aber man hört messer weg und das zweimal
00:12:28
einen schuss hätte er eigentlich ankündigen müssen also hätte er statt messer weg messer weg
00:12:34
messer weg oder ich schieße geschrien
00:12:36
dann wäre die kritik an dem einsatz sicherlich nicht ganz so schwer ausgefallen
00:12:40
polizistinnen dürfen nämlich laut landespolizeigesetz präventiv schießen
00:12:44
wenn gefahr für leib leben oder gesundheit ihrer person besteht
00:12:48
allerdings muss eine sogenannte zwangsanwendung grundsätzlich angekündigt werden
00:12:52
entweder halt indem man unmissverständlich androht gleich zu schießen
00:12:56
oder mithilfe eines warnschusses
00:12:58
davon kann aber abgesehen werden
00:13:01
das zwangmittel kann sofort angewendet werden
00:13:04
wenn es die umstände halt nicht anders zulassen
00:13:06
und das ist zwar in einigen bundesländern unterschiedlich
00:13:09
aber ein polizist oder eine polizistin muss auch nicht in jedem fall auf die beine schießen
00:13:14
wenn polizistinnen in so einer situation unter adrenalin stehen
00:13:18
und jemand auf sie zuläuft
00:13:20
wie wahrscheinlich ist es dann
00:13:22
dass man zielsicher die sich bewegenden beine eines menschen trifft
00:13:26
der zudem auch noch ein messer in der hand hat und einen bedroht
00:13:29
also ich könnte sicherlich nicht sagen dass ich mir das zutrauen würde
00:13:33
und bei vielen polizistinnen ist das ähnlich
00:13:37
der beamte auf den frederick geschossen hat hat angegeben
00:13:40
dass er sich bedroht gefühlt hat
00:13:42
er hatte keine ahnung wie frederick reagieren würde
00:13:44
oder was er überhaupt vor hatte
00:13:47
in den brunnen gestiegen sei er weil er frederick beruhigen wollte
00:13:50
und natürlich stellt sich hier auch die frage
00:13:53
ob man der polizei jetzt diesbezüglich einen vorwurf machen kann
00:13:56
hätten denn neun beamtinnen dabei zusehen sollen
00:13:59
wie sich ein verwirrter nackter mann selbst verletzt
00:14:03
bernd kriegoleit ist professor für einsatzlehre an der hochschule für wirtschaft und recht in berlin und bildet angehende polizistinnen und polizisten aus
00:14:11
er sagt die bewegungsabläufe in solchen situationen wie einem messerangriff werden so schnell dass es kaum möglich ist den angreifer gezählt in den oberschenkel oder in den arm oder so zu schießen
00:14:22
ich glaube da schätzen viele außenstehende falsch ein da schießt man einfach um lebend aus dieser situation herauszukommen
00:14:30
er gibt auch zu bedenken dass einsatzkräfte unterschiedlich schreckhaft sind und in solchen situationen unter enormem stress stehen
00:14:36
den man so gar nicht üben kann
00:14:38
bodo falzgraf vorsitzender der deutschen polizeigewerkschaft sagte dazu im rbb inforadio
00:14:44
kein polizist mache es sich leicht auf einen anderen menschen zu schießen
00:14:49
wenn am ende jemand mit der waffe auf einen losgeht dann ist auch das staatliche gewaltmonopol gefragt
00:14:55
weil man nicht alle konflikte dieser welt sprachlich lösen kann
00:14:58
also wir wissen ja die polizei muss in vielen fällen auch mal gewalt ausüben um ihre aufgaben erfüllen zu können
00:15:05
trotzdem sind viele der meinung dass man den schuss hätte vermeiden können
00:15:09
ich habe auch mit dem strafverteidiger hubert reiling gesprochen der damals dennis vertreten hat
00:15:15
und er hat mir gesagt frederick greift den polizisten auf diesem video nicht an er geht auf ihn zu
00:15:21
was danach passiert wäre das wissen wir nicht
00:15:24
antworten auf seine fragen wird denn das wohl nie bekommen
00:15:28
die staatsanwaltschaft erhebt keine anklage weil sie nach ihren ermittlungen zu der auffassung gekommen ist
00:15:33
dass der polizist rechtmäßig gehandelt hat
00:15:35
denn es hätte einen prozess gewollt auch wenn dann rausgekommen wäre dass alles richtig abgelaufen ist
00:15:40
das hätte er akzeptiert denn es ist selbst jurist
00:15:44
aber er hat das gefühl dass der schütze vom system geschützt wurde
00:15:47
und deswegen legen er und sein anwalt beschwerde ein die scheitert aber
00:15:52
das erinnert mich voll an meinen an den fall den ich in folge 13 erzählt habe auch jetzt dass es halt nie zu antworten gekommen ist für die familie weil es da letztendlich ja auch nie zu einem verfahren gekommen ist
00:16:05
die fälle ähneln sich in einigen sachen unter anderem waren ja beide psychisch erkrankt
00:16:13
ja aber bei tennessee hatten die polizisten ja viel häufiger geschossen und ihn ja auch insgesamt zwölf mal getroffen bevor er dann zusammengebrochen ist
00:16:24
es gibt eine vermutung woran das liegt weil sie bei tennessee möglicherweise
00:16:29
munition benutzt haben die sie nicht mehr hätten benutzen dürfen und zwar heißt das fand ich nämlich eigentlich ganz interessant bei der recherche das heißt vollmantel munition
00:16:39
und wenn diese art von kugel kein knochen trifft ne dann ist der einfluss relativ gering weil sie keine sogenannte hohe mannstopp wirkung hat
00:16:48
also die schießt quasi durch und richtet gar nicht so einen großen schaden an
00:16:53
und übrigens warum die das auch nicht mehr benutzen durften ist nicht nur weil man dann vielleicht auch so oft ziehen musste
00:16:59
sondern weil die munition meistens durchschlägt und dann halt auch die menschen dahinter treffen kann
00:17:04
und deswegen benutzt man heute eigentlich ein hohlspitzgeschoss weil das pilzt auf nach dem eintritt in das objekt
00:17:12
also die bleibt dann auch im menschen stecken und richtet dann aber einen großen schaden an
00:17:17
okay und noch eine frage also der hat ihm ja in den oberkörper geschossen und die lunge getroffen ja
00:17:23
wie viele meter waren dann zwischen denen ungefähr kann man das sagen
00:17:28
oh das ist aus dieser videoperspektive natürlich schlecht auszumachen
00:17:33
sieht aber echt aus als wäre das nicht mal ein meter maximal eineinhalb meter wenn überhaupt
00:17:40
okay also wenn man als polizist jemandem in den oberkörper schießt dann nimmt man ja auf jeden fall den tod des menschen in kauf
00:17:49
weil unwahrscheinlich ist es dann ja nicht das mit den beinen habe ich eben schon verstanden wenn jemand sich bewegt
00:17:57
und schnell und schnell und so dass ich dann mich vielleicht eventuell auch nicht imstande sehe dann die beine zu treffen in der in dieser
00:18:04
hitzigen situation ja aber
00:18:07
mittig auf den oberkörper zu schießen von so einer kurzen distanz da bin ich natürlich wieder mal als laie hier
00:18:14
und rede hier aber das kommt mir auch schon wieder so unverhältnismäßig vor
00:18:21
aber es gibt ja nicht so viel andere bereiche im körper auf die man schießen kann
00:18:25
nee aber schulter zum beispiel hätte er schießen können
00:18:28
ich weiß nicht ob du ich meine dieser mann bewegt sich ja auch wenn er auf dich zugeht
00:18:33
und ich ehrlich gesagt ich weiß nicht inwiefern du da in der lage bist so genau gezielt zu schießen
00:18:40
ich meine das war ja kein präzisionsschütze sondern streifenpolizist oder was weiß ich
00:18:45
also ich hoffe streifenpolizist sind auch imstande aus eineinhalb metern entfernung zu zielen
00:18:51
aber ich habe noch eine andere frage du hast ja dieses video gesehen
00:18:56
sieht man da drauf wie frederick sich bewegt sind seine bewegungen irgendwie wirr
00:19:01
er bewegt sich nicht wirr aber er bewegt sich sehr schnell
00:19:04
ach so es ist sehr sehr schnell also diese video sequenz ist nicht lang und ich glaube das ist eben was viele auch unterschätzen
00:19:12
dieser mann geht rein bewegt sich auf frederick zu frederick sieht ihn an und läuft auf ihn zu und das sind halt eben nur ein paar sekunden gewesen
00:19:21
okay weil bei tennessee ich habe das irgendwie immer ein bisschen damit verglichen war das ja sehr langsam
00:19:25
also das war hier definitiv nicht der fall also kann man hier den ablauf jetzt nicht so wirklich vergleichen
00:19:32
frederick starb 2013 und in dem jahr wurden acht menschen in deutschland durch polizistinnen erschossen
00:19:39
das entspricht auch so zucker dem durchschnitt der letzten jahre und generell ist das ein niedriges niveau
00:19:45
aber unter diesen fällen finden sich halt immer wieder welche in denen sowohl die polizei als auch psychisch kranke
00:19:53
die hilfe brauchen
00:19:54
der sozialpsychiater asmus finsten geht in einem interview mit der taz davon aus dass 70 prozent der durch polizei getöteten psychisch krank sind
00:20:03
2009 wurde in olsdorf ein 38 jähriger erschossen
00:20:07
nachdem er in seiner wohnung randalierte und die nachbarn daraufhin die polizei riefen
00:20:11
2012 verletzten zwei polizisten einen mann in berlin-weddingen lebensgefährlich nachdem er mit einem messer und einer axt bewaffnet durch die stadt gelaufen war
00:20:20
und erst anfang dieses jahres starb maria b in berlin friedrichshain nachdem sie erst ihren mitbewohner und dann einen polizisten mit einem messer bedroht hatte
00:20:28
bei all diesen fällen waren die getöteten psychisch krank oder in einer psychischen ausnahmesituation
00:20:34
und oft wurde versäumt den sozialpsychiatrischen dienst oder das sek zu rufen
00:20:39
in den letzten jahren gab es also einige vorfälle in den auseinandersetzungen von psychisch erkrankten mit der polizei eskalierten
00:20:46
und oft wurde danach die verhältnismäßigkeit der einsätze hinterfragt
00:20:50
viele reden hier von unnötiger polizeigewalt
00:20:53
immer wieder hieß es dann hätte man es denn nicht auch ohne einen schuss lösen können
00:20:57
und bei den fällen die ich eben oben genannt habe
00:21:00
haben sich die erkrankten menschen bewaffnet weil sie offenbar davon ausgingen bedroht zu werden
00:21:05
und sie taten es mit einem messer wie in den meisten fällen die dann medial
00:21:10
so aufkochten und so war es eben auch bei tennessee eisenberg aus folge 13 der ja mit zwölf schüssen getötet wurde
00:21:17
wovon ihnen sieben in den rücken trafen
00:21:20
auch er hatte ein messer in der hand
00:21:22
und wahrscheinlich liegt genau da der knackpunkt warum diese fälle immer so kontrovers diskutiert werden
00:21:28
nachdem wir die folge damals mit tennessee veröffentlicht hatten
00:21:31
hat uns ein polizist geschrieben
00:21:33
und er schrieb ein messer angreifer ist in einem nah kampf nicht zu entwaffnen
00:21:39
punkt bei einem messer kampf gibt es immer zwei verletzte keiner kommt da unverletzt raus
00:21:45
er selbst sagt er versucht natürlich immer nach dem grundsatz der verhältnismäßigkeit
00:21:50
gebotenheit und geeignetheit zu handeln aber er stellt seine gesundheit immer über die des gegenübers
00:21:56
und bei einem messer angriff würde es eben nur zwei möglichkeiten geben
00:22:00
weg rennen oder einsatz der schusswaffe
00:22:03
und wenn man nicht schießt muss man die lage statisch halten
00:22:06
die sicherheit von anderen muss gewährleistet sein
00:22:09
und man sollte das sek anfordern
00:22:11
das hat nämlich das nötige equipment unbewaffnete täter in unschädlich zu machen
00:22:15
also die sind dafür extra ausgebildet
00:22:17
nun wurde bei dem fall von frederick aber eben nicht das sek oder der sozialpsychiatrische dienst gerufen
00:22:23
der auf psychische notfälle spezialisiert ist was sie schon hätten tun sollen
00:22:28
in der zeit hätten sie frederick auch versuchen können auf distanz zu halten
00:22:32
und das soll hier laut polizei aber nicht funktioniert haben
00:22:35
weil der polizist durch den bettenrand die distanz eben nicht halten konnte
00:22:39
also sie meinen da war eben diese hürde und deswegen konnte er nicht weiter weg
00:22:44
nun war die kritik aber auch nicht warum konnte er denn die distanz nicht halten
00:22:48
nachdem er in den brunnen gestiegen ist
00:22:49
sondern warum ist er denn überhaupt in den brunnen gestiegen
00:22:52
und manche stellten sich auch noch die frage
00:22:54
ob er wirklich nicht hätte herausspringen können
00:22:56
nachdem frederick auf ihn zuging
00:22:59
mein informant hat mir übrigens erzählt dass in seiner ausbildung das video aus dem neptunbrunnen
00:23:04
gezeigt wurde um zu analysieren was man hätte anders machen sollen
00:23:08
also in einigen polizeikreisen soll das vorgehen auch als fragwürdig angesehen werden
00:23:15
er persönlich könne nicht sagen was den kollegen in dem moment da geritten hat
00:23:21
weil polizistinnen aber immer wieder in solche situationen kommen wurde von vielen stellen gefordert
00:23:27
dass in der ausbildung mehr auf den umgang mit psychisch erkrankten eingegangen wird
00:23:31
mit ihnen muss man anders umgehen als mit den verbrecher in die sie aus dem alltag so kennen
00:23:37
sie haben andere bedürfnisse und angst und verfallen erst recht in panik
00:23:41
wenn man sie dann auch noch auffordert ihre waffe abzulegen
00:23:44
wenn polizei und psychisch kranke randalierer sage ich jetzt mal
00:23:48
oder halt menschen in so einer ausnahmesituation aufeinander treffen
00:23:51
dann prallen welten aufeinander
00:23:53
und die polizei ist eben gar nicht dafür ausgebildet so eine lage zu deeskalieren
00:23:58
und deswegen sollen polizistinnen sensibilisiert werden
00:24:02
in solchen fällen eben das ist ik oder den sozialpsychiatrischen dienst zu rufen
00:24:06
wenn es denn möglich ist
00:24:08
und ja wir wissen dass die manchmal zeit zum anrücken brauchen
00:24:12
die die polizei in einigen fällen nicht hat
00:24:14
aber das ist ja generell kein grund sie dann nicht zu rufen
00:24:18
in vorbereitung auf diese folge habe ich auch mit einem polizisten gesprochen
00:24:23
er arbeitet in rheinland-pfalz und hat mir erzählt
00:24:26
dass als reaktion auf diese gehäuften fälle mit tödlichem ausgang für psychisch kranke
00:24:32
schulungen einberufen wurden
00:24:34
und in denen wird halt eben gelehrt wie man mit solchen menschen umgeht
00:24:38
und außerdem haben polizistinnen ja auch in ihrem studium das fach psychologie
00:24:42
wo es ja auch darum geht die verhaltensweisen in solchen notsituationen zu verstehen
00:24:48
wir reden jetzt hier gar nicht nur über den schutz der erschossenen
00:24:54
sondern das ist ja auch für die polizistinnen selbst total wichtig
00:24:57
denn die müssen ja nachher mit dieser konsequenz leben
00:25:00
die sie ja gar nicht gerne selbst herbeigerufen haben
00:25:03
sondern in die sie dann halt einfach reingeraten sind in dieser eskalationslage
00:25:08
und ich glaube natürlich dass keiner leichtfertig irgendwie auf einem menschen schießt
00:25:12
und meistens bauen sich diese situation ja auch total schnell auf
00:25:16
und da kann man noch und nöcher in der theorie das vorher mal gelernt haben
00:25:19
in der praxis ist es dann natürlich trotzdem anders
00:25:22
aber wenn halt eben bekannt ist dass das ein problem ist
00:25:26
dann finde ich gut dass jetzt von entsprechender stelle da auch gegengesteuert wird
00:25:30
weil ich glaube auch dass keiner von einem polizisten oder von einer polizistin erwartet dass die sich jetzt in lebensgefahr begeben
00:25:38
bei zwei fällen und einer davon war halt frederick war das auch so dass sich die eltern nachher bei den schützen entschuldigt haben
00:25:47
ja also fredericks vater wusste ja wie aggressiv er in der zeit war
00:25:51
und der hat nachher den beamten ausrichten lassen oder selber gesagt dass ihm das total leid tut
00:25:57
ja das ist wichtig dass wir das nochmal betonen dass es halt nicht so ist dass jemand mit diesem
00:26:03
mit diesem vorsatz in irgendeinen einsatz geht das ist ja klar
00:26:07
und dass man eben als laie wenn man irgendwo nur liest wie das war sich überhaupt nicht vorstellen kann
00:26:14
welche angst man in der situation wirklich haben kann ja
00:26:18
obwohl ja heute in beiden fällen polizistinnen involviert sind sind unsere fälle sehr verschieden
00:26:26
paulina hat sich ja in ihrem fall jetzt gerade mit polizeigewalt beschäftigt und bei mir geht es gleich um die gewalt gegen die polizei
00:26:33
deshalb werden wir jetzt an dieser stelle eine diskussion über polizeigewalt einschieben und uns nach meinem fall mit der gewalt gegen polizeistinnen beschäftigen
00:26:42
polizeigewalt ist nicht gleich polizeigewalt wie du eben schon gesagt hast ist es der polizei natürlich erlaubt unter gewissen umständen gewalt anzuwenden
00:26:52
um ihre aufgaben zu erfüllen
00:26:53
genau wenn sie nämlich nicht anders dafür sorgen kann dass regeln und gesetze eingehalten und durchgesetzt werden
00:26:59
dabei müssen sie das wurde jetzt auch schon genannt
00:27:03
verhältnismäßig vorgehen nur so viel gewalt anwenden wie nötig aber so wenig wie möglich
00:27:08
und dabei handelt es sich dann um die sogenannte rechtsmäßige polizeigewalt
00:27:13
und diese legitime gewalt darf in deutschland nur vom staat ausgehen
00:27:17
weshalb man auch vom staatlichen gewaltmonopol spricht
00:27:20
rechtswidrig ist polizeigewalt dann wenn polizistinnen nicht verhältnismäßig vorgehen
00:27:26
ein beispiel dafür um zu verdeutlichen welche ausmaße rechtswidrige polizeigewalt haben kann ist der fall sven w
00:27:35
der junge mann hatte 2016 auf dem kölner christopher street day zwei frauen bei einem streit mit einem mann geholfen
00:27:42
doch dann war die situation außer kontrolle geraten
00:27:45
die polizei kam dazu und namens wenn weh fest laut seiner aussage wurde er mit kabelbindern gefesselt geschlagen getreten homophob beleidigt und sieben stunden in einer arrestzelle gesperrt
00:27:57
aus der er dann schließlich nur mit unterhose bekleidet entlassen wurde
00:28:01
ein arzt attestierte ihm nach dem vorfall eine schädelprellung eine verletzung am handgelenk und blutergüsse
00:28:07
bei facebook postete sven w Fotos von seinen verletzungen und einen text zu dem vorfall angezeigt hat er die polizisten nicht doch kurze zeit später bekam er eine anzeige
00:28:18
die staatsanwaltschaft war auf ihm nämlich vor polizisten verletzt und widerstand geleistet zu haben
00:28:25
sven wurde in zwei instanzen freigesprochen und im frühjahr 2009 10 entschuldigte sich sogar der richter bei ihm und erklärte dass er sich für das verhalten des staates schäme
00:28:35
doch von der polizei gab es keine entschuldigung die beteiligten beamten stehen weiterhin dazu keine rechtswidrige polizeigewalt angewandt zu haben
00:28:43
weshalb die staatsanwaltschaft das urteil erneut prüfen ließ
00:28:47
letzten monat am 18. februar 2020 bestätigte das oberlandesgericht köln dann die bisherigen zwei freisprüche und erklärte dass es nun zeitnah zu einer strafverfolgung der beteiligten polizisten kommen wird
00:28:59
ich bin ein bisschen verwundert dass da jetzt dem opfer geglaubt wurde in diesem fall
00:29:03
weil das ja auch nicht ganz so häufig vorkommt wenn ein polizist oder eine polizistin auf der anklagebank sitzt
00:29:10
ja das liegt wahrscheinlich unter anderem daran dass halt eben eine kollegin also auch eine polizistin
00:29:16
ausgesagt hatte die war nämlich bei dem einsatz dabei und hat dann dieses brutale vorgehen von ihren kollegen dann vor gericht geschildert
00:29:26
und fälle wie die von sven b sind keine einzelfälle wenn man den untersuchungen von bochumer kriminologinnen folgt
00:29:34
die forscher in der uni bochum haben 2019 erstmals systematisch rechtswidrige polizeigewalt in deutschland
00:29:40
deutschland untersucht mittels hochrechnungen kommen sie auf schätzungen wonach es jährlich zumindest 12.000
00:29:45
mutmaßlich rechtswidrigen übergriffen durch die polizei kommt das wären rund 10.000 mehr als die zahl die die staatsanwaltschaften jährlich raus geben
00:29:53
oha für die studie wurden 3375 fragebögen von betroffenen rechtswidriger polizeigewalt ausgewertet und von den befragten gaben 71 prozent an körperlich verletzt worden zu sein
00:30:05
weil man kann natürlich auch verbal gewalt erfahren
00:30:11
jeder fünfte trug schwere verletzungen wie knochenbrüche gelenkverletzungen oder verletzungen an auge und ohren davon
00:30:17
die betroffenen berichteten von stößen und schlägen davon dass sie festgehalten wurden oder hart angefasst getreten oder unrechtmäßig gefesselt
00:30:26
auf großveranstaltungen spielt der einsatz von pfefferspray noch eine rolle aber das schusswaffen oder elektroschocker eingesetzt wurden passierte selten
00:30:34
und das belegen auch die offiziellen zahlen du hast es eben schon genannt
00:30:39
jährlich werden circa acht menschen von einer polizeikugel tödlich verletzt
00:30:45
dazu muss man aber sagen da wird jetzt nicht zwischen rechtmäßiger und rechtswidriger polizeigewalt unterschieden
00:30:51
aber allein an der zahl ist ja zu sehen dass fälle wie die von frederick jetzt oder von tennessee schon einzelfälle sind
00:30:59
und wendet die polizei denn mal gewalt an sei sie rechtmäßig oder unrechtmäßig
00:31:06
dann gibt es ja oft ein ermittlungsverfahren von der staatsanwaltschaft
00:31:10
und ein blick auf deren ergebnisse zeigt dass die wenigsten von ihnen zur verantwortung gezogen werden
00:31:16
manche müssen es ja auch nicht wenn sie das rechtmäßig angewandt haben aber
00:31:20
aber gegen manche wird eben erst gar nicht ermittelt und bei den fällen bei denen die staatsanwaltschaft
00:31:25
untersuchungen veranlasst werden die ermittlung halt eben meist wieder eingestellt
00:31:29
2017 liefen 2177 ermittlungsverfahren wegen gewaltdelikten von polizistinnen
00:31:35
davon wurden zwei prozent angeklagt
00:31:39
das heißt aber ja noch nicht dass sie auch verurteilt wurden
00:31:42
und das ist im vergleich zum durchschnitt unserer bevölkerung sehr wenig
00:31:47
dann gucken wir uns jetzt mal die strafverfahren vom jahr 2015 an
00:31:50
da fällt auf dass generell knapp 55 prozent aller strafverfahren eingestellt wurden
00:31:56
also bei uns normalen bürger in sage ich jetzt mal
00:31:59
aber bei verfahren gegen die polizistinnen waren es knapp 98 prozent
00:32:04
das geht auch aus der studie der universität bochum hervor
00:32:08
nun kann man sich diese hohen zahlen der einstellung ja auch so auslegen
00:32:12
dass sich die polizistinnen eben nicht zu schulden haben kommen lassen
00:32:16
und sich hier in deutschland besonders an die gesetze halten
00:32:20
aber wenn es dann doch mal zu einer verurteilung kommt
00:32:24
dann fällt das urteil unter umständen auch sehr milde aus
00:32:29
wie ein beispiel aus dem jahr 2008 zeigt
00:32:31
bei dem ein mann in brandenburg durch eine polizeikugel getötet wurde
00:32:34
am silvesterabend 2008 wollen der polizist reinhard r. und seine kollegen
00:32:39
den gesuchten kleinen kriminellen dennis j. festnehmen
00:32:41
diese festnahme geht aber schief
00:32:43
sodass sich dennis j. in sein auto flüchten kann
00:32:46
als der gerade losfahren will
00:32:48
schießt reinhard r. achtmal aus kurzer distanz auf ihn
00:32:51
auf seinen oberkörper
00:32:52
dennis j. der unbefaffnet war stirbt noch an ort und stelle
00:32:57
zwei jahre später wird der polizist reinhard r. zabbigen totschlags verurteilt
00:33:01
allerdings wird seine zweijährige haftstrafe auf bewährung ausgesetzt
00:33:06
strafmildernd hatte der richter den erheblichen stress gewertet den die flucht von dennis j. bei dem angeklagten ausgelöst hatte
00:33:13
der kommissar sei außerdem dadurch bestraft dass er seine arbeit als polizist verloren hat und damit seine lebensperspektive zerstört sei so der richter
00:33:22
aber auch der polizeistatus wurde strafmildernd berücksichtigt
00:33:26
als polizist sei man extrem haftempfindlich
00:33:29
im falle einer hinhaftierung hätte sich reinhard r. unter jenen einordnen müssen die er sonst verfolgt hat
00:33:36
also gelten irgendwie schon andere regeln für polizistinnen vor gericht
00:33:41
nicht nur in der ermittlung sondern auch am ende vor gericht
00:33:46
ja auch im gesetz tatsächlich aber dass es hier überhaupt zu einer anklage gekommen ist dieser fall ist ja schon recht selten
00:33:54
mein informant der ja nun selbst polizist ist sagt dass seiner meinung nach die staatsanwaltschaft nur sehr ungern gegen die polizei ermittelt
00:34:03
die ja ermittlungsgehilfe der staatsanwaltschaft ist und auch wenn es eine andere straferfolgungsbehörde ist wäre es so als würde man gegen eigene kolleginnen ermitteln meint er
00:34:14
das heißt natürlich nicht dass sie es grundsätzlich nicht machen aber er meint eben nur sehr ungern was er so mitbekommen hat
00:34:21
seiner meinung nach aber auch weil die polizistinnen eh schon einen schweren job haben und bei ihnen fehler auf der arbeit auch schnell ein karriereaus bedeuten könnten
00:34:30
weil jetzt bei dir auch dann der fall ja finde ich aber schon fraglich dass man bei leuten die aufgrund eines fehlverhaltens in ihrem job ihren job verlieren das dann als strafmilderung ansieht
00:34:44
also generell jetzt nicht nur bei polizistinnen ja was man vielleicht schon verstehen kann auch wenn man das vielleicht ungerecht empfindet ist dieses
00:34:52
dass polizistinnen haft empfindlich sind ja natürlich sind die da nicht gerne gesehen
00:34:58
ja also ich kann mir vorstellen dass die bei manchen häftlingen was ähnliches auslösen wie jemand der jemanden vergewaltigt hat oder ein kind missbraucht hat
00:35:08
mein informant meinte dass er niemanden kennt der ohne grund
00:35:13
jemanden auf die fresse haut
00:35:14
so sei das nicht aber wenn man angegriffen wird dann müsse man sich auch verteidigen dürfen
00:35:20
und wenn dann aussage gegen aussage stünde dann meinen halt polizei interne dass er den polizistinnen geglaubt werden würde
00:35:29
was ja jetzt auch eine verzerrung der objektivität begünstigen könnte sag ich mal
00:35:36
das ist vor allen dingen problematisch wenn man den ansichten des hamburger strafverteidigers uwe meffert folgt
00:35:43
der hat nämlich mal gegenüber dem spiegel erklärt dass er polizeizeugen für die zeugen mit dem größten lügenpotenzial hält
00:35:51
er sagt der gerichtssaal sei ein ort an dem der polizeibeamte nur seinen einsatz fortsetze
00:35:57
und das möglichst angepasst an die darstellung der kameraden und bestimmt von einem taktischen verhältnis zur wahrheit
00:36:04
ja und dieser zusammenhalt unter polizistinnen ist ja so ein weiterer punkt warum verfahren generell schwer sind gegen die einzuleiten oder dann auch zur anklage zu bringen
00:36:13
mein informant sagt wenn wir uns schon nicht aufeinander verlassen können auf wen denn dann
00:36:19
seiner meinung nach stünde die polizei nämlich eh schon unter enormem druck und unter ständiger beobachtung
00:36:24
und da wäre es schon nachvollziehbar wenn man untereinander dicht halten würde und einen kollegen oder eine kollegin eher nicht anschwärzt
00:36:32
auch weil man ja gefahr läuft dass man selbst mal auf eine wohlwollende aussage der kolleginnen angewiesen ist sagt er
00:36:41
wohlwollende aussage
00:36:46
beispiele für die vertuschung im kollegenkreis gab es in deutschland schon einige
00:36:52
ein davon stellen wir euch die nächsten tage mal bei instagram vor auf mordlust der podcast
00:36:58
übrigens bei dem fall den ich eben erzählt habe wo der mann von dem polizisten erschossen wurde
00:37:04
da hatten kollegen nachweislich den todesschützen gedeckt
00:37:07
sie hatten nämlich falschaussagen gemacht und wurden dafür zu geldstrafen von einmal 10.800 und 8400 euro verurteilt
00:37:16
ich habe meinen informanten übrigens gefragt ob er der meinung ist dass das auch von oben so gewollt ist
00:37:22
ne also dass das nicht eher so ein ding in den reihen ist sondern auch von oben
00:37:27
so nach unten kommuniziert wird oder zumindest stillschweigend erwartet wird und er meinte definitiv nein
00:37:35
weil er auch schon mal kollegen angezeigt hat beispielsweise oder so und er hat nicht das gefühl dass ihn das in seiner karriere irgendwie gehindert hat
00:37:44
sondern dass das er tatsächlich auf dieser einen ebene passiert
00:37:47
dieses system wie das bei uns funktioniert das kritisieren ja die un und amnesty international schon super lange
00:37:55
die sehen in unserer regelung nämlich tatsächlich auch ein rechtsstaatliches problem
00:37:59
ermittlungen untereinander enden halt immer in einem interessenkonflikt und das land in dem du gerade hockst mit deinem podcast mikro also in großbritannien
00:38:09
das macht es anders und lagert die ermittlungen an eine unabhängigere stelle aus deutschland hat sich aber bisher dagegen entschieden
00:38:17
polizeigewerkschaften meinen das wäre nicht nötig
00:38:20
naja solange alle polizistinnen so vorbildlich sind dass man 98 prozent aller verfahren einstellen muss
00:38:27
nee da sehe ich auch keinen handlungsbedarf
00:38:29
ich glaube das ist halt auch hier das größte problem also abgesehen davon ob schüsse der polizei jetzt rechtmäßig waren oder nicht
00:38:36
sondern dass man zumindest das gefühl hat aufgrund dieser zahlen dass die beamtinnen so oder so dann nicht mit einer objektiven strafverfolgung rechnen müssen
00:38:45
oder die halt wohlwollend eingestellt wird
00:38:49
wenn man ganz objektiv drüber nachdenkt macht es nicht so viel sinn wie das aufgebaut ist ja ganz ehrlich also
00:38:56
staatsanwaltschaft gericht
00:38:59
und wer sitzt denen gegenüber
00:39:01
die verteidigung ja das ist ja auch so
00:39:05
also insofern mit diesen hintergrundinformationen versteht man fredericks bruder sicher der der meinung war dass das hier vielleicht nicht richtig aufgearbeitet wurde
00:39:17
unabhängigen stellen gibt es nun nicht in deutschland aber
00:39:20
es gibt auch andere möglichkeiten
00:39:23
rechtswidrige polizeigewalt einzudämmen
00:39:26
zum beispiel gibt es in vielen bundesländern
00:39:28
heute die kennzeichnungspflicht
00:39:31
das heißt polizistinnen dort müssen für bürger in eindeutig
00:39:34
zu identifizieren sein also entweder
00:39:36
mit namensschildern oder durch nummern weil es halt auch oft der fall ist
00:39:41
alle leute in uniform vor dir stehen und
00:39:43
dass du dann einfach
00:39:44
im nachhinein auch gar nicht sagen kannst dieser
00:39:46
mensch hat mich angegriffen
00:39:49
ja aber das finde ich ja ganz furchtbar mit einem namensschild ne
00:39:53
also das finde ich ja ganz schlimm
00:39:55
da kannst du doch die uhr nachstellen bis da die ersten menschen dann bei denen zu hause
00:40:00
an der tür klingeln
00:40:02
ach so meinst du das
00:40:03
ja viele polizistinnen und polizistinnen und polizistinnen und polizistinnen und polizeigewalt zu verfolgen
00:40:12
ist die einrichtung ist die einrichtung der einrichtung von beschwerde management da solltet
00:40:17
dass dann den PolizistInnen leichter gemacht werden,
00:40:19
Übergriffe anonym zu melden.
00:40:20
Das wiederum finde ich gut.
00:40:22
Ja, und auch, dass man versucht, ein Klima zu schaffen,
00:40:27
in dem für alle klar wird, PolizistInnen machen auch Fehler,
00:40:32
weil sie eben auch Menschen sind.
00:40:34
Und dass sie dafür einstehen müssen.
00:40:36
Also das würde ich ganz wichtig finden.
00:40:39
Das hat zwar dann immer noch so diesen Charakter vom Verpetzen,
00:40:42
aber vielleicht ist dann die Hemmschwelle auch höher
00:40:46
überhaupt eine Falschaussage zu tätigen,
00:40:48
wenn man sich sicher sein kann,
00:40:50
dass nochmal ein anonymer Hinweis irgendwie eingehen kann oder so.
00:40:53
Dann ist der Zusammenhalt vielleicht nicht mehr ganz so groß,
00:40:56
wenn man weiß, das geht dann der Person vielleicht auch an den eigenen Hintern.
00:41:00
Ja, und es gibt ja nicht nur die Gewalt, die von der Polizei ausgeht,
00:41:05
sondern auch die, die klar gegen sie gerichtet ist.
00:41:08
Mein Fall erzählt von tiefsitzendem Hass,
00:41:11
der sich gegen Unschuldige entlädt
00:41:13
und so ein ganzes Land in Entsetzen stürzt.
00:41:16
Die Namen der Beteiligten habe ich geändert.
00:41:19
Zum Hintergrund und Tatgeschehen dieser Geschichte gibt es verschiedene Versionen.
00:41:24
Ich werde mich jetzt auf die eines damaligen Ermittlers beziehen,
00:41:27
mit dem ich im Vorfeld zu dieser Folge gesprochen habe.
00:41:30
Später werde ich dann aber noch kurz auf die Abweichungen in anderen Versionen eingehen.
00:41:37
Polizisten müssen abgeknallt und platt gemacht werden,
00:41:41
sagt er zu einem Mithäftling in der JVA Bielefeld-Pragwede.
00:41:45
Die Wut auf die Polizei hat sich bei ihm über die Zeit aufgestaut.
00:41:51
So sehr, dass er sie nicht mehr lange zurückhalten kann.
00:41:54
Ein paar Jahre zuvor.
00:41:56
Rainer musste schon früh Verantwortung übernehmen.
00:41:59
Als sein Vater die Mutter verließ, bekam er die Rolle des Familienoberhaupts.
00:42:03
Bis heute lebt der 29-Jährige als Patriarch mit seinen beiden kleineren Brüdern bei seiner Mutter in Bredenborn,
00:42:10
einer kleinen Ortschaft im Kreis Höxter.
00:42:12
Alle drei Söhne haben zum Vater mittlerweile nur noch sporadisch Kontakt.
00:42:16
Ein vom Krieg gezeichneter Frührentner,
00:42:19
der den Jungs aufgrund seiner Unberechenbarkeit nie ein besonders guter Vater war.
00:42:23
Doch heute benimmt sich der Älteste immer öfter wie einst sein Vater.
00:42:27
Die restlichen Familienmitglieder müssen sich nach Rainer richten und seinen Anweisungen folgen.
00:42:33
Darunter leidet vor allem der jüngste Bruder Ulrich.
00:42:36
Er ist geistig und körperlich zurückgeblieben,
00:42:39
kann seinen Geschwistern nicht wirklich etwas entgegensetzen.
00:42:42
Der mittlere Bruder Jürgen ist zurückhaltend und sensibel.
00:42:46
Rainer hingegen ist laut, überheblich und egoistisch.
00:42:49
Der gelernte Maschinenschlosser ist außerdem großer Waffenfan, hat auch einen Jagdschein.
00:42:54
Fünf Jahre lang ging er jagen.
00:42:56
Der Pächter des Jagdgebiets in Bredenborn nahm ihn immer wieder mit,
00:43:00
weil Rainer für ihn Zäune und Hochsitze reparierte.
00:43:02
Doch dann kam es zu dem Tag, an dem es Schluss sein sollte mit Rainers Leidenschaft.
00:43:06
Der wohlhabende Pächter wollte sich eine Waffe von ihm leihen,
00:43:09
doch Rainer gab sein geliebtes Gewehr nicht raus.
00:43:12
Seitdem darf er nicht mehr jagen.
00:43:14
Darüber war Rainer anfangs sehr sauer.
00:43:17
So sauer, dass er nachts in das Revier eindrang und randalierte.
00:43:20
Und dabei blieb es nicht.
00:43:22
Rainer schoss weiter auf Tiere.
00:43:25
Und auf Straßenschilder.
00:43:26
Es kommt zu Ermittlungen.
00:43:28
Durchgeführt von immer demselben Polizisten.
00:43:32
Wegen der Vielzahl an Taten muss Rainer irgendwann nicht nur seinen Jagd,
00:43:36
sondern auch seinen Führerschein und seine Waffen abgeben bzw. verkaufen.
00:43:41
Ich weiß, was dir die Jagd bedeutet, aber ich sorge dafür, dass du nie wieder einen Jagdschein bekommst,
00:43:46
sagt Börner bei einer ihrer Begegnungen zu ihm.
00:43:49
Darüber ist Rainer noch heute wütend.
00:43:51
Er will seine Waffen zurück, sein Hobby, seine Leidenschaft.
00:43:55
Dafür schmiedet er einen Plan und seine Brüder sollen ihm wie immer dabei helfen.
00:44:01
Was folgt, ist eine Einbruchsserie.
00:44:02
So brechen die drei im Dezember 1986 in ein Munitionsdepot einer Bundeswehrkaserne ein.
00:44:08
Vier Monate später stehen sie auf einem Truppenübungsplatz, eine Maschinenpistole und Ausrüstungsgegenstände.
00:44:14
Im gleichen Monat überfallen sie eine Bundeswehrstreife, bei der sie eine weitere Maschinenpistole erbeuten.
00:44:20
Und ein Jahr später, im Mai 1988, steigen sie erneut in eine Kaserne ein.
00:44:25
Dazu zerschneiden Rainer und Jürgen einen Metallzaun und quetschen sich hindurch.
00:44:30
Ulrich ist vor dem Zaun und steht Schmiere.
00:44:32
Als Jürgen einen Soldaten entdeckt, schlägt er ihn nieder.
00:44:35
Rainer wirft sich auf den am Boden liegenden und nimmt ihm Waffe und Munition ab.
00:44:39
Als ein zweiter Soldat den Angriff auf seinen Kollegen mitbekommt, feuert der einen Warnschuss ab.
00:44:45
Rainer schießt mit seiner geklauten Maschinenpistole in die Richtung, aus der der Schuss kam.
00:44:49
Dann fliehen die drei mit ihrer Beute.
00:44:52
Gefasst werden sie nicht.
00:44:54
Zwei Jahre später muss Rainer trotzdem in Haft, weil er mit immer neuen Kleinstdelikten
00:44:59
gegen Bewährungsauflagen verstößt, die ihm wegen der Wilderei auferlegt wurden.
00:45:03
Die Hiobsbotschaft, dass er nun ins Gefängnis muss, kommt von niemand Geringerem als seinem größten Feind,
00:45:10
dem Polizisten Holger Börner.
00:45:12
Zehn Monate soll Rainer in der JVA Bielefeld-Bragwede einsitzen.
00:45:17
Doch die muss er nicht ganz absitzen.
00:45:19
Weil er sich dort so gut benimmt, wird er schon im Spätsommer 1991 wegen guter Führung vorzeitig entlassen.
00:45:25
Doch seine Wut hat sich hinter den Gefängnismauern nicht gelegt.
00:45:29
Ganz im Gegenteil.
00:45:30
Sein Hass auf die Polizei ist größer denn je.
00:45:32
Und als er wieder zu Hause ist und mit seinen Brüdern Fernsehen schaut, kommt ihm die Idee.
00:45:37
Die Idee, wie er sich rächen kann.
00:45:40
Denn gerade schaut er seine Lieblingsserie, das A-Team.
00:45:43
Rainer identifiziert sich mit den Figuren.
00:45:46
Ehemalige Soldaten, die fälschlicherweise eines Verbrechens beschuldigt werden
00:45:50
und auf der Flucht vor der Militärpolizei sind.
00:45:52
Auf ihrer Flucht helfen sie in Not geratenen Menschen, die vom Gesetz im Stich gelassen wurden.
00:45:59
Auch Rainer fühlt sich unrechtmäßig von der Polizei, also von Börner, verfolgt und vom Gesetz im Stich gelassen.
00:46:04
Ich habe das Gefühl, wenn sich Menschen zu sehr mit Fernseh- oder Serienfiguren identifizieren,
00:46:12
dann ist das nie ein gutes Zeichen.
00:46:15
So wie bei der Hochstapler-Folge.
00:46:18
Wo sich der falsche Rockefeller mit dem reichen Thurston Howell, dem dritten oder was auch immer,
00:46:25
von Glegans Island identifiziert hat und sich dann den gleichen Dialekt angeeignet hat.
00:46:30
Hoffen wir mal, dass sich nicht so viele Menschen mit dem Hauptcharakter aus der Serie You identifizieren.
00:46:37
Was Rainer an dieser Serie außerdem reizt, ist die Waffengewalt, die dort zur Schau gestellt wird.
00:46:43
In jeder Folge gibt es Schießereien mit den Bösen.
00:46:47
Und am Ende gewinnt natürlich immer das A-Team.
00:46:49
Das Böse wird verschrottet, so bezeichnen es die drei Brüder.
00:46:53
Und das wünscht sich Rainer auch für die Person, die für ihn das Böse personifiziert.
00:46:58
Rainer will Börner verschrotten, meint er will ihn erschießen.
00:47:02
Es soll aber wie ein Suizid aussehen, denkt er sich.
00:47:06
Rainer will den Polizisten mit einer Dienstwaffe töten und ihm dann die eigene Waffe auf die Brust legen.
00:47:12
Er weiß auch schon genau, welche Pistole er sich für diesen Plan besorgen muss.
00:47:16
Eine sieht sauer, denn dieses Modell trägt Börner bei sich.
00:47:19
Obwohl Rainer sich mit Waffen auskennt, weiß er scheinbar nicht, dass man anhand des Projektils nicht nur feststellen kann, um welches Fabrikat es sich gehandelt hat, sondern auch, aus welcher Pistole geschossen wurde.
00:47:32
Für Rainer geht es jetzt also erst einmal wieder um Waffenbeschaffung.
00:47:34
Es ist der 12. Oktober 1991, als um 2.30 Uhr in der Nacht ein Notruf bei der Polizei Höchster eingeht.
00:47:46
Abgegeben von einer Notrufsäule, die auf einem Waldparkplatz steht.
00:47:51
Der Anrufer, ein Autofahrer, der einen Wildunfall meldet.
00:47:55
Guten Tag, Meier mein Name.
00:47:57
Ich habe einen Wildunfall gehabt.
00:48:01
Könnten Sie wohl jemanden vorbeischicken?
00:48:03
Ist keiner verletzt?
00:48:05
Nur ein bisschen an der Stoßstange, sagt der Mann mit auffällig hoher Stimme.
00:48:08
Solche Anrufe bekommt die Polizei im Wieserbergland in der Herbstzeit häufig.
00:48:13
Die AutofahrerInnen melden solche Vorfälle auch, wenn nichts Großes passiert ist.
00:48:17
Das hat mit der Versicherung zu tun.
00:48:19
Die Polizei Höchster bearbeitet den Notruf aber nicht selbst, sondern meldet ihn der Polizeiwache Holzminden.
00:48:25
Das hat den Grund, dass der Parkplatz geografisch nicht mehr zu NRW, also dem Bereich der Polizei Höchster,
00:48:30
sondern schon zu Niedersachsen, also Holzminden, gehört.
00:48:33
Wir können den übernehmen, tönt es während des Funkgesprächs zwischen den beiden Polizeistationen aus dem Lautsprecher.
00:48:39
Das war die Stimme von Markus, einem jungen Polizisten der Wache in Holzminden.
00:48:43
Er und sein Kollege Michael seien sowieso gerade in der Nähe und könnten den Unfall aufnehmen.
00:48:48
Ihr Vorgesetzter stimmt zu und so machen sich die beiden Polizisten auf den Weg.
00:48:53
Michael sitzt dabei am Steuer ihres zivilen Wagens.
00:48:56
Er ist 34 Jahre alt.
00:48:58
Sein Kollege Markus ist vier Jahre jünger.
00:49:01
Gerade hatten die beiden einen Autofahrer zur Blutalkoholkontrolle ins Krankenhaus gefahren
00:49:05
und waren auf dem Rückweg, als sie den Funkspruch hörten.
00:49:09
Als sie auf den Waldparkplatz zufahren, entdeckten sie einen Mercedes-Geländewagen an der Notrufsäule stehen.
00:49:14
Doch der Fahrer ist nirgends zu sehen.
00:49:17
Michael und Markus steigen aus.
00:49:19
Dann hören sie plötzlich laute, gellende Geräusche.
00:49:23
Viele kurz hintereinander.
00:49:25
Michael fällt zu Boden.
00:49:27
Markus versucht noch in Deckung zu gehen.
00:49:29
Dann spürt er einen stechenden Schmerz.
00:49:31
Aus der Dunkelheit tritt jemand an ihn heran.
00:49:34
Dann ist alles schwarz.
00:49:39
Rainers Plan ist aufgegangen.
00:49:40
Zwei tote Polizisten liegen nun vor ihm auf dem Boden.
00:49:44
Dienstwaffen in greifbarer Nähe.
00:49:46
Er und sein Bruder Jürgen heben die Leichen auf die Rückbank des Polizeiwagens.
00:49:51
Rainer setzt sich an Steuer des Polizeiwagens und Jürgen an das des Mercedes-Geländewagens,
00:49:58
auf dessen Rückbank der jüngste Bruder Ulrich sitzt.
00:50:00
Rainer fährt los, Jürgen hinterher.
00:50:03
Es geht zu dem Truppenübungsplatz, auf dem sie schon einmal eingebrochen waren.
00:50:07
Rund 80 Kilometer legen sie dafür zurück.
00:50:10
Als sie dort ankommen, graben Rainer und Jürgen an einer schlechteinsehbaren Stelle zwei Löcher.
00:50:15
Dann nehmen sie den Polizisten ihre Dienstwaffen, Handschellen und persönliche Gegenstände ab und heben sie in die Gräber.
00:50:22
Damit sie niemand entdeckt, schütten sie Erde auf die Leichen und legen Laub und Äste über den frisch umgegrabenen Boden.
00:50:29
An einer anderen Stelle des Übungsplatzes stellen sie den Polizeiwagen ab und zünden ihn an.
00:50:33
Kurze Zeit später brennt es lichterloh.
00:50:36
Jetzt sind alle Beweise zerstört, denkt Rainer und macht sich mit seinen Brüdern auf den Heimweg.
00:50:41
Zu Hause angekommen, sichtet er seine Beute.
00:50:44
Da wird ihm klar, dass es sich bei den Dienstwaffen der Beamten nicht um Sig Sauer,
00:50:49
sondern um Pistolen von Heckler und Koch handelt.
00:50:51
Rainer ist geschockt.
00:50:53
Mit diesen Waffen kann er Börner nicht töten und es dann nach einem Suizid aussehen lassen.
00:50:58
Sein Plan ist gescheitert.
00:51:00
Trotzdem behält er die Waffen der Getöteten.
00:51:03
Schließlich liebt er Pistolen.
00:51:05
Doch vorsichtshalber will er sie gut verstecken.
00:51:08
Nicht in seinem üblichen Versteck zu Hause, sondern im Wald.
00:51:11
Zusammen mit seinem Bruder Jürgen verstaut er die Dienstwaffen in einer grünen Regentonne,
00:51:15
die im Waldboden eingelassen ist.
00:51:18
Rainer entscheidet sich dafür, erst einmal Gras über die Sache wachsen zu lassen,
00:51:22
um dann einen neuen Angriff zu starten.
00:51:24
Dann soll ein Polizist aus NRW umgebracht werden.
00:51:28
Die Polizei aus Niedersachsen hat ja scheinbar andere Dienstwaffen als die aus Höxter.
00:51:34
Als sich Markus und Michael nach dem Wildunfall nicht direkt melden, ist ihr Vorgesetzter zunächst nicht besorgt.
00:51:40
Die werden wohl außerhalb des Autos mit der Aufnahme des Unfalls beschäftigt sein, denkt er.
00:51:44
Eine andere Erklärung für das Ignorieren der Funksprüche könnte aber auch der schlechte Empfang sein, der in der Gegend herrscht.
00:51:51
Doch als er auch nach mehr als einer Stunde nichts von ihnen hört, schickt er vorsichtshalber eine Funkstreife zum Parkplatz.
00:51:57
Als die dort ankommt, sind weder der Wagen von Markus und Michael noch die beiden Polizisten zu sehen.
00:52:02
Auch von dem Fahrzeug des Anrufers oder Hinweisen auf einen Wildunfall fehlt jede Spur.
00:52:07
Als die BeamtInnen den verlassenen Parkplatz mit Scheinwerfern absuchen, entdecken sie zwei große dunkle Pfützen auf dem Boden.
00:52:16
Sofort informieren sie die Dienststelle, von wo aus eine Sofortfahndung nach den vermissten Beamten und dem Wagen ausgelöst wird.
00:52:22
Als die Spurensicherung den Tatort untersucht, wird deutlich, dass etwas Schlimmes passiert sein muss.
00:52:28
Denn es liegen insgesamt 14 Patronenhülsen auf dem Parkplatz.
00:52:32
Außerdem finden die ErmittlerInnen Haare und Knochensplitter.
00:52:36
Was die Polizei darauf schließen lässt, dass auf die beiden geschossen wurde.
00:52:40
Um 10 Uhr am nächsten Morgen findet dann ein Förster den vermissten Wagen.
00:52:45
Ausgebrannt, zerschossen, leer und mit verschlossenen Türen.
00:52:47
Von den Polizisten keine Spur.
00:52:50
Gewalt gegen Kollegen löst bei der Polizei Höxter natürlich Bestürzung aus.
00:52:54
Was vielleicht auch die ungewöhnlichen Maßnahmen erklären.
00:52:57
Denn schon am Tag nach der Tat sind tausende Einsatzkräfte unterwegs.
00:53:00
TaucherInnen suchen im Wasser britische Militärjets mit Infrarotkameras aus der Luft.
00:53:05
Auch die Öffentlichkeit wurde mittlerweile eingeschaltet.
00:53:08
Medien berichten und viele Deutsche haben Angst vor einer weiteren Terrorserie wie die der RAF.
00:53:13
Dass zwei junge Polizisten in einen Hinterhalt gelockt werden, um dann auf sie zu schießen, sorgt für großes Entsetzen.
00:53:20
An die Bevölkerung wenden sich auch die beiden Ehefrauen der Vermissten.
00:53:23
Wir sind verzweifelt.
00:53:25
Das Warten wird immer unerträglicher.
00:53:27
Bitte helfen Sie uns, flehen Sie.
00:53:30
Daraufhin gehen etliche Hinweise ein.
00:53:32
Doch keiner führt zu Markus und Michael.
00:53:35
Während eine der größten Suchaktionen Deutschlands läuft, wird die Aufnahme des Anrufers, des angeblichen Wildunfalls, zur Stimmanalyse beim BKA geschickt.
00:53:44
Dort wird die Aufnahme von Störgeräuschen bereinigt, um sie der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.
00:53:49
Die ExpertInnen schätzen den Anrufer auf zwischen 25 und 35 Jahre und deutschen Muttersprachler aus der Region.
00:53:56
Über eine Telefonnummer kann man sich die Aufnahme kurze Zeit später in Dauerschleife anhören.
00:54:00
Und tatsächlich melden sich gleich mehrere Menschen, die den Mann an seiner Stimme erkannt haben wollen.
00:54:07
Allesamt MitarbeiterInnen der JVA Bielefeld-Brackwede und PolizistInnen aus Höxter.
00:54:12
Es besteht jetzt dringender Tatverdacht gegen Rainer.
00:54:16
Und so wird am 16. Oktober das Haus in Bredenborn gestürmt.
00:54:20
Als die SEKler in die Wohnräume kommen, finden sie Rainer zusammen mit seinem jüngeren Bruder Ulrich und seiner Mutter vor dem Fernseher vor.
00:54:27
In einem anderen Zimmer stoßen sie auf Jürgen, der in einer Blutlache auf dem Boden liegt.
00:54:32
Er hat versucht, sich umzubringen, als er die Polizei kommen hörte.
00:54:36
Lieber will er sterben, als ins Gefängnis zu gehen.
00:54:38
Jürgen wird ins Krankenhaus gebracht.
00:54:41
Seine beiden Brüder kommen auf die Wache.
00:54:43
Dort werden Rainer und Ulrich einzeln verhört.
00:54:46
Alle BeamtInnen sind höchst angespannt.
00:54:48
Bei der Vernehmung des Jüngsten sind zwei Polizisten und eine PolizistIn anwesend.
00:54:53
Ein Anwalt oder ein Elternteil wird dem geistig zurückgebliebenen Ulrich zunächst nicht angeboten.
00:54:59
Und erstmal sagt er nichts.
00:55:01
Ulrich scheint große Angst zu haben.
00:55:03
Irgendwann fragt man ihn, ob er mit seiner Mutter sprechen will.
00:55:07
Die BeamtInnen lassen die Mutter kommen, erklären ihr zuvor aber die Ernsthaftigkeit der Situation und bitten sie, ihrem jüngsten Sohn die Angst zu nehmen.
00:55:15
Die Mutter sagt ihm, dass er der Polizei alles erzählen soll und keine Angst vor seinem großen Bruder Rainer haben müsste.
00:55:22
Schließlich könne er ihm ja jetzt nichts mehr tun.
00:55:24
Jetzt, wo er im Gefängnis sitzt.
00:55:25
Als die Vernehmung dann fortgesetzt wird, beginnt Ulrich zu reden.
00:55:30
54 Seiten umfasst seine Aussage am Ende.
00:55:33
Danach führt Ulrich die BeamtInnen zu der Regentonne, in der die Dienstwaffen von Markus und Michael versteckt sind.
00:55:41
Währenddessen bekommt Rainer die ausführliche Aussage seines kleinsten Bruders vorgelegt.
00:55:45
Nach einigen Stunden gibt auch er ein umfassendes Geständnis ab.
00:55:48
Am 18. Oktober führt Rainer die Beamten dann zu den Gräbern ihrer Kollegen.
00:55:52
Im Haus der Brüder werden in einem Hohlraum unter dem Dachboden zwei Maschinenpistolen,
00:55:57
diverse Munitionen und das Gewehr gefunden, mit dem die beiden Polizisten getötet wurden.
00:56:03
Die Beweise scheinen für sich zu sprechen.
00:56:05
Am 9. September 1992 beginnt der Prozess vor dem Landgericht Hildesheim.
00:56:10
Angesetzt sind 40 Verhandlungstage.
00:56:13
Am Ende wird es dreimal so lange dauern, bis ein Urteil gesprochen wird.
00:56:18
Rainer und Jürgen sind wegen Mordes angeklagt.
00:56:21
Ihr kleiner Bruder Ulrich wegen Beihilfe zum Mord.
00:56:23
Bis zu diesem ersten Prozestag sitzen aber nur die beiden älteren Brüder in U-Haft.
00:56:28
Ulrich wurde entlassen.
00:56:30
Das hatte sein Verteidiger durchgesetzt, nachdem Ulrich seine Aussage, er sei bei den Morden dabei gewesen,
00:56:34
wieder zurückgezogen hatte und auch die älteren Brüder beide angeben, er wäre nicht dabei gewesen.
00:56:40
Immer wieder hatten die Beschuldigten ihre Geständnisse und Versionen geändert,
00:56:44
die teilweise nicht zueinander und auch nicht zu den Spuren passten, die am Tatort gefunden wurden.
00:56:49
Das Bild ist also für die Staatsanwaltschaft doch nicht so eindeutig wie am Anfang gedacht.
00:56:53
Wahrscheinlich hat sie auch deshalb gleich mehrere Mordmerkmale in ihrer Anklage angeführt.
00:56:58
Heimtücke, Habgier und niedrige Beweggründe.
00:57:01
Heimtücke, weil die Brüder die Polizisten in einen Hinterhalt gelockt hatten,
00:57:05
weil von einem Wildunfall die Rede war und die Beamten daher arglos waren.
00:57:09
Habgier, weil sie den Beamten ihre Dienstwaffen, Handschellen und persönliche Gegenstände abgenommen haben.
00:57:15
Und niedrige Beweggründe, weil sie die Polizisten aus Hass getötet haben sollen.
00:57:21
Am ersten Prozestag versucht Ulrich immer wieder Blickkontakt mit seinen älteren Brüdern aufzunehmen.
00:57:26
Doch die ignorieren ihn.
00:57:27
Während Jürgen mit rot verweinten Augen ins leere Staat ist Rainer hellwach.
00:57:32
Er macht sich Notizen, flüstert mit seinem Anwalt und grinst.
00:57:37
Im Laufe des Prozesses wird das immer wieder vorkommen.
00:57:40
Unhaltbar für die NebenklägerInnen, die Familien der Getöteten.
00:57:44
Und der Prozess zieht sich.
00:57:46
Denn die Verteidiger stellen hunderte Beweisanträge.
00:57:50
So werden auf ihren Antrag hin mehr als hundert PolizistInnen als Zeugen geladen.
00:57:54
Darunter zwei Beamte, die bei der Festnahme der Brüder auf der Straße standen und diese absperrten.
00:58:00
Und einer, dessen einzige Aufgabe es im Zusammenhang mit dem Fall war, Faxe hin und her zu tragen.
00:58:05
Den Antrag, die gesamte Bevölkerung von Bredenborn in den Zeugenstand zu rufen, lehnt der Richter allerdings ab.
00:58:11
Kann man ja gar nicht so sagen.
00:58:14
Ein Antrag, der sich mit der Luft im Gerichtssaal befasst, auch.
00:58:19
Alles Kasperltheater hier, sagt der Staatsanwalt damals gegenüber dem Fokus.
00:58:23
Eigentlich soll es ja darum gehen, mit diesem Prozess eine Art Abschreckung für ähnliche Taten zu bewirken.
00:58:28
Stattdessen wird die Verhandlung nicht mehr richtig ernst genommen.
00:58:31
Die Anklage wirft den Verteidigern irgendwann offen Prozessverschleppung vor.
00:58:35
Die reagieren darauf mit Absetzungsanträgen, Dienstaufsichtsbeschwerden und Strafanzeigen.
00:58:41
Für die Angehörigen wird der Prozess zur Odyssee.
00:58:44
Nach einem Jahr ergreift die Mutter eines der getöteten Beamten vor Gericht das Wort.
00:58:49
Sie erklärt, dass sie es kaum ertragen könne, ständig das grinsende Gesicht von Rainer sehen zu müssen.
00:58:54
Auf diese Aussage reagieren die Verteidiger, indem sie dem Richter vorwerfen,
00:58:58
er habe seine prozessuale Fürsorgepflicht gegenüber dem Angeklagten verletzt,
00:59:02
indem er die Mutter habe ausreden lassen.
00:59:04
Das gibt's doch nicht.
00:59:06
Am Ende dieses Prozesses stehen 180 Verhandlungstage und Prozesskosten in Höhe von mehr als 1 Mio. D-Mark.
00:59:12
Und eine Verurteilung von Rainer wegen Mordes.
00:59:16
Bei ihm wird die besondere Schwere der Schuld festgestellt.
00:59:19
Außerdem Sicherungsverwahrung angeordnet.
00:59:21
Als Motiv nennt das Gericht allgemeiner Hass auf Polizisten.
00:59:25
Sein Bruder Jürgen wird wegen Beihilfe zum Mord zu 10 Jahren Haft verurteilt.
00:59:30
Er habe seinem großen Bruder geholfen.
00:59:33
Ulrich kann eine Tatbeteiligung an den Morden nicht mehr nachgewiesen werden, nachdem er sein Geständnis zurückgezogen hatte.
00:59:39
Am Anfang hatte ich ja gesagt, dass es mehrere Versionen zum Hintergrund und zum Tathergang gibt.
00:59:45
Die eine habt ihr eben gehört.
00:59:47
Sie lautet, alle drei Brüder waren in der Mordnacht dabei.
00:59:49
Und Rainer hat es auf die Dienstwaffen der Beamten abgesehen, um seinen Racheplan gegen Börner zu üben, in die Tat umsetzen zu können.
00:59:57
Rainer und Jürgen sind aber immer bei ihrer Aussage geblieben, Ulrich wäre nicht dabei gewesen.
01:00:03
Daher gibt es auch die Version, nur zwei Brüder haben die Polizisten Morde begangen.
01:00:08
Auch Ulrich selbst hatte seine Aussage ja zurückgenommen.
01:00:10
In dieser hatte er den Beamten von Rainers Hass auf Börner erzählt, von dem A-Team und auch von der Regentonne mit den Dienstwaffen.
01:00:18
Der Verteidiger von Ulrich hat es vor Gericht so präsentiert, als hätten die Polizisten, die Ulrich damals vernommen hatten, ihn unter Druck gesetzt und ihm das Geständnis in den Mund gelegt.
01:00:28
So wurde vor Gericht alles, was Ulrich gesagt hat, auch das Motiv der Rache an Börner, in Zweifel gezogen und durch das Motiv des allgemeinen Hass gegen Polizisten überlagert.
01:00:38
Zum 25. Todestag der beiden Polizisten hat sich dann einer der ehemaligen Ermittler, der Ulrich vernommen hat, an die Öffentlichkeit gewarnt.
01:00:46
Er steht bis heute zu seiner Aussage und geht auch immer noch davon aus, dass Ulrich ihm gegenüber damals in der Vernehmung die Wahrheit gesagt hat,
01:00:53
dass er bei dem Mord dabei war und der Plan, die Polizisten umzubringen, um an ihre Dienstwaffen zu kommen, die primäre Motivation war und der allgemeine Hass gegen Polizisten nur zweitrangig.
01:01:03
Letztendlich kann man also nicht sicher sagen, ob Ulrich bei dem Mord anwesend war oder nicht und ob nun der allgemeine Hass auf Polizisten tatsächlich das einzige Motiv war
01:01:13
oder nicht doch auch der Plan, an die Dienstwaffen zu kommen, um sich an Börner zu rächen.
01:01:18
Was man aber mit Sicherheit sagen kann, ist, dass bei all den Spekulationen und dem Irrsinn, der da im Gerichtssaal stattgefunden hat, in den Hintergrund rückte, worum es eigentlich ging.
01:01:29
Nämlich um Polizistenhasser, die zwei unschuldige Beamten töteten und dadurch zwei Frauen ihre Ehemänner und Kindern ihre Väter nahmen.
01:01:39
Das muss ja für den Börner auch eine totale Belastung gewesen sein, dass jemand, der das eigentlich auf ihn abgesehen hat, dann Kollegen deswegen tötet.
01:01:50
Und es war ja wirklich so, dass dieser Notruf da ausgegangen ist und es hätte ja jeder kommen können.
01:01:56
Also es war auch so willkürlich, welche PolizistInnen dann am Ende kommen.
01:02:01
Was ja oft bei Hass auf PolizistInnen so ist, dass sich das eher gegen die Uniform richtet und gar nicht gegen die Person, die da drin steckt.
01:02:09
Und dann ist es denen auch egal, wen sie dann am Ende erwischen oder verletzen oder gegen wen sie da gewalttätig werden.
01:02:16
Hauptsache ist es jemand in dieser Uniform.
01:02:19
Aber dafür, dass die Polizei in dem Fall ja relativ schnell drei Tatverdächtige gefunden hatte, zog sich der Prozess über drei Jahre.
01:02:27
Ein Grund dafür waren die zahlreichen Beweisanträge der Verteidigung.
01:02:31
Und damit komme ich zu meinem Aha, dem Beweisantragsrecht.
01:02:36
Die Beweisaufnahme, und das wissen wir schon, ist der wichtigste Teil eines Prozesses.
01:02:40
Denn das Ziel einer jeden Verhandlung ist ja die Wahrheitsfindung.
01:02:44
Geregelt wird die Beweisaufnahme in § 244 der Strafprozessordnung.
01:02:49
Dabei wird die vollständige Aufklärung theoretisch auf zweifache Weise gesichert.
01:02:53
Einmal durch die Amtsaufklärungspflicht, die vom Gericht fordert, die Beweisaufnahme auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken,
01:03:00
die für die Entscheidung von Bedeutung sind.
01:03:03
Und einmal durch die Möglichkeit der Prozessbeteiligten Beweisanträge zu stellen.
01:03:07
Mit diesen Anträgen können Sie das Gericht nämlich dazu zwingen, über die eigene Aufklärungspflicht hinaus Beweise zu erheben.
01:03:13
Beweisanträge stellen kann nicht nur die Staatsanwaltschaft und die Verteidigung, sondern auch NebenklägerInnen.
01:03:18
Besonders wichtig ist es aber logischerweise für die Verteidigung,
01:03:22
weil sie so die Möglichkeit hat, Beweismittel, von denen sie sich eine Stärkung ihrer Strategie versprechen, in den Prozess einzuführen.
01:03:28
In jedem Antrag muss dann eine Beweisbehauptung und ein Beweismittel benannt werden.
01:03:35
Die Beweisbehauptung ist, dass angeklagter Meier zur Tatzeit nicht am Tatort war, sondern in der Wohnung seiner Eltern.
01:03:42
Das Beweismittel ist dann die Vernehmung der Eltern als Zeugen.
01:03:46
Dabei muss dem Antrag zu entnehmen sein, weshalb gerade dieses Beweismittel die behauptete Tatsache belegen kann.
01:03:51
Also warum die Eltern belegen können, dass der Angeklagte zu einer bestimmten Zeit, nämlich der Tatzeit, bei ihnen war.
01:03:57
Neben Zeugen können auch Sachverständige, Urkunden und der sogenannte Augenschein Beweismittel sein.
01:04:03
Augenschein meint beispielsweise die Besichtigung eines Tatorts oder das Ansehen von Lichtbildern.
01:04:08
Im Fall der Polizistenmorde wurde dieses Recht auf Beweisanträge von einigen Verteidigern ausgenutzt.
01:04:14
Und der vorsitzende Richter hat viele ihrer Anträge zugelassen, auch wenn sie zur Wahrheitsfindung nicht wirklich beigetragen haben.
01:04:20
Und zwar deshalb, um den Verteidigern nach Ende des Prozesses nicht die Möglichkeit zu geben,
01:04:25
aus dem Grund einer Antragsablehnung in Revision gehen zu können.
01:04:28
Doch geholfen hat dies eigentlich niemandem, nicht den Verteidigern und schon gar nicht der Wahrheitsfindung
01:04:33
oder den Angehörigen, die einen dreijährigen Prozess über sich haben, ergehen lassen müssen.
01:04:37
Nach dem Fall hat sich dann nicht nur die Presse gefragt, warum teils absurde Anträge stattgegeben werden dürfen.
01:04:43
Auch Landtag und Richterbund hatten sich mit der Frage beschäftigt, wie man Ermittlungen und Strafverfahren schneller über die Bühne bringen könnte.
01:04:50
Und bis heute hat sich das Beweisantragsrecht tatsächlich nicht nur einmal geändert,
01:04:54
weil Strafgerichte und Staatsanwaltschaften Änderungen der Strafprozessordnung forderten.
01:04:58
In den letzten drei Jahren gab es sogar gleich zwei Reformen.
01:05:01
Also wann darf ein Beweisantrag heute abgelehnt werden?
01:05:05
Beispielsweise dann, wenn die Erhebung des Beweises bedeutungslos für die Wahrheitsfindung ist.
01:05:11
Klingt erstmal logisch.
01:05:12
Aber das gilt auch für Behauptungen, die zwar bei der Beweisführung eine Rolle spielen können,
01:05:17
aber am Ergebnis der Beweiswürdigung nichts ändern würden, weil das Gericht den Schluss,
01:05:22
den der Antragsteller oder die Antragstellerin aus der Tatsache ziehen will, nicht zieht.
01:05:28
Dem Angeklagten Müller wird vorgeworfen, seine Freundin geschlagen zu haben.
01:05:32
Die Staatsanwaltschaft beantragt die Vernehmung einer Ex-Freundin des Angeklagten,
01:05:35
Angeklagten, die aussagen kann, dass auch sie von dem Angeklagten geschlagen wurde.
01:05:39
Diesen Antrag kann das Gericht wegen Bedeutungslosigkeit ablehnen,
01:05:43
weil das Gericht das frühere Verhalten des Angeklagten nicht unbedingt als Indiz
01:05:47
bei der Klärung der aktuellen Frage verwenden muss.
01:05:50
Nach dem Motto, weil er es einmal getan hat, muss es nicht sein, dass er es auch wieder getan hat.
01:05:55
Das Gericht kann einen Antrag auch dann ablehnen,
01:05:58
wenn sich die Beweisbehauptung mit dem benannten Beweismittel gar nicht erheben lässt,
01:06:01
zum Beispiel mit dem Beweismittel-Lügendetektor.
01:06:04
Der wird vom Gericht nämlich als völlig ungeeignet angesehen.
01:06:07
Warum auch immer ein Antrag abgelehnt wird,
01:06:10
es braucht immer einen förmlichen Gerichtsbeschluss,
01:06:12
das heißt, dass der vorsitzende Richter oder die Richterin nicht einfach alleine entscheiden kann.
01:06:16
Das kann er oder sie nur, wenn es sich um Anträge handelt,
01:06:20
die einzig und allein der Verfahrensverschleppung dienen.
01:06:22
Sogenannte Scheinbeweisanträge.
01:06:24
Das heißt, wenn Anträge nur gestellt werden, um den Prozess zu verzögern
01:06:29
und das Gericht das erkennt.
01:06:30
Würde der Fall der Polizistenmorde heute stattfinden,
01:06:33
hätte es das Gericht auf jeden Fall einfacher, die Anträge abzulehnen.
01:06:36
Außerdem könnte der Richter oder die Richterin heute auch eine Frist für Beweisanträge aussprechen,
01:06:41
um eine Verschleppung zu verhindern.
01:06:43
Aber zu absichtlichen Verzögerungen kommt es heute trotz Beweisantragsrechtsreformen immer noch.
01:06:49
So wurde zum Beispiel auch der Verteidigung im Koblenzer Mammutprozess
01:06:53
gegen mutmaßlich Rechtsradikale vom Aktionsbüro Mittelrhein Verschleppung vorgeworfen.
01:06:58
Dort waren nämlich an 337 Verhandlungstagen in fast fünf Jahren 500 Befangenheitsanträge,
01:07:04
mehr als 240 Beweisanträge und 400 Anträge zum Verfahrensablauf gestellt worden.
01:07:10
Der Prozess platzte schließlich, weil der vorsitzende Richter in Rente ging
01:07:15
und nicht mehr konnte.
01:07:16
Er ist vor Erschöpfung einfach umgefallen.
01:07:20
Und ein Ersatz konnte auch nicht mehr gefunden werden.
01:07:23
Das Verfahren wurde zunächst ausgesetzt, dann aber ganz eingestellt.
01:07:28
Die Staatsanwaltschaft legte aber dagegen Beschwerde ein und bekam Recht.
01:07:32
Die Begründung des Gerichts war, dass eben weder das Gericht noch die Staatsanwaltschaft
01:07:36
für die Verzögerung irgendwas konnte, sondern ja eben nur die Verteidiger.
01:07:40
Und am 26. Februar 2019 wurde das Verfahren also wieder aufgenommen.
01:07:47
Weitere Einschränkungen beim Beweisantragsrecht sollte es laut den meisten VerteidigerInnen aber
01:07:53
Sie fürchten dadurch nämlich Einschnitte bei den beschuldigten Rechten.
01:07:57
Denn man muss ja bedenken, dass nur weil das Gericht vermutet, dass es sich um eine
01:08:01
Verzögerungstaktik handelt, es nicht unbedingt eine sein muss.
01:08:05
Ja, das ist richtig.
01:08:07
Mit dem Polizisten, mit dem ich für die Folge telefoniert habe, habe ich auch über Gewalt
01:08:12
gegen die Polizei gesprochen.
01:08:13
Und er hat mir erzählt, dass er besonders vor unvermittelten Angriffen Angst hat.
01:08:18
Und so einer war das ja in meinem Fall hier.
01:08:21
Wenn man sich das mal vorstellt, diese beiden Polizisten dachten halt, die kommen dahin, um
01:08:26
diesen Wildunfall aufzunehmen.
01:08:28
Also eine ganz normale Diensttätigkeit, die die da im Weserbergland scheinbar öfters
01:08:34
Und dann sich noch nicht mal wehren zu können.
01:08:36
Naja, vor allem wenn man weiß, dass es völlig egal ist, wen das jetzt gerade trifft, sondern
01:08:43
dass du nur Zielscheibe wegen deines Jobs bist.
01:08:47
Was PolizeibeamtInnen übrigens öfter sind.
01:08:51
Ich habe nur Zahlen aus 2018, weil es die für 2019 noch nicht gibt.
01:08:56
Aber 2018 wurden 79.164 Mal PolizistInnen Opfer einer Gewalttat.
01:09:04
Darunter waren 15 Mal versuchter Mord und 35 Mal versuchter Totschlag.
01:09:10
Taten an sich gab es übrigens nur knapp halb so viele, weil sich eine Tat oft gegen mehrere
01:09:16
Wenn wir die Zahl jetzt so hören, dann kann man ja schon in Sorge geraten, mit wie viel
01:09:21
Gewalt die Polizei täglich zurechtkommen muss.
01:09:23
Und das muss sie auch, keine Frage.
01:09:26
Aber bei den Zahlen muss man ein bisschen vorsichtig sein.
01:09:28
Denn den polizeilichen Kriminalstatistikschlüssel kann man entnehmen, dass unter Gewalt gegen
01:09:33
Polizeivollzugsbeamte, so heißt das da, auch Nötigung, Bedrohung und Widerstand gegen
01:09:40
Vollstreckungsbeamte und gleichstehende Personen gehören.
01:09:43
Tätlicher Angriff auf VollstreckungsbeamtInnen und gleichstehende Personen fällt auch darunter.
01:09:49
Und daran gibt es Kritik.
01:09:51
Denn wenn jetzt beispielsweise bei einer Demo ein Polizist oder eine Polizistin jemanden
01:09:56
grob anfasst, um ihn oder sie davon abzuhalten, irgendwo langzulaufen oder so, und die Person
01:10:01
wehrt sich dann in dem Gefecht, in dem sie versucht, den Beamten oder die Beamtin von sich
01:10:05
wegzuschubsen, dann zählt das auch schon als eine solcher Gewalttaten mit rein.
01:10:11
Und deswegen wird der Tatbestand auch hämisch als Bullenschubsgesetz bezeichnet, was sich
01:10:18
glaube ich nicht zufällig wie Bullenschutzgesetz anhört, denn in eben genannter Auseinandersetzung
01:10:25
stärkt dann dieses Gesetz nämlich die Position der Polizei.
01:10:28
Eben auch, wenn der Polizist oder die Polizistin zuerst Unsachte angepackt hat.
01:10:33
Nur das kurz zur Zahleninterpretation, weil das kommt mir oft zu kurz.
01:10:37
Und im Laufe der Jahre hatten wir immer mal wieder eine geänderte Rechtslage.
01:10:41
Also Strafbestände wurden erweitert, umbenannt, ergänzt, bla.
01:10:45
Und das erschwert dann die Bewertung dieser Zahlen.
01:10:48
Und deswegen hält sich das BKA selbst auch mit einer Gesamtbewertung im Lagebericht zurück,
01:10:54
was die Entwicklung dieser Gewalttaten angeht.
01:10:57
Auch wenn man vorsichtig schon sagen kann, dass sich seit 2013 die Übergriffe gehäuft haben.
01:11:02
Auch das BKA schreibt von einer nötigen Intensivierung der gesellschaftspolitischen Auseinandersetzung mit der zunehmenden Gewaltbereitschaft in der Bevölkerung.
01:11:11
Also ich weiß nicht, wie es dir da geht, aber unabhängig von den Zahlen finde ich es schon hart, so mitzubekommen, mit was PolizistInnen so klarkommen müssen in ihrem Job.
01:11:21
Hier nochmal ein paar Überschriften aus diesem Jahr, die ich gefunden habe.
01:11:26
Spiegel vom 30. Januar. Polizist wird mit kochendem Wasser attackiert.
01:11:31
Tag 24 am 21. Februar. Betrunkener baut Unfall und geht mit Hund auf PolizistIn los.
01:11:37
Hamburger Morgenpost auch am 21. Februar. Schon wieder verletzte Polizisten in Hamburg.
01:11:43
In Hamburg Beamte bei Brandeinsatz angegriffen.
01:11:47
Berliner Morgenpost vom 6. März. Polizisten in Rigaer Straße mit Reiz, Gas und Farbe besprüht.
01:11:54
Ja, in die Rigaer Straße würde ich als Polizist oder Polizistin auch nur ungern.
01:11:59
Und wer greift die PolizistInnen an?
01:12:01
Meist sind es männliche Einzeltäter, die nicht das erste Mal polizeilich in Erkennung treten.
01:12:06
Und oft sind sie alkoholisiert.
01:12:08
Und wie man sich auf solche Situationen als Polizist oder Polizistin vorbereitet, das hat uns Philipp erzählt.
01:12:16
Das ist der Polizist aus Rheinland-Pfalz, mit dem ich telefoniert habe.
01:12:19
Da gibt es beispielsweise Trainings, wo man in Vollausstattung unvermittelt angegriffen wird und darauf reagieren muss.
01:12:27
Und selbst in dieser behüteten Situation ist es sehr unangenehm und sehr überfordernd, dieser Angriff, wenn er eben so unvermittelt kommt.
01:12:38
Aber ich denke, das ist tatsächlich immer noch die beste Möglichkeit, sich auf sowas vorzubereiten.
01:12:43
Ja, und zuletzt wird natürlich auch viel über Videos und Fallbeispiele gearbeitet.
01:12:49
Eigensicherung ist immer ein sehr präsentes Thema, was auch oft wieder aufgegriffen wird mit aktuellen Fällen beispielsweise,
01:12:55
eben wo mal Kollegen verletzt wurden oder wo eben auch vielleicht Fehler auf Seiten der Eigensicherung oder Ähnliches passiert sind.
01:13:03
Und natürlich ist so eine Vorbereitung auf der Polizeischule wichtig.
01:13:08
Aber wenn es einem dann im Dienst wirklich passiert, dann stelle ich mir den Umgang damit oder das Weiterarbeiten danach auch sehr schwierig vor.
01:13:19
Deshalb wollte ich von Philipp noch wissen, welche Hilfe die PolizistInnen da bekommen.
01:13:23
Ja, also wenn es natürlich ganz extrem wird und wirklich dann Fälle passieren, wo man alleine nicht mehr klarkommt,
01:13:31
da gibt es auf jeden Fall Hilfsangebote aus psychologischer und seelsorgerischer Sicht.
01:13:35
Das erste Mittel ist natürlich auch immer das Gespräch mit den Kollegen.
01:13:38
Ich meine, man ist in so einer Situation in der Regel nicht alleine, ist mindestens mal noch ein Streifenpartner da,
01:13:43
wenn nicht sogar eine zweite oder dritte Streife noch, die die Situation ja auch mitbekommen hat.
01:13:47
In den Gesprächen mit den KollegInnen, so hat es mir Philipp noch gesagt, geht es dann auch darum,
01:13:52
dass einem klar wird, dass man nicht als Mensch gemeint war, sondern die Gewalt in der Regel gegen die Uniform und gegen den Staat gerichtet war.
01:14:01
Aber um Hass, den dann die Einzelnen haben, gegen die Polizei vorzubeugen, ist es wichtig,
01:14:07
dass PolizistInnen auch eben als Menschen wahrgenommen werden.
01:14:10
Und bei meiner Recherche zu dem Thema bin ich auf die Facebook-Seite Polizist gleich Mensch gestoßen.
01:14:16
Und die wird betrieben von mehreren PolizistInnen und dort wird über ihren Beruf und ihren Alltag aufgeklärt.
01:14:24
Und einer der Administratoren, Markus Vogt, hat mir erklärt, dass die Idee zu der Seite kam, um eine Lücke zu schließen.
01:14:30
Und zwar gibt es ja mittlerweile viele offizielle Polizeiseiten im Internet.
01:14:33
Die müssen sich aber an bestimmte Regeln halten.
01:14:36
Und als Markus die Seite online stellte, bestand bei den meisten offiziellen Seiten noch das Rückkanalverbot,
01:14:42
also dass die Polizei nur in eine Richtung informieren, aber halt nicht auf Rückfragen reagieren durfte.
01:14:48
Und Markus' Ziel war es eben, von Anfang an zu reagieren und so Bürgernähe, Diskussion auf Augenhöhe und Information zu bieten.
01:14:56
Und mittlerweile ist die Facebook-Seite zur größten deutschsprachigen, nicht-offiziellen Polizeiseite geworden.
01:15:02
Er möchte den Menschen in der Uniform zeigen, was er denkt und fühlt und welche Ziele und Wünsche er hat.
01:15:07
Und auf dieser Seite können halt deshalb BeamtInnen Beiträge posten und auch ihre Meinung sagen.
01:15:14
Aber auch BürgerInnen können ihre Erfahrungen mit der Polizei veröffentlichen und damit auch zur Diskussion anregen.
01:15:20
Ich fand das halt ganz cool, da so durchzuscrollen, weil man ja wirklich den Alltag von PolizistInnen nicht kennt
01:15:27
und auch nicht unbedingt weiß, wie sie denken und wie sie fühlen, was weiß ich, weil sie im Dienst ja schon neutral sein müssen
01:15:33
und natürlich da auch nicht ihre Meinung äußern.
01:15:37
Und da geht es eben schon.
01:15:39
Ich finde das auch immer super, wenn die Polizei 24 Stunden lang twittert.
01:15:43
Diese ganzen Einsätze, wo du auch so siehst, oh mein Gott, ja, das müssen die auch alles.
01:15:48
Die müssen sich auch mit den Anrufen beschäftigen von den Opernsängern gegenüber und zur Not dann da anrücken.
01:15:54
Ja, ich glaube, dass das ein Problem ist, dass man PolizistInnen teilweise unterbewusst diese Macht sowieso zuschreibt.
01:16:03
Und dass man dann denkt, ja, mit diesen Anfeindungen, mit denen die täglich zu tun haben, damit müssen sie erstens rechnen
01:16:09
und dann kommen solche Sprüche halt wie ja Augen auf bei der Berufswahl oder so.
01:16:13
Und zweitens, dass man das dann nicht so ernst nimmt, weil man sie selbst in diese erhobene Position hebt
01:16:19
und denkt, naja, die werden damit schon irgendwie klarkommen.
01:16:22
Deswegen fand ich es auch so interessant jetzt für die Vorbereitung zu der Folge mit Polizisten zu sprechen
01:16:28
und auch von ihnen zu hören, wie das dann ist, dann in so einem Einsatz, ja.
01:16:34
Und Philipp hat mir auch erzählt, wie das dann für ihn war, als halt ein Täter mit einem Messer direkt vor ihm stand, ja.
01:16:42
Ja, also das muss man sich auch halt immer mal wieder klar machen, dass es zu solchen Einsätzen kommen kann.
01:16:48
Ja, und ich glaube, dass da noch nicht so viel getan wird, um PolizistInnen da so zu unterstützen und das auch ernst zu nehmen,
01:16:56
womit die halt mit was für einer Qualität angeweiht, die immer zu tun haben auch.
01:17:01
Wobei ja einige Sachen schon eingesetzt wurden jetzt oder verändert wurden zu deren Sicherheit.
01:17:07
halt eben auch, um sie besser vor Angriffen zu schützen.
01:17:10
Beispielsweise jetzt so Stichschutzschals, Stichschutzschals, was für ein Wort.
01:17:15
oder Schutzwesten, aber auch sogenannte Taser sind Instrumente zur Eigensicherung.
01:17:20
Und diese Abschreckungswirkung alleine bei den Tasern war in den ersten Tests schon so groß,
01:17:26
dass das oft schon gereicht hat, wenn die diese Elektrowaffen einfach nur gezeigt haben.
01:17:32
Und dann kam es eben gar nicht erst zu so einer Eskalation.
01:17:34
Eine weitere Maßnahme ist ja die Bodycam.
01:17:37
Die haben ja den Vorteil, dass sie neben der Beweissicherung dann auch noch dazu dienen,
01:17:41
die Hemmschwelle bei Auseinandersetzungen zu erhöhen.
01:17:44
Und zwar auf beiden Seiten.
01:17:47
Auch ich habe mir von zwei Polizisten sagen lassen, dass einige KollegInnen dann doch auch eher zurückhaltender in so einer Auseinandersetzung gehen
01:17:54
und auf ihre Sprache beispielsweise aufpassen, sobald die Kamera eingeschaltet ist.
01:17:59
Aber das auch zu einer unangebrachten Zurückhaltung führen kann.
01:18:02
Weil wenn man ständig sich beobachtet fühlt und man dann seinen Job vielleicht nicht mehr so ausführen kann wie früher,
01:18:08
weil man Sorge hat, dass das Video dann später gegen einen verwendet wird, dann ist das natürlich auch nicht Sinn der Sache.
01:18:14
Aber was man so bisher gelesen hat, habe ich so wahrgenommen, dass die Polizei weitestgehend jetzt erste positive Tests und Erfahrungen mit den Bodycams gemacht hat.
01:18:23
Ja, es ist halt auch irgendwie so eine Art Versicherung.
01:18:26
Also was auch immer da passiert ist, wenn du angegriffen worden bist, dann ist das eben on tape und dann ist es nicht mehr Aussage gegen Aussage, wie so oft.
01:18:35
Kommt natürlich darauf an, wann man dann die Kamera eingeschaltet hat, aber ja.
01:18:40
Und jetzt, wo wir beide Positionen behandelt haben, kommt man ja auch vielleicht darauf, dass die Gewalt gegen die PolizistInnen auch ein Grund ist für die Polizeigewalt, sei sie jetzt rechtmäßig oder nicht.
01:18:53
Mein Informant, habe ich ja schon erzählt, kennt niemanden, der ohne Grund jemanden ein Zitat in die Fresse haut.
01:18:58
Aber auch er hatte neulich eine Auseinandersetzung mit einer psychisch kranken Person.
01:19:03
Und es war halt eine Frau und er meinte, die hat gebissen, getreten und gekratzt.
01:19:07
Und dann hat er ihr eben auch eine, wie der Zitat, gezimmert.
01:19:13
Aber er meint, er hat halt auch schon mit so richtigen Polizeihassern zu tun gehabt, die halt so lange provozieren oder dann halt auch den ersten Schlag machen und dann aber nachher natürlich die PolizistInnen anzeigen, wenn die sich dann dagegen wehren.
01:19:32
Und dann wundern sie sich noch, dass die, die dann halt auch wirklich außer Gefecht sitzen möchten.
01:19:39
Noch eine andere Sache, die auch mit der Polizeiarbeit zu tun hat und die ich dir schon lange erzählen will.
01:19:46
2018 gönnt sich Werner S. einen kleinen, schnellen Flitzer.
01:19:50
Nach 20 Jahren Dienst als Polizist wollte er sich was gönnen.
01:19:54
Der 52-Jährige ist bis 2018 normal zum Dienst gegangen, hat in der Freizeit geboxt und war gesund.
01:20:02
Wir sind uns doch einig, dass die, die uns die öffentliche Sicherheit und die Ordnung schützen sollen, auch selbst geschützt werden müssen, oder?
01:20:11
Werner S. musste das Auto wieder verkaufen.
01:20:15
Er war sich nämlich nicht sicher, ob er es sich finanziell leisten könnte, es zu behalten.
01:20:19
Der Grund dafür sind teure Behandlungskosten.
01:20:22
Werner S. hat kurz nach dem Autokauf erfahren, dass er an Krebs leidet.
01:20:27
Er hat ihn in der Lunge, in der Bauchspeicheldrüse.
01:20:30
Seitdem erkennt er den Mann im Spiegel nicht wieder.
01:20:34
Er ist dünn geworden.
01:20:35
Werner S. trainierte damals zwischen 1998 und 2007 während seiner Zeit beim Spezialeinsatzkommando am Schießstand in der Bernauer Straße in Berlin.
01:20:45
Viele vom SEK, den Präzisionsschützinnen, aber auch Schießlehrende klagen in der Zeit nach den Übungen dort und auch auf anderen Schießständen in Berlin über Kopfschmerzen, Übelkeit, Husten, gereizte Augen und schwarze Rückstände in der Nase.
01:21:00
Die Frau von Werner S. erzählt der BZ, dass sie seine Klamotten nie mit den anderen waschen konnte, weil sie so voller Ruß waren.
01:21:07
Einige der Polizistinnen haben heute wie Werner S. Krebs, andere Lungenerkrankungen.
01:21:13
Die Abluftanlagen an den Schießständen, in denen Werner S. und andere trainierten, funktionierten nämlich nicht so, wie sie eigentlich sollten.
01:21:20
Die Schwermetalle landeten dann statt in ihnen in den Lungen der trainierenden Polizistinnen.
01:21:26
Und so waren sie in den Hallen ständig giftigen Dämpfen und damit einer enormen Schadstoffbelastung ausgesetzt.
01:21:33
2015 berichtete der RBB das erste Mal darüber.
01:21:36
Und seitdem sind laut BDK und Berliner Interessengemeinschaft solidarischer Staatsbediensteter insgesamt 17 Polizistinnen gestorben,
01:21:46
deren Tod im Zusammenhang mit den Folgen der eingeatmeten Pulverdämpfe stehen könnte.
01:21:51
Die Dunkelziffer dürfte aber natürlich deutlich höher sein, da nicht alle Todesfälle in den Zusammenhang gebracht und gemeldet werden.
01:21:58
Besonders brisant ist, dass es 2005 schon erste Hinweise auf eine zu hohe Schadstoffbelastung gab.
01:22:04
Und im Jahr 2010 gab es ein Gutachten, das auch davon abriet, die Schießstände weiterhin zu benutzen,
01:22:09
weil von ihnen wohl eine akute Gesundheitsgefährdung ausging.
01:22:12
Und trotzdem wurden sie noch bis 2013, teilweise bis 2014 benutzt.
01:22:17
Nun sind die Betroffenen teilweise schwer krank,
01:22:20
aber die Kausalität zwischen marodem Schießstand und Erkrankung ist medizinisch halt schwer eindeutig nachzuweisen.
01:22:28
Und deswegen erstellte die Charité eine Studie zur Schießstand-Affäre.
01:22:31
Aus dem daraus entstandenen Gutachten geht hervor,
01:22:34
dass kein Zusammenhang zwischen den maroden Schießständen und den Erkrankungen festgestellt werden konnte.
01:22:39
Aber die Studie steht stark in der Kritik, wie mir Michael Böhl vom Bund Deutscher Kriminalbeamter erzählt.
01:22:45
Was wir kritisieren an dieser Stelle und was nicht nachvollziehbar ist,
01:22:49
erstens die Gruppe der Betroffenen, mittlerweile ungefähr 1600, die in Frage kommen, sind überhaupt nicht untersucht worden.
01:22:55
Man hat sie als Vergleichsgruppe überhaupt nicht in Betracht gezogen, auch nicht als externe Gruppe.
01:23:01
Man hat also viel Schießer, wenig Schießer und gar keine Schießer als Vergleichsgruppen genommen.
01:23:06
Allerdings muss man dazu sagen, sie haben weder auf den Ständen geschossen,
01:23:10
noch haben sie mit der alten, stark belasteten Munition geschossen.
01:23:14
Sie haben die neue schadstoffreduzierte Munition benutzt.
01:23:17
Und das ist das Problem.
01:23:18
Wir haben überhaupt keine Vergleichswerte.
01:23:20
Also wir sind genauso schlau wie vorher und die Studie ist noch auf dem Prüfstand.
01:23:23
Wir gehen davon aus, dass sie in dieser Form den wahren Schadensverhalt bei den betroffenen Mitarbeitern
01:23:30
überhaupt nicht, überhaupt nicht erkennt bzw. aufwirft.
01:23:34
Hier erkennt ja schon ein Laie wie ich, dass diese Studie überhaupt keinen Sinn macht.
01:23:39
Wer hat die denn überhaupt in Auftrag gegeben?
01:23:41
Das war der Berliner Senat für Inneres.
01:23:45
Karl-Max Einhäupel, der damalige Vorstand der Charité, sagte selbst,
01:23:50
sie konnten keine Hinweise auf gesundheitliche Probleme ausgelöst durch die giftigen Dämpfe ausmachen.
01:23:55
Aber das würde eben nicht heißen, dass sie sie nicht doch verursacht haben.
01:23:59
Mittlerweile wurden wegen dieser Schießstand-Affäre schon 489 betroffene PolizistInnen durch einen Fonds entschädigt.
01:24:06
3,3 Millionen Euro sind aus dem her auch bisher bezahlt worden.
01:24:09
Und Werner S. und ein Kollege von ihm, die haben auch schon versucht,
01:24:13
ihre Schwermetallvergiftung vom Berliner Verwaltungsgericht als Berufskrankheit anerkennen zu lassen.
01:24:18
Und das Gericht wies die Klage aber ab, weil sie das innerhalb von zehn Jahren nach der Diagnose hätten melden müssen und nicht erst nachdem der Skandal publik wurde.
01:24:27
Und jetzt kann man sich schon denken, viele erkranken an Krebs und dass meine eigene Krebserkrankung etwas mit meiner Arbeit zu tun haben könnte.
01:24:35
Darauf kommen sicherlich die wenigsten, vor allem, wenn das vorher nicht bekannt ist.
01:24:38
Und diese Anerkennung einer Berufskrankheit wäre aber für die sehr wichtig gewesen, weil ihnen dann höhere Bezüge zustehen würden und ihnen die finanzielle Belastung für medizinische Versorgung teilweise abgenommen werden würde.
01:24:50
Die Staatsanwaltschaft ermittelt momentan wegen des Verdachts auf fahrlässige Körperverletzungen durch Unterlassen.
01:24:56
Und zwar gegen den damaligen Polizeichef Klaus Kant und seine damalige Stellvertreterin Margarete Koppers.
01:25:02
Beide sind heute nicht mehr im Dienst.
01:25:04
Nun rate aber, wer heute Generalstaatsanwältin in Berlin und damit die Vorgesetzte von den StaatsanwältInnen ist, die die Ermittlungen leiten.
01:25:14
Genau, Margarete Koppers.
01:25:18
Das heißt, die Staatsanwaltschaft ermittelt gerade gegen ihre eigene Chefin.
01:25:23
Das Verfahren wird aber nicht unter ihrer Aufsicht geführt, muss ich dazu sagen.
01:25:28
Werner S. hat seinen Job als Polizist immer als Berufung gesehen und seine Arbeit hat sein Leben bereichert.
01:25:35
Aber schon letztes Mal sagte man ihm, dass er 2020 wohl nicht überleben wird.
01:25:42
Dieser Fall hätte ja eigentlich auch ganz gut in unsere letzte Folge gepasst.
01:25:46
Hier hat ja auch jemand am Arbeitsplatz Fehler gemacht und damit Menschen in Lebensgefahr gebracht.
01:25:52
Aber was ich besonders furchtbar finde, ist ja, dass diese PolizistInnen jetzt nicht nur gegen Krankheiten kämpfen müssen, sondern auch noch um ihre Gerechtigkeit.
01:26:03
Tatsächlich gibt es ähnliche Affären in den USA, wo das auch ganz anders gelaufen ist.
01:26:09
Also das ist jetzt kein Phänomen, was nur hier in Berlin mal vorgekommen ist, sondern das gab es auch schon mal.
01:26:14
Und da wurden die dann aber auch entsprechend anders entschädigt.
01:26:19
Also ich habe gedacht, ich bin hier bei Erin Brockovich, ja. Das ist ja unfassbar.
01:26:23
Ja. Und man kann ja wirklich gespannt sein, ob es zu einem Prozess kommt, wenn die eigenen Leute oder im eigenen Haus sozusagen ermittelt wird.
01:26:32
Ich habe ja Sorge, dass die Polizei mich demnächst ins Visier nimmt.
01:26:38
In einer früheren Folge erklärten wir ja die Mittäterschaft anhand meines Hundes Fussel, der den Schäferhund eines Nachbarn abmurkst.
01:26:46
Und in meiner Nachbarschaft fürchten die Hunde jetzt nicht nur Fussel, sondern ältere Menschen, auch mich.
01:26:53
Vor zwei Wochen wollte ich ja auf Kinder aufpassen oder Omas oder Opas helfen beim Einkaufen.
01:27:00
Aber über diese Nachbarschafts-Apps, da kam halt so wenig bei rum.
01:27:04
Und dann fing ich an auf der Straße, Leuten, die nach Omas oder Opas aussehen, hinterherzulaufen.
01:27:12
Und die zu fragen, ob ich bitte für die einkaufen gehen kann.
01:27:17
Und sie dachten sich nur, bleib mir vom Leib, du Virus.
01:27:23
Oder sie dachten, ich sehe in meinem schwarzen Outfit vielleicht auch nicht gerade so vertrauenserweckend aus.
01:27:29
Also so mit zunehmenden Absagen wurde mein Ton dann auch immer rauer.
01:27:33
Bitte kann ich Ihnen helfen.
01:27:37
Naja, auf jeden Fall, mein letzter Versuch war so eine kleine Omi mit einem Rollator.
01:27:42
Und ich bin ja schon eine Weile hinterher getapst, weil ich mich auch da wieder dann erst nicht so getraut habe.
01:27:48
Und das hat sie wohl gemerkt.
01:27:49
Und dann so ein bisschen Angst geschoben.
01:27:51
Naja, auf jeden Fall hatte ich sie dann gefragt, ob ich ihr helfen kann, weil sie ging so Richtung Supermarkt.
01:27:56
Und dann meinte sie so, nee, nee, ich will hier nur was um die Ecke gucken.
01:27:59
Und ich dann so, ja, okay.
01:28:03
Und dann habe ich die kleine Lügnerin im Supermarkt beim Joghurt erwischt.
01:28:09
Hat sie dich auch gesehen?
01:28:11
Ich glaube, so doll konnte die nicht gucken, weil die hat sich die Joghurtdrinks so doll vor die Nase gepresst.
01:28:19
Aber ich muss sagen, ich war hart beleidigt einfach, ja.
01:28:23
Ich möchte unbedingt, wirklich unbedingt eine Oma oder einen Opa aus der Nachbarschaft.
01:28:28
Und ich weiß nicht, warum sie mich nicht wollen.
01:28:31
Ich würde das mit diesem Zettel einfach machen und dann melden sie sich.
01:28:35
Weil wenn du so auf die zugehst, dann denken die schon, die haben ja Angst vor jedem Sozialkontakt gerade.
01:28:40
Das heißt, jede Sekunde, die du mit denen redest und deine Hilfe anbietest, ist quasi eine Sekunde zu viel für die.
01:28:45
Aber ich habe schon einen Zettel rausgehangen.
01:28:48
Ja, aber dann kannst du nicht mehr machen.
01:28:50
Dann sind die vielleicht schon versorgt mit so einer netten Nachbarin.
01:28:54
Aber ich kann das viel besser machen als die, weiß ich nicht, meinte ich immer auf dem Fussel.
01:29:01
Weißt du, wie ich den Punkt genannt habe?
01:29:04
Okay, tschüss, tschüss, abschließend.
01:29:10
Das war ein Podcast von Funk.