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Du erinnerst dich an unser Gespräch über die Twitter-NutzerInnen, die über Prominente
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da geschrieben haben und dieser Mann, der fast von Jens Spahn oder der von Jens Spahn
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eine Rippe gebrochen bekommen haben will, als der seine Autotür aufgerissen hat.
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Vor zwei Tagen hätte ich fast Jürgen Trittin überfahren.
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Das hätte auch eine lustige Twitter-Perle gegeben.
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Da kam ich nämlich gerade von meinem Lieblingsbäcker und auf der mir entgegenkommenden Spur fuhr so
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ein totaler Idiot und der hat ständig gebremst, weitergefahren, gebremst, weitergefahren.
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Und die Radfahrer hinter dem, die waren schon total sauer, die werden dem am liebsten an
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die Gurgel, die haben schon ihre Fäuste geballt und weil die ihm natürlich fast immer hinten
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reingefahren werden.
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Und die haben sich dann so sehr auf den Fahrer konzentriert und nicht gesehen, dass
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ich in der Zwischenzeit schon längst aus meiner Parklücke raus war und die somit eigentlich
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den nicht mehr links hätten einfach so überholen dürfen, weil es war eine relativ schmale
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Also musste ich dann eine Vollbremsung machen, weil Jürgen Trittin, ohne auf die Straße zu
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gucken, an diesem Typen vorbeigefahren ist.
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Oh Gott, das wäre vielleicht so ein Fall hier geworden.
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Wir wollten ja nochmal was über PolitikerInnen machen.
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Und damit sind wir schon mittendrin bei Mordlust, einem True-Crime-Podcast von Funk.
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Hier geht es um wahre Verbrechen und ihre Hintergründe.
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Mein Name ist Paulina Kraser.
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Und ich bin Laura Wohlers.
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In jeder Folge haben wir ein Oberthema, zu dem wir zwei wahre Kriminalfälle nacherzählen,
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darüber diskutieren und auch mit ExpertInnen darüber sprechen.
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Wir reden hier auch mal ein bisschen lockerer miteinander.
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Das hat aber nichts mit einer fehlenden Ernsthaftigkeit zu tun.
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Das ist einfach für uns so eine Art Comic-Relief, damit wir zwischendurch auch mal aufatmen können.
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Das ist aber natürlich nie despektierlich gemeint.
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Heute geht es bei uns um das Fahrzeug als Tatwaffe.
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Da reden wir heute unter anderem drüber, weil der BGH gerade in dieser Woche wieder was Neues
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zu den Kuhdarmrasern entschieden hat.
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Und da gehen wir im Laufe der Folge noch drauf ein.
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Ja, gerade kann man in Deutschland ja offenbar ganz gut rasen, weil auf den Straßen so wenig
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los ist wegen Corona.
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Und das wird von der Rasa-Szene ausgenutzt.
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Zumindest in Berlin ist die Zahl der illegalen Autorennen extrem gestiegen.
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Im April gingen 98 Strafverfahren bei der Justizverwaltung in Berlin ein.
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Nur mal so zur Relation, das sind 60 Prozent mehr als im April letzten Jahres.
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Und 46 dieser Rennen endeten mit einem Unfall.
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Wobei man ja sagen muss, dass die Polizei von vielen solcher Rennen gar nichts mitkriegt.
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Aber nicht nur in Berlin, auch anderswo in Deutschland sind die Zahlen von diesen Geschwindigkeitsverstößen
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mit besonders hohen Tacho-Zahlen in den letzten Wochen gestiegen.
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Und darunter waren nicht nur Leute, die jetzt irgendwie Rennen gefahren sind, sondern auch ganz
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normale Fahrerinnen, die halt einfach viel zu schnell unterwegs waren.
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So wurde beispielsweise in Rosenheim ein 21-Jähriger mit 140 anstatt der erlaubten 50 innerorts geblitzt.
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Ein Motorrad ganz in der Nähe dort in Bayern mit 229 bei erlaubten 80.
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Und in Hannover war ein Autofahrer auf der A7 unterwegs und zwar mit 225 bei erlaubten 100.
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Und dieser Typ, also es wird geblitzt und dieser Typ hat auch noch ein Handy am Ohr.
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Dann habe ich noch ein Video gefunden im Internet von einem Ferrari-Fahrer, der ebenfalls auf der A7 unterwegs war,
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da in der Nähe von Hannover, der mit 372 auf der Autobahn rast.
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Und so viel kann man fahren.
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Das Schlimmste ist, dass er das selber gefilmt hat.
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Er hat das Handy in der einen Hand und filmt den Tacho und fährt quasi 372 kmh einhändig.
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Und die Blitzbirne hat das Video davon dann auch noch selbst online gestellt, oder was?
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Ja, aber die haben den trotzdem noch nicht gefunden.
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Ach, das kennt man nur über sein eigenes Video.
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Ja, schade, weil der Aufwand ist bestimmt zu groß, da nachzugehen, wer das da reingestellt hat,
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weil am Ende geht es hier ja nur um Handy am Steuer und nicht irgendwie um eine Strafsache.
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Ja, aber ich finde es auch unmöglich, dass man das dann auch noch ins Internet stellt und irgendwie damit angibt.
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Total, aber genau das machen halt eben viele Raser, weil es genau darum geht, also um anzugeben.
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Wie man übrigens auch sehr schön an meinem Fall heute sehen kann.
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Ich habe die Namen aller Beteiligten geändert.
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Wenn die Räder laut über den Asphalt rollen und Häuser, Bäume und Menschen so schnell vorbeiziehen,
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dass man sie nicht mal mehr richtig wahrnehmen kann, dann ist man nah dran an dem Kick.
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Trunken vor Schnelligkeit.
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Emi weiß, dass ihn dann keiner mehr einholen kann.
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Manchmal fordert er Sportkarren heraus, aber wenn er auf seinem Motorrad Gas gibt, dann sehen die anderen nur noch seinen Rücken.
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Kamera an den Helm geklemmt und los geht's.
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Wenn er dann durchzieht und der Motor donnert, dann kann man hören, wie er vor Freude, wie das schon klingt, so pervers, schreit und lacht.
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Emi ist ganz in seinem Element.
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Während ZuschauerInnen dann aus der subjektiven Das sehen, was er sieht, kommentiert er.
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Die Videos stellt Emi seit 2015 auf YouTube online.
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Emi ist Motorvlogger.
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Sein Kanal lebt von seinen Motorradvideos.
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Mal sind es Spritztouren mit Kumpels durch die Bremer Innenstadt oder er erzählt was von dem Equipment, was er benutzt.
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Mittlerweile ist Emi einer der bekanntesten Motorvlogger.
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Der 23-Jährige hat über 80.000 AbonnentInnen und verdient jetzt sogar Geld damit.
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Vielleicht bald sogar so viel, dass er davon leben könnte.
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Emi wohnt nämlich noch zu Hause.
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Nach dem Abi hat er erstmal angefangen, Maschinenbau und Produktionstechnik zu studieren.
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Das hat er aber nach zwei Semestern wieder abgebrochen.
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Jetzt wollte er es eigentlich mit Lehramt versuchen, aber er hat den Fitnesstest für das Fach Sport schon zweimal versemmelt.
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Deswegen kommt ihm das Geld, das er durch die Werbung einnimmt, gerade recht.
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Zusätzlich verdient er sich auch noch durch seinen Job am Bremer Flughafen, bei der Autovermietung und am Fließband von Mercedes was dazu.
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Aber vielleicht muss er das jetzt bald nicht mehr.
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Denn Emis Kanal wächst schnell.
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In der Motor-Community wird er gefeiert.
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Emi ist fast schon Kult.
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Und das liegt vor allem an seinen waghalsigen Stunts und Fahrten.
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Mit 170 kmh und manchmal noch schneller breddert er durch die Bremer Innenstadt.
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Jagd, wie er es nennt, andere Autos, fährt dabei, wie die Aufnahmen belegen, wie von allen guten Geistern verlassen.
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Auf mehreren Clips kann man sehen, wie er gegen die Straßenverkehrsordnung verstößt,
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indem er dreimal schneller fährt als erlaubt oder bei roten Ampeln nicht hält.
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Gemeldet hat das bisher offenbar niemand.
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Nur die Nachbarn haben schon öfter mal die Polizei gerufen.
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Einige halten Emi nämlich für einen geltungsbedürftigen Spinner, wie ein Nachbar sagt.
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Die Polizei hat ihn aber nie selbst beim zu schnell fahren erwischt.
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Obwohl man das natürlich auf vielen Videos auf seinem Kanal sogar sehen könnte.
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Eines dieser Videos zeigt, wie er mit einem Kumpel zwischen zwei stehenden Straßenbahnen durchrast.
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Ein anderes, wie es beinahe zu einem Unfall kommt.
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Ein blauer Pkw kommt von rechts aus einer Seitenstraße auf Emis Fahrbahn.
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Es fehlt nicht viel und die beiden krachen zusammen.
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Emi fährt an dem Auto vorbei, dreht sich um und zeigt der Person hinterm Steuer den Mittelfinger.
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Solche Ausweichmanöver oder auch Situationen, bei denen am Ende die Polizei beispielsweise einschreitet,
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wegen zu hoher Geschwindigkeit zum Beispiel, bringen besonders viele Klicks.
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Beim Ansehen denkt man sich, was, wenn jetzt jemand auf die Straße getreten wäre.
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Aber der junge Mann macht den Eindruck, als würde er sich für den König der Straße halten.
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Sich selbst total überschätzen.
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Was bei diesen beinahen Unfällen auch klar wird, ist, dass Emi nicht nur für andere eine Gefahr ist,
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sondern vor allem auch für sich selbst.
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Denn er kann seine 200 PS Maschine gar nicht so kontrollieren, wie er immer meint.
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Vor allem, weil Emi gar nicht den Führerschein dafür hat, sondern nur einen der Klasse A2.
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Und damit darf er nur Motorräder mit bis zu 48 PS fahren.
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Als Emi am 17. Juni 2016 seine Helmkamera einschaltet und sich auf sein Motorrad schwingt,
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was er eigentlich gar nicht fahren darf, spricht er darüber, wie viel Zeit er in Zukunft in YouTube stecken will.
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Er erzählt von seinen Überlegungen, hauptberuflich die Videos zu machen,
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aber auch davon, dass man ja nicht wisse, ob und wie lange das noch weiter so gut läuft.
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Deswegen sagt er, sei sein Plan erstmal zu studieren, aber seine Nebenjobs am Flughafen und bei Mercedes aufzugeben
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und durch die Videos die finanzielle Lücke auszugleichen.
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Als das Video abgedreht ist, schaltet er die Helmkamera aus und macht sich gegen 21 Uhr auf den Heimweg.
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Es ist 20 vor 10 und Emi fährt mal wieder mindestens doppelt so schnell, als in der Stadt erlaubt ist.
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Emi fängt irgendwie an zu träumen, konzentriert sich nicht mal so richtig auf das, was da vor ihm liegt.
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Die Ampel, auf die er zufährt, zeigt für ihn zwar grün, aber als Emi dann fast auf ihrer Höhe angekommen ist,
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tritt plötzlich ein alter Mann auf die Straße.
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Emi sieht ihn, bremst mit aller Kraft, hofft, dass es noch reicht.
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Er denkt, scheiße, scheiße, scheiße, bremst weiter.
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Dann knallt er mit voller Wucht frontal auf den Mann.
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Der wird mehrere Meter weit in die Luft gewirbelt, kommt am Boden auf.
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Emi verliert die Kontrolle über sein Motorrad und stürzt.
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Danach ist alles schwarz.
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Als Emi seine Augen öffnet, liegt er im Krankenhaus.
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Er ist schwer verletzt, wurde operiert.
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Emi hat einen Ellenbruch und einen Nervenriss im Halswirbelbereich.
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Nach dem Aufprall kann er sich an nichts erinnern.
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Was ist passiert? fragt er sich.
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Dann betritt ein Polizist sein Zimmer.
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Er stellt sich zu Emi ans Krankenbett.
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Emi will wissen, was mit dem Mann ist.
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Der Polizist sagt erstmal nichts.
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Emi weiß, was das bedeutet.
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Danach erklärt der Kommissar, dass der Unfallgegner gestorben sei.
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Bei Emi bricht alles zusammen.
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Er fängt an zu weinen und schreit.
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Nein, nein, das kann nicht sein.
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Der Kommissar muss einen Seelsorger dazu holen.
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Der Rentner, Karl W., war noch am Unfallort gestorben.
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Einen Tag nach dem Unfall, also am 18. Juni, postet Emi ein Foto aus dem Krankenbett auf Instagram.
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Bei seiner Community hat sich schnell rumgesprochen, dass Emi einen Unfall hatte.
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Auf dem Bild sind seine Beine zu sehen.
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Er hat große Schürfwunden an beiden Knien und am rechten Schienbein.
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Dazu schreibt er, moin Leute, mir geht's soweit gut.
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Hat sich ja ordentlich rumgesprochen.
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Werde noch einige Tage im Krankenhaus liegen.
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Bis dahin keine Videos mehr.
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Sobald ich wieder zu Kräften komme, sag ich was zu dem Unfall.
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Danke, euer Emi.
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Aber dazu kommt es nicht mehr.
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Das Amtsgericht Bremen hat bereits Haftbefehl gegen Emi erlassen.
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Nach einer Woche Schonfrist wird er noch im Krankenhaus verhaftet und in die JVA Bremen gebracht.
00:11:25
Angeblich besteht Flucht- und Verdunklungsgefahr.
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Gegen Emi wurde ein Verfahren eingeleitet.
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Anders als bei den meisten Verkehrsdelikten mit Todesfolge,
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ermittelt die Staatsanwaltschaft aber nicht wegen fahrlässiger Tötung,
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sondern wegen Totschlags.
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Die Polizei ist auf die Videos von Emi gestoßen und daraufhin zu dem Schluss gekommen,
00:11:45
dass er bei seinen wiederholt waghalsigen Fahrten den Tod anderer belegend in Kauf genommen hat.
00:11:51
Dass er also bedingt vorsätzlich gehandelt hat, als er mal wieder viel zu schnell gefahren ist.
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Willst du noch mal kurz erklären, was bedingter Vorsatz heißt?
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Ja, und zwar dieser Vorsatz unterscheidet Mord und Totschlag von der fahrlässigen Tötung.
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Gelingter Tötungsvorsatz ist gegeben, wenn der Täter oder die Täterin den Tod als mögliche,
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nicht ganz fernliegende Folge seines oder ihres Handelns erkennt.
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Das ist das sogenannte Wissenselement.
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Und dazu braucht es aber noch das Willenselement.
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Wenn er oder sie den Tod anderer also billigt oder das zumindest in Kauf nimmt,
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um beispielsweise ein Rennen zu gewinnen.
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Also man muss nicht sagen, ich will, dass jemand anderes stirbt.
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Es reicht auch, wenn einem das gleichgültig ist oder es kann auch sein, dass es an sich unerwünscht ist.
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Fahrlässigkeit liegt dagegen vor, wenn der Täter oder die Täterin mit beispielsweise dem Tod einer Person
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nicht einverstanden ist und ernsthaft darauf vertraut, dass keine Person zu Schaden kommt.
00:12:49
Also nach dem Motto, es wird schon gut gehen.
00:12:53
Die Staatsanwaltschaft geht bei Emi aber davon aus, dass er bei den Fahrten gedacht habe, und wenn schon.
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Denn wer die Verkehrsregeln immer wieder so missachtet, wie Emi es getan hat,
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nimmt es belegend in Kauf, dass andere dabei schwer verletzt werden oder eben sterben, meint die Staatsanwaltschaft.
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Am 12. Dezember 2016 steht Emi vor Gericht.
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Sein rechter Arm hängt in einer Schlinge.
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Die Ärzte vermuten, dass er ihn nie wieder richtig wird bewegen können.
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Seine beiden Anwälte helfen Emi, sein Gesicht vor den vielen Kameras mit einem Aktendeckel zu schützen.
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Man sieht nur seine schulterlangen Haare an den Seiten etwas herausgucken.
00:13:30
Es ist ein medienwirksamer Fall.
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Denn entgegen der ersten Anklageschrift ist Emi jetzt nicht mehr wegen Totschlags, sondern wegen Mordes angeklagt.
00:13:40
Die Staatsanwaltschaft hatte die Anklageschrift noch einmal geändert.
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Sie hat jetzt nämlich Hinweise darauf gefunden, dass Emi vor dem Crash in mindestens eine weitere Situation verwickelt war,
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die erst zu dem Unfall geführt haben soll.
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Es fand sich ein Zeuge, der sagte, Emi habe vor dem Unfall seinen Wagen bei einem Manöver touchiert und dabei sein Blinklicht beschädigt.
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Daraufhin habe Emi Fahrerflucht begangen.
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Er sei deswegen so schnell gefahren, um seine Straftat zu verdecken.
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Und darin sieht die Anklage ein Mordmerkmal.
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Verdeckung einer anderen Straftat.
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Ach so, weil er quasi vorher Fahrerflucht begangen hat, ist er so schnell unterwegs gewesen.
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Also meint die Staatsanwaltschaft.
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Ich war auch etwas verwirrt, als ich das das erste Mal gehört habe, weil solche Fälle bisher haben wir ja noch nicht gehabt.
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Bei uns war das, wie beispielsweise bei Höxter, hing die Verdeckungsabsicht immer auch mit demselben Opfer zusammen.
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Aber das ist nicht das einzige Mordmerkmal, was die Staatsanwaltschaft hier erfüllt sieht.
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Sie sieht auch noch das der niedrigen Beweggründe für erfüllt.
00:14:45
Emi sei ein Menschenleben nicht so wichtig gewesen, wie seine persönliche Darstellung in den Medien.
00:14:50
Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, rücksichtslos gefahren zu sein, um sich selbst einen Kick zu verschaffen,
00:14:56
sein Geltungsbedürfnis zu befriedigen und mit den waghalsigen Videos auch noch Geld zu machen.
00:15:01
In Bremen ist es das erste Mal, dass ein Verkehrsdelikt mit Todesfolge wegen Mordes vor Gericht kommt.
00:15:07
Die Staatsanwaltschaft erklärt, dass sich die Gesellschaft ändere und dass die Justiz darauf reagieren müsse.
00:15:14
Emis Anwalt erklärt einem Fernsehteam, dass sie das zunächst gar nicht ernst genommen haben.
00:15:18
Dass er gedacht habe, dass die, Zitat, spinnen.
00:15:22
Ein paar Jahre zuvor hätte man mit nicht mehr als zwei Jahren auf Bewährung rechnen müssen.
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Aber jetzt kommt es eben anders.
00:15:30
Für Emi und seine Anwälte gilt es jetzt zu beweisen, dass Emi nicht vorsätzlich das Leben anderer gefährdete.
00:15:36
Am ersten Prozestag ist Emi aufgeregt.
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Er trifft auf die Angehörigen von Karl W.
00:15:42
Seine beiden Töchter Annette und Anja und seinen Sohn Thorsten treten als NebenklägerInnen auf.
00:15:47
Emi atmet einmal laut aus, bevor er seine Erklärung vorliest.
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Mit brüchiger Stimme sagt er, es tut mir unendlich leid, was passiert ist.
00:15:57
Ich möchte mich persönlich bei den Hinterbliebenen entschuldigen.
00:16:00
Wenn ich könnte, würde ich das Geschehene rückgängig machen.
00:16:03
Ich bin hier, um mich meiner Verantwortung zu stellen.
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Dabei guckt er die Hinterbliebenen nicht an.
00:16:09
Sein Verteidiger sagt später, er habe ihren Blicken aus Scham nicht standhalten können.
00:16:13
Zu sehr schmerzt ihn, was passiert ist.
00:16:16
Zumal Emi laut Verkehrsgutachten noch hätte bremsen können, wenn er mit der zulässigen Höchstgeschwindigkeit gefahren wäre.
00:16:23
Ist er aber nicht.
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Und so hat er eben nicht mehr ausweichen können, als Karl W.
00:16:27
Über die rote Ampel lief.
00:16:30
Das weiß man nicht.
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Vielleicht war er auch nicht mehr ganz aufmerksam, denn er hatte mindestens 1,1 Promille im Blut.
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Vielleicht habe er den Motor von Emi auch deswegen nicht mehr wahrgenommen, heißt es.
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Er hatte vorher gemeinsam mit einem Freund getrunken und sich mit ihm für später noch zum Kartenspielen verabredet.
00:16:47
Laut des Gutachtens hat Emi den 75-Jährigen mit über 60 kmh erwischt.
00:16:52
Emi beschreibt dem Gericht, dass er es nie für möglich gehalten habe, dass so etwas passieren kann.
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Er erzählt von zahlreichen Situationen, in denen er immer noch gerade so ausweichen konnte.
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Und auch, dass, wenn mal etwas schief ging, er und seine Freunde immer mit einem blauen Auge davon gekommen sind.
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Ein Freund war einmal ganz schlimm gestürzt, so sah es zumindest im ersten Moment aus.
00:17:13
Aber er habe im Grunde genommen nichts außer ein paar Prellungen und Schrammen gehabt.
00:17:17
Emi habe immer geglaubt, dass er die Situation kontrollieren könne.
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Er hat geglaubt, er kann die Situation kontrollieren, obwohl er nicht mal einen Führerschein für dieses Gerät gemacht hat.
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Und das fällt auch den Anwesenden im Gericht schwer zu glauben.
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Besonders als Videos von Emi als Beweismaterial gesichtet werden.
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Weil vor allem ein Video den Gerichtssaal in bedrücktes Schweigen versetzt.
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Der sogenannte Mitternachts-One.
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Dort sieht man Emi mit einem Kumpel mit 140 Sachen über die Bremer Partymeile brettern.
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Viel zu schnell natürlich.
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Und plötzlich tritt dann ein Fußgänger einfach so auf die Straße.
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Emi fährt gefährlich dicht an ihm vorbei.
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Danach fährt er immer noch mit überhöhtem Tempo weiter und fragt ungläubig, ist der behindert?
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Dann sieht man, wie er fragend den linken Arm hebt und sich halb zu seinem Freund umdreht.
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Er lässt das Motorrad langsam ausrollen und fragt wieder, was war das?
00:18:21
An der roten Ampel schimpft Emi, was für ein behinderter Hurensohn, was für ein behinderter Hurensohn.
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Neben ihm rollt jetzt sein Freund an, der sich auch über den Fußgänger aufregt.
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Und Emi schreit fast lachend, er bleibt stehen, ey, wie ein Reh.
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Währenddessen sieht man, wie Emi mit seinen in Handschuhe gepackten Händen gestikuliert.
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Also er schlägt mit der Seitenkante seiner rechten Hand auf die Innenseite seiner linken Hand ein.
00:19:00
Quasi um zu untermalen, wie er den Fußgänger zerlegt hätte.
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Dann fügt er noch wie bei Lego hinzu.
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Für die Angehörigen sind diese Videos ein Stich ins Herz.
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Thorsten W. fragt Emi, was er meint, wenn er sagt, er will Verantwortung übernehmen.
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Diesmal schafft es Emi, Thorstens Blick zu erwidern.
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Ich will zeigen, dass es mir nicht egal ist.
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Ich bereue zutiefst.
00:19:27
Ich beuge mich, egal, was für ein Urteil fällt.
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Thorsten versteht nicht, wieso sich Emi überhaupt so auf der Straße verhalten hat.
00:19:34
Hat ihm niemand gesagt, dass man so nicht fährt?
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Emi erklärt, dass sich irgendwann so eine Art Puffer aufgebaut hat und er die Gefahr so nicht gesehen hat.
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Thorsten will wissen, welche Konsequenzen Emi jetzt daraus zieht.
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Was er seinen Fans beispielsweise sagen würde.
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Emi sagt, dass er auf jeden Fall davon abraten würde, so zu fahren.
00:19:55
dass er jemand anders wird, wenn er auf dem Motorrad sitzt, eine andere Sprache benutzt und so eigentlich gar nicht ist.
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Natürlich wirft dieses Video aber ein schlechtes Licht auf Emi.
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Genauso wie ein Polizist, der als Zeuge vor dem Landgericht aussagt.
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Er ist Emi kurz vor dem Unfall zweimal begegnet.
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Einmal hat Emi ihn von rechts überholt.
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Danach habe er gesehen, wie sich Emi stehend und noch dazu freihändig in eine Kurve gelegt habe und danach weitere Autos von rechts überholt haben soll.
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Warte mal, stehend auf dem Motorrad?
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Freihändig, um eine Kurve.
00:20:32
Das hat der Zeuge gesagt.
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Aber auf den Videos, die du so gesehen hast, da macht er nicht solche Stunts oder was?
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Man kann nicht mehr alle Videos sehen.
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Die hat er alle auf privat gestellt heute.
00:20:42
Natürlich haben einige MedienvertreterInnen die gesichert.
00:20:47
Das sind aber nicht mehr so viele.
00:20:48
Da sieht man solche Videos nicht.
00:20:50
Der Polizist ist dann einmal kurz näher gefahren, um sich das Kennzeichen ansehen zu können,
00:20:55
hat den Vorfall aber erst am nächsten Tag auf seinem Revier gemeldet.
00:20:59
Der bestellte Gutachter widerspricht allerdings der Annahme der Staatsanwaltschaft, Emi wäre ein Menschenleben egal.
00:21:06
Er hält Emis Reue auch für echt.
00:21:09
Die Videos würden zudem eher belegen, dass er nach diesen beinahe Crashs, wie mit dem Mann auf der Straße da, geschockt war.
00:21:16
Also, dass er davon ausgegangen sei, dass nichts passiert.
00:21:20
Außerdem wettet er Emis abgebrochenes Studium als Beleg für seine mangelnde Reife.
00:21:25
Der Zeuge, dessen Auto Emi beschädigt haben soll, stellt sich vor Gericht nicht als glaubwürdig heraus.
00:21:31
Beweise gibt es nicht und er verstrickt sich in Widersprüche.
00:21:34
Am Ende lässt die Staatsanwaltschaft die Mordanklage fallen.
00:21:39
Auch das Merkmal der niedrigen Beweggründe lässt sich nicht halten, weil Emi ja zum Unfallzeitpunkt gar nicht gefilmt hatte.
00:21:44
Einen bedingten Vorsatz sieht sie trotzdem gegeben und plädiert auf Totschlag, fordert sieben Jahre und zwei Monate.
00:21:52
Am letzten Prozestag darf Emi noch einmal etwas sagen.
00:21:55
Er meint, Herr W. hat eine große Bedeutung in meinem Leben eingenommen.
00:22:00
Ich hatte ihn nur eine Sekunde gesehen, aber für mich ist er nicht gesichtslos.
00:22:04
Ich werde ihn nie vergessen.
00:22:07
Ich finde es trotzdem in Ordnung, irgendwas zu sagen noch.
00:22:12
Ja, wie das jetzt auf die Angehörigen dann wirkt in dem Moment, kann man sich ja trotzdem dann ungefähr denken.
00:22:21
Das Gericht verurteilt Emi wegen fahrlässiger Tötung zu zwei Jahren und neun Monaten.
00:22:25
Das PS-Protzen muss ein Ende haben, sagt der vorsitzende Richter.
00:22:30
Deswegen soll Emi zusätzlich der Führerschein für vier Jahre entzogen werden.
00:22:34
Ein Tötungsvorsatz sieht das Gericht nicht.
00:22:36
Als Begründung nennt es, dass Emi sich bei seinen Fahrten auch einer Eigengefährdung aussetzte.
00:22:41
Und das spricht eben nicht dafür, dass er auf einen guten Ausgang vertraute und nicht mit Verletzungsvorsatz handelte.
00:22:47
Emis Annahme, dass schon nichts passieren würde, begründet der Richter damit, dass er sich selbst und sein Können überschätzt habe.
00:22:55
Das Gericht berücksichtigt außerdem strafmildernd, dass Emi vorher noch nie straffällig in Erscheinung getreten ist und sich folgeständig gezeigt hat.
00:23:02
Und auch selbst von den Unfallfolgen wegen seines Arms schwer getroffen ist.
00:23:07
Und natürlich, dass KW auch eine Mitschuld an dem Unfall getragen hat.
00:23:11
Weil er quasi betrunken über Rot gegangen ist.
00:23:14
Also, ja, dass er betrunken war, ist wahrscheinlich eher weniger relevant, aber dass er halt bei Rot gegangen ist, ja.
00:23:21
Nach dem Urteil gehen sowohl die Staatsanwaltschaft als auch Emi und seine Verteidiger in Revision.
00:23:25
Die wird vom BGH aber verworfen.
00:23:28
Heute kann Emi seinen rechten Arm kaum noch bewegen.
00:23:31
Seiner großen Leidenschaft von damals kann er nicht mehr nachgehen.
00:23:34
Aber auch Sport ist nicht mehr wirklich drin.
00:23:37
Emi hat früher viel Kampfsport gemacht.
00:23:39
Seine Videos auf seinem Kanal sind heute auf Privat gestellt, wie ich gerade schon gesagt habe.
00:23:43
Und in einem Interview mit dem NDR zur Serie Das soll recht sein, die ich sehr empfehle und aus der ich auch einige Infos, vor allem natürlich Emis persönliche Sicht auf einiges habe, sagt er, dass er Gänsehaut kriegt, wenn er die Videos heute sieht.
00:23:59
Zu allem wegen dem, was er in den Videos sagt.
00:24:02
Zum anderen aber auch wegen der Manöver und seiner Fahrweise.
00:24:06
Heute ist dem klar, dass man das, was er damals gemacht hat, gar nicht kontrollieren kann.
00:24:10
Also ich finde das gut, dass er sich da jetzt so einsichtig zeigt.
00:24:16
Auf der anderen Seite, er kann ja auch nicht mehr fahren jetzt.
00:24:19
Und wer weiß, ob er nicht schon wieder mit 150 kmh in der Stadt unterwegs wäre, wenn er eben könnte.
00:24:26
Also das Gericht ist ja zu dem Schluss gekommen, dass es keinen bedingten Tötungsvorsatz gab bei ihm, weil er das nicht für möglich gehalten hat, dass da was passiert.
00:24:34
Das finde ich aber nicht schlüssig, wenn man sich doch dann zum Beispiel dieses Video anguckt, wo er ja einen Mann fast gerammt hat und danach ja sagt, ich hätte den zerlegt.
00:24:46
Also der weiß, dass das passiert wäre.
00:24:48
Ja, weil es ja auch schon mehrmals fast passiert ist.
00:24:51
Auch dieses Video mit diesem blauen Pkw, der da aus der Seite rauskommt, hätte ihm ja zeigen müssen, wie schnell das passieren kann.
00:24:57
Man muss ja immer, wenn man fährt, hoffen, dass andere Leute auch normal fahren.
00:25:03
Aber das habe ich immer, wenn ich fahre, ich habe das immer im Kopf, dass die Leute neben mir dumm sind.
00:25:11
Ich muss aufpassen, dass nicht da gleich was passiert, rechts oder links.
00:25:15
Und deswegen fahre ich einfach auch nicht so schnell oder zu schnell um Kurven oder sowas, weil ich einfach immer Angst habe, dass was passieren kann.
00:25:23
Nicht, weil ich Fehler mache, aber was andere dann Fehler machen.
00:25:26
Und das muss er auch wissen.
00:25:27
Der weiß ja, dass ganz viele Leute im Straßenverkehr unterwegs sind und da kann immer was passieren.
00:25:32
Und wenn er so schnell fährt, also viel zu schnell, dann ist er mit schuld, weil er nicht bremsen konnte oder nicht zumindest den Aufprall verringern könnte von der Geschwindigkeit her.
00:25:42
Ja, ist er ja auch. Das hat ja das Gericht auch gesagt.
00:25:44
Also wenn er 50 gefahren wäre, dann hätte er noch ganz normal bremsen können.
00:25:48
Genau. Und dann finde ich eigentlich auch relativ ein Bullshit dieses Selbstgefährdungsding.
00:25:53
Ja, weil Extremsport ist ja zum Beispiel auch super gefährlich.
00:25:58
Und das wissen die SportlerInnen und machen das trotzdem.
00:26:02
Weil das ja gerade den Kick gibt.
00:26:04
Und das sehe ich genauso bei Emi.
00:26:06
Ja, aber das ist tatsächlich gerade bei so Verkehrsunfällen immer wieder ein Thema vor Gericht.
00:26:13
Also Eigengefährdung wird oft gewertet als Indiz dafür, dass man wahrscheinlich eher dachte, dass es gut ausgeht.
00:26:20
Ich habe noch einen kleinen Nachtrag, also in Internetforen.
00:26:24
Der hat ja ganz viele Fans gehabt damals.
00:26:26
Und jetzt ist er ja nicht mehr aktiv.
00:26:27
Und da haben ganz viele von seinen Anhängern ganz furchtbare Dinge geschrieben.
00:26:34
So von wegen, ja, selbst schuld der Opa, bla bla bla.
00:26:37
Aber also dafür kann der Emi ja nichts.
00:26:40
Der hat auch nie, also soweit ich weiß, nie dazu aufgerufen.
00:26:45
Andersrum fand ich einen Beitrag von RTL super schlimm.
00:26:49
Und zwar hat er exklusiv nach dem Urteil einen Beitrag gemacht.
00:26:54
Und der fängt in der Anmoderation schon so an.
00:26:59
Nur weil der Raser jetzt vor Gericht offenbar eine Show abzieht, verurteilt das Gericht ihn viel zu milde.
00:27:05
Das ist die Anmoderation.
00:27:07
Und da denkt man sich doch so, ey Leute, ihr, also finde ich ja richtig mutig von euch, dass ihr euch jetzt anmaßt, da über das Urteil, euch ein Urteil zu bilden, ja.
00:27:19
Die beziehen da diese Position, weil die halt die Töchter haben.
00:27:24
Und die beiden können das natürlich nicht objektiv sehen, ist schon klar.
00:27:27
Aber dann erwarte ich von einem Format trotzdem, dass die das irgendwie einigermaßen einordnen, ja.
00:27:33
Und die beiden Töchter, die sind halt auch recht sauer auf den Emi und die bezeichnen den dann in dem Beitrag auch als kleines, weiches Milchbrötchen, das versucht seinen Arsch zu retten.
00:27:44
Und im Beitrag wird auch gesagt, er macht einen auf Schein heilig.
00:27:48
Und als Begründung nennen die dann ein Bild, das er angeblich nach dem Urteil gepostet haben soll, wo er einen Mittelfinger zeigt.
00:27:54
Aber auf wen der jetzt bezogen ist, das weiß man ja absolut überhaupt nicht.
00:27:58
Und selbst wenn es so Richtung Justitia ging, von wegen ihr habt mich des Mordes angeklagt, finde ich das immer noch kein Grund, so krass einseitig zu berichten, ja.
00:28:08
Nee, das ging gar nicht.
00:28:10
Weißt du, was übrigens noch die Härte war?
00:28:12
Ein anderes Format auf RTL hat diesen Post, den er auf Instagram veröffentlicht hat, ne.
00:28:19
Den ich hier von wegen, moin Leute, mir geht's soweit gut, den ich so vorgelesen hab.
00:28:24
Weißt du, wie die den vorgelesen haben?
00:28:25
Moin Leute, hier geht es soweit gut, hat sich ja ordentlich rumgesprochen.
00:28:30
Werde noch ein paar Tage im Krankenhaus liegen, bis dahin keine Videos mehr.
00:28:35
Sobald ich wieder zu Kräften komme, sag ich was zu dem Unfall.
00:28:38
Danke, euer Emi.
00:28:40
Genau diesen Vibe hatte er bestimmt im Krankenbett, als er noch schwer verletzt da gelegen hat.
00:28:46
Ja, und wie gesagt, also das hat ja der Kommissar auch gesagt, dass er diesen Seelsorger holen musste.
00:28:50
Also das Gericht ist schon nicht ohne Grund zu der Erkenntnis gekommen, dass Emi ein Menschenleben nicht egal war.
00:28:58
Aber für Emi gab dieses Rasen und das Gefährliche Fahnen ja einen Kick.
00:29:04
Und ich hab mich gefragt, warum das eigentlich so ist.
00:29:07
Also warum rasen so viele und fühlen sich dabei gut?
00:29:10
Der Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Verkehrspsychologie, Don De Woll, sagt im Interview mit Deutschlandfunk,
00:29:17
dass der typische Raser männlich ist, zwischen 18 und vielleicht 25 bis 30 Jahren.
00:29:23
Und dass man auf Studien weiß, dass oftmals eine Selbstwertproblematik dahinter steckt.
00:29:28
Also zumindest bei den Leuten, die in der Stadt mit 160 Brettern.
00:29:31
Und so definiert man übrigens auch Raser.
00:29:34
Also wenn wir hier heute von Rasern sprechen, dann meinen wir jetzt nicht Leute, die auf der Autobahn mal 200 fahren,
00:29:41
wenn es keine Geschwindigkeitsbegrenzung gibt.
00:29:44
Weil als Raser geht man in der Regel, wenn man bei 30 mit mindestens 70 fährt, bei 50 mindestens 100, bei 80, 140 und auf der Autobahn bei erlaubten 120, mindestens 200.
00:29:55
Und denen würde es eben hauptsächlich um Anerkennung und Aufmerksamkeit gehen.
00:29:59
Die Polizei Köln erklärt in einem Interview mit der Stuttgarter Zeitung, dass sie oft mit jungen Männern zu tun haben, die noch zu Hause wohnen und wenn überhaupt dann nur ein geringes Einkommen haben.
00:30:09
Die gleichen dann also ihren fehlenden beruflichen Erfolg mit Speedprotzerei aus.
00:30:15
Das Gaspedal dient als Ventil, um Druck abzulassen, sagt Alexander Schwarzer vom Einsatztrupp Verkehr Rennen der Stuttgarter Zeitung.
00:30:24
Bei AutofahrerInnen kommt ja jetzt auch noch hinzu, dass sie das Risiko oft nicht so einschätzen, weil sie sich im Auto selbst so sicher fühlen.
00:30:32
Das ist bei Motorradfahrern schon ein bisschen anders, weil die alleine durch den Wind und durch das Wetter ihre Umgebung anders wahrnehmen,
00:30:39
als wenn man jetzt beispielsweise in so einer abgeschlossenen Blechschüssel sitzt.
00:30:43
Dafür haben Motorradfahrer aber etwas anderes, was bei ihnen schnelles Fahren begünstigt und das ist der sogenannte Flow.
00:30:51
Das ist ein psychologischer Zustand, bei dem man unter anderem Glücksgefühle empfinden kann und in einer Art leicht euphorischem Zustand ist.
00:30:59
So hat mir das zumindest ein Freund beschrieben, der leidenschaftlicher Fahrer ist.
00:31:04
Und er sagt, wenn man im Flow ist, dann ist er so drin in seinem Element und dann vergisst man alles um sich herum.
00:31:11
Das ist dann auch so, als ob sich sein Fokus verengt.
00:31:14
Und Untersuchungen haben ergeben, dass wenn man im Flow ist, nicht so aktiv nachdenken muss über die Dinge, die man tut und generell auch leistungsfähiger ist.
00:31:23
Und außerdem nimmt man die Zeit auch nicht mehr so wirklich wahr.
00:31:27
Sowas kennen wir ja auch aus manchen Recherchen.
00:31:30
Wenn ich hier mit dir sitze und dann manchmal sage, ich bin jetzt im Tunnel.
00:31:33
Dann darf man sie nicht mehr anreden.
00:31:36
Weil ich dann so vertieft bin und irgendwie alles wissen will und dann man ja wirklich die Zeit vergisst und dann es auch dazu zu kommen kann, dass man nichts mehr isst.
00:31:48
Zumindest bei mir.
00:31:49
Also ja, das ist richtig.
00:31:51
Den Flow kannst du theoretisch überall haben.
00:31:53
Aber er entsteht vor allem immer dann, wenn ein Gleichgewicht zwischen deinem Können und den Anforderungen entsteht.
00:32:00
Also es darf beim Fahren nicht zu langweilig sein, weil dein Können dann nicht gefordert ist.
00:32:05
Und zu schwer darf es aber auch nicht sein, weil sonst die Überforderung zu hoch ist.
00:32:09
Und das heißt natürlich auch, je besser du fährst, desto komplexer müssen die Strecken sein.
00:32:15
Und Anforderungen hoch heißt halt bei manchen Tempo hoch.
00:32:19
Und ist das Verhältnis zwischen Können und Herausforderung ideal, dann befindet man sich im sogenannten Flow-Kanal.
00:32:25
So wie dein Tunnel.
00:32:26
Und dann steigt auch der Adrenalinspiegel gleichzeitig so ein bisschen an.
00:32:35
PsychologInnen wie Don DeWoll sind übrigens der Meinung, dass Prävention bei Menschen, die kontinuierlich rasen, wenig helfen.
00:32:42
Da soll man schon richtig mit Sanktionen ran, sagt er.
00:32:46
Dazu findet sich auch etwas im ersten Urteil der Kudammraser.
00:32:50
Dort steht nämlich zu den Ausführungen des psychologischen Gutachtens, dass es lernpsychologisch belegt sei,
00:32:56
dass nicht regelkonformes Verhalten bei Ausbleiben ernsthafter Sanktionen verstärkt werde.
00:33:03
Und der Hamdihar, also der Mann, der beim Kudammfall den Unfall verursachte,
00:33:07
der hatte vorher zahlreiche Regelverstöße im Straßenverkehr begangen und wurde nie spürbar dafür bestraft.
00:33:15
Und diese erlebte Freude bei unentdeckten Regelverstößen habe diesen negativen Lernprozess dann halt auch noch besonders verstärkt.
00:33:23
Ja, ich kann mir auch vorstellen, dass jetzt zum Beispiel so präventive Maßnahmen wie Tempolimits
00:33:29
wirklich diese notorischen Raser und Raserinnen nicht wirklich abschrecken würde oder zurückhalten würde.
00:33:36
Da gibt es ja immer wieder diese Debatte, ob das jetzt was bringt oder nicht, ein Tempolimit einzuführen.
00:33:41
Aber in den Innenstädten gibt es ja Tempolimits und da wird auch gerast.
00:33:45
Ist ja jetzt auch gerade wieder vor dem Bundesrat gescheitert, der Vorschlag, also 130 auf Autobahnen einzuführen.
00:33:52
Findet halt in Deutschland wenig Anerkennung, das Thema.
00:33:56
Ja, man sagt ja auch, was für die Amerikaner die Waffen sind, ist für die Deutschen das Gaspedal.
00:34:02
Aber ich check's nicht, wie man sich so aufregen kann über ein Tempolimit von 130.
00:34:11
Also sorry, aber ich finde 130 völlig inakzeptabel.
00:34:16
Also würdest du 130 als Tempolimit einführen wollen?
00:34:20
Also ich finde, dass es auf den Autobahnen ein Tempolimit geben sollte.
00:34:24
Ob das jetzt 130 oder 140 oder 150 ist, das wäre mir egal.
00:34:30
Das ist auch inakzeptabel.
00:34:32
Was wäre denn für Sie, Frau Krasa, akzeptabel?
00:34:37
Also mich wundert das so, weil du bist ja oft meine Beifahrerin und du hast dich noch nie beschwert, wenn ich 200 gefahren bin.
00:34:45
Ja, bei deinen Fahrskills, auf die vertraue ich ja auch.
00:34:48
Aber wenn wir fahren und neben uns oder so fährt jemand auch schnell, den vertraue ich halt nicht.
00:34:56
Ja, die kennst du ja auch nicht.
00:34:58
Aber also ich würde schon 180 fahren wollen.
00:35:03
Aber ich bin halt auch eine lange Zeit echt viel Auto gefahren und habe daher sicherlich ein anderes Interesse daran als du, weil du fährst ja nicht so viel.
00:35:14
Aber ich finde trotzdem, dass man auf der Autobahn jetzt nicht 250 kmh fahren dürfen sollte.
00:35:19
Du hast ja dann gar keine Chance zu reagieren, wenn jetzt zum Beispiel vor dir jemand bremst oder ein Unfall passiert.
00:35:28
Und man weiß ja, je schneller der Wagen beim Aufprall oder zum Beispiel auch mit dem Motorrad, desto schwerer sind die Verletzungen am Ende.
00:35:38
Dieses Thema wird sowieso nicht angegangen, solange die CSU das Verkehrsministerium besetzt.
00:35:44
Du kannst das halt vergessen.
00:35:45
Ja, das ist wohl richtig.
00:35:47
Ja, was man sonst machen könnte, aber da werden dann die Autohersteller gefragt, sind PS-Begrenzungen.
00:35:54
Bei Volvo ist das so, dass die jetzt ab 2021 nur noch Neuwagen mit einer Höchstgeschwindigkeit von 180 kmh verkaufen.
00:36:03
Also da könnten dann die FahrerInnen, auch wenn sie wollten, gar nicht so schnell fahren.
00:36:08
Und dazu sagte Volvo-Chef Hakan Samuelson gegenüber der Welt, wir wollen eine Diskussion darüber starten, ob Automobilhersteller das Recht oder vielleicht sogar die Pflicht haben, Technik in ihren Autos zu installieren,
00:36:20
die das Verhalten der Fahrer verändert und Fehlverhalten wie zu schnelles Fahren verhindert.
00:36:26
Also Volvo sieht sich da so als Pionier und auch in der Mitverantwortung für Gefahren, was neu ist und was ich total cool finde.
00:36:36
Ich finde das irgendwie nicht so cool.
00:36:39
Ich will meinen Sportmotor behalten und ich will schön an der Ampel schnell anfahren, wenn du gerade an deinem Eis schlecken willst.
00:36:48
Ich würde es irgendwie cooler finden, wenn Menschen verantwortungsvoll fahren.
00:36:52
Und ich wünsche mir Weltfrieden.
00:36:55
Meine Geschichte wird in den Medien als tragischer Unfall bezeichnet.
00:37:02
Doch er ist kein Einzelfall und deswegen vielleicht auch eher unverantwortlich als tragisch.
00:37:09
Auch bei mir geht es um einen Alltagsgegenstand, der zur Waffe wird, wenn wir ihn nicht mehr unter Kontrolle haben und um das Wissen darum.
00:37:16
Einige Namen habe ich geändert.
00:37:19
Es ist der 1. Oktober 2018 und Fabians 9. Geburtstag.
00:37:24
An diesem Montagmorgen ist er total aufgeregt, kann es gar nicht abwarten, seine Geschenke auszupacken.
00:37:30
Vielleicht war Fabian schon ahnt, was eines davon sein könnte.
00:37:34
Ein neues Fahrrad.
00:37:36
Und als er es dann tatsächlich vor sich stehen sieht, ist er überglücklich.
00:37:40
Ein weiß-blaues Markenrad.
00:37:42
Und dazu auch noch den passenden weißen Helm.
00:37:45
Sein Altes war Fabian zu klein geworden und mit neun Jahren ist man schließlich schon groß und braucht kein Kinderfahrrad mehr, sondern eins für Jugendliche.
00:37:53
Zur Erinnerung an seinen Ehrentag wird ein Foto geknipst.
00:37:57
Darauf sieht man Fabian lachend neben seinem neuen Heiligtum stehen.
00:38:00
Mit großen Augen schaut er in die Kamera.
00:38:03
Fabian hat ein süßes Gesicht, braune Haare und dunkelbraune Augen.
00:38:07
Auf jedem Foto ein freches Grinsen.
00:38:10
Er ist ein aufgewecktes, aktives Kind.
00:38:13
Interessiert und ordentlich.
00:38:14
Der Boden seines Zimmers ist nicht wie bei anderen vollgestellt mit Spielzeug, sondern aufgeräumt.
00:38:20
Alle seine Sachen haben ihren Platz und seine kleinen Gummienten stehen in Reih und Glied.
00:38:24
Enten sind Fabians Lieblingstiere.
00:38:27
Davon kann man im Haus der Familie überall welche entdecken.
00:38:31
Zum Beispiel auf selbst gemalten Bildern an der Wand oder als Kuscheltier auf Fabians Bett.
00:38:36
In das gemütliche Fachwerkhaus ist die Familie vor fünf Jahren gezogen.
00:38:40
Papa Matteo, Mutter Stefanie, Fabian und sein drei Jahre jüngerer Bruder Marco.
00:38:44
Gemeinsam hatten sie das Haus renoviert.
00:38:47
Die Jungs fleißig beim Streichen geholfen.
00:38:50
Davor lebte die Familie in Italien.
00:38:52
Fabians Vater stammt aus Mailand und Stefanie lernte ihn in Rom kennen.
00:38:56
Damals saß Matteo ganz vorne im Orchester mit seiner Geige, Stefanie mit ihrem Cello in der letzten Reihe.
00:39:02
Die beiden verliebten sich, bekamen zwei Jungs und zogen ans Meer.
00:39:06
Doch als ihre Stellen am Orchester in Rom nicht mehr sicher schienen, bewaben sie sich überall auf der ganzen Welt.
00:39:12
Die Entscheidung fiel schließlich auf Deutschland, genauer auf das ostwestfälische Detmold.
00:39:17
Eine ländliche Gegend in der Nähe von Bielefeld, in der die zwei Söhne behütet aufwachsen können.
00:39:22
Dort, im Hof ihres Hauses, hat Fabian mit vier Jahren Fahrradfahren gelernt.
00:39:27
Und heute, acht Tage nach seinem neunten Geburtstag, will er Charlie, so hat er sein neues Fahrrad getauft, ausführen.
00:39:34
Für Anfang Oktober ist der Tag schön und warm, der Himmel strahlend blau.
00:39:39
Fabian und sein kleiner Bruder schlagen eine Radtour in den Wald vor.
00:39:43
Sie wollen zu dem Baum, in dessen Stamm sie ihren Namen eingeritzt haben.
00:39:47
Am späten Nachmittag, nach dem Grillen im Garten, geht's also los, zu viert.
00:39:52
Papa Matteo ganz vorne, dann Marco, Fabian und hinten Mama Stefanie.
00:39:57
Um den Wald zu erreichen, muss die Familie ein kurzes Stück auf der Landstraße fahren.
00:40:02
Es ist die Bad Meinberger Straße, Richtung Vissenknick.
00:40:06
Eine gerade Fahrbahn, die von Rapsfeldern eingerahmt ist.
00:40:09
Hier darf man zwar 100 kmh fahren, aber viel Verkehr gibt es nicht.
00:40:14
Es ist nicht mehr weit bis zum Schotterweg, der in den Wald hineinführt,
00:40:18
als die Fahrradkolonne von einem schwarzen Auto überholt wird.
00:40:21
Es fährt schnell und dicht an der Familie vorbei, die ganz rechts auf der Markierung fährt.
00:40:26
Fabian dreht sich erschrocken zu seiner Mutter um.
00:40:29
Stefanie sagt beruhigend, ist alles gut, Fabian, guck nach vorn.
00:40:33
Ihr Sohn dreht sich wieder zurück.
00:40:35
Da kommt noch ein zweites Auto angerauscht, ein rotes, das gerade auf Stefanies Höhe ist,
00:40:40
als ihnen im selben Moment auf der linken Fahrbahn ein anderes Fahrzeug entgegenkommt.
00:40:44
Und dann geht plötzlich alles ganz schnell.
00:40:47
Das rote Auto zieht vor Stefanie nach rechts, fährt direkt auf Fabian und Marco zu.
00:40:53
Stefanie hört den Motor aufheulen.
00:40:55
Im nächsten Moment sieht sie, wie Fabian durch die Luft fliegt.
00:41:00
Sie springt von ihrem Fahrrad und rennt zu ihrem Sohn.
00:41:02
Stefanie nimmt Fabians Hand, versucht mit ihm zu sprechen.
00:41:06
Sie weiß nicht, ob er sie hören kann, aber sie sagt,
00:41:09
alles wird gut, bitte halte durch, du schaffst das.
00:41:12
Vater Matteo zieht Fabians T-Shirt hoch, legt sein Ohr auf seinen Bauch
00:41:17
und hört den Herzschlag seines Sohnes leise pochen, bis er nichts mehr hört.
00:41:22
Fabian stirbt, im Beisein seiner Familie, in den Armen seiner Mutter,
00:41:28
noch bevor die Rettungskräfte kommen.
00:41:30
Trotz Helm war der Aufprall zu hart für den Neunjährigen.
00:41:34
Das Auto hatte auch den kleinen Marco gestreift,
00:41:38
weshalb die Familie sofort ins Krankenhaus gebracht wird.
00:41:40
Dort wird der Sechsjährige geröntgt.
00:41:42
Seine Mutter sitzt neben ihm.
00:41:44
Ihre Hand ist grün und blau.
00:41:47
So fest hatte Stefanie mit der Faust auf die Straße geschlagen,
00:41:50
als Fabian aufhörte zu atmen.
00:41:52
Drei Tage nach Fabians Tod lassen seine MitschülerInnen aus der 3A Luftballons für ihn steigen.
00:42:00
Daran hängen kleine, selbstgebastelte Entenkarten.
00:42:03
Im Hintergrund wird Fabians Lieblingslied gespielt.
00:42:11
The Boy Can Sing The Blues.
00:42:13
Für sein Begräbnis wählen Stefanie und Matteo einen Grabstein aus italienischem Marmor und norwegischem Granit,
00:42:20
weil der fast blau ist und blau Fabians Lieblingsfarbe war.
00:42:23
Außerdem werden zwei große Enten in den Stein geritzt.
00:42:27
Für Marco gibt es einen kleinen Stein, den die Eltern mit Fabians Asche füllen lassen.
00:42:33
So kann er seinen geliebten großen Bruder immer bei sich tragen.
00:42:37
13 Tage nach Fabians Tod liegt dann ein Brief im Briefkasten der Familie.
00:42:41
Er kommt von der Person, die schuld daran ist, dass Fabian nun nicht mehr bei ihnen ist.
00:42:46
Er kommt von Irmgard H., einer 85-jährigen Rentnerin.
00:42:51
Sie schreibt, ich bin die Person, die in den tragischen Unfall um ihren kleinen Sohn Fabian verwickelt ist.
00:42:57
So etwas Schlimmes dürfte einfach nicht passieren.
00:43:00
Und doch ist es passiert.
00:43:02
Es tut mir so leid.
00:43:03
Irmgard H. ist am 9. Oktober mit ihrem roten VW Golf auf der Bad Mainberger Straße Richtung Fissenknick unterwegs,
00:43:11
als sie auf der rechten Seite die Familie auf den Fahrrädern erblickt.
00:43:14
Sie sieht dann, wie das schwarze Auto vor ihr die Kolonne überholt und setzt ebenfalls zum Überholen an.
00:43:21
Die Straße, auf der sie fährt, ist gut einsehbar.
00:43:23
Sie ist kerzengerade.
00:43:24
Auch die Sichtverhältnisse sind einwandfrei und Entfernung daher gut einzuschätzen.
00:43:29
Irmgard H. beschleunigt, obwohl das schwarze Auto schon vor einer ganzen Weile an der Familie vorbeigefahren ist
00:43:35
und ihr ein anderes bereits entgegenkommt.
00:43:37
Zu spät merkt sie, dass sie den Abstand zu dem herannahenden Fahrzeug falsch eingeschätzt hat,
00:43:42
wenn sie es denn überhaupt gesehen hat.
00:43:45
Um dem Auto auszuweichen, zieht sie nach rechts, zu weit, ohne zu bremsen, und erfasst die Kinder.
00:43:50
Als sie ein kurzes Stück weiter die Straße herunterstehen bleibt und aussteigt,
00:43:55
trifft ihr Blick den von Matteo, der nicht fassen kann, was seiner Familie gerade passiert.
00:44:00
Dann gibt sie im Rettungswagen ihre Personalien an.
00:44:03
Zur Polizei sagt die Seniorin,
00:44:05
Ich weiß nicht, wie es gekommen ist.
00:44:07
Ich habe die Radfahrer gesehen, drei oder vier Stück.
00:44:09
Aber dann war da Gegenverkehr.
00:44:11
Ich weiß nicht, wie es gekommen ist.
00:44:13
Irmgard H. kann sich ihr Verhalten nicht erklären.
00:44:16
Der Anwalt der Familie hingegen schon.
00:44:18
Dr. André Pott, der seit 15 Jahren Fachanwalt für Verkehrsrecht ist,
00:44:22
hat sich dem Fall angenommen und mir am Telefon Rede und Antwort gestanden.
00:44:26
Nach Sichtung der Akten kommt er nämlich zu dem Schluss,
00:44:29
dass das Alter der Unfallverursacherin der Grund für den Unfall ist.
00:44:33
Dass sie deshalb ihr Auto nicht mehr unter Kontrolle hatte.
00:44:37
Dafür gäbe es klare Anzeichen.
00:44:39
Erstens hätte Irmgard H. wegen des entgegenkommenden Autos, das schon viel zu nah war, nicht überholen dürfen.
00:44:46
Zweitens hätte sie beim Überholvorgang nicht so weit nach rechts ziehen müssen.
00:44:50
Sie hätte auch weiter geradeaus und einfach nur dichter an der Kolonne vorbeifahren können.
00:44:55
Laut Pott tritt solch eine Reaktion bei plötzlichen Verkehrssituationen nur dann auf, wenn FahrerInnen unsicher sind.
00:45:01
Das passiert jungen Menschen, weil sie noch keine Routine und keine Erfahrung im Straßenverkehr haben.
00:45:07
Älteren, weil sie keine Routine mehr haben.
00:45:10
Drittens spreche der aufheulende Motor kurz vor dem Aufprall dafür,
00:45:14
dass Irmgard H. in der Paniksituation Bremse und Gaspedal vertauscht hat.
00:45:18
Ein Phänomen, das immer wieder bei älteren AutofahrerInnen auftritt.
00:45:23
Für den Anwalt der Familie sind das alles Anzeichen dafür,
00:45:26
dass die Verkehrssituation nicht mehr beherrscht wurde, und zwar infolge geistiger Mängel.
00:45:31
Im Strafgesetzbuch gibt es genau dafür einen Paragrafen.
00:45:34
Paragraf 315c schreibt nämlich vor,
00:45:37
Wer im Straßenverkehr ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel
00:45:45
oder infolge geistiger und körperlicher Mängel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen
00:45:50
und dadurch Leib und Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet,
00:45:55
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
00:45:59
Geistige oder körperliche Mängel aufgrund von Alkohol oder Drogen juristisch nachzuweisen,
00:46:05
ist bei Unfällen in der Regel nicht so schwer.
00:46:07
Dafür gibt es die Tests, die PolizeibeamtInnen am Unfallort durchführen.
00:46:12
Auch bei geistigen Mängeln durch Übermüdung kann es klare Indizien geben.
00:46:15
Denn wenn beispielsweise ein Lkw-Fahrer seine Pausen nicht eingehalten hat, dann kann man das in einem System einsehen.
00:46:21
Als Anwalt oder Anwältin muss man aber immer auch nachweisen, dass der Fahrer oder die Fahrerin über die Mängel Bescheid wusste.
00:46:28
Bei Übermüdung gibt es nach wissenschaftlichen Erkenntnissen Anzeichen, die jeder Mensch kennt,
00:46:33
und deshalb kann der übermüdete Lkw-Fahrer auch wegen Paragraph 315c verurteilt werden.
00:46:38
Auch zum Beispiel bei einer Krankheit wie Parkinson ist es einfacher, einen Nachweis für die Mängel zu finden,
00:46:44
wie zum Beispiel nicht eingenommenen Tabletten.
00:46:46
Bei Demenz hingegen ist das schwierig, weil eine fehlende Einsichtsfähigkeit bezüglich der eigenen Mängel Teil der Krankheit ist.
00:46:55
Und so ist eine Verurteilung wegen der fehlenden Schuldfähigkeit nicht möglich.
00:47:01
Aber geistige Mängel nur aufgrund des Alters, wie im Fall von Irmgard H.,
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sind erstens schwierig für die FahrerInnen selbst einzuschätzen
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und noch schwieriger für die Staatsanwaltschaft nachzuweisen.
00:47:12
Pott merkt an, dass VerteidigerInnen bei solchen Umständen natürlich auch darauf achten,
00:47:17
dass die Beschuldigten keine Angaben in diese Richtung machen.
00:47:20
Also nicht etwa sagen, sie hätten schon vor dem Unfall Probleme beim Fahren gehabt,
00:47:24
weil sie zum Beispiel nicht mehr richtig sehen können oder so.
00:47:28
Und somit weiß der Jurist eigentlich direkt nach Sichtung der Akten,
00:47:31
dass es aussichtslos ist, dies vor Gericht zu versuchen.
00:47:34
Als Pott sich dann mit Fabians Eltern zusammensetzt, um sie darüber aufzuklären,
00:47:39
was ihre Möglichkeiten in Bezug auf einen Prozess sind,
00:47:41
wird ihm aber auch schnell klar, dass das nicht das Ziel der Eltern ist.
00:47:45
Obwohl sie auch der Meinung sind, Frau H. hätte nicht mehr fahren dürfen.
00:47:50
Stefanie und Matteo möchten Irmgard H. am liebsten nie mehr wiedersehen.
00:47:53
Und sie möchten auch nicht den schlimmsten Tag ihres Lebens nochmal durchleben müssen.
00:47:57
Weil die Eltern in so einem Fall die Möglichkeit haben, als NebenklägerInnen aufzutreten,
00:48:02
haben sie ja Mitspracherecht, wenn es um die Ausgestaltung des Prozesses geht.
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Deswegen schlägt ihr Anwalt ihnen vor, zu versuchen, eine Hauptverhandlung zu umgehen,
00:48:10
damit sie nicht noch mehr Schmerz über sich ergehen lassen müssen.
00:48:14
Das ist möglich, und zwar mithilfe eines sogenannten Strafbefehlverfahrens.
00:48:18
Das ist ein vereinfachtes Verfahren, bei dem das Gericht ohne Hauptverhandlung entscheidet.
00:48:22
Gut, das kann man aber nicht bei allen Verfahren machen, oder?
00:48:24
Nee, das geht nur bei solchen Taten, bei denen nicht so hohe Strafen verhängt werden.
00:48:29
Also keine höhere Strafe als zum Beispiel eine Geldstrafe von 360 Tagessätzen
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oder einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr.
00:48:37
Also bei solch einem Verfahren würde es dann nicht zu einer Gerichtsverhandlung kommen,
00:48:41
wo Fabiens Familie und Irmgard H. sich begegnen müssten.
00:48:45
Aber das geht natürlich nur, wenn die Staatsanwaltschaft zustimmt.
00:48:49
René Pott meldet sich daher nach der Besprechung mit den Eltern direkt beim Staatsanwalt
00:48:53
und spricht das ganz offen an.
00:48:55
Gemeinsam einigen sie sich darauf, beim Amtsgericht einen Antrag auf ein Strafbefehlverfahren zu stellen.
00:49:01
Darin plädiert der Staatsanwalt dann auch direkt für ein Urteil.
00:49:04
Einige Tage später gibt das Gericht in Detmuld diesem Antrag statt
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und Irmgard H. wird wegen fahrlässiger Tötung schuldig gesprochen.
00:49:13
Ganz ohne Prozestag.
00:49:15
Sie wird zu 150 Tagessätzen A30 Euro verurteilt.
00:49:20
Insgesamt muss sie also 4500 Euro Strafe zahlen.
00:49:24
Die 85-Jährige hatte nach Straßenverkehrsordnung § 5 Absatz 4 fahrlässig gehandelt.
00:49:31
Denn laut Gesetz darf nur überholen, wer übersehen kann, dass während des ganzen Überholvorgangs
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jede Behinderung des Gegenverkehrs ausgeschlossen ist.
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Außerdem muss beim Überholen an Strecken wie der Unfallstelle ein ausreichender Seitenabstand
00:49:44
zu Radfahrenden eingehalten werden.
00:49:45
Beides hatte Irmgard H. nicht gewährleisten können.
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Bei ihrem Urteil wurde übrigens strafmildernd berücksichtigt, dass die Schuldige selbst Schaden
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Denn nach der Tat ist sie psychisch krank geworden.
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Irmgard H. bekommt ihren Schuldspruch via Brief nach Hause zugesendet.
00:50:03
Dagegen kann sie innerhalb von zwei Wochen Einspruch erheben und es so dann doch zu einer Hauptverhandlung
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Doch das tut sie nicht.
00:50:11
Außerdem gibt sie freiwillig ihren Führerschein ab.
00:50:14
Das ist auch Fabians Familie das Wichtigste.
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Sie wollen kein weiteres totes Kind auf den Straßen Detmolz, denn sie sind sich sicher, dass
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niemand mehr fahren sollte, der sein Auto und die Verkehrssituation nicht mehr unter Kontrolle
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Deshalb startet die Familie eine Petition unter der Überschrift, wie viele Kinder müssen
00:50:33
noch überfahren werden.
00:50:34
Gesundheitschecks für alle Autofahrer.
00:50:37
Darin fordern sie Tests, die das See-, Hör- und Reaktionsvermögen überprüfen.
00:50:42
Alle zehn Jahre, bis man 50 Jahre alt wird.
00:50:44
Zwischen 50 und 70 dann alle fünf Jahre, zwischen 70 und 80 alle drei und ab 80 alle zwei Jahre.
00:50:51
Außerdem schreiben sie dem Bürgermeister einen Brief.
00:50:54
Listen darin auf, wo es gefährliche Stellen für RadfahrerInnen in ihrer Stadt gibt.
00:50:58
Doch das Einzige, was sich bisher geändert hat, ist, dass rund um die Unfallstelle auf der
00:51:03
Landstraße Tempolimit 70 und ein Überholverbot eingeführt wurde.
00:51:07
Ein kleiner Trost für die Familie, für die die Zeit nach dem Tod von Fabian die schlimmste
00:51:13
ihres Lebens ist.
00:51:14
Stefanie, Matteo und Marco, alle drei sind in psychologischer Behandlung.
00:51:18
Sie haben einen Therapiehund namens Lola bekommen, der ihnen einen Grund geben soll, überhaupt das
00:51:24
Haus zu verlassen.
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Jeden Abend, bevor Stefanie einschläft, hofft sie, dass sie von Fabian träumt und ihn so
00:51:30
wiedersehen kann.
00:51:31
Lebendig und fröhlich, wie er war.
00:51:33
Jeden Morgen, wenn Matteo aufwacht, muss er weinen.
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Ihren zweiten Sohn leiden zu sehen, macht alles nur noch schlimmer.
00:51:40
Marco möchte jetzt sein wie sein großer Bruder.
00:51:44
Über sich selbst spricht er kaum noch.
00:51:45
Wenn er heute mit Mama zur Schule geht, hält er wieder ihre Hand.
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Und sobald von hinten ein Auto mit schneller Geschwindigkeit angefahren kommt, drückt er sie
00:51:54
Marco hat Angst.
00:51:55
Fahrradfahren mag er auch nicht mehr.
00:51:58
Die Räder der Familie stehen bei den Nachbarn.
00:52:00
Das von Fabian wurde entsorgt.
00:52:02
Es war sowieso nicht mehr zu reparieren.
00:52:04
Als Stefanie ein einziges Mal zurück zur Unfallstelle gefahren ist, hatte sie im Gras das kaputte
00:52:09
Rücklicht gefunden.
00:52:10
Heute erinnert dort eine weiße Laterne an den Tag, der alles veränderte.
00:52:15
Wenn Stefanies Sehnsucht zu ihrem Sohn zu groß wird, dann geht sie in Fabians Kinderzimmer,
00:52:21
das noch so ist, wie er es am 9.
00:52:24
Oktober zurückgelassen hatte.
00:52:25
Dann öffnet sie den Schrank und vergräbt ihr Gesicht tief in Fabians Pullover.
00:52:32
Wenn Matteo seinen Sohn zu sehr vermisst, dann geht er zum Friedhof, schaut auf das
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Grab, vor dem vier kleine Gummienten sitzen.
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Zwei große für Mama und Papa und zwei kleine für Marco und Fabian.
00:52:48
Das ist ja einfach nur furchtbar.
00:52:55
Ich dachte erst, als du angefangen hast, diese Geschichte zu erzählen.
00:53:02
Weil man natürlich bei der Familie ist und alles.
00:53:05
Aber es gibt auch noch mal mehr Tragik, wenn man weiß, von wem dieser Brief kommt und dass
00:53:12
die natürlich heute auch ein komplett zerstörtes Leben dadurch hat.
00:53:16
Weil ich sehe da eine alte Omi, die nichts Böses wollte und der ich natürlich glaube, dass
00:53:22
sie keine Absicht hatte und nichts.
00:53:24
und die jetzt irgendwie alleine am besten noch zu Hause sitzt und nichts mehr mit ihrem
00:53:29
Leben anzufangen weiß.
00:53:31
Solche Geschichten, die machen einen einfach so fertig, weil man hat niemanden, auf den man
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wütend sein kann.
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Wie eben schon gesagt, es ist schwierig nachzuweisen, dass jemand einen Unfall aufgrund geistiger
00:53:46
Mängel verursacht hat.
00:53:48
Weshalb ja solche Taten dann vor Gericht eben nicht wirklich anders verurteilt werden als
00:53:52
Unfälle, die jetzt zum Beispiel aufgrund von Unaufmerksamkeit passieren.
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Dabei ist es eigentlich wichtig, das zu unterscheiden, weil es halt eben einen Unterschied macht,
00:54:00
ob ich jetzt einen Unfall baue, weil ich auf mein Handy geschaut habe oder ob meine Oma
00:54:04
einen Unfall baut, weil sie nicht mehr schnell genug reagieren kann.
00:54:07
Also, verstehe mich nicht falsch, aber das ist beides schlimm, beides fahrlässig.
00:54:12
Aber ich kann mich ja dagegen entscheiden, während der Fahrt aufs Handy zu schauen.
00:54:16
Und meine Oma kann sich aber nicht dagegen entscheiden, langsam zu reagieren.
00:54:23
Und es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Altern zu geistigen und körperlichen Mängeln
00:54:27
Das sollte jetzt kein Aha-Moment für uns sein.
00:54:31
Wir merken es jetzt schon.
00:54:32
Aber was genau im Körper passiert, wenn er altert und wie problematisch das eigentlich für
00:54:41
das Autofahren irgendwann werden kann, das hat mir Sebastian Grünke vom Max-Planck-Institut
00:54:46
für die Biologie des Alterns erklärt.
00:54:48
Und zwar fängt das schon mit den Augen an.
00:54:51
Man sieht, dass die Sehschärfe so ab 40, 45 so weit abnimmt, dass man dann eine Brille braucht.
00:54:58
Das wäre dann die sogenannte Altersweitsichtigkeit.
00:55:00
Aber es gibt auch noch andere Veränderungen im Auge, die etwas später auftreten.
00:55:04
Zum Beispiel die Muskeln, die die Pupille kontrollieren, verlieren mit dem Alter an Kraft.
00:55:09
Die Pupille wird dadurch kleiner und zum Beispiel kann sie sich dadurch dann schlechter an Lichtverhältnisse
00:55:13
anpassen, wodurch dann zum Beispiel das Autofahren gerade in der Dämmerung, wenn sich die Lichtverhältnisse
00:55:19
stark ändern, beeinträchtigt ist.
00:55:21
Und was auch noch auftritt, ist, dass das Farbensehen mit dem Alter abnimmt.
00:55:26
Ja, und auch das Sichtfeld, das nimmt nämlich alle zehn Jahre um ein bis drei Prozent ab.
00:55:30
Und deswegen kann man bei 70- bis 80-Jährigen davon ausgehen, dass ihr Sichtfeld um 20- bis 30 Prozent
00:55:38
kleiner ist als jetzt beispielsweise bei uns.
00:55:40
Oh, das ist voll viel.
00:55:44
Ja, das heißt, die sehen viel später, wenn irgendwie rechts oder links noch ein anderes
00:55:48
Auto kommt oder ein Radfahrer auftaucht.
00:55:51
Aber problematisch ist das Altern auch für das Gehirn, denn mit dem Alter schrumpft das
00:55:56
nicht nur, sondern auch das Myelin nimmt ab, so Grönke.
00:56:00
Diese Myelinscheiden, damit werden die Nervenzellen quasi isoliert und die dienen auch der Reizweiterleitung.
00:56:07
Und wenn die Myelinscheiden nicht mehr so ausgeprägt sind, dann wird die Kommunikation
00:56:14
zwischen den Zellen dadurch eingeschränkt und langsamer.
00:56:17
Dadurch können ältere Menschen dann eben langsamer reagieren.
00:56:21
Und auch die Kommunikation zwischen verschiedenen Gehirnbereichen nimmt ab.
00:56:25
Was dann bedeutet, dass halt die Koordination dieser einzelnen Aufgaben, die man eben beim
00:56:30
Autofahren ja gleichzeitig irgendwie so multitaskingmäßig beherrschen muss, dass die dann nicht mehr
00:56:36
so gut funktioniert.
00:56:37
Deswegen ist das bei manchen Menschen auch ganz schlimm im Alter, wenn sie am Radio rumfummeln,
00:56:42
während sie fahren.
00:56:43
Weil ich sehe, deine Aufmerksamkeit geht gerade total hier vorne hin zu den bunten Knöpfen und
00:56:50
nicht auf die Straße.
00:56:52
Und wenn dann zum Beispiel im Alter noch so was wie Demenz dazu kommt, was übrigens bei jedem
00:56:58
Dritten über 90 Jahren der Fall ist, dann kommen noch mehr Probleme dazu.
00:57:04
Und trotzdem ist es ja so, dass viele ältere Menschen Auto fahren.
00:57:07
Insgesamt haben mehr als zwei Millionen über 75-Jährige in Deutschland eine Fahrerlaubnis.
00:57:13
Und die Zahl steigt.
00:57:15
Und das hat ja auch damit zu tun, dass wir halt diesen demografischen Wandel haben.
00:57:18
Also es werden immer mehr.
00:57:20
Insgesamt sind SeniorInnen, das sind beim Statistischen Bundesamt dann Menschen ab 65, aber nicht an der
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Mehrzahl der Unfälle in Deutschland beteiligt.
00:57:29
2018 waren sie bei 13 Prozent involviert.
00:57:32
Gemessen an der Anzahl der gefahrenen Kilometer verursachen die über 75-Jährigen aber mehr Unfälle
00:57:38
als zum Beispiel die Hauptrisikogruppe der unter 24-Jährigen.
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Also relativ gesehen.
00:57:43
Sie fahren halt nur einfach viel seltener und viel kürzere Strecken, wenn sie dann mal fahren.
00:57:48
Studien belegen außerdem, dass Menschen über 75 die häufigsten GeisterfahrerInnen sind und
00:57:55
immer seltener den Schulterblick benutzen, obwohl wir ja gerade gelernt haben, dass das Sichtfeld
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Und das müssten sie dann theoretisch eigentlich mit dem Kopf ausgleichen.
00:58:04
Ja, und das ist tatsächlich auch eine total große Angst vor mir, dass ich jemanden anfahre
00:58:11
sowieso, aber halt gerade wegen des Schulterblicks, weil ich auch als Radfahrerin schon so oft
00:58:17
nicht gesehen wurde.
00:58:18
Und ich mache das sogar jedes Mal so doll, dass mein Vater sagt, dass ich Schulterblickanfälle
00:58:25
hätte, weil ich mich immer so ruckartig umdrehe.
00:58:29
Oh, da hätte ich wohl Angst um meinen Nacken.
00:58:31
Der denkt immer, oh Gott, jetzt guckt sich schon wieder über die Schulter.
00:58:34
In anderen Ländern gibt es wegen dieser Probleme schon verpflichtende Tests, um zu checken, wie
00:58:40
fit man im Alter noch ist.
00:58:41
Das sind dann vor allen Dingen irgendwie Gesundheitschecks wie Augen- oder Reaktionskontrollen.
00:58:46
Richtige Fahrtests sind eher selten.
00:58:49
Aber dass durch diese Gesundheitschecks weniger Unfälle passieren, ist nicht wissenschaftlich
00:58:54
Bei uns in Deutschland muss man weder einen Fahrtest machen, noch einen Augentest.
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Wenn man einmal den Führerschein bestanden hat, ist man fein.
00:59:02
Außer, wenn man jetzt zum Beispiel sturzbetrunken fährt und erwischt wird oder irgendwie acht
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Punkte in Flensburg hat, was schon eine ganze Stange ist.
00:59:12
Dann wird man getestet und zwar in dieser medizinisch-psychologischen Untersuchung, also dem sogenannten Idiotentest.
00:59:19
Und wenn ältere Menschen diese MPU machen müssen, dann fällt die Mehrheit dadurch.
00:59:26
Und daher ist die Frage ja berechtigt, warum gibt es keine verpflichtenden Fahrtauglichkeitstests
00:59:32
ab einem gewissen Alter?
00:59:35
Also die fallen halt auch nicht ohne Grund dadurch.
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Und ich finde das, was die Eltern von Fabian sich gedacht haben, gar nicht so schlecht.
00:59:45
Also halt generell so alle fünf, zehn Jahre oder so und dann mit zunehmendem Alter alle
00:59:50
zehn oder alle sieben oder so.
00:59:53
Eins sage ich dir, also ich würde safe durch meine Führerscheinprüfung fallen, wenn ich sie
00:59:58
jetzt nochmal machen müsste.
00:59:59
Hä, so wie jede zweite Person.
01:00:02
Meinst du die Fahrprüfung oder die Theorieprüfung?
01:00:05
Die Theorieprüfung.
01:00:07
Aber, wobei, ich weiß das ehrlich gesagt gar nicht.
01:00:10
Ich komme von A nach B, natürlich, und ich komme sicher dahin.
01:00:13
Aber, also, manchmal weiß ich nicht, was die Schilder bedeuten.
01:00:19
Okay, ja, das sind ja auch echt, in der Prüfung waren ja auch Schilder, wo man sich
01:00:22
dachte, die sind einmal in einem Bundesland so ungefähr, ne?
01:00:28
Ja, okay, ich verstehe.
01:00:29
Ja, aber ich meine, zu einem Führerschein gehört halt eben auch eine theoretische Prüfung.
01:00:34
Also, ich meine, Laura, warum soll man denn bei einem längeren, starken Gefälle nicht
01:00:41
mit getretener Kupplung durchfahren, hm?
01:00:44
Und Laura, was ist nochmal die Kupplung?
01:00:49
Du meinst, weil ich durch die automatischen Autos nicht mehr weiß, was eine Kupplung ist?
01:00:56
Die haben ja gar keine Kupplung.
01:00:59
Also, bei einem starken Gefälle soll man nicht die Kupplung durchgehend treten.
01:01:04
Keine Ahnung, warum.
01:01:07
Es führt zu unnötigem Verschleiß an den Bremsen und die Motorbremswirkung kommt nicht zum
01:01:13
Möchtest du noch eine Frage hören?
01:01:16
Für wen besteht ein Alkoholverbot beim Fahren von Kraftfahrzeugen?
01:01:23
Ja, betrunken soll man kein Auto fahren.
01:01:25
Ab 0,8 Promille sollte man kein Auto mehr fahren.
01:01:27
Nee, es sind nur 0,5 und wenn man den Verkehr gefährdet oder sowas wie Schlangenlinien fährt,
01:01:33
dann sogar nur 0,3.
01:01:36
Ah ja, 0,8 war aber in England.
01:01:37
Aber die Frage ist, für wen besteht ein Alkoholverbot beim Führen von Kraftfahrzeugen?
01:01:44
Das ist die Frage.
01:01:45
Ah, also ein 0,0.
01:01:51
Ich würde davon ausgehen, ähm, Beantworte doch mal so die Führerscheinprüfungsfragen.
01:01:57
Busfahrer, Innen, Rettungskräfte und so?
01:02:01
Oder keine Ahnung?
01:02:03
Oh, das weiß ich gar nicht.
01:02:04
Was steht denn da?
01:02:05
Für alle Kraftfahrer in der Probezeit und für alle Kraftfahrer unter 21 Jahren.
01:02:11
Oh nee, das wusste ich tatsächlich nicht.
01:02:13
Nee, ich finde das gut, wie wir hier auch mal mit unserem Wissen bezüglich des Straßenverkehrs
01:02:21
Als Antwort, warum wir bisher keine verpflichtenden Fahrtaglichkeitstests haben, habe ich vom
01:02:27
Bundesverkehrsministerium das hier bekommen, Zitat, Bundesminister Andreas Scheuer hat sich
01:02:33
in der Vergangenheit bereits mehrfach dazu geäußert.
01:02:36
Ach, das ist ja nett.
01:02:37
Also beantworten Sie mir vielleicht meine Frage trotzdem.
01:02:40
Ja, etwa wie folgt, Zitat, unsere Statistiken zeigen, ältere Menschen bauen deutlich weniger
01:02:47
schwere Unfälle als andere Autofahrer.
01:02:50
Ob jemand Sicherauto fährt, hängt nicht vom Geburtsdatum ab.
01:02:56
Über 75 in Relation nicht deutlich weniger Unfälle machen, wird hier nicht erwähnt.
01:03:02
Aber wir sehen, es gibt eben keinen Handlungsbedarf seitens der Politik.
01:03:06
Was möglicherweise daran liegen kann, dass man mit solchen Neuerungen auch vor allem bei den älteren WählerInnen nicht gerade beliebt wird.
01:03:16
Weil man muss sich aber überlegen, weil man muss sich aber überlegen, bei der letzten Bundestagswahl war jeder dritte Wähler bzw. Wählerin 60 Jahre oder älter.
01:03:24
Und vielleicht will sich es die Politik auch nicht mit der Automobilindustrie verscherzen, denn ältere AutofahrerInnen kaufen auch noch gerne neue Autos.
01:03:33
Letztes Jahr wurden hochgerechnet mehr als 450.000 Neuwagen von Personen über 59 Jahren gekauft.
01:03:43
Aber diese ganze Diskussion ist nicht neu.
01:03:45
Die kommt immer wieder auf, wenn es dann mal wieder einen schweren Unfall gab.
01:03:48
Und als Gegenargument zu diesen Tests hört man dann häufig, älteren Menschen wird dann noch mehr Freiheit weggenommen und solche Tests diskriminieren.
01:03:58
Aber ich meine, ich habe mich ja auch nicht diskriminiert gefühlt, als ich mit 19 noch in diese Probezeit musste.
01:04:03
Ja, allerdings verstehe ich es so ein bisschen vom Gefühl her, weil du musst dir erst mal mit 19 etwas erarbeiten, also beweisen, dass du gut fährst.
01:04:13
Und anderen Leuten wird halt gefühlt wieder was weggenommen, weißt du?
01:04:18
Also, ich habe eine 88-jährige Person in der Familie und die macht noch alles selbst und die fährt auch noch Auto.
01:04:25
Und ich persönlich finde, sie sollte nicht.
01:04:28
Und ich bin neulich hinter ihr hergefahren, weil wir irgendwo hin mussten und ich dachte, ich hätte was vergessen.
01:04:34
Und dann bin ich rechts ran, um zu gucken, ob das noch da ist, war so eine kleine schmale Landstraße.
01:04:40
Hält diese Frau einfach mitten auf der Straße an, sodass unsere Richtung und der Gegenverkehr nicht mehr weiterfahren konnten.
01:04:49
Also einfach wahrscheinlich so völlig geschockt, was macht das Kind, auf die Bremse einfach getreten.
01:04:54
Und da meinte ich auch danach zu ihr, ich so, du fährst schon nicht mehr ganz so sicher und auch immer so ruckartig an und so.
01:05:01
Und davon will sie natürlich nichts hören, weil sie meint, da müsste sie ja jemanden bezahlen, der oder die kommt und alles mit ihr macht.
01:05:08
Und das kommt natürlich überhaupt nicht in Frage und deswegen würde sie dann zu Hause vergammeln und verrotten.
01:05:12
Die wohnt halt auch eher weiter außerhalb, so wie viele Menschen in dem Alter und hat natürlich auch Sorge, dann zu vereinsamen, weil das Auto ja gerade im Alter auch für eine Selbstständigkeit steht.
01:05:24
Ja, das versteht man, das ist natürlich total blöd, wenn man nicht mehr mobil ist, ja.
01:05:29
Ich spreche aus eigener Erfahrung, als mein Vater mir mein Auto weggenommen hat.
01:05:33
Das war auch schlimm für mich.
01:05:37
Aber man will ja auch gar nicht allen 75-Jährigen jetzt den Führerschein abnehmen, sondern ja nur prüfen, ob sie eine Gefahr für sich und andere darstellen.
01:05:47
Genau, das ist ja auch so, aber bei vielen würde dann ja rauskommen, ja, das tun sie.
01:05:51
Und deswegen wären die sicher so doll dagegen.
01:05:54
Ja, aber das macht mir ja noch mehr Angst, weil dann denken sie selber, sie schaffen das nicht mehr.
01:05:58
Und dann denke ich mir aber, für deine eigene Seelenruhe solltest du das machen, weil mein Fall von Imgert H., der zeigt ja, wie furchtbar das dann auch für die Unfallfahrerinnen oder für den Unfallfahrer ist.
01:06:11
Ja, aber ich meine, im Hinblick auf den demografischen Wandel muss sich die Politik ja eh früher oder später mal damit beschäftigen, denke ich mir, hoffe ich.
01:06:21
Ja, oder sie ignorieren das Thema weiterhin, wie jetzt.
01:06:25
Was eigentlich absurd ist, weil 2019 in Deutschland 3059 Menschen bei Unfällen im Straßenverkehr gestorben sind.
01:06:35
Heißt durchschnittlich fast neun Menschen am Tag.
01:06:38
Und das ist schon die geringste Zahl seit Beginn der Aufzeichnung gewesen.
01:06:43
Über 90 Prozent der Unfälle wurden durch menschliches Fehlverhalten...
01:06:47
Warte mal, neun Menschen am Tag?
01:06:50
Das ist ja krass.
01:06:53
Über 90 Prozent der Unfälle wurden durch menschliches Fehlverhalten verursacht.
01:06:58
Bei circa sieben Prozent lag es an sogenannten allgemeinen Ursachen, wie Wetter- oder Straßenverhältnissen.
01:07:05
Und bei circa ein Prozent lag es an technischen Ursachen.
01:07:08
Beim menschlichen Fehlverhalten ist die häufigste Ursache für tödliche Unglücke eine erhöhte Geschwindigkeit.
01:07:15
Und fast 60 Prozent der Verkehrstoten kommen auf Landstraßen, wie in deinem Fall, ums Leben.
01:07:21
Also da, wo man immer die Kreuze an den Bäumen sieht.
01:07:24
Und eigentlich ist das doch völlig absurd, dass wir mit dem Auto so viel Freiheit verbinden und die partout nicht einschränken wollen.
01:07:33
Obwohl es über 3.000 Verkehrstote im Jahr gibt.
01:07:35
Die nehmen wir aber im Kauf.
01:07:37
Und das ist ja jetzt gerade wegen Corona deutlich geworden, wie inkonsequent das eigentlich ist.
01:07:41
Weil, um den jetzt Zahlen vergleichen zu wollen, nur so vom Ding.
01:07:45
Bei der Pandemie haben wir für den Schutz des Lebens ganz viele Dinge eingeschränkt.
01:07:49
Vor allem in der Wirtschaft, von denen Deutschland Jahre brauchen wird, um sich davon zu erholen.
01:07:54
Was Leute arbeitslos gemacht hat und Existenzen vernichtet hat.
01:07:57
Angesichts dieser Bedrohung hat Deutschland gesagt, das nehmen wir in Kauf.
01:08:01
Wir gucken hier ganz genau, welche Maßnahmen können wir ausprobieren, um das Risiko für Menschen, an dem Virus zu erkranken, so gering wie möglich zu halten.
01:08:08
Und trotzdem das Verhältnis in Bezug auf unsere Freiheit zu bewahren.
01:08:12
Das tun wir aber bei dem Verkehr nicht.
01:08:14
Also ich habe noch nie gehört, lasst uns doch mal für ein Jahr ein Tempolimit einführen und dann schauen, wie viel weniger Menschen auf der Autobahn ums Leben kommen.
01:08:22
Weil dann könnte man ja sagen, okay, 200 Menschen sind in dem Jahr weniger aufgrund von hoher Geschwindigkeit auf der Autobahn gestorben, könnte also mit dem Tempolimit in Verbindung stehen.
01:08:32
Ich habe das Gefühl, dass man es gerade da nicht macht, weil man sich dann ja fragen müsste, ist uns das gefühlte Recht, unbegrenzt schnell fahren zu dürfen, mehr wert als die Option, 200 Menschenleben zu retten.
01:08:45
Ja, aber stell dir mal vor, wenn bei den Nachrichten am Ende, wie wir das jetzt öfter mit den Corona-Toten hatten, jeden Tag die Verkehrstoten dann durchgesagt werden würden.
01:08:55
Also wenn es da so ein Bewusstsein für geben würde, dann glaube ich, wäre auch schon längst ein Tempolimit bei uns auf den Autobahnen.
01:09:04
Also wie gesagt, ich bin ja auch kein Fan von 130, aber ich finde es wirklich fraglich, nicht auch mal staatliche Einschränkungen vorzunehmen,
01:09:12
weil es ja gerade nicht darum geht, Arbeitsplätze in Gefahr zu bringen oder die tatsächliche Freiheit der Menschen einzuschränken,
01:09:20
sondern nur darum einfach, weniger Kmh zu fahren.
01:09:24
Ich weiß nicht, wie das bei dir war in MG Action Town, aber bei mir war Alkohol am Steuer schon immer ein Thema, weil ich komme vom Dorf
01:09:36
und wir hatten halt nicht so viele Fortbewegungsmöglichkeiten.
01:09:39
Also klar gab es ein paar Busse und so, aber die fuhren halt so selten.
01:09:41
Und ich weiß von einigen, dass sie sich auch mal nach zwei, drei Weinen schon hinter Steuer gesetzt haben.
01:09:47
Einmal auch mit einem schönen Totalschadenunfall.
01:09:51
Ja, ich würde mich wirklich nie betrunken ins Auto setzen.
01:09:55
Ich habe schon so Angst davor, einen Unfall zu bauen oder überhaupt Angst zu fahren, wenn es dunkel ist und ich nüchtern bin.
01:10:03
Also da habe ich schon Angst.
01:10:05
Aber als Teenager habe ich mich in MG Action Town auch mal bei jemandem ins Auto gesetzt, der betrunken war.
01:10:12
Und damals, es war im Winter, also es hat gefroren und wir sind dann von einer Seitenstraße auf eine Kreuzung zugefahren.
01:10:20
Und der Fahrer war relativ schnell, also ich würde sagen auch schneller, als was eigentlich erlaubt war.
01:10:25
Hat dann ja gebremst, aber weil so viel Eis auf der Straße war, also ist das Auto erst mitten auf der Kreuzung zum Stehen gekommen.
01:10:34
Also wenn da ein anderes Auto ganz normal gefahren wäre, dann hätten wir einen krassen Unfall gebaut und wir wären ja dem Auto voll rein in die Seite.
01:10:44
Und da habe ich, also da habe ich das erste Mal, ja das gemerkt, was das bedeutet, wenn man betrunken ist, wie man sich da vielleicht anders verhält als sonst, weil er ist sonst so nicht gefahren.
01:10:58
Und ja, seitdem bin ich echt vorsichtig, bei wem ich da einsteige.
01:11:02
Ja, und das Problem ist ja, dass man in der Situation immer denkt, dass man alles noch kontrollieren kann.
01:11:09
Ich habe mal eine Reportage gemacht und da so einen Test gemacht und das war auf einer Teststrecke, also es waren Rettungskräfte anwesend, ein Arzt war da, der die Situation überwacht hat.
01:11:21
Es war alles unter Kontrolle, keine Autobahn oder so und ich bin diese Teststrecke mit Hindernissen gefahren und da musste ich so einparken, Aquaplaning gab es da und Slalom musste ich fahren und ich hatte so eine Brille auf, die Rückschlüsse auf meine Reaktionszeit zugelassen hat.
01:11:39
Und dann haben sie mir Gras aus Amsterdam gegeben und das rauchen lassen und das war so ein Zeug, was dich halt eher so hoch gepusht hat.
01:11:48
Und dann musste ich die Strecke nochmal fahren.
01:11:50
Und mal abgesehen davon, dass ich dachte, ich mache mir in die Hose vor Lachen, hat das in dem Moment total Spaß gemacht, diese Strecke zu fahren und ich habe mich so sicher gefühlt wie eine Rennfahrerin.
01:12:04
Und am Ende kam auch beim Ergebnis raus, ja, ich bin viel schneller gefahren, aber ich habe halt fast keinen Aufsteller stehen gelassen und das habe ich währenddessen natürlich überhaupt nicht mitbekommen.
01:12:14
Ich habe halt viel mehr Fehler gemacht und wir beiden haben ja mit Drogen, jetzt abgesehen von mal ein Weinchen oder so, nichts am Hut.
01:12:22
Und deswegen fand ich das so krass zu sehen, wie sehr einen das beeinflusst hat während des Fahrens.
01:12:28
Und ich war währenddessen wirklich absolut der Überzeugung, dass ich besser gefahren bin als vorher.
01:12:33
Ja, aber das kennt man ja auch schon von Alkohol.
01:12:35
Dass wenn man betrunken ist, dass man meint, alles genauso gut oder vielleicht auch besser zu können, als wenn man nüchtern ist.
01:12:43
Wie zum Beispiel auch viele Leute meinen, sie könnten super gut tanzen, wenn sie betrunken sind.
01:12:51
Gerade erst wurde ein 21-jähriger Fahranfänger verurteilt, der eine 20-Jährige totgefahren hatte.
01:12:58
Da war der 18, als das passiert ist und zwar nach einem Weinfest, da hatte der fast 3,0 Promille.
01:13:07
Und hat sich dann mit drei anderen ins Auto gesetzt und dann das Opfer auf einer Ortstraße überfahren.
01:13:13
Natürlich auch mit erhöhter Geschwindigkeit.
01:13:16
Und weißt du, was der bekommen hat?
01:13:20
Ich würde tippen so acht Monate Haft.
01:13:23
5.000 Euro und ein Jahr Führerscheinentzug wegen Schuldunfähigkeit.
01:13:27
Ach so, scheiße.
01:13:30
Also, wir sind ja jetzt wirklich keine Fans von immer härteren Strafen, aber hier hat das Gericht nicht mal den Strafrahmen des Jugendstrafrechts ausgeschöpft.
01:13:39
Und wie schlimm ist das für die Eltern von der jungen Frau?
01:13:42
Nee, das ist halt immer das Problem mit dieser Schuldunfähigkeit, wie jetzt auch bei den Demenzkranken.
01:13:47
Aber bei deiner Grasfahrt hattest du ja auch ein super sicheres Gefühl.
01:13:52
Also, du wärst dir wahrscheinlich sicher gewesen, niemanden zu verletzen.
01:13:56
Aber ich denke mir halt, als erwachsener Mensch weiß ich das halt vorher.
01:14:01
Ich weiß, dass Drogen einen in so einen Zustand versetzen.
01:14:05
Und deswegen setzt man sich dann auch nicht hinter Steuer.
01:14:10
Ja, das Problem ist, die Entscheidung, dich hinter Steuer zu setzen, die triffst du ja meistens in diesem Zustand.
01:14:16
Ja, das ist die Krux.
01:14:18
Ja, und in Bezug darauf finde ich unser Rechtssystem halt auch irgendwie schwierig.
01:14:22
Also, jetzt nur in Bezug darauf, aber das fiel halt in diesem Fall sogar dem Richter schwer, das Urteil zu sprechen.
01:14:28
Der sagt an die Eltern gewandt, das Urteil fällt mir unsagbar schwer.
01:14:33
Als Vater der jungen Frau könnte ich nicht oder nur schwer mit dieser Entscheidung leben.
01:14:38
Es gibt Urteile, die man als Richter sein Leben lang im Rucksack mit sich herumträgt.
01:14:42
Und dieses Urteil ist eins davon.
01:14:44
Die Staatsanwaltschaft hat jetzt Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts eingelegt.
01:14:48
Und deswegen ist das Urteil noch nicht rechtskräftig.
01:14:51
Ein Fall, bei dem ebenfalls ein unbeteiligter Mensch ums Leben gekommen ist, ist der Fall der Kuhdarmraser,
01:14:58
den wir hier auch schon mal in Folge 5 besprochen haben.
01:15:01
Wenn ihr euch aber genauso wenig daran erinnern könnt wie wir, was wir da erzählt haben,
01:15:06
sage ich jetzt noch mal kurz, was eigentlich passiert ist.
01:15:09
Also in der Nacht zum 1. Februar 2016 verabredeten sich die zwei jungen Männer,
01:15:14
Hamdi H. und Marvin N. spontan an einer Ampel am Berliner Kurfürstendamm zu einem Rennen.
01:15:19
Also wer als erstes am KDW ankommt.
01:15:22
Und bei diesem Autorennen rasten die zwei mit teilweise 160 kmh über diese 3,5 Kilometer lange Strecke
01:15:30
und ignorierten dabei auch mehrere rote Ampeln.
01:15:33
An der letzten Kreuzung kam dann ein Jeep aus einer Seitenstraße gefahren,
01:15:38
dem dann der Hamdi H. nicht mehr ausweichen konnte.
01:15:43
Also kollidierten diese beiden Autos und danach stieß auch noch das Auto von Hamdi H. mit dem von Marvin N. zusammen.
01:15:48
Bei diesem Unfall starb der 69-jährige Fahrer des Jeeps und die Beifahrerin von Marvin N. wurde schwer verletzt.
01:15:57
So und das Landgericht Berlin verurteilte Hamdi H. und Marvin N. im Februar 2017 wegen Mordes und entzog ihnen lebenslang den Führerschein.
01:16:05
Als Mordmerkmal sah das Gericht den Einsatz von gemeingefährlichen Mitteln.
01:16:10
Das Mordmerkmal ist dann erfüllt, wenn der Täter oder die Täterin ein Mittel zur Tötung einsetzt,
01:16:15
das in der konkreten Tatsituation eine Mehrzahl von Menschen an Leib und Leben gefährden kann,
01:16:21
weil er oder die die Ausdehnung der Gefahr nicht in seiner Gewalt hat.
01:16:24
Und ein Auto ist an sich generell kein gemeingefährliches Mittel, also jetzt nicht wie beispielsweise eine Bombe,
01:16:30
aber es kann eben eins sein, wenn es sich in einer konkreten Situation dazu eignet, andere zu gefährden.
01:16:37
Im Urteil bezeichnet das Gericht den Tatort als Schlachtfeld.
01:16:41
Ja, und das macht ja auch alles total Sinn.
01:16:43
Ich meine, man muss ja sich auch einfach nur mal klar machen, zu was für einer Waffe ein Auto werden kann.
01:16:50
Das Auto an sich ist ja auch super schwer, also durchschnittlich wie tolles Auto 1400 Kilo.
01:16:56
Und wenn man da bremst, dann bleibt man ja auch nicht direkt stehen.
01:16:59
Also wenn man beispielsweise 100 auf der Landstraße fährt und man sieht jetzt in 50 Meter Entfernung plötzlich ein Mensch auf der Straße stehen,
01:17:06
dann würde man trotz direkter Vollbremsung immer noch mit 64 kmh auf diesen Menschen aufprallen.
01:17:14
Und in mehr als der Hälfte solcher Fälle stirbt dann die Person auch, wie das ja auch bei Emi war.
01:17:20
Die war ja auch mit ungefähr 60 dann noch unterwegs.
01:17:22
Aber auch schon bei 30 kmh beim Aufprall stirbt bereits jeder zehnte Mensch.
01:17:28
Und 30 ist ja wirklich gefühlt lahm.
01:17:31
Also man kann auf jeden Fall generell sagen, dass ein Auto als gemeingefährliches Mittel gelten kann, ja.
01:17:39
Das Landgericht Berlin bezieht sich da übrigens auch auf einen Fall einer Geisterfahrt.
01:17:44
Dort hatte der Täter sein unbeleuchtetes Fahrzeug nachts in Suizidabsicht in Gegenrichtung auf eine Autobahn gelenkt
01:17:52
und den Tod der Insassen eines in 500 Meter Entfernung entgegenkommenden Autos billigend in Kauf genommen.
01:17:58
In dem Auto saßen sechs Menschen, wovon drei dann bei der Kollision starben, während die drei anderen schwer verletzt wurden.
01:18:06
Und der Bundesgerichtshof hat in diesem Zusammenhang angeführt, dass es für den Angeklagten nicht beherrschbar gewesen sei,
01:18:13
welche und wie viele Personen durch das von ihm mit mindestens 117 kmh in den Gegenverkehr gelenkte Fahrzeug gefährdet, verletzt und getötet werden konnten.
01:18:24
Ja, das kann man ja auch gar nicht.
01:18:25
Wenn er fährt, man weiß ja gar nicht, wie viele Fahrzeuge und wie viele Menschen dann gerade auf der Strecke sind
01:18:32
und wie die einzeln reagieren, dass vielleicht noch eine Massenkarambolage entsteht oder so.
01:18:37
Genau, ja. Und deswegen ist dieses Urteil von dieser Geisterfahrt auch nicht so umstritten, wie beispielsweise das der Kudammraser.
01:18:48
Im März 2018 hob der BGH das Urteil der Kudammraser, nämlich wegen in mehrfacher Hinsicht durchgreifender sachlich-rechtlicher Mängel, wieder auf.
01:18:58
Also der BGH hat dem Landgericht das Urteil ordentlich um die Ohren gehauen.
01:19:02
Unter anderem deswegen, weil das Landgericht Berlin die Eigengefährdung von Hamdihar und Marvin N. nicht genügend berücksichtigt habe.
01:19:10
Da haben wir es wieder.
01:19:11
Denn die könnte, wie wir aus dem Fall von Emi wissen, ein Indiz gegen einen Tötungsvorsatz sein.
01:19:17
Außerdem war der BGH der Ansicht, dass der Tötungsvorsatz auch deswegen nicht gegeben sei,
01:19:22
weil das Landgericht in seinem Urteil ausführte, dass die beiden spätestens auf Höhe der Kreuzung Townsienstraße-Nürnberger Straße
01:19:30
den Tod eines anderen Verkehrsteilnehmers als möglich erkannten und billigenden Kauf nahmen.
01:19:35
Also es war die Kreuze, bevor dieser Unfall passierte.
01:19:37
Auf dieser Höhe wären die Täter gar nicht mehr reaktionsfähig gewesen und hätten den Unfall auch nicht mehr verhindern können.
01:19:44
Und der Vorsatz muss aber zum Zeitpunkt der Tatbegehung vorliegen und nicht erst dann, wenn der Unfall nicht mehr zu verhindern ist.
01:19:52
Ansonsten ist das nämlich ein sogenannter Dolus Subsequens, was so viel bedeutet wie nachträglicher Vorsatz und damit rechtlich irrelevant.
01:19:59
Außerdem merkte der BGH auch noch an, dass es nicht reichen würde, sich gemeinsam für ein Rennen zu verabreden,
01:20:06
um von einer Mittäterschaft von N. auszugehen.
01:20:09
Der wurde ja auch wegen Mordes dann verurteilt, obwohl er ja gar nicht derjenige war, der in den Jeep geknallt war.
01:20:16
Ja, aber ohne diesen Marvin N. wäre der Unfall auch nicht passiert.
01:20:21
Und ohne ihn wäre der andere, haben die H. nicht gerast.
01:20:25
Und daher müsste doch eigentlich, müsste der auch zumindest Mitschuld am Tod des Opfers haben, oder?
01:20:31
Ja, also so ähnlich sieht das das Landgericht Berlin ja auch.
01:20:35
Und das geht nämlich davon aus, dass Hamdi H. gar nicht weitergefahren wäre, wenn Marvin N. irgendwann mal gebremst hätte.
01:20:42
Also dass die beiden Fahrten ganz eng miteinander verbunden waren.
01:20:45
Und der BGH sagt aber in der ersten Revision, dass die Ausführung des Landgerichts nicht gereicht hat.
01:20:51
Also dass es zwar angeführt hat, dass die beiden sich bei der Ampel verabredet haben, aber es nicht genug ausgeführt hat, dass es auch einen gemeinsamen Tatentschluss bei dem eigentlichen Rennen dann gab.
01:21:04
Also müsste das Berliner Landgericht das nur besser und konkreter beschreiben?
01:21:08
Also zumindest besser begründen.
01:21:12
Also der BGH hat jetzt nicht gesagt, dass eine Mittäterschaft von dem Marvin N. ausgeschlossen ist.
01:21:21
Aber danach ging dann der Fall wieder zum Landgericht Berlin und das geht dann wieder davon aus, dass die beiden Angeklagten von Beginn bis zuletzt gemeinsame Tatherrschaft über das Rennen hatten.
01:21:31
Das Landgericht Berlin verurteilt haben die H. und Marvin N. im März 2019, deswegen erneut wegen Mordes zu lebenslanger Haft.
01:21:39
Und im Gegensatz zum ersten Verfahren geht das Gericht jetzt nicht nur von einem Mordmerkmal aus, sondern gleich von dreien.
01:21:47
Zusätzlich, nämlich zum Einsatz von gemeingefährlicher Mittel, sieht es jetzt auch noch das Mordmerkmal der Heimtücke und der niedrigen Beweggründe erfüllt.
01:21:56
Heimtücke deshalb, weil das Opfer grün gehabt hatte und keinen Angriff auf sein Leben habe kommen sehen und es außerdem auch nur beschränkt hätte ausweichen können und daher arg und werlos gewesen ist.
01:22:07
So das Landgericht Berlin.
01:22:10
Dass die beiden Täter das Gewinn des Rennens über das Leben anderer Menschen gestellt haben, stünde sittlich auf tiefster Stufe.
01:22:18
Außerdem führt es diesmal an, dass der Vorsatz schon gegeben war, als sie noch hätten bremsen können und dass die Angeklagten sagten, sie hätten darauf vertraut, dass schon nichts passieren würde, das wertet das Gericht als Schutzbehauptung.
01:22:30
Und natürlich wurde wieder Revision eingelegt und jetzt lag das gerade beim BGH und heute haben wir Neuigkeiten.
01:22:37
Der hat jetzt nämlich das Urteil gegen Hamdihar, den Unfallverursacher, der in den Jeep gerast ist, bestätigt.
01:22:45
Das Landgericht hätte sich diesmal ausreichend mit den vorher kritisierten Aspekten des Urteils auseinandergesetzt.
01:22:50
Der BGH sagt zwar, dass die Beweiswürdigung des Landgerichts bezüglich des Mordmerkmals der Tötung mit gemeingefährlichen Mitteln durchgreifende Rechtsfehler aufweist.
01:22:59
Aber das wirkt sich nicht auf die Strafe aus, weil es die Mordmerkmale der Heimtücke und der Tötung aus niedrigen Beweggründen rechtsfehlerfrei bejaht hat.
01:23:09
Das Mordurteil gegen Marvin N. wurde allerdings wieder aufgehoben, weil die Beweiswürdigung der Mittäterschaft keinen Bestand hat.
01:23:15
Das heißt, das Landgericht Berlin muss jetzt ein drittes Mal über seine Strafe verhandeln.
01:23:20
Ja, und da bin ich sehr gespannt, ob sie jetzt noch mal, also noch ein drittes Mal zum selben Urteil kommen oder ob seine Strafe dann am Ende doch milder ausfällt als die von Hamdihar.
01:23:31
In unserer fünften Folge hatten wir ja in Bezug auf das in Anführungsstrichen richtige Urteil bereits klare, sehr fundierte Meinung.
01:23:41
Weißt du noch, was du da gefordert hast?
01:23:45
Okay, wir hören mal kurz rein zum Verständnis.
01:23:49
Ich habe davor erklärt, was normalerweise als fahrlässige Tötung gilt, was als Totschlag und was als Mord.
01:23:54
Und an der Stelle, da spreche ich jetzt gerade von der Verurteilung wegen Mordes.
01:23:58
Aber ob es wirklich juristisch fair ist, weiß ich eben nicht.
01:24:04
Es ist halt so kompliziert, wie wir auch gerade gesehen haben, diese einzelnen Abstufungen.
01:24:09
Wenn du mit 170 Sachen mit dieser Karre über den Kuhdamm rast, dann kannst du nicht kontrollieren, was dabei passiert.
01:24:15
Und deswegen bin ich sehr wohl der Meinung, dass sie wegen Mordes verurteilt werden sollten.
01:24:20
Ja, aber ich finde auch, man könnte sie wie ein Totschlags verurteilen.
01:24:24
Ja, und da hörte unsere Diskussion zum Urteil dann auch schon auf.
01:24:30
Jetzt können wir die ja mal fortsetzen.
01:24:33
Was ist denn deine Meinung heute?
01:24:35
Hat die sich jetzt nach zwei Jahren juristischer Nachhilfe geändert?
01:24:40
Also vom Strafmaß her hätte für mich immer noch Totschlag gereicht.
01:24:45
Also wohlgemerkt für beide Fahrer.
01:24:46
Weil ich finde, man kann so eine Tat nicht beispielsweise mit einem geplanten Mord an den eigenen Eltern aus Habgier oder so.
01:24:53
Oder einen Mord aus Mordlust vergleichen.
01:24:55
Aber für mich liegt das Mordmerkmal des gemeingefährlichen Mittels hier schon auf der Hand.
01:25:01
Ja, das hätte ich jetzt auch gedacht.
01:25:04
Wobei ja genau das jetzt gerade das war, was sie rauskorrigiert haben wegen Rechtsfehler.
01:25:09
Aber ich denke, dass das schon auch hätte greifen können.
01:25:13
Also wenn ich jetzt mit Pfefferspray in einem Club rumsprühe oder Steine von der Autobahnbrücke werfe, dann sage ich ja auch nicht, habe ich darauf vertraut, dass jetzt alles gut geht.
01:25:21
Ja, ich finde auch, dass das ist, was am wenigsten streitbar ist.
01:25:25
Also das gemeingefährliche Mittel.
01:25:27
Heimtücke und niedrige Beweggründe finde ich eher schwierig.
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Und ich finde aber nicht, dass man das jetzt mit anderen Mordmerkmalen vergleichen muss oder so.
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Ja, also Mord ist natürlich jetzt überhaupt nicht in jedem Raserfall das geeignete Urteil.
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Und wir sehen ja auch, wie schwer das Landgericht Berlin das hier hat, allein diesen Vorsatz schon nachzuweisen.
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Ja, das struggelt ja jetzt hier seit Jahren, weil das natürlich nicht in die Köpfe der Täter gucken kann.
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Und weil das bei anderen Landgerichten ja auch so ist, wurde bisher halt oft fahrlässige Tötung angenommen.
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Und darauf gibt es halt meistens nur Bewährung.
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Ja, und gerade deswegen wurde nach dem Kudamm-Fall auch Paragraf 315d eingeführt.
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Und damit wurde Rasen von der Ordnungswidrigkeit zu einer Straftat.
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Im Gesetz steht jetzt, wer im Straßenverkehr ein nicht erlaubtes Kraftfahrzeugrennen ausrichtet oder durchführt
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oder als Kraftfahrzeugführer an einem nicht erlaubten Kraftfahrzeugrennen teilnimmt
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oder sich als Kraftfahrzeugführer mit nicht angepasster Geschwindigkeit
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und grob verkehrswidrig und rücksichtslos fortbewegt, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen,
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der wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
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Und wenn dabei Menschen ums Leben kommen oder schwer verletzt werden, dann drohen sogar bis zu zehn Jahren Haft.
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Ja, und das ist immerhin doppelt so viel, wie man maximal für fahrlässige Tüttung bekommen würde.
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Ja, aber es gibt Probleme mit diesem Paragrafen, genau mit Absatz 3, der sich ja nicht speziell auf Autorennen bezieht,
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sondern auf sogenannte Einzelraser, also einfach auf die Personen, die, Zitat,
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mit nicht angepasster Geschwindigkeit grob verkehrswidrig und rücksichtslos fahren, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen.
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Aber bei dieser Formulierung fragt sich ja jeder, ab wann liegt denn eine nicht angepasste Geschwindigkeit vor?
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Also dann, wenn man schon über der Höchstgeschwindigkeit ist und wie viel?
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Und ab wann versucht man eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen?
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Und diese Fragen hat man sich auch am Amtsgericht Villingen-Schwenningen vor kurzem gestellt,
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ist aber auf keine befriedigende Antwort gekommen.
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Weil das Gericht den Paragrafen für zu unbestimmt und damit verfassungswidrig hält,
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wurde das Verfahren sogar ausgesetzt.
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Ein Strafgesetz muss ja so konkret sein, dass jetzt auch du und ich verstehen,
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welche strafrechtlichen Folgen das Verhalten haben könnte, das man an den Tag legt.
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Und KritikerInnen fordern, den Straftatbestand konkreter zu formulieren,
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also wie zum Beispiel in der Schweiz.
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Da macht man sich zum Beispiel strafbar, wenn man in der 30er-Zone mit mehr als 70 fährt
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oder in der 50er-Zone mit mehr als 100.
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Also da ist das so klar geregelt.
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Und weil der BGH das jetzt erstmal prüfen muss,
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kann es sein, dass dieser Paragraf am Ende des Jahres gar nicht mehr in dieser Weise existiert.
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Ich hoffe aber, dass 315D irgendwie trotzdem weiterhin bestehen bleibt,
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weil das würde dann natürlich genau die richtigen treffen.
01:28:24
Also Menschen, die rasen, die illegale Wettrennen veranstalten
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und dabei halt andere Menschen gefährden, ja.
01:28:31
In Vorbereitung zu dieser Folge haben wir übrigens mit jemandem gesprochen,
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der in der Rasa-Szene aktiv war.
01:28:37
Das Interview könnt ihr in den nächsten Tagen auf unserem Instagram-Kanal
01:28:40
Mordlos der Podcast hören.
01:28:43
Ja, kommen wir mal zu was Schönem.
01:28:44
Ich habe einen kleinen Nachtrag zur Clemens-Affäre, falls ihr euch erinnert.
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Clemens ist der mit dem Weingut, was der mir so halb gemopst hat.
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Und da ist ein Angebot reingekommen.
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Diesmal nicht von einem Zuhörer oder einer Zuhörerin,
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sondern von einer mir nahestehenden Person.
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Und dann kam halt so,
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Pauli, sag mal, wo der wohnt.
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Also das würde ich ja auch ernsthaft nie machen.
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Und ich erzähle das ja auch nur, weil ich so irre finde, was er vorhatte.
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Und zwar sagte er zu mir,
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nein, nichts Schlimmes.
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Ich fahre da hin und dann rolle ich ihn in einen Teppich ein
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und dann haut man von außen mit einem Kochlöffel drauf.
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Und dann, ich so, warum?
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Und dann meinte er, durch den Teppich würde sich halt die Energie
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und diese Schlagkraft breitflächiger verteilen
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und dann würde er keine Hämatome davon tragen.
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Das ist ja eine kriminelle Energie, die da rauskommt.
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Und das Ding ist aber, also mal abgesehen davon,
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dass es wirklich nicht zur Debatte steht,
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würde, also so wirklich nicht,
01:30:06
würde es mich total interessieren, ob das stimmt.
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Weil ich habe das natürlich gegoogelt
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und ich habe, also dazu habe ich halt nichts gefunden.
01:30:15
Nur olle Teppichangebote.
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Oder ein Teppichklopfer oder so, aber nicht das.
01:30:21
Und jetzt möchtest du unsere ZuhörerInnen fragen,
01:30:25
ob die das bestätigen können,
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ohne dass ich jetzt den Eindruck erwecke,
01:30:30
dass das eine Option ist.
01:30:31
Ich wiederhole mich.
01:30:32
Das steht überhaupt nicht zur Debatte.
01:30:34
Ich habe übrigens heute mit Clemens telefoniert.
01:30:36
Laura war dabei.
01:30:38
Ich habe nicht vor diesem Mann Schaden zum Zufügen.
01:30:40
Ich kriege nämlich noch was von dem.
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Und ihr sollt auch nicht das ausprobieren,
01:30:46
jetzt nur um uns so zu sagen.
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Ey, tatsächlich habe ich ja letzte Woche
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einen neuen Teppich bekommen
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und ich finde, du würdest dich da sehr gut drin machen jetzt.
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Genau, ich räume mich jetzt da mal ein.
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Das war ein Podcast von Funk.