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#50 Narziss und sein spiegelbild

Mordlust
Weißt du, als wir angefangen haben, diesen Podcast zu machen, da dachte ich eigentlich, dass wir auch ein bisschen mehr über uns reden.
Ich finde, wir reden schon ziemlich viel über uns. Also ich meine, die Leute wissen ja schon, dass ich mal geschlagen wurde, dass ich Eifersuchtsattacken habe, wenn ich meine Tage habe oder sowas und dass ich als Kind mal Dienerin werden wollte.
Nee, ich meinte das eher so, dass man den Podcast ja als so eine Art therapeutisches Mittel benutzen könnte. Also so, dass wir beispielsweise über unsere Probleme reden und dann das hier so als Abwehrfläche benutzen. Weil sonst will das ja immer keiner hören.
Ach so, ja. Also so nach dem Motto, Mordlust, der True Crime und Therapie Podcast?
Ja, genau. Und ich soll dich jetzt therapieren? Oder was? Also du meinst, nach all deinen schlechten Erfahrungen kann es ja jetzt nur besser werden. Ja, therapier doch mal meine Therapieangst, bitte.
Okay, wie kann ich helfen?
Also wir werden diese Folge ja viel darüber reden, wie toll wir sind. Warum? Das erfahrt ihr gleich. Und eigentlich wollte ich deswegen für den Anfang was suchen, was wir gut gemacht haben, um damit dann anzugeben, zu flexen, wie man heute sagt.
Aber mir ist nichts eingefallen.
Wie?
Gar nichts?
Nee.
Also ich fand, am Samstag haben wir was gemacht, mit dem ich sehr zufrieden war.
Was denn?
Da hatten wir ein Fotoshooting.
Ach ja.
Und ihr müsst wissen, Paulina und ich hassen Fotos machen.
Hassen, hassen, hassen, hassen, hassen. Und unser Fotograf hasst uns deswegen.
Ja.
Und diesmal haben wir das aber innerhalb von nur zwei Stunden geschafft.
Und sonst dauert es nämlich immer viel länger, weil wir halt so wenig Lust haben. Und das sieht man leider auch auf den Fotos. Und deshalb ist das jetzt schon was, worauf man stolz sein kann.
Ja, das ist richtig. Danke für den Ego-Boost jetzt in dieser Therapiestunde.
Gerne.
Aber der hält halt auch nur so lange an, bis man erfährt, wieso wir so schnell durch waren mit dem Fotografieren an dem Tag.
Aber da komme ich am Ende, glaube ich, noch mal drauf zurück. Deswegen erzählen wir das jetzt hier nicht.
Also erstmal herzlich willkommen zu Mordlust, dem True-Crime-Podcast von Funk.
Wir sprechen hier über wahre Verbrechen und ihre Hintergründe.
Mein Name ist Paulina Kraser und ich sitze gerade in MG Action Town bei...
Laura Wohlers.
Die Paulina hier die schönen Seiten jetzt von Mönchengladbach zeigt.
Also unseren Garten.
Ich habe original nichts von Mönchengladbach gesehen, nur dieses Haus und den Garten.
Mehr nicht.
Und?
Den Bahnhof.
Gefällt es dir?
Ja, ist wunderschön.
Vor allem der Bahnhof, ja.
Ja, hier in diesem Podcast entziehen wir uns in jeder Folge gegenseitig Fälle zu einem bestimmten Oberthema.
Und darüber diskutieren wir dann auch und sprechen auch mit ExpertInnen darüber.
Wenn wir hier diskutieren, dann reden wir auch manchmal ein bisschen lockerer miteinander.
Das hat aber nichts mit einer fehlenden Ernsthaftigkeit dem Thema gegenüber zu tun, sondern das ist einfach für uns so eine Art Comic Relief, damit wir zwischendurch auch mal aufatmen können.
Genau.
Und heute geht es bei uns um Narzissmus, wie ihr vielleicht jetzt eben auch anhand des Einstiegs gemerkt habt.
Wir mussten uns zur Vorbereitung für diese Folge halt sehr viel mit uns selbst beschäftigen und sind da auf ziemlich unangenehme Dinge gestoßen.
Mein Fall erzählt von einer Frau, die sich selbst so sehr liebt, dass sie im wahrsten Sinn des Wortes über Leichen geht, um zu bekommen, was sie will.
Acht Jahre nach meinen Taten bin ich auf dem Titelblatt.
Das gefällt mir.
Es gibt mir Kraft.
Es macht mich stolz.
Sollen sie mich narzisstisch nennen.
Acht Jahre zuvor.
Esti ist überglücklich.
Die 32-Jährige hat gerade von ihrem Frauenarzt erfahren, dass sie schwanger ist.
Ihr größter Wunsch ist in Erfüllung gegangen.
Endlich.
Sie kann es kaum erwarten, ihrem Freund Roland die freudige Nachricht zu überbringen.
Als Esti es ihm am Abend sagt, freut er sich so sehr, dass er sie gleich danach fragt, ob sie ihn heiraten möchte.
Jetzt ist Estis Leben perfekt.
Der Mann, den sie über alles liebt, wird der Vater ihres Kindes und noch dazu ihr Ehemann.
Dazu laufen die Geschäfte super.
Esti betreibt ein Eissanon, der dieses Jahr schon im Mai jeden Tag voller zufriedener Kundschaft ist.
Und auch die Zukunft sieht rosig aus.
Zusammen mit Roland schmiedet Esti Pläne.
Noch vor der Geburt des Babys wollen sie in ein Reihenhaus am Rande der Stadt ziehen und geheiratet haben.
Doch von diesen Plänen wird schon bald nichts mehr übrig sein.
Denn am 7. Juni 2011 kommt ein Nachbar in Estis Eissanon und erzählt ihr, dass man unten im Keller des Nebenhauses einen toten Mann gefunden hat.
Esti wird 1978 als Goizari Estibalis Caranza Zabala in Mexiko geboren.
Bitte was?
Deswegen heißt sie Esti.
Im Alter von fünf Jahren zieht sie mit ihrer Familie nach Spanien, wo sie in Barcelona aufwächst.
Dort geht sie auf ein Gymnasium und studiert danach an der Uni von Barcelona Wirtschaftswissenschaften.
Esti ist intelligent, fleißig und noch dazu für viele attraktiv.
Mit ihrer zierlichen Figur, den blonden Locken und ihrer Porzellanhaut sieht sie fast ein bisschen aus wie ein Engel.
Ihren ersten Freund lernt sie mit 17 Jahren kennen.
Er ist zwei Jahre älter als sie, ein hübscher Mann aus wohlhabender Familie.
Und mit ihm ist sie bis nach ihrem Uniabschluss zusammen.
Doch als Esti ihn dann mit Heirats- und Familienplanung konfrontiert, macht er mit ihr Schluss.
Esti fällt in ein tiefes Loch und da passiert es zum ersten Mal.
Sie hat Mordfantasien.
Sie überlegt, wie sie ihren Ex-Freund umbringen könnte.
Ob sie die Bremsschläuche seines Autos oder die Gasheizung in seiner Wohnung manipulieren sollte.
Sie tut letztendlich keins von beidem, schafft es, ihre Vernichtungsfantasien zu bezwingen.
Stattdessen lenkt sie sich von ihrem Schmerz ab und zieht nach Deutschland.
Dort arbeitet sie ein Jahr als Au-pair und fängt danach in einem Eiss-Salon in der Nähe von Nürnberg an zu jobben.
Dort lernt sie Holger kennen, ein Verkäufer von Kühlgeräten.
Holger ist groß, blond, 36 Jahre alt und Anhänger der Gemeinschaft Hare Krishna.
Obwohl er 14 Jahre älter ist als Esti, werden die beiden ein Paar und heiraten auch kurze Zeit später.
2005, da ist Esti 27, ziehen die beiden nach Wien, um dort gemeinsam einen Eissalon zu eröffnen.
Ein eigenes Lokal ist Estis großer Traum.
Sie liebt es, Eis zu verkaufen, eigene Sorten zu kreieren und herzustellen.
Die beiden finden ein Lokal in Meidlingen, das sich hervorragend eignet
und zudem auch noch Räumlichkeiten im Nachbarhaus gehören, in denen sich die beiden dann eine kleine Wohnung einrichten.
Ihren Eissalon nennen sie Schleckeria.
Das ist so wie mit Namen für Friseure.
Was ist dein Favorit von einem Friseursalon-Namen?
Ach ja, vielleicht sowas wie Harmonie oder Verlockend.
Mit am schlimmsten finde ich ja eigentlich diesen Mix aus englischen und deutschen Wörtern wie
Vorher, Nachher oder, noch schlimmer, Wellcome.
Ja.
Also da würde ich ja schon aus Prinzip mir nicht die Haare schneiden lassen.
Also wenn jemand so einen schlechten Humor hat, das ist ja einfach nur Cringe, oder?
Ja, wieso muss man das denn überhaupt machen?
Lass das!
So, das funktioniert nur in den seltensten Fällen.
Dann nennen den Laden halt Mannis Lockenpuff oder so.
Ja, also während die Schleckeria unter der Leitung von Esti gut anläuft, gibt es privat immer mehr Probleme.
Holger interessiert sich bald schon gar nicht mehr wirklich für seine Frau.
Stattdessen sitzt er stundenlang vorm PC und spielt Ego-Shooter.
Auch im realen Leben begeistert sich Holger für Waffen, legt sie eine ganze Sammlung zu.
Esti ist sehr unglücklich.
Sie sehnt sich nach Aufmerksamkeit und Liebe.
So flüchtet sie sich in eine Affäre mit Manfred, einem Eismaschinenverkäufer.
Manfred macht ihr Komplimente, die sie seit Jahren nicht mehr von Holger gehört hat.
Er sagt, dass er sie liebt und erklärt ihr, dass sie etwas Besseres verdient hat.
Esti verliebt sich in Manfred und trennt sich von Holger.
Doch so schnell wie sie es sich wünscht, kann sie ihren Ehemann nicht aus ihrem Leben verbannen.
Denn Holger besteht darauf, weiter in der gemeinsamen Wohnung zu wohnen.
Auch geschäftlich ist eine Trennung schwer, da ihnen der Eissalon gemeinsam gehört.
Um Holger auszuzahlen, müsste Esti die Schleckeria verkaufen.
Ihr Baby.
Das kommt für sie nicht in Frage.
Was außerdem zu einer Zerreißprobe wird, ist, dass Manfred jetzt plötzlich doch nichts mehr von ihr wissen will.
Er erklärt ihr, dass sie sich da in etwas reingesteigert haben.
Esti, die gehofft hat, nun mit Manfred neu starten zu können, ist am Boden zerstört.
Doch es dauert nicht lange, bis sie jemand Neues an ihrer Seite hat.
Kennengelernt übers Internet.
Tom ist Physiker und bei ihm kann sie übernachten, wann immer sie will.
So muss sie Holger nicht immer über den Weg laufen, der noch immer in ihrer gemeinsamen Wohnung lebt.
An einem Abend kommt Esti dann aber doch mal in die Wohnung neben ihrem Salon und sieht Holger, wie so oft, vor dem PC sitzen.
Als er sie bemerkt, fangen die beiden an zu streiten.
Holger schreit, du wirst ohne mich untergehen und du findest nie wieder einen Mann.
Esti wird wütend.
wütend über die abwertenden Worte, wütend darüber, dass sie sich immer noch mit Holger rumstreiten muss und darüber, dass sie ihn nicht endlich aus ihrem Leben verbannen kann.
Dann schaut sie sich um und sieht neben sich zwei Gewehre und zwei Pistolen liegen.
Sie nimmt sich die Beretta, stellt sich direkt hinter Holger und schießt.
Danach geht Esti duschen und fährt zu ihrem Freund Tom.
Holgers Leiche lässt sie auf dem Stuhl sitzen, so als sei nichts passiert.
Am nächsten Morgen geht sie dann direkt in den Eissalon.
Als sie am Abend heimkommt, sitzt Holger immer noch auf dem Stuhl.
Esti versucht, die Leiche zu verbrennen, doch das funktioniert nicht.
Außerdem bildet sich dabei viel zu viel Rauch.
So viel, dass die Nachbarn die Feuerwehr rufen.
Als die vor der Tür steht, erklärt Esti, ihr seid etwas auf dem Herd verbrannt.
Unverrichteter Dinge fährt Esti danach wieder zu ihrem Freund.
Erst Tage später kommt sie zurück.
Als sie die Tür zum Treppenhaus öffnet, steigt ihr bereits der Leichengeruch entgegen.
Sie weiß, dass sie den Körper von Holger jetzt loswerden muss.
Also geht sie in den Baumarkt, kauft eine Motorsäge und lässt sich noch vor Ort erklären, wie sie die zu benutzen hat.
Für was?
Um die Leiche zu entsorgen.
Ja, aber das wird sie ja so nicht gesagt haben.
Ich möchte ein sehr großes Stück Fleisch damit zersägen.
Wie mache ich das am besten?
Die Männer, die ihr das in diesem Baumarkt erklärt haben, sie haben auch zu ihr gesagt, sie hoffen, dass niemand verletzt wird, weil sie halt so klein ist und auch nicht wirklich diese Motorsäge bedienen konnte.
Ja, verletzt wird tatsächlich irgendwie niemand mehr.
Zu Hause zerteilt sie dann die Leiche und betoniert sie ein.
In Wannen, die sie vorher für die Aufbewahrung von Eis genutzt hat und in eine Kühltruhe.
Die Wannen trägt sie selbst in den Keller, der zur Steckeria gehört.
Die Kühltruhe schafft sie mithilfe von ahnungslosen Bekannten nach unten.
Niemandem fällt etwas auf.
Weder an Estis Verhalten noch an ihrem Gemütszustand.
Und Holger, wenn Verwandte oder Freunde nach ihm fragen, erzählt Esti, er sei ausgewandert, um Mitglied einer Hare Krishna Gruppe in Indien zu werden.
Das scheint keiner wirklich überraschend zu finden und so führt Esti ihr Leben einfach weiter.
Nach einer Zeit trennt sie sich dann von ihrem Freund Tom und kommt doch wieder mit Manfred zusammen, wegen dem sie sich ja damals von Holger getrennt hatte.
Auch Manfred investiert daraufhin in die Schleckeria.
Zunächst läuft in der Beziehung alles gut, doch dann bekommt Esti mit, dass Manfred ihr fremd geht.
Um ihm zu zeigen, wie verletzend das für sie ist, geht sie ihm auch ganz offen fremd.
Doch ihr Plan geht nicht auf.
Der Manfred findet eine offene Beziehung offenbar ganz wunderbar.
Das bringe neuen Schwung, sagt er.
Richtig dumm gelaufen.
Und mit jedem neuen Fremdflirt wird Estis Wut größer.
Sie kann nicht verstehen, wieso sie Manfred nicht genügt.
Irgendwann macht sie Manfred sogar für den Tod von Holger verantwortlich.
Also nicht offen ihm gegenüber, aber sie sieht das so.
Schließlich hatte sie sich von Holger getrennt, damit die beiden zusammen sein können.
Dass Manfred sie dann in dieser schweren Trennungszeit alleine gelassen hat, kann sie ihm bis heute nicht verzeihen.
Doch von ihm trennen will oder kann sie sich nicht.
Und so geht Esti wieder in den Baumarkt.
Diesmal besorgt sie sich giftige Pflanzensamen, die sie Manfred in den Kaffee kippt.
Manfred geht es darauf immer schlechter.
Er wird schwächer, aber auch netter zu Esti, die sich aufopferungsvoll um ihn kümmert
und nach einer Zeit auch aufhört, ihn zu vergiften.
Als Manfred wieder fit ist, fängt das Fremdgehen aber wieder an.
Esti kontrolliert eines Morgens seinen Suchverlauf und liest, dass er sich auf einer Datingplattform angemeldet hat
und nach einer Frau sucht, die so ganz anders ist als sie.
Dass die Beschreibung seiner offensichtlichen Traumfrau ihrer Person so fern ist, trifft Esti schwer.
Warum kann Manfred mich nicht so nehmen, wie ich bin, fragt sie sich.
Als sie darauf keine Antwort findet, geht sie wieder in den Baumarkt.
Da geht sie wieder in den Baumarkt und kauft sie eine neue Motorsäge.
Das ist mit der alten.
Stumpf.
Möglich.
Hat sie zurückgegeben.
Als es dann am Wochenende mal wieder zum Streit kommt, bei dem Manfred ihr erklärt,
dass sie ohne ihn nicht überlebensfähig sei und sowieso keinen neuen Partner finden würde,
ist Estis maßvoll.
Diese Demütigung kann sie sich nicht länger anhören.
Als Manfred schläft, holt sich Esti die Waffe.
Sie legt den Fußboden und die Wände rund um das Bett mit Plastikfolie aus,
stellt sich neben Manfred und schießt.
Danach beseitigt sie seine Leiche genauso wie zuvor die von Holger.
Als sich Manfreds Familie nach ein paar Tagen Sorgen macht,
meldet Esti ihn bei der Polizei als vermisst.
Als sie von der Polizei befragt wird, kommt es dem einen Beamten schon merkwürdig vor,
dass innerhalb von zweieinhalb Jahren zwei Männer verschwinden, mit denen Esti zusammen war.
Doch in ihre Richtung wird nicht weiter ermittelt.
So hat sich Esti erneut ihrer Probleme entledigt,
ohne dass sie irgendwelche Konsequenzen zu spüren bekommt.
Und schon wenige Wochen nach Manfreds Tod kommt Esti mit Roland zusammen.
Nein, Roland, lauf!
Mit dem Roland, von dem sie dann im Mai 2011 schwanger ist
und mit dem sie sich die perfekte Zukunft ausmalt,
bis ein Nachbar in ihren Salon kommt und erzählt,
dass im Keller wegen eines Rohrbruchs eine Leiche entdeckt wurde.
Warum nur eine Leiche eigentlich?
Weil die lagen doch beide da.
Ja, die haben erst nur die von Manfred gefunden.
Als Esti das hört, weiß sie sofort, was zu tun ist.
Sie geht ohne ein Wort zu sagen aus ihrem Lokal und sofort zur Bank.
Dort hebt sie alles ab, was sie auf ihrem Konto hat,
besorgt sie ihren Pass und ein Prepaid-Handy.
Dann fährt sie mit dem Taxi zum Flughafen.
Während der Fahrt schreibt sie einen Brief an Roland.
Darin steht, dass er zum Flughafen kommt und sie auf ihrer neuen Nummer anrufen soll.
Als sie aussteigt, gibt sie dem Taxifahrer 20 Euro, damit er diesen Brief zu Roland bringt.
Dann geht Esti zum Last-Minute-Schalter und fragt nach dem nächsten Flug.
Paris und von da nach Mexiko.
Mexiko sollte ein sicherer Hafen für sie sein.
Schließlich hat sie noch die mexikanische Staatsbürgerschaft.
Dann ruft das Klingeln ihres Handys sie aus ihren Gedanken.
Das neue Handy.
Es ist Roland.
Er ist am Flughafen.
Als sie ihn entdeckt, läuft sie auf ihn zu.
Die beiden umarmen sich.
Roland versteht nicht, was los ist.
Esti erklärt ihm, dass sie umgehend nach Spanien muss,
weil es ihrem Vater gesundheitlich nicht gut geht.
Roland macht sich Sorgen.
Er merkt, dass irgendetwas nicht stimmt.
Aber Esti sagt ihm, er soll zurück zur Arbeit gehen.
Als Roland weg ist, fühlt sich Esti am Flughafen plötzlich nicht mehr sicher.
Also nimmt sie sich ein Taxi zum Westbahnhof.
Dort kauft sie sich eine große Sonnenbrille, eine Hose und Sneaker.
Dieses Outfit eignet sich besser zur Flucht als ihr Kleid und die Hohenschuhe.
Dann setzt sich Esti wieder in ein Taxi.
Diesmal zum Busbahnhof.
Als sie in den ersten Bus nach Ungarn steigt, wird sie nach ihrem Pass gefragt.
Den kann sie ja unmöglich zeigen.
Also steigt sie wieder aus und in ein Taxi, das sie nach Italien bringen soll.
Für 1300 Euro.
Kurz nach der Grenze schmeißt der Fahrer sie raus.
Weiter will er nicht.
Er muss ja wieder zurück nach Wien.
Esti versucht noch, dem Mann zu überreden, in einer Pension ein Zimmer auf seinen Namen zu reservieren.
Und für Geld macht er das auch.
Am nächsten Tag steigt sie dann in einen Bus nach Undine.
Dort geht sie in einen Friseursalon und lässt sich die Haare braun färben und glätten.
Jetzt sieht Esti ganz anders aus.
Gar nicht mehr wie ein Engel.
In der Stadt begegnet sie einem Straßenmusiker, den sie überzeugen kann, sie bei sich aufzunehmen.
Sie erzählt ihm, sie sei von zu Hause ausgerissen, weil ihr Mann gewalttätig sei.
Zwei Tage kommt sie bei ihm unter, bis er die Polizei ruft.
Er war misstrauisch geworden, weil sich Esti auffallend häufig nach den Leichenfunden in Wien erkundigt hatte.
Nach der gesuchten Eislady, wie die Presse Esti mittlerweile getauft hat.
Als sie bei der italienischen Polizei schließlich ein Geständnis ablegt, überschlagen sich die Schlagzeilen.
Und als Esti erhobenen Hauptes aus der Polizeistation in Undine tritt, blitzen die Fotoapparate.
Jetzt wird deutlich, wie passend der Spitzname Eislady wirklich ist.
Denn Esti ist nicht nur Eisverkäuferin, auch ihr ganzes Wesen wirkt extrem kühl und unnahbar.
Dazu kommen immer mehr Informationen zu ihren Taten und ihrem Verhalten danach, dass der Bevölkerung eiskalt und berechenbar erscheint.
Als es im November 2012 zum Prozess kommt, tritt Esti dort wie eine Businesslady auf.
Kurzes, graues, eng anliegendes Kleid und Pokerface.
Angeklagt ist die mittlerweile 34-Jährige wegen zweifachen Mordes.
Da sie ihre Taten gestanden hat, geht es in dem Prozess vor allem darum, ob Esti schuldfähig ist und ob sie in ein Gefängnis oder in den Maßregelvollzug gehört.
Deshalb ist vor allem das Gutachten der Gerichtspsychiaterin Heidi Kastner wichtig für das Gericht.
Sie hat 30 Stunden mit Esti gesprochen und ihre Persönlichkeit analysiert.
Nach ihrer Einschätzung leidet die Angeklagte an einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen, abhängigen, histrionischen und dissozialen Komponenten.
Esti fehle eine innere Stabilität, weshalb sie ihre Wertigkeit nur über andere definieren kann.
Laut Kastner braucht sie deshalb ständig Zuwendung und Bestätigung.
Weil Estis Selbstwert extrem leidet, wenn sie keine Anerkennung bekommt, erhöht sie sich in solchen Momenten selbst und wird extrem öffnet.
Was man daran erkennt, dass sie ihre beiden Partner umbringt, obwohl sie sich auch hätte trennen können oder zurückziehen können.
Kastner stellt aber klar, dass Esti diese anderen Lösungsmöglichkeiten bewusst waren.
Deshalb stuft sie Esti als steuerungsfähig und somit schuldfähig ein.
Esti hat im Endeffekt nur das getan, was für sie am besten schien.
Das ist Narzissmus pur, so Kastner.
Allerdings befürchtet die Psychiaterin, dass Esti wegen ihrer hochgradigen psychischen Gestörtheit erneut töten könnte.
Deshalb empfiehlt sie Esti trotz Schuldfähigkeit in den Maßregelvollzug zu überstellen.
Und am 22. November 2012 wird Esti dann auch nach nur vier Prozesstagen wegen zweifachen Mordes zu einer lebenslangen Haft plus Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher verurteilt.
Aber auch nach ihrer Verurteilung wird weiter über die Ice Lady berichtet.
Dafür sorgt Esti.
Denn immer wieder gibt es neue Geschichten von ihr.
Sie weiß genau, wie sie sich inszeniert und weiter Gesprächsthema bleibt.
Sie spricht heimlich mit JournalistInnen, vermarktet Fotos von sich und bringt sogar ihren Sohn, den sie in Haft bekommen hat, auf das Cover einer Zeitschrift.
Roland, der Vater des Kindes, den sie kurz nach ihrer Verhaftung noch im Gefängnis das Ja-Wort gab, steht mittlerweile nicht mehr hinter ihr.
Er sagt heute, er habe sich in ihr getäuscht.
Er ist sich sicher, dass Esti alles eiskalt kalkuliert und Menschen ihr nur wichtig sind, solange sie ihr etwas nützen.
Roland erzählt der Presse außerdem, dass Esti sich immer wieder über die Anstaltspsychologin lustig gemacht hat.
Sie habe gesagt, niemand wird je die Wahrheit erfahren und die habe ich im Griff.
Manchmal habe ich das Gefühl, ich bin ihre Psychologin.
Nach der Trennung von Roland kommt Esti mit einem Brieffreund zusammen, der ihr jeden Monat 150 Euro auf ihr Haftkonto überweist.
Von ihm trennt sie sich aber dann, als sie sich in einen Insassen der Männerabteilung verliebt, mit dem sie sich verlobt und sich nach kurzer Zeit aber wieder von ihm trennt.
Das hört sich so an, wie in so einem Unternehmen.
Oder wie in einem Kaufhaus.
Ja.
Jede dieser Beziehungen sorgt natürlich für neue Schlagzeilen und auch zwei Bücher, die von ihr illegal in Haft angefertigt werden.
Das erste, das im November 2014 erscheint, sind ihre Memoiren mit dem Titel
Meine zwei Leben, die wahre Geschichte der Ice Lady, welches sie in Zusammenarbeit mit einer Journalistin geschrieben hat und das sich innerhalb eines Jahres über 10.000 Mal verkauft.
Darin spricht Esti über ihre Motivation zu den Taten.
Zitat
Doch wie viel vom Inhalt dieses Buchs war es, ist fraglich.
Daran gibt sie zum Beispiel an, sie habe Manfred nie versucht zu vergiften.
In ihrem zweiten Buch schreibt sie aber dann doch von den giftigen Pflanzensamen.
Und außerdem davon, sie hätte nur aus Habgier gemordet und sei gar nicht psychisch krank.
Dieses Buch kommt im September 2018 auf den Markt und heißt Zelle 14.
Die wahre Geschichte der Liebe zwischen der Mörderin Estibales Carranza, bekannt als Ice Lady und einem Mithäftling.
Also die zweite wahre Geschichte, die sie jetzt schon rausholt.
Weil das erste Buch ist doch auch was mit wahrer Geschichte, oder nicht?
Die wahre Geschichte der Ice Lady, aber jetzt heißt es die wahre Geschichte der Liebe zwischen der Mörderin und einem Mithäftling.
Ja.
Aber immer die wahre.
Ja.
Nicht die ausgedrückt.
Nee, aber diesmal ist es eine andere wahre Geschichte, weil es ist ja nicht die gleiche Wahrheit wie beim ersten, oder?
Nee, nicht, genau.
Dieses Buch ist ein Protokoll von mehr als 100 Gesprächen, die der Autor zwischen 2014 und 2018 mit Esti geführt hat.
Darin wird deutlich, wie wichtig für Esti die Anerkennung ihrer Mitmenschen ist, egal in welcher Form.
So fragt sie, bin ich noch schön?
Habe ich noch diese eisklaren Augen, dieses Gesicht wie aus Porzellan,
Diesen Arsch, an dem sie irgendetwas finden?
Wie bitte?
Eigne ich mich noch für die Titelseiten der Zeitung?
Und weiter, ich stehe gern im Mittelpunkt.
Es gefällt mir, dass ich den Boudoir faszinierend.
Aber wer kann von sich sagen, dass ihm das egal wäre?
Ich verstecke mich hinter Masken und wechsle sie.
Aber tut das nicht auch jede Frau, die ihre Haare färbt und sich schminkt?
Während sich Esti in ihrem ersten Buch noch klar von der Ice Lady, wie sie in den Medien porträtiert wurde, distanziert, lässt sie im zweiten Buch keinen Zweifel daran, wie wichtig ihr dieser Titel ist.
Die Marke Ice Lady, sie ist auch ein Wert.
Durch sie bin ich nicht nur irgendeine Mörderin.
Ohne meine Marke wäre es, als gäbe es mich nicht mehr.
Niemand mehr würde mich wahrnehmen.
Und es geht auch für alle Menschen darum, wahrgenommen zu werden.
Die Mörderin auf dem Titelblatt zu sein, dann ist dir das lieber als nichts.
Und irgendwann gibst du alles dafür.
Acht Jahre nach meinen Taten bin ich auf dem Titelblatt.
Das gefällt mir.
Es gibt mir Kraft.
Es macht mich stolz.
Sollen sie mich narzisstisch nennen.
Boah.
Dann kann man ja froh sein, dass sie im Maßregelvollzug ist, wenn sie sich so sehr damit identifiziert.
Weil die Gefahr könnte ja in Freiheit hoch sein, dass sie dann wieder auf diese Art und Weise sich Aufmerksamkeit holen möchte.
Ja, weil scheinbar ist sie jetzt stolz darauf, eine Mörderin zu sein, ja?
Ja.
Wo man auch so merkt, dass sie so ganz anders tickt, ist, finde ich, wo sie sagt, es gefällt mir, dass ich den Boulevard fasziniere, aber wer kann von sich sagen, dass ihm das egal wäre?
Ja, genau.
Ganz viele können das sagen.
Aber ich mir so dachte, das ist nicht das, wo Menschen hinstreben, Madame.
Genau.
Und dass sie das so von sich auf andere projiziert, zeigt einfach, dass sie sich nicht so richtig an andere reinversetzen kann.
Mhm, total.
Obwohl Heidi Kastner es, die ja als schuldfähig eingestuft hatte, ist sie dann ja in die Anstalt für Geistigabnormenrechtsbrecher gekommen.
Das sowas ist wie eine forensische Psychiatrie, also Maßregelvollzug.
Und das hat mich halt gewundert, weil man in Deutschland normalerweise ja ins Gefängnis kommt, wenn man als voll schuldfähig gilt.
Aber in Österreich ist das ein bisschen anders.
Da können auch schuldfähige Personen in die forensische Psychiatrie, und zwar dann, wenn sie wegen ihrer geistigen oder seelischen Abartigkeit, so heißt das, als gefährlich eingestuft werden.
Und das war bei Esti der Fall.
Also Heidi Kastner schätzt ihre Rückfallwahrscheinlichkeit sogar auf über 30 Prozent.
Also, dass wenn sie jetzt direkt rauskommen würde, dass es gut sein kann, dass sie Probleme wieder auf diese Art lösen würde.
Hört sich ja auch so an.
Hört sich sogar jetzt noch so an, obwohl das ja schon länger her ist, genau.
Und in Deutschland wäre Esti aber eben nur dann in die forensische Psychiatrie gekommen, wenn sie aufgrund ihrer Persönlichkeitsstörung entweder als vermindert schuldfähig oder schuldunfähig eingestuft worden wäre, was heute nicht mehr so häufig vorkommt, wie mir Kriminalpsychologin Lydia Benecke erklärt hat.
Wenn eine begutachtende Person bei einer straffälligen Person eine oder auch mehrere stark ausgeprägte Persönlichkeitsstörungen feststellt, dann muss die begutachtende Person prüfen, ob diese Besonderheiten zur Enthemmung oder mangelnden Steuerung von Tatimpulsen beigetragen haben.
Und das ist im Einzelfall sehr kompliziert.
Ja, und weil das so schwer nachzuweisen ist, kommen die meisten TäterInnen nicht in die forensische Psychiatrie.
Aber die wenigen, die dann doch dort sitzen, die haben meist keine reine Diagnose.
Das heißt, die narzisstische Persönlichkeitsstörung tritt mit anderen Störungen zusammen auf, also so wie das auch bei Esti der Fall war.
Und zu finden ist die narzisstische Persönlichkeitsstörung da bei ganz unterschiedlichen Arten von StraftäterInnen.
Also zum Beispiel bei pädophilen StraftäterInnen zum Beispiel, die sich am liebsten mit Kindern umgeben, weil die halt ihre Persönlichkeit nicht in Frage stellen und sie anhebeln.
Und bei Vergewaltigern, weil sie zum Beispiel zurückgewiesen wurden von einer Frau und die dann sozusagen diese Kränkung mithilfe von sexueller Gewalt sozusagen für sich verarbeiten.
Und auch zum Beispiel unter drogenabhängigen StraftäterInnen gibt es pathologische NarzisstInnen, vor allem bei denen, die abhängig sind von Drogen wie Kokain.
Also so Drogen, die auch so dazu beitragen, sich besonders einzigartig oder besonders zu fühlen.
Ja.
Und einige sind wie Esti zum MörderInnen geworden.
Zum Beispiel auch Daniel und Manuela Ruder, falls du dich an die erinnern kannst.
An meinen Fall, den ich gemacht habe?
Ja, da kann ich mich dran schauen.
Ich erinnere noch ein bisschen her.
Folge 2.
Das war dieses Satanspärchen aus Witten, die einen Bekannten ermordet hatten.
Und wegen einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung ging das Gericht damals von verminderter Schuldfähigkeit aus, weshalb die beiden dann im Maßregelvollzug landeten.
Und genau wie Esti hatte ja auch Daniel Ruder in seiner Zeit dort ein Buch geschrieben, in dem er erklärt, sich das mit der Stimme des Teufels, die ihm ja den Mord befohlen hatte, nur ausgedacht zu haben, um seine Frau zu schützen.
Das hast du ja auch damals schon erzählt.
Das war ganz anstrengend.
Fehlercode 211 heißt das doch oder so.
Ja.
Ja, anstrengendes Buch.
Ja, und der Psychiater Norbert Leigraf, der hatte bei Ruder damals das Gutachten erstellt.
Der sagt über das Buch, dass dieses Buch ein klarer Beweis für die narzisstische Persönlichkeitsstörung ist.
Ja.
Und so kann man das jetzt auf das zweite Buch von Esti auch so ein bisschen beziehen.
Weil da behauptet sie ja auch jetzt plötzlich, dass alles, was sie vorher gesagt hat, falsch gewesen sei und dass sie ja gar nicht krank wäre.
Um alle zu täuschen und alle sind drauf reingefallen.
Genau, also sie hat es nur so erzählt, damit sie halt nicht als eiskalte Killerin dasteht, weil eigentlich habe sie ja nur aus Habgier gemordet, sagt sie jetzt.
Also nur aus Habgier, weil sie den Eissalon behalten wollte.
Aber es ist ja ganz offensichtlich, was ihr Plan hinter diesen Aussagen ist.
Und bezeichnenderweise verrät sie den dann auch noch selbst, indem sie sagt, dass sie sich erhofft, mit diesem neuen Geständnis bald aus dem Maßregelvollzug rauszukommen.
Ja, weil sie dann nicht mehr so lange sitzen muss natürlich.
Und es ist halt so durchschaubar, ihr Plan.
Und das merkt sie halt nicht, weil sie sich so großartig empfindet.
Und ja, aber genau, das kann man halt auch wieder nur als Beweis dafür lesen, dass die Therapie scheinbar noch nicht gefruchtet hat.
Ja, aber wie soll die auch fruchten, wenn Esti die ganze Therapiearbeit da selbst leisten muss, ja?
Und eigentlich im Grunde genommen die Therapeutin therapiert.
Wie soll das denn gehen?
Genau.
Mein Fall diese Woche zeigt, dass man im Alter nicht unbedingt weiser wird und einem Strafe nicht immer davor bewahrt, die gleichen Fehler nochmal zu machen.
Es ist Anfang 2017.
Bisher war der Januar in Hamburg kalt und trocken.
Zu dieser Zeit geht die Sonne schon am späten Nachmittag unter.
Und so wirft an diesem Donnerstagabend die Filiale der Hamburger Sparkasse ihr Licht in der typisch roten Farbe auf die Holstenstraße.
Es ist bald 18 Uhr und das heißt, dass die Schalter gleich zumachen werden.
Auch deswegen sind kaum noch KundInnen in der Filiale.
Einer der Mitarbeiter ist Lars.
Er hat heute Geburtstag.
Seinen 45. will er aber erst morgen feiern.
Er hat nämlich am Freitag Karten für das Theater am Großmarkt.
Trotzdem sind die KollegInnen an seinem Ehrentag in ausgelassener Feierabendstimmung.
Um 17.54 Uhr öffnet ein Mann die Tür der Bank, auf der direkt über den Öffnungszeiten
»Schön, dass sie da sind« in roten Buchstaben geschrieben steht.
Er trägt eine beigefarbene Hose und eine dunkelgrüne Jacke.
Die Kapuze hat er sich ins Gesicht gezogen.
Sein Kopf ist leicht gesenkt, seine Schritte sind groß.
Zügig geht er auf den Schalter zu, hinter dessen Glas noch ein Mitarbeiter sitzt.
Als Lars den Mann erblickt, guckt er in den Lauf einer Pistole.
Obwohl es bereits der vierte Überfall ist, den Lars miterlebt, steht er total regungslos da.
Ganz ruhig, keine hektischen Bewegungen, sagt er sich.
Während der Mann die Waffe auf die Angestellten richtet, fordert er sie auf, das Geld rauszurücken.
Sein Gesicht kann man nur schemenhaft erkennen.
Er hat sich eine schwarze Sturmmaske übergezogen.
Allerdings ist die etwas verrutscht.
Darunter verbirgt sich kein junger Mann.
Der Mann hält einen Beutel in der linken Hand, während ein Mitarbeiter dabei ist, ihm die Scheine zu reichen.
Alles geht ganz schnell.
1800 Euro verschwinden in dem Beutel.
Dann fällt irgendwas zu Boden.
Was, das können Lars und seine KollegInnen nicht erkennen.
Der Mann bückt sich, richtet die Waffe nur für einen kurzen Moment nicht mehr auf die MitarbeiterInnen.
Dann, als es gerade den Anschein macht, dass der Räuber sich in Richtung Tür bewegen will, dreht er sich noch einmal um zu Lars.
Und drückt ab.
Dann rennt er weg.
Lars sagt zu Boden.
Der Schuss hat ihn in den Bauch getroffen.
Schreie zerschneiden die Geräuschkulisse in der Hamburger Sparkasse.
Wenn man Michael Jauernick Glauben schenken mag, und das ist, wie du im Laufe der Folge herausfinden wirst, nicht ganz so einfach, aber wenn man ihm glaubt, dann begann seine kriminelle Karriere schon recht früh.
Er ist schon als Kind in der Schule auffällig, beginnt zu klauen, gerät an die falschen Freunde.
Alles kriminelle junge Männer, die dicke Autos fahren und damit erfolgreich einige Frauen beeindrucken.
Michael denkt sich, die sind ja auch nicht schlauer als ich und findet unfair, dass sie trotzdem mehr besitzen.
Also beginnt er, in Banken einzubrechen, trägt mit Freunden die Tresore raus, das sagt er zumindest, und kauft sich dann auch ein dickes Auto, einen Mercedes, und das noch bevor er 20 Jahre alt wird.
Irgendwann gehen er und seine Kumpels dazu, über richtige Banküberfälle durchzuziehen, so erzählt er es 2019 dem Hamburger Abendblatt.
Er erzählt von schweren Tresoren, die sie aus Banken holen.
Seine Mutter weiß zu der Zeit offiziell nichts davon, wie sich Michael sein Geld beschafft, ahnt es aber.
Zu tun haben, will sie damit nichts.
Sie arbeitet als Sekretärin bei der Polizei.
Michaels Erfolgssträhne hält nicht lang an.
Als man ihn schnappt, steckt man ihn für acht Jahre ins Gefängnis.
Das ist in den 70ern.
Damals sitzt Siegfried Hausner mit ihm zusammen.
Der RAF-Terrorist und Michael freunden sich an.
Hausner leitet Michael Bücher von Brecht, Tucholsky und Sartre.
Für Michael ist das ein Schlüsselereignis.
Das erste Mal kommt er in Kontakt mit dieser Art von Literatur, die ihm die Augen in eine tiefgründigere Welt öffnet.
Ohne diese Bücher wäre er immer dumm geblieben, meint Michael.
Als er aus dem Gefängnis kommt, ist Michael immer noch jung.
Aber trotz der Literatur offenbar nicht viel schlauer.
Er versucht sich zwar kurz als Handelsvertreter für Motorradöl, kommt aber dann doch zu der Erkenntnis, dass es zu viel Arbeit für zu wenig Geld ist und es sich nicht wirklich lohnt.
Also besorgt er sich eine Pistole und beginnt 1985 seine zweite Bankraubserie in Hamburg.
Im März erbeutet er aus einer deutschen Bankfiliale am Jungfernstieg 10.000 Mark.
Bei einem anderen Raub sind es sogar 17.000.
Er gibt zur Warnung immer einen Schuss ab, verletzt aber nie jemanden.
Nach den Überfällen flüchtet er zu Fuß, meistens Alsterhaus.
Michael trinkt dort gemütlich einen Kaffee, während die Polizei nach dem Täter fahndet.
Dieses Konzept funktioniert.
Immer donnerstags zieht er mit seiner Pistole in Hamburg los.
Und das, obwohl er eigentlich schon in Süddeutschland lebt.
Die Medien haben ihm mittlerweile den Namen Donnerstagsräuber verpasst.
Aber Routine macht angreifbar.
Und so positioniert die Hamburger Polizei donnerstags ZivilbeamtInnen vor den Geldinstituten.
Einmal entkommt er nur ganz knapp, sodass er danach lieber eine Bank in Hannover und dann eine nahe seiner Heimat in Süddeutschland überfällt.
Im Juli 1988 erbeutet er in der Bayerischen Vereinsbank in Ulm 44.000 Mark und will wieder einmal in ein Kaufhaus flüchten.
Doch diesmal läuft nicht alles nach Plan.
Ihm nach, den holen wir, schreit jemand hinter Michael.
Dann nehmen zwei Angestellte der Bank und ein Kunde die Verfolgung auf.
Im Kaufhaus erreichen sie Michael dann tatsächlich und können ihn überwältigen.
So blöd kann doch eigentlich niemand sein und mich als bewaffneten Bankräuber verfolgen, flucht Michael.
Er hatte nicht damit gerechnet, dass man ihm ohne Polizei nachlaufen würde.
Bei Michaels Vernehmung sagt er, ich werde nie wieder so dumm sein, ehrlich zu arbeiten oder gar Steuern zu machen.
Für fünf Beutezüge in Hamburg, einen in Hannover und einen in Ulm, bei denen er insgesamt 150.000 Mark ergaunerte, wird er zu neun Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt, die er in Hamburg-Fußbüttel absitzen muss.
Michael kommt in das Gefängnis Santa Fu.
Er hat aber nicht vor, dort seine Zeit brav abzusitzen.
Er bestellt sich ReporterInnen in die Zelle und beschreibt, wie unmenschlich die Haftbedingungen sind.
Selbst inszeniert er sich als Robin Hood, der Bankräuber.
Als jemand, der besser ist als alle anderen Gefangenen.
Denn er habe immerhin niemandem etwas angetan und nur große Geldinstitute beraubt.
Dass einige MitarbeiterInnen durch seine gewaltsamen Auftritte und die Schüsse dann doch noch lange psychische Probleme davon getragen haben, das sieht er nicht.
Seine Zeit vertreibt er sich mit dem Studieren von Gesetzesbüchern und Gefängnisvorschriften, reicht unzählige Beschwerden ein.
Tatsächlich ist er damit auch erfolgreich.
So sorgt er beispielsweise dafür, dass jede Gefängniszelle in Santa Fu eine Steckdose bekommt.
Michael kämpft für bessere Haftbedingungen und weigert sich, Gefängnisarbeit aufzunehmen.
Als Reaktion darauf nimmt man ihm den Fernseher weg.
Daraufhin überredet Michael einen verurteilten Mörder, mit ihm über eine Luke auf das Dach des Gefängnisses zu klettern.
Dort stehen die beiden tagelang, protestieren und fordern den Rücktritt des Justizsenators.
250 Inhaftierte weigern sich darauf hin, Anweisungen der JustizvollzugsbeamtInnen zu befolgen, randalieren und legen sogar Feuer im Gefängnis.
Nach vier Tagen muss eine Spezialeinheit den Aufstand niederschlagen.
Michael ist ein richtiger Pain in the Ass.
Ja, wollte ich auch.
Man versucht den Quirulanten mundtot zu machen, versetzt ihn nach Straubing in ein anderes Gefängnis.
Doch von dort aus klagt Michael sich bis vor das Bundesverfassungsgericht und wird schlussendlich wieder zurück nach Putzbüttel verlegt.
Dort schreibt er den Text »Die Revolte von Santa Fu« und bekommt dafür sogar den Literaturpreis für Gefangene.
Als Michael aus der Haft entlassen wird, ist man froh, dem penetranten Quilgeist endlich los zu sein.
Das glaube ich.
Zunächst arbeitet er als Nachtportier in Hamburger Hotels, versucht sich mal wieder an einem normalen Leben.
Seine Aufgabe im Hotel misst er aber mehr Bedeutung zu, als sie eigentlich hat.
In seinen Augen ist sein Job sogar wichtiger als der des Direktors.
Seine Freizeit verbringt er damit der Hamburger Morgenpost, Leserbriefe zu schreiben, in denen er sich über Politiker oder schlechte Bezahlung aufregt.
2009 stirbt seine Mutter und es dauert keine zwei Jahre, bis Michael wieder mit sich hadert.
Er braucht Geld, unter anderem für die Steuern und die Versicherung seines BMWs.
Nach Weihnachten 2011 beschließt er erneut loszuziehen.
Wer Angst hat, hat verloren, denkt er sich und steht am 29. Dezember wieder bewaffnet vor der Haspa-Filiale am Alten Steinweg im Stadtteil Neustadt.
Er geht rein, zückt wie immer seine Waffe und ruft »Es wird kein Knopf gedrückt, sonst knall ich euch ab«.
Knapp 15.000 Euro erbeutet er diesmal.
Als Michael 2017 in der Filiale in der Holstenstraße steht, in der Lars gerade noch so froh über seinen Geburtstag war, ist Michael verärgert.
Seiner Meinung nach dauert das alles viel zu lang.
Er ist hektisch und obwohl er das Geld schon in der Hand hat, drückt er ab, dreht sich um und flieht.
Als Lars da auf dem Boden liegt, fühlt es sich für ihn an, als wäre er in einem Film.
Bis der Rettungswagen kommt, dauert es eine gefühlte Ewigkeit.
Als er dann angeschnallt auf der Liege im Wagen um sein Leben kämpft, merkt er, wie die Person, die fährt, plötzlich doll beschleunigt.
Eigentlich sollte Lars nach Altona gebracht werden, aber die Notaufnahme dort ist überlastet.
Also müssen sie nach Eppendorf in die Uniklinik. Die Zeit arbeitet gegen sie.
Dort angekommen wird Lars notoperiert.
Einen Millimeter.
So knapp hat die Kugel Lars Bauchaorta verfehlt.
Einen Millimeter am Tod vorbei.
Lars überlebt.
Die Fahndung nach dem Bankräuber ist im vollen Gange.
Die Hamburger Sparkasse hat eine Belohnung von 10.000 Euro auf den Schützen ausgesetzt.
Auch Aktenzeichen XY ungelöst berichtet von dem Raub.
Trotz all der Parallelen, die Donnerstage, die Zeit kurz vor Ladenschluss und natürlich der Ort, scheint niemand einen Bezug zum damaligen Donnerstagsräuber herzustellen.
2019. Es ist wieder einmal ein Donnerstag und wieder einmal kurz vor 18 Uhr, fast genau zwei Jahre nachdem Michael auf Lars geschossen hat.
Michael stellt sein Fahrrad ab, bewegt sich auf die Haspa im Stadtteil St. Georg zu.
Er setzt die Sturmmaske auf, zieht sich die Kapuze ins Gesicht und bewegt sich auf den Schalter zu.
Dahinter sitzt eine Frau, die gerade telefoniert.
Michael zielt auf sie und zwei weitere Angestellte.
Kassenbox aufmachen, sonst werde ich sie erschießen, brüllt er.
Die Kassiererin telefoniert weiter.
Das macht Michael sauer.
Er fühlt sich nicht ernst genommen.
Er befiehlt, hören Sie auf zu telefonieren, das ist kein Spaß.
Einer der Bankangestellten sagt seiner Kollegin, dass sie auf den Bankräuber hören soll.
Weil es in der Filiale hell und draußen mal wieder dunkel ist, können die Menschen von außen gut sehen, was drinnen passiert.
Und diesmal beobachtet jemand den Überfall.
Eine Frau alarmiert sofort zwei Polizisten, die sich zufällig in der Nähe befinden,
während die Angestellten Michaels Forderungen nachkommen.
In der Kassette befinden sich 5000 Euro, aber ein Teil davon fällt aus Michaels Beutel.
Michael hastet aus der Filiale, doch er kommt diesmal nicht weit.
Mehrere PolizeibeamtInnen stehen schon um die Bank herum und stellen Michael mit erhobenen Pistolen.
Damit hat er nicht gerechnet.
Ups, das ging jetzt aber schnell, sagt er und lässt seine Waffe fallen.
Auf dem Revier meckert Michael über die Situation.
Er habe keine Luft mehr bekommen, als er so unsachte zu Boden gedrückt wurde.
Seine Handgelenke sind von den Fesseln angeschwollen und die Zelle ist super kalt.
Er sei ja Fußbodenheizung gewöhnt und deswegen etwas empfindlich.
Die PolizeibeamtInnen haben einen redseligen Räuber vor sich.
Trotz der Unannehmlichkeiten bedankt sich Michael, dass nicht auf ihn geschossen wurde.
Er verzichtet aber nicht darauf zu erwähnen, dass er sich nicht ergeben hätte, wenn er den BeamtInnen Zielsicherheit zugetraut hätte.
Für ihn schien die Gefahr aber zu groß, dass sie ihn zum Krüppel gemacht hätten.
Bei der weiteren Vernehmung bekommt die Polizei den Eindruck, als wäre Michael richtig stolz auf seine kriminelle Vergangenheit.
Pausenlos redet er über seine bisherigen Coups und wie er der Polizei immer wieder entkommen ist.
Als Michael Jauernick schließt sich im Juni 2019 vor Gericht tritt, trägt er eine schwarze Sonnenbrille, ein Sakko und eine Krawatte, die schief sitzt.
Er macht gleich zu Beginn klar, seinen vollen Namen darf man ruhig nennen, sein Gesicht ruhig zeigen.
Früher habe er aus Rücksicht auf seine Mutter das nicht gewollt.
Die Bild nennt ihn Richard Gier mit I.E.
Weil man, wenn man die Augen ganz doll zusammenkneift, vielleicht denken könnte, es wäre der Schauspieler.
Abgesehen von seinem Äußeren verhält sich Michael aber auch so.
Als sei er der Hauptdarsteller, der Gerichtssaal seine Bühne.
Die Zeit vor Prozessbeginn, in der JournalistInnen fotografieren dürfen, nutzt Michael wie ein Red Carpet Event.
Einmal nimmt er die Brille ab und sagt zu einem Fotografen, damit sie auch mal ein anderes Motiv haben.
Eigentlich könnte man fast meinen, dass er in diesem Moment gar nicht so unglücklich darüber ist, gefasst worden zu sein.
Sonst wäre ihm ja die ganze Aufmerksamkeit vorenthalten geblieben.
Angeklagt ist er wegen schwerer räuberischer Erpressung, wegen der letzten drei Überfälle und versuchten Mordes, weil er auf Lars geschossen hat.
Als die Richterin Michael zu seinem Werdegang befragt, ahnt sie noch nicht, dass sie damit die Büchse der Pandora geöffnet hat.
Michael erzählt ausschweifend über eigentlich alles.
Nutzt die Zeit zur Selbstdarstellung.
Behauptet, dass mal ein Film über ihn gedreht wurde.
Er bezeichnet sich als Person der Zeitgeschichte.
Immer wieder behauptet er intelligenter und schlauer als die Leute vom LKA zu sein und guckt dabei verschworen in die Zuschauer rein, als nächste da ihm sein wohlgesonnenes Publikum.
Die Vorsitzende Richterin ausreden zu lassen, hält Michael nicht für notwendig.
Den Satz, jetzt bin ich dran, hört man oft von ihr.
Michael meint immer schon vorher zu wissen, was von ihr kommt.
Am 15.
Am 15.
Er schreibt Lars in den Zeugenstand.
Er ist beeindruckend ruhig und schildert dem Gericht ohne emotionale Verklärung, was ihm passiert ist.
Michael fixiert ihn dabei.
Nur eine Sache, sagt Lars, versteht er nicht.
Der Räuber hatte sein Geld ja schon.
Dieser Schuss habe sich für Lars wie ein Abschiedsgruß angefühlt.
Er versteht nicht, wieso Michael auf ihn geschossen hat.
Er erklärt, dass er sich provoziert gefühlt habe, weil die Scheine zu langsam rübergewachsen seien.
Michael behauptet, nicht absichtlich gezielt zu haben.
Das wäre schon deswegen absurd gewesen, weil man ja weiß, was für eine Fahndungsmaschinerie beim Einsatz von Schusswaffen in Gang kommt.
Die Richterin ist verdutzt.
Sie merkt an, dass sie erstaunt über diese Begründung ist, nicht zu schießen.
Viele würden doch eher als Grund angeben, dass sie niemanden verletzen wollten.
Das sieht Michael nicht so.
Er erwidert, sie können nicht so denken wie ein Räuber.
Ihnen fehlt es an kognitivem Denken.
BankmitarbeiterInnen seien geschult, das Geld schnell rauszugeben, damit niemand verletzt wird, erklärt Michael und redet sich dabei richtig in Rage.
Dann sagt er zu Lars gewandt, sind sie sich bewusst, dass ich alles verhindert hätte, auch den Schuss, wenn sie meiner Forderung nachgekommen wären?
Die Richterin unterbricht.
So etwas braucht sich hier niemand anzuhören.
Und beendet damit das Theater.
Gut.
Der bestellte psychiatrische Gutachter erzählt von den Gesprächen mit Michael, wie der über seine vorangegangenen Straftaten erzählte, als wären es Lausbubenstreiche aus der Schulzeit.
Außerdem habe Michael viel von der Vergangenheit geschwärmt.
Er erzählte von Urlauben an der Côte d'Azur, seinen Autos und von schön geistiger Literatur und Philosophie.
Er bescheinigt Michael eine narzisstische Persönlichkeitsstörung.
Die Diagnose würde er wie eine Monstranz, weißt du, was ist es?
So eine Skulptur, in der sich die Host hier dann befindet.
Also die Diagnose trägt er wie sowas vor sich her.
Und das wird nicht nur aus den Gesprächen, die der Gutachter mit Michael geführt hat, deutlich, sondern auch jetzt vor Gericht.
Michael lässt den Mann kaum ausreden, versucht immer wieder zu unterbrechen, wenn er meint, falsch eingeordnet zu werden.
Was dauernd der Fall ist.
Michael überschätzt sich selbst, ist arrogant, wertet andere Menschen ab und empfindet außerdem keine Empathie, sagt der Gutachter.
Das zeigt sich schon allein daran, dass er den Betroffenen seiner Überfälle selbst schuld zuweist.
Sie hätten immerhin auch in einem Supermarkt arbeiten können.
Die hätte er auf keinen Fall überfallen, weil sich das nicht gehören würde.
Der Gutachter führt weiter aus.
Michael sieht die Welt nur von seinem Standpunkt.
Dieser wiederum kann nicht fassen, was er da hört.
Wie er denn mit dieser Diagnose bitteschön in Top-Hotels habe arbeiten können, fragt er.
Der Gutachter erklärt, dass die Persönlichkeitsstörung nicht zwingend Einfluss auf die Berufsausübung haben muss.
NarzisstInnen gibt es immerhin überall.
Weiterhin erklärt der Gutachter, dass Michael außerdem eine dissoziale Persönlichkeitsstörung mithin einer seelischen Abartigkeit habe.
Und er hat bei ihm eine beginnende Demenz festgestellt.
Dieses Gutachten trifft Michael ins Mark.
Sichtlich angegriffen bezeichnet er das als bösartige Qualifizierung seines Charakters.
Er beantragt den Gutachter wegen Befangenheit abzulehnen.
Ihm Demenz im Anfangsstadium zu unterstellen, ist ein blöder Witz, sagt er, wieder die Presse anschauend.
Der Narzisst liebt sich selbst am meisten, weil er nicht geliebt wird, führt der Gutachter aus und meint damit, dass Michael Anerkennung braucht, vor allem weil er von seinem Vater keine Liebe bekommen hat.
Trotz seiner Diagnose ist er der Meinung, dass Michael voll schuldfähig ist.
Er habe aber einen Hang weiterhin schwere Straftaten zu begehen und sei dementsprechend auch immer noch gefährlich.
Deswegen könne man über eine Sicherungsverwahrung nachdenken.
Michael hat das letzte Wort.
In Deutschland gibt es dafür offiziell keine Begrenzung.
Was meinst du denn, Laura?
Wie viele Minuten oder Stunden hat Michael gebraucht?
Oh Gott.
Also wie ich ihn jetzt einschätze, hat er das komplett genutzt und wahrscheinlich zwei Stunden oder so über sich geredet.
Fünf Tage.
Was?
Wie fünf Tage?
Fünf Verhandlungstage.
Und wer musste sich das alles?
Alle.
Oh mein Gott.
Das ist ja eine Qual.
Weil, was hat er fünf Tage lang erzählt?
Was kann man fünf Tage lang erzählen?
Ja.
Er erzählt mal wieder, dass er schlauer ist, als jeder Polizist, mehr Fachwissen hat, als viele AnwältInnen.
Immer wieder hat er auch seine Taten verharmlost.
Redet davon, dass Verkehrsraudis viel schlimmer seien und diese Cum-Ex-Kriminellen, die den Fiskus über Jahre ausgenommen haben, wie eine Weihnachtsgans, erst recht.
Deswegen ist für Michael ganz klar, Reue dürfen sie von mir nicht erwarten.
Ohne Punkt und Komma redet er über sich selbst, schweift ständig ab und sagt, darauf komme ich später noch einmal.
Er hat handgeschriebene Zettel dabei, auf denen er sich Notizen gemacht hat, kann sich aber an keinen roten Faden halten.
Ständig wiederholt er sich.
Auf die Ermahnung der Richterin sagt er, viele Sachen kann man nicht oft genug wiederholen.
Zwischendurch fragt Michael die Vorsitzende immer wieder, hören Sie mir überhaupt noch zu?
Und den Staatsanwalt ermahnt er, er solle gefälligst nicht einschlafen.
Als das Gericht eine Pause anordnet, redet Michael einfach weiter.
Wieder eine Ermahnung der Richterin.
Bei anderen Verfahren müsse sie nicht so streng sein, erklärt sie.
Michael ist sich sicher, dass ihr dabei ein Lächeln übers Gesicht gehuscht ist.
Wieder ein Grund für einen Befangenheitsantrag.
Wie viele er mittlerweile gestellt hat, das weiß man schon gar nicht mehr.
Die Art der Richterin sei herablassend, führt Michael weiter aus.
Der Staatsanwalt fragt Michael sichtlich, genervt mit wem er eigentlich rede.
Immerhin hört ihm keiner mehr zu.
Mit ihnen rede ich eh nicht, patzt Michael zurück.
Der Oberstaatsanwalt bezeichnet Michaels Monolog als vollständige biografische Selbstdarstellung.
Es heißt nicht letzte Monologe, es heißt letztes Wort, wird die Richterin am fünften Tag schließlich überdrüssig und sagt.
So, es ergeht folgender Kammerbeschluss.
Dem Angeklagten wird das Wort entzogen.
Bei der Urteilsverkündung kann Michael gerade so für einen kurzen Moment den Mund halten.
Versucht er Mord aus Habgier und zur Ermöglichung einer anderen Straftat, sagt die vorsitzende Richterin.
Zwölf Jahre und sechs Monate Gefängnis mit anschließender Sicherungsverwahrung.
Wir sagen nicht, dass es ihre Absicht war, diesen Mann auf jeden Fall zu töten.
Aber sie haben geschossen und in seine Richtung gezielt, begründet das Gericht.
Michael plappert natürlich dazwischen.
Zeigt, wie empört er über das Urteil ist.
Die Richterin betont, dass Michael aus dem Prozess eine fortwährende Selbstinszenierung gemacht habe.
Dass er an einer Persönlichkeitsstörung leide.
Dazu hätten sie nicht einmal einen psychiatrischen Sachverständigen gebraucht, sagt sie und wendet sich Michael zu.
Sie haben einen Realitätsverlust erlitten.
Für Lars ist das Urteil in Ordnung.
Er ist sowieso nicht nachtragend, sagt er.
Er hat eine dicke Haut.
Damals saß er zwei Wochen nach dem Schuss schon wieder auf der Arbeit.
Er leidet nicht unter dem, was passiert ist.
Nur eine Sache zieht er als Konsequenz daraus.
Heute würde er kein Lotto mehr spielen.
Er meint, dass er sein Glück für dieses Leben schon aufgebraucht hat.
Also, so einen hatten wir jetzt auch noch nie.
Also, es ist ja einfach, als hätte sich jemand diese Person ausgedacht, um zu zeigen, wie eine narzisstische Persönlichkeitsstörung aussehen kann.
So richtig überzeichnet, wie eine Comicfigur.
Genau.
Und so sieht er auch aus.
Ich hoffe sehr, dass wir ein Foto für Instagram bekommen.
Müssen wir auf jeden Fall mal danach suchen.
Aber er steht quasi permanent mit ausgebreiteten Armen da.
Also, erst habe ich mich nur über den aufgeregt.
Und dann musste ich einfach nur noch lachen, weil man nicht weiß, wie man reagieren soll, wenn er wirklich fünf Tage am Stück redet.
Also, dann irgendwann.
Fünf Tage?
Ja.
Und dann irgendwann denkt man sich, dass er einem fast leidtut, weil das so offensichtlich ist, dass er eine Störung hat.
Ja.
Aber was mich eigentlich am meisten aufregt bei solchen TäterInnen ist, dass sie das halt nicht checken.
Dass sie es nicht verstehen, dass das alles falsch ist, was sie sagen.
Und dass sie da mit Leuten wehgetan haben.
Und das kann ich gar nicht.
Das macht mich richtig wütend.
Aber man kann ja nichts tun, weil sie es nicht verstehen.
Man kommt nicht zu denen durch.
Ja.
Ich könnte auf jeden Fall nicht nur in der Nähe dieser Person sein.
Nein, damit kannst du irgendwie nicht.
Laura und ich hatten neulich auf Instagram so einen Post abgesetzt, in welche True-Crime-WG man einziehen würde.
Und da gab es so verschiedene Häuser mit unter anderem uns, KriminalistInnen und Menschen aus der Psychologie und auch TäterInnen.
Und Laura hatte nur einen einzigen Wunsch.
Ich will nicht mit dem Postel in eine WG.
Genau.
Und der wäre mir noch unlieber als der Postel.
Ja.
Also die Richterin und der Staatsanwalt, dass die, also ich weiß gar nicht, was ich gemacht hätte, wenn ich da gesessen hätte, ja.
Ich meine, was das auch kostet, dem da bei seinem Gelaber zuzuhören.
Mhm.
Aber wie du es gesagt hast, ist einfach pain in the ass.
Ja.
All over the place bei ihm.
Der psychiatrische Gutachter hat bei Michael ja gesagt, dass er der Meinung sei, dass seine narzisstische Persönlichkeitsstörung daher rührt, dass er keine Anerkennung von seinem Vater bekommen hat.
Mhm.
Mehr ist öffentlich darüber leider nicht bekannt.
Aber deswegen wollte ich jetzt ein bisschen darauf eingehen, woher Narzissmus eigentlich kommt, also wie es entstehen kann.
Und wenn ich von Narzissmus spreche, dann meine ich jetzt übrigens die narzisstische Persönlichkeitsstörung, also nicht narzisstische Züge.
Also erstmal gibt es auch eine erbliche Disposition für Narzissmus, die man nicht vernachlässigen kann.
Das heißt aber nicht, dass es eine Art Narzissten-Gen oder sowas gibt.
Niemand wird als Narzisst oder Narzisstin geboren.
Meist ist das ein Zusammenspiel aus verschiedenen Faktoren.
Und trotzdem muss man bei der Entstehung vor allem in die Kindheit schauen.
Das ist nämlich auch möglich, einen Narzissten oder eine Narzisstin heranzuziehen.
In den ersten Lebensmonaten und Jahren entwickeln wir unser Selbstwertgefühl.
Und dafür brauchen wir feste soziale Bindung, Liebe und Sicherheit.
Und wenn man aber als Kind nicht genügend Anerkennung bekommt, von denen er dann beispielsweise vernachlässigt wird, dann erfährt man eine Art
seelische Verletzung.
Also wenn das Kind denkt, ich bin es nicht wert, geliebt zu werden, dann kann eine sogenannte narzisstische Wunde entstehen.
Und diese Kinder entwickeln bei der Vernachlässigung keine Strategien, mit Angst oder Wut umzugehen, die ja von den Eltern selbst ausgelöst wird und die dem Kind ja eigentlich was beibringen sollten.
Das Kind fühlt sich dann wertlos und wird in einigen Fällen dann anfangen, diese Selbstwertkränkung zu kompensieren.
Beispielsweise, indem es sich in so Fantasiewelten flüchtet, wo das Kind dann Held oder Heldin ist und ganz tolle Dinge macht.
Übrigens war das bei mir ja auch damals so, als ich meine Mobbingerfahrung in der Schule hatte, da habe ich mir ständig aufgemalt, wie ich in die USA ziehe und später mal ganz toll glücklich werde.
Dass man zum Narzisst oder zur Narzisstin wird, kann aber übrigens nicht nur an Vernachlässigung in der Kinder liegen, sondern auch an einer Art Überverwöhnung.
Also wenn die Kinder mit Lob überschüttet werden.
Wenn die Eltern ihre Sprösslinge oft mit anderen Kindern vergleichen und sie als besser, schlauer, hübscher etc. darstellen, dann haben diese Kinder signifikant häufiger narzisstische Tendenzen als andere.
Weil sie ihren Selbstwert dann ja vor allem durch das Vergleichen mit anderen ausmachen.
Und in diesem Fall lernen sie den Narzissmus quasi von den Eltern.
Und dieses Herausstechen, das Bessersein, das wird dann ihre Realität.
Und wenn das wegzubrechen droht, dann wird das Kind wütend.
Beispiel für das, was Narzissmus bestärken kann.
Zwei Kiddies nehmen an einem Mal-Wettbewerb teil.
Maya gewinnt den Wettbewerb.
Babette wird nur Zweite und heult deswegen kräftig, weil sie merkt, ich bin ja gar nicht jetzt die Beste, wie Mama und Papa immer sagen.
Eltern sagen, Babette, aber, dass ihr Bild eigentlich viel schöner ist und dass die Jury Maya nur was Gutes tun wollte, weil die wahrscheinlich auch aus einer schlimmen Familie kommt.
Und guck mal, Babette, du wolltest doch neulich das schöne Rüschenpleit haben, das du da im Schaufenster gesehen hast.
Das holen wir heute.
Also lernt Babette nicht, mit dieser Niederlage umzugehen.
Ja.
Ich erkläre das irgendwie gerade genauso, wie das im Buch im Gefühlsdschungel steht, was mir mein Therapeut damals ja gegeben hat.
Egal.
Weil Babettes Eltern also keine Lust haben oder überfordert damit sind, sich mit dem quälenden Kind auseinanderzusetzen, lernt Babette im Kindesalter nicht mit Frust und Wut umzugehen.
Und guess what? Babette wird später ein Arschloch.
Und das waren jetzt natürlich zwei sehr vereinfachte Versuche zu erklären, woher das kommen kann.
Aber das Problem bei beiden Varianten ist, dass die Kinder eben nie lernen, richtig mit ihren Gefühlen umzugehen.
Und man als erwachsener Mensch da so schlecht wieder rankommt an diese Wunde, die im Kindesalter entstanden ist.
Und zu Therapiemöglichkeiten kommen wir ja später nochmal.
Aber wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, dann ist das manchmal schwer, das da wieder rauszuholen.
Aber das kann ja nicht nur bei Kindern passieren, sondern auch bei Personen, die warum auch immer von heute auf morgen berühmt werden.
Wenn nämlich dann plötzlich hunderte fremde Leute denen sagen, wie toll und hübsch und begabt sie sind oder was auch immer,
dann fangen manche ja tatsächlich an, das irgendwann selbst zu glauben und dann abzuheben.
Ja, gibt einer Person einfach etwas Ruhm.
Das ist immer ein super Indikator dafür, ob ihr Selbstwert eher von innen kommt oder ob man die Bewunderung von außen dafür braucht.
Und oft macht das halt leider mit den Menschen nicht so viel Gutes.
Aber vielleicht gehen wir jetzt erstmal darauf ein, woher der Begriff Narzissmus überhaupt kommt,
nachdem wir jetzt schon eine Stunde darüber gesprochen haben.
Also der Begriff geht auf einen griechischen Mythos zurück und zwar auf den von Narziss.
Das war ein sehr hübscher junger Mann, der wegen seiner Schönheit auch sehr viele Verehrerinnen und auch Verehrer hatte.
Weil Narziss aber alle Bewerber in Herzlust zurück wies, wurde er von einem Gott mit unstillbarer Selbstliebe bestraft.
Als Narziss daraufhin sein eigenes Spiegelbild im Wasser entdeckte, verliebte er sich und in der Version, die ich am schönsten finde,
ertrank er bei dem Versuch, sich selbst zu umarmen.
Ja, die Version finde ich auch am schönsten, weil es so ein schönes Sinnbild ist.
Man guckte mich ja eher an, die Anerkennung, die er für sich selbst hatte, die hat ihn eigentlich nur dazu gebracht, dass niemand ihn bewundert.
Ja, ja, eher das Gegenteil.
Und heute bezeichnet man Personen als narzisstisch, wenn sie sich eben selbst zu sehr lieben oder es zumindest den Anschein macht.
Tatsächlich wird der Begriff im Alltag und auch in der Wissenschaft ziemlich inflationär benutzt und je nachdem in welcher Disziplin,
also ob jetzt in der Philosophie, der Sozialwissenschaft oder in der Psychologie, etwas anders verwendet.
Wo sich die Experten aber so mehr oder weniger einig sind, ist beim pathologischen Narzissmus.
Und der kommt vermutlich bei weniger als einem Prozent der Bevölkerung vor.
Wobei 75 Prozent der betroffenen Männer und nur 25 Prozent Frauen sind.
Pathologisch war der Narzissmus ja jetzt bei Michael und Esti wegen ihrer narzisstischen Persönlichkeitsstörung.
Aber was wir ja an diesen beiden Persönlichkeiten ganz gut sehen, ist, wie unterschiedlich Menschen mit dieser Störung sein können.
Weil Esti war jetzt, zumindest vor ihren Taten, ja nicht so eine Selbstdarstellerin.
Sie hat eher versucht, Aufmerksamkeit zu bekommen, indem sie alles für ihre Männer gemacht hat.
Sie war vor allem stiller und sie war vor allem ja auch, also sie wurde ja auch erst straffällig, als sie so gekränkt war.
Ja. Und es gibt eben solche und solche.
Und es gibt auch die, die sich extrem gut anpassen können und dann auch vielleicht beruflich sehr erfolgreich sind.
Aber auch welche, die sich nicht zurechtfinden können und dann massive Probleme haben.
Typisch für die meisten Betroffenen, ob sie das jetzt zeigen oder nicht, ist, dass sie sich selbst für extrem wichtig halten.
Und deshalb auch übermäßig starke Bewunderung von anderen verlangen.
Häufig übertreiben sie dann auch damit, was sie so für Talente und Fähigkeiten haben, wie Michael das ganz toll für uns veranschaulicht hat.
Lügen und täuschen sich damit aber auch selbst, dass sie glauben es auch selbst.
Und das kann dann so weit gehen, dass aus ihnen richtige Hochstapler werden, wie Gerd Postel, der von sich ja glaubte, ein super, also super Arzt zu sein.
Obwohl er eigentlich gelernter Postbote war und von dem ich in Folge 27 erzählt habe.
Viele Personen mit einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung, so war das auch beim Postel, sind fasziniert von Erfolg, Macht oder Schönheit.
Und sie umgeben sich dann auch gerne mit Promis oder mächtigen Persönlichkeiten.
Auch, weil sie glauben, selbst einzigartig und besonders zu sein.
Und deswegen meinen sie auch, dass sie halt besonders behandelt werden sollten und haben dann extrem hohe Ansprüche an andere Menschen.
Und deswegen geht es in Beziehungen bei denen halt auch nur um sie und um den Nutzen, den sie aus dieser Verbindung ziehen können.
Empathie kennen sie nicht.
Ja, also kennen sie manchmal schon, es ist nur so, dass die Regionen im Hirn, wo das Mitgefühl sitzt, sage ich jetzt mal so, dass die weniger benutzt werden, weil es sie einfach nicht interessiert.
Aber einige sind schon in der Lage, Empathie zu empfinden.
Ja, was sie können, wenn sie das nicht empfinden können, ist auf jeden Fall zu lernen, ja, besonders einfühlsam zu reagieren, also das vorzutäuschen.
Und die wissen dann auch, mit welchen Gesten sie irgendwie reagieren sollten.
Aber so ein wirkliches Verständnis oder gar eine Rücksichtnahme in Zukunft gibt es für die andere Person halt nicht.
Weil für die ist das wirklich schwer, eine echte, ehrliche zwischenmännliche Beziehung zu haben oder aufzubauen.
Und wenn die pathologischen Narzisstinnen nicht das bekommen, was sie wollen und dadurch eben gekränkt werden, was ziemlich schnell passieren kann, dann können sie halt mit Gewalt reagieren, auch gegen sich selbst.
Und das hat damit zu tun, dass sie ihren Selbstwert nicht regulieren können.
Und also nicht so wie wir, die jetzt zum Beispiel, wenn wir jetzt Ablehnung erfahren oder so, wir uns selbst versichern können, wir sind trotzdem gut genug oder wertvoll oder lieb, also liebenswürdig.
Weil die alles über die Anerkennung von außen ausmachen.
Genau, die können das nicht selber sich sagen.
Und Narzisstin ist dann fast jedes Mittel recht, um ihre Selbstzufriedenheit irgendwie zu erreichen.
Und ein krasses Beispiel dafür ist ein erweiterter Suizid, der tatsächlich nur selten vorkommt.
Und so hatte ich ja in Folge 14 mal erzählt.
Und da hatte dieser Familienvater seine ganze Familie getötet und anschließend Suizid begangen, weil er sich beruflich ruiniert hatte.
Und dieser finanzielle Ruin, den hatte er vor seiner Frau geheim gehalten.
Und dann war aber so, dass es kurz davor stand, dass sein Kartenhaus, ja, beinahe einzustürzen drohte.
Und dann entschied er, seine ganze Familie zu töten.
Und das schien ihm halt weniger schlimm, als diese Demütigung, die er dann dachte zu bekommen von der Familie und von seinem Umfeld.
Ja, und noch dazu kommt ja, dass er auch der Meinung war, dass die Familie ohne ihn nicht leben könnte.
Genau, weil er ja so großartig ist.
Und daran sieht man halt, wie bedrohlich eine Kränkung sein kann für diese krankhaften NarzisstInnen.
Und wenn die immer und immer wieder Kränkungen erfahren, weil zum Beispiel gemobbt worden sind,
dann kann sich bei ihnen so eine richtige Wut anstauen.
Und dann explodieren die irgendwann sozusagen, weil sie glauben, nur mit Gewalt können sie dann sich davon befreien.
Das sieht man dann zum Beispiel bei narzisstischen Vergewaltigern oder aber auch AmokläuferInnen.
Und oft richtet sich die Gewalt von NarzisstInnen aber auf Personen, mit denen sie Beziehungen führen.
Das kann dann auch in Form von emotionaler Gewalt sein.
Also zum Beispiel, dass jemand seinen Partner oder die Partnerin immer nur beleidigt oder auch absichtlich ignoriert.
Und immer halt mit dem Zweck, das eigene Selbstwertgefühl zu erhöhen.
Oder weil sie halt meinen, dass die andere Person schuld ist für ihre eigenen Schwächen oder weil halt irgendwas nicht geklappt hat.
Und deswegen sind ja übrigens die Menschen, die sich Hilfe suchen, gar nicht oft die NarzisstInnen selbst, sondern eher der Partner oder die Partnerin.
Weil deren Leidensdruck dann halt so hoch ist.
Ich stelle dir mal vor, du lebst mit einer Person zusammen, die dich erst total aufwertet und dann komplett abwertet.
Ja, das kannst du ja gar nicht nachvollziehen und verstehen.
Und oft ist es dann so, dass die Person natürlich hofft, dass sich der Partner oder die Partnerin sozusagen wieder zurückwandelt.
Und dann tut sie alles dafür, damit das wieder passiert und geben sich dann selber fast auf.
Und dann kannst du so eine Co-Abhängigkeit führen und zu so einer richtigen destruktiven Beziehung.
Zu einer toxischen Beziehung eigentlich, ja.
Auch allein deswegen schon, weil die ja so oft in Konkurrenz stehen.
Also der Narzisst oder die Narzisstin, die oder der gönnt ja dem Partner nichts.
Und deswegen suchen sich die wenigsten NarzisstInnen ja auch einen narzisstischen Partner oder Partnerin.
Weil die ja eben von der anderen Person so bewundert werden wollen und das funktioniert dann nicht.
Bei einigen anderen Persönlichkeitsstörungen, da sucht man sich Menschen, die genauso ticken wie man selbst.
Aber das ist halt bei den NarzisstInnen meistens nicht der Fall.
Ja, sie wollen diese Anerkennung und wenn die dann nicht mehr kommt, weil sich der Partner oder die Partnerin trennen will,
dann ist es halt besonders problematisch für die.
Und dann, ja, wenn die NarzisstInnen dann quasi nicht mehr weiter wissen, wie sie die Person dazu kriegen können, weiter bei ihnen zu bleiben,
dann wenden sie auch manchmal physische Gewalt an und teilweise sogar tödliche.
Was ein bisschen paradox ist, weil sie ja eigentlich wollen, dass die Person bei ihnen bleibt und ihnen weiterhin Liebe gibt oder Aufmerksamkeit gibt.
Aber weil sie sich halt nicht anders zu helfen wissen, denken die dann, dann ist es mir lieber, dass auch niemand anderes die Liebe dieser Person bekommt.
Bevor das passiert, landen sie hoffentlich eher auf einer Therapie-Couch.
Und darüber haben wir mit der forensischen Psychiaterin Heidi Kastner gesprochen,
die bei Lauras Fall von Esti das Gutachten gemacht hat.
Sie hat uns im Gespräch erzählt, dass die Begutachtung von narzisstischen StraftäterInnen auch deswegen schwierig ist,
weil man ständig aufpassen muss, dass man ihrem Narrativ nicht verfällt.
Und tatsächlich habe ich mich das beim Fall von Michael auch gefragt.
Also wenn da jemand ständig maßlos übertreibt, okay, dann glaubt man der Person dann halt irgendwann nichts mehr.
Aber ich glaube nicht, dass das immer so einfach ist.
Also das kann ich dir sagen, weil ich habe ja das Buch gelesen, das erste Buch von Esti.
Und da hat sie halt immer geschrieben von, also wenn sie diese Vernichtungsfantasien hatte,
hat sie immer gesagt, da hat ein Regisseur übernommen sozusagen.
Also es hat sich ganz komisch angefühlt, als hätte sich jemand in ihr Gehirn reingesetzt und die Kontrolle übernommen.
Und da habe ich gar nicht weiter drüber nachgedacht und das halt einfach so als gegeben angesehen.
Also ich meine, es klingt ja auch für Menschen, die solche Situationen jetzt nicht kennen, irgendwie glaubhaft.
Und erst als ich dann von dem Gutachten gelesen habe, wurde mir klar, dass das gar nicht stimmt.
Heidi Kastner sagt nämlich, dass da gar kein Regisseur saß.
Das war Estis Wut und deshalb hat Kastner sie dann auch als steuerungsfähig eingestuft.
Und weil ich sozusagen selbst drauf reingefallen bin, kann ich mir vorstellen,
dass das auch manchmal bei Gutachterinnen, dass das schwer für die sein kann.
Ja, und vor allem ja deswegen auch für andere Menschen, die halt überhaupt nicht geschuldet sind.
Weil die halt eben manipuliert werden von diesen Menschen.
Und noch dazu kommt, dass sich die meisten krankhaften NarzisstInnen überhaupt nicht für Therapie bedürftig halten.
Und sie werten natürlich auch ihren Therapeuten oder ihre Therapeutin ab.
Und dann kommt auch noch hinzu, dass die den NarzisstInnen ja nicht den Gefallen tun werden und diese Bedürfnisse bedienen werden.
Und das gefällt dem Patienten oder der Patientin natürlich überhaupt nicht.
Und die reagieren dann mit Abwehrhaltung.
Und man versucht dann zwar als Therapeut oder Therapeutin immer auf die Fakten und Konsequenzen der Taten hinzuweisen.
So nach dem Motto, also sie können ja jetzt glauben, dass sie der Teutste sind.
Aber sie sitzen ja jetzt hier im Maßregelvollzug.
Also irgendwas müssen sie ja falsch gemacht haben.
Ja.
Ich habe mir den Podcast von Thoya Diebel angehört.
Thoya aber billig.
Und da redet sie in einer Folge, die Der Narzisst heißt, mit Psychologin Franziska Lauter.
Und die erzählt, dass viele ihrer KollegInnen Menschen mit narzisstischer Persönlichkeitsstörung gar nicht annehmen.
Weil die sagen, das ist mir zu anstrengen.
Das verstehe ich.
Stefan Röpke hat 2015 an der Charité ein Forschungsprojekt zum Thema Narzissmus geleitet.
Und in einem Interview mit dem Tagesspiegel gesagt, dass nach circa zwei Jahren ungefähr 50 Prozent zwar nicht gesund,
aber dann immerhin unter die kritische Schwelle gerutscht sind.
Aber wenn die Störung jetzt beispielsweise so ausgeprägt ist wie bei Esti,
dann sind die Chancen auf eine Änderung des Verhaltens tatsächlich gering.
Aber es gibt ja nicht nur krankhafte NarzisstInnen, sondern auch Menschen mit narzisstischen Charakterzügen.
Die sitzen da nicht unbedingt im Empfängnis oder im Maßregelvollzug, sondern dir gegenüber.
Ja, wie narzisstisch findest du mich denn?
Also, du wertest sehr selten Menschen ab.
Passiert?
Aber nicht so, dass das irgendwie auffallend wäre.
Ja, ich würde mich jetzt auch nicht als sonderlich narzisstisch bezeichnen,
aber ich wollte trotzdem mal herausfinden, wie viel Narzissmus jetzt in mir steckt.
Und dafür gibt es auch ein Messinstrument.
Das bezieht sich jetzt nicht auf diesen pathologischen Narzissmus, sondern eben auf Charaktereigenschaften.
Und das nennt sich Narzissistic Personality Inventory.
Und das ist der gängigste solcher Persönlichkeitstest, ja.
Und den habe ich gemacht.
Und bevor ich dir aber jetzt sage, was bei mir rausgekommen ist, würde ich den gerne mal mit dir machen.
Ich habe Angst vor dem Ergebnis.
Also, glaubst du, bei dir kommt eine, ja, kommt raus, dass du narzisstisch bist?
Naja, also, ich weiß, dass ich nicht so richtig narzisstisch bin, weil ich andere Menschen nicht abwerte
und weil ich auch einfach selbst meine größte Kritikerin bin.
Also, ich bin zwar auch mein größter Fan, klar, aber eben auch echt super streng mit mir.
Aber bei der Recherche habe ich kurz gedacht, dass ich in mancher Hinsicht irgendwie schon narzisstische Züge habe.
Und soll ich dir sagen, wer daran schuld ist?
Wer?
Mein Vater.
Warum?
Weil er zu mir als Kind immer gesagt hat, dass ich die Beste bin.
Und ich glaube, das habe ich lange Zeit so mitgetragen.
Papa ist schuld.
Danke, Vater.
Schuld auf andere schieben ist auch so ein Ding.
Nein, das weiß ich ja.
Der ist ja wirklich schuld.
Der ist ja wirklich schuld.
Ja, okay, los.
Okay, also, es gibt immer zwei Aussagen und du musst mir dann sagen, mit welcher du dich mehr identifizieren kannst.
So, erstens.
Ich habe ein Naturtalent in Leute beeinflussen.
Ich bin nicht gut darin, Leute zu beeinflussen.
Oh, das finde ich schon sehr schwer.
Ich glaube nicht, dass ich dazu ein Talent habe.
Bescheidenheit gibt es bei mir nicht.
Ich bin eine bescheidene Person.
Bescheiden bin ich nicht, nee.
Ich würde fast alles als Mutprobe machen.
Ich bin eine eher vorsichtige Person.
Ich würde schon viel als Mutprobe machen.
Wenn mir Leute Komplimente machen, ist es mir manchmal peinlich.
Ja, ist mir ganz oft ganz unangenehm.
Willst du nur das andere hören?
Ja.
Ich weiß, dass ich gut bin, weil mir Leute das immer wieder sagen.
Also das erst.
Ja.
Der Gedanke, die Welt zu beherrschen, macht mir Angst.
Wenn ich die Welt beherrschen würde, wäre sie ein besserer Ort.
Nein, das macht mir Angst.
Ich kann mich eigentlich aus jeder Situation rausreden.
Ich versuche, die Konsequenzen meines Verhaltens zu akzeptieren.
Oh.
Ich versuche, die Konsequenzen meines Verhaltens zu akzeptieren.
Das ist so.
Ich versuche das.
Ob mir das gelingt, ist eine andere Sache.
Ja.
Ich verschwinde lieber in der Masse oder ich bin lieber im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit.
Ach, das finde ich schwer bei dem Job, den wir machen.
Ich sag jetzt mal, ich bin lieber im Mittelpunkt, wobei mir das manchmal total, also ich, als
wir unsere Live-Podcasts hatten, bin ich ja gestorben auf der Bühne.
Das fand ich ja ganz, ganz schlimm.
Ja, und mir hat das richtig gut gefallen.
Wahrscheinlich schneidest du hier sehr viel schlechter ab als ich.
Ja, ich bin voll gespannt.
Ich werde erfolgreich sein.
Ich mache mir nicht so viele Gedanken über Erfolg.
Zweites.
Also, da habe ich auch was anderes angegeben.
Ich bin nicht besser oder schlechter als andere Personen.
Ich denke, ich bin eine besondere Person.
Also, ich denke, ich bin eine besondere Person, aber jede Person ist eine besondere Person und
ich bin auf jeden Fall nicht besser oder schlechter als eine andere Person.
Deswegen die erste Antwort.
Ich weiß nicht, ob ich eine gute Führungsperson wäre.
Ich sehe mich schon als gute Führungsperson an.
Ich bin die beste Chefin der Welt.
Ja, ganz okay.
Obwohl du auch nicht meine Chefin bist.
Doch.
Ich kann Menschen lesen wie Bücher.
Manchmal sind Menschen echt schwer zu verstehen.
Zweites.
Ich finde es gut, weil du immer nickst und lächelst, wenn du was genauso angekreuzt hast wie
ich jetzt.
Und wenn nicht, gucke ich dich ganz erstaunt an.
Ich weiß immer, was ich tue.
Manchmal weiß ich nicht recht, was ich tue.
Ich weiß nie, was ich tue.
Gerade in letzter Zeit nicht.
Ich verlasse mich manchmal auf andere Leute, dass Sachen fertig werden.
Ich verlasse mich eher lieber nicht auf andere Leute.
Ich verlasse mich schon viel auch auf dich.
Ja.
Ich verlasse mich auch gerne auf andere Leute.
Da kann man auch so gut die Verantwortung wegschieben.
Manchmal erzähle ich gute Geschichten.
Jeder liebt es, meine Geschichten zu hören.
Na, was sagt ihr da draußen?
Ja, ich weiß, was du angekreuzt hast.
Ja, ich würde dann auch Zweites sagen.
Ich erwarte viel von anderen.
Ich mag es, Dinge für andere zu tun.
Beides.
Bei dir.
Kann man nicht beides anklicken.
Ach, das ist aber voll beides.
Dann mach das, dass ich auch viel für andere tue.
Ich bin der geborene Anführer.
Führungsqualitäten muss man erst erlernen.
Führungsqualität muss man erst erlernen.
Ich wünschte, jemand würde eine Biografie über mich schreiben.
Ich mag es nicht, wenn Leute alles über mein Privatleben wissen.
Das Zweite, denn ich habe auch erst neulich den Wikipedia-Eintrag, den jemand über mich erstellt hat, wieder löschen lassen.
Und jetzt steht da Paulina Kraser, Wikipedia, und dann klickt man drauf und dann steht da, ist nicht relevant genug als Grund, weshalb die Person wieder rausgenommen wurde.
Nein.
Und irgendwie hat mir das mal gesagt und ich so, ja, das habe ich veranlasst.
Das ist aber echt, der Grund ist irgendwie auch nicht so schön.
Naja, mir egal.
Ich kann mehr als andere.
Es gibt viel, was ich von anderen lernen kann.
Zweites.
Ich bin sehr wie andere.
Ich bin eine außergewöhnliche Person.
Ich bin eine außergewöhnliche Person.
So, wir haben jetzt nicht alle 40 Fragen hier reingenommen in die Aufnahme.
Aber gucken wir mal, was das ergeben hat.
Ich bin so gespannt.
Aha.
Also, du bekommst jetzt nicht irgendwie sowas so, sie sind Narzisstin oder so, sondern es ist, du hast ein Score, also eine Punktzahl 18 von 40.
Also, wenn du 40 hast, bist du ziemlich narzisstisch.
Ich bin in der grünen Hälfte.
Nee, habe ich bei mir auch erst gedacht.
Ich hatte nämlich 16.
Aha.
Aber wenn man sich den Durchschnitt anguckt und der Durchschnitt wurde mit amerikanischen Erwachsenen gemacht, ja, also mit denen müssen wir uns jetzt hier vergleichen, dann ist der Durchschnitt bei 15,3.
Okay.
Und US-amerikanische Promis schnitten da durchschnittlich mit 17,8 ab, wo du immer noch drüber bist.
Ja, also ehrlich gesagt kommt das jetzt nicht sonderlich überraschend, weil ich schon auch geglaubt habe, dass ich irgendwie narzisstischer bin als andere.
Auch darin bin ich besser, besser.
Aber ich finde das auch völlig okay, narzisstische Züge zu haben und für sich Dinge zu finden, wo man zumindest denkt, da bin ich jetzt die Beste drin.
Das finde ich ganz wichtig, weil das macht ja niemand anders für einen.
Also mir wäre es eigentlich lieber weniger narzisstisch zu sein.
Weil laut diesem Test bin ich ja jetzt auch narzisstischer als der Durchschnitt.
Ich finde nämlich narzisstische Züge deshalb nicht gut, weil man ja durch die eine übertriebene Selbsteinschätzung hat.
Also man meint, man sei besser in irgendwas, als man es tatsächlich ist.
Und ich hätte lieber einfach eine realistische Selbsteinschätzung von meinem Können oder nicht können.
Und außerdem hat ja jeder Mensch irgendwas, in dem er gut ist.
Und es wäre doch irgendwie besser, wenn man das einfach richtig einschätzen kann.
Nicht besser als andere, aber auch nicht schlechter und einfach selbstbewusst ist.
Ja, naja, gut, aber so einfach ist das ja nicht.
Also wer entscheidet denn, ob man sich richtig einschätzt?
Man kann ja nicht alle Dinge objektiv messen.
Also wenn du jetzt über Bett bei einem Malwettbewerb sitzt und da sind dann zehn Leute in der Jury und sechs sagen, das Bild deiner Konkurrentin ist besser.
Dann finde ich es okay, wenn man dann trotzdem sagen kann, ich finde aber, mir ist das Wasser zu malen oder der Apfel viel besser gelungen.
Auch wenn die meisten Menschen sagen würden, naja, das ist jetzt aber eine Selbstüberschätzung.
Also solange man jetzt im Kern keine wirklich narzisstische Person ist, finde ich das okay.
Davon jetzt mal ab, kann einem Narzissmus nämlich auch weiterbringen.
Also man findet den nämlich häufig in Führungspositionen.
Und zwar ist Narzissmus da ein Teil der sogenannten dunklen Triade, die man da eben oft findet.
Das ist eine Kombination aus drei Persönlichkeitsmerkmalen und die sind Narzissmus, Machiavellismus und Psychopathie.
Und Menschen, die eine ausgeprägte dunkle Triade haben, die sind zwar eigentlich sozial voll unverträglich,
Machen aber auf den ersten Blick meistens einen ganz guten Eindruck, weil sie sich halt super verkaufen und in Szene setzen können,
auch wenn sie eigentlich gar nicht so toll sind.
Was Narzissmus ist, das wissen wir ja jetzt, also oft sind die Leute arrogant und angeberisch und meinen, sie sind besonders und die Besten.
Übrigens haben WissenschaftlerInnen herausgefunden, dass die NarzisstInnen im Durchschnitt besser verdienen.
Ja, weil sie sich wahrscheinlich besser verkaufen können.
Und dann können sie auch besser Verhandlungen führen und überzeugen die anderen, dass sie mehr Gehalt verdient haben.
Ja, genau.
Machiavellismus ist, wenn man sehr manipulativ ist, also immer opportunistisch denkt und sich auch mal einschleimt oder was vorheuchelt, um an das zu kommen, was man will.
Und MachiavellistInnen, die benutzen andere Menschen für ihre eigenen Zwecke.
Also selbst, wenn es ganz, ganz stark ausgeprägt ist bei einer Person, dann ist es keine Persönlichkeitsstörung wie beim Narzissmus oder wie beim Psychopathen oder einer Psychopathin.
Also egal, wie machiavellistisch du bist, du bist fein.
Okay.
Über PsychopathInnen haben wir ja schon öfter im Podcast gesprochen und die zeigen bei der dunklen Triade den größten Mangel an Empathie.
Was übrigens auch hier nicht heißt, dass sie generell überhaupt nicht fähig sind, Empathie zu empfinden.
Aber sie haben eben kaum Gewissensbisse und sind eher antisozial.
Sie sind impulsiv und furchtlos und haben auch einen höheren Hang Straftaten zu begehen.
Und dieser Dreiklang ist deswegen so gut erforscht, weil einer der Wesenszüge oft in Kombination mit anderen vorkommt und sich die Eigenschaften auch jeweils etwas überschneiden.
Und dazu gibt es übrigens auch einen Test, den haben wir beide vor dieser Folge gemacht und uns die Ergebnisse noch nicht gezeigt.
Ja.
Okay, bei mir
Zeig mal zuerst.
Ach so.
Öh.
Ja, beschreib, was du siehst.
Also Laura ist beim Machiavellismus in der Mitte, ein bisschen weiter rot.
Narzisstisch bist du mittig, aber ein bisschen mehr im grünen Bereich.
Und psychopathisch bist du gar nicht.
Fast gar nicht.
Fast gar nicht.
Ja.
Und bei dir, was steht da?
Ja, ich finde, nee, ich finde, wir können jetzt einfach mit dem weiter zeigen.
Also das ist doch ein schlechter Scherz.
Das ist mein Ergebnis.
Aber Paulina hat am wenigsten bei Machiavellismus, obwohl das auch schon mittig ist.
Und bei Narzissmus ist sie schon fast im ganz roten Bereich.
Und Psychopathentum ist mir ja auch ein ganz kleines, ganz mini kleines bisschen vorhanden.
Ich glaube, ich weiß aber, woran das gelegen hat bei dir.
Warum?
Weil man konnte immer fünf Möglichkeiten anbieten.
Also quasi anklicken.
Also zum Beispiel trifft, so nach dem Motto, trifft voll zu, trifft ein bisschen zu.
Ich weiß nicht, trifft nicht so sehr zu, trifft gar nicht zu.
Ach so.
Und ich habe oft eher bei diesen, ich habe fast nie diese komplett, dass ich mir sicher war mit Adam, weißt du.
Und ich glaube, wenn du was entschieden hast, hast du es dann wahrscheinlich mit den ganz links oder ganz rechts gemacht.
Ja, weil das bei mir ja immer so ist, dass ich eher ins Extreme neige.
Ja.
Und vielleicht deswegen.
Ja, also ich kann das ja bezeugen, die so viel Zeit mit dir verbringt.
Also ich glaube nicht, dass du eine Psychopathin bist, wie dieser Ausschlag hier vermuten lässt.
Aber ich bin immerhin nicht manipulativ.
Ja, das bin ich dann scheinbar ein bisschen mehr.
Oder mehr als du?
Weiß ich nicht.
Ungefähr gleich.
Aber im Verhältnis zu meinen anderen Eigenschaften bin ich weniger manipulativ.
Und dieser Test wurde von der BBC in Zusammenarbeit mit WissenschaftlerInnen erstellt.
Und gefunden habe ich den auf dem Kanal von MyLab, die zur dunklen Triade eine dreiteilige Videoreihe veröffentlicht hat.
Und beides verlinken wir euch in den nächsten Tagen auf Instagram und natürlich auch unter unserer Folgenbeschreibung.
Apropos Instagram, da sehen wir ja auch viel Selbstliebe, zum Beispiel in Form von Selfies.
Das müssen dann aber nicht unbedingt pathologische NarzisstInnen sein.
Nee, hauptsächlich halt Leute, die sich selbst darstellen wollen, ja.
Timo Gnams, Professor für Psychologie, Methoden empirischer Forschung und Medienforscher Markus Appel.
Die haben zusammen 60 Studien ausgewertet und dabei eine Metastudie über den Zusammenhang zwischen Narzissmus und sozialen Medien durchgeführt.
Und raus kam dabei, dass narzisstische Menschen häufiger Selfies posten, aber die Bilder von sich auch intensiver bearbeiten.
Ja.
Sehr viel Zeit damit aufwenden, sich in ein schönes Licht zu rücken und so.
Ja, das macht Sinn, weil sie dann denken, mehr Likes zu bekommen.
Ja.
Und die Likes und Anerkennung, die führt dann zu einer Art Spirale.
Also müssen sie das natürlich immer und immer wieder machen.
Aber was ich mir dann auch immer denke, gut, die, also man sieht ja diese Selfies, wo du einfach siehst, es ist so krass bearbeitet, ne.
Und sie kriegen aber ja dafür diese Anerkennung, für diese Person, die sie gar nicht sind.
Und dann denke ich, ist das nicht für das Selbstbewusstsein oder für den Selbstwert da nicht richtig schlimm?
Und gehen die überhaupt noch auf die Straße, weil sie dann denken, wenn sie dann jemand sieht, dann denken die, Entschuldigung, du siehst überhaupt nicht so aus.
Also weißt du, das macht doch was mit einem irgendwie.
Ja, aber ich glaube, dieser Ego-Boost ist denen dann wichtiger in dem Moment.
Und viele der Menschen, die dann dort bewundern, die treffen sie ja vielleicht auch nie persönlich.
Ja, und was ja auch so eine blöde Spirale eigentlich ist, ist so, also die stellen sich schöner, hübscher dar, als sie eigentlich sind.
Machen aber dann auch auf andere Menschen und viele junge Mädchen auch bei Instagram den Eindruck, das ist normal.
Und die mit ihren Pickeln und was weiß ich in der Pubertät denken sich dann, oh mein Gott, so muss ich aussehen und fühlen sich dann auch schlechter.
Und es ist einfach nur für alle schlimmer.
Kann sich bitte niemand mehr irgendwie bearbeiten auf den Fotos.
Ja, also wir, aber Moment, wir wollen jetzt hier nicht die Filter verbannen, weil die benutzen wir beide selbst auch immer.
Aber ich habe eine Frage an dich.
Wenn du ein Bild von dir auf Instagram postest, wie oft guckst du dann danach aufs Handy und schaust, was sich da so abspielt?
Also da muss ich schon sagen, dass wenn es jetzt ein Bild von mir ist, wo man nur mich sieht, dann schaue ich schon öfters, als wenn ich jetzt ein Bild von einer Umgebung mache oder so.
Aber auch so ein bisschen, weil ich Angst habe, was die Leute da drunter schreiben und vielleicht schreibt jemand so ein richtig nasty Kommentar oder so eine blöde Flamme oder so, dann lösche ich das schnell.
Ja, das ist bei mir auch so.
Aber ich habe die Tage ja auch ein Bild gepostet und ich poste ja sonst nicht so viel und darunter habe ich geschrieben, dass ich gerade was zum Thema Narzissmus recherchiere.
Und dann ist mir halt auch aufgefallen, also es sollte eigentlich nur eine Bildbeschreibung sein und dann ist mir aber währenddessen aufgefallen, dass das eigentlich ein ganz guter Selbsttest tatsächlich ist, weil ich ziemlich oft drauf geguckt habe danach.
Ja, man freut sich ja dann auch schon über die Likes, aber eigentlich ja eher auch, bei mir ist das so, man freut sich ja jetzt nicht über die Zahl, die da steht, weil die ist ja eigentlich total random, aber wenn man halt sieht, welche Personen, die man auch mag, das liken, dann freut man sich, weil man merkt, die Person hat einen gesehen und freut sich, dass man das Foto gepostet hat, weil ich like ja auch Bilder von anderen, wenn ich mich für die freue oder wenn ich, ja, wenn ich die darauf hübsch finde.
Oder das ein cooler Ausschnitt ist oder was weiß ich vom Bild. Ja, aber wenn dann eine Person das nicht liked, von der man aber will, dass sie es liked, dann ist es manchmal komisch. Und das habe ich da jetzt gemerkt, weil ich dachte mir so, das ist doch nicht mein Ernst, dass mich das jetzt interessiert, dass ich darauf jetzt gucke, dass diese Person das jetzt nicht geliked hat. Also ich möchte dieser Mensch nicht sein, der so etwas denkt, deswegen lasse ich das mit denen posten.
Weil so viel Banalität kann man ja gar nicht ertragen. Das ist schon irgendwie gruselig, was für ein Anerkennungsboosters in dem Moment ist und dass man das so schnell kriegen kann.
Ja.
Also diese Aufmerksamkeit, die kriegst du ja nicht sonst so schnell.
Und die siehst du direkt in Zahl.
Ja, genau.
Einforschung ist, dass die Wahrscheinlichkeit höher ist, dass jemand ein Narzisst oder eine Narzisstin ist, wenn man weiß, dass die Person sich sehr oft selbst fotografiert und auf Social Media präsent ist.
Aber Social Media macht jetzt nicht mehr NarzisstInnen, sondern trägt vielleicht eher zu unserer narzisstisch geprägten Gesellschaft mehr bei.
In der es aber auch hinweisend zufolge immer mehr NarzisstInnen gibt.
Wolfgang Jupp hat gesagt, Narzissmus ist eine unglückliche Liebe zu sich selbst.
Man blickt in den Spiegel und das Spiegelbild zerrinnt.
Man sucht sich immer und man trifft sich nie.
Ihr wundert euch sicherlich, warum es bisher noch kein Videomaterial von Laura bei menschenverachtenden Tätigkeiten gab.
Nun, es ist so und glaubt mir, es fällt mir sehr schwer, das überhaupt auszusprechen.
Aber ich erlasse Laura ihre Wettschulden.
Warum?
Wegen dieser...
Weil ich es nicht übers Herz bringe, die jetzt gerade einzufordern.
Oh Gott, ich fühle mich wie eine heilige Kraft.
Wegen dieser E-Mail, die wir bekommen haben?
Nein.
Wir haben eine E-Mail bekommen von einer Zuhörerin, die gesagt hat, sie findet das sehr bedenklich und wir sollten das doch mal lassen.
Andere könnten sich animiert fühlen, sich gegenseitig zu erniedrählen.
Ja, genau.
Nein, deswegen nicht.
Du bist selbst auf den Trichter gekommen, dass das nicht so nett ist.
Nein.
Geil, keine Getränke hochtragen.
Oder was?
Also pass auf, es war letzte Woche.
An dem Tag vor dem Tag.
Und da saßen Laura und ich mit unserem Funk-Redakteur Janis zusammen beim Essen und Janis verkündete uns dann, dass er in Elternzeit geht.
Und das hat uns sehr traurig gemacht.
Ja.
Und nachdem Laura und ich dann erst versucht haben, ihn zu erpressen, zu bestechen, zu bedrohen und dann Szenarien ausgemalt haben, wie wir Janis in unseren Keller gefangen nehmen und ihm dann alle zwei Wochen einen Stick nach unten geben, damit er dort dann die Folge anhören kann.
Ist Laura dann irgendwann nach Hause gegangen und Janis und ich sind noch geblieben, weil wir eh nicht lustig sind.
Und Laura sagte dann noch zu mir, trinkt nicht zu viel.
Nun ja.
Man muss dazu sagen, es war die Woche, wo wir an einem Projekt gearbeitet haben, auf das wir sehr lange hingearbeitet haben, was eigentlich schon Anfang des Jahres hätte starten sollen.
Das heißt, das uns auch sehr wichtig ist.
Das uns sehr wichtig ist und was wir unbedingt machen wollen und wo viele Leute daran gearbeitet haben vor allem.
Naja.
Und dann kam der Tag der Tage, was eben einen Tag nach besagtem Abend war.
Und als ich am nächsten Tag aufstand, war mir etwas schwindelig.
Und eigentlich sollte ich ja Laura abholen, war dazu aber nicht in der Lage.
Und dann torkelte ich also morgens immer zwischen Lockenstab und Toilette hin und her und Laura hat mich dann abgeholt.
Und jetzt kommt's, obwohl dieses Elend erstens sehr absehbar und zweitens total selbstverschuldet war, hat sie kein Wort gesagt.
Sie hat mich sogar gestreichelt und ist rechtzeitig rechts rangefahren und hat mich dann auch noch in dem Auto zum Mülleimer vorgefahren.
Ich wäre ausgeflippt an ihrer Stelle.
Zum Glück ging's dann irgendwann, aber ich hab mich in diesem Moment so gehasst, dass ich diese Arbeitssache damit ja auch total hätte gefährden können.
Und Laura hätte jedes Recht gehabt, wütend auf mich zu sein.
War sie aber nicht, zumindest nicht offensichtlich.
Also, da ich ja gesagt hatte, trinkt nicht zu viel.
Es hat mich, also es hat mich dann schon in den Fingern gejuckt, am Morgen dann was zu schreiben.
So nach dem Motto, hab ich doch gesagt.
Oder hättest du doch mal auf mich gehört.
Du meinst, bevor du mich abgeholt hast?
Ja, genau, bevor ich dich abgeholt habe.
Aber als ich dich da dann halt so wie so ein Häufchen Elend gesehen habe, tat es mir einfach so leid.
Und ich dachte mir so, wenn es mir so gehen würde, also ich weiß nicht, ob ich das geschafft hätte.
Und dann hab ich gedacht, wenn mir dann noch jemand sagen würde, du ruinierst hier alles oder du sorgst dafür, dass es vielleicht ein bisschen unprofessionell ist oder so.
Das hätte dich ja nur noch viel mehr runtergemacht.
Und deswegen hab ich das nicht gemacht und hab einfach nur gehofft, dass es dir bald besser geht.
Und tatsächlich bin ich sehr, sehr erstaunt, dass du das so gut durchgehalten hast und bin dann auch sehr stolz auf dich, wie du das so professionell gemeistert hast.
Ja, und hättest du nichts gesagt, hätte es keiner mitbekommen.
Das stimmt, ja.
Aber eigentlich hab ich jetzt nur Jannis erzählt und Jannis hat es dann allen anderen erzählt.
Ja, stimmt.
Aber heißt das Supergau oder Obergau?
Supergau.
Okay.
Es wäre ja aber der absolute Supergau gewesen, wenn das dann ins Wasser gefallen wäre.
Ja.
Das Ding ist, müsst ihr wissen, ich erlasse Laura nicht deswegen ihre Wettschulden, sondern weil es original eine Woche später exakt so noch einmal passiert ist.
Und so kommen wir zurück an den Anfang, wo ich erzählt habe, dass wir nur zwei Stunden für dieses Fotoshooting gebraucht haben.
Es hat vor allem an Paulina gelegen, aber das hat mich auch so gefreut und das ist, könntest du das gerne nochmal machen, weil dann ziehen wir das richtig schnell durch, damit wir zurück ins Bett können oder damit sie zurück ins Bett kann.
Deswegen keine Videos von Laura, wie sie Dinge hochschleppt.
Darüber freue ich mich sehr.
Und jetzt?
Jetzt gehen wir Skull King spielen.
Lauras Vater wartet nämlich unten auf mich mit einer Reinschorle, wie ich wette.
Ja, auf mich mit der Reinschorle.
Ja, und abschließend nicht vergessen.
Das war ein Podcast von Funk.