00:00:08
Also ich höre ja öfter mal von dir den Kommentar, dass ich zu viele Anglizismen benutze.
00:00:18
Also mir fällt das gar nicht so stark auf.
00:00:22
Fallen dir spontan jetzt welche ein, die ich oft benutze?
00:00:30
Harassed sagst du manchmal.
00:00:31
Stimmt, weil mir das so oft passiert.
00:00:35
Weil du das so oft machst.
00:00:41
Du sagst oft, du hast eine Class gebucht.
00:00:44
Okay, das waren ja schon einige.
00:00:46
Du weißt aber ja, was das heißt, oder?
00:00:52
Harass oder harassen.
00:00:56
Verabredung oder, ne?
00:01:00
Na, ein Kurs gebucht hast du dann.
00:01:03
Also du verstehst immer, was ich dir sagen will.
00:01:05
Das geht aber nicht allen Leuten so.
00:01:08
Zum Beispiel der Mutter von Johanna.
00:01:10
Sie ist 53 Jahre alt und hat innerhalb von sechs Tagen 46 Folgen Mordlust durchgehört.
00:01:18
Well done, weil dann sagen wir dazu.
00:01:20
Und sie hat jetzt über ihre Tochter ihr Feedback dagelassen.
00:01:25
Einziger Kritikpunkt, die Anglizismen.
00:01:28
Weil sie dann halt oft pausieren und erstmal googeln muss, was das eigentlich bedeutet.
00:01:33
Und das ist natürlich nicht so komfortabel, wenn man einen Podcast hört.
00:01:37
Daher ihr Vorschlag, wenn wir solch ein Wort das erste Mal benutzen, könnten wir ja es direkt
00:01:42
einmal übersetzen.
00:01:43
Und dazu sage ich, Challenge accepted, Herausforderung angenommen und versuche jetzt bei jedem englischen
00:01:50
Wort auch die deutsche Übersetzung hinterherzuschießen, was vielleicht am Ende dazu führt, dass
00:01:55
ich weniger Anglizismen benutze.
00:01:57
Findest du das nicht weird?
00:02:01
Ich kann mir vorstellen, dass es super cringey wird dann.
00:02:03
Für die Mutter von Johanna bitte auch die Übersetzung.
00:02:07
Ne, das musst du ja jetzt machen.
00:02:11
Weird ist das englische Wort für komisch und cringe ist das englische Wort für …
00:02:17
Das ist eher so ein Ausdruck, wozu es, glaube ich, keine so richtige Übersetzung gibt.
00:02:21
Also wenn du etwas anguckst oder anhörst und du hast so ein Fremdschämengefühl und dir
00:02:27
stellen sich so ein bisschen die Nackenhaare auf, weil du das unangenehm findest zu sehen,
00:02:31
das ist dann cringey.
00:02:33
Und damit herzlich willkommen zu Mordlust, unserem True Crime Podcast von Funk, von ARD und
00:02:38
Wir reden hier über wahre Verbrechen und ihre Hintergründe.
00:02:40
Mein Name ist Paulina Kraser.
00:02:41
Und ich bin Laura Wohlers.
00:02:43
In jeder Folge haben wir ein Oberthema, zu dem wir zwei wahre Kriminalfälle nacherzählen,
00:02:48
darüber diskutieren und auch mit Experten sprechen.
00:02:50
Wir reden hier manchmal auch ein bisschen lockerer miteinander.
00:02:53
Das hat aber nichts damit zu tun, dass wir unsere Thematik hier nicht ernst nehmen, sondern
00:02:58
das ist für uns so eine Art Comic Relief, mal zwischendurch ein bisschen zu lachen, damit
00:03:02
wir auch mal aufatmen können.
00:03:03
Das ist aber natürlich nie despektierlich gemeint.
00:03:06
Heute geht es bei uns um Prozesse ohne Leichen.
00:03:10
Ja, sowas gibt's.
00:03:11
Wir hatten zwar solche Fälle noch nicht im Podcast, aber das ändert sich heute.
00:03:14
Allerdings galt, zumindest hier in London, wo ich gerade mal wieder bin und wo es auch
00:03:19
mal wieder regnet, lange die Regel No Body, No Murder.
00:03:24
Also keine Leiche, kein Mord für Johannas Mutter.
00:03:27
Und Regel sage ich deswegen, weil es eben kein Gesetz gab.
00:03:31
Aber wir haben ja in Folge 10 gelernt, dass hier das Common Law gilt, was eben bedeutet,
00:03:35
dass sich eben auch auf richterliche Urteile der Vergangenheit bezogen wird und nicht nur
00:03:41
Und diese Regel wurde nach dem sogenannten Campton Wonder eingeführt.
00:03:45
Das war ein Fall, bei dem der 70-jährige William Harrison 1660 spurlos aus dem kleinen Dorf
00:03:53
Chipping-Campton verschwand und für dessen Tod sein Knecht, dessen Bruder und dessen Mutter
00:03:58
verantwortlich gemacht wurden.
00:04:01
Ja, da stand Servant und dann habe ich das nicht Knecht übersetzt.
00:04:05
Man könnte natürlich auch sagen Bediensteter oder Diener.
00:04:10
Kann man auch sagen.
00:04:11
Würdest du dich auch als Knechtin deines Bruders bezeichnen?
00:04:16
Aus damaliger Sicht.
00:04:17
Okay, das war der Diener.
00:04:18
Also obwohl es keine Leiche von Harrison gab, wurden die drei 1661 zum Tode verurteilt.
00:04:25
Allerdings tauchte der totgeglaubte William Harrison ein Jahr später wieder auf.
00:04:30
Gesund und munter.
00:04:32
Er erzählte, dass er entführt wurde und als Sklave in die Türkei verkauft worden war und
00:04:36
sich deshalb halt so lange nicht gemeldet hat und so plötzlich verschwunden war.
00:04:40
Ja, und so einen Fehler wollte man halt nicht nochmal machen und deswegen gab es danach eben
00:04:44
die Regel keine Leiche, kein Mord.
00:04:46
Und zwar galt die bis 1954.
00:04:49
Also wenn man jetzt Täter oder Täterin hier war und wusste, wie man eine Leiche verschwinden
00:04:54
lassen kann, dann war man fein raus.
00:04:57
Naja, du hast doch dann wahrscheinlich was anderes gekriegt, außer die Todesstrafe oder
00:05:03
so, aber du hast ja dann schon auch irgendwas bekommen.
00:05:05
Nee, es gab dann keinen Prozess.
00:05:07
Ach, keinen Prozess?
00:05:09
Naja, heute ist es halt anders und heute ist das Vorhandensein einer Leiche.
00:05:14
die ja aufgrund technologischer Mittel und so weiter nicht mehr zwingend notwendig, um
00:05:19
einen Täter oder eine Täterin zweifelsfrei zu überführen.
00:05:21
Und so gibt es laut den WissenschaftlerInnen der University of South Wales jedes Jahr hier
00:05:26
in der UK bis zu fünf solcher Fälle vor Gericht, in denen es eben keine Leichen gibt.
00:05:31
Und das gibt es natürlich auch in Deutschland und ich erzähle euch jetzt von so einem Fall.
00:05:36
Und der zeigt, dass manche Menschen sich viel vom Leben erhoffen und gar nichts bekommen.
00:05:42
Einige Namen habe ich geändert.
00:05:45
Jetzt wird alles gut.
00:05:47
Endlich wird ihr großer Traum wahr.
00:05:49
Bianca ist überglücklich.
00:05:51
In ihr wächst ein kleines Leben heran.
00:05:53
Tina bekommt endlich ein Geschwisterchen.
00:05:55
Also eigentlich ist Tina ein Hund, aber weil Tina für Bianca die letzten Jahre ein Kinderersatz
00:06:01
war, ist es ja quasi wie ein Geschwisterchen.
00:06:04
Eine eigene Familie mit dem Mann, den Bianca über alles liebt.
00:06:09
So viel Glück hat Bianca in ihrem jungen Leben bisher noch nicht oft erlebt.
00:06:13
Die 21-Jährige hatte es noch nie wirklich leicht gehabt.
00:06:16
Ihr Vater lebt nicht mehr und weil ihre Mutter Alkoholikerin ist, ist Bianca schon als Kleinkind
00:06:21
hin und her geschickt worden.
00:06:22
Erst war sie bei der Mutter, dann bei ihrer Oma, wieder bei der Mutter und schließlich kam
00:06:28
Dass sie schon so viel durchgemacht hat, sieht man der jungen Frau nicht an.
00:06:31
Es ist nicht so, dass sie gezeichnet ist von ihrer schweren Kindheit, zumindest äußerlich.
00:06:36
Sie ist zierlich, nur 1,65 groß und hat lange braune Haare.
00:06:40
Weil Bianca nie wirklich eine Familie hatte, wollte sie schon immer selbst eine gründen.
00:06:45
Aber das war bisher immer in weiter Ferne.
00:06:47
Also hat sie sich Tina angeschafft, eine Mischlingshündin, die Bianca überall mit hinnimmt.
00:06:52
Sie klammert sich richtig an den Hund.
00:06:54
So geht es Bianca auch mit Menschen.
00:06:57
Sie ist nicht gern allein und deswegen klammert sie oft, wenn sie jemanden ins Herz geschlossen
00:07:01
Das passiert ihr bei Freunden, beim Heimleiter Peter, aber natürlich auch bei Aaron.
00:07:06
Aaron ist Biancas große Liebe.
00:07:08
Das weiß sie schon, als sie ihn das erste Mal sieht.
00:07:10
Das ist im Jahr 1997 und Bianca ist da gerade 19 Jahre alt.
00:07:15
Die beiden lernen sich über Aarons besten Freund Haida kennen.
00:07:18
Bianca ist mit ihm in derselben Heimeinrichtung und auch in einer Lehrlingsgruppe.
00:07:22
Aaron kommt im Gegensatz zu Bianca aus geordneten Verhältnissen.
00:07:26
Er hat einen älteren Bruder.
00:07:27
Sein Vater kommt aus Sizilien, weswegen Aaron neben der Deutschen auch die italienische
00:07:32
Staatsbürgerschaft hat.
00:07:33
Sie haben aber schon immer in Deutschland gelebt.
00:07:35
Aarons Mutter als Deutsche.
00:07:36
Die Eltern besitzen ein Haus in Augustdorf, einer kleinen Gemeinde nahe Dittmold.
00:07:41
Aaron ist ein Jahr älter als Bianca, aber überhaupt nicht Erwachsener.
00:07:46
Er lebt in den Tag hinein, ist ein richtiger Luftikus.
00:07:50
Er weiß nicht wirklich, was mit seinem Leben anzufangen.
00:07:52
Ziele hat er auch nicht.
00:07:53
Dafür zum Glück ein starkes Sicherheitsnetz seiner Eltern, die ihm immer wieder aushelfen,
00:07:58
wenn er Schulden hat.
00:07:59
Mit 17 kommt Aaron das erste Mal mit Drogen in Kontakt.
00:08:02
Falscher Freundeskreis.
00:08:04
Nach seiner mittleren Reife fängt er eine Ausbildung zum informationstechnischen Assistenten an,
00:08:09
die er aber wieder abbricht.
00:08:10
Dann versucht er es beim Bund, wird aber dort entlassen.
00:08:13
Vorschriften, meint Aaron, zählen für ihn nicht wirklich und sein disziplinloses Verhalten
00:08:18
ist einfach nicht mehr tragbar.
00:08:20
Aaron fängt immer mal wieder Jobs an, verliert dann aber schnell das Interesse und wird
00:08:23
dann rausgeschmissen.
00:08:24
Eine Sache durchzuziehen, das liegt ihm nicht.
00:08:27
Es sei denn, es ist eine Leinkoks.
00:08:29
Das gilt auch für seine Beziehung.
00:08:31
Würde man als Außenstehender Beobachter oder Beobachterin Aaron und Bianca beurteilen,
00:08:36
würde man vielleicht im ersten Moment romantisch verklettert denken, dass die beiden sehr leidenschaftlich
00:08:41
Aber eigentlich ist Bianca vor allem eifersüchtig und Aaron untreu.
00:08:45
Und deswegen streiten die beiden immer wieder.
00:08:48
Bianca wird dann richtig laut und ausfallend und Aaron wütend und auch mal hanggreiflich.
00:08:53
Seit kurzem wohnen Bianca und Aaron bei seinen Eltern mit im Haus in einer eigenen kleinen
00:08:58
Und sogar die Eltern bekommen die Streitereien manchmal mit.
00:09:01
So heftig geht es teilweise zu.
00:09:03
Einmal tritt Aaron die Badezimmertür ein.
00:09:05
Ein anderes Mal verpasst er Bianca vor ihren gemeinsamen Freunden eine Ohrfeige, weil sie
00:09:10
ihm vorwürdig ins Bordell gegangen zu sein.
00:09:13
Dann, an einem Tag Ende 1999, als Bianca gerade ihre beste Freundin zum Kaffeetrinken zu Besuch
00:09:18
hat, eskaliert die Situation wieder.
00:09:20
Aaron setzt sich dazu und irgendwie kommt das Thema auf andere Frauen.
00:09:25
Bianca und Aaron streiten sich so sehr, dass er sie erst Ohrfeigt und dann aus der Wohnung
00:09:30
Bianca weigert sich zu gehen und daraufhin zieht er sie an ihren langen Haaren in den Hausflur.
00:09:36
Bianca schreit und kreilt sich am Treppengeländer fest.
00:09:39
Erst als er sie bis in den Keller gezogen hat, lässt Aaron los.
00:09:42
Und trotzdem, Bianca zweifelt keine Sekunde daran, dass sie zu Aaron gehört.
00:09:47
Als sie im März 2000 erfährt, dass sie schwanger ist, platzt sie fast vor Glück, kauft einen
00:09:52
Kinderwagen, Babyausstattung und verlangt jedes Mal von ihrem Frauenarzt ein Ultraschallbild.
00:09:57
Aaron kann die Freude nicht wirklich teilen, denn immerhin hat er keine richtige Ausbildung und
00:10:03
die beiden streiten oft.
00:10:05
Ein Kind ist ein heftiger Lebenseinschnitt, aber selbst Arons Eltern reden auf ihn ein,
00:10:09
dass er jetzt endlich mal Verantwortung übernehmen muss.
00:10:12
Und das kommt überraschend, denn die waren nie wirklich Fan von Bianca.
00:10:16
Also entschließt Aaron, sich mit Bianca zusammenzuraufen, noch einmal von vorn anzufangen.
00:10:22
Keine anderen Frauen mehr, verspricht er ihr.
00:10:25
Und das soll mit einer Hochzeit gefeiert werden.
00:10:28
Juni 2000 treten die beiden vor den Traualtar.
00:10:31
An diesem Tag würde man nicht meinen, dass sich die beiden in der Vergangenheit oft nicht gut taten.
00:10:36
Sie wirken ausgelassen, harmonisch.
00:10:38
Weil das Geld knapp ist, heiraten sie nur in ganz kleinem Rahmen.
00:10:41
Also eigentlich ist nur Arons Familie da.
00:10:44
Bianca hat nur ihre Oma eingeladen und die ist nicht gekommen.
00:10:47
Bianca wollte sie für ihren großen Tag aus Potsdam abholen und dann am nächsten Tag wieder zurückbringen.
00:10:52
Aber die Oma hatte Angst, dass sie das körperlich nicht mehr schafft.
00:10:55
Nächstes Jahr soll dann aber die große Hochzeit nachgeholt werden.
00:10:58
Auf Sizilien, mit allen Freundinnen und Bekannten.
00:11:01
Nach der Trauung lädt Arons Vater alle Gäste noch zum Italiener ein, zum Mittagessen.
00:11:06
Es ist ein wundervoller Tag.
00:11:08
Fünf Tage später geht Arons Mutter wie jeden Morgen früh an der Wohnung der beiden vorbei und wundert sich.
00:11:14
Ihr fällt auf, dass sie Jalousien oben sind.
00:11:16
Das findet sie merkwürdig, denn Bianca schläft immer mit geschlossenen Jalousien.
00:11:21
Und jetzt ist um sechs Uhr morgens und da wird sie ja wohl noch nicht wach sein.
00:11:24
Den ganzen Tag denkt sie darüber nach, dass irgendwas nicht stimmen könnte und erzählt schließlich ihrem Mann davon.
00:11:31
Der soll mal in die Wohnung und nachsehen, ob alles okay ist.
00:11:34
Als er in die Wohnung kommt und über den braunen Teppichboden tritt, sieht zunächst alles aus wie immer.
00:11:39
Nur eine Sache ist seltsam.
00:11:42
Tina ist da und Bianca nicht.
00:11:44
Und das löst Unbehagen bei Arons Vater aus.
00:11:48
Bianca macht, wie gesagt, keinen Schritt ohne den Hund.
00:11:51
Abends, als Aaron von der Arbeit nach Hause kommt, erwarten ihn schon seine Eltern ganz aufgeregt.
00:11:56
Sie erzählen ihrem Sohn, dass Bianca den ganzen Tag nicht zu Hause war und von den hochgezogenen Jalousien.
00:12:01
Aaron zeigt sich davon überhaupt nicht überrascht.
00:12:04
Am Abend zuvor, erklärt er, haben sich die beiden richtig gefetzt.
00:12:07
Aaron hat daraufhin bei Haida übernachtet und Bianca ist sicherlich auch zu einer Freundin, um ihm eins auszuwischen.
00:12:14
Seine Eltern sind zwar noch besorgt, wissen ja aber, wie das manchmal zwischen ihrer Schwiegertochter und ihrem Sohn zugeht und geben sich deswegen erstmal mit der Erklärung zufrieden.
00:12:23
Am nächsten Tag, also zwei Tage nach dem Streit, taucht Biancas ehemaliger Heimleiter Peter auf.
00:12:29
Er will Aaron und Bianca zur Hochzeit gratulieren.
00:12:32
Aaron erzählt ihm von dem Streit von vor zwei Tagen und dass er Bianca seitdem nicht gesehen hat.
00:12:37
Das schockiert Peter. Das ist gar nicht Biancas Art.
00:12:40
Peter kennt Bianca seit Jahren. Sie kennt niemanden außerhalb von Augustdorf, hat kein eigenes Auto, kein Fahrrad.
00:12:47
Wohin soll sie denn gehen? Und das auch noch schwanger?
00:12:49
Normalerweise hat sie Probleme immer mit ihm besprochen. Und diesmal nicht? Und den Hund soll sie zurückgelassen haben?
00:12:56
Und außerdem ist Bianca eine Frau, die Konfrontationen aushält und ihnen nicht aus dem Weg geht.
00:13:01
Sie sucht sie manchmal sogar richtig. Die haut nicht einfach ab, um dem aus dem Weg zu gehen.
00:13:06
Peter kann Aaron nach langer Überzeugung überreden, eine Vermisstenanzeige bei der Polizei aufzugeben.
00:13:11
Bei der Wache vereinbart der Beamte mit Aaron, dass er morgen nochmal wiederkommen soll, wenn sich Bianca bis dahin nicht gemeldet hat.
00:13:17
Aber Bianca meldet sich nicht. Sie ist spurlos verschwunden.
00:13:21
Im September 2000 sucht Aaron in einem Fernsehbeitrag bei Sat1, verzweifelt nach seiner Frau.
00:13:27
In dem Interview erzählt er, wie sehr er sich um Bianca und sein ungeborenes Kind sorgt.
00:13:33
Die Kamera begleitet ihn zu Hause und zeigt, wie er die Wäsche zusammenfaltet, die Bianca für das Baby besorgt hat.
00:13:38
Der Aufruf hilft nicht. Erst nachdem die Bild-Zeitung einen Artikel über Biancas Verschwinden veröffentlicht, melden sich drei Personen, die Bianca gesehen haben wollen.
00:13:46
Allerdings wertet die Polizei die Sichtung nicht als heiße Spur.
00:13:50
Ein Team rund um den Hauptkommissar Achim Tietz checkt bei den Ermittlungen auch ab, ob Aaron etwas mit dem Verschwinden von Bianca zu tun haben könnte.
00:13:59
Dazu untersuchen sie unter anderem die gemeinsame Wohnung kriminaltechnisch und befragen Aaron.
00:14:03
Spuren auf ein Gewaltverbrechen finden sie aber nicht. Und Aaron hat ein Alibi.
00:14:08
Haida bestätigt der Polizei, dass Aaron den Abend mit ihm verbracht hat und die beiden nach Mitternacht nochmal zu Arons Wohnung gefahren sind, um noch Zeug von ihm für die Nacht zu holen.
00:14:16
Biancas Verschwinden bleibt ein Rätsel.
00:14:19
Eigentlich glaubt niemand daran, dass sie einfach weggelaufen ist.
00:14:23
Abgesehen von dem Hund und dass das gar nicht ihre Art ist, gab es danach auch keine Bewegung mehr auf ihrem Bankkonto.
00:14:29
Außerdem hat sie sogar ihren Mutterpass zu Hause gelassen.
00:14:32
Aber weil Tietz und sein Team weder Hinweise noch Anhaltspunkte darauf haben, was mit Bianca passiert sein könnte, müssen sie die Ermittlung schlussendlich einstellen.
00:14:40
Das Einzige, was Aaron Tietz hat, ist ein seltsames Bauchgefühl, dass irgendetwas mit der Sache nicht stimmt.
00:14:48
Vier Jahre später gibt es einen Besetzungswechsel bei der Kripo.
00:14:53
Als der neue Chef Bernd Flake die Leitung übernimmt, richtet sein Vorgänger eine Bitte an ihn.
00:14:57
Es gibt da einen Fall, der ihn bis heute nicht losgelassen hat.
00:15:01
Der Fall der schwangeren Bianca, die von heute auf morgen spurlos verschwunden ist.
00:15:05
Wenn er die Kapazität habe, dann möge er sich doch bitte darum kümmern.
00:15:09
Bernd Flake ist als neuer Kripo-Chef vom Ehrgeiz gepackt.
00:15:12
Den Gefallen will er seinem Vorgänger gerne tun.
00:15:15
Für ihn ist das eine Frage der Ehre.
00:15:17
Also gründet er erneut eine Mordkommission.
00:15:19
Wieder soll sie von Tietz geleitet werden.
00:15:21
Und er macht sich gleich an die Arbeit.
00:15:24
Auch ihm lag der Fall noch sehr lange im Magen.
00:15:26
Einer seiner ersten Schritte ist, sich die Personaldaten von Aaron vorzunehmen.
00:15:31
Dort sieht er, dass dieser mittlerweile in Ostfriesland in der Stadt leer gemeldet ist.
00:15:35
Seine Akte liest sich nicht anders als von vor vier Jahren.
00:15:39
Erst vor kurzem ist er offenbar wegen eines Drogendelikts aufgefallen.
00:15:42
Beim Durchgehen der Unterlagen stößt Tietz auf etwas, das seine Aufmerksamkeit weckt.
00:15:48
Auf dem Foto, was dem Personalunterlagen von Aaron beiliegt und auch auf dem Ausweis ist, ist nicht Aaron drauf zu sehen, sondern Haider.
00:15:58
Also checken die ErmittlerInnen Haiders Unterlagen und sie finden heraus, dass Haider wegen mehrerer Straftaten 2001 in die Türkei ausgewiesen wurde.
00:16:07
Aber es scheint so, als hätte er sich dem nicht fügen wollen und würde jetzt in Leer unter Aarons Identität leben,
00:16:14
unter der er offenbar, auch unerkannt, wieder nach Deutschland eingereist ist.
00:16:19
Achim Tietz beschließt, Haider observieren zu lassen und findet heraus, dass seine Theorie stimmt.
00:16:24
Haider lebt unter Aarons Namen in Leer.
00:16:27
Um noch mehr herauszufinden, ordnet er an, die Kontobewegung in den vergangenen Jahren auszuwerten.
00:16:32
Dabei fällt auf, dass er immer wieder Geld von einem englischen Konto bekommen hat.
00:16:37
Und wer meinst du hält sich zu diesem Zeitpunkt in England auf?
00:16:41
Und Laura so, Britney Spears, ich weiß es nicht.
00:16:50
Er blieb nach den Ermittlungen erstmal in Augustdorf wohnen.
00:16:54
Aber die Gemeinde da ist nicht groß und unter den Nachbarn wurde geredet.
00:16:57
Und sie wussten, dass gegen Aaron ermittelt wurde.
00:16:59
Zwei Jahre später packte er seine Koffer und zog dann nach London.
00:17:03
Und da lebt er unter seinem italienischen Pass.
00:17:06
Den ErmittlerInnen wird klar, dass Haider die deutsche Staatsangehörigkeit von Aaron genutzt hat,
00:17:11
um wieder unbehelligt in Deutschland leben zu können und Aaron unter seiner italienischen nach England ausgewandert ist.
00:17:18
Beide sehen einigermaßen ähnlich aus und offenbar stellte niemand problematische Fragen.
00:17:24
Heider meldete also irgendwann seinen, also Aarons deutschen Pass als verloren.
00:17:28
Und bei der Beantragung der neuen Ausweispapiere legte er dann Bilder von sich selbst vor und offenbar fiel das niemandem auf.
00:17:36
Das reicht den ErmittlerInnen, um die beiden erstmal in Untersuchungshaft zu nehmen.
00:17:39
Tietz drängt sich der Gedanke auf, dass das Alibi, das Haider Aaron gegeben hat, falsch war und Aaron seinen Freund in den folgenden Jahren dafür belohnte.
00:17:48
Mit seiner Identität und Geld.
00:17:51
Sie fangen nochmal bei Bianca an.
00:17:54
Vielleicht finden sie ja die Leiche.
00:17:56
Das wäre für die Ermittlung von großer Bedeutung.
00:17:58
Immerhin könnten sich Spuren auf ihr befinden, die eindeutig auf Aaron weisen.
00:18:02
Also setzt die Kripo ziemlich viel in Bewegung.
00:18:05
Sie lässt sogar die Terrasse der ehemaligen Wohnung von Bianca und Aaron anheben.
00:18:08
Ein teurer und aufwendiger Akt.
00:18:11
Leider ohne Erfolg.
00:18:13
Bianca bleibt verschwunden.
00:18:14
Und das macht es für die Staatsanwaltschaft natürlich schwierig.
00:18:17
Ob sie Aaron so vor Gericht für den Tod seiner Frau verantwortlich machen können, ist mehr als fraglich.
00:18:22
Aber es dauert nicht lange.
00:18:24
Da kommt das fehlende Indiz für eine Anklage quasi selbst auf sie zu.
00:18:28
In Form eines Informanten.
00:18:31
Haider sitzt zusammen mit einem Mann in Untersuchungshaft, mit dem er sich von Anfang an gut versteht.
00:18:35
Die beiden sind sogar auf eigenen Wunsch in eine gemeinsame Zelle verlegt worden.
00:18:40
Der Mitinsasse ist genau wie Haider ein Kurde aus der Türkei.
00:18:43
Das Gemeinschaftsgefühl der beiden ist groß.
00:18:45
Und dieser Mitinsasse, der wendet sich an die Staatsanwaltschaft.
00:18:50
Er sagt, sein Zellennachbar Haider habe ihm interessante Informationen zugesteckt.
00:18:55
Haider habe ihm im Vertrauen erzählt, dass er in Untersuchungshaft sitze,
00:18:59
weil sein Freund dessen Frau namens Bianca umgebracht habe.
00:19:03
Die sei von ihm damals schwanger gewesen und er habe weder die Hochzeit noch ein Kind gewollt
00:19:08
und sie deswegen aus dem Weg geräumt.
00:19:10
In mehreren Vernehmungen des Mitinsassen wird klar, das ist nicht nur Gerede.
00:19:15
Der Informant verfügt über Täterwissen.
00:19:17
Er sagt außerdem, dass Haider ihm lachend erzählt habe, dass niemand jemals Biancas Leiche finden würde,
00:19:22
weil Aaron sie so gut versteckt habe.
00:19:24
Aber wo hat er nicht gesagt?
00:19:27
Die Staatsanwaltschaft leitet daraufhin ein Verfahren gegen Aaron ein.
00:19:32
Es gibt ihrer Meinung nach genug Indizien, die auf ihn hinweisen.
00:19:35
Beispielsweise, dass Aaron im Jahr 2002 einen Kredit aufgenommen und 10.000 Euro in Bar aufgehoben hat.
00:19:41
Die habe Aaron dann, so vermutet die Staatsanwaltschaft, Haider als Schweigegeld gezahlt.
00:19:47
Denn der ist zur gleichen Zeit unter der falschen Identität nach Deutschland gekommen.
00:19:52
Außerdem haben sie jetzt ein plausibles Motiv.
00:19:54
Bei seiner Einlassung hält Aaron an seiner Version fest.
00:19:57
Es habe einen Streit gegeben, daraufhin sei er zu Haider und die beiden seien nachts nochmal zur Wohnung von Aaron und Bianca gefahren.
00:20:03
Dort habe er Bianca getroffen.
00:20:05
Die habe gerade ferngesehen.
00:20:07
Haider habe in der Zeit unten im Auto auf ihn gewartet.
00:20:11
Dass Haider später seine Identität bekommen hat, war einfach ein Freundschaftsdienst, damit dieser nicht zurück in die Türkei gemusst habe.
00:20:17
Von den Mitinsassen behauptet Aaron, der würde Haider nur eins auswischen wollen, weil Haider mal was mit seiner Frau hatte.
00:20:22
Es gibt keine Hinweise darauf, dass das stimmt.
00:20:25
Außer, dass die Frau des zehn Nachbarn auch mal in der Heimeinrichtung gewohnt hatte, wie Haider und Bianca.
00:20:31
Der Mann gibt vor Gericht übrigens offen zu, dass er sich von seiner Petzerei Vorteile erhofft.
00:20:36
Beim Prozess werden sechs ZeugInnen vorgeladen.
00:20:40
Darunter auch Heimleiter Peter und Biancas Ex-Freund.
00:20:42
Alle sechs gehen davon aus, dass sie etwas zugestoßen sein muss.
00:20:46
Vor allem wegen Tina.
00:20:47
Wenn sie sich schon von ihrem Mann trennt, dann hätte sie doch erst recht nicht auch noch den Hund zurückgelassen.
00:20:52
Außerdem hatte sich Bianca so sehr eine Familie gewünscht.
00:20:56
Niemals wäre sie davon weggelaufen.
00:20:58
Die Staatsanwaltschaft führt außerdem an, dass Bianca immer sehr viel Wert auf die ärztlichen Untersuchungen des Babys gelegt hat.
00:21:04
Nach ihrem Verschwinden wurde Bianca in Deutschland nie wieder kassenärztlich behandelt.
00:21:09
Aaron hatte sich außerdem bei dem Vernehmung immer wieder in Widersprüche verstrickt.
00:21:13
Erst hatte er Bianca im Schlafzimmer zuletzt gesehen haben wollen.
00:21:16
Diese Geschichte änderte er aber wieder, nachdem er merkte, dass die hochgezogenen Jalousien dagegen sprachen, dass Bianca an diesem Abend zu Hause geschlafen hatte.
00:21:26
Und so kann das Gericht weder ein Mordmerkmal noch Tötungsvorsatz nachweisen.
00:21:30
Die Anklage ist so nicht haltbar.
00:21:32
Trotzdem verurteilt das Gericht ihn zu sechseinhalb Jahren Haft wegen Körperverletzung mit Todesfolge.
00:21:37
Man sieht es als erwiesen an, dass Aaron seine Frau in der Nacht auf den 7. Juni 2000 tötete.
00:21:41
Dass die Leiche bis heute nicht aufgetaucht ist, hält das Gericht für die Gesamtschaufel unbedeutend.
00:21:47
Aaron kannte sich in Augustdorf gut aus.
00:21:50
Er ist dort groß geworden und hätte sie überall verschwinden lassen können.
00:21:53
Haider kann keine Tatbeteiligung nachgewiesen werden.
00:21:57
Dieser Fall konnte letztendlich gelöst und verhandelt werden, weil die ErmittlerInnen nicht locker gelassen haben.
00:22:02
Weil sie Biancas Schicksal nicht losließ.
00:22:05
Und sie kämpfen auch noch für Bianca, nachdem Aaron schon verurteilt wurde.
00:22:08
Der Staatsanwalt, der damals das Verfahren gegen Aaron geführt hat, besucht ihn zwei Jahre später im Gefängnis.
00:22:14
Jetzt, da Aaron rechtskräftig verurteilt ist, würde ihm ein Geständnis nicht mehr schaden,
00:22:19
selbst wenn man durch seine Aussage auf einen Mord schließen könnte.
00:22:22
Zu Ungunsten eines Beschuldigten oder einer Beschuldigten, das wissen wir,
00:22:26
dürfte das Verfahren unter diesen Umständen nicht wieder aufgenommen werden.
00:22:30
Und das will der Staatsanwalt nutzen, um herauszufinden, wo sich Biancas Leiche befindet.
00:22:34
Aber Aaron bleibt bei seiner Geschichte.
00:22:37
Er würde auch gern wissen, wo sich seine Frau aufhält, sagt er dem Staatsanwalt.
00:22:41
Bianca hatte sich viel von der Zukunft mit Aaron versprochen.
00:22:46
Der hatte keine Lust auf das Leben, das Bianca mit ihm führen wollte.
00:22:50
Und deswegen nahm er ihres.
00:22:52
Dem Haider konnte keine Tatbeteiligung nachgewiesen werden, ne?
00:22:59
Und gegen Aaron hatten sie jetzt in der Hand, was Haider angeblich diesem Zellengenossen erzählt hat.
00:23:10
Dass er in seinen Aussagen sich immer wieder widersprochen hat und diese komischen Zahlungen an Haider.
00:23:18
Ja, und ganz viel Anzeichen natürlich dafür, dass Bianca niemals alleine weggegangen wäre, ne?
00:23:25
Und, genau, und sie haben jetzt so auch ein Motiv gehabt, was sie Aaron unterstellen konnten.
00:23:32
Also ich finde das ganz erstaunlich alles, weil man denkt sich so, okay, der Freund hat jahrelang von dem, wenn es so war, der Freund hat jahrelang Geld bekommen.
00:23:41
Und dann sitzt er im Gefängnis und dem fällt nichts Besseres ein, als seinem neuen Freund, den er seit zwei Wochen kennt.
00:23:47
Das zu erzählen, also es ist so, ja, wobei man dazu sagen muss, also die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Aaron eh davon ausging, dass Haider der unsichere Faktor in dieser Sache ist, weil der auch Drogen genommen hat und dann halt auch wieder straffällig wurde und so.
00:24:05
Und deswegen hatte offenbar, das konnten sie rekonstruieren am Ende, dass Aaron Haider ein paar Mal schon versucht hatte zu überreden, nach England zu kommen.
00:24:14
Und dazu kam es dann aber nicht, weil die beiden dann vorher festgenommen wurden, weil parallel halt diese neuen Ermittlungen liefen, wovon sie ja nichts wussten.
00:24:23
Haider hatte Aaron ja ein offenbar falsches Alibi gegeben und darum geht es jetzt in meinem Aha.
00:24:29
Wenn ich nachweisen kann, also nicht nur behaupten, sondern nachweislich belegen kann, dass ich mich zur Tatzeit nicht am Tatort befunden habe, dann habe ich ein Alibi.
00:24:39
Auch deswegen ist die Berechnung des Todeszeitpunkts oft so wichtig für die Ermittlungen.
00:24:44
Das wissen wir ja jetzt auch aus unserer Tod im Wasser Folge 52, weil dann eben manche Menschen ausgeschlossen werden könnten, wenn sie nachweislich in der Zeit woanders waren.
00:24:54
Es gibt zwei unterschiedliche Arten von Alibien.
00:24:57
Einmal das personelle, das heißt, dass jemand bezeugen kann, dass ich zum Tatzeitpunkt nicht am Ort war, weil die Person mich entweder zu der Zeit woanders gesehen hat oder eben mit mir Zeit verbracht hat.
00:25:08
So wie es bei Haider und Aaron der Fall war, wenn es denn gestimmt hätte.
00:25:12
Und dann gibt es das Technische.
00:25:14
Das kann beispielsweise sowas wie ein Blitzerfoto sein oder Aufzeichnung einer Überwachungskamera oder auch der Standort des Handys.
00:25:22
Bei beiden Alibis können sich aber natürlich Fehler einschleichen.
00:25:25
Also das Handy eines Beschuldigten oder einer Beschuldigten kann einer anderen Person mitgegeben worden sein, die sich dann zum Tatzeitpunkt woanders aufhielt.
00:25:33
Oder die Person, die das Alibi gibt, erinnert sich nicht richtig oder gibt dem Freund oder der Freundin eben ein falsches Alibi.
00:25:40
Wer jemandem ein falsches Alibi gibt, der macht sich beispielsweise wegen Strafvereitelung oder Falschaussage strafbar.
00:25:47
Also nur weil Haider jetzt keine Tatbeteiligung nachgewiesen werden konnte, heißt das nicht, dass der da völlig straffrei wegen des falschen Alibis rausging.
00:25:56
Beispiel, in Bad Tölz stand ein junger Mann wegen gefährlicher Körperverletzung vor Gericht und seine Frau bestätigte dem Gericht, dass er zur Tatzeit um ca. 1 zu Hause gewesen war, konnte aber nicht wirklich klar machen, warum sie sich da so sicher bei der Uhrzeit war.
00:26:09
Und im Verfahren kam dann raus, dass sie eine Falschaussage gemacht hatte und dafür wurde sie dann zu vier Monaten auf Bewährung verurteilt.
00:26:17
Also für mich, ich, die Richterin, sind solche Alibis, also diese personellen Alibis von Ehefrauen oder Ehemännern nicht so sonderlich überzeugend.
00:26:30
Weil ich denke, wenn man ein falsches Alibi irgendwem gibt, dann ja solchen Leuten.
00:26:36
Ja, aber jetzt stell dir mal vor, du warst dann halt wirklich nur mit mir unterwegs.
00:26:41
Und eine Richterin oder ein Richter würde das jetzt genauso sehen wie du und sagen, das ist doch hier ihre berufliche Partnerin.
00:26:47
Natürlich hat sie auch selber ein Interesse daran, dass die Wohlas nicht hinter Gittern kommt, weil dann ist die Geldquelle weg.
00:26:52
Und dann sagen die einfach, ja, okay, und deswegen ist das Alibi jetzt nichts wert.
00:26:58
Ja, aber auf jeden Fall nicht so viel wert.
00:27:02
Also ich meine, so ein technisches Alibi, wenn ich sehe auf einer Überwachungskamera, wie du da herumstolzierst.
00:27:09
Ja, und dann ist es was ganz was anderes, als wenn jetzt ich sage, Paulina war mit mir zusammen.
00:27:16
Ja, also da muss ich dir widersprechen, denn seit Columbo wissen wir eigentlich, dass man das auch faken kann.
00:27:22
Und zwar gab es da eine Folge, da gab es nämlich ein Blitzerfoto von einer Person, die irgendwie die Ehefrau umgebracht haben soll oder so.
00:27:30
Und Columbo hat später herausgefunden, dass das eine Maske war, weil, ja, weil der Schatten dann irgendwie komisch unter der Nase war oder so.
00:27:41
Und das war aber auch das Auto von der Person und so hat sich die Person ein falsches Alibi erschlichen.
00:27:46
Ich halte das für sehr realitätsnah, deswegen möchte ich das hier kurz einmal einwerfen.
00:27:52
Noch kurz, ein gescheitertes Alibi ist übrigens nicht automatisch ein Beweis für die Schuld eines Verdächtigen oder einer Verdächtigen.
00:27:59
Also wenn sich dann so ein personelles Alibi herausstellt, dass das nicht richtig war, dann heißt das noch nicht, dass der Beschuldigte oder die Beschuldigte das dann auch auf jeden Fall gemacht hat.
00:28:09
Ach so, und bevor die Frage jetzt kommt, ich weiß leider nicht, was aus Hündin Tina geworden ist.
00:28:15
Ich hab's mich auch gefragt.
00:28:17
Mein Fall erzählt von einer Hoffnung, die sich auf keinerlei sachliche Beweise stützt, aber dafür sorgt, dass nicht alles zusammenbricht.
00:28:28
Einige Namen habe ich geändert.
00:28:31
Und an dieser Stelle gibt's eine Triggerwarnung, denn in dem Fall geht es um sexuelle Gewalt an Jugendlichen.
00:28:37
Ihr Traum scheint zum Greifen nah.
00:28:41
Gerade hat Gina ein SMS von ihrer Castingagentur bekommen.
00:28:45
Ein Angebot für eine Statistinnenrolle in der Serie Türkisch für Anfänger.
00:28:48
Nur vier Wochen, nachdem sie in die Kartei aufgenommen wurde.
00:28:52
Im September 2006 wird gerade die zweite Staffel gedreht.
00:28:55
Der Hype in Deutschland ist groß und Gina Fan.
00:28:58
Sie hat es gespürt.
00:29:00
Ihr Ziel, Schauspielerin zu werden, rückt näher.
00:29:02
Also haben sich die etlichen Stunden vor dem Spiegel im Flur ausgezahlt, in denen sie mit ihrem bauchfreien Glitzertop bekleidet die Schritte aus ihren liebsten Bollywood-Filmen nachgetanzt und dazu gesungen hat.
00:29:14
In den nächsten Tagen gibt es jedenfalls kein anderes Thema in der Familie.
00:29:17
Mutter Wesna, Oma Veronika und die kleine Schwester Michelle werden dauerbeschallt.
00:29:22
Am Montag soll sich Gina nach der Schule bei der Agentur melden, um die Details zu besprechen.
00:29:28
Mittagabend überredet sie ihre Mutter noch, ihr eine Kur in ihre langen braunen Haare einzumassieren.
00:29:32
Eigentlich muss Wesna los.
00:29:34
Sie arbeitet im Drei-Schicht-Dienst als Reinigungskraft in der Charité und hat heute Nachtdienst.
00:29:39
Doch für ihre Tochter, die nicht aufhören kann, über ihren großen Traum zu sprechen, kommt sie etwas später, als sie sollte.
00:29:45
Als Gina am nächsten Morgen aufsteht, schläft ihre Mutter noch.
00:29:49
Deshalb macht Oma Veronika das Frühstück.
00:29:52
Am Tisch verspricht Gina ihr, dass sie spätestens um 14 Uhr von der Schule wieder zu Hause sein wird
00:29:57
und verabschiedet sich mit einem Luftkuss auf dem Weg zur Tür.
00:30:00
Doch das Versprechen hält die 14-Jährige nicht ein.
00:30:03
Als das Essen schon auf dem Tisch steht und die kleine Schwester anfängt zu nörgeln,
00:30:07
versucht es Oma Veronika auf Ginas Handy.
00:30:11
Doch niemand nimmt ab.
00:30:12
Ein paar Minuten später probiert sie es noch einmal.
00:30:15
Jetzt ist das Handy plötzlich aus.
00:30:17
Veronika findet es merkwürdig, doch möchte niemanden beunruhigen.
00:30:22
Deshalb erfährt Ginas Mutter vom Verschwinden ihrer Tochter erst,
00:30:25
als sie von ihrer Schicht nach Hause kommt, um 20.30 Uhr.
00:30:28
Ein Schock für Wessner.
00:30:30
Da stimmt doch etwas nicht.
00:30:32
Gina ist ein zuverlässiges Mädchen, das sich an Abmachungen hält.
00:30:35
Sofort telefoniert sich Wessner die Finger wund.
00:30:39
In der Schule war Gina noch.
00:30:40
Danach hat sie niemand mehr gesehen.
00:30:43
Bis zum nächsten Morgen bleiben Wessner und Veronika wach.
00:30:46
Doch Gina kommt nicht wieder.
00:30:47
Und so macht sich Wessner direkt morgens auf zur Polizei,
00:30:50
erstattet Vermisstenanzeige.
00:30:52
Von da aus läuft sie mit einem Foto ihrer Tochter durch die Straßen von Moabit.
00:30:56
Gegen Abend dehnt sie ihren Radius aus, bis zum Rotlichtviertel,
00:31:00
in der Angst, Gina könne in falsche Kreise geraten sein.
00:31:03
Doch nirgends eine Spur von der 14-Jährigen.
00:31:07
Schnell beginnt auch die Polizei mit ihrer Suche nach Georgine.
00:31:09
So heißt Gina eigentlich, doch wird sie von ihrer Familie nie so genannt.
00:31:13
Seit die BeamtInnen von Wessner gehört haben,
00:31:15
dass Georgine an diesem Tag bei der für sie so wichtigen Casting-Agentur anrufen wollte,
00:31:19
schließen sie ein freiwilliges Wegbleiben aus.
00:31:22
Ihre Suche beginnt in der Stendaler Straße.
00:31:25
Der Straße, in der die Familie wohnt.
00:31:27
Dabei erfahren sie, dass Georgine am Montag um 13.50 Uhr gesehen wurde,
00:31:32
wie sie an der Perleberger Straße-Eckerathen-Noah-Straße aus dem Bus der Linie M27 stieg.
00:31:38
Das bestätigen auch die Funkdaten.
00:31:40
Zu dem Zeitpunkt hatte sich Georgines Handy in die wohnbezogene Funkzelle eingeloggt.
00:31:45
Von dieser Bushaltestelle sind es für das Mädchen nur etwa 200 Meter nach Hause.
00:31:50
Zwei Minuten Fußweg.
00:31:52
Also, wo ist sie?
00:31:53
Um diese Frage zu beantworten, fahren die BeamtInnen in Lautsprecherwagen
00:31:58
mit Aufrufen in deutscher und türkischer Sprache durch die Straßen
00:32:01
und kleben mehr als 1.000 lebensgroße Fahndungsplakate an Häuserwände.
00:32:05
Die Polizei bittet um Mithilfe, steht dort.
00:32:08
Seit Montag, dem 25. September 2006, wird die 14-jährige Georgine vermisst.
00:32:13
Die Vermisste ist ca. 165 cm groß und sie hat dunkle, lange Haare.
00:32:18
Zuletzt war sie bekleidet mit einer modischen blauen Jeans mit Bleichflecken,
00:32:22
braunen halbhohen Stiefeln mit Absatz, einer weißen Jeansjacke.
00:32:26
Sie führte eine rosafarbene Umhängetasche Eastpack mit sich.
00:32:30
In den nächsten Wochen durchsucht die Polizei mehr als 200 Gebäude
00:32:34
und überprüft fast 150 Sexualstraftäter aus der näheren Umgebung.
00:32:38
Trotzdem ist Wessners Hoffnung, ihre Tochter lebend wiederzubekommen, groß.
00:32:44
Auch noch Monate nach ihrem Verschwinden.
00:32:46
An Weihnachten legt sie ihr deshalb den so sehnlichst gewünschten Computer unter den Weihnachtsbaum.
00:32:51
So wird es die nächsten Jahre weitergehen und alle Weihnachts- und Geburtstagsgeschenke werden unausgepackt in eine Kiste wandern.
00:32:59
Das Warten auf Gina macht Wessner krank.
00:33:01
Die Familie muss aus Moabit raus.
00:33:03
Wessner hält es dort nicht mehr aus.
00:33:05
Auch ihren Job muss sie aufgeben.
00:33:07
Ein Jahr lang schafft sie es nur für Interviews aus dem Bett, um ihre Tochter nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.
00:33:13
Wessner glaubt fest daran, dass irgendwer sie gesehen hat und einen Hinweis geben kann.
00:33:19
Diese Hoffnung hält sie am Leben.
00:33:20
Und Michelle, ihre zweite Tochter, die sechs Jahre alt ist, als ihre große Schwester spurlos verschwindet.
00:33:27
Wann immer Wessner anfängt zu weinen, ist Michelle zur Stelle.
00:33:30
Sie wird zum persönlichen Bespaßer, erzählt so lange Geschichten und Witze, bis die Mutter wieder lacht.
00:33:35
Dabei ist Michelle selbst oft nicht zum Lachen zum Mutter.
00:33:39
Denn mit dem 25. September 2006 nimmt auch ihre Kindheit ein abruptes Ende.
00:33:44
Seit diesem Tag wird sie nicht mehr aus den Augen gelassen.
00:33:47
Wessner und Oma Veronika wollen kein zweites Mädchen verlieren.
00:33:50
Und so wird Michelle zur Schule gebracht und wieder abgeholt.
00:33:53
Im Hof beim Spielen vom Fenster aus bewacht und ein Übernachten bei Freundinnen kategorisch ausgeschlossen.
00:33:58
Das Leben der Familie läuft jetzt in anderen Bahnen.
00:34:02
2009 gibt es dann nochmal Bewegung im Fall.
00:34:06
Die sechste Mordkommission Berlins, die sich mit dem Fall Georgine befasst, setzt Spürhunde ein.
00:34:11
Die führen die BeamtInnen von der Bushaltestelle, an der das Mädchen drei Jahre zuvor ausgestiegen war,
00:34:16
bis ins nördliche Berliner Umland.
00:34:18
30 Kilometer weit weg bis zum Schloss Damsmühle, einem alten Herrenhaus umgeben von einem 28 Hektar großen Areal.
00:34:26
Dort werden Gebäude und Seen durchsucht, alte Belüftungsschächte freigelegt und ehemalige Bunker geöffnet.
00:34:32
Doch Georgine findet man nicht.
00:34:36
Mittlerweile glaubt ihre Mutter fest daran, dass Gina irgendwo ein schönes Leben führt.
00:34:39
Vielleicht ist ihr Wunsch in Erfüllung gegangen.
00:34:42
Vielleicht ist sie irgendwo in Amerika oder Indien und dreht Bollywood-Filme.
00:34:46
Es ist ja ganz furchtbar.
00:34:48
Über das Verschwinden ihrer Tochter kann sie nicht mehr gut sprechen.
00:34:52
Es schmerzt zu sehr.
00:34:54
Deshalb übernimmt Michelle das für sie.
00:34:56
Da ist sie gerade einmal zwölf Jahre alt.
00:34:59
Michelle ist lange Zeit die Starke.
00:35:02
Und als Teenager fängt sie an zu rebellieren.
00:35:05
Möchte Dinge tun, die andere Mädchen in ihrem Alter auch dürfen.
00:35:08
Wessner weiß, dass sie zu sehr klammert.
00:35:11
Aber sie kann nicht anders und stößt ihre Tochter damit noch weiter von sich weg.
00:35:14
An einem Tag, mittlerweile ist es 2017, schleicht sich Michelle heimlich aus der Wohnung und fährt zu ihrem alten Zuhause in der Stendaler Straße.
00:35:22
Sie möchte sehen, wo sie damals gewohnt hat, als ihr Leben aus der Bahn geworfen wurde.
00:35:27
Da kriegt Wessner einen Anruf von der Polizei.
00:35:30
Sie wird gefragt, ob Michelle in der Stendaler Straße unterwegs sei.
00:35:34
Mehrere ZeugInnen hatten angerufen, die Gina lebend gesehen haben wollen.
00:35:38
So ähnlich sieht Michelle ihrer verschwundenen Schwester.
00:35:41
Die Beziehung zwischen Mutter und Tochter verschlechtert sich nach diesem Tag weiter.
00:35:45
Soweit, dass sich das Jugendamt einschalten muss, damit die Familie nicht endgültig zerbricht.
00:35:50
Ein Zusammenleben danach funktioniert zwar irgendwie.
00:35:52
Trotzdem zieht Michelle nur einen Tag nach ihrem 18. Geburtstag zu ihrem Freund
00:35:57
und lässt Mutter Wessner und Oma Veronika zurück.
00:36:00
Im April 2018 geht ein weiterer Hinweis
00:36:03
bei der Mordkommission ein.
00:36:04
Bis dato sind die PolizistInnen 224 Hinweisen nachgegangen.
00:36:08
Von besorgten NachbarInnen, von Personen, die Georgine noch Jahre später lebend gesehen haben wollen
00:36:13
und von SeherInnen.
00:36:15
Jetzt ist da also Hinweis Nummer 225.
00:36:19
Ein anonymer Anruf, in dem ein Mann die angeblichen Geokoordinaten von Georgines Leichnam durchgibt.
00:36:25
Sofort wird ein Suchtrupp eingesetzt, der das genannte Waldstück durchkämmt.
00:36:29
Doch von Georgines Leiche keine Spur.
00:36:31
Die Polizei will den anonymen Anrufer identifizieren und wendet sich deshalb an die Bevölkerung.
00:36:36
In einer Spezialausgabe von Aktenzeichen XY umgelöst wird der Fall noch einmal ausführlich erzählt
00:36:41
und der anonyme Anruf abgespielt.
00:36:43
In der Sendung sitzen auch Wesner und Michelle.
00:36:45
Sie sind sich nach Michels Auszug wieder näher gekommen, geben sich gegenseitig Halt.
00:36:49
Moderator Rudi Zerne fragt Wesner,
00:36:52
Wenn ich das richtig verstanden habe, ist da nicht nur ein Funken Hoffnung,
00:36:56
sondern sie glauben ganz fest daran, dass Georgine noch lebt.
00:36:59
Ich glaube fest daran, sagt die Frau, deren Haare in den letzten zwölf Jahren deutlich ergraut sind
00:37:04
und unter deren Augen sich tiefe, dunkle Ringe gegraben haben.
00:37:08
Zwei Monate nach der Sendung klingelt Wesners Handy.
00:37:11
Schon um sieben Uhr morgens.
00:37:13
Da sitzt sie gerade mit einem Kaffee im Wohnzimmer.
00:37:16
Draußen ist es noch dunkel.
00:37:17
Es ist die Polizeipsychologin.
00:37:20
Sie sagt, sie stehe unten vor der Tür und fragt, ob sie hochkommen dürfe.
00:37:23
Haben sie Gina endlich gefunden?
00:37:27
Aber den Mann, der sie getötet haben soll.
00:37:30
Am 4. Dezember 2018 wird Erkan S. festgenommen.
00:37:36
Er steht unter dringendem Verdacht, Georgine vergewaltigt und ermordet zu haben.
00:37:39
Erkan ist Familienvater und 44 Jahre alt.
00:37:43
Der schmächtige Mann mit graumeliertem Haar und braunen Augen
00:37:46
lebt mit seiner Familie in der Stendaler Straße.
00:37:49
Nur ein paar Häuser entfernt von Georgines altem Zuhause.
00:37:52
Er ist in Berlin geboren, mit vier Geschwistern bei seinen Eltern aufgewachsen.
00:37:56
Nach seinem Hauptschulabschluss jobbte er als Hausmeister, Reinigungskraft und Bauhelfer.
00:38:01
Doch seitdem er 25 Jahre alt ist, lebt er hauptsächlich von Hartz IV.
00:38:05
In der Nachbarschaft ist er bekannt.
00:38:07
Auch Wessner kennt ihn vom Sehen.
00:38:09
Denn seine Tage verbringt Erkan entweder in einem Café,
00:38:12
auf seinem Balkon oder im Keller, der zur Wohnung der Familie S. gehört.
00:38:16
Im Jahr 2005 fällt Erkan der Polizei das erste Mal auf.
00:38:20
Damals hatte er versucht, eine Zehnjährige in sein Auto zu locken.
00:38:23
Die Eltern zeigen den Mann an, doch das Verfahren wird eingestellt.
00:38:27
Als Georgine ein Jahr später verschwindet, wird er daher nur als Nachbar befragt.
00:38:32
Von der Anzeige wissen die ermittelnden Beamtinnen nichts.
00:38:36
2011 lockt Erkan wieder ein Mädchen an.
00:38:38
Eine 17-Jährige, die gegenüber in einer Wohngruppe für Jugendliche wohnt.
00:38:41
Er fragt sie, ob sie ein Handy haben möchte.
00:38:44
Klar möchte sie.
00:38:45
Deshalb steigt sie mit ihm die Kellertreppen hinunter in sein zweites Zuhause.
00:38:49
Dort schlägt er sie unvermittelt von hinten nieder und versucht, sie zu vergewaltigen.
00:38:54
Das Mädchen weint und erklärt ihm, dass sie noch Jungfrau ist.
00:38:57
Sie fläht ihn an und verspricht, ihn nicht zu verraten.
00:39:01
Da lässt Erkan von ihr ab.
00:39:02
Das Mädchen geht trotzdem zur Polizei.
00:39:04
Dort spricht die 17-Jährige auch den Fall Georgine an.
00:39:07
Sagt, dass sie sich vorstellen könnte, dass Erkan auch ihr etwas angetan haben könnte.
00:39:11
So etwas dürfe man nicht behaupten, ohne Beweise dafür zu haben, wird ihr gesagt.
00:39:16
Und damit ist die Sache abgehakt.
00:39:19
Wegen der versuchten Vergewaltigung bekommt Erkan ein Jahr und acht Monate Haft auf Bewährung.
00:39:24
Damit ist er ab 2011 ein freier und aktenkundiger Sexualstraftäter.
00:39:30
Doch die sechste Mordkommission wird nicht benachrichtigt.
00:39:33
Weder über die versuchte Vergewaltigung, noch über den Hinweis auf Georgine.
00:39:36
Erst fünf Jahre später, im April 2016, haut man dort davon und nimmt Erkan unter die Lupe.
00:39:42
Da ist Georgine seit fast zehn Jahren verschwunden.
00:39:45
Zunächst werden die Funkdaten von Erkans Handy überprüft.
00:39:49
Die Daten vom 25. September 2006 ergeben, er war zum Zeitpunkt von Georgines Verschwinden im selben Funkzellenbereich eingeloggt.
00:39:57
Aber Erkan wohnte auch damals schon in der Stendaler Straße.
00:40:00
Das heißt also nichts.
00:40:01
Daraufhin werden die Telefone der Familie erst überwacht, tausende Gespräche mitgeschnitten.
00:40:06
Ein Verdacht erhärtet sich.
00:40:08
Doch Beweise hat die Polizei nicht.
00:40:10
Und so entscheiden sie sich zu einem ungewöhnlichen Schritt.
00:40:14
Dem Einsatz von verdeckten ErmittlerInnen.
00:40:17
Und so wird Hakan geboren.
00:40:19
Ein Geschäftsmann aus Frankfurt am Main, der im Juni 2017 nach Moabit zieht, um dort Reinigungsmittel in großem Stil zu verkaufen.
00:40:26
Hakan mietet eine Wohnung in der Rathenower Straße an, die nur fußläufig von der Haltestelle entfernt ist, an der Georgine das letzte Mal lebend gesehen wurde.
00:40:35
Der verdeckte Ermittler setzt sich in Restaurants und Cafés, lässt sich in Moabit blicken und knüpft Kontakte.
00:40:41
Nach ein paar Wochen taucht neben ihm sein Geschäftsfreund und Cousin mütterlicherseits Cara auf.
00:40:46
Der zweite Ermittler.
00:40:47
Cara ist sportlich, attraktiv und vermögend, aber auch kriminell.
00:40:52
Es dauert nicht lange, bis sich die beiden Männer und Erkan das erste Mal begegnen.
00:40:57
Sie lernen sich kennen, sind sich sympathisch.
00:40:59
Im November gibt Erkan Hakan seine Nummer.
00:41:01
Kurz Zeit später lädt er ihn sogar zu sich nach Hause ein.
00:41:04
So lernt der Undercover-Polizist Erkans Frau Gülcan kennen, die er fragt, ob sie sich um seine Freundin Susann kümmern würde.
00:41:11
Gülcan sagt zu, möchte Susi türkisch kochen beibringen.
00:41:15
Und damit ist der Weg der drei verdeckten ErmittlerInnen in die Familie S. geebnet.
00:41:20
Sie werden Teil von Erkans Leben, treffen sich regelmäßig zum Kaffee trinken und essen.
00:41:25
Auch zu gemeinsamen Ausflügen.
00:41:27
Sie spielen Mensch, ärger dich nicht auf dem Balkon.
00:41:29
Fahren mit Erkans ältesten Sohn in Caras Mercedes rum und verschenken Spielzeug und Kleidung an die Familie.
00:41:34
Die drei Männer hängen auch alleine ab.
00:41:36
Dann stehen immer wieder Bordellbesuche auf dem Plan.
00:41:39
Erkan freut sich über seine neuen Freunde und mit der Zeit baut er echtes Vertrauen zu ihnen auf.
00:41:45
Und dann vertraut Cara ihm ein dunkles Geheimnis an.
00:41:48
Währenddessen läuft wie so oft ein Tonbandgerät mit.
00:41:51
Cara habe Angst, dass seine Freundin ihn erpressen wolle.
00:41:55
Sie habe nämlich herausgefunden, dass er seinen alten Geschäftspartner umgebracht habe und das könne sie auch beweisen.
00:42:00
Deshalb müsse er seine Freundin jetzt loswerden.
00:42:03
100.000 Euro wäre ihm das wert.
00:42:05
Als Erkan von der Summe hört, bietet er seine Hilfe an.
00:42:08
Er sei für den Job qualifiziert, erzählt er, denn er habe selbst bereits einen Menschen getötet.
00:42:17
Doch Erkan hält sich bedeckt.
00:42:19
Jetzt wissen die ErmittlerInnen, dass sie auf der richtigen Spur sind.
00:42:23
Sie versuchen daher bei jeder Gelegenheit, das Gespräch auf den Fall Georgine zu lenken.
00:42:27
So wird im Oktober 2018 wahrscheinlich gerade deshalb der Fall bei Aktenzeichen XY platziert,
00:42:32
wo der Hauptkommissar so tut, als gäbe es bisher keinen Verdächtigen.
00:42:36
Man will Erkan nicht warnen, aber Möglichkeiten schaffen, ihn mit dem vermissten Mädchen zu konfrontieren.
00:42:41
Und wann immer sie es tun, bemerken sie, dass er auffällig nervös reagiert.
00:42:46
Knab drei Wochen nach der Ausstrahlung ist Erkan mit Cara auf dem Weg nach Frankfurt.
00:42:50
Zu dem Zeitpunkt kennen sie sich schon fast eineinhalb Jahre.
00:42:53
Die beiden Männer sitzen zusammen in Caras Mercedes, gehen essen und ins Bordell.
00:42:58
Sechs Stunden lang quatschen sie, auch über ernste Themen.
00:43:01
Da kommen sie nochmal auf die Menschen zurück, die sie getötet haben wollen.
00:43:05
Und jetzt erzählt Erkan, wer sein Opfer war.
00:43:10
Cara bekommt die ganze Geschichte zu hören.
00:43:14
Eine Dreiviertelstunde lang.
00:43:16
Erkan sei verrückt nach dem Mädchen gewesen.
00:43:19
Er erzählt, dass sie sich vom Hallo-Sagen her gekannt hätten.
00:43:22
Dass er wusste, wann sie von der Schule nach Hause käme.
00:43:24
Und wie er sich am 25. September 2006 und kurz vor 14 Uhr mit Tüten vor seinem Haus positioniert habe.
00:43:31
Als er Georgine gesehen habe, habe er ihr zugezwinkert und sie angesprochen.
00:43:35
Habe gefragt, ob sie ihm helfen könne, seine Tüten in den Keller zu tragen.
00:43:39
Dafür bekäme sie auch ein paar Euro.
00:43:41
Sie habe gesagt, kein Problem.
00:43:43
Als Georgine dann in seinem Keller gestanden habe, sei er durchgedreht.
00:43:48
Er habe die Tür geschlossen, das Licht ausgeschaltet und sie dann von hinten geschlagen.
00:43:52
So fest, dass Georgine bewusstlos wurde.
00:43:54
Erkan erzählt, wie er das reglose Mädchen vergewaltigt und anschließend erwürgt habe.
00:44:00
Er beschreibt genau, wie viel Kraft er dafür eingesetzt habe, erzählt minutiös und detailliert die Geschehnisse im Keller nach.
00:44:07
Entsorgt habe er die Leiche, indem er sie in einen Teppich und Mülltüten eingewickelt und in den großen Container auf dem Hof geworfen habe.
00:44:14
Ihr Handy habe er mit einem Hammer zertrümmert und die Reste davon die Toilette heruntergespült.
00:44:18
Den Ausweis zerschnitten und Tasche, Stiefel und Kleidung in einen Altkleidercontainer geworfen.
00:44:23
Als Erkan kurz nach der Tat Georgines Mutter auf der Straße begegnete, will er die Tat bereits bereut haben.
00:44:29
Das alles nur für diese fünf Minuten, da hat mich der Teufel geritten, sind die Worte, die der verdeckte Ermittler mitschneidet.
00:44:36
Erkan erinnert sich auch noch daran, dass er sich beinahe mal bei seiner Frau verplappert habe.
00:44:40
Dann nämlich, als der anonyme Anrufer im April die Koordinaten von Georgines Grab bei der Polizei durchgegeben hatte.
00:44:46
Da habe er gesagt, was ist das für ein Spinner?
00:44:49
Sie ist doch gar nicht im Wald, sondern auf der Müllhalde.
00:44:52
Als Erkan aufgrund dieses Geständnisses Anfang Dezember 2018 verhaftet wird, erklärt er der Polizei, er habe nur behauptet, schon einmal jemanden getötet zu haben, damit Cara ihm vertraue.
00:45:02
Das seien alles Lügen gewesen.
00:45:04
Er habe Georgine gar nicht gekannt, nicht mal vom Sehen.
00:45:07
Erkan meint auch, er habe das alles nur gesagt, um an die 100.000 Euro zu kommen.
00:45:11
Aber nicht, weil er wirklich vorgehabt habe, die Freundin von Cara zu töten, sondern weil er damit zur Polizei gegangen wäre.
00:45:18
Weil Erkan nicht geständig ist, hält Wesna weiter an ihrer Hoffnung fest.
00:45:23
Die Hoffnung, ihre Tochter könnte doch noch leben.
00:45:25
Es könnte doch sein, dass Gina von der Vergewaltigung so geschockt war, dass sie weggelaufen ist und sich nun nicht mehr nach Hause traut.
00:45:33
Wesna wäre ihr nicht eine Sekunde böse.
00:45:36
Solange Erkan vor Gericht nicht gesteht, wird es kein Ende für sie geben.
00:45:39
Sie kann die Hoffnung nicht aufgeben.
00:45:42
Vielleicht, weil sie dann verrückt werden würde, weil es einfacher ist, für eine Mutter zu glauben, das Kind könnte woanders ein glückliches Leben angefangen haben, als dass es vor Jahren vergewaltigt, getötet und auf eine Müllhalde geworfen wurde.
00:45:54
Das ist ja auch irgendwie verständlich.
00:45:56
Und so geht Wesna mit großen Zweifeln in den Prozess.
00:46:01
Der beginnt der Angeklagte, der Angeklagte trägt ein kariertes Hemd, als er seine Familie auf der Zuschauerbank eine Kusshand zuwirft.
00:46:16
Er wirkt unbekümmert.
00:46:17
An seiner Seite stehen zwei Verteidiger.
00:46:19
Ihnen gegenüber drei RechtsanwältInnen, die die Familie von Georgine vertreten.
00:46:24
Es geht um schwere Vergewaltigung und Mord zur Verdeckung einer anderen Straftat.
00:46:29
Und es wird ein Indizienprozess.
00:46:31
Ein Prozess, in dem es keine Leiche gibt, keine DNA-Spuren, keine Tatwaffe, keine ZeugInnen.
00:46:36
Aber ein Geständnis, von dem der Angeklagte allerdings behauptet, es sei nicht wahr.
00:46:40
Das gilt es zu beweisen oder eben zu widerlegen.
00:46:43
Mehr als 80 ZeugInnen sollen dabei helfen.
00:46:46
Darunter mehrere junge Frauen, die Erkans Charakter beschreiben.
00:46:49
Aufdringlich, unheimlich, eklig.
00:46:52
Sie sprechen von einem Mann, der nach jungen Frauen Ausschau hält, sie anspricht und anzügliche Bemerkungen macht.
00:46:58
Jungen Mädchen Kuscheltiere verspricht, den älteren Handys oder Drogen, wenn sie ihm in seinen Keller folgen.
00:47:03
Eine der ZeugInnen erzählt, dass Erkans sie gefragt habe, ob sie schon mal jemanden geküsst oder Sex gehabt habe
00:47:09
und sich dann selber als Partner angeboten.
00:47:11
Da war sie gerade einmal 13 Jahre alt.
00:47:14
Während solcher Aussagen schüttelt der Angeklagte kaum merklich den Kopf,
00:47:19
streicht sich mit dem Daumen über den Handrücken, als würde er sich selbst beruhigen wollen.
00:47:23
Der psychiatrische Sachverständige, der als nächstes in den Zeugenstand gerufen wird, erklärt,
00:47:28
Wenn es Erkans war, dann, weil es ihm auf der einen Seite um Sexualität ging und auf der anderen Seite um Dominanz,
00:47:34
um aus dem Schatten des armen Würstchens herauszutreten, so seine Worte.
00:47:38
Erkans sei der freundliche, hilfsbereite Nachbar- und Familienvater und gleichzeitig der dissoziale Gewalttäter,
00:47:43
der sich die Schwächsten aussuche, um Sex und Macht auszuleben.
00:47:47
Der nächste Sachverständige ist Rechtsmediziner Michael Zockos.
00:47:51
Er soll seine Einschätzung zum Wahrheitsgehalt des Geständnisses abgeben.
00:47:55
Hä? Aber der Zockos ist doch Rechtsmediziner, oder?
00:47:59
Also, wieso soll der jetzt was zum Wahrheitsgehalt der Aussage sagen?
00:48:04
Ja, also, der soll einschätzen, ob das, ja, dieses angebliche Geständnis,
00:48:08
Täterwissen beinhaltet, in Bezug auf die Tat an sich.
00:48:12
Und er sagt halt, Erkan habe die Tat so detailliert geschildert
00:48:16
und hat erzählt, wie viel Kraft es braucht und wie der Körper von Georgin reagiert hat.
00:48:20
Sowas könnte man nicht im Internet nachlesen, mein Zockos.
00:48:24
Die Verteidigung spricht indes von einer Selbstbelastungsprovokation durch die verdeckten ErmittlerInnen.
00:48:30
Erkan habe gelogen, um Cara zu gefallen.
00:48:32
Sie bitten Erkans Familie in den Zeugenstand.
00:48:35
Efra Gulcan steht voll und ganz hinter ihrem Mann,
00:48:38
versichert den Anwesenden, dass er kein gewalttätiger Mensch sei.
00:48:42
Die Staatsanwaltschaft kann ihre Aussagen in Zweifel ziehen,
00:48:45
indem sie zwei Mitschnitte von Telefonaten präsentiert.
00:48:48
Darin hört man Gulcan, einer Freundin gegenüber, sagen,
00:48:51
ich habe Angst um meine Kinder.
00:48:52
Und dass sie ihren Sohn gebeten hat, darauf zu achten,
00:48:55
Erkan niemals mit ihren Töchtern allein zu lassen.
00:48:57
Üh, und dann muss sie ihn noch schützen, jetzt.
00:49:02
Und in einem anderen Telefonat hört man sie Erkan anbrüllen,
00:49:05
was hast du für eine Dreckigkeit in dir, du bist nicht normal.
00:49:09
Danach sagt Gulcan nichts mehr.
00:49:11
Dafür möchte ihr Sohn aussagen.
00:49:14
Er ist 22 Jahre alt und Polizist.
00:49:16
Er ist für mich der perfekte Vater.
00:49:19
Er hat nie die Hand erhoben.
00:49:21
Ich habe alles bekommen, auch meine Schwestern, erklärt er.
00:49:25
Das ist ein Originalzitat und er meint damit,
00:49:28
dass seine Schwestern und er alles bekommen haben,
00:49:30
was sie wollten, sozusagen.
00:49:32
Nicht, dass er seine Schwestern bekommen hat.
00:49:36
Erkan habe ihm gegenüber geschworen, Georgine nicht getötet zu haben und er glaubt ihm.
00:49:41
Er ist eben der Vater, fügt er hinzu.
00:49:45
Auch Wessner tritt in den Zeugenstand.
00:49:47
Als der Richter sie fragt, ob es stimme, dass sie immer noch Hoffnung habe, dass Georgine lebt,
00:49:52
Darauf entgegnet er in sanften Ton.
00:49:55
Sie haben keinen sachlichen Grund, der das Gefühl trägt.
00:49:59
Das ist richtig, es gibt keinen sachlichen Grund.
00:50:01
Aber Wessner hat eben ein Gefühl.
00:50:03
Das Gefühl, dass seit dem 25. September 2006 in ihr wohnt und dass sie nicht loslassen will.
00:50:09
Aber mein Kind, sagt sie noch.
00:50:11
Dann ist ihre Befragung zu Ende.
00:50:14
Am 17. März 2020 wird das Urteil im Fall Georgine gesprochen.
00:50:19
Mehr als 13 Jahre nach ihrem Verschwinden.
00:50:22
RKN S. bekommt eine lebenslange Haftstrafe.
00:50:25
Das Gericht ist überzeugt, dass er Georgine vergewaltigt und ermordet hat.
00:50:29
Es kommt zu dem Schluss, dass sein Wissen nur der Täter haben kann.
00:50:32
Dass sein Geständnis auf tatsächlichen Erlebnissen beruht.
00:50:35
Für Wessner ist der Tag der Urteilsverkündung ein weiterer trauriger Tag.
00:50:40
Für sie wäre es einfacher gewesen, wenn er die Tat zugegeben hätte.
00:50:43
Dann wäre es leichter, die Hoffnung loszulassen.
00:50:46
Die Hoffnung, die sie immer getragen hat, aber auch daran gehindert hat, nach vorne zu blicken.
00:50:51
Wessner nimmt sich fest vor, das jetzt zu tun.
00:50:53
Jetzt, nach Abschluss dieses Verfahrens.
00:50:56
Jetzt, wo ihr alle sagen, Gina ist tot und ihr Mörder endlich hinter Gittern.
00:51:00
Sie nimmt sich fest vor, den letzten Funken selbst zu löschen.
00:51:05
Ja, und das ist ihr ja zu wünschen, also dass sie das irgendwann macht, schon allein für ihren Seelenfrieden.
00:51:12
Aber es ist natürlich so schwierig, wenn man keine Leiche hat und dann auch der Verurteilte nicht zugibt, dass es so ist.
00:51:24
Dann ist es natürlich schwer.
00:51:28
Also es ist wirklich ein abgefahrener Fall, ja, weil sich am Ende das natürlich doch nur auf diese verdeckten Ermittler stützt.
00:51:35
Und ich meine, selbst wenn Zorkos sagt, Erkan hatte Täterwissen, wie man einen Menschen umbringt, dann heißt das ja noch nicht, dass er dann auch wirklich Georgin umgebracht hat.
00:51:47
Also als Verteidigung hätte ich jetzt ja argumentiert, dass er seine neuen Freunde beeindrucken wollte oder so, weil die ja offenbar sehr an Georgins Fall interessiert waren auch.
00:51:58
Ja, ich weiß nicht, ich denke mir halt, wenn man eine Dreiviertelstunde, klar, es könnte auch ein anderes Mädchen gewesen sein, ja, aber er hat ja ganz genau beschrieben und es liegt halt so nah, weil sie musste von dieser Bushaltestelle bis zu ihrem Zuhause, sind fünf Häuser oder so und eins davon war seins.
00:52:20
Und da muss sie vorbeigegangen sein.
00:52:22
Es passt halt alles so gut zusammen, ne?
00:52:25
Ja, also ich argumentiere ja auch gar nicht für Erkan.
00:52:29
Ich finde, das als Grundlage nur etwas dünn.
00:52:33
Was wiederum gegen Erkan spricht, ist natürlich, dass er dem Ermittler erzählt hat, dass er seine Tat bereut hat, als er Georgins Mutter gesehen hat.
00:52:42
Und das würde natürlich, also gehe ich jetzt mal davon aus, würden natürlich die wenigsten Leute machen, wenn sie gerade angeben wollen.
00:52:50
Ja, das war auch so ein ausschlaggebender Punkt für das Gericht, also, dass er so über seine Gefühle gesprochen hat.
00:52:55
Er hat dem Ermittler nämlich auch gesagt, dass er keinen Spaß daran hatte.
00:53:00
Und sowas würde auf eine echte Erfahrung schließen.
00:53:03
Was ich mir halt denke, gut, die haben eineinhalb Jahre daran gearbeitet, dass es dazu kam und es kam dann auch letztendlich dazu.
00:53:12
Das ist ein Erfolg in der Ermittlungsarbeit.
00:53:15
Aber davor denkt man sich halt auch so, hätte es halt auch ein bisschen besser laufen können.
00:53:19
Wieso reden die Polizeidirektionen nicht mal miteinander?
00:53:23
Es ist ja seit 2011 bekannt, dass Erkan ein Sexualstraftäter ist, der 2006, als Jorgin verschwand, drei Häuser weitergewohnt hat.
00:53:32
Und dieser Spur geht man aber erst 2016 nach.
00:53:35
Das ergibt für mich halt keinen Sinn.
00:53:37
Aber das Besondere in dem Fall war ja der Einsatz von diesen verdeckten ErmittlerInnen.
00:53:43
Und das hatten wir so ja auch noch gar nicht im Podcast.
00:53:46
Und deswegen handelt mein Aha jetzt davon.
00:53:49
Verdeckte ErmittlerInnen sind speziell ausgewählte und ausgebildete PolizistInnen.
00:53:53
Und wichtig ist, es handelt sich dabei nicht um V-Männer oder Frauen.
00:53:57
Die werden ja auch Vertrauenspersonen genannt und die sind keine ErmittlerInnen.
00:54:02
Das sind Privatpersonen, die dann schon aus diesem Milieu stammen, aus dem man sich dann jetzt Informationen erhofft.
00:54:09
Und für solche Personen müssen dann keine neuen Identitäten erschaffen werden.
00:54:12
Die sind ja schon da, wo man sie haben will.
00:54:14
Das Einzige, was die Behörden hier bei V-Personen tun müssen, ist ihnen für ihre Informationen Geld bezahlen.
00:54:20
Bei verdeckten ErmittlerInnen ist das anders.
00:54:23
Für sie müssen komplett neue Charaktere und Lebensläufe kreiert werden.
00:54:27
Und dann werden sie eingesetzt, um Verbrechen aufzuklären.
00:54:31
Das passiert aber dann jetzt nicht beim Ladendiebstahl, sondern nur bei Straftaten von erheblicher Bedeutung.
00:54:37
Sie dürfen aber nur dann eingesetzt werden, wenn genügend Anhaltspunkte für eine Täterschaft vorliegen und wenn die Aufklärung auf andere Weise aussichtslos oder viel schwieriger wäre.
00:54:50
Undercover-PolizistInnen sind aber nicht nur da, um Verbrechen aufzuklären, sondern auch, um sie zu verhindern.
00:54:56
Also bei der Gefahrenabwehr, wie das zum Beispiel der Plan war bei dem NSU, aber so gar nicht funktioniert hat.
00:55:04
Und da wird das rechtlich als besonderes Mittel der Datenerhebung gezählt, um zum Beispiel Informationen zu geplanten Anschlägen zu bekommen oder irgendwie Strukturen in so Mafia-ähnlichen Systemen.
00:55:18
Und egal, welcher Arbeit sie nachgehen, wichtig ist, dass sie sich an Regeln halten, damit die Informationen, die sie kriegen, auch später vor Gericht verwendet werden dürfen.
00:55:27
Und dabei kommen sie manchmal aber auch in brenzlige Situationen, wo sie möglicherweise Straftaten begehen müssten.
00:55:36
Also zum Beispiel jetzt, je nachdem, in welche Kreise sie kommen, also wenn es jetzt zum Beispiel um Banden geht und da irgendwie eine Mutprobe verlangt wird oder so und man dann halt da mitmacht und da halt dann so bei so zwielichtigen Dingen mitmacht.
00:55:50
Ja, also wenn sie jetzt zum Beispiel in so Kreisen sind, stelle ich mir vor, wo es halt auch viel um große Drogengeschäfte oder so geht, dann dürften die ja schon die Drogen auch verkaufen, oder?
00:56:02
Genau, Drogen kaufen oder verkaufen, um sozusagen ihre Fake-Identität aufrecht zu erhalten.
00:56:09
Das dürfen sie aber auch nur, wenn das, also es muss alles ganz konkret vorher abgesprochen werden.
00:56:16
Was sie zum Beispiel seit 2015 nicht mehr offiziell dürfen, ist Leute zu Straftaten zu drängen, also wie eben dem Kaufen von Drogen.
00:56:25
Das hat damals nämlich der BGH entschieden und da ging es um einen Fall, bei dem zwei Drogendealer freigesprochen wurden, weil sie von verdeckten Ermittlern zum Kauf von großen Mengen Drogen gedrängt worden waren.
00:56:39
Also sowas geht nicht, was ja irgendwie auch Sinn macht, wenn man zu etwas gedrängt wird von der Polizei selbst, ist es irgendwie auch ein bisschen…
00:56:47
Ja, ja, das ergibt schon Sinn, das verstehe ich, ja.
00:56:50
Also in der Strafprozessordnung steht jetzt nicht, Straftaten sind erlaubt, das wäre natürlich ein bisschen…
00:56:56
Nein, nein, nein, nein. Ich glaube auch, dass man dem dann halt einfach nicht so nachgeht am Ende, ne?
00:57:02
Genau, genau. Was da nämlich nur drin steht, ist, dass so gefälschte Unterlagen…
00:57:06
Ja, das brauchen die, ja.
00:57:07
Dass das okay ist, um diese Fake-Identität halt aufrecht zu erhalten, also zum Beispiel jetzt einen gefälschten Pass oder so.
00:57:13
Ja, und wenn man jetzt so, das war bei mir zumindest so, als ich jetzt von diesem Fall erfahren habe und das halt so wie am Schnürchen ja quasi gelaufen ist
00:57:22
und der so ein dreiviertelstunde langes Geständnis da abgelegt hat, denkt man natürlich erstmal so, wie cool ist das?
00:57:30
Ja, ich glaube, das denkt man nicht. Also ich würde das nie denken, weil ich hätte die ganze Zeit so Angst, dass mir jemand auf die Schliche kommt, ja?
00:57:40
Oder ich mich verplappere mit meiner Fake-Identität, weil du kannst ja deine Person nicht so ganz einfach so ausschalten, ne?
00:57:50
Also ich hätte immer Angst, dass die richtige Paulina dann irgendwann durchkommt und ich mich irgendwie verrate, so.
00:57:55
Oder irgendwann eine dissoziative Identitätsstörung kriege, weil ich immer hin und her switche zwischen Paulina und Magdalena.
00:58:04
Ich will irgendeinen feurigen Undercover-Namen.
00:58:12
Ja, nee, absolut. Ich meine, als Außenstehender, wenn du das hörst, wie gut das funktioniert hat, denkt man sich so, geile Ermittlungsarbeit.
00:58:20
Aber eben, wie du sagst, es ist ja total anspruchsvoll und du musst SchauspielerIn und PolizistIn in allem halt sein.
00:58:28
Und natürlich wollte ich jetzt auch für mein Aha mit so jemandem sprechen und du kannst dir denken, wie erfolgreich diese Suche war.
00:58:36
Ja, von allen Polizeistellen kam natürlich, aus ermittlungstaktischen Gründen können wir leider keine Angaben machen.
00:58:42
Von den Zweien, die du angeschrieben hast.
00:58:45
Die ich angeschrieben habe.
00:58:49
Die nicht von den Zweien, die du hast angeschrieben lassen.
00:58:56
Aber die Weiß hat mal mit einem ehemaligen verdeckten Ermittler aus Großbritannien gesprochen.
00:59:03
Der heißt Liam Thomas.
00:59:04
Und der war zwölf Jahre lang als Undercover-Polizist im Einsatz.
00:59:08
Und daran ist er fast verrückt geworden.
00:59:10
Also kommt schon hin, was du eben meintest.
00:59:14
Und er hat gesagt, er hatte immer Angst, enttarnt zu werden.
00:59:17
Und was ihm auch besonders schwer gefallen ist, war, dass er längere Zeit mit Personen zu tun hatte, wie zum Beispiel Pädokriminellen.
00:59:25
Und mit denen dann Beziehungen aufbauen musste, obwohl er das ja gar nicht wollte eigentlich.
00:59:29
Und teilweise dauern diese Einsätze ja Jahre.
00:59:33
Also jetzt da bei Erkan waren es auch eineinhalb Jahre.
00:59:36
Du musst einfach eineinhalb Jahre deine alte Identität aufgeben.
00:59:42
Ja, aber wie ist das? Wohnst du dann in der Zeit auch woanders?
00:59:44
Ja, also der hatte da ja richtig in Moabit jetzt seine Wohnung und sein Geschäft aufgebaut.
00:59:51
Aber hat der da auch jeden Tag geschlafen?
00:59:54
Also wenn ich dir das erzählen könnte, dann würden die Polizeistellen mir nichts sagen.
01:00:02
Wir können leider nichts sagen.
01:00:05
Also ich frage mich das nur, weil du ja dann auch eigentlich kein Privatleben haben darfst.
01:00:10
Du kannst ja dann auch nicht sagen, ich mache jetzt mal drei Wochen Mallorca und bin jetzt mal nicht hier.
01:00:16
Harkann oder Cara, ja.
01:00:19
Und ich muss auch dazu sagen, es ist auch nicht, also das, was ich jetzt erzählt habe über den Fall, das war alles, was ich gefunden habe.
01:00:25
Also mehr hat man auch nicht gefunden zu den Einsätzen, was ich ein bisschen schade fand, aber was ja auch nahe liegt.
01:00:34
Achso, und was der Thomas auch noch gesagt hat, der verdeckte Ermittler aus Großbritannien, ist, dass es schwer ist, die ganze Zeit objektiv zu bleiben, wenn man so lange in seiner Rolle ist.
01:00:44
Dass man aufpassen muss, dass man immer mal einen Schritt zurück geht und dieses Bigger Picture, das große Bild, dass man das nicht aus den Augen verliert.
01:00:55
Aber in Deutschland wird dieses Mittel zur Verbrechensbekämpfung im Gegensatz zu den USA oder Großbritannien auch gar nicht so oft eingesetzt.
01:01:02
Also das ist jetzt nicht die Standardprozedur.
01:01:04
Also hier sollen in Deutschland gerade mal so ein paar hundert aktiv im Einsatz sein.
01:01:09
Aus unseren Fällen haben wir jetzt gesehen, eine Leiche ist wichtig für einen Prozess.
01:01:15
Denn wenn es keinen Leichnamen gibt, gibt es auch keine Obduktion und damit halt eben auch kein rechtsmedizinisches Gutachten zur Leiche.
01:01:21
Und das Gutachten des Sachverständigen oder der Sachverständigen kann ein elementares Beweismittel sein, weil man durch den Körper halt eben an Hinweise auf eine Tatwaffe, auf Verletzungen oder auf Spuren, die zum Täter oder zur Täterin führen, kommen kann.
01:01:37
Oder halt überhaupt, ob das Opfer an einem natürlichen Tod gestorben ist oder es Fremdeinwirkungen gab.
01:01:43
Trotzdem werden, wie wir gesehen haben, immer wieder mal Menschen in Prozessen verurteilt, obwohl es keine Leiche gibt.
01:01:49
Und bei diesen Indizienprozessen gibt es etliche Herausforderungen, unter anderem für das Gericht.
01:01:54
Ich habe jetzt für die Folge mit der Strafverteidigerin Panthea Farazadi darüber gesprochen, warum die Leiche so wichtig für den Prozess ist und weshalb eine fehlende Leiche der Verteidigung in die Karten spielen kann.
01:02:07
Wenn es die Leiche nicht gibt, dann fehlt quasi das Hauptbeweismittel für die Tat.
01:02:13
Man kann sich das quasi so vorstellen, dass man aus Sicht der Verteidigung in so einem Fall, wenn es die Leiche nicht gibt, ganz viele Nebelkerzen werfen kann.
01:02:20
Das heißt, man kann dann andere Alternativmodelle aufwerfen, wie zum Beispiel, die Person ist gar nicht tot, sie ist ausgewandert oder sie ist tödlich verunglückt oder sie ist einfach jetzt, keine Ahnung, sie ist freiwillig weg.
01:02:33
Deswegen ist es für das Gericht besonders schwierig, wenn es die Leiche gar nicht gibt.
01:02:37
Dann hat man quasi noch gar keine Tat.
01:02:40
Und solche Fälle von Menschen, die einfach verschwunden sind, die hatten wir ja auch schon behandelt.
01:02:44
Also erinnern wir uns nochmal an die Seniorin, von der ich in unserer Verschwunden-Folge Nummer 34 erzählt habe.
01:02:50
Die ist ja nach der Messe aus einem Seniorenheim plötzlich nie wieder gesehen worden und man weiß nicht mal, ob sie überhaupt einem Verbrechen zum Opfer gefallen ist.
01:02:59
Frau Farazadi hat mir gesagt, dass im deutschen Strafrecht ja die Tat dem Beschuldigten oder der Beschuldigten nachgewiesen werden muss.
01:03:06
Und das ist so natürlich viel schwieriger, vor allem natürlich für einen Mord, weil ich habe mich gefragt, wie das Gericht eigentlich ein Mordmerkmal nachweisen will, wenn man die Leiche nicht hat und dann auch noch jemand auf der Anklagebank sitzt oder die einfach nichts sagt.
01:03:22
Das ist besonders schwierig für das Gericht, weil man hat quasi das Hauptbeweismittel nicht, anhand dessen man zum Beispiel gucken könnte, ob das eine besonders grausame Vorgehensart war oder mit welchen Werkzeugen oder Mitteln das gemacht wurde.
01:03:37
Das kann man dann alles nicht mehr anhand der Leiche rausfinden.
01:03:41
Und wenn der Angeklagte dann schweigt, hat man keinerlei Angaben, wenn es keine direkten Tatzeugen gibt.
01:03:46
Aber man könnte bei gewissen Mordmerkmalen anhand der Motivlage zum Beispiel durch das Umfeld des Opfers oder andere Tatzeugen, die vielleicht was dazu zur Beziehung was sagen können, könnte man zum Beispiel auf Mordmerkmale wie zum Beispiel Habgier oder niedrige Beweggründe kommen.
01:04:05
Woraus ich jetzt dann schließen würde, dass es in diesem Fall besser wäre, als Angeklagter oder Angeklagte nichts zu sagen.
01:04:12
In Fällen, wo der Leichnam fehlt oder es sonst auch keine direkten Tatzeugen gibt, die das alles beobachtet haben oder auch kein Videomaterial vorhanden ist, ist es aus Sicht der Verteidigung immer geboten, sich schweigend zu verteidigen.
01:04:27
Das würde dann so aussehen, dass der Angeklagte schweigt, also er macht keine Einlassung im ganzen Prozess und dann sieht das so aus, dass die Verteidigung dann durch diverse Beweisanträge den Anklagevorwurf versucht zu widerlegen.
01:04:39
Das ist dann auch dann nicht ausgeschlossen, dass das Gericht auch ohne Leiche den wegen Mordes verurteilen kann, aber es ist dann um einiges schwerer.
01:04:49
Ist denn ein Prozess ohne Leiche immer ein Indizienprozess, weil man ja gar nicht weiß, ob es die Tat jetzt überhaupt gegeben hat?
01:04:56
Also ohne ein direktes Opfer oder ohne direkte Tatzeugen spricht man gern von einem Indizienprozess.
01:05:02
Das bedeutet quasi, das ist ein Verfahren, in dem das Gericht allein auf Anzeichen, also Beweisanzeichen angewiesen ist.
01:05:10
Das ist dann immer der Fall, wenn ein Angeklagter schweigt oder bestreitet und man halt auch kein unmittelbares Beweisstück hat.
01:05:18
Dann spricht man gern von einem Indizienprozess.
01:05:20
Auch dann ist eine Verurteilung möglich, also das deutsche Strafrecht lässt auch dann eine Verurteilung zu.
01:05:27
Das würde dann der Fall sein, wenn es viele verschiedene einzelne Indizien gibt, zum Beispiel Beweisanzeichen wie zum Beispiel Fasern des Opfers am Angeklagten oder irgendwelche Spuren, die dahin führen.
01:05:40
Aber das Gericht muss hohe Anforderungen genügen für das Urteil, für die Begründung und Indizienprozesse sind häufig sehr langwierig und erfordern auch eine akribische Detailarbeit,
01:05:51
weil die dann aus diesen vereinzelten Puzzlestücken von Aussagen und von einzelnen Beweisanzeichen müssen die dann ein Gesamtbild machen und müssen das dann irgendwie besonders begründen.
01:06:02
Und so war es auch bei diesem Fall.
01:06:04
Das Landgericht Köln hatte 2013 einen Mann zu lebenslanger Haft wegen Mordes aus niedrigen Beweggründen an seiner Ehefrau verurteilt.
01:06:10
2007 verschwand die 34-Jährige.
01:06:13
Und das Gericht ging davon aus, dass der Ehemann Angst hatte, dass seine Frau nach deren Trennung den gemeinsamen Sohn in ihre Heimat, die Philippinen, bringt und sie deswegen umbrachte.
01:06:23
Dafür hatte unter anderem gesprochen, dass er bei Renovierungsarbeiten das Schloss in der Wohnung seiner Ex auswechselte und einen Schlüssel selbst behielt.
01:06:31
Die letzte Person war, die Kontakt mit der Verschwundenen hatte, dass er widersprüchliche Angaben bei der Vernehmung machte und dass er die Ummeldung des Sohnes beim Einwohnermeldeamt auf seinen Wohnsitz beantragte.
01:06:43
Also das sind ja schon einige verschiedene Indizien, aber trotzdem finde ich es immer noch recht dünn.
01:06:51
Also bei dem Fall war es so, das war noch ein bisschen brisanter.
01:06:54
Ich meine, es war der Fall, wo der Beschuldigte in seinem Auto abgehört wurde und dann irgendwie in einem Selbstgespräch, er hat einfach vor sich hingeprabbelt und hat dann in einem Selbstgespräch die Tat gestanden.
01:07:05
Er hat gesagt, wie er sie umgebracht hat und das Landgericht hat ihn dann eigentlich auch deswegen verurteilt, aber die mussten das Urteil dann später wieder aufheben.
01:07:13
Also der BGH hat das Urteil aufgehoben, weil damals entschieden wurde, das gilt immer noch, dass, wie soll ich sagen, quasi die Gedanken sind frei, auch wenn die im Auto ausgesprochen werden, weil es war ja nicht für andere bestimmt.
01:07:26
In der zweiten Instanz wurde er aber dann wieder verurteilt.
01:07:30
Dann hat es gereicht, weil die dann, ja, bei dem Urteil ist es natürlich schwierig.
01:07:35
Ich meine, die Kammer, die dann beim zweiten Mal verurteilt hat, wusste ja, es gibt dieses Selbstgespräch.
01:07:40
Genau, und das durften sie dann aber natürlich nicht mehr vor Gericht verwenden.
01:07:44
Ich frage das deswegen, weil ich bei der Recherche in einem Urteil des BGH auf einen interessanten Satz gestoßen bin.
01:07:51
Auch wenn entsprechende auf das Kerngeschehen der tatbezogene Beweismittel fehlen, ist eine Verurteilung wegen eines Tötungsdelikts möglich.
01:08:00
Die Überführung des Angeklagten kann nämlich auch dadurch erfolgen, dass alle konkret in Frage kommenden Alternativen ausgeschlossen wurden.
01:08:09
Und das klingt für mich jetzt irgendwie ziemlich willkürlich.
01:08:13
Also weil das Gericht andere Dinge nicht für möglich hält, ist das schon ein Indiz für eine Täterschaft.
01:08:20
Genau, das ist, das macht auch tatsächlich den Anschein, als wäre es willkürlich.
01:08:25
Nichtsdestotrotz gibt es hohe Maßstäbe für so eine Verurteilung.
01:08:29
Also es müssen viele Indizien sein und die müssen dann in einer Gesamtwürdigung abgehandelt werden.
01:08:35
Das heißt, es kann ja sein, dass jedes einzelne Indiz nicht ausreicht.
01:08:39
Da muss man halt in dieser Gesamtschau gucken und wirklich gründlich, penibel begründen, warum doch eine Verurteilung dann erfolgt.
01:08:48
Es gibt dann aber hohe Anforderungen.
01:08:51
Frau Farazadi hat mir noch gesagt, dass man, wenn die Leiche fehlt, als Verteidigung schon viel machen kann.
01:08:56
Also indem man halt viele Beweisanträge stellt und so viele Zweifel wie möglich sät.
01:09:01
Das ist dann halt die Aufgabe einer starken Verteidigung.
01:09:04
Ja, so war das auch im Fall von Jardine.
01:09:07
Da haben die Verteidiger so viele Anträge gestellt, dass sich das Verfahren halt immer länger gezogen hat.
01:09:13
Und zwar so lang, dass der vorsitzende Richter während des Prozesses in Rente gehen musste und dann von einem anderen ersetzt wurde.
01:09:21
Und für die Familie war das halt eine Odyssee, dass es immer noch weiter ging und Anträge gestellt wurden und so weiter.
01:09:30
Und eigentlich regelt das ja sogar die Europäische Menschenrechtskonvention.
01:09:35
Also die Vertragsstaaten sind zu einer zügigen Verfahrensführung verpflichtet.
01:09:40
Aber was zügig ist, das ist natürlich nicht genau deklariert.
01:09:44
Das kommt dann halt natürlich immer auf die Fälle und den Umfang drauf an.
01:09:48
Aber, und das ist der Witz dabei, eine überlange Verfahrensdauer in Strafsachen muss nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sogar als Strafmilderungsgrund berücksichtigt werden.
01:10:02
Okay, also wenn die VerteidigerInnen immer weiter Anträge stellen, helfen sie den MandantInnen für kürzere Zeit ins Gefängnis zu kommen?
01:10:12
Also wenn sie damit erfolgreich sind, dann ja.
01:10:14
Ich weiß das, weil gerade die Diskussion war wegen Dieter Wedel, der Regisseur der Deutschen, der beschuldigt wird, eine Schauspielerin vergewaltigt zu haben.
01:10:25
Und so wie ich das jetzt vorhin überflogen habe, geht da das Verfahren oder der ganze Prozess irgendwie seit zweieinhalb Jahren.
01:10:32
Und da hat sich der Anwalt Alexander Stevens, den wir ja hier auch schon öfter mal als Experten zu Gast hatten, darüber beschwert,
01:10:39
weil das unerträglich ist für seine MandantInnen, sagt er, und das eben auch so eigentlich nicht erlaubt ist.
01:10:46
Und eben Wedel am Ende, sollte er verurteilt werden, auch noch mit einer Strafmilderung rechnen könnte.
01:10:53
Kommen wir zurück zu unserer nicht vorhandenen Leiche.
01:10:56
Also es ist natürlich wichtig, dass es trotzdem die Möglichkeit gibt, jemanden zu verurteilen, obwohl es keine Leiche gibt.
01:11:02
Ja, denn es gibt ja auch noch die Möglichkeit, dass der Täter oder die Täterin sich der Leiche einfach entledigt hat, dass es sie physisch halt einfach nicht mehr gibt.
01:11:09
Ja, also beispielsweise, dass der Leichnam in Säure aufgelöst wurde oder verbrannt wurde.
01:11:15
Wobei, kleine Anmerkung, das ist halt alles nicht so einfach.
01:11:19
Ich erinnere mich an irgendeine Dokumentation, ich weiß leider nicht mehr, welche es ist, aber wo man mit einem Schweinekadaver versucht hatte, zu zeigen, wie lang es dauern würde, sich einer Leiche zu entledigen, indem man sie verbrennt.
01:11:31
Und das hat ewig gedauert und dann waren immer noch Überreste.
01:11:34
Man musste immer wieder versuchen, diese Überreste wieder zu verbrennen, bla bla bla.
01:11:37
Also es war quasi nicht richtig möglich, alles zu verbrennen.
01:11:41
Ja, und mit Säure ist es auch gar nicht so einfach, weil da gab es hier in London einen berühmten Serienmörder, den sogenannten Säurebadmörder.
01:11:52
Das Problem ist nämlich, dass sich halt manche Bestandteile des Körpers nicht auflösen, egal wie viel Zeit vergeht.
01:11:58
Und so waren bei einem seiner Opfer die Zahnprothese und drei Gallensteine zurückgeblieben.
01:12:04
Und durch diese Zahnprothese war es möglich, das Opfer dann zu identifizieren.
01:12:09
Gallensteine sind so fies, dass sie nicht mal sich da auflösen lassen, ne?
01:12:14
Ja, ja, die sind echt fies.
01:12:17
Und diese Methode, Leute oder Leichen in Säure einzulegen, die gibt es ja auch zum Beispiel bei der Sizilianischen Mafia.
01:12:26
Einlegen, wie Antipasti.
01:12:29
Ja, das hört sich nicht so schön an, das stimmt.
01:12:33
Einmal bitte in Säure einlegen.
01:12:36
Aber den Begriff Lupara Bianca, also dieses Phänomen, dass Leichen niemals gefunden werden, das kennen wir schon aus Folge 21.
01:12:43
Aber TäterInnen haben natürlich immer wieder das Problem, wohin mit der Leiche.
01:12:48
Und manche wissen eben gar nicht weiter und fragen deshalb Siri.
01:12:55
Hä? Im Zweifel Essen.
01:12:57
Und Siri hat bis vor ein paar Jahren auch noch darauf geantwortet und sogar verschiedene Vorschläge gemacht.
01:13:02
Sumpf, Wassertank, Mülldeponie.
01:13:05
Und nachher kommt noch jemand auf solche Ideen.
01:13:10
Klar sollte das ein Witz sein, aber wir wissen auch, manche Leute verstehen irgendwie Witze nicht so.
01:13:15
Ja, und 2014 war so eine Siri-Unterhaltung dann Beweismittel in einem Mordfall.
01:13:23
Doch, aber es stellte sich dann heraus, dass nicht der angeklagte Siri danach gefragt hatte.
01:13:27
Aber egal, seitdem antwortet Siri entweder gar nicht mehr auf diese Frage oder irgendwas anderes.
01:13:34
Und ich habe das dann natürlich direkt mal gecheckt und bei mir, ja, hat sie gar nichts gesagt.
01:13:38
Ja, vielleicht auch nicht so schlecht.
01:13:42
Ja, also auch wenn heute die Regel Nobody, No Murder nicht mehr gilt, müssen natürlich trotzdem genügend Indizien vorhanden sein, um jemanden zu verurteilen.
01:13:50
Ich meine, wir haben jetzt schon in unseren beiden Fällen, waren wir jetzt nicht hundertprozentig überzeugt oder zumindest, obwohl ich war schon relativ überzeugt bei meinem Fall.
01:14:00
Naja, egal, auf jeden Fall ein Fall aus Australien zeigt, dass es wirklich nicht immer so ist.
01:14:05
Und die Geschichte spielt am Uluru, einem sehr beliebten Touri-Ort mitten in Australien.
01:14:11
Und dort macht die Familie Chamberlain im August 1980 einen Campingurlaub.
01:14:15
Mutter Lindy, Vater Michael, ihre zwei Söhne und die zwei Monate alte Tochter Azaria.
01:14:20
An einem Abend grillt die Familie mit anderen CamperInnen, während Azaria im Zelt schläft.
01:14:27
Und als Lindy zwischendurch mal nach ihrem Baby schaut, hören die anderen einen Schrei.
01:14:31
Lindy ist völlig aufgelöst, Azaria sei verschwunden und sie sei sicher, ein Dingo gesehen zu haben, der etwas in seinem Maul mit sich weggetragen hat.
01:14:43
Daraufhin suchen alle aus dem Campinglager nach dem Kind, doch finden es nicht.
01:14:47
Der Fall geht durch die Medien und ähnlich wie bei Maddy richtet sich dann irgendwann die Aufmerksamkeit auf die Eltern, vor allem auf die Mutter,
01:14:54
weil sie offenbar sehr kaltherzig auftritt und sich damit verdächtig macht.
01:14:59
Also ganz ähnlich wie bei Maddys Mutter.
01:15:02
Dazu kommt, dass die Eltern AdventistInnen sind, also AnhängerInnen einer Freikirche, über die jetzt nicht so viel bekannt ist.
01:15:09
Und was natürlich zu so einem Nährboden für Spekulationen wird.
01:15:13
Als dann das Gerücht rumgeht, dass der Name Azaria mit in der Wildnis geopfert übersetzt wird, was überhaupt nicht stimmt,
01:15:21
setzt sich aber irgendwie die Meinung durch, dass die Eltern ihr eigenes Kind bei irgendeinem religiösen Ritual geopfert haben.
01:15:29
Und es kommt tatsächlich zu einem Prozess ohne Leiche gegen die Eltern.
01:15:33
Und im Oktober 82 wird Lindy zur lebenslanger Haft verurteilt und ihr Mann wegen Beihilfe zu 18 Monaten auf Bewährung.
01:15:41
Hauptindiz war das rechtsmedizinische Gutachten zu dem Schlafsack des Babys.
01:15:45
Der wurde irgendwie vier Kilometer vom Zeltplatz gefunden.
01:15:48
Und laut diesem Rechtsmediziner waren dort Rückschlüsse auf einen Kehlenschnitt gefunden worden.
01:15:55
Also weil das quasi so relativ exakt abgeschnitten war oder eingerissen war und auch ein Händeabdruck einer kleinen menschlichen Hand.
01:16:05
Das ist ja seltsam auf dem Schlafsack von einem Baby.
01:16:08
Ich glaube, er meinte nicht ganz so eine kleine Hand, aber egal.
01:16:13
Drei Jahre nach der Verurteilung wird in der Nähe des Campingplatzes nach einer Leiche eines abgestürzten Kletterers gesucht.
01:16:21
Und dabei findet die Polizei in einer Dingo-Höhle ein Stück von einer Jacke.
01:16:26
Oh mein Gott, das ist doch nicht dein Ernst. Und es ist die Jacke von dem Baby.
01:16:32
Ja, genau. Von Azaria, die Jacke, die sie zum Zeitpunkt des Verschwindens anhatte.
01:16:36
Also wurde das Baby von einem Dingo weggetragen?
01:16:40
Ja, das ist die Annahme. Und es kommt auch öfter vor, als man denkt, dass Menschen in Australien von Dingos attackiert werden.
01:16:47
Also seit dem Fall der kleinen Azaria gab es 15 Angriffe auf Menschen, die festgehalten wurden.
01:16:55
Ja. Und vor allem gegen Kinder, aber auch manchmal gegen Erwachsene.
01:17:00
Ja, auf jeden Fall kommt danach Lindy frei und der Fall wird nochmal aufgerollt und sie auch frei gesprochen.
01:17:07
Siehst du? Und neulich beim Gassi gehen, bei mir sind hier ja manchmal, ich sehe manchmal Füchse.
01:17:12
Und die fixieren den Fussel immer so.
01:17:16
Also neulich hat einer, der war auf der Straße und war auf dem Gehweg und der hat sich dann sogar so geduckt und hat dann, bin ich der Meinung, sich sogar über seine Lippen geleckt.
01:17:28
Und das bestärkt mich jetzt darin, Fussel weiterhin auf den Arm zu nehmen, wenn ein Fuchs kommt, ja.
01:17:34
Also ich habe jetzt noch nicht von einem Fuchs gehört, der Menschen oder Tiere angreift.
01:17:40
Aber es gibt doch diese Urban Legend auch von Möwen oder so, die so kleine Hundewelpen mitnehmen.
01:17:46
Und ich glaube, das hat es auch schon mal gegeben.
01:17:49
Der kleine Speckköterich, da ist so viel zu essen dran.
01:17:54
Oh Gott, fliegt weg.
01:17:56
Ja, auf jeden Fall wurde dieser Fall dann zum Negativbeispiel dafür, wie die Presse und öffentliche Vorverurteilungen einen Prozess beeinflussen können.
01:18:08
Und ich meine, stell dir vor, diese Jacke wäre nicht gefunden worden.
01:18:12
Dann wäre Lindy jahrelang im Gefängnis geblieben und wahrscheinlich ja die ganze Familie daran zerbrochen.
01:18:20
Ja, das war sie wahrscheinlich doch so schon auch, oder?
01:18:23
Wie lange saß die nochmal?
01:18:24
Also die saß drei Jahre, aber zumindest waren die noch lange ein paar.
01:18:29
Obwohl der Mann auch Zweifel hatte während des Prozesses.
01:18:33
Also selbst er zweifelte irgendwie an ihr.
01:18:37
Also ja, dass das Baby von einem Dingo weggetragen wurde, das erscheint mir jetzt im ersten Moment auch nicht so als eine plausible Erklärung.
01:18:47
Erinnerst du dich noch an den Fall von Petra P.?
01:18:49
Ja, an die erinnere ich mich.
01:18:51
Genau, von der haben wir nämlich auch in Folge 34 gesprochen.
01:18:54
Das war die Studentin, die damals auf dem Weg zu ihren Eltern war, um dort ihre Diplomarbeit zu Ende zu schreiben.
01:18:59
Und dann spurlos verschwand.
01:19:00
Und die ErmittlerInnen gingen damals von einem Gewaltverbrechen aus, weil an der Bushaltestelle, von der aus Petra fahren wollte, ein Jahr zuvor die Leiche eines 14-jährigen jungen Mädchens gefunden wurde.
01:19:10
Und der Mörder dieses Mädchens, der gestand später auch Petra umgebracht zu haben.
01:19:15
Allerdings zieht er das Geständnis danach wieder zurück.
01:19:19
Zum Glück wurde er nicht deswegen verurteilt, denn Petra tauchte 31 Jahre später wieder auf und hatte mit Absicht alles so eingefädelt, weil sie einfach nichts mehr mit ihrer Familie zu tun haben wollte.
01:19:30
Und mal abgesehen davon, dass die Wahrscheinlichkeit ja auch bestand, dass dieser Mann zu Unrechts hätte verurteilt werden können deswegen, war das natürlich auch für Petras Familie super schlimm, dass die Tochter einfach verschwunden ist.
01:19:42
Und die hatten dann auch so einen Antrag auf Todeserklärung gestellt, damit sie irgendwie damit abschließen können.
01:19:47
Weil von all diesen Code Cases, die wir bisher besprochen haben, wissen wir ja, wie schwer es für Familien ist, wenn sie nicht wissen, was passiert ist.
01:19:56
Und wenn sie immer diese Hoffnung haben, die Georgines Mutter halt auch hatte.
01:20:00
Und noch schlimmer ist das aber natürlich, wenn der Täter oder die Täterin überführt wurde, so wie im Fall von Bianca und die Person sich dann weigert, zu sagen, wo die Leiche ist.
01:20:10
Also gehen wir mal davon aus, dass die Person es dann auch wirklich war und nicht zu Unrecht im Gefängnis sitzt.
01:20:14
Ja, und wieso kann man das den Eltern nicht gönnen, in Anführungsstrichen, diese letzte Ruhe dann zu haben irgendwie?
01:20:23
Man muss auch gönnen können.
01:20:25
Auch als Täterin.
01:20:28
Also angenommen, die Person war es und gesteht aber bis zum Ende nicht, dass da halt viel Scham irgendwie eine Rolle spielt.
01:20:36
Weil wenn sie es gesteht, dann ist es ja für immer so.
01:20:39
Und wenn man leugnet, dann kann es ja sein, dass man seiner Familie das nicht antun will, weil man denkt, für die Familie ist es schlimmer zu wissen,
01:20:46
mein Sohn oder meine Tochter oder mein Ehemann, bla, hat jemanden umgebracht, als so zu denken, die Person sitzt unschuldig in Haft vielleicht.
01:20:55
Aber wenn die Person jetzt gestanden hätte, dann ist das ja total furchtbar, weil das den Familien ja extra nochmal Leid auferlegt.
01:21:04
Also dass man dann absichtlich darum gebracht wird, jemanden zu beerdigen.
01:21:08
Und die Beerdigung ist ja auch ein wesentlicher Bestandteil des Abschließens.
01:21:12
Und deswegen hat England Anfang dieses Jahres über einen Gesetzesentwurf diskutiert, das sogenannte Helen's Law.
01:21:18
Und das umfasst die Offenlegung von Informationen vom Täter oder Täterin über die Opfer.
01:21:24
Und da geht es beispielsweise darum, dass man, wenn man lebenslange Haft bekommen hat und sagen wir mal nach 17 Jahren einen Antrag auf Haftentlassung stellen will,
01:21:32
dass die BewährungsprüferInnen dann berücksichtigen, ob die Person bisher eben nicht gesagt hat, wo die Leiche ist.
01:21:39
Also ob sie halt diese Information noch zurückhält.
01:21:42
Und das soll übrigens auch für Pädokriminelle gelten, die pornografische Bilder von Kindern machen, sich dann aber am Ende weigern, die Identität der Opfer preiszugeben.
01:21:51
Was ich auch voll sinnvoll finde, dass es so ein Gesetz geben soll.
01:21:56
Wenn die diese Informationen haben, dann können sie die ja auch sagen, wenn sie früher aus der Haft wollen.
01:22:04
Also ich finde, das ist ein guter Anreiz.
01:22:06
Na, nicht früher.
01:22:08
Ich finde, ich finde das schon wichtig, dass man, dass man sagt, also du kriegst da nicht was Positives, wenn du es sagst, sondern wenn du es nicht sagst, dann wirkt sich das negativ auf deiner Haftstrafe aus.
01:22:18
Und wenn es so ein Gesetz nämlich nicht gibt, dann kann es halt unter Umständen zu solchen Deals kommen, wie im Fall von Jacob Weatherling.
01:22:30
Den hatten wir auch schon mal in Folge 11 angesprochen.
01:22:32
Da ging es um einen kleinen Jungen, der entführt und ermordet wurde.
01:22:35
Und die Behörden wollten dann vom Täter unbedingt den Ort wissen, wo er halt eben die Leiche begraben hat.
01:22:41
Und weil er das aber nicht sagen wollte und nicht sagen wollte, was passiert ist, haben sie ihm dann angeboten, wenn er ihnen sagt, wo die Leiche ist, dann wird er nicht wegen Mordes an diesem kleinen Jungen verurteilt, sondern nur wegen dem Besitz von Kinderpornografie.
01:22:57
Das war auch eine Anklage gegen ihn.
01:23:00
Und so war das dann jetzt am Ende.
01:23:03
Und sowas geht ja gar nicht.
01:23:05
Aber die Behörden haben es halt für die Eltern getan, die mehr als 25 Jahre darauf gewartet haben zu erfahren, was ist mit ihrem Sohn passiert und wo ist er eigentlich.
01:23:15
Aber du weißt halt, der kommt jetzt halt früher raus, als er eigentlich sollte.
01:23:21
Da finde ich es dann auch irgendwie schwierig, das für die Eltern zu machen, denn deren Frieden in allen Ehren natürlich.
01:23:27
Aber ich meine, der hat diesen Jungen dann trotzdem ermordet.
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Also sollte er auch die Strafe dafür kriegen.
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Ja, also abgesehen davon, dass die Täter in die Verwandten damit quälen wollen oder so, fällt mir halt auch eigentlich kein plausibler Grund an, den Ort der Leiche halt nicht preiszugeben.
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Es sei denn, damit würden sich noch andere Verbrechen aufdecken lassen.
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Also vielleicht liegt da ja auch noch eine zweite Leiche.
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Das muss man dann natürlich abwägen als Täter oder Täterin.
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Kommen wir zu einem etwas fröhlicheren Thema, im wahrsten Sinne des Wortes.
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Ich muss sagen, dass ich froh bin, dass wir uns jetzt hier während der Folge sehr gut verstanden haben.
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Laura hat heute nämlich, müsst ihr wissen, eine der sieben Todsünden für mich begangen.
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Sie hat mich in eine WhatsApp-Gruppe hinzugefügt.
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Das ist die Todsünde.
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Das ist eine der sieben.
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Und das finde ich richtig übel.
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Sie hat das schon mal gemacht.
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Wie lang war ich in der ersten WhatsApp-Gruppe?
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Zwei Stunden oder so.
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Nein, ich habe nachgeguckt.
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Das waren 33 Minuten und dann bin ich wieder raus.
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So, und diese, die sie heute gegründet hat, war für ihren 30. Geburtstag, den sie feiern möchte.
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So, und es gibt eine Sache, die mir sehr darüber hinweggeholfen hat, dass du mich da in diese Gruppe hinzugefügt hast.
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Und zwar das Bild, das Laura da als Foto reingemacht hat für diese Gruppe.
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Also erstmal ist es sie selbst und allein, was ich schon stark finde.
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Und dieses Foto ist unglaublich.
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Also, ich beschreibe das jetzt hier kurz, aber ihr könnt das auch jetzt schon auf unserem Instagram-Kanal Mordluster Podcast ansehen.
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Das haben wir dann nämlich schon gepostet zu diesem Zeitraum.
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Also, Laura hat einen Aperol-Spritz in der Hand und der Strohhalm davon hängt zwischen ihren Zähnen und dem Glas.
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Und es ist ziemlich hell belichtet.
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Und so doll lächeln, wie sie auf diesem Foto, kann man eigentlich gar nicht.
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Also die Mundwinkel gehen über die Wangen und ich weiß gar nicht, wie das anatomisch eigentlich möglich sein soll.
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Und was ein bisschen gruselig an dem Bild ist, ist, dass sie halt nicht lacht, sondern lächelt.
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Also man kann so breit lächeln auch und die Augen sind dabei ganz klein.
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Und weil mir dieses Bild so gut gefallen hat...
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Was kommt jetzt?
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...habe ich das jetzt vorhin mal durch meine Insta-Story gejagt und aufgefordert, mir dafür eine Bildbeschreibung zuzuschicken.
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Und ich wurde ignoriert, geblockiert oder was?
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Wurde auch darum gebeten, dir nichts davon mitzuteilen.
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Ich habe die Best-of-Caption.
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Der Moment, wenn die feste Zahnspange nach fünf Jahren...
01:26:04
Morgen fährt Paulina wieder.
01:26:16
Wenn Courtney dich slappen wollte, aber die Anzeige schon aufgegeben ist.
01:26:26
Paulina am Tag vorm nächsten Fotoshoot.
01:26:30
Deine Mama facetimt mich geradezu so, als wärst du nicht besoffen.
01:26:33
Das ist richtig gut.
01:26:35
Wenn der Zahnarzt fragt, ob man auch die Backenzähne umgeputzt hat.
01:26:39
Wenn er sagt, ich bin noch nicht bereit für eine Beziehung und du auf cool tust, als wäre das okay.
01:26:46
Ich, wenn ich meine Invisaligns endlich abbezahlt habe.
01:26:49
Was witzig ist, weil Laura auch Invisaligns hat.
01:26:54
Hä, das muss von jemandem kommen, der mich kennt.
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Lächle, du kannst sie nicht alle töten.
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Ich, 2016, als ich Paulina dazu überredete, mich jeden Tag zur Arbeit mitzunehmen.
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Lauras Antwort auf die Frage, ob man mit einem Podcast bei Funk gut überredet.
01:27:10
Also ihr könnt jetzt auch mitmachen, captioned Lauras Zahnarzt Werbefoto auf unserer Instagram-Seite.
01:27:21
Und kriegt genauso gute Laune wie ich.
01:27:24
Ich habe ja auch schon mal nach Captions gefragt für ein Foto.
01:27:28
Und man muss schon sagen, unsere HörerInnen sind schon teilweise sehr lustig.
01:27:32
Und die hören uns hoffentlich auch das nächste Mal wieder.
01:27:35
Das war ein Podcast von Funk.