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#56 Grüezi mitenand

Wir berichten heute sozusagen aus dem Dreiländereck.
Ich bin gerade in Frankreich, Laura ist gerade in Deutschland und ich habe eine Nachricht
von einer Freundin für dich aus der Schweiz, Laura.
Und diese Freundin hat mir bei der Vorbereitung dieser Folge geholfen.
Ihr werdet gleich wissen, wobei genau.
Und ihre Sprachnachricht beinhaltet eine Aufgabe und ich denke, die ist selbsterklärend.
Okay, dann los.
Hey Laura, ich habe gehört, du hast genau so ein Problem gehabt,
wie uns Schweizer zu verstehen wie Paulina.
Ich hoffe aber, dass es euch nicht allzu schwer ist, gefallen.
Und dass ihr ein paar anständige Kriminalfälle ausgesucht habt.
Hier in der Schweiz haben wir da einiges zu bieten.
Fondue ist leben, Paulina weiss das, fragt es am besten Mal.
Jedes Mal, wenn ich sie in Berlin besuche,
muss ich mindestens einiges mit ihr Fondue essen.
Ich kann dir also nur empfehlen, dich mit Fondue anzufinden.
Okay, also ich habe auf jeden Fall die Hälfte verstanden und bin schon sehr stolz darüber.
Ja, was hat sie denn gesagt?
Okay, dann, weil am Anfang hat sie gesagt, dass sie gehört hat, dass ich auch so Probleme habe,
mit dem Schweizer Deutschen das zu verstehen wie du und dass die SchweizerInnen da schon einiges
zu bieten haben.
Und was haben sie zu bieten?
Achso, ich dachte, mit zu bieten meinte sie mit der Sprache, dass man sie nicht verstehen kann.
Nein, eigentlich meinten sie Kriminelle Fälle.
Oh.
Okay, ja gut, alles was danach kam, keine Ahnung.
Okay, ich spiele dir nochmal den wichtigsten Part vor.
Mhm.
Fondue ist Leben, Paulina weiss das, frag es am besten Mal.
Jedes Mal, wenn ich sie in Berlin besuche, muss ich mindestens einmal mit ihr Fondue essen.
Ich kann dir also nur empfehlen, dich mit Fondue anzufinden.
What the fuck?
Ich verstehe nur irgendwas, ich soll dich irgendwas fragen und wenn sie in Berlin ist, muss sie
mindestens einmal Fondue essen gehen.
Ach, Fondue essen gehen.
Und du sollst dich mit Fondue anfreunden, weil Fondue ist Leben.
Quatsch.
Das hat sie gesagt.
Ja.
Ich habe ihr gesagt, sie muss das einbauen.
Oh Gott, ja.
Du hattest ja das Glück, dass du sie hattest, so ein bisschen als Übersetzerin jetzt bei
der Recherche zu der Folge.
Ja, ganz großen Dank an Sarah in die Schweiz, die trotz bevorstehender Anwaltsprüfung übrigens
die Zeit hatte, mir hier zu helfen.
Ansonsten wäre die Folge auf dieser Seite hier safe an der Sprachbarriere gescheitert.
Und damit herzlich willkommen zu Mordlust, unserem True Crime Podcast von ARD und ZDF.
Hier reden wir über wahre Verbrechen und ihre Hintergründe.
Mein Name ist Paulina Kraser.
Und ich bin Laura Wohlers.
In jeder Folge gibt es ein Oberthema, zu dem wir zwei wahre Kriminalfälle nacherzählen,
über die diskutieren und auch mit ExpertInnen sprechen.
Wir reden hier auch manchmal etwas lockerer miteinander.
Das hat aber nichts mit einer fehlenden Ernsthaftigkeit zu tun, sondern das ist für uns so eine Art
Comic-Relief, damit wir zwischendurch auch mal aufatmen können.
Das ist aber natürlich nie despektierlich gemeint.
Und das Thema der heutigen Folge habt ihr wahrscheinlich schon erraten.
Es geht um die Schweiz.
Weißt du, wie man sich da begrüßt?
Also, weil sie nun wirklich alles mit machen.
Vielleicht...
Hallo.
Okay, gut.
Dann wüsste ich jetzt ja schon mal, wie ich mich da ganz unauffällig unter die Leute
mischen könnte, wenn ich jetzt zum Beispiel als Verbrecherin in die Schweiz gehen würde.
Ich bin sicher, dass das die beste Kamouflage ist.
Ja.
Als Verbrecherin würde ich übrigens in die Schweiz gehen wollen, weil unser Nachbarland
in der Presse auch als Paradies für Verbrecher bezeichnet wird.
Und zwar, weil dadurch, dass dort dieser Föderalismus so groß geschrieben wird, hat das so ein paar
unpraktische Folgen für die Verbrechungsbekämpfung da.
Weil da gibt es halt keine nationale Polizei, sondern 26 kantonale und rund 300 kommunale Polizeistellen.
Also, wenn ich dann da jetzt als Verbrecherin unterwegs bin und irgendwie eine Diebstahlserie
begehen will oder begehe und dabei dann diese Kantonsgrenzen überschreite, was in der Schweiz
relativ schnell geht, weil das Land irgendwie nur ein bisschen größer ist als 40.000 Quadratkilometer,
dann habe ich relativ gute Chancen, nicht geschnappt zu werden, weil es keinen schweizweiten
Informationsspeicher gibt.
Also keine zentrale Datenbank für Straftaten oder Kriminelle.
Also, wenn du jetzt Ermittlerin in Luzern wärst und wissen wollen würdest, ob ich auch schon
in Zürich aktenkundig geworden bin, dann kannst du das nicht einfach nachschauen, sondern
du müsstest dann in Zürich anrufen oder dahinschreiben.
Und wenn zum Beispiel Bern, warum auch immer, schon hinter mir her ist und mich auch beschatten
lässt, Luzern aber nichts davon weiß und auch noch ein Team auf mich ansetzt, dann ist das
ja relativ kontraproduktiv.
Aber die Schweiz will das ändern und deshalb soll bald so eine Datenbank installiert werden.
Warum die Schweiz allerdings auch schon heute nicht für alle StraftäterInnen ein Paradies
ist, das erfahrt ihr jetzt.
Mein Fall handelt dieses Mal von einer Mutter, die einen ganz persönlichen Kampf für Gerechtigkeit
geführt und damit das Schweizer Justizsystem verändert hat.
Es ist kurz vor ein Uhr, an einem schönen Samstag, Ende Oktober, in einem vornehmen Vorort an der
sogenannten Goldküste Zürichs, direkt am malerischen Zürichsee.
Die 20-jährige Pascal muss jetzt los.
Sie hat ein Treffen mit den PfadfinderInnen in der Stadt.
Ihre Mutter Jeanette bietet ihr an, sie zu fahren.
Doch Pascal sagt, sie könne doch den Weg durch das kleine Waldstück nehmen.
Ist sowieso besser für die Umwelt, wenn sie zu Fuß geht.
Um 16 Uhr ist sie wieder zu Hause, ruft sie ihrer Mutter Jeanette zu und ist aus der Tür.
Aber als Jeanette auch weit nach 16 Uhr nichts von ihrer Tochter hört und sieht, macht sie sich Sorgen.
1993 gibt es noch keine Handys, also muss man sich auf das Wort seiner Liebsten verlassen.
Und das kann Jeanette bei Pascal.
Die 20-Jährige ist zuverlässig und gibt immer sofort Bescheid, wenn sie sich verspätet.
Deswegen ruft Jeanette jetzt Pascals Freundinnen an, eine nach der anderen.
Alle erzählen ihr, dass Pascal gar nicht erst zum Treffpunkt erschienen war und sie gedacht hatten, sie sei zu Hause geblieben.
Instinktiv weiß Jeanette, dass etwas Schlimmes passiert sein muss.
Zusammen mit ihrem Mann geht sie zur Polizei und erstattet Vermisstenanzeige.
Die Beamtinnen fangen sofort mit der Suche an.
Bis zum späten Abend, bis die Sonne untergeht, wird nach der angehenden Krankenschwester gesucht.
Ohne Erfolg.
Früh am nächsten Morgen stellt Jeanette dann einen eigenen Suchtrupp auf die Beine,
da das kleine Waldstück durchkämmt, durch das Pascal am Tag zuvor gegangen sein musste.
Jeanette kämpft sich durch das Unterholz, bis laute Rufe die Stille zerschneiden.
Wir haben sie gefunden.
Pascal liegt halb bedeckt mit Blättern und Ästen tot auf dem braunen Waldboden.
Sie ist nackt und ihr Hals ist übersät mit Stichwunden.
Als die Polizei mit der Spurensicherung beginnt,
macht der Polizeifotograf seine Kollegen und Kolleginnen auf etwas aufmerksam.
So eine Leiche hatte er doch schon einmal fotografiert.
Genau so war eine junge Studentin vor elf Jahren in einem Wald ganz in der Nähe aufgefunden worden.
Die gleichen Schnittverletzungen am Hals, ebenfalls ein Sexualdelikt.
Doch der Mann, der hinter dieser Tat steckte, der konnte es diesmal nicht gewesen sein.
Denn der sitzt gerade eine lebenslange Haftstrafe ab.
Sein Name ist Erich H.
Und er war vor acht Jahren wegen elffacher Vergewaltigung und zweifachen Mordes verurteilt worden.
Dabei hatte man ihm sogar eine besondere Gefährlichkeit und eine abnorme seelische Entwicklung attestiert,
die nur schwer zu behandeln sei.
Er kann es also nicht gewesen sein.
Oder?
Sicherheitshalber rufen die ErmittlerInnen in der Strafanstalt Pöschwies an,
um sich zu vergewissern, dass Erich H. dort noch immer inhaftiert ist.
Und das ist er.
Es gibt nur ein Problem.
Die letzten beiden Tage war Erich H. in Freiheit.
Auf Hafturlaub.
Aber der Gefängnisdirektor versichert, H. war es bestimmt nicht.
Er befinde sich nämlich seit längerer Zeit in einem bisher sehr erfolgreich verlaufenden Resozialisierungsprogramm.
Für den 34-jährigen Straftäter würde der Direktor sogar seine Hand ins Feuer legen.
Doch die Beamten und Beamtinnen sind skeptisch.
Denn die Tat trägt ganz eindeutig die Handschrift von H.
Und ausgerechnet an dem Tag, an dem Pascal stirbt, hat er Hafturlaub.
Das kann kein Zufall sein.
Deshalb vernehmen sie den Inhaftierten.
Der sagt, er war es nicht.
Und auch seine Klamotten sind frei von jeglichen Spuren.
Doch er hat einen Fehler begangen.
Denn als die ErmittlerInnen seine Uhr untersuchen lassen, werden Blutspritzer gefunden.
Es stellt sich heraus, es ist Pascals Blut.
Seine Klamotten hatte H. gewechselt, aber wohl noch keine Zeit dafür gehabt, seine Uhr zu säubern.
Und nach einer erneuten Vernehmung steht fest,
Erich H. hatte die 20-jährige Pascal versucht zu vergewaltigen und dann ermordet.
Somit hat er sie zu seinem dritten Todesopfer gemacht.
Wenige Tage später sitzt Janett mit ihrer Familie zu Hause.
Außerdem sind FreundInnen vorbeigekommen, um sie in dieser schweren Zeit zu unterstützen.
Im Radio läuft gerade eine Sendung mit dem Thema, was hätte man machen müssen, um die Tat zu verhindern.
Unter anderem werden dort Tipps und Tricks von ZuhörerInnen vorgeschlagen.
Darunter Selbstverteidigung.
Janett kann nicht glauben, was sie da hört.
Was sagen diese Fremden über meine Tochter?
Dass sie selber schuld war oder was?
Janett wird wütend.
Sie holt sich das Telefon und ruft in der Sendung an.
Wenn jemand Schuld trägt an diesem Mord, dann der Strafvollzug und das System.
Herrscht sie in den Hörer.
Und das ist der Satz, der einen Stein ins Rollen bringt, von dem Janett in diesem Moment noch nichts ahnt.
Ihr Kampf gegen das Justizsystem.
Denn die Medien stürzen sich danach auf sie.
Als dadurch die große Öffentlichkeit erfährt, dass ein Straftäter, der zu lebenslanger Haft verurteilt und als besonders gefährlich eingestuft wurde, in seinem Hafturlaub eine junge Frau brutal ermordet hat, gibt es einen Aufschrei in der gesamten Schweiz.
Der führt dazu, dass sich auch die Verantwortlichen zu Wort melden.
Der Gefängnisdirektor der Strafanstalt Pöschwies verteidigt allerdings die Urlaubsregel.
Das sei auch in anderen Gefängnissen gängig.
Hafturlaube sollten die Gefangenen auf ihre Freiheit vorbereiten.
Das sei Teil der Resozialisierung.
Auch der Justizdirektor reagiert in einer Presseerklärung mit Rechtfertigung.
Er erklärt, dass der Vollzug und die einzelnen Lockerungsschritte im Fall von Erich H. erfolgreich und ordnungsgemäß vollzogen worden waren.
Mit diesen Worten gießt er noch mehr Öl ins Feuer.
Denn für viele klingt das wie eine Verhöhnung des Opfers.
Die Bevölkerung ist empört.
Einige fordern nicht-therapierbare GewalttäterInnen, bis an ihr Lebensende hinter Gittern zu stecken,
gewalttätige Sexualstraftäter kastrieren zu lassen, bevor man sie in den Hafturlaub schickt
oder gar die Todesstrafe wieder einzuführen.
Oh mein Gott!
Was zum Teufel?
Die Zeitungen schreiben von Schlamperei im Strafvollzug
und die Oppositionspartei nutzt die Gunst der Stunde, um Politik zu machen.
Alle fragen sich, wie konnte man so einen Täter unkontrolliert auf die Gesellschaft loslassen?
Durch den großen Druck der Öffentlichkeit kommen immer mehr Informationen über die Art und Weise ans Licht,
wie in der Schweiz mit schweren StraftäterInnen umgegangen wird.
Es stellt sich nämlich heraus, der Fall Erich H. ist kein Einzelfall.
In den letzten 13 Jahren gab es 25 solcher schwerer Fälle, bei denen Menschen, die entweder im Hafturlaub oder frühzeitig entlassen worden waren, noch einmal rückfällig wurden.
Darunter zwei Tötungsdelikte, ein Tötungsversuch, 13 Vergewaltigungen und diverse Sexualdelikte an Kindern.
Es wird deutlich, dass in der Schweiz ein Strafvollzug herrscht, der sehr locker mit Vollzugslockerungen umgeht.
Das Wort Kuscheljustiz fällt.
Denn vor dem Schutz der Bevölkerung stehen im Schweizer Justizsystem die TäterInnen und ihre Resozialisierung.
Man ist in den 90er Jahren fest davon überzeugt, dass jeder Mensch irgendwann wieder auf den rechten Pfad zu bringen sei, mit den richtigen Programmen.
Dabei wird die Wirksamkeit der Resozialisierungsmaßnahmen und auch die Richtigkeit der psychiatrischen Beurteilung nicht kritisch hinterfragt.
Den PsychiaterInnen und TherapeutInnen wird uneingeschränkt geglaubt.
Außerdem hat jeder und jede Verurteilte unabhängig von der Schwere der Tat nach bestimmten Fristen Anspruch auf Urlaub und später auf die bedingte Entlassung.
Doch das alles gerät jetzt ins Wanken und Janett steht stellvertretend für die, die die Schwächen des Schweizer Systems gnadenlos offenlegen.
Und jetzt sieht sich der Justizdirektor gezwungen zu handeln.
Solch ein Skandal könnte schließlich auch ihm seine Karriere kosten.
Deshalb zieht er sofort alle bereits genehmigten Urlaubsanträge von Gefangenen zurück und schiebt Hafturlauben erstmal per se einen Riegel vor.
Außerdem ernennt er eine dreiköpfige Untersuchungskommission unter der Leitung des ersten Staatsanwalts.
Die Kommission soll die Hintergründe im Mordfall Pascal untersuchen.
Unabhängigkeit wird da allerdings nicht groß geschrieben, denn der Staatsanwalt ist ja dem Justizdirektor direkt unterstellt.
Und auch der zweite Mann der Kommission ist komplett befangen, denn er war im Fall Erich H. der Psychiater, dem der Therapeut unterstellt war.
Der Therapeut, der H. bescheinigte, keine Gefahr mehr für die Allgemeinheit darzustellen.
Es ist also nicht verwunderlich, dass die Kommission in ihrem Abschlussbericht zwar Mängel im Vollzugssystem anprangert, zugleich aber allen Akteuren einen Freibrief erteilt.
Sie würden keine Verantwortung für Pascals Mord treffen und somit werden keine Ermittlungen eingeleitet.
Als Janett von dem Ergebnis der Kommission hört, ist sie schockiert.
Wenn das so ist, dann könnten sich ja alle, die im Vollzug arbeiten, hinter dem System verstecken.
Das will sie so nicht hinnehmen.
Janett holt sich einen Anwalt zur Seite, der beantragt Akteneinsicht und bei der Sichtung kommt heraus,
dass es keine Unterlagen des Therapeuten bezüglich Erich H. gibt.
Das heißt, er hatte sich keine Notizen oder Ähnliches gemacht,
auf dessen Grundlage er eine Verbesserung in Erich H.s Psyche hätte bewerten können.
Schließlich war er 1985, acht Jahre vor dem Mord an Pascal, noch für besonders gefährlich gehalten worden
und für wahrscheinlich nicht zu therapieren.
Und doch war er fünf Jahre nach seiner Verurteilung schon im Hafturlaub
und später auch unbegleitet und mehrere Tage lang.
Und dann bei seinem 103. kurz nach seiner letzten Therapiestunde wurde er rückfällig.
Bei seinem 103. Hafturlaub?
Mhm.
Wie oft haben die dann Hafturlaub?
Das klingt halt voll viel.
Mhm.
Also der hatte dann quasi 1990 seinen ersten und 1993 den 103.
Also in drei Jahren, 103.
Und Janett fragt sich, nach welchen Kriterien wurde Haas Gemeingefährlichkeit beurteilt?
Also wie wurde seine psychische Situation analysiert und begutachtet, wenn es gar keine Notizen gab?
Sie geht von Schlamperei aus und möchte das der Öffentlichkeit zeigen,
damit so etwas nie wieder passiert, damit sich ihr Schicksal nicht wiederholt.
Außerdem sind für Janett die Personen, die Haas unbegleitete Hafturlaube genehmigt haben,
am Tod ihrer Tochter mitverantwortlich.
Und das möchte sie gerichtlich festgehalten haben.
Deshalb stellt sie gemeinsam mit ihrem Mann im Dezember 1995 Strafanzeige
wegen fahrlässiger Tötung gegen den Gefängnisdirektor und den behandelnden Therapeuten.
Neun Monate später muss sich aber erst einmal der Mann vor Gericht verantworten,
der Pascal mit seinen eigenen Händen ermordet hat.
Hier trifft Janett zum ersten Mal auf Erich H.
Als sie ihn sieht, verspürt sie nur Leere.
Doch je länger der Prozess dauert, desto mehr weicht sie Angst, Hilflosigkeit, Trauer und Wut.
Denn in dem Verfahren erfährt sie vom Staatsanwalt unter anderem,
dass dieser den damaligen Justizdirektor immer wieder vor der Gefährlichkeit Haas gewarnt habe.
Also dass er schon davon abgeraten habe, ihn überhaupt in einen Hafturlaub zu entlassen.
Aber seine Warnung sei nicht erhört worden.
So hart es ist, so etwas zu hören, es bestärkt Janett in ihrem Glauben,
dass sie Erfolg haben könnte mit ihrem Kampf gegen das Justizsystem.
Denn ganz offensichtlich ist nicht nur das System fehlerhaft, auch Einzelpersonen hatten versagt.
Erich H. wird am Ende dieses Prozesses wegen Mordes, versuchter Vergewaltigung und Freiheitsberaubung
zur lebenslanger Haft und anschließender Verwahrung auf unbestimmte Zeit verurteilt.
Ein Gegner ist besiegt.
Jetzt ist das Justizsystem dran.
Und tatsächlich wird im Sommer 1997 Anklage wegen fahrlässiger Tötung erhoben.
Die Staatsanwaltschaft klagt gleich fünf Personen an,
darunter auch, wie von Janett gewünscht, den Gefängnisdirektor und den behandelnden Psychologen.
Der ehemalige Justizdirektor, der mittlerweile im Bundesrat sitzt, ist nicht unter ihnen.
Es ist derselbe Saal, in dem Erich H. vor einem Jahr verurteilt wurde, in dem nun der Prozess startet.
Heute sitzen keine Mörder auf der Anklagebank, aber für Janett sind sie trotzdem Schuldige.
Zum ersten Mal in der Geschichte der Schweiz müssen sich Beamte der Justiz für einen Tod,
der durch einen Gefangenen verschuldet wurde, vor Gericht verteidigen.
Doch am Ende ist es der Kampf David gegen Goliath.
Janett gegen das Justizsystem, das ihr nicht nur gegenüber sitzt, sondern auch über ihren Fall entscheidet.
Und deshalb ist es nicht verwunderlich, dass das Gericht zu dem gleichen Ergebnis kommt wie schon Jahre zuvor,
die Untersuchungskommission der Justizdirektion.
Es wird betont, dass die Tat nicht im Versagen einzelner Akteure lag, sondern in der üblichen Praxis.
Die Angeklagten hätten den Urlaubsantrag in gutem Glauben bewilligt,
in einer Zeit, in der eine Therapie- und Resozialisierungseuphorische Haltung dominiert habe.
In der unter Experten und in der Literatur eine optimistische Einschätzung der Resozialisierungsmöglichkeiten geherrscht habe.
Und schriftliche Unterlagen seien nun mal noch nicht vorgeschrieben gewesen.
Und das von dem Gefängnis gewählte Programm sei sogar weit über den zu jener Zeit üblichen Standards hinausgegangen.
Also von einer Sorgfaltsverletzung könne man hier nicht reden.
Freispruch für alle Angeklagten heißt das im Klartext.
Das Gericht erklärt, dass man sich am Ende mit der unangenehmen Tatsache abfinden müsse.
Selbst so schreckliche Ereignisse wie der Mord an Pascal könnten nie restlos vermieden werden,
Es sei denn, man würde solche TäterInnen bis zu ihrem Lebensende einsperren.
Solange man aber den für den Strafvollzug Verantwortlichen den Auftrag erteile,
auch solche TäterInnen für den Wiedereintritt in die Gesellschaft vorzubereiten,
würden wir alle ein Restrisiko tragen, so das Gericht.
Und Janett kann nicht glauben, was sie da hört.
Von dem Restrisiko weiß sie.
Sie findet aber, dass die Entscheidung, ob ein Täter oder eine Täterin entlassen wird oder nicht,
im Zweifel für den Schutz der potenziellen Opfer und nicht zugunsten der TäterInnen ausfallen sollte.
Es darf nicht sein, meint Janett, dass Eltern gesagt werden muss,
ihr Kind ist leider das Opfer eines Restrisikos geworden.
Für sie passt ihr Recht und Gerechtigkeit nicht zusammen.
Sie will weiterkämpfen gegen das System, das sich ändern muss.
Da kommt 1998 ein Brief ins Haus geflattert.
Das Kanton Zürich bietet den Eltern von Pascal einen Vergleich an.
Eine Abfindung in Höhe von fast einer Million Schweizer Franken wird angeboten.
Das kommt völlig überraschend für Janett.
Denn eine Schuld bestreitet die Justizdirektion vehement.
Handelt es sich bei diesem Angebot jetzt um das Eingeständnis, zumindest einer moralischen Mitschuld oder doch eher um Schweigegeld?
Denn die Zahlung ist mit der Auflage verbunden, dass Janett Ford an auf jegliche rechtliche Schritte verzichtet.
Aber warum sollte man so viel Geld zahlen, wenn man nicht weiß, dass man einen Fehler gemacht hat?
Janett sieht es deshalb als Eingeständnis und nimmt den Vergleich an.
Doch eine Entschuldigung hätte ihr mehr bedeutet als das Geld.
Das Geld, das sie für etwas spendet, das Pascal am Herzen gelegen hatte.
Man könnte das natürlich auch als Indikator sehen, dass die Verantwortlichen selbst denken, dass sie damit irgendwie durchkommen könnte.
Also Janett.
Weil warum sollten sie ihr das sonst zahlen wollen?
Schweigegeld ja, aber vielleicht eben auch, weil sie was zu befürchten hatten.
Ja.
Ich hätte gedacht, dass sie es vielleicht deswegen weiter betreibt.
Aber es ist natürlich auch ein total harter Kampf und so.
Und wahrscheinlich geht sie am Ende dann leer aus.
Deswegen, ich kann es total nachvollziehen.
Aber ich finde es von denen auch in dem Sinne eine Art Eingeständnis von wegen, wir haben hier schon irgendwas falsch gemacht.
Und wir haben noch dazu auch Sorge, dass das irgendwann mal jemand feststellt.
Ja, ich meine, das war jetzt dann fünf Jahre nach dem Mord.
Und Janett hat auch gesagt, dass tatsächlich dieser Kampf gegen das Justizsystem für sie genauso nervenaufreibend war, wie auch mit dem Tod ihrer Tochter klarzukommen.
Und ich glaube, es hat auch ein bisschen damit zu tun gehabt, dass sie wusste, dass weitergekämpft wird, auch wenn sie diesen Kampf gegen diese Einzelpersonen, wie es ja am Ende auch war, stoppt.
Weil irgendwie diese gesellschaftliche Debatte über das Justizsystem dann schon nicht mehr aufzuhalten war.
Ah ja, okay.
Weil sich dann daraufhin auch wirklich viel verändert hat in dem Justizsystem da.
Also da werden externe Fachkommissionen installiert, die dann über die Hafturlaube entscheiden.
Die Gefängnispsychiatrie und auch die Bewährungshilfe werden reformiert.
Und im Jahr 2000 wird außerdem noch eine sogenannte Volksinitiative eingereicht.
Da kämpft nämlich jetzt nicht nur Janett gegen das Justizsystem, sondern die halbe Schweiz, weil dem Volk diese Veränderungen noch nicht weit genug gehen.
Und diese Initiative fordert lebenslange Verwahrung von nicht therapierbaren, extrem gefährlichen Sexual- und GewaltstraftäterInnen.
Dass die nie wieder rauskommen und dass die auch keinen Hafturlaub bekommen.
Und sie sagen, ein Fall soll nur dann erneut überprüft werden dürfen, wenn durch neue wissenschaftliche Erkenntnisse nachgewiesen ist, dass der Täter beziehungsweise die Täterin geheilt werden kann und künftig für die Allgemeinheit keine Gefahr mehr darstellt.
Und die Verantwortung für einen Rückfall von einem entlassenen Täter oder Täterin sollen dann die Behörden übernehmen.
Das fordert diese Initiative.
Und über die wird entschieden und die SchweizerInnen entscheiden 2004 mit 56,2 Prozent, ja, sie möchten, dass das so gemacht wird.
Und 2008 wird die Initiative dann auch umgesetzt, allerdings deutlich abgeschwächt.
Das hat vor allem damit zu tun, dass eine Verwahrung, ohne dass da regelmäßig geprüft wird, dass das gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstößt.
Das geht nicht, du kannst nicht jemanden für immer einsperren und nicht mal überprüfen oder so.
Das geht nicht.
Und auch diese Forderung, dass dann die Behörden verantwortlich gemacht werden, das war nicht umzusetzen.
Ja, das verstehe ich.
Ja, trotzdem wurden aufgrund dieser Initiative rückfallgefährdete StraftäterInnen ab dato viel strenger kontrolliert.
Und damit hat sich die Zahl der Verwahrten verdoppelt und die Rückfälle auch drastisch reduziert.
Also wer heute in der Schweiz verwahrt wird, der hat tatsächlich sehr schlechte Chancen, überhaupt noch einmal rauszukommen.
Und durch den Fall Pascal hat sich das Vollzugssystem letztlich nicht nur grundlegend geändert, es hat sich auch irgendwie um 180 Grad gedreht.
Zumindest wenn man die schweren Sexual- und GewaltstraftäterInnen betrachtet.
Aber für Janett, die immer zuerst an die Opfer denkt, ist das die richtige Entwicklung.
Sie ist froh, dass es so nicht mehr Schicksale, wie das ihrer Tochter gegeben hat, ihrem eigenen Verlust hilfes aber nicht, sagt sie.
Genau, aber dafür hat sie natürlich ganz viel für andere Menschen gemacht.
Ich finde es irgendwie bewundernswert, dass die BeamtInnen, die Pascal gefunden haben, das sofort auf dem Schirm hatten, welche Handschrift das ist.
Weil das ist ja, ich meine, wenn du das jetzt gerade in deiner persönlichen Datenbank, die Gehirn heißt, drin hast, ist es ja super.
Aber ich stelle mir das relativ schwierig vor, wenn das jetzt keine gewesen wären, die das sofort erkannt haben, dass das dann auch sofort rausgekommen wäre.
Ja, das hätte hundertprozentig viel länger gedauert, ja.
Ja, und dann wäre er wieder in Hafturlaub gegangen und wieder und wieder und wieder.
Also wer weiß, was dann passiert wäre.
Und was sagst du dazu, dass es jetzt in dem Verfahren zur fahrlässigen Tötung, dass es da Freisprüche gab durch die Bank weg?
Ich tue mich damit so ein bisschen schwer.
Ich kann ihren Unmut total verstehen.
Aber wir wissen das auch schon von dem Love Parade Prozess, dass je mehr Leute daran beteiligt sind, desto mehr verteilt sich halt die gefühlte Schuld.
Und es ist ja auch so, dass du wahrscheinlich keine einzelne Person komplett dafür verantwortlich machen kannst, oder?
Nee, genau, weil das haben Leute zusammen entschieden, ja, genau.
Ja.
Also ich kann das schon verstehen, dass man, wenn man nicht alleine für etwas verantwortlich ist, dass man auch nicht alleine dafür dann irgendwie die Konsequenzen tragen kann.
Ja, aber auch wenn jetzt beispielsweise alles auf den Therapeuten zurückgefallen wäre, also der Therapeut, der davon überzeugt war, dass Erich H. so weit resozialisiert war, dass er keine Gefahr mehr für die Allgemeinheit darstellt.
Wenn der im Nachhinein für den Tod von einer jungen Frau verantwortlich gemacht wird, dann wird er doch nie wieder sagen, ja, der Mensch, der hier vor mir sitzt, der kann jetzt in den Urlaub.
Und ich meine, es war ja auch nicht der erste, sondern der 103. Urlaub. Und davor ist nichts passiert.
Wovon man weiß.
Wovon man weiß. Wovon man weiß. Will auch niemanden in Schutz nehmen. Aber genau, ich sehe das auch so. Man kann nicht die Behörden oder jemanden dafür verantwortlich machen, wenn nicht fahrlässig gehandelt wurde.
Ja, wenn die das irgendwie beweisen können, dass da fahrlässig gehandelt wurde, dass da jemand gar nicht hingeguckt hat oder nicht zugehört hat bei den Therapiestunden oder so, ja, okay, dann ist das was anderes. Aber solange man sowas nicht beweisen kann.
Es ist halt wie mit jedem anderen Job, wo Menschen arbeiten, da werden Fehler gemacht. Das ist natürlich keine Ausrede für alles und noch dazu furchtbar tragisch, weil in solchen Fällen da natürlich auch noch Menschenleben dranhängen.
Wenn man da irgendwie eine Fahrlässigkeit oder eine Vorsitzigkeit am besten noch festmachen kann, bin ich ja auch dafür, dass das dann irgendwie geahndet wird. Ja, aber bei so einem Fall ist das halt einfach schwer.
Und da finde ich auch, weil wir diese Menschen brauchen, müssen die halt irgendwo auch einen Schutz genießen.
Ja, auch wenn mir das für Janett natürlich unfassbar leidtut und ich ihren Kampf eins zu eins nachvollziehen kann und ich dem wahrscheinlich auch genauso gekämpft hätte.
Ja, absolut. Und diese Verwahrungsinitiative kann man vielleicht auch nachvollziehen, wenn man weiß, von wem sie ausging.
Denn die hatten auch Angehörige von Opfern ins Leben gerufen und ihre Forderung wurde ja auch dann erhört, allerdings halt nur abgeschwächt dann von der Politik umgesetzt.
Aber sie hat definitiv dazu beigetragen, dass sich was geändert hat, ja.
Und so muss man sich den Zweck von diesen Volksinitiativen in der Schweiz auch vorstellen.
Und auf die gehe ich jetzt mal in meinem Aha ein bisschen genauer ein.
Also durch die Volksinitiativen kann das Volk auch auf Bundesebene Politik aktiv mitgestalten.
Also sagen wir mal, du und deine drei Freunde, ihr habt eine Idee für eine Verfassungsänderung, weil euch irgendwas nicht passt.
Also was könnte das zum Beispiel sein?
Ja, ziemlich konkret würde ich beispielsweise wollen, dass die Datenschutzbestimmungen geändert werden für den Fall, dass ÄrztInnen den Verdacht haben, dass Kinder jetzt beispielsweise misshandelt oder missbraucht werden.
Also dass die dann quasi mit anderen KollegInnen die Möglichkeit haben, sich auszutauschen, um eben zu umgehen, dass die Eltern, die die Kinder misshandeln, dieses ÄrztInnen-Hopping machen können und so dann halt die Taten lange Zeit unentdeckt bleiben.
Das wäre mein Wunsch.
Okay.
Und wenn du jetzt in der Schweiz leben würdest, dann könntest du eine Initiative einreichen, die dann zum Beispiel heißt, ja, zu einer Lockerung der Datenschutzbestimmung für ÄrztInnen und so weiter.
Und wenn euer Initiativtext dann alle Formalien einhält, wird der von der Bundeskanzlei durchgewunken und die eingereichte Initiative veröffentlicht.
Und mit dieser Veröffentlichung startet dann eure Sammlungszeit und dann habt ihr 18 Monate, um 100.000 Unterschriften zu sammeln, die eure Initiative unterstützen und eben das auch wollen.
Und wenn ihr das geschafft habt, dann wird eure Vorlage vom Parlament inhaltlich überprüft.
Das passiert gar nicht davor.
Und dabei kann sie aber dann für ungültig erklärt werden.
Und zwar nur dann, wenn der Inhalt Völkerrecht verletzt.
Also wenn die Vorlage jetzt sowas enthält wie Folter, Genozid oder Sklaverei.
Aber wenn sie für gültig erklärt wird, dann kann das Parlament einen Gegenentwurf erarbeiten.
Und der ist dann ähnlich wie eure Vorlage, aber vielleicht ein bisschen abgeschwächter oder mit besseren Ideen.
Und dann kommt es zur Volksabstimmung, entweder mit oder ohne Gegenentwurf.
Und bei der Abstimmung mit Gegenentwurf wird den SchweizerInnen dann die Initiative und der Gegenentwurf vorgelegt und die Stichfrage gestellt.
Also welcher Entwurf soll dann Vorrang haben, wenn jetzt beide angenommen werden?
Weil das geht auch.
Also ich kann dann auch, wenn ich dann auch in der Schweiz wohne, sagen, ich finde den Gegenentwurf gut, aber ich finde auch genau euren Entwurf gut.
Und dann würde ich sagen, aber ich finde euren Entwurf ein bisschen besser, deswegen sollte er Vorrang haben.
Und wenn dann abgestimmt wurde, dann muss die Mehrheit der SchweizerInnen Ja gesagt haben und auch die Mehrheit der Kantone, also dieser Bundesländer.
Und dann würde die Initiative angenommen werden und dann auch umgesetzt.
Aber die Mehrheit nicht der Gesamtbevölkerung, sondern der Leute, die daran teilgenommen haben.
Genau.
Deswegen kann man das natürlich auch nicht pauschal sagen, das und das die SchweizerInnen angenommen haben, sondern eben nur diese Auswahl an Personen.
Und das wissen wir sind ja nicht alle, genau.
Und in Deutschland gibt es auch Volksinitiativen und Abstimmungen.
Die nennen sich dann Volksentscheide.
Aber das geht nicht auf Bundesebene, sondern nur auf Länderebene.
So wie wir das gerade in Berlin hatten mit dem Flughafen.
Eigentlich hieß der Spruch, Berlin braucht Tegel.
Paulina braucht Tegel aber vor allem, weil sie da dichter dran wohnt als am BER.
Ja, und da waren dann ja auch mehr Leute deiner Meinung als dagegen.
Und trotzdem wird Tegel bald geschlossen, weil das Abgeordnetenhaus irgendwie meinte, der Volksentscheid sei nicht umsetzbar.
Also letztlich hat es hier mit dieser Mitgestaltung der Politik auch gar nicht so gut funktioniert.
Ja, aber eben, dass ganz Deutschland über so ein Volksbegehren entscheidet, das gibt es nicht.
Aber in der Schweiz kommt das auch tatsächlich selten vor.
Seit 1891 gab es zwar über 470 Volksinitiativen, aber nur etwas mehr als 20 wurden am Ende angenommen.
Aber trotzdem sind solche Initiativen halt wichtig für die schwarze Demokratie.
Und auch wenn oft nicht die Mehrheit für die und die Initiative stimmt, dann wird der Gesetzgeber trotzdem häufig schon tätig und ändert irgendwas.
Weil man halt merkt, da gibt es irgendwie Bedarf, was zu ändern.
Also die Förderungen der BürgerInnen werden schon ernst genommen.
Aber dass jetzt irgendwie eine Privatperson es schafft, mit Hilfe von diesem Instrument die Verfassung zu ändern, das kommt halt seltener vor, als man sich das vielleicht vorgestellt hat.
Aber was hältst du jetzt, du als Privatperson, von Volksinitiativen wie in der Schweiz?
Also ich glaube, das gibt sicherlich ein Gefühl von Mitbestimmung.
Und das finde ich an sich nicht schlecht, weil das ja Menschen auch ermutigt, selbst aktiv zu werden und sich selbst einzubringen und sich halt auch intensiv mit einem Thema irgendwie auseinanderzusetzen.
Weil ich habe irgendwie öfter mal den Verdacht, dass Politik von manchen Menschen so weit weg ist gefühlt, dass sie denken, dass sie das eh nichts angehen.
Und ich könnte mir vorstellen, dass das, also dass sowas dann als Instrument schon dagegen wirken kann, tue mich allerdings eher schwer, wenn das so emotional besetzte Themen sind, wie beispielsweise, es gab doch diesen Minarettstreit.
Ja, genau.
Da ging es darum, dass neue Minarette in der Schweiz gebaut werden sollten und das führte dann auch zu einer Volksabstimmung.
Und da stimmten dann aber mehr als die Hälfte für ein Verbot.
Ja, also immer wenn es um Minderheiten geht, die irgendwas für sich gerne bewirken möchten und eine Vielzahl von Menschen, aber das Gefühl hat, das betrifft mich nicht, deswegen möchte ich das irgendwie verhindern, das finde ich dann natürlich problematisch.
Aber ansonsten glaube ich, dass das tatsächlich irgendwie ein cooles Mittel ist.
Und du?
Ja, bei manchen Themen hat man ja dann auch das Gefühl, die Leute, wenn sie darüber entscheiden müssen, machen sich mehr Gedanken und setzen sich dann auch mehr mit der Politik auseinander.
Das war jetzt keine Volksinitiative der Brexit, aber es war trotzdem eine Abstimmung des Volkes und das ist natürlich komplett nach hinten losgegangen, weil sich die Leute keine Gedanken darüber gemacht haben, beziehungsweise auch ein bisschen nicht ganz aufgeklärt wurde, was die Konsequenzen sein können, wenn es wirklich zu einem Brexit kommt.
Und deswegen bei so ganz großen Entscheidungen und deswegen glaube ich auch, dass Bundesebene wahrscheinlich schwierig ist, ist es eine schöne Idee, aber die Umsetzung kann dann problematisch sein.
Aber da war es doch auch so, dass hauptsächlich natürlich die Gegner für Europa mobilisiert wurden.
Genau.
Weil es ist ja oft so, dich stört etwas und du schreibst einen Kommentar auf Facebook, du gehst irgendwo hin und sagst, ich möchte hier raus aus der EU.
Und dass die jungen Leute, und deswegen haben ja eher ältere Menschen, konservative Menschen dafür gestimmt, dass die jungen Leute alle zu Hause geblieben sind, weil die sich dachten, ach, naja, das wird schon.
Ja, die haben das nicht für möglich gehalten, genau.
In meinem Fall geht es auch um etwas, das viele nicht für möglich gehalten haben.
Und zwar, dass einige dramatische Ereignisse im Zusammenhang standen.
Einige Namen habe ich geändert.
Klack, klack, klack, klack machen ihre Absätze auf dem Bodenbelag im Parkhaus.
Jedes Klackern halt ein wenig.
Barbara hat gerade ihr Auto abgestellt.
Im Kofferraum liegt das Kleid, das sie eben abgeholt hat, in einer Schutzhülle.
Sie braucht es für eine Hochzeit.
Ihre Schwester heiratet nämlich bald und Barbara weiß schon ganz genau, was sie tragen wird.
Eben jenes Kleid.
Auch die 29-Jährige wird selbst bald vor den Traualtar treten.
Heute ist ein warmer Tag im Juni 1991.
Es ist zwar erst kurz vor 15 Uhr, aber hier im siebten Stock des Parkhauses ist es trotzdem dunkel.
Abgesehen von den Absätzen der Schuhe hört man nichts.
Was Barbara nicht weiß ist, dass sie, als sie von ihrem Auto zum Fahrstuhl läuft, gerade beobachtet wird.
Von einer Person, die die Angst in ihren Augen sehen will.
Die sehen will, wie sich Barbara erschreckt.
Dass sich diese Gestalt langsam aus der Dunkelheit nähert, merkt Barbara auch nicht.
Sie geht weiter Richtung Fahrstuhl.
Dann plötzlich zieht jemand an ihrer Kleidung und dann ist es auch schon zu spät.
Jemand sticht von hinten mit einem Butterfly-Messer auf sie ein.
Alles geht viel zu schnell, als es Barbara realisieren könnte, was da vor sich geht.
Sie kann nicht mal mehr richtig schreien.
Sie sackt fast lautlos vor den Türen des Fahrstuhls zusammen
und stirbt dort auf dem Parkhausboden an ihren inneren Verletzungen.
Der Fall vom Parkhaus Urania macht national Schlagzeilen.
Natürlich, denn daran sind alle Komponenten enthalten.
Die eine schaudern lassen.
Das Verbrechen bedient zur damaligen Zeit die Urängste vieler Frauen.
Dunkelheit, Verfolgung, ein brutales Züttungsdelikt und ein wehrloses Opfer.
Die Aufmerksamkeit der gesamten Schweiz liegt auf den Augen des Zürcher Ermittlungsteams.
Doch die haben keinen einzigen Anhaltspunkt, wo sie anfangen sollen.
Es gibt keine Hinweise am Tatort, keine Waffe, keine Tatzeugen.
Barbaras Handtasche war offenbar bewegt worden.
Man fand sie anderthalb Stockwerke tiefer im Treppenhaus.
Ihr Portemonnaie fehlte.
Das Einzige, was man hat, ist die Aussage einer Person, die ein oder zwei Männer, die südländisch aussahen, oben im Parkhaus gesehen haben will.
Die Polizei fahndet daraufhin nach einem oder zwei Tätern.
Viele Frauen fühlen sich nach dem brutalen Überfall im Parkhaus nicht mehr sicher.
Deswegen richtet man in der Schweiz spezielle Parkplätze für Frauen dicht am Ausgang ein und sorgt für eine bessere Belichtung.
Und das ist nicht die einzige politische Konsequenz.
Die national-konservative Partei SVP benutzt daraufhin die Verunsicherung, die durch den Fall entstanden ist.
Auf einem gezeichneten Wahlplakat ist eine Frau mit einem Schlüssel in der Hand zu sehen und der Schatten eines Mannes, der sie von hinten mit einem Messer attackiert.
Darunter steht, das haben wir den Linken und den Netten zu verdanken.
Mehr Kriminalität, mehr Drogen, mehr Angst.
Doch zum Glück gibt es eine Alternative.
Mehr SVP, mehr Sicherheit.
So groß die politische Dimension des Falls geworden ist, so wenig erfolgreich sind die Ermittlungsarbeiten dazu.
Bereits ein halbes Jahr, nachdem Barbara brutal angegriffen und getötet wurde, gibt der leitende Kommissar bekannt, dass es praktisch keine Spuren gäbe.
Sie haben nichts und geben sogar öffentlich zu, dass man jetzt auf Glück hoffen muss, um die Tat doch noch aufzuklären.
Aber Kommissar Zufall lässt sich nicht blicken und die Tat an Barbara bleibt ungesühnt.
Es ist Januar 1997 an der Spree-Promenade in Zürich.
Die 61-jährige Marlene spaziert gerade durch den Park entlang am Schienagarten, wo man zur Öffnungszeit die bunten Pavillons betrachten kann.
Es ist 19 Uhr und damit an diesem Tag schon dunkel und kalt.
Plötzlich nähert sich jemand Marlene von hinten.
Was wenn sie?
Fragt Marlene.
Da legt auch schon jemand einen Arm um ihren Hals.
Plötzlich wird auf sie eingestochen.
Aber Marlene ergibt sich nicht einfach dem Angriff.
Sie ist rüstig und wehrt sich.
Schreit.
Dabei bricht die Klinge des Messers ab.
Aber es nützt nichts.
Wieder wird auf sie eingestochen.
Diesmal mit einem anderen Messer.
Marlene verliert das Bewusstsein und bleibt auf dem Boden liegen.
Am nächsten Tag findet die Polizei Marlenes Leiche auf einem kleinen Seitenpfad bei den Rhododendron-Bischen.
Sie hat einen Schnitt an der Kehle.
Neben ihr liegt ein weißer, anderthalb Kilogramm schwerer Stein, der übersät ist mit braunroten Blutflecken.
Nach der Messerattacke wurde er Marlene mehrmals auf den Kopf geschlagen, um sicherzugehen, dass sie auch wirklich tot ist.
Anhand der Spuren am Tatort kann die Polizei davon ausgehen, dass es ein erbitterter Kampf gewesen sein muss.
Marlenes Mantel ist durch und durch zerstochen.
Über 30 Mal wurde auf sie eingestochen.
Und auch auf dem Laub ist viel Blut.
Ähnlich wie bei dem sogenannten Parkhaus-Mord steht die Polizei wieder vor einem Rätsel.
Keine verwertbaren Spuren, kein Motiv.
Dass Rentnerin Marlene einer Beziehungstat zum Opfer fiel, das schließen die ErmittlerInnen aus.
Aber keine Anhaltspunkte, kein Ermittlungserfolg.
Es ist ein Samstagmorgen 1998 in einer Buchhandlung in der Zürcher Altstadt.
Die 79-jährige Ida hat gerade Schicht im Buchantiquariat.
Das heißt nicht umsonst so, denn hier gibt es ziemlich viele alte Schinken.
Manche davon befinden sich sogar hinter einem Glaskasten, damit sie vor fettigen Fingern geschützt sind.
Ida ahnt nicht, dass gerade jemand die Buchhandlung betreten hat, um sie anzugreifen.
Wieder passiert alles ganz schnell.
Wieder wird mit einem Messer mehrfach zugestochen.
Hauptsächlich am Brustkorb, aber auch am Hals.
Idas Blut verteilt sich auf dem alten Holzfußboden der Buchhandlung.
Ida liegt dort, als die Person flüchtet.
Ihr Glück ist, dass ihr Nachbar, der über der Buchhandlung wohnt, Arzt ist und sie dort auf dem Boden liegen sieht.
Ansprechbar.
Der Arzt zieht Ida aus, um sich die Verletzung anzusehen.
Er sieht, dass sie nicht in akuter Lebensgefahr schwebt und beruhigt Ida.
Sie wird ins Krankenhaus eingeliefert und überlebt.
In der Kasse der Buchhandlung fehlen 400 Franken.
Wieder tappt die Polizei im Dunkeln.
Wieder fehlt ein offensichtliches Motiv für die Tat.
Ida kann den BeamtInnen nur sagen, dass sie von einem Mann angegriffen wurde.
Aber erkannt habe sie ihn nicht.
Den einzigen ersichtlichen Zusammenhang, den die ErmittlerInnen ziehen können, ist, dass das Opfer aus dem Chinagarten in direkter Nachbarschaft zur Buchhandlung gewohnt hat.
Hat der Täter es auf Frauen aus der Kirchgasse der Zürcher Altstadt abgesehen.
Einen Zusammenhang mit dem berühmten Parkhausmord vor sieben Jahren sieht niemand.
Dass es bei den Angriffen zwei Opfer aus derselben Straße getroffen hat, ist zwar Zufall, aber das weiß die Polizei noch nicht.
Und das ist so ziemlich der einzige Ermittlungsansatz, den sie jetzt haben.
Auch beim Angriff auf die Buchhändlerin Ida ist die Polizei ratlos.
Bis sie einen Anruf von KollegInnen erhalten.
In einer psychiatrischen Klinik soll es eine Person geben, die von realitätsnahen Träumen erzählt, die die Morde im Parkhaus und beim Chinagarten betreffen.
Es ist die 25-jährige Caroline H.
Eine burschikose Frau, die schon einschlägig strafrechtlich in Erscheinung getreten ist.
Und zwar wegen Brandstiftung.
1991 und 1992 steckt sie in Luzern mehrere Telefonzellen, Schuppen und Gebäude im Brand.
Am Ende, als ihre gelegten Brände immer größere Ausmaße annehmen, zündet sie sogar das Holzlager einer Schreinerei an.
1992 kündigt sie auf einer Bahntoilette ihren nächsten Coup sogar an.
Dort hinterlässt sie ein Papierhandtuch mit den Worten
Ich bin ein Brandstifter.
Heute Nacht gibt es den zweiten Großbrand in Luzern.
Ich kann's nicht lassen.
Danach steckt sie den Dachboden eines historischen Gebäudes in Luzern im Brand, bei dem ein Schaden in Millionenhöhe entsteht.
1993 steht sie wegen über 40 Brandstiftungen vor Gericht.
Die Staatsanwältin beunruhigt, wie schnell Carolins Taten eskaliert sind.
Außerdem zeigt Caroline keinerlei Reue, sagt, sie würde sowas wieder tun.
Das Gericht weiß außerdem, dass Caroline Menschen auch schon bedroht hat.
Ihre Psychotherapeutin beispielsweise hatte ihre Patientin selbst angezeigt, weil sie Angst vor ihr hatte.
Caroline hatte ihr gedroht, sie umzubringen.
Den ermittelnden BeamtInnen hat sie auch von ihren Gewaltfantasien gegen die Therapeutin erzählt.
Diese Frau muss man früher oder später umbringen.
Sie läuft mir ja nicht davon.
Die Staatsanwältin sieht in ihr eine Gefahr für die Allgemeinheit.
Deswegen fordert sie zusätzlich zur Freiheitsstrafe die Verwahrung und das Gericht gibt ihr Recht.
Vier Jahre Zuchthaus und Verwahrung.
Zur damaligen Zeit ist das ein Novum.
Dass eine gerade mal 20-Jährige gefährlich sein und dann auch noch deswegen verwahrt werden soll,
das können sich viele nicht vorstellen.
Und das Urteil bleibt auch nicht lange bestehen.
Nur ein Jahr später hebt ein höheres Gericht es wieder auf,
weil ein neues Gutachten Carolin eine bessere Prognose gibt.
Und das, obwohl sich Carolin im Gefängnis kaum an Regeln halten mag
und sich immer wieder den JustizvollzugsbeamtInnen widersetzt.
Jetzt heißt es also weniger Zeit im Zuchthaus für sie und Therapie statt Verwahrung.
Ein fataler Fehler.
Carolin H. ist das Kind eines Österreichers und einer Österreicherin.
Der Vater ist Schreiner, die Mutter ist später Hausfrau.
Gemeinsam lebt die Familie in einem kleinen Dorf in der Innerschweiz.
Carolin H. ist als Kind noch nicht sonderlich auffällig, wirkt nach außen eher schüchtern.
Nur in die Schule geht sie nicht so gern.
Als sie in die Pubertät kommt, wird sie auffällig, stellt Blödsinn an.
Das Mädchen mit den langen, blonden Haaren und dem Pony wird immer mehr zur Außenseiterin.
Kapselt sich selbst ab und leidet aber gleichzeitig daran, nicht integriert zu sein.
Sie wird gehänselt.
Eigentlich wollte Carolin immer Polizistin werden.
Aber weil ihr die Einbürgerung verweigert wird, kann sie ihrem großen Traum nicht nachgehen.
Carolin fühlt sich schnell gedemütigt.
Als sie nach einem Au-pair-Jahr in Neuenburg zurückkehrt, ist nichts mehr wie vorher.
Später werden GutachterInnen sagen, dass das das entscheidende, prägende Jahr für sie war und dass sie die Erlebnisse dort nie wieder losgelassen haben.
In einer Vernehmung spricht Carolin davon, von ihrem Gastvater vergewaltigt worden zu sein.
Das nimmt sie aber später wieder zurück und sagt, sie wäre nur sauer auf die Gastfamilie gewesen und wollte ihr eins auswischen.
Deswegen thematisiere ich das jetzt ja auch nicht weiter.
Aber später äußert sie auch einem Ermittler gegenüber, dass sie ernsthaft überlegt hatte, die Familie umzubringen.
In der Zeit danach legt Carolin ihre ersten Brände.
Manchmal kehrt sie an die Orte zurück, wenn die Flammen schon lodern und schaut beim Löschen zu.
Nach der Schule beginnt sie eine Lehre im Büro.
Aber richtig erfolgreich ist sie dabei nicht.
Hinzu kommt, dass sie unter Alkoholeinfluss regelrecht aggressiv wird.
Bei einer Firmenfeier rastet Carolin dann so aus, dass sie von mehreren Leuten festgehalten werden muss.
Als man ihr das am nächsten Tag berichtet, kann sie sich an nichts mehr erinnern.
Carolin wird gekündigt und fällt in ein großes Loch.
Sie klaut, begeht Sachbeschädigungen und legt Feuer.
Dann regt sich bei Carolin eine Art Lust.
In ihr entwickelt sich das Bedürfnis, jemanden umzubringen.
Sie spielt mit dem Gedanken, setzt sich ein paar Mal in den Zug nach Zürich,
weil es in ihrer Vorstellung dort passieren muss,
hat aber keinen wirklichen Plan und fällt dann unverrichteter Dinge wieder zurück.
Dann kommt Carolin eine Idee.
Sie will es in einem Parkhaus machen.
In Parkhäusern ängstigen sich Leute.
Und das findet Carolin erregend.
Das Opfer muss sich erschrecken und danach getötet werden.
Also setzt sie sich an einem Tag im Juni wieder in den Zug nach Zürich und geht ins Parkhaus Urania.
Als sie das Klackern von Barbaras Schuhen hört, weiß sie, wer ihr Opfer sein wird.
Nachdem sie sie niedergestochen hat, flüchtet Carolin und wäscht sich die Hände und das Messer in einem Brunnen.
Sie ist zwar befriedigt, aber irgendwie auch erschrocken über sich selbst.
Dass die Polizei nach der Tat nach einem oder zwei männlichen Tätern sucht, spielt Carolin in die Karten.
Niemand verdächtigt sie und sie kann weiterhin Gebäude in Brand setzen.
Wegen der Großbrände fliegt sie dann aber auf, weil sie gegenüber einem Freund Andeutung macht,
dass sie für die Taten verantwortlich ist.
Als die Beamten und Beamtinnen sie abfangen und ihr Zuhause durchsuchen,
finden sie in einem Ordner etliche Zeitungsartikel zu den Bränden abgeheftet.
Dass Carolin dabei auch jedes Mal Menschenleben gefährdete, war ihr egal.
Nach dreieinhalb Jahren Zuchthaus kommt Carolin H. dann schließlich frei und versucht sich erneut in der Berufswelt.
Wieder scheitert sie.
Mit 23 Jahren hat sie weder etwas im Leben erreicht, noch hat sie die Aussicht darauf, es jemals zu tun.
Wieder fängt sie an, Brände zu legen und wieder kommt in ihr das Bedürfnis hoch,
die Angst in den Augen einer Frau sehen zu wollen und dann zuzustechen.
Also zieht sie es erneut in ein Parkhaus und sucht sich ihr nächstes Opfer.
Warum auch immer dreht diese Frau dann aber plötzlich um, bevor sie an Carolin vorbeigeht.
Carolin will ihr nicht nachrennen.
Aber dass sie ihren Plan nicht in die Tat umsetzen kann, das frustriert sie.
Einige Zeit später greift sie Marlene beim Chinesischen Garten an.
Eine kurze Zeit darauf Ida in der Buchhandlung.
Dass Ida nicht tot ist, weiß Carolin übrigens nicht, als sie flieht.
Also lebt sie die nächste Zeit mit der Annahme, drei Menschen getötet zu haben.
Weil sie mit sich und den Taten aber immer weniger zurechtkommt,
weist sie sich im Frühling 1998 selbst in eine psychiatrische Klinik ein.
In der Zeit wird sie nochmal von BeamtInnen vernommen,
die sie wegen einiger Brände sprechen wollen, die sie zuletzt gelegt hat.
Während dieser Vernehmung erzählt Carolin plötzlich von ständig wiederkehrenden Träumen,
in denen sie Frauen tötet.
Der Verdacht erhärtet sich, dass Carolin nicht nur von Träumen erzählt,
sondern diese als Vorwand benutzt, um sich mitzuteilen.
Die Geschichten, die sie erzählt, ähnen deutlich dem Fall im Morania-Parkhaus.
Als die BeamtInnen genauer nachfragen, fällt auf, dass Carolin Dinge weiß,
die nur der Täter oder die Täterin wissen kann.
Wie beispielsweise, dass Barbara hohe Schuhe getragen hat, die geklackert haben
und dass sie einen Autoschlüssel in der Hand hielt, als sie angegriffen wurde.
Beides Dinge, die medial offenbar nie thematisiert wurden.
Die Vernehmungen mit Carolin sind nicht leicht.
Denn wenn man sie zu direkt auf ihre Schuld anspricht, dann explodiert sie innerhalb von Sekunden,
rastet aus und wird gewalttätig.
Manchmal wirft Carolin dann Gegenständen, die ihr gerade in die Finger kommen, auf BeamtInnen.
Einmal bricht sie bei einem Ausraster sogar einem Polizisten die Rippe.
Daraufhin wird im Vernehmungszimmer der Station extra eine Art Mini-Gefängnis eingebaut,
damit die PolizistInnen in Sicherheit die Befragung mit ihr machen können.
Bis Carolin H. ein umfangreiches Geständnis ablegt, dauert es.
Bei einer Gegenüberstellung mit der Buchhändlerin kann Ida,
die bisher an einen männlichen Täter geglaubt hatte, Carolin nun doch identifizieren.
Die Polizei macht mit Carolin Tatort Begehung.
Danach, im Jahr 1999, gesteht sie dann acht Jahre, nachdem sie Barbara im Parkhaus überfiel.
Als das bekannt wird, gibt es für die Medien lange Zeit nur noch ein Thema.
Es war kein Sexgangster, der die Frauen tötete, sondern die Messermörderin.
Niemals wäre jemand von einer weiblichen Täterin ausgegangen.
Wir wissen, warum.
Die meisten Taten werden von Männern verübt und wenn Frauen töten, dann meist nie so brutal.
2001 kommt es zur Anklage am Obergericht Zürich.
Die Anklage basiert fast ausschließlich auf Carolins Geständnissen und ihrem Täterinnenwissen.
Carolin trägt Hand- und Fußfesseln, auf eigenen Wunsch, ohne würde sie sich nackt vorkommen, sagt sie.
Außerdem muss sie von einem Sicherheitsbeamten bewacht werden.
Auch das stärkt ihr Image der skrupellosen Killerin.
Andere Menschen, so sagt sie, solle man vor ihr schützen.
Im Prozess zeigt sie wenig Reue oder Einsicht, betitelt Frauen als Huren,
während die Schwester und die Eltern von Barbara mit im Saal sitzen.
Über sie sagt Carolin, dass sie sterben musste, weil ihre Schuhe so klapperten.
Das hatte sie aufgeregt.
Carolin sagt vor Gericht, dass sie alles Weibliche ablehnt.
Frauen seien für sie schwache Wesen und verabscheuungswürdig.
Der psychiatrische Gutachter ist der Meinung, dass das eine Form des supplementierten Selbsthasses ist.
Also wenn man den Hass gegen sich selbst auf andere überträgt.
Er sieht bei Carolin eine kombinierte Persönlichkeitsstörung.
Sie sei schizoid, narzisstisch und zeige wegen ihrer emotionalen Instabilität auch Ansätze einer Borderline-Störung.
Später sagt er in einem Interview mit dem Journalisten Carlos Hanimann,
dass ihr Krankheitsbild auch Hinweise auf eine Autismus-Spektrumsstörung geben würde.
Der Gutachter meint, dass Carolin das Image der Schwerverbrecherin suche und sich auch gerne als solche sieht.
Schwächen gesteht sie sich selbst nicht zu.
Hinzu kommt ihr Bedürfnis nach Macht.
Sie wollte immer Macht ausüben.
Das hat sie mit den Bränden getan und auch mit den Angriffen auf die Frauen.
Und daher rührte auch ihr Wunsch, Polizistin zu werden.
Denn für Carolin steht die Polizei für Macht.
Als der Gutachter mit ihr die Gespräche führte, machte er gleich deutlich, dass er sie zurückschlagen würde, wenn sie ihn angreifen sollte.
Sie ist ihm gegenüber nie handgreiflich geworden.
Er meint, sie habe aus Mordlust getötet.
Die Brutalität, ihre Fantasien, alles spreche dafür.
Auch wenn bei manchen Taten teilweise Geld gefehlt hat, war das nicht das Motiv, wie man aus Carolins Vernehmung erfahren hatte.
Zweifel an ihren Aussagen habe der Gutachter nicht.
Er schätzt sie als sehr gefährlich ein und das Gericht teilt seine Meinung.
Carolin wird des Mordes im Uranier Parkhaus beim Chinagarten und des versuchten Mordes an der Buchhändlerin und wegen 50-facher Brandstiftung verurteilt.
Dafür muss sie lebenslang ins Zuchthaus.
Außerdem ordnet das Gericht die Verwahrung auf unbestimmte Zeit an.
Im Urteilsspruch heißt es, dass die Taten nur durch Carolins Aussagen ihr zugeordnet werden können.
Carolin kommt in die Frauenvollzugsanstalt Hindelbank.
In Einzelhaft, in einem Hochsicherheitstrakt.
Dort musste extra eine Spezialzelle für sie eingebaut werden, die besondere Sicherheitsstandards erfüllt.
Gekostet hat das 270.000 Franken.
Also knapp eine Viertelmillion Euro.
Sie hat keine sozialen Kontakte.
Nur die Katze Zeus wohnt bei ihr.
Und als die stirbt, bekommt sie eine neue.
Carolin hat keine Aussicht auf Entlassung.
Im Jahr 2004 widerruft sie ihre Geständnisse.
Um ihre Verwahrung in eine lockerere Maßnahme ändern zu lassen, wird ihr unter anderem das widerrufende Geständnis zum Verhängnis.
Denn um eine bessere Prognose zu bekommen, muss sie geständig sein und in der Therapie über ihre Taten reden.
Carolin bezweifelt nicht, dass sie gefährlich ist.
In der Anhörung erzählt sie, dass sie Gewaltfantasien und Mordgedanken hat.
Aber über die Taten im Parkhaus und im Chinagarten will sie nicht mehr sprechen.
Obwohl sie sich damit quasi selbst im Weg steht.
Und obwohl sie die Geständnisse widerrufen hat, haben Carolin und ihr Rechtsbeistand, zumindest soweit ich weiß, das Urteil nicht öffentlich angefochten.
Bis heute verbringt Carolin einen Großteil ihrer Zeit in Insolationshaft.
Allein, ohne Kontakte zu anderen Gefangenen.
Über die Morde verliert sie jetzt kein einziges Wort mehr.
Auch nicht gegenüber den Journalisten und Journalistinnen, die sie in der Haft besucht haben.
Also sie ist jetzt immer noch bei dem Standpunkt, dass sie das nicht war.
So offen hat sie das dem Richter gegenüber, der das entscheiden sollte, ob sie in eine gelockertere Maßnahme kommt.
So offen hat sie das nicht gesagt.
Sie hat das einfach offenbar 2004 widerrufen und sagt jetzt, sie möchte nicht mehr darüber reden.
Und es hat ja keine anderen Beweise oder Indizien gegeben, außer ihrem Geständnis.
Nee, genau. Das hat ja das Gericht extra im Urteilsspruch auch betont, dass sie sich fast ausschließlich auf ihre Aussagen und ihr Täterwissen beziehen.
Okay.
Und deswegen gibt es auch einige Leute, die Zweifel an der Schuld von Carolin H. haben.
Es wurde auch ein Buch geschrieben, das sich so ein bisschen damit auseinandersetzt.
Das heißt, ist Carolin H. wirklich die gefährlichste Frau der Schweiz?
Eben von diesem Carlos Hahnemann.
Und er und noch einige andere wollen halt die Frage aufwerfen, ob sie wirklich das ist, zu dem sie die Medien gemacht haben.
Vor allem, weil es wohl auch Hinweise darauf gibt, dass der Mord beim China-Garten von einer anderen Person begangen worden sein könnte.
Mich hat das jetzt aber, ehrlich gesagt, nicht so überzeugt.
Am Ende sagt Carolin H., aber ja auch selbst, dass sie nicht ohne Grund sitzt und gefährlich ist.
Ja, das ist jetzt die erste Frau, die wir haben, die zumindest eine Zeit dazu gestanden hat, Frauen einfach nur aus Hass umgebracht zu haben.
Und das ist ja sicherlich was, was total selten vorkommt, weil eigentlich ist es ja eher so, das habe ich bei Tätern halt schon öfters, also bei Sexualstraftätern schon öfter gelesen, dass sie halt auch irgendwie aus Frauenhass gehandelt haben.
Aber bei einer Frau?
Ja, es ist so ein bisschen, als ob sie sich auch selber mit ihrem eigenen Geschlecht nicht so richtig identifizieren mag.
Nun muss man dazu sagen, damals, als sie die Taten begann hat, war das öffentliche Bild von Frauen auch noch ein ganz anderes.
Also damals schien das vielleicht einigen Personen schwerer, sich mit dem zu identifizieren, was die Gesellschaft wollte, wie Frauen zu sein haben.
Und da hat sie sich offenbar nicht so reinfühlen können.
Sie sah jetzt nicht aus, wie man sich damals eine Frau vorgestellt hat.
Sie war sehr buschikos und Carolin H. hat auch angegeben, dass sie wegen ihres Aussehens oft gehänselt wurde und darunter auch sehr gelitten hat.
Und können wir mal kurz über Zeus sprechen?
Ist es eine Katze, die mit ihr da wohnt oder wie?
Zeus ist tot.
Also sie hatte eine Katze mit in ihrer Zelle oder in ihrem Raum.
Offenbar hat sie jetzt auch ja noch eine.
Das habe ich noch nie gehört.
Und in der JVA Tegel haben Menschen, die da in Sicherungsverwahrung waren, auch Katzen bekommen, um die sozialen Fähigkeiten auszubauen.
Und das kann denen ja auch eine weitere Aufgabe geben, also dass sie sich um die kümmern müssen und dann auch mal mit denen schmusen können.
Ja, das ist ja nett für die.
Carolin H. hat ja die Verwahrung bekommen und darum geht es jetzt in meinem Aha.
Verwahrung heißt, wenn ein Straftäter oder eine Straftäterin als so gefährlich eingestuft wird, dass er oder sie auch nach der abgesessenen Haftstrafe hinaus inhaftiert wird.
Das gilt allerdings als Maßnahme, also für die Sicherheit von anderen Menschen und nicht als Strafe.
Deswegen hat die Verwahrung auch nichts mit der Schuld zu tun, die der oder die Verurteilte dann ja schon getilgt hat.
Die Schuld begründet ja die Haft und sie begrenzt die halt aber auch.
Und das hier geht also über die Schuld hinaus.
Und deswegen müssen die Rahmenbedingungen der Verwahrung auch anders sein.
Übrigens haben wir das hier in Deutschland nicht immer so richtig hinbekommen, weil 2009 hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte unsere Sicherungsverwahrung,
die man von Gedanken her mit der Verwahrung in der Schweiz schon vergleichen kann, als Strafe qualifiziert.
Ein verurteilter Sexualmörder hatte kurz vor seiner Haftentlassung vom Gutachter wegen anhaltender sadistischer Fantasien eine nachträgliche Sicherungsverwahrung aufgebohnt bekommen
und sich dann dagegen gewehrt.
Und danach wurde unser System hier zur Sicherungsverwahrung 2013 reformiert.
Und 2018 entschied dann der EGMR auch, dass die Unterbringung des Täters fein sei,
weil jetzt im Vordergrund stünde seine psychische Störung zu behandeln.
Im Schweizer Prinzip gibt es im Grunde zwei Arten von Verwahrung.
Die ordentliche und die lebenslängliche.
Beide werden nach dem Absetzen der Freiheitsstrafe angetreten und zusammen mit der Haftstrafe angeordnet,
wenn zu erwarten ist, dass der Täter oder die Täterin weitere Taten begeht.
Für die ordentliche Verwahrung müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein.
Zum einen muss es sich um eine Straftat handeln, bei der die Höchststrafe mindestens fünf Jahre beträgt.
Darunter fällt dann halt sowas wie Mord, schwere Körperverletzung, Vergewaltigung etc.
Dann muss das Ziel des Täters oder der Täterin gewesen sein, die körperliche, psychische oder sexuelle Integrität des Opfers schwer zu verletzen
oder dass die Person das dann auch tatsächlich getan hat.
Und es muss ein hohes Rückfallrisiko bestehen, beispielsweise weil beim Täter oder bei der Täterin eine psychische Störung oder eine Persönlichkeitsstörung diagnostiziert wurde.
Nach zwei Jahren wird bei der ordentlichen Verwahrung dann jährlich geprüft, ob die Maßnahme noch gerechtfertigt ist.
Zeitlich ist die aber an sich nicht begrenzt.
Die lebenslange Verwahrung, die gibt es ja erst eben, wie du erzählt hast, durch deinen Fall, also seit 2008 wegen der Verwahrungsinitiative.
Und die unterscheidet sich insofern von der ordentlichen, als dass es keine Chance auf eine frühzeitige Entlassung gibt oder auf Hafturlaub.
Ist halt für besonders gefährliche TäterInnen, die von zwei unabhängigen ExpertInnen auch als nicht therapierbar eingestuft werden müssen.
Und diese Form der Verwahrung ist in der Schweiz heftig umstritten, weil es im Grunde genommen ja schwer vorhersehbar ist,
ob ein Mensch in seinem Leben niemals therapierbar sein wird.
Ja, und weil das ja auch schon bei der Verurteilung festgestellt werden muss.
Also welcher Gutachter oder welche Gutachterin sieht sich denn imstande, bei einem Menschen vorauszusagen,
also dieser Mensch wird safe auch noch in 30 Jahren nicht therapierbar sein.
Ja, vor allem, weil es dann ja wahrscheinlich auch ganz andere Therapiemethoden dann hoffentlich gibt.
Und wenn es dann aber eh heißt, dass sie dann gucken müssen, ob man dann bedingt entlassen oder anders verwahrt werden kann, ja, wozu denn überhaupt?
Und es gibt auch keine offiziellen Zahlen, aber was ich jetzt so gehört habe,
sitzen derzeit auch nur ein bis drei Menschen in lebenslanger Verwahrung in der Schweiz.
Und einer von ihnen ist Mike A.
Er hatte mehrere Frauen vergewaltigt und dann ein Callgirl vorsätzlich getötet.
Einer seiner Gutachter sagt über ihn, er hat Mäuse mit Strom gefoltert.
Er leidet an einer Triebanomalie mit sadistischem Einschlag.
Nach Lehrbuch, es ist sexueller Sadismus.
Und damit ist er dann eben auch dauerhaft nicht therapierbar.
Also auch wenn es super, super selten ist, das Gericht hat die Möglichkeit, die lebenslange Verwahrung anzuordnen
und hat das in diesem Fall jetzt auch gemacht.
Und da kam es dann aber bei einigen zum Aufschrei, als ein Gericht für den Vierfachmörder von Rupersville
nicht die lebenslange Verwahrung ausgesprochen hat.
Diesen Fall haben wir super oft vorgeschlagen bekommen von euch.
Thomas N., wie der Vierfachmörder von Rupersville eigentlich heißt, hatte auf brutalste Art eine Mutter,
ihre beiden Söhne und die Freundin des älteren Sohns über Stunden gequält,
den jüngsten Sex-OMS braucht und danach allen die Kehle durchgeschnitten und dann das Haus in Brand gesteckt.
Nun hat aber gerade Thomas N., der eine Tat begangen hat, von der sogar die Richter vom Highway des Grauens sprachen,
nur in Anführungsstrichen die ordentliche Verwahrung bekommen.
Wie eingangs gesagt, dient ja aber die Verwahrung jetzt nicht dazu, ein Verbrechen zu sühnen und ist schuldunabhängig.
Dazu gibt es halt die Haftstrafe und da hat Thomas N. schon lebenslang bekommen.
Und weil die GutachterInnen bei ihm eben nicht davon ausgehen konnten, dass er sein Leben lang nicht therapierbar ist,
mussten sie die ordentliche Verwahrung aussprechen.
Und im Urteil heißt es, im Gegensatz zu den sexuellen Handlungen mit einem Kind,
die in direktem Zusammenhang mit der Pädophilie stehen,
kann die Vierfachttötung tatsächlich nicht auf eine psychische Persönlichkeitsstörung zurückgeführt werden.
Also, er hat psychische Störungen und die gelten Stand jetzt als nicht therapierbar.
Aber diese Störungen, die er hat und nicht therapierbar sind, haben eben nicht zur Tötung geführt.
Die haben das vor Gericht versucht, das so auszulegen, als wäre das so gewesen,
aber damit sind sie nicht durchgekommen.
Ich finde, wenn man das so hört, dann zeigt das auch, wie kompliziert so eine Begutachtung überhaupt ist.
Also, welche Störung für welche Tat mitverantwortlich gemacht werden kann.
Also, wie zuverlässig sind solche Aussagen am Ende des Tages?
Ich meine, irgendwie ist es doch beruhigend dann zu wissen,
dass diese lebenslange Verwahrung nicht so oft oder eigentlich fast nie ausgesprochen wird.
Ja, und am Ende können StraftäterInnen ja auch durch die ordentliche Verwahrung bis zum Get-No verwahrt werden,
wenn sie weiterhin eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellen.
So, und dann gibt es zusätzlich zu diesen beiden Formen auch noch etwas, das nennt man die kleine Verwahrung.
Das ist eine stationäre therapeutische Maßnahme.
Das ist beispielsweise, wenn psychisch schwer gestörte TäterInnen in eine geschlossene Einrichtung müssen und dort behandelt werden.
Und dieser angeordnete Freiheitsentzug, der darf aber nicht länger als fünf Jahre sein.
Der kann aber, wenn nötig, dann doch nochmal wieder verlängert werden während dieser Maßnahme.
Caroline H. hat ja versucht, ihre Verwahrung auf die kleine Verwahrung umtragen zu lassen.
Und es wäre dann auch möglich, wenn es wahrscheinlich ist, dass sich die Rückfallgefahr über die Dauer von diesen fünf Jahren deutlich verringern lässt.
Und das war bei Caroline H. aber halt einfach nicht der Fall.
Und deswegen bleibt sie so verwahrt, wie sie jetzt ist.
Also mit diesem Auslandsspezial sind wir jetzt auch wieder nicht sonderlich weit gereist.
Und auch wieder in ein Land, in dem die Kriminalität in Bezug auf Tötungsdelikte vergleichbar ist mit der in Deutschland.
Denn die neuen Zahlen von Eurostat belegen, dass die Tötungsrate in der Schweiz für das Jahr 2017 bei 0,38 Fällen pro 100.000 EinwohnerInnen lag.
In Deutschland bei 0,44.
Und wenn man sich die Kriminalstatistiken anschaut, dann wird das so ein bisschen konkreter.
Da gab es in der Schweiz 2019 207 Tötungsdelikte, wozu auch versuchte Tötungsdelikte zählen.
Und in Deutschland 3054 sogenannte Straftaten gegen das Leben, was damit zu vergleichen ist.
Aber wenn man bedenkt, dass Deutschland fast zehnmal so viele EinwohnerInnen hat wie die Schweiz, wird das so ein bisschen relativiert.
Aber man sieht ganz deutlich, dass in Deutschland das Leben auf jeden Fall ein bisschen gefährlicher ist.
Und deswegen finde ich auch nicht verwunderlich, dass die Liste von Schweizer SerienmörderInnen auch gar nicht mal so lang ist.
Da gab es nämlich nur fünf.
Im Gegensatz zu Österreich, das ja fast genauso groß ist.
Und da gab es acht mehr.
Und wir in Deutschland hatten ja 66.
Und ich muss auch zugeben, dass ich vor der Recherche zu dieser Folge keinen einzigen Fall aus der Schweiz kannte.
Außer den, den ihr uns ja immer vorgeschlagen habt, nämlich diesen Rupas-Willfall.
Wie ging es dir da?
Kanntest du einen?
Außer den?
Nee, ich glaube nicht.
Sarah hat mir bestimmt irgendwann mal was erzählt.
Aber...
Also Österreich, ich möchte jetzt keine Competition machen, aber Österreich hat halt schon...
Den Fritzl zum Beispiel kennt halt jeder.
Und Natascha Kampusch auch.
Ja, und Natascha Kampusch auch.
Ja.
Irgendwie ist in der Schweiz, obwohl dieser Rupas-Willfall auch wirklich richtig doll dramatisch ist, gehört man da irgendwie nicht so viel von, ne?
Nee.
Man hört generell sehr wenig über die Schweiz.
Das stimmt.
Dafür, dass sie fast genauso viele EinwohnerInnen haben wie Österreich.
Aber eigentlich spricht das ja für das Land.
Also zumindest, dass man nicht so viel von solchen hochdramatischen Fällen hört.
Aber ein Schweizer Fall hat mich dann doch sehr schockiert.
Also neben dem Rupas-Willfall.
Weil es sowas in der Form noch nicht in Deutschland gab.
Und zwar spielte sich dieser Vorfall am 5. Oktober 1994 ab.
Und insgesamt starben 48 Menschen.
15 davon hatten Suizid begangen und die anderen wurden getötet.
Und zwar handelte es sich dabei um einen Ritualmord einer Sekte.
Und diese Sekte hieß Sonnentemplar.
Und damals fand man dann auf einem Bauernhof etliche Leichen, die so weiße und goldene Kutten mit Symbolen drauf anhatten.
Und in einem Kreis auf dem Boden lagen, sodass ihre Körper so aussahen wie die Strahlen der Sonne.
So ganz gruselig.
Und daneben lag ein Abschiedsbrief mit den Worten, wir verlassen diese Erde ohne Bedauern, um in ganzer Klarheit und Freiheit eine Dimension der Wahrheit und des Absoluten zu finden.
Also so ein klassischer Fall von Gehirnwäsche.
Den Anhängerinnen wurde nämlich Glauben gemacht, dass dieses kollektive Sterben der einzige Weg zur Rettung auf dem Planeten...
Erde.
Nein, nicht Erde.
Welcher Planet könnte das sein?
Na, woher kommt ALF?
Weiß ich nicht.
Mailmark.
Aber welchen Planeten kennen wir schon aus einer Erzählung?
Ja, nicht den Sirius-Stern?
Doch.
Aber es ist doch kein Planet, es ist doch ein Stern.
Naja, aber die sagen, das ist der einzige Weg zur Rettung auf dem Planeten Sirius.
Aha.
Naja, die wollten nach Sirius, dachten, dass sie so dahin kommen.
Und das alles nur, weil der Sektenführer mit einem Vornamen eines Neugeborenen nicht zufrieden war.
Quatsch.
Doch.
War der Name Inken?
Nein.
Und das war jetzt auch nicht wegen des Namens, sondern das war, weil sein Kind schon diesen Namen hatte.
Ach so.
Schade, dass wir die Folge zu Sekten schon gemacht haben.
Dieser Fall wäre auf jeden Fall spannend.
Aber scheinbar ist die Schweiz auch so ein Hotspot für Sekten.
Ich glaube, wir machen uns richtig unbeliebt heute in dieser Folge da.
Aber das sagt auf jeden Fall zumindest der Schweizer Religionswissenschaftler Dr. Georg Otto Schmidt.
Und allein in der Deutschschweiz gäbe es nach Schätzung etwa 100.000 AnhängerInnen von Gruppierungen mit sektenhaften Zügen.
Und wenn wir diese Relation auf Deutschland übertragen würden, dann gäbe es hier rund 1,5 Millionen AnhängerInnen solcher Gruppen.
Ja, die Verantwortlichen in dem Fall konnte man ja nicht mehr verurteilen, ne?
Nee, die waren ja auch tot.
Ich frage das sozusagen, also nicht, dass ich nicht weiß, dass wenn man tot ist, es nicht mal verurteilt werden kann, sondern ob alle Verantwortlichen dann tot waren damit sozusagen.
Oder ob es noch andere gab.
Nee.
Aber wenn, wäre es vielleicht Mord gewesen.
Der wird in der Schweiz in Paragraf 112 StGB geregelt.
Und generell zeichnet sich ein Mord durch außergewöhnlich krasse Missachtung fremden Lebens bei der Durchsetzung eigener Absichten aus.
Mord ist eine Qualifikation des Grundgelegts der vorsätzlichen Tötung und der Totschlag ist eine Privilegierung davon.
Also man kann sich das eigentlich wie so eine Treppe vorstellen.
Also vorsätzliche Tötung, Totschlag, obwohl der im StGB nach dem Mord kommt und dann Mord.
Und dazu heißt es, handelt der Täter besonders skrupellos, sind namentlich sein Beweggrund, der Zweck der Tat oder die Art der Ausführung besonders verwerflich.
So ist die Strafe lebenslängliche Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.
Damit haben wir ja dann auch schon einen Unterschied zum deutschen Mordparagrafen.
Bei uns wird man bei Mord zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt.
Und die kann ja bei uns auch erst frühestens nach 15 Jahren zur Bewährung ausgesetzt werden.
Solche Mordmerkmale wie bei uns, das gibt es nicht, sondern die haben sogenannte Mordqualifikationen.
Und zwar gibt es zum einen die des besonders verwerflichen Zwecks bzw. Beweggrund.
Und darunter zählt dann sowas wie Habgier bei uns oder in der Schweiz auch die Entfernung einer unliebsamen Person.
Was aber auch darunter fällt, was wir hier als zur Ermöglichung oder Verdeckung einer anderen Straftat kennen.
Und in dieser Kategorie geht es darum, dass der Täter oder die Täterin das Leben der anderen Person halt äußerst gering schätzt.
Und ich finde, da gibt es schon einige Überschneidungen mit unseren Gruppen 1 und 3 der Mordmerkmale.
Also die täterbezogenen Merkmale, die auf diese Motivlage schließen lassen.
Und dann gibt es noch die besonders verwerfliche Art der Ausführung im Schweizer Recht, die unserer zweiten Gruppe, die der tatbezogenen Mordmerkmale sehr ähnelt.
Also die Art und Weise, wie diese Tat verübt wurde.
Und diese Qualifikation greift hier, wenn das Opfer mehr leiden muss beispielsweise, als für die Tat eigentlich notwendig oder sehr lange gequält wurde beispielsweise.
Aber sowas wie heimtückische Begehungsweise, sowas zählt in der Schweiz da nicht dazu.
Als Totschlag zählt in der Schweiz eine vorsätzliche Tötung, wenn die Tat in entschuldbarer, heftiger Gemütsbewegung passiert ist.
Und als entschuldbarer Grund gilt die Gemütsbewegung, wenn der Täter oder die Täterin beispielsweise stark gekränkt, eifersüchtig oder zornig war oder Angst hatte oder sehr verzweifelt war.
Dazu ist aber wichtig, dass der Täter oder die Täterin selbst kein vorwiegendes Verschulden an dieser Affektsituation hat und auch ein Durchschnittsmensch in der gleichen Situation auch in den Affekt geraten wäre.
Da erinnere ich mich doch sehr an unsere Österreich-Folge Nummer 44, in der du mir immer irgendwas vom Maßmenschen erzählt hast.
Ja, das ist ja in Österreich dieser Durchschnittsmensch, an dem man sich da misst.
Also an dem hat man schon sehr hohe moralische Ansprüche.
Anders als in Deutschland und Österreich verjährt Mord in der Schweiz übrigens, und zwar nach 30 Jahren.
Der einzige Mord, der da nicht verjährt, ist der Völkermord, weil das gegen Völkerrecht verstoßen würde.
Aber das gefällt nicht allen SchweizerInnen.
Und deshalb gibt es immer wieder Vorstöße zu einer Aufhebung der Verjährungsfrist.
Erst Anfang dieses Jahres wurde das wieder besprochen und eine endgültige Entscheidung ist da auch noch nicht gefallen.
Allerdings stehen die Chancen eher schlecht, denn schon 2016 gab es so einen Vorschlag aus der Politik und der wurde abgelehnt, weil es hieß, es gebe ein Recht auf Vergebung und Vergessen und man hoffe auf die heilende Wirkung der Zeit.
Außerdem würde es auch praktische Gründe für die Verjährung geben, und zwar, dass die Beweiserhebung halt nach so einer langen Zeit schwerer ist.
Aber sollte der Vorschlag, die Verjährungsfrist zu kippen, jetzt wieder abgelehnt werden, dann gibt es ja immerhin noch das Instrument der Volksinitiative.
Und damit könnte man tatsächlich Erfolg haben, zumindest wenn man sich eine ganz ähnliche Volksinitiative ansieht, die 2008 vom Volk angenommen wurde.
Die sogenannte Verjährungsinitiative, die hatte gefordert, dass Sexualdelikte an Kindern unverjährt bleiben.
Und da hatten 51,9 Prozent der SchweizerInnen, die da mitgemacht haben, mit Ja gestimmt.
Und so wurde die Unverjährbarkeit für Sexualdelikte an Kindern unter zwölf Jahren auch 2013 erfolgreich umgesetzt.
Im Vergleich, in Deutschland verjähren Seuchen legte aller, aller spätestens nach 20 Jahren.
Aber hier ist die Besonderheit, dass bei besonders schweren Straftaten die Verjährung frühestens mit dem Ablauf des 30. Lebensjahres beginnt.
Also da hat man quasi dann auch noch, bis man 50 Jahre alt ist, die Chance, Anzeige zu erstatten und dass es dann auch zu einem Prozess möglicherweise kommt.
Diese Änderung zur Verjährung, die besteht ja seit 2015.
Und wir sehen ja auch, wie wichtig das war, das einzuführen.
Weil beispielsweise bei den Regensburger Domspatzen, von denen ich in Folge 33 erzählt habe, da hätte das unter Umständen tatsächlich auch noch was besuchen können.
Weil dieser Alexander Probst, an dem habe ich den Missbrauchsskandal erzählt, der war nun, als das öffentlich wurde, 2010, gerade 50 Jahre alt.
Und hätte es die Verjährungsfrist damals schon so gegeben, wie heute, dann hätte tatsächlich noch jemand dafür belangt werden können.
Die haben ja trotzdem Entschädigungen bekommen, aber darum geht es halt nicht nur.
Ja.
Eine weitere Besonderheit der Schweiz im Vergleich zu anderen Ländern ist der Umgang mit Sanktionen.
Denn in unserem Nachbarland geht man relativ milde mit StraftäterInnen um.
Also sowohl was den Strafrahmen angeht, aber vor allem was die RichterInnen betrifft.
Aber fangen wir mit dem Strafrahmen an.
Also Beispiel Mord, das hast du ja eben schon mal gesagt, aber für Mord kann zwar, wie in Deutschland, auch eine lebenslange Freiheitsstrafe verhängt werden.
Das passiert aber nicht oft.
Und es ist bei Mord bereits nach zehn Jahren eine sogenannte bedingte Entlassung möglich.
Bedingte Entlassung ist ungefähr sowas wie bei uns die Aussetzung auf Bewährung.
Also für Mord kann man nach zehn Jahren theoretisch raus.
Und das wird in der Praxis auch immer wieder so gemacht.
Also so wurde eine zu Mord verurteilte Person im Jahr 2016 durchschnittlich nach zwölf Jahren entlassen.
Dasselbe galt für Vergewaltiger.
Ihr Strafrahmen reicht zwar bis zu zehn Jahren, aber Vergewaltiger saßen 2016 im Durchschnitt hier nur zweieinhalb Jahre.
Das ist echt nicht viel.
In Deutschland sind es immerhin 3,4.
Also hat Statista 2014 gesagt.
Ich denke aber, dass es heute vielleicht länger sein könnte.
bei den gleichen Delikten wegen dieser Sexualstrafrechtsverschärfung von 2016.
Ja, in der Schweiz hat das vor allen Dingen mit den RichterInnen zu tun, die vergleichsweise milde urteilen.
Weil sie sich eben in der Regel am unteren Strafrahmen orientieren.
Auch bei Körperverletzungen oder Tötungen zum Beispiel.
Und ein extremes Beispiel dafür ist ein Fall aus dem Jahr 2010.
Da bekam eine Frau, die ihren Ehemann im Streit mit einem Bügeleisen erschlug, nur 22 Monate Gefängnis wegen Totschlags.
War das Bügeleisen an?
Soweit ich weiß, war das nicht an, aber die schlug wohl mindestens zehnmal oder so mit dem Bügeleisen auf den Kopf ein.
Da hat die Gesellschaft Frauen jahrelang die Hausarbeit aufgedrückt und gar nicht gemerkt, dass sie uns damit bewaffnet hat.
Aber theoretisch muss das ja ein besonders schwerer Fall gewesen sein.
Also weil entweder war sie halt jetzt echt richtig aufgebracht wegen irgendwas oder halt selbst in Todesangst und dann war das halt so ein Haustyrannenfall.
Da gab es ja bei uns auch schon solche Urteile.
Ja, sie sagt auf jeden Fall, dass sie Angst um ihr Leben hatte.
Und in der Schweiz gibt es ja diese Milderungsgründe.
Und da haben viele auf sie zugetroffen, also wie zum Beispiel auch, wenn man Reue zeigt.
Und es ist aber dazu ja trotzdem noch im Rahmen, weil es ist ja mindestens ein Jahr.
Ja, es ist im Rahmen, genau.
Und deswegen ist es ja, also es ist ja völlig im Rahmen.
Es ist ja dann sozusagen gar nicht unbedingt was Besonderes, weil, also es hört sich jetzt für uns erstmal so wenig an,
aber es ist im Grunde genommen was völlig Legitimes, das dann in diesem Strafrahmen zu machen.
Bei uns wäre das ja mindestens fünf Jahre.
Ja, aber das ist ja genau das, was die auch anprangern, also was viele anprangern,
dass sie eben am unteren Drittel des Strafrahmens, das sich da orientiert wird und nicht mal höher gegangen wird.
Und ältere Statistiken zeigen auch noch, dass es nur wenige Länder gibt, in denen so wenig Verurteilte überhaupt ins Gefängnis müssen, wie in der Schweiz.
Und das hat damit zu tun, dass hier in der Schweiz ErsttäterInnen, die eine Strafe von unter zwei Jahren erhalten,
gar nicht erst ins Gefängnis müssen, weil die Strafe nur bedingt ausgesprochen wird, also zur Bewährung ausgesetzt wird.
Und neuere Statistiken zeigen, dass bei Delikten wie Körperverletzung oder Diebstahl oft gar keine Freiheitsstrafe mehr verhängt wird,
Und so zum Beispiel bei einer jungen Frau, die 2016 eine Fußgängerin mit ihrem Auto angefahren und dann Fahrerflucht begangen hatte.
Das Opfer wurde bei dem Aufprall so schwer verletzt, dass ein Bein amputiert werden musste.
Und die Fahrerin musste letztendlich nur 1200 Franken Strafe zahlen.
Und mal ganz kurz zum Vergleich, wenn du in der Schweiz auf der Autobahn 26 kmh zu viel fährst,
dann kannst du auch schon mal ungefähr 900 Franken zahlen.
Ja, was glaubst du, warum das Land so reich ist?
Ja.
So, und da wird ja sicherlich öfter mal ein Mensch 26 kmh zu schnell fahren, als einer anderen das Bein ab.
Und dann lohnt sich das ja voll.
Und wenn du einen falschen Mülleimer auf die Straße stellst, wie ein Freund von mir es getan hat in der Schweiz.
Wie einen falschen Mülleimer. Du meinst, statt der Biotonne wird jetzt der Rest Müll rausgestellt?
Genau, wenn man so einen falschen Müllsack rausstellt, musste er 120 Franken Strafe zahlen.
Das ist nicht dein Ernst.
Und was du dir da überlegen musst, ist ja, das war von einem Haus, also von einem Haus mit mehreren Wohnungen.
Das heißt, die haben diesen Sack mitgenommen, obwohl es der falsche war, haben den aufgemacht, reingeguckt und dann die Post durchgeguckt,
um zu finden, welcher Mensch diesen falschen Mülleimer rausgestellt hat oder Müllsack rausgestellt hat und dann die Rechnung an ihn zu schicken.
Also, das finde ich einfach nur ein bisschen, also zumindest ist es nicht so ausgewogen, habe ich das Gefühl, deren Sanktionssystem.
Ja.
Also, auf der einen Seite krass hohe Strafen beim zu schnell fahren oder den falschen Müllsack rausnehmen, aber da, wo wirklich irgendwie Menschen verletzt werden oder, ja, schwere Straftaten begangen werden, da ist man dann jetzt irgendwie viel milder.
Außer bei der Verwahrung jetzt beispielsweise, weil da ist auch eher das Gegenteil der Fall.
Thomas Freytag, Vorsteher des Amtes für Justizvollzug aus Bern und Ami Sermatten, einer Doktorandin der Universität Freiburg, die haben im Jahr 2018 eine Studie veröffentlicht,
aus der hervorgeht, dass in den letzten 14 Jahren jedes Jahr nur 2% der ordentlich Verwahrten bedingt entlassen wurden.
Und das waren dann insgesamt halt 21 Menschen.
Von denen waren die meisten halt schon so alt und schwach, dass sie auch gar nichts mehr hätten anstellen können.
Diese Studie, die kam halt gerade zu einem Zeitpunkt, als man schon wieder darüber nachdachte, ob man die ordentliche Verwahrung nicht auch noch verschärfen soll.
Und generell hat aber auch die Anzahl der Verurteilungen zu dieser kleinen Verwahrung, die hat auch zugenommen.
Ja, bei diesen schweren Sexual- und GewaltstraftäterInnen, die scheinen irgendwie die Ausnahme zu sein.
Bei denen ist es irgendwie eher so in das andere Extrem gerückt.
Aber man will jetzt auch diese rigorose Art und Weise bei den anderen Strafen durchziehen.
Denn vor ein paar Monaten nämlich hat die Regierung entschieden, das Strafrecht grundsätzlich zu verschärfen.
Vor allem sollen dann auch ErsttäterInnen nicht mehr grundsätzlich bedingte Strafen bekommen,
sondern nur, wenn tatsächlich eine günstige Prognose irgendwie gegeben werden kann.
Also, dass man die nicht nur direkt auf Bewährung rauslässt.
Aber ob halt diese Verschärfung am Ende wirklich was bringen, ist ja fraglich, weil die RichterInnen, die entscheiden ja.
Und die haben ja diesen Strafrahmen, darüber haben wir ja gerade gesprochen.
Und solange da nicht die Mindeststrafen deutlich erhöht werden oder die RichterInnen ihre Rechtsprechungspraxis überdenken,
dann weiß ich nicht, ob das am Ende wirklich viel bringt oder ob es dann irgendwie eher so wird wie bei der lebenslänglichen Verwahrung jetzt.
So, ich denke, wir haben das Nachbarland aber jetzt auch genug abgegrast.
Die Schweiz, das Land mit der CH-Endung im Internet.
Meinst du auch, dass die Schweiz mit CH abgekürzt wird, weil die immer so viel CH machen?
Das muss der Grund sein, ja.
Kennst du das Wort CHUCHIHRASCHLI?
Was? Nein. Sag nochmal.
CHUCHIHRASCHLI.
Ihr müsstet es sehen, was ich gerade sehe.
Das ist nur der halbe Kopf und dieser Mund, der dieses komische Wort sagt.
Und dann hier so rüberkommt.
Nee, was heißt das?
Mein Hals vibriert auch ganz doll dabei.
Das ist sowas wie ein Küchenfrank.
Das ist ja niedlich.
Benutzt man aber da im Sprachgebrauch eigentlich nicht.
Ich glaube, das Wort haben die auch nur, um anzugeben, was die alles mit ihrem Hals machen können, um das zu zeigen.
Aber weißt du, wofür das CH eigentlich steht?
Nein.
Ja, Schweiz.
Nur das S ist nicht dabei und das Eid.
Das heißt schweizerische Eidgenossenschaft auf Latein.
Ich bin mir sicher, dass es genauso ausgesprochen wird.
Und das heißt so, weil die Schweiz hat ja vier Landessprachen und die wollten, dass sich keine der vier Landessprachen bevorzugt fühlt.
Und deswegen haben sie es auf Latein gemacht.
Das finde ich sehr schön.
Das finde ich sehr schön.
Sehr bedacht finde ich das.
Bezüglich süßer Wörter wie
In der Recherche zu meinem Fall habe ich eine Doku gesehen und da wurde dann auch erzählt, was man gefunden hat am Tatwort.
Und das war unter anderem auch ein Fußabdruck.
Ein Fußabdruck von einem Cowboy-Stiefel.
Ich stelle mir halt so ganz kleine Cowboy-Stiefel vor.
So Größe, die Fussel anziehen könnte.
Ich stelle mir vor, so vier kleine Cowboy-Stiefel-Abdrücke.
Mit diesem schönen Bild im Kopf schließen wir jetzt ab.
Das war ein Podcast von Funk.