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#59 Kein herz für kinder

mordlust
leute es ist was furchtbares passiert ja mein crockladen hat zugemacht habe ich gerade erfahren
jetzt über die lockdown zeit das ist wirklich furchtbar weißt du wovon ich mich jetzt ernähren
soll ich nicht man das wollten wir doch am samstag zusammen essen das meinte ich aber jetzt eigentlich
nicht sondern furchtbar ist dass paulina mir fremdgegangen ist und zwar mit einer viel erfahreneren
frau was das thema verbrechen angeht warum tust du mir das zählt ist wenn ich sage ich konnte da
nichts für weil ich wusste das ja vorher gar nicht laura redet übrigens von dem podcast den
ich mit sabine rückart von zeit verbrechen aufgenommen habe wir waren beide zu gast bei
dem torkomat das ist ein format wo sie zwei menschen aus der medienbranche zu einem blind
date verkuppeln und als ich meine augenbinde abgenommen habe da saß frau rückart vor mir
ja und wie war der moment als sie dann da vor dir sitzen gesehen hast ich habe mich ehrlich gesagt
schon ein bisschen gefreut weil so eine begegnung ja sonst nie stattgefunden hätte dachte ich aber ich
dachte auch gott jetzt muss ich erklären was ich beruflich mache weil sie halt safe nicht weiß wer ich bin
und da wusste ich da fühle ich mir jetzt irgendwie komisch bei aber das wusste sie doch oder also sie hat
zuerst gesagt ich kenne sie nicht und da musste ich mich ja vorstellen und manche dann wie hier im podcast
wollte ich das so runter rattern mein name ist paulina krasa und da meinte sie aber doch ich sie machen doch mordlust
aber über verbrechen habt ihr jetzt nicht darin gesprochen nur am rande sie hat mir was erzählt und darüber können wir ja jetzt hier auch noch einmal sprechen
laura wenn du bald vielleicht eventuell eine familie gründen würdest wie gut meinst du kannst du dein egoismus ablegen dann für die kinder
also ich denke jetzt im vorfeld schwer deswegen würde ich das ja am liebsten noch vor mich hinschieben weil ich denke es muss jetzt noch ein bisschen um mich gehen aber ich glaube wenn dann da so ein kleiner wurm da ist dann setzen wahrscheinlich ganz viele
hormone ein oder funktionen oder so die dann einfach sagen laura
es ist scheißegal was du willst
es zählt jetzt nur noch dieses kind muss überleben
genau
es zählt jetzt nur noch was dieses kind will
ja ich denke auch
darüber habe ich nämlich auch mit frau rückert gesprochen und sie meinte aus ihrer erfahrung ist es so dass der
kern der kindesmisshandlung darin besteht dass die leute die
selbst noch nicht so weit sind kinder zu bekommen eigentlich
dass die in dem kind so eine art konkurrenz sehen
also was die eigene zeit angeht würde ich jetzt meinen und dann eben
aggressiv reagieren
ja aber ich kann mir auch bei jeder mutter vorstellen dass
wenn er jetzt mal zwei drei kinder um einen herum sind und die alle fordern fordern fordern man ist selber vielleicht auch
gerade in einer schlechten verfassung oder was weiß ich
dass man dann am liebsten wenn die nicht aufhören zu schreien oder so
ja natürlich nicht in den mund zu halten will oder so aber ich glaube aber dass sich dann irgendwas zurückhält dass du dann nicht
ja
dich nicht verlierst oder so
ja ja ja also genau das ist ja der unterschied ich habe auch freunde die mir sagen
ey, weißt du was, manchmal möchte ich einfach nur zuhauen, damit Ruhe ist.
Aber das Ding ist, das würden die natürlich niemals wirklich tun.
Ja.
So, und damit sind wir jetzt irgendwie auch schon fast bei der Richtung unseres heutigen Themas bei Mordlust,
einem Podcast von Funk, von ARD und ZDF.
Hier geht es um wahre Verbrechen und ihre Hintergründe.
Mein Name ist Paulina Kraser.
Und ich bin Laura Wohlers.
In jeder Folge gibt es ein Oberthema, zu dem wir dann zwei wahre Kriminalfälle nacherzählen,
über die diskutieren und auch mit ExpertInnen darüber sprechen.
Wir reden hier auch manchmal ein bisschen lockerer miteinander.
Das hat nichts damit zu tun, dass wir das Thema nicht ernst nehmen oder so,
sondern das ist für uns so eine Art Comic Relief, damit wir zwischendurch auch mal aufatmen können.
Das ist aber natürlich nie desplexierlich gemeint.
Heute geht es bei uns um sexualisierte Gewalt gegen Kinder.
Und damit ist dann auch schon die Triggerwarnung für die gesamte Folge ausgesprochen.
Wir haben uns nämlich auch ziemlich lange, müssen wir zugeben, um dieses Oberthema herumgedrückt,
weil es natürlich auch für uns Taten gibt oder Fälle gibt, die uns näher gehen als andere.
Und das ist halt oft so, wenn Kinder involviert sind.
Und dass eine Folge zu diesem Thema halt, jugendschutzkonform umzusetzen, halt ziemlich schwer ist,
das hat uns halt immer so in die Karten gespielt.
Also das war so ein bisschen unsere Entschuldigung dafür.
Ja, genau.
Und dann habe ich aber diesen Sommer eine Polit-Talk-Sendung gesehen, in der Sebastian Fiedler saß.
Das ist der Vorsitzende des Bundesdeutscher Kriminalbeamter.
Der ist auch heute bei uns als Experte zu Gast.
Und der hat da sehr eindrücklich erklärt, warum es total wichtig ist, darüber zu reden.
Und das hat uns dann auch so ein bisschen wach gerüttelt, weil das auch eine Ansicht ist, die ich immer vertrete.
Also egal, um welche Ungerechtigkeit es geht, es hat noch nie geholfen, darüber nicht zu reden und zu schweigen.
Nie.
Ja, und das wollen wir jetzt auch mit dieser Folge.
Also wach rütteln.
Mein Fall heute ist zwar nur schwer zu ertragen, aber wenn ein Kind solche Taten am eigenen Leib aushalten musste,
dann müssen wir es auch aushalten können, seine Geschichte anzuhören.
Diese erzählt von zwei Menschen, die ihr Mitgefühl verloren haben und von einem kleinen Jungen, der durch die Lücken des Systems fällt.
Einige Namen habe ich geändert.
Ein idyllischer Ort im Schwarzwald, gesäumt mit Fachwerkhäusern und Kopfsteinpflaster.
Das ist die Heimat von Niklas.
Sein eigentliches Zuhause steht der Idylle des 8000-Seelen-Örtchens allerdings konträr entgegen.
Die 40-Quadratmeter-Wohnung seiner Mutter Bea ist dreckig und verwahrlost.
Das Wohnzimmer, das gleichzeitig als Schlafzimmer für die beiden fungiert, quillt über vor leeren Flaschen,
benutzten Küchentüchern und Zigarettenstummeln.
Dunkel ist es wegen der verhängten Fenster auch noch.
Hier kommt nie mal ein Klassenkamerad oder eine Klassenkameradin hin.
Nicht, weil Niklas das nicht gerne hätte, sondern weil die Eltern der anderen Kinder das verbieten.
Auf seine eigenen Eltern kann der Junge auch nicht zählen.
Die Mutter liegt lieber auf dem Sofa, als sich mit ihrem Kind zu beschäftigen
und sein Vater ist an einer Überdosis gestorben, als Niklas drei Jahre alt war.
Im Jahr 2015 kommt dann ein neuer Mann in das Leben des 7-Jährigen.
Er heißt Martin und stellt sich als Freund seiner Mutter vor.
Es dauert nicht lange, da zieht der Fremde bei ihnen ein und sorgt dafür, dass noch weniger Platz für Privatsphäre ist.
Martin übernimmt die Rolle des Familienoberhaupts und erklärt Niklas, er könne auch Papa zu ihm sagen.
Im Mai fasst sein neuer Papa ihn zum ersten Mal an und drückt ihm danach einen 20-Euro-Schein in die Hand.
Mit diesem Tag endet Niklas Kindheit, denn es bleibt nicht bei dem einen Mal.
Auf die Hilfe seiner Mutter kann der 7-Jährige auch nur kurz hoffen, so lang, bis sie zum ersten Mal mitmacht.
In den nächsten zwei Jahren wird Niklas immer wieder sexuell missbraucht.
Auch von fremden Männern, die Videos von ihm im Internet gesehen haben.
Einer davon kommt aus dem Ausland, wird der Spanier genannt.
Dieser Mann hat viel Geld und so bekommt Niklas immer wieder teure Geschenke von ihm, wie zum Beispiel ein Laptop.
Ein anderes Mal fahren alle zusammen in den Freizeitpark.
Bea, Martin, Niklas und der Spanier.
Davon hängt ein Foto in der Küche.
In der Küche, in der man zusammen zu Abend isst, was Mutter gekocht hat, nachdem Niklas mit den Männern im Schlafzimmer war.
Während dieser zwei Jahre geht Niklas weiter in die Schule.
Er versucht, sich nichts anmerken zu lassen und fällt trotzdem auf.
Mit seinen Wutausbrüchen, mit seiner Art nach Hilfe zu rufen.
Wenn der Zorn über ihn hineinbricht, dann fängt er an, um sich zu schlagen und zu schreien.
Doch weil er sehr schmächtig für sein Alter ist, bekommen die LehrerInnen ihn immer wieder schnell in den Griff.
An einem dieser Schultage, es ist der 14. März 2017, steht ein Mann vom Jugendamt vor ihm.
Er sei hier, um ihn abzuholen.
Niklas möchte nicht mit dem fremden Mann mitgehen, kuschelt sich an seine Lehrerin und fängt an zu weinen.
Doch er muss mit und kommt in eine neue Familie.
Dort lebt sich Niklas schnell ein und genießt es, mit den anderen Kindern Kontakt zu haben.
Nach seiner Mutter fragt er nicht.
Zwei Wochen nach seinem Einzug kommt sie ihn aber trotzdem besuchen.
Und als sie wieder weg ist, weint Niklas.
Schließlich sagt er aber zu seiner Pflegemutter, dass er zurück nach Hause möchte.
Und ein paar Wochen später kommt es genau so.
Es war ein kurzer Urlaub von seinem Martyrium, das jetzt noch schlimmer ist als je zuvor.
Es dauert noch bis September, bis es endlich wieder aufhört.
Genauer bis zum 16. des Monats.
An diesem Tag kommt die Polizei zu ihnen nach Hause.
Niklas sitzt auf dem Schoß seiner Mutter, als sie ihn mitnehmen wollen.
Und der 9-Jährige steht auf und geht mit.
Diesmal ganz ohne zu weinen.
Mit der Festnahme von Beat T. und Martin L. endet der Albtraum des kleinen Jungen.
Und es dauert ein paar Monate, bis ganz Deutschland davon erfährt.
Von dem Fall, den das LKA Baden-Württemberg als die schlimmste Tat von Kindesmissbrauch einstuft,
die je in die Zuständigkeit fiel.
Und alle fragen sich, wie konnte das passieren?
Eine Mutter, die mit ihrem Freund ihr eigenes Kind missbraucht und im Internet verkauft.
Peu à peu wird bei der Antwort darauf deutlich, dass dieser Albtraum hätte verhindert werden können,
wenn die Behörden zusammengearbeitet und ihre Verantwortung nicht weitergeschoben hätten.
Denn Niklas ist 2017, als man ihn für ein paar Wochen aus der Familie holt,
kein unbeschriebenes Blatt beim Jugendamt.
Er hat schon als Kleinkind eine Akte,
nachdem seine Mutter eine kinderärztliche Pflichtuntersuchung verpasst.
Als Niklas im Kindergarten ist, wird das Jugendamt erneut benachrichtigt.
Wegen Niklas' Unterentwicklung.
Und einige Zeit später hilft man bei der Kostenübernahme für eine Zahn-OP,
weil seine Milchzähne so schlecht sind.
Als der Junge fünf Jahre alt ist, ist das Jugendamt wieder zur Stelle,
um eine passende Schule für ihn zu finden.
Niklas ist also auf dem Schirm dieser Behörde,
als Martin L. 2015 in sein Leben tritt.
Und Martin L. ist ebenfalls bekannt.
Nicht beim Jugendamt, aber bei der Justiz.
Denn er ist vorbestraft,
wegen schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen.
Oh.
Schon 2003 fällt er erstmals wegen einer Sexualstraftat auf.
Aus seinem Handy findet die Polizei damals kinderpornografische Bilder
und bei ihm zu Hause CDs und Videos.
Im März 2005 kommt er deshalb vors Amtsgericht
und wird zu einer Strafe von einem Jahr Haft verurteilt.
Auf Bewährung.
Ihm wird aufgelegt, eine Therapie gegen seine sexuellen Neigungen zu machen
und für Gericht erklärt sich Martin L. auch bereit dazu.
Wird dies aber nicht tun.
Stattdessen werden seine Taten schlimmer.
Vier Jahre später vergewaltigt er eine 13-Jährige
und verschickt Bilder davon im Darknet,
um sich weiteres Material zu beschaffen.
Die Polizei erwischt ihn und beschlagnahmt seinen PC.
Noch am selben Tag kauft sich Martin L. einen neuen
und speichert hunderte neue Videos darauf ab.
Er kommt wieder vor Gericht.
Dort legt er ein glaubhaftes Geständnis ab,
heißt es in den Akten.
Er entschuldigt sich zudem und gibt an,
sich therapieren lassen zu wollen.
Wieder einmal.
Daraufhin wird er im August 2010 zu vier Jahren
und drei Monaten Haft verurteilt.
Obwohl die formellen Voraussetzungen
für die von der Staatsanwaltschaft beantragten
Sicherungsverwahrung vorliegen,
verzichtet das Gericht darauf.
Sie haben eine zweite Chance verdient,
sagt die Vorsitzende Richterin zu Martin L. gewandt.
Als ob das die zweite gewesen wäre.
Ja, richtig.
Oh mein Gott.
Als er im Februar 2014 entlassen wird,
gilt er aber weiterhin als extrem rückfallgefährdet
und erhält deshalb eine Menge Auflagen.
Fünf Jahre Führungsaufsicht.
Das heißt, er kriegt eine Bewährungshelferin zur Seite gestellt,
die ihn kontrollieren soll.
Er muss außerdem eine Therapie
in der forensischen Ambulanz machen
und wird Teil des Spezialprogramms der Polizei
für besonders rückfallgefährdete SexualstraftäterInnen.
Und er muss sich von Kindern und Jugendlichen fernhalten.
Erlaubt ist ihm der Kontakt nur dann,
wenn ein Elternteil dabei ist.
Das alles erzählt er BAT kurze Zeit,
nachdem sich die beiden kennenlernen.
Für sie ist das offenbar kein Problem,
denn sie stellt diesem Mann
bald auch auf ihren siebenjährigen Sohn vor.
Obwohl Martin L. von mehreren Stellen kontrolliert werden soll,
bekommt niemand mit,
dass er ziemlich oft bei der Familie ein- und ausgeht.
Vor seinem Therapeuten,
bei dem er nur jede zweite Sitzung wahrnimmt,
gibt er den Geläuterten Martin L.,
der jetzt eine feste Freundin hat,
mit deren Sohn er sich sehr gut versteht.
Auf den ausdrücklichen Wunsch von Martin L.
bescheinigt der Psychologe ihm schon bald,
dass er für den Sohn seiner Freundin
keine Gefahr darstellt.
Um den Mann zu überzeugen,
war BAT sogar einmal mit in die Therapiestunde gekommen.
Später wird rauskommen,
dass der Psychologe überhaupt nicht befugt war,
so etwas auszustellen.
Aber nicht nur dort,
auch bei dem Spezialprogramm der Polizei
und der Bewährungshelferin
macht Martin L. offenbar einen guten Eindruck,
denn wirklich überprüft wird er nicht.
Während Martin L. hier allen etwas vorspielt,
legt auch BAT eine bühnenreife Performance ab.
Dann, als das Jugendamt sich bei ihr meldet,
nachdem Niklas in der Schule
mit Wutausbrüchen auffällt.
Sie gibt sich besorgt,
nimmt auch Hilfe an,
aber nur solange die BetreuerInnen
nicht in die Wohnung kommen.
Sie vertraut ihnen sogar an,
dass sie Depressionen hat.
Geldprobleme sind der Grund.
2016 verliert BAT deshalb fast ihre Wohnung.
Doch das ist bald schon wieder vom Tisch.
Und zwar, nachdem Martin L. die Idee hat,
Niklas im Darknet für viel Geld anzubieten.
Im April 2016 ermittelt dann die Staatsanwaltschaft
erneut gegen Martin L. wegen des Besitzes von Kinderpornografie.
Zu diesem Zeitpunkt wird Niklas seit fast einem Jahr von ihm missbraucht.
Das FBI hatte einen Kinderporno-Ring infiltriert
und Martin L. identifizieren können,
der sich dort unter einem Synonym rumtreibt.
Erst im Rahmen dieser Ermittlungen
wird die Beziehung zu BAT und ihrem Sohn bekannt.
Aber weder Polizei noch Staatsanwaltschaft
informieren das Jugendamt darüber,
das ein vorbestrafter Sexualstraftäter bei ihnen ein- und ausgeht.
Das Einzige, was unternommen wird,
ist, BAT zu Hause aufzusuchen
und sie über die Vergangenheit von Martin L. aufzuklären.
Sie wisse über ihren Freund bereits Bescheid,
sagt sie,
und beschwichtigt die Beamten und Beamtinnen.
Nach dem Kind wird nicht gesehen.
Einen Monat später beantragt Martin L. dann
die Aufhebung des Kontaktverbots zu Niklas.
Zusammen mit BAT,
die versichert, dass ihr Freund
keine Gefahr für ihr Kind darstelle.
Das Landgericht verweigert den Antrag im August.
Trotzdem zieht Martin L. im September
ganz in die Wohnung von BAT.
Das bekommt auch die Bewährungshelferin mit
und meldet es der Polizei,
woraufhin die beiden verwarnt werden.
Das Jugendamt wird immer noch nicht benachrichtigt.
Im Februar 2017
meldet die Bewährungshelferin erneut,
dass sich Martin L. nicht an seine Auflagen hält,
woraufhin das Landgericht Strafantrag stellt.
Die Polizei erkennt nun,
Zitat,
dass ein Kontakt zwischen Martin L. und dem Kind
nicht auszuschließen sei.
Erst jetzt, ein halbes Jahr nach der Polizei,
erfährt das zuständige Jugendamt von Martin L.
Einen pädokriminellen Sexualstraftäter,
der im Haus des zu schützenden Kindes wohnt.
Daraufhin entscheidet sich das Fachteam des Jugendamts
für einen unangemeldeten Hausbesuch.
Bei dem erklärt BAT wieder,
sie wüsste über alles Bescheid.
Das Jugendamt macht ihr deutlich,
dass Martin L. nicht mehr in der Wohnung übernachten darf
und Kontakt zu ihr nur erlaubt ist,
wenn Niklas in der Schule ist.
Erst als sie auch daran nicht gehalten wird
und der Vermieter der Wohnung
das dem Jugendamt meldet,
wird die Behörde tätig.
Das ist der Zeitpunkt,
an dem Niklas in der Schule
von einem Jugendamtsmitarbeiter abgeholt
und in eine Pflegefamilie gebracht wird.
In seiner Zeit dort
spricht die Pflegemutter ihn auf seinen Laptop an.
Daraufhin erklärt der Junge,
du willst nicht wissen,
von wem ich das bekommen habe
und was ich dafür tun musste.
Ob die Pflegemutter diese Äußerung
an Polizei oder Jugendamt weitergibt,
ist nicht mehr zu rekonstruieren.
Beatty will ihren Sohn allerdings
um jeden Preis zurück
und zieht deshalb vors Amtsgericht.
Zu der Verhandlung am 6. April 2017
erscheint sie ungepflegt,
aber kämpferisch,
spielt die liebende Löwenmutter
und erklärt zum einen,
dass sie ihren Sohn schützen könne
und zum anderen,
dass ihr Freund gar nicht gefährlich sei.
Zum Beweis dafür
legt sie den Bescheid des Therapeuten vor.
Dass Martin L. zu diesem Zeitpunkt
schon längst gegen Auflagen verstoßen hat
und sogar schon wieder
gegen ihn ermittelt wird,
weiß sowohl das Amtsgericht
als auch das Jugendamt nicht.
Deshalb kommt das hier auch nicht zur Sprache.
Zeugen und Zeuginnen werden nicht gehört
und was Niklas angeht,
der wird gar nicht erst befragt
und auch nicht untersucht.
Einen Verfahrensbeistand kriegt er auch nicht.
Was der Neunjährige möchte,
spielt keine Rolle.
Und so entscheidet das Gericht,
das Kind soll wieder zurück zur Mutter.
Unter der Auflage,
dass Martin L. sich dem Kind
nicht nähern darf,
dass sie sich psychiatrisch untersuchen lässt
und Hilfe zur Erziehung annimmt.
Eine Familienhelferin
soll regelmäßig kommen
und sich mit den Sorgen des Jungen befassen.
Dass Martin L. sich ab jetzt nicht mehr nähert,
wird aber nicht kontrolliert.
Das Amtsgericht geht nämlich davon aus,
dass das Jugendamt die Einhaltung prüft,
während das Jugendamt
auf einen Antrag vom Amtsgericht wartet.
Im Juni 2017
erzählt Niklas in der Schule
einem Klassenkameraden,
dass er sich zu Hause ausziehen
und anschauen lassen muss.
Das meldet die Mutter des Kindes
dem Jugendamt.
Am nächsten Tag
wird darüber in der Behörde diskutiert,
aber nichts unternommen.
Der Hinweis sei zu vage
und nicht zeitlich einzugrenzen.
Auf Nachfrage
der Süddeutschen Zeitung
erklärt ein Mitarbeiter
des Jugendamts später,
dass es ihnen
Zitat
in der Luft zerrissen worden wäre,
wenn sie den Hinweis
etwa an Staatsanwaltschaft
oder Polizei gemeldet hätten.
Viel zu dünn
sei dieser gewesen.
Im selben Monat
wird Martin L. zum dritten Mal verurteilt.
Wegen Verstoßes
gegen seine Bewährungsauflagen
soll er vier Monate in Haft.
Er legt Berufung ein,
das Urteil wird nicht rechtskräftig
und er bleibt in der Wohnung
von BAT wohnen.
Weil die mit den Auflagen
des Amtsgerichts
nicht einverstanden ist,
legt auch sie da Berufung ein.
Und so kommt es im Juli 2017
zur Verhandlung
am Oberlandesgericht.
Die vorsitzende Richterin
ist ein bekanntes Gesicht,
zumindest für Martin L.
Denn sie ist die Frau,
die ihm 2010
eine zweite Chance gegeben hat.
Sie weiß also genau,
mit wem
BAT es hier zu tun hat
und was dieser Mann
Kindern angetan hat.
Doch auch hier
Auftritt
der kämpfenden Mutter,
die versichert,
dass Martin L.
die Wohnung
nicht betreten
und es auch keine
gemeinsamen Freizeitaktivitäten
geben wird.
Das alles
tönt BAT,
während Martin L.
immer noch bei ihr wohnt
und das Kind
im Internet anbietet.
Die Richterin glaubt ihr
und schwächt die Auflagen ab.
Zwar soll Martin L.
weiterhin keinen Kontakt
zu dem Jungen haben,
aber BAT muss sich nicht
einer psychiatrischen
Untersuchung unterziehen
und es muss auch keine
Erziehungshelferin
in die Familie kommen,
die sich um den Jungen kümmert.
So geht im Sommer 2017
alles seiner gewohnten Wege
und es wäre wahrscheinlich
noch weiter so gegangen,
wenn nicht jemand
aus dem Darknet
auf den Missbrauch
von Niklas hingewiesen hätte.
Am 10. September nämlich
geht dazu beim BKA
ein anonymer Hinweis ein
von einem User,
dem das, was er sah,
wohl zu hart war.
Och, krass.
Also,
ich meine,
der ist ja auch nicht
ohne Grund wahrscheinlich
auf diesen Seiten unterwegs,
weil das ist ja nicht
wie bei Google,
dass man aus Versehen
mal irgendwo landet,
sondern man geht ja schon
mit einer konkreten Absicht
auf eine bestimmte Seite.
Ja.
Das klingt richtig übel.
Ja.
Und durch diesen Hinweis
konnten BAT und Martin L.
dann sechs Tage später
festgenommen
und Niklas gerettet werden.
Nach der Festnahme
kommt der Junge
zu einer Pflegefamilie.
Dort bekommt er in der nächsten Zeit
immer wieder Besuch
von einer Kriminalbeamtin,
die versucht,
Vertrauen zu ihm aufzubauen.
Das dauert eine ganze Weile,
weil Martin L.
dem Jungen eingeredet hatte,
dass,
wenn er mit der Polizei spricht,
er ins Heim müsse.
Doch irgendwann ist der 9-Jährige bereit
für eine Aussage.
Die wird aufgezeichnet,
damit er nicht im Prozess
gegen seine PeinigerInnen
aussagen muss.
Aber auch ohne die
wäre es für die Staatsanwaltschaft
ein leichtes,
Anklage zu erheben,
denn Niklas Martyrium
ist auf Video festgehalten.
Am 11. Juni 2018
beginnt der Prozess
gegen Martin L. und BAT,
für den zehn Verhandlungstage
angesetzt sind.
Als Martin L. den Gerichtsaal betritt,
klicken die Auslöser der Kameras.
Der 39-Jährige
schreitet mit erhobenem Haupt
durch den Raum,
posiert förmlich für das Publikum.
Er hat sich nicht abgenommen,
sein Ziegenbärtchen
und die Frisur akkurat getrimmt.
Einen ganz anderen Auftritt
legt BAT hin.
Als sie den Saal betritt,
ist ihr Blick starr
auf den Boden gerichtet.
Die 48-Jährige
sieht ungepflegt
und verwahrlost aus.
Ihr Haar ist dünn,
an manchen Stellen
schimmert die Kopfhaut durch.
Zwischen ihr und ihrem Freund
sitzen ihr Anwalt
und seine Anwältin.
Blickkontakt gibt es keinen.
Für Niklas sitzt Katja Rabat im Saal.
Sie ist Opferanwältin
und hier,
um die Rechte und Wünsche
des Kindes zu vertreten.
Es folgt die Verlesung der Anklage.
Dazu wird jede einzelne Tat vorgelesen,
abwechselnd von zwei Staatsanwältinnen.
Und es dauert nicht lange,
bis die ersten BesucherInnen
bestürzt den Saal verlassen.
Mehr als eine Stunde
dauert es,
die Taten zu beschreiben.
Dann nochmal fast zwei weitere,
um sie rechtlich zu würdigen.
Schwerer sexueller Missbrauch,
Vergewaltigung,
Herstellung und Verbreitung
von Kinderpornografie,
schwerer Menschenhandel
zum Zweck der sexuellen Ausbeutung,
schwere Zwangsprostitution
und Missbrauch von Schutzbefohlenen,
um jetzt nur die gravierendsten Vorwürfe zu nennen.
Während der Verlesung der Anklage
bleibt BRT reglos.
Martin L. hingegen
macht sich fleißig Notizen.
Als er kurze Zeit später
sein Geständnis abgibt,
wird deutlich, warum.
Martin L. möchte sich gerne
als Aufklärer darstellen.
Ihm sei wichtig,
dass alles aufgedeckt wird.
So hat er auch schon dazu beigetragen,
einige von Niklas Peinigern
hinter Gittern zu bringen.
Weil er die Identitäten preisgegeben hat,
oder wie?
Genau.
Es gab schon einige Prozesse
vor diesem Prozess
gegen die Täter,
denen er das Kind überlassen hat.
Und da hat er als Zeuge ausgesagt.
Nett von ihm.
Ja.
Er sagt, das sei sein Beitrag
für die Gerechtigkeit.
Och, come on, ey.
Martin L. spricht ausführlich
über die Taten
und auch über seine Beziehung
zu Niklas.
Er klärt,
dass er ihm definitiv
nicht egal sei
und dass er nicht glaube,
dass das Kind
einen Hass auf ihn habe.
Er spricht sogar
von Vatergefühlen.
Über die anderen Männer
sagt er,
Zitat,
Darauf fragt ihn der Vorsitzende,
was waren denn dann sie?
Martin L.
Wenn man das so sieht,
wäre ich wohl der Schlimmste gewesen.
Wobei ich sagen muss,
das Verhältnis zwischen uns
war sehr gut.
Er kam auch tatsächlich
auf mich zu,
wenn was war.
Er hat mir ja auch
ziemlich vertraut.
Der Vorsitzende Richter
erschlägt daraufhin vor,
dass das Geständnis
abgekürzt wird.
Aber dagegen
wehrt sich Martin L. vehement.
Das komme nicht in Frage,
sagt er.
Schließlich sei er hier
die Hauptperson.
Für ihn sei es auch schlimm,
dass BAT hier sitzt
und alles verloren hat.
Sie sei ihm hörig gewesen.
Doch das sieht
die Staatsanwaltschaft
nicht so.
Laut Anklage hat BAT gewusst,
auf wen sie sich einlässt,
hat ihren Sohn
wissentlich in Gefahr begeben
und letztlich ja auch
selbst sexualisierte Gewalt
angewandt.
Doch warum?
Das können sich
Staatsanwaltschaft
und auch das anwesende
Publikum nur denken,
denn BAT steuert
nicht viel zur Aufklärung bei,
wirkt geistig abwesend.
Deswegen soll ein Gutachter
Abhilfe schaffen.
Er beschreibt BAT
als emotional unterentwickelt,
egozentrisch
und für fremdes Leid
nicht sonderlich sensibel.
Erst sei es ihr darum gegangen,
ihren Freund nicht zu verlieren,
danach um das Finanzielle.
Hörig sei sie Martin L.
dabei nicht gewesen.
Es liege auch keine
seelische Störung vor,
womit BAT als vollschuldfähig
einzustufen sei.
Dasselbe gelte für Martin L.
Der Gutachter bescheinigt ihm
zwar eine Störung
im Sinne einer Pädophilie,
dazu eine sexuelle,
aggressiv-destruktive
Nebenströmung
und eine dissoziale
Persönlichkeitsstörung.
Das gehe aber alles
nicht so weit,
als dass es krankhaft sei.
Und so fällt am 7. August 2018
das Urteil.
Martin L. bekommt
zwölf Jahre Haft
mit anschließender Sicherungsverwahrung
und BAT muss
zwölfeinhalb Jahre
ins Gefängnis.
Außerdem müssen sie
gemeinsam 40.000 Euro
Schmerzensgeld
an Niklas zahlen.
Die Urteilsbegründung
dauert zwei Stunden.
Dazu nimmt der Vorsitzende
die Anwesende
noch einmal mit
in die dunkle Welt,
wie zwei Jahre lang
Niklas Alltag war.
Nachdem der Fall
juristisch aufgearbeitet ist,
beschäftigen sich auch
die Mitverantwortlichen
mit ihrer Schuld.
Dazu wird eine
Arbeitsgruppe gebildet,
die sich aus Personen
des Oberlandesgerichts,
des Amtsgerichts
und des Jugendamts
zusammensetzen,
also die Personen,
die Niklas hätten
schützen können
und die sich im Nachhinein
mit viel Kritik
und auch mit Anzeigen
konfrontiert sehen.
In ihrem Abschlussbericht
räumen sie Fehler
und Versäumnisse ein
und erklären,
wie solche in Zukunft
verhindert werden sollen.
Auch auf Landesebene
beschäftigt man sich
mit Niklas' Geschichte,
setzt die externe
Kommission Kinderschutz ein.
Erst Anfang dieses Jahres
wurde deren Abschlussbericht
mit Empfehlungen
veröffentlicht.
Unter anderem sollen
mehr Therapieplätze
und Kindertraumaambulanzen
eingerichtet werden,
FamilienrichterInnen
umfassend fortgebildet
und auch kleine Kinder
zukünftig von den
zuständigen Stellen
angehört werden.
Ganz oben
auf beiden Abschlussberichten
steht die Forderung
einer besseren
Kooperation der Behörden.
Hätte man miteinander
geredet
und die Verantwortung
nicht einfach weitergeschoben,
hätte Niklas
dieses Schicksal
sehr wahrscheinlich
erspart werden können.
Heute lebt er
bei erfahrenen Pflegeeltern,
bei denen er sich
sehr wohl fühlt
und zu welchen
er eine enge Bindung
aufgebaut hat.
Er wohnt dort
mit Geschwistern zusammen
und wird psychologisch
begleitet.
Weit weg
von dem Ort,
an dem er von so vielen
im Stich gelassen wurde.
An allererster Stelle
von seiner eigenen Mutter.
Am Anfang
hat Niklas noch
nach ihr gefragt,
auch ob er zu ihr
zurück dürfe.
Das hat mittlerweile
aufgehört.
Seine Anwältin
hat Hoffnung,
was Niklas Zukunft angeht.
Er habe Ressourcen,
auf die er zurückgreifen könne,
um sein Leben
trotz der schrecklichen
Ereignisse zu meistern.
Sie sagt,
man dürfe solchen Kindern
nicht eine vermeintlich
düstere Zukunft
vorwegnehmen.
Das wäre ein zweiter
Übergriff.
Ich versuche,
Lauras Blick zu beschreiben.
Er ist leer,
gläsern.
Ich will jetzt nicht
nochmal heulen,
weil ich mich
gerade geschminkt habe.
Im Grunde genommen
hat das Gericht
ja schon fast
alles ausgereizt,
was da irgendwie
an Maximalstrafe
drin war.
Aber ich finde es
halt absurd,
dass es so lange
gedauert hat.
Am Ende hat das
eine Kindheit
eines kleinen Menschen
gekostet,
wenn nicht sogar mehr.
Also was man dazu
sagen kann,
also die Höchststrafe
wäre 15 Jahre gewesen.
also warum sie ihm
die nicht gegeben haben,
weil er ja sehr
dazu beigetragen hat,
das aufzuklären
und halt geholfen hat,
die anderen Männer
zu identifizieren.
Das wird er ja aber auch
genau nur aus diesem
Grund getan haben,
damit er dann halt
nicht 15 Jahre kriegt.
Sicher nicht.
Und das wird ihm
sein Rechtsbeistand
genau so gesagt haben.
Und bei ihr
kommen diese 15 Jahre
auch nicht zu tragen,
weil sie auch
keine Vorstrafen hatte.
Aber was man bei ihr
schon sehr vermisst hat
in der Verhandlung
war Reue.
Dass man mal zeigt,
dass es ihr leidtut,
auch für das Kind.
Das ist natürlich das,
was natürlich auch
die Opferanwälte
immer hoffen,
dass es da noch kommt,
dieses Entschuldigen
oder Reue zeigen,
einfach für das Kind.
Dass das Kind
damit auch besser
umgehen kann.
Und das ist natürlich,
also sie ist nicht
in Revision gegangen,
weil sie dann gesagt hat,
beziehungsweise hat das
ihr Verteidiger gesagt,
um dem Kind zu zeigen,
nun ist es jetzt
auch mal gut.
Aber das kann natürlich
auch einfach vom Verteidiger
eine wohlwollende
Aussage gewesen sein
und muss nicht
von der Mutter gekommen sein.
Ja, also für manche
Betroffene ist das ja
tatsächlich so eine Art
Eingeständnis.
Aber ich weiß nicht,
am Ende denke ich mir
auch so,
ich kann das halt
nur sehr schwer
glauben,
wenn man über
so einen Zeitraum
solche Dinge getan hat,
dass man dann
im Gericht sagt,
es tut einem leid
und damit wohlmöglich
dem Kind noch
suggeriert,
es tut einem
wirklich leid,
obwohl man das
einfach nur sagt,
um eine geringere
Strafe zu kassieren.
Ja,
was in dem Fall,
so wie ich Ihnen
jetzt erzählt habe,
so ein bisschen
kurz gekommen ist,
ist halt die Geschichte
aus Niklas Sicht.
Das hat aber ganz einfach
jugendschutzrechtliche Gründe.
Aber was man ja sagen kann,
ist,
dass seine Sicht
der Dinge,
also seine Stimme
sozusagen ja auch
lange unter den Tisch
gefallen ist.
und das hat sich
erst mit der Gerichtsverhandlung
geändert,
nämlich dann,
als es die Opferanwältin
gab.
Was die Opferanwältin
Katja Rawert
genau für Niklas getan hat
und wie ihre Arbeit
für minderjährige Opfer
sexualisierter Gewalt
aussieht,
darum geht es jetzt
in meinem Aha.
Eine Opferanwältin
wie Katja Rawert
wird in der Regel
von der Staatsanwaltschaft
einbestellt.
Und sie ist dann
dafür da,
den Kindern,
auch wenn die Kinder
selbst nicht an der
Verhandlung teilnehmen,
eine Stimme zu geben.
Und weil es sich eben
um Kinder handelt
und nicht um Erwachsene,
sieht die konkrete Arbeit
da ein bisschen anders aus,
als jetzt zum Beispiel
die von Anwälten
oder Anwältinnen
der Nebenklage.
Am Telefon hat die Juristin
mir erklärt,
wo die Unterschiede liegen.
Was man sagen kann,
ist,
dass man die nötige Geduld
und die nötige Zeit
auch einbringen muss.
Ich kann nicht,
wie mit einem Erwachsenen
in einem Erstberatungsgespräch
schon große Fragen
thematisieren.
Das geht nicht,
sondern dass man eher
demjenigen Angebote macht,
anbieten kann,
dass er hier
über alles sprechen kann,
auch gerade,
weil ich eine Schweigepflicht habe,
aber auch,
dass er erst mal
einen Überblick bekommt
über seine Rechte
und Möglichkeiten
und informiert wird,
also selber nicht sprechen muss,
wenn er das nicht möchte.
Und ein zweites Standbein
ist letztlich auch,
dass man demjenigen
das Gefühl vermittelt,
dass man hier
alles aussprechen kann
und dass ich auch im Verfahren
auch alles aushalten kann.
Also mitweinen
oder mitleiden,
denke ich,
das verbietet sich weitestgehend,
sondern dass man schon
empathisch dabei ist
und auch mit demjenigen
warmherzig umgeht,
ohne dass man zu emotional wird,
sondern der Betroffene
sollte das Gefühl haben,
einer behält den Überblick
und behält auch die Ruhe,
alles durchzustehen,
was im Verfahren kommt.
Katja Rawert bereitet die Kinder
dann auf dem Prozess vor
und hält sie währenddessen
halt immer auf dem Laufenden,
erklärt ihnen,
was passiert
und was passieren kann
und versucht auch immer,
wenn es geht,
dass die Kinder
nicht öfters vernommen werden müssen
und auch nicht
vor Gericht kommen müssen,
um nochmal zu erzählen,
was ihnen passiert ist.
Im Fall von Niklas war das ja so,
dass es keine zweite Vernehmung
geben musste
und er auch nicht
irgendwie anwesend sein musste,
weil die TäterInnen
erstens geständig waren
und weil halt auch alles
auf Video aufgenommen war.
Aber das ist ja nicht immer so
und manchmal ist es halt
dann nötig,
dass die Kinder aussagen.
Also ich kann im Prinzip
sonst keinem Kind versprechen,
dass es nur einmal vernommen wird.
Es gibt aber schon Möglichkeiten,
diese Vernehmung
in der Hauptverhandlung
so erträglich wie möglich
zu gestalten.
Also das Kind hat die Möglichkeit,
eine Videovernehmung zu machen.
Es sitzt nicht im Saal.
Es muss den Angeklagten
nicht nochmal sehen.
Es hat als Vernehmungsperson
nur den Vorsitzenden Richter.
Das ist beim Minderjährigen
so vorgeschrieben
und der Vorsitzende
kann dann auch
das Fragerecht
zwar anderen erteilen,
muss es aber nicht.
Also es besteht dann die Möglichkeit,
dass man das Kind
nur durch den Richter vernehmen lässt.
Dann wird eine kurze Pause gemacht.
Der Richter sammelt
die Fragen
der anderen Verfahrensbeteiligten
und fragt dann quasi
nochmal einen zweiten
Fragenkatalog ab,
ohne dass das Kind
einer Befragung
durch den Staatsanwalt
oder durch den Verteidiger
ausgesetzt ist.
Außerdem steht jedem Kind
eine Vertrauensperson zu,
die dann mitkommt
zu den Vernehmungen
und wenn es die nicht gibt,
dann gibt es eine
psychosoziale Prozessbegleitung
von einer Beratungsstelle,
die sich dann
um das Kind kümmert.
Und zusammen
mit dem Opferanwalt
oder der Opferanwältin
wird das dann
gewährleistet,
dass sich dieser ganze
Prozess für das Kind
halt so erträglich
wie möglich
irgendwie gestaltet.
Aber mal
abgesehen von den Aussagen
an sich
ist für Kinder
ja auch vor allem
schlimm,
gegen wen
die sich richten.
Weil häufig
handelt es sich
bei den PeinigerInnen
ja irgendwie
um Vertrauenspersonen
und manchmal
wie im Fall von Niklas
sogar um die eigene Mutter.
Und was das
für Kinder bedeutet,
hat mir Katja Rabat
so erklärt.
Das ist für die Kinder
ungemein belastend,
gerade die Mütter
auch zu belasten
als MitwisserInnen
oder
MittäterInnen
manchmal auch
oder schlicht
als Frauen,
die teilweise
bewusst auch wegschauen,
was zu Hause
passiert,
weil es ja
trotzdem die Mutter
ist,
die wird geliebt,
das ist oft
die einzige
Bezugsperson
und die möchten
die Kinder
schützen
um jeden Preis.
Und es führt dann
schon oft dazu,
dass Kinder eben
dann die Mütter
gar nicht belasten,
sondern vielleicht
nur den
beschuldigten
Haupttäter
oder nur
unter großer
Überwindung.
Also es gelingt
eher bei
Erwachsenenbetroffenen,
wenn die wieder
auf die eigene
Kindheit schauen müssen
und im Erwachsenenalter
eine Anzeige machen,
die Mütter
differenzierter zu sehen
und sich auch
zu überwinden
Angaben zu machen.
Bei Kindern
ist es ein großer
Kraftakt.
Rabat sagt,
dass dem Kind ja auch
irgendwie der letzte
Halt genommen wird,
wenn es dann realisiert,
dass die Mama halt
bewusst nicht geschützt hat.
Und trotzdem
behalten die Kinder ja
dann oft dieses
ambivalente
Verhältnis,
das am Ende
auch die Arbeit
von Katja Rabat
zum Teil bestimmt.
Also ich bin schon
an die Wünsche
des Mandanten
gebunden.
Also letztlich
bin ich ja dafür da,
dass er in diesen
Prozessen
Stimme erhält,
seine Interessen
und seine Bedürfnisse.
Auch wenn ich
persönlich vielleicht
ein strengeres
Strafmaß für
angemessen halten würde,
müsste ich das
transportieren,
was der Betroffene
sich vorstellt.
Und wenn es jetzt
wirklich ganz schwerwiegende
Übergriffe sind,
aber der Betroffene
sagt,
nee, nee,
also ich möchte
da keineswegs
vehement gegen
ein Elternteil
auftreten oder
ich hätte gerne
ganz milde Strafe,
dann packe ich das
schon ins Plädoyer,
dass ich deutlich mache,
was diese Taten
für das Kind
bedeutet haben
und welchem
Elend derjenige
möglicherweise auch
ausgesetzt war
oder auch noch ist.
Das ist ja auch
schwerwiegend
für Kinder auszuhalten,
dass sie wissen,
die Taten waren
sehr schlimm für sie
und trotzdem möchten
sie die Mama
vom Gefängnis
bewahren oder
den Papa.
Bei Niklas war das so,
dass er sich für
Martin L.
und auch die anderen
Männer gewünscht hat,
dass die lange
ins Gefängnis
kommen.
Was seine Mutter angeht,
da hat er nichts
gesagt,
also hat er gar nichts
gegenüber seiner
Anwältin gesagt
und was Katja Rawert
während der Verhandlung
von der Presse
immer wieder gefragt wurde,
war halt,
wie geht's Niklas,
wo wohnt er jetzt,
hat er psychische
Probleme und so weiter
und darauf hat sie
halt immer so knapp
wie möglich geantwortet,
weil klar,
der Schutz der Privatsphäre
ihrer Mandanten
und Mandantinnen
sind ihr natürlich
sehr wichtig
und auch,
dass Niklas
selbst entscheiden kann,
wem er von seiner
Vergangenheit
irgendwann mal erzählt
und dass er nicht
irgendwie von Kindern
in der Schule
darauf angesprochen wird
oder schlimmstenfalls
die Presse irgendwann
vor ihm steht
und deshalb hat sie
halt immer nur gesagt,
Niklas geht es den
Umständen entsprechend gut
und das war's dann
und dafür hat sie aber
echt von ein paar Seiten
dann Kritik einstecken
müssen,
also von der Presse,
so nach dem Motto,
so einem Kind kann es
gar nicht gut gehen,
was fällt dir ein,
diese Aussage zu machen.
Ja gut,
dann finde ich aber auch geil,
dass sie dann überhaupt fragen,
also sie fragen dann,
um dann die Antwort zu bekommen,
ihm geht's richtig schlecht.
Ja, und das kann sie auch
bis heute nicht verstehen.
Letztlich muss man ja sehen,
die Übergriffe haben ja
durch die Inhaftierung,
durch die Festnahme
der Beschuldigten,
die haben ja geendet
und das ist ja auch,
egal wie schlimm das ist,
was jemand erlebt hat,
ist ja auch was Befreiendes,
dass er diesen Übergriffen
nicht mehr ausgesetzt ist
und in einem guten Umfeld
leben kann.
Das sind schon auch
positive Aspekte,
bei allem Schlimmen,
was man im Kopf
weiterhin als Betroffener
noch hat an Erinnerung,
womit man leben muss
und ich denke,
das ist das gute Recht
von jedem Geschädigten,
dass er ja auch
Zukunftsperspektiven haben darf,
dass er auch ein Kind ist
mit freudvollen Momenten,
der auch im Alltag
schöne Sachen erleben kann
und man ihn nicht immer
nur als Missbrauchsopfer sieht.
Das liegt ihr am Herzen
und deshalb versucht sie halt
bei jedem ihrer Fälle,
die durch die Presse gehen,
dem Eindruck halt entgegenzuwirken,
dass ein Kind,
das sexualisierte Gewalt erlebt hat,
kein lebenswertes Leben mehr hat
und dass die Betroffenen
halt selbst definieren dürfen,
wie schlecht es ihnen geht
und wie sie ihr Leben einschätzen
und nicht von draußen
und Fremden
so einen Stempel
aufgedrückt bekommen.
Weil ich mich ja selber
auch dabei ertappe,
das zu denken direkt natürlich,
ja.
Also diese Tat findet man
schon unvorstellbar
und dann,
dass das ein Kind erleben muss.
Aber wir haben ja auch selber
mal über Resilienz nachgedacht
und das hat mir Frau Rawert
auch erzählt,
jeder Mensch ist so anders
und geht ganz anders
mit Sachen um
und sie sagt dann auch,
dass es wichtig ist,
nicht zu sagen,
diese Tat ist schlimmer
als eine andere,
weil es kommt auf den Menschen an,
wie er diese Tat
für sich aufnimmt
und deswegen kann das kein anderer
einfach über die entscheiden sozusagen.
Ja und manche Kinder
haben vielleicht auch einfach
diesen Wunsch
und dieses Verständnis dafür,
dass jetzt ein neuer Abschnitt kommt
und möchten das dann vielleicht
auch einfach hinter sich lassen.
Ich habe heute keinen Fall wie sonst
und das hat den Grund,
dass ich bei dem Fall,
den ich eigentlich vorbereitet habe,
am Ende irgendwie Bauchweh hatte,
weil es da einige Widersprüchlichkeiten gab,
sodass wir uns dann entschieden haben,
den heute dann doch nicht zu erzählen
und ich habe mich gefragt,
was will ich denn eigentlich beleuchten?
Sowas finde ich interessant
und eine Sache,
die mich bei diesem Thema Missbrauch
sehr beschäftigt,
ist,
was macht der eigentlich
mit dem Konstrukt Familie?
Finde ich Geschichten darüber,
wie Familien danach damit umgegangen sind?
Und deswegen habe ich jetzt
drei verschiedene Perspektiven
aus verschiedenen Fällen,
von denen ich euch erzählen will.
Alle Namen sind geändert.
Eigentlich hat Emma eine tolle Kindheit.
Ihre Mutter und ihr Vater
sind zwar nicht mehr zusammen,
aber dafür kam ein neuer Mann ins Leben.
Kai.
Da ist Emma gerade so
acht oder neun Jahre alt.
Kai ist super.
Er und Emmas Mutter heiraten nochmal.
Emma bekommt ein Geschwisterchen
und irgendwann ist Kai für sie
nur noch Papa.
Er tollt mit ihr rum
und sie kann ihm viel erzählen.
Aber wenn Emma heute zurückschaut,
weiß sie,
dass es schon früh anfing,
ohne dass sie das damals wusste.
Als sie so neun oder zehn war,
so genau weiß Emma das heute nicht mehr.
Da kommt er immer dann ins Bad,
wenn sie gerade duscht.
Es gibt einige solcher Situationen.
Aber so richtig schlimm für Emma
wird es erst, als sie zwölf ist.
Ihre Mutter ist abends immer schnell k.o.
und geht mit dem Geschwisterchen schon schlafen.
Emma muss sich dann zu Kai setzen,
der ja eigentlich Papa ist
und der will sie dann aufklären.
So verpackt er es zumindest.
Da muss Emma über Jungs erzählen,
ob sie sich schon für die interessiert,
ob sie schon mal Sex hatte
oder sich anfasst.
Irgendwann werden die Gespräche immer intimer.
Kai erzählt von seinem Sexualleben.
An dem einen Abend
zeigt er ihr dann das erste Mal ein Porno.
Emma ist peinlich berührt
und schämt sich.
Sie weiß zu dem Zeitpunkt nicht,
dass das völlig übergriffig ist,
weil sie ja noch nie vorher
damit in Berührung gekommen ist.
An einem Abend,
dann kommt er abends rüber
zu Emma ins Kinderzimmer,
legt sich neben sie ins Bett
und fängt an, sie anzufassen.
Kai sagt dann immer,
dass sie es niemandem erzählen darf,
weil sich ihre Mutter dann von ihm trennt.
Und das will Emma ja nicht.
Sie will auch ihren Ersatzpapa nicht verlieren.
Das geht danach mehrere Male so.
Wie oft genau,
auch das weiß Emma heute nicht mehr.
Das verbindet Emma übrigens
mit vielen anderen Opfern
und zieht sich durch viele Geschichten
wie ein roter Faden.
Dieses,
genau kann ich das nicht mehr sagen,
wie oft es war
oder ich erinnere mich ganz genau
an einen bestimmten Geruch
oder welchen Gegenstand
ich dabei fixiert habe,
aber ich weiß nicht mehr,
in welchem Jahr das passiert ist.
Das sind keine Anzeichen dafür,
dass jemand sich was ausdenkt oder so,
sondern das ist eine dissoziative Amnesie
und die tritt häufig bei Missbrauchsopfern
oder bei Menschen auf,
die Traumatisches erlebt haben,
im Krieg zum Beispiel.
Aber Emma weiß noch,
dass es danach immer
im Wohnzimmer passiert ist.
Irgendwann kann Emma bei ihrer Mutter durchsetzen,
dass sie einen Schlüssel für ihr Zimmer bekommt.
Ab da stießt sie sich abends vor ihm ein
und entflieht so tatsächlich den Missbrauch.
Als sie ihrer Mutter das erste Mal davon erzählt,
ist es 2016 und Emmas Mutter
schon mehrere Monate von Kai getrennt.
Emma nimmt all ihren Mut zusammen
und greift ihre Mutter in der Küche ab.
Mama, wenn ich dir das erzähle,
musst du mir glauben.
Und dann erzählt sie alles.
Emmas Mutter regt sich nicht,
starrt nur einen von ihr fixierten Punkt an
und geht, legt sich schlafen.
Am nächsten Morgen geht sie zu Emma
und fragt, ob das alles stimmt,
was sie ihr am Vortag erzählt hat.
Ja, sagt Emma.
Und dann bricht ihre Mutter in Tränen aus.
Emma weiß, dass ihre Mutter
nie etwas davon mitbekommen hat.
Nicht nur, weil es ihr Partner war,
dem sie das am allerwenigsten zugetraut hat,
sondern auch, weil Emma nie etwas angedeutet hat.
Die beiden entscheiden sich,
Anzeige zu erstatten.
Als Emma vor einer Polizistin sitzt,
die ihre Aussage aufnimmt,
sieht sie, wie sie reagiert bei dem,
was Emma erzählt.
Das ist das erste Mal,
dass Emma realisiert,
dass ihr wirklich etwas Schlimmes passiert ist.
2018 startet der Prozess gegen den Stiefvater.
Emma hat eine Freundin dabei,
die sie unterstützen soll.
Kai muss draußen warten,
während Emma ihre Aussage macht.
Das haben sie durchsetzen können
mit der Begründung,
dass sie sonst nicht in der Lage gewesen wäre,
auszusagen.
Aber auch so fällt es ihr schwer.
Während sie die Fragen beantwortet,
fängt sie an zu weinen.
Kai bekennt sich vor Gericht nicht schuldig.
Kein Eingeständnis für das,
was er getan hat.
Das Gericht verurteilt ihn zu zwei Jahren Haft.
Die Strafe wird aber zur Bewährung ausgesetzt.
Außerdem muss er Emma
3000 Euro Schmerzensgeld zahlen.
Kai geht in Berufung,
zieht sie danach aber wieder zurück.
Und für Emma ist das,
wie wir eben schon besprochen haben,
so eine Art Eingeständnis.
Auch wenn es natürlich nicht wirklich eins ist.
Das ist halt das Einzige, was sie kriegt.
Das Schmerzensgeld muss er ja erstmal auch nicht zahlen,
denn er hat Privatinsolvenz angemeldet.
Eine Therapie muss er auch nicht machen.
Emma hat sich bei den Kollegen und Kolleginnen
von Follow-me-Reports gemeldet,
weil sie findet,
dass viel zu wenig über das Thema gesprochen
und viel zu wenig aufgeklärt wird.
Das begünstigt,
dass Menschen sich nicht öffnen
und nicht darüber erzählen.
Emma würde immer dazu raten,
Anzeige zu erstatten,
wenn man sich in der Lage dazu sieht.
Heute geht es ihr großartig,
sagt sie.
Was ich denke,
was für die Opfer dann halt einfacher ist,
ist, wenn die Mutter
wirklich nichts mitbekommen hat,
er oder irgendwie auch
in so einer Art Abhängigkeit gelebt hat
oder bedroht wurde oder so.
Emma hat das bestimmt sehr geholfen,
dass die Mutter so reagiert hat,
wie sie reagiert hat
und mit ihr zusammen das alles durchgestanden hat.
weil oft ist es ja leider so,
dass die Mutter weggeschaut hat
oder es nicht sehen wollte.
Und dann ist es für die Kinder natürlich noch schlimmer,
weil sie dann beide Elternteile,
die sie dann haben,
irgendwie im Stich gelassen haben.
Ja, und so geht halt nicht das Vertrauen in alle Personen
komplett verloren.
Ja.
Es gibt eine ganz berührende Szene
am Ende dieser Reportage
und das ist,
wo Emma und ihre Mutter,
die sitzen nebeneinander
und erzählen von der Zukunft und so.
Falls ihr euch das alles einmal ansehen möchtet,
das könnt ihr bei
Follow-me-Reports auf dem Kanal tun.
Link dazu findet ihr
wie auch alle anderen Quellen
in unserer Folgenbeschreibung.
Die Quelle der nächsten Geschichte
ist ein Text vom Blog
Mama Moves
und die Javi,
die den Blog macht,
hat mir netterweise den Kontakt
zu der Betroffenen hergestellt
und dann hat sie mir erzählt,
was ihr passiert ist.
Kristen steht an ihrem Verkaufsstand
auf dem Flohmarkt.
Es ist ein Tag im September 2018.
Sie will altes Zeug verkaufen,
was sie nicht mehr braucht.
Damit sie den Tag frei hat,
ist ihre Mutter extra 200 Kilometer gefahren,
um auf den kleinen Bruno aufzupassen.
Sie kam schon gestern Nacht,
damit Kristen heute früh los konnte.
Plötzlich steht ihre Mutter vor ihr.
Ohne Bruno.
Dafür mit Frühstück.
Thomas würde auf ihn aufpassen,
sagt ihre Mutter.
Der sei spontan vorbeigekommen.
Kristen wird schlecht.
Sie versucht sich zu beruhigen.
Thomas ist der neue Mann ihrer Mutter,
also ihr Stiefvater.
Neue ist er eigentlich nicht mehr,
denn Thomas war schon da,
als Kristen noch ein Kind war.
Leider.
Als Thomas Kristen damals
das erste Mal missbraucht,
ist sie acht Jahre alt.
Kristen weiß noch ganz genau,
wie seltsam das damals war,
dass eine Person,
der sie vertraut,
Dinge mit ihr macht,
die sie nicht will.
Und sie weiß auch noch ganz genau,
wie es war,
als sie ihrer Mutter sagte,
dass sie nicht will,
dass Thomas sie weiterhin ins Bett bringt.
was es sie für eine Überwindung gekostet hat,
das auszusprechen,
was genau das für Dinge sind,
die Thomas da macht.
Und wie ihre Mutter daraufhin gesagt hat,
dass sie nicht lügen soll
und man sowas nicht behaupten darf,
nur weil man jemanden nicht mag.
bis Kristen elf Jahre später auszieht,
fühlt sie sich ausgeliefert.
Vor allem,
weil es auch nie wirklich aufhört.
Je älter sie wird,
desto weniger bemüht sich Thomas,
seine Übergriffe zu verstecken.
Wenn Thomas ihr dann in den Po kneift,
bekommt Kristen von ihrer Mutter das Gefühl,
dass sie irgendwie selbst daran schuld ist.
Sie soll halt nicht so kurze Kleidung tragen.
Nachdem Kristen ausgezogen war,
hat sie so gut wie keinen Kontakt zu Thomas.
Irgendwann besserte sich aber
das Verhältnis zu ihrer Mutter wieder.
Auch weil Kristen gemerkt hat,
dass sie sich bemüht.
Und jetzt steht sie hier vor ihr
und sagt,
ihr Kind Bruno wäre allein mit dem Mann,
der Kristen die Kindheit geraubt hatte.
Schnell schickt Kristen ihre Mutter wieder zurück.
Kristen schafft es nicht,
sich selbst zu beruhigen
und bricht den Flohmarkttag ab.
Als sie daheim ankommt,
schläft Bruno.
Kristen will,
dass ihre Mutter und ihr Mann gehen.
Dann, abends,
als sie Bruno ins Bett bringt,
zerspringt Kirstens Herz in tausend Stücke.
Das war nicht schön.
Ich habe das gar nicht gemocht,
sagt Bruno
und erzählt völlig verängstigt von Dingen,
die Opa Thomas gemacht hat.
Da ist es wieder,
das Gefühl von Machtlosigkeit.
Das, was Kristen am meisten auf der Welt liebt,
hatte sie in diesem Moment nicht schützen können.
Bruno weiß,
dass irgendwas nicht richtig war,
kann es aber nicht zuordnen.
Und Kirsten weiß ganz genau,
wie er sich fühlt.
Sie umarmt Bruno
und sagt mantraartig immer wieder,
dass es nicht seine Schuld ist,
dass es nie wieder vorkommen wird
und dass es gut war,
dass er es gesagt hat.
Die nächsten Wochen
wird Kristen von Schuldgefühlen
nahezu aufgefressen.
Auch, weil der Täter
in Brunos Fall
ihr eigener war.
Wäre das alles nicht passiert,
wenn sie damals gegen ihn vorgegangen wäre,
fragt sie sich.
Nach einigen Beratungsterminen
übt sie sich darin,
Bruno das Gefühl zu geben,
dass er alles sagen kann
und man ihm Glauben schenkt.
Anders als es bei Kirsten damals war.
Sie spricht mit Brunos Kinderarzt
und mit den BetreuerInnen
aus dem Kindergarten.
Sie findet es wichtig,
dass man dort
auf seine neuen Bedürfnisse
zurücksicht nimmt.
Er ist jetzt anhänglicher,
will aber zum Beispiel
neuerdings nur noch alleine
auf die Toilette gehen.
Der Arzt sagt,
dass die Erinnerungen
verblassen werden.
Das Gefühl von Hilflosigkeit
aber geht nicht so leicht.
Kristen tut alles daran,
dass Bruno sich
dem nicht ausgeliefert fühlt.
Dann begreift Kristen,
dass sie nur für ihren Sohn
stark sein kann,
wenn sie selbst anfängt,
ihr eigenes Trauma aufzuarbeiten.
Dadurch findet sie auch die Kraft,
gegen Thomas vorzugehen.
Sie will sich ihm entgegenstellen,
will ihn konfrontieren.
will nicht mehr schweigen.
Er soll wissen,
dass es diesmal
anders laufen wird.
Für sich bräuchte sie das
vielleicht nicht einmal.
Aber sie will,
dass Bruno sieht,
dass seine Mutter
für ihn aufsteht,
für ihn kämpft
und an ihn glaubt.
Also trifft sie sich
noch einmal mit ihrer Mutter.
Die hört sich an,
was Kristen zu sagen hat.
Sagt,
sie muss das alles überdenken
und entscheidet sich
ein zweites Mal dazu,
Kristen nicht zu glauben.
Und auch von den
anderen Familienmitgliedern
kommen so Dinge wie
das ist doch keine
schlüssige Geschichte.
Warum hast du denn damals
nicht schon was gesagt?
Und Kristen bricht daraufhin
den Kontakt zu ihrer Mutter
komplett ab,
weil sie vor allem wollte,
dass Thomas' Umfeld
davon erfährt.
Das ist immerhin
ein bisschen
Genugtuung.
Außerdem sucht sie aktuell
nach einer Möglichkeit,
Thomas vor Gericht zu stellen,
ohne dass Bruno
in einem Prozess
aussagen muss.
Ihr ist wichtig,
dass er geschützt wird.
Sie will aber auch,
dass Thomas sich
irgendwie rechtfertigen muss.
Sie glaubt,
er würde sich
zu sicher fühlen.
Kristen weiß,
dass die Beweislast
total ungenügend ist.
Aber ihr primäres Ziel
ist es nicht,
dass er verurteilt wird,
sondern dass ihn
ein Prozess
wenigstens ein bisschen
belastet.
Und weil sie
Gewissheit braucht,
alles Mögliche
für Bruno
getan zu haben.
Kristen wollte die Geschichte
in dem Blog-Eintrag erzählen,
weil es ihr wichtig ist,
dass man seinem Kind
zuhört,
wenn es Schutz bei einem sucht.
Und sie hofft,
dass sie so anderen
Mut machen kann,
für ihre Kinder einzustehen.
Ja, und weil sie
halt weiß,
was es mit ihr gemacht hat,
dass ihr nicht geglaubt wurde
und dass ihr keiner
geholfen hat,
kann sie halt jetzt
für ihren Sohn
oder das bei ihrem Sohn
halt besser machen.
Die nächste Geschichte
ist aus einem Artikel,
der heißt
Täter und Opfer
aus der SZ
im November 2016
von Lena Niedhammer.
Und die Geschichte
habe ich lange
vor Mordlust gelesen,
hat bei mir aber
so doll nachgehalten,
dass ich mich da
sofort wieder dran
erinnert habe,
als ich jetzt nach
einer Alternative
gesucht habe.
Scheiße,
Scheiße,
Scheiße,
denkt Volker.
Was passiert jetzt?
Er ist gerade auf Arbeit.
Nach außen tut er
als wäre nichts,
bloß nichts anmerken lassen.
Innerlich ist
totaler Ausnahmezustand.
Kurz zuvor
hat seine Frau Steffi
angerufen
und ihm erzählt,
dass sie zur gemeinsamen
Tochter Bianca
in die Schule fährt.
Gerade habe ihr Lehrer
sich gemeldet
und gesagt,
dass Bianca missbraucht wurde.
Sie werde sich
das jetzt anhören.
Volker hat dazu
nicht sehr viel sagen können.
Jetzt ist alles vorbei.
Das gesamte Familienleben
gegen die Wand gefahren,
meint er.
Das, was Volker hat,
das wünschen sich viele.
Ein Haus,
eine Frau,
zwei Kinder,
ein Junge und ein Mädchen.
Volker weiß,
dass wenn er heute Abend
nach Hause kommt,
er nicht in die Familie
zurückkehren kann,
in der er die letzten
20 Jahre gelebt hatte.
Oder sagen wir mal 19.
Denn vor einem Jahr,
im März 2011,
da hat es angefangen.
Dass Volker das erste Mal
nachts,
als er nicht schlafen konnte,
ins Kinderzimmer
seiner damals
zwölfjährigen Tochter gegangen
und hatte sich angefasst,
während er sie angefasst hat.
So oft hat sich Volker gesagt,
dass er das nicht mehr macht.
Und dann hat er es doch
wieder getan.
Steffi sitzt in der Küche,
als Volker nach Hause kommt.
Bianca ist nicht da,
bei einer Freundin untergebracht.
Seine Frau ist wütend.
Warum, will sie wissen.
Volker weiß es nicht.
Er kann das nicht beantworten.
Bitte hilf mir,
jemanden zu finden,
der mir helfen kann,
fleht er und weint.
Steffi will,
dass Volker auszieht.
Sie ist sehr wütend,
sagt aber trotzdem,
sie wolle das als Familie klären.
Ein Versprechen,
von dem eigentlich nicht mal
Steffi selbst weiß,
ob sie das halten können wird.
Kurz darauf muss Volker unterschreiben,
dass er keinen Kontakt zu Bianca sucht
und eine räumliche Trennung sicherstellt.
Volker ist zwar irgendwie bewusst,
was er getan hat,
aber richtig klar wird es ihm erst,
als der Therapeut genau von ihm wissen will,
was passiert ist.
Und es ist,
als würde dieser Albtraum
erst in dem Moment real werden,
in dem er alles ausspricht.
Solchen Leuten hätte Volker
früher selbst den Tod gewünscht.
Väter,
die ihren Töchtern
die gesamte Kindheit rauben.
Das wird Bianca
ein Leben lang begleiten.
Das weiß auch Volker.
Steffi ist mit beim Therapeuten.
Sie will von ihm wissen,
ob das wieder vorkommt,
ob Volker es wieder tun wird.
Im Internet hat sie viel
von Wiederholungstätern gelesen.
Der Therapeut meint,
dass Volker nicht pädophil sei.
Ein Jahr auf Bewährung
bekommt er dafür,
dass er zehnmal
bei seiner Tochter
ins Kinderzimmer gegangen ist.
Die er jetzt,
denkt er,
für immer verloren hat.
Seine Frau Steffi sitzt neben ihm,
als er sich bei der Polizei
selbst anzeigt.
Auch für sie ist es schwer.
Sie hat wahnsinnige Schuldgefühle.
Bianca hatte es ihr
nämlich vorher gesagt.
Und Steffi hat ihr nicht geglaubt,
sondern an dem Konstrukt
Familie festgehalten.
Noch dazu kann Steffi
nicht nur sauer
auf ihren Mann sein.
Andere Menschen
können das nicht verstehen.
Aber Steffi meint,
dass die Liebe
zu seinem Kind
ja auch nicht verschwindet,
wenn es jemanden getötet hat.
Nach einiger Zeit
lässt Bianca
ihren Vater
über Steffi etwas ausrichten,
zum Beispiel,
wenn sie eine gute Note
bekommen hat.
Irgendwie ist Volker
für sie immer noch ihr Papa
und sie möchte,
dass er stolz auf sie ist.
Volker will sich so gerne
entschuldigen,
aber er darf ja nicht.
Und er soll auch nicht,
bis Bianca
nicht selbst
auf ihn zugeht.
Und das tut sie.
Einige Wochen
vor Weihnachten
eröffnet sie eine
WhatsApp-Gruppe
mit der gesamten Familie.
Allein mit dem Vater,
das geht auch digital
noch nicht.
Aber Bianca möchte das
schon irgendwie
hinter sich lassen.
Sie will sich nicht
rechtfertigen dafür,
dass sie sich vorstellen kann,
ihren Vater wieder
in ihr Leben zu lassen.
Dann kommt der Tag,
an dem Volker
was zu Hause
abholen will.
Normalerweise ist
abgesprochen,
dass Bianca
dann nicht da ist.
Aber an diesem Tag
ist sie das.
Mit Absicht.
Sie hatte ihre Mutter
angelogen,
damit sie ihren Vater
sehen kann.
Volker ist überfordert
mit der Situation.
Freut sich aber auch.
Bianca will sich
in Zukunft öfter treffen.
Wenn sie Volker
dann zur Begrüßung
umarmt,
weiß er nicht,
ob sie das nicht
vielleicht nur macht,
damit er sich
nicht vor den Kopf
gestoßen fühlt.
Steffi ist bei jedem
Treffen dabei
und Volker weiß,
dass sie ihn beobachtet.
Irgendwann darf Volker
auch wieder zu Hause
schlafen.
Steffi hatte Bianca
gefragt,
ob das in Ordnung geht
und sie meinte ja.
Wenn Volker jetzt
nachts aufsteht,
weil er mal wieder
wach wird,
macht er extra laute
Geräusche,
damit Steffi aufwacht
und sich nicht erschreckt,
wenn er plötzlich
nicht neben ihr
im Bett liegt.
Steffi und Volker
holen sich auch
professionelle Hilfe.
Müssen sie,
denn das Jugendamt
sitzt ihnen im Nacken.
Sie sehen nicht gern,
dass Steffi weiterhin
mit ihrem Mann
zusammen ist.
Aber die Therapie
hilft auch.
So kann Volker
nämlich versuchen
herauszufinden,
warum er das getan hat.
Auch Bianca
ist mittlerweile
an einem Punkt,
an dem sie
Antworten braucht.
Die erste Zeit
hatte sie es immer
damit gerechtfertigt,
dass Volker
bestimmt schlafgewandelt ist.
Sie weiß,
dass das nicht so war.
Sie will die Wahrheit.
Für Volker
ist das schwierig.
Er hat lange
nach einer Antwort
gesucht.
Es ging nie um Kinder.
Volker hat diese Neigung
nicht.
Es ging aber auch
nicht um Bianca.
Vielleicht hat sein
Einsatz in Afghanistan
was damit zu tun.
Davor hatte er
irgendwie mehr
Empathie.
Das,
was er da gesehen hat,
hat etwas mit ihm
gemacht.
Steffi sagt einmal
zu Volker,
dass sie ja auch
irgendwie dazu
beigetragen hat.
auch darüber
spricht Volker
mit seinem Therapeuten.
Der ist der Meinung,
dass Volker
sich Kontrolle
zurückholen wollte,
weil Steffi
sonst immer
alles bestimmt hat.
Er hatte in der Beziehung
keine Macht
und hat sie sich
dann woanders geholt.
Trotzdem weiß
Volker natürlich,
dass nur er
Schuld daran hat,
weil er es getan hat.
Sowas kann man
nicht einfach
aufarbeiten,
auch nicht zusammen
als Familie,
wenn man unbedingt will.
Steffi leidet
sehr unter allem,
will für alle da sein
und hat gleichzeitig
das Gefühl,
dass ihr niemand
zuhört.
Sie will die Familie
zusammenhalten,
aber es gelingt ihr nicht.
Sie beginnt eine Affäre
und das vor allem auch,
um Volker wehzutun.
Volker verändert sich,
weint vor anderen,
wenn er trinkt.
Steffi und er
trennen sich,
finden dann langsam
wieder zueinander.
Steffi hat lange gebraucht,
bis sie endlich
richtig wütend war
und alles an ihm
auslassen konnte.
Danach wurde es besser.
An einem Nachmittag
kommt Bianca
von der Schule
nach Hause.
Im Unterricht
haben sie über
Poetry Slam
und Julia Engelmann
geredet.
Bianca will ihren Eltern
einen Ausschnitt davon zeigen.
Ihr seid mein Ursprung,
mein Vertrauen,
meine Insel
und mein Schatz.
Mein Mund formt
euer Lachen,
mein Herz schlägt
euren Takt.
Volker weiß,
dass es alles andere
als selbstverständlich ist,
dass Bianca versucht,
ihm zu vergeben.
Dafür ist er sehr dankbar,
auch wenn er weiß,
dass ihre Liebe
in Zukunft
immer ein Trotzdem
sein wird.
Ich finde das
so schlimm.
Ich finde das auch
so schlimm.
Wir haben ja schon mal
darüber gesprochen,
über Vergebung
und alles.
Und ich,
also,
ich kann das gar nicht glauben,
wie die das
als Familie
geschafft haben.
Hm.
Und ich kann mir
sehr gut vorstellen,
dass man das probiert
und dass ich das auch
probieren würde
oder probieren wollen würde.
Aber das,
das könnte ich doch niemals,
also es ist doch dann
immer irgendwie da
oder so.
Und,
ja,
und
ich finde das so,
ja,
ich finde es toll,
dass die Familie
das schafft
und dass das scheinbar
jeder von denen will.
Ich hoffe nur,
dass Bianca
nicht nur vergibt,
weil auch sie
natürlich an diesem
Konstrukt Familie
festhalten möchte.
Ja,
genau.
Und,
aber natürlich
spielt das da auch
mit rein.
Die möchte,
dass das so ist
wie vorher.
Ich denke mir aber,
was auch so schwierig ist,
ja genau,
also welche,
welche Gefühle hat sie,
welche Schuldgefühle,
wenn sie jetzt,
wenn vielleicht in,
in ihr drin ist,
eigentlich möchte sie das nicht,
eigentlich findet sie das
so ein Vertrauensbruch,
aber sie möchte auch
nicht ihrer Mama
ihren Partner
dann dadurch nehmen
oder so.
da spielen ja so viele
Sachen irgendwie rein.
Ich denke,
in der Entscheidung
wäre vielleicht
freier gewesen,
wenn die Mutter
nicht so an dieser
Beziehung festgehalten
hätte.
Ja.
Ich möchte das aber auch
nicht bewerten,
weil irgendwo hat sie ja
Recht.
Also die Liebe
geht natürlich
nicht einfach weg.
Ja,
klar.
Nicht mal durch
sowas Schreckliches.
Also dieser Originaltext,
der ist
von allen drei Seiten
beschrieben.
Mhm.
also Biancas,
also Biancas,
Papa und Mama.
Und bei der Mutter
merkst du halt
wirklich diese
Zerrissenheit,
weil die Bianca
einmal in einem Auto,
also als sie im Auto
sitzen zu ihr sagt,
ja, du machst ja wieder
ganz schön viel
mit Papa
und dann denkt sie
sofort so,
oh Gott,
findest du das schlimm,
dass ich so viel
mit dem jetzt wieder mache?
Also irgendwann ist das
dann halt auch so,
dass die komplett
ausflippt,
diese Frau
und dann irgendwie
ein Auto zertrümmert,
weil da ist
die Beziehung,
die kaputt geht,
das Schuldgefühl,
dass sie ihrer Tochter
nicht zugehört hat,
das Gefühl,
dass ihr auch
niemand zuhört,
weil sie ist ja
nicht die erste
Betroffene
und muss auch noch
stark sein für
alle,
versucht diese Familie
zusammenzuhalten,
diese Frau bricht
auch irgendwann
total zusammen.
Ich kann aber
Bianca verstehen,
weil die irgendwann
meinte,
ich will jetzt,
dass das aufhört,
so sinngemäß,
von wegen,
ich möchte jetzt
nicht mehr,
dass das weiterhin
mein Leben bestimmt.
Ja.
Was sich jetzt
durch viele Fälle
und Erfahrungsberichte
und so gezogen hat,
die ich gelesen habe
und was man auch
am Beispiel von
Kirsten gesehen hat,
sind diese Schuldgefühle,
die viele Opfer
nach und während
des Missbrauchs
haben.
Vorab,
es ist also
gar keine Frage,
Kinder und Jugendliche
haben nie Schuld,
wenn ihnen jemand
sowas antut,
auch nicht,
wenn sie sich nicht wehren,
auch nicht,
wenn sie nicht sagen,
nein und auch nicht,
wenn ihnen Täter oder Täterin
sagt, sie wären schuld.
Also das machen die ja auch
manchmal so nach dem Motto,
auch wärst du nicht so süß,
dann müsste ich nicht.
Oder wie reden die dann
in eine Position,
aus der heraus
sie die Tat
angeblich provoziert
hätten.
Und das ist aber nie so.
Täter und Täterin
wissen natürlich,
dass diese Schuld
und diese Schamgefühle,
die die Betroffenen haben,
noch dazu beitragen,
dass sie sich
weniger wehren,
weil sie dann
eher Hemmungen haben,
jemandem davon
zu erzählen,
ganz einfach.
Oft werden sie ja auch
irgendwie unterschwellig
in die Handlung
mit einbezogen.
Also so nach dem Motto,
ja, aber ich hab dich
doch so lieb
und du hast mich
doch auch so lieb,
nicht wahr?
Dann musst du das
jetzt auch mit mir machen.
Und dann denkt das Kind,
das muss das halt machen.
Ja, weil teilweise
ist es auch so,
dass die TäterInnen
das ganz unbewusst machen
und nicht unbedingt
mit dem Ziel,
die Kinder klein zu halten,
sondern halt auch
vor allen Dingen,
um die Taten
zu rechtfertigen
vor sich selber.
Also die versuchen
sich dann irgendwie
einzureden,
dass die Kinder
das auch wollen,
damit es irgendwie
weniger schlimm ist,
die ganze Sache.
Wie man ja auch
an Martin L. gesehen hat,
der dann meint,
ja, also wir hatten
ein gutes Verhältnis
und das Kind
hasst mich jetzt auch nicht
und es wollte ja,
es hat ja mitgemacht
und so.
Also kein Kind
macht mit.
Das können die auch
noch so sehr versuchen,
vor sich selbst
zu rechtfertigen.
Ich hab ja
in der Folge 46
auch schon mal
über das Phänomen
des Victim-Blamings
gesprochen.
Hört da gerne
nochmal rein.
und da rede ich davon,
dass manche Taten
halt so unvorstellbar sind,
dass man sie nicht glauben
kann und will,
dass sie passieren
und deswegen eine Kausalität
zwischen Opfer
und Tat sucht,
die es eigentlich
gar nicht gibt.
Und bei Missbrauchsopfern
passiert es halt,
dass sie das
mit sich selbst machen.
Also man nimmt
dem Ganzen so
ja auch ein Stück weit
die Ohnmacht,
indem man sich selbst
eine aktive Rolle
zuschreibt.
sofern Kinder
überhaupt verstanden haben,
was man da mit ihnen macht.
Weil manchmal wissen die Kinder
ja anfangs gar nicht,
was da mit ihnen passiert.
Also wie in dem Fall
mit Emma.
Die wusste ja auch
erstmal gar nicht,
dass das nicht normal ist,
dass sie ständig
angefasst wird zu Hause.
Aber oft wissen die schon,
dass sich das irgendwie
falsch anfühlt,
dass da irgendwas
nicht in Ordnung ist.
Und wenn sie dann
beispielsweise
andere Erwachsenen
Fragen stellen,
ob Mama und Papa
auch mit Kindern
Liebe machen oder so,
dann realisieren sie
das erst richtig,
was da passiert
und entwickeln dann
alleine schon deswegen
ein Schuldgefühl,
weil sie halt
nichts dagegen gemacht haben
oder nicht
Nein gesagt haben.
Das ist ja im Grunde genommen
ist das ja eigentlich
ein Paradoxon,
weil die TäterInnen
fühlen sich
in den seltensten Fällen
schuldig.
Und das liegt halt
an dieser Unfähigkeit,
Empathie zu empfinden
bei den meisten,
weil sonst wären sie
ja gar nicht erst
Täter oder Täterin geworden.
Und die Opfer
empfinden Schuld,
obwohl sie gar keine haben.
Ja.
Wir haben ja
ganz am Anfang
dieser Folge gesagt,
dass es heute
um sexualisierte Gewalt
gegen Kinder geht.
Aber jetzt habt ihr schon
öfter mal den Begriff
sexueller Missbrauch gehört
und das ist ja auch
der Begriff,
der halt meistens genutzt wird
und der halt auch
im Strafgesetzbuch
vorkommt.
Der wird aber oft
kritisiert,
weil er ja irgendwie
impliziert,
dass es einen
legalen Gebrauch
von Kindern geben würde,
weil es ja auch
einen Missbrauch gibt.
Und deswegen
sprechen Experten
und Experten
lieber von
sexualisierter Gewalt,
weil damit deutlich wird,
dass bei den Taten
Sexualität genutzt wird,
um Gewalt auszuüben.
Ja und ganz kurz,
darum geht es ja eben
auch hauptsächlich,
um die Gewalt
und nicht um die Sexualität,
weil es ja eben nicht so ist,
dass man aus irgendwelchen Gründen
seine Sexualität
nicht kontrollieren kann.
Das ist ja nie der Fall.
Ja.
Und auch die Politik,
die hat dieses Problem
jetzt gesehen
und hat in einem neuen
Gesetzentwurf festgelegt,
dass es bald auch im
Strafgesetzbuch
nicht mehr
sexueller Missbrauch,
sondern sexualisierte Gewalt
heißt.
Aber was zählt eigentlich
zu sexualisierter Gewalt
gegen Kinder?
Laut der Seite der
Bundesregierung fällt
Folgendes darunter.
Zitat,
sexualisierte Gewalt
an Kindern
ist jede sexuelle Handlung,
die an oder vor Mädchen
und Jungen
gegen deren Willen
vorgenommen wird
oder der sie
aufgrund körperlicher,
seelischer, geistiger
oder sprachlicher
Unterlegenheit
nicht wissentlich
zustimmen können.
Der Täter oder die Täterin
nutzt dabei seine
beziehungsweise ihre
Macht
und Autoritätsposition
aus,
um eigene Bedürfnisse
zu befriedigen.
So,
und daran finde ich jetzt
schon mal eine Sache
nicht richtig.
Was heißt denn hier
gegen deren Willen?
Ein Kind weiß doch
in den meisten Fällen
gar nicht,
was es will
diesbezüglich.
Also ein Kind
kann dem niemals
im Leben
wissentlich zustimmen,
weil es ein Kind ist.
Das Einzige,
wo ich verstehe,
dass man sagt,
das muss gegen den Willen
geschehen,
ist,
wenn es Kinder
untereinander machen,
beispielsweise
bei Doktorspielen.
Dass man deswegen sagt,
gegen den Willen,
dann ist es
sexualisierte Gewalt.
Aber wenn das
nicht damit gemeint ist,
Kinder untereinander,
dann finde ich
die Formulierung
echt kritisch.
Ja,
das Ding ist,
dass diese Definition
halt auch zum Beispiel
17-Jährige mit einschließt,
also alle Minderjährigen.
Und mit 17 kannst du ja auch
zum Beispiel
sexuellen Handlungen
zustimmen.
Aber bei unter 14-Jährigen
wird auch bei dieser Definition
davon ausgegangen,
dass es da nicht der Fall ist.
Also die Kinder können
sexuellen Handlungen
nicht zustimmen.
Ah, okay, ja.
Also die reden da ja jetzt
von sexuellen Handlungen
und das ist ja
ein dehnbarer Begriff.
Würdest du es
als sexuelle Handlung
bezeichnen,
wenn jetzt beispielsweise
ein Mann oder eine Frau
im Schwimmbad
hockt
und Kinder
angeiert
mit sexuellem Hintergedanken?
Was heißt
Hintergedanken?
Einfach nur
aus
diesem Motiv heraus?
Genau,
dass das die halt
aufgeilt
und deswegen
in dieses
Schwimmbad gehen.
tatsächlich dein.
Und wie wäre es,
wenn eine Frau
oder ein Mann
die Füße von einem Kind
massiert,
um sich daran aufzugeilen?
Ja,
weil da passiert
eine Handlung
und
da wird das Kind
angefasst.
Genau,
so würde ich das auch sehen.
Aber auch
diese Handlung,
Füße von einem Kind
massieren,
ist jetzt nicht
strafbar.
Also beides nicht.
Okay,
das nicht,
aber was strafbar ist,
das findet man
in Paragraf
176
StGB
und wenn wir
von Kindern
hier reden,
dann sind das Personen
unter 14 Jahren.
Beispielsweise fällt darunter,
wenn ein Mann
einen Jungen dazu bringt,
ihm einen runterzuholen
oder wenn eine Frau
dem Jungen
einen runterholt.
Dafür kann man dann
sechs Monate
bis zehn Jahre
Haft bekommen.
Es gibt auch
sexuelle Handlungen,
die den Körper
des Kindes eben aber
gar nicht direkt
mit einbeziehen.
Damit sind jetzt aber
halt eben nicht
solche Schwimmbadsituationen
gemeint,
sondern wenn ein Erwachsener
sich vor einem
Kind befriedigt
oder ihm
pornografische
Inhalte zeigt.
Und noch gar nicht
so lange strafbar
ist das Cyber-Grooming,
das ich in Folge 37
schon mal erklärt habe.
Also wenn ein Täter
oder eine Täterin
ein Kind im Internet
anschreibt,
um es dazu zu bringen,
ihm oder ihr
beispielsweise
bei der
Selbstbefriedigung
zuzuschauen
oder Nacktfotos
zu schicken.
Bei solchen Taten
reicht der Strafrahmen
von drei Monaten
bis höchstens
fünf Jahren.
schwerer sexueller
Missbrauch
ist es unter anderem
dann, wenn
Kinder vergewaltigt
werden oder wenn
mehrere Täter
an dem Missbrauch
beteiligt sind.
Höchste Strafe
ist hier bei
besonders schweren
Fällen
15 Jahre.
Stattgefunden hat
das zum Beispiel
auch in Münster,
da wo ein
27-Jähriger
aus einer
Gartenlaube
heraus
den
zehnjährigen
Sohn
seiner Lebensgefährtin
selbst missbraucht
und ihn auch
anderen zum Missbrauch
angeboten hat.
Dieser Typ,
der ist jetzt eben
wegen schweren
sexuellen
Missbrauchs
angeklagt,
weil er sich eben
auch mit vielen
anderen Männern
dazu verabredet hat.
Und er und andere
Angeklagte haben
außerdem auch Videos
von ihren Taten
gemacht, was
ebenfalls strafbar
ist, genauso wie
das Verschicken,
Kaufen oder
Besitzen.
Bisher steht hierauf
eine höchste Strafe
von zehn Jahren,
doch mit diesem
neuen Gesetzesentwurf
soll die Strafe
dann aber verschärft
werden.
Also in Zukunft,
wenn man das in so
einem großen Stil
macht, dann kann man
bis zu 15 Jahre
kriegen.
Ja und diese Verschärfung,
die hat damit zu tun,
dass ja einfach diese
Straftaten zugenommen
haben.
Laut polizeilicher
Kriminalstatistik gab es
2019 mehr als
12.000 Fälle von
dokumentiertem
Kindesmissbrauch,
also Kinderpornografie.
Das sind 65% mehr
registrierte Taten
als noch im Jahr
davor.
Aber auch insgesamt
sind die Zahlen gestiegen,
was sexualisierte Gewalt
gegen Kinder
angeht.
So gab es
2019 insgesamt
rund 16.000
Fälle.
und auf den Tag
gerechnet,
wenn man das umrechnet,
dann bedeutet das,
dass täglich etwa
43 Kinder
sexualisierte Gewalt
erleben.
Und das halt in den
allermeisten Fällen
durch Männer.
Und die können aber
aus allen sozialen
Schichten kommen
und sind tatsächlich
so gut wie nie
Fremde.
Also dass es irgendwie
der Mann ist mit der
schwarzen Maske,
der aus dem Busch
kommt oder irgendwie,
also so wie aus meinem
Fall des Maskenmannes,
das ist jetzt nicht
der typische Täter.
Über Täterinnen
ist bisher nicht so viel
bekannt, weil
einfach sehr wenig
geforscht wurde zu dem
Thema, was damit
zusammenhängt, dass
Gewalt durch Frauen
halt noch größeres
Tabu ist und dann
ja, sich viele auch
schämen und dann
weniger Taten angezeigt
werden.
Und sowieso, ja,
werden natürlich
wenige Taten angezeigt
und die bleiben dann
halt im Dunkelfeld,
weil sie zum Beispiel
in den Familien
passieren,
größtenteils oder
in dem Bekanntenkreis
und dann Täterinnen
eben Mutter, Vater,
Onkel oder
Patentante oder
sowas sind und
die Kinder dann halt
in Abhängigkeit zu
denen leben und
sie sich dann halt
schwer Hilfe suchen
können oder eben
so ambivalente
Gefühle haben,
dass sie, ja,
irgendwie die Mama
trotzdem lieb haben
oder den Papa
oder zu jung
sind, überhaupt
irgendwas zu sagen
oder sich halt
eben schämen.
Ja, und das sind
ja alles Mechanismen
auf die Täter und
Täterinnen auch
zurückgreifen,
um unerkannt
zu bleiben.
Sebastian Fiedler,
der Vorsitzende
des Bundesdeutscher
Kriminalbeamter,
sagt, dass man
mit Einbeziehung
dieses Dunkelfeldes
sicher mit
100 Taten
am Tag
rechnen kann,
weil ja,
wenn das eben
in so einer Familie
passiert,
wie jetzt bei den
Taten, die ich jetzt
eben erzählt habe,
dann ist die Chance
einfach super gering,
dass das aufgedeckt
wird, wenn das Opfer
nicht sagt.
und da haben
ErmittlerInnen
dann halt eben
kaum Möglichkeiten.
Das sieht
zumindest etwas
anders aus
bei sexualisierter
Gewalt,
die im
großen Stil
beispielsweise
eben durch die
Verbreitung
im Darknet
stattfindet.
Ich habe mit
Sebastian Fiedler
über genau diese
Arbeit gesprochen,
solche Taten
aufzuklären,
die sich aus
unterschiedlichen Gründen
als sehr schwierig
erweist.
Die größte
Schwierigkeit liegt
darin,
dass wir
Probleme haben,
überhaupt an die
Identität derjenigen
zu kommen,
die dort unterwegs
sind.
Das ist vereinfacht
gesprochen erstmal
die allergrößte
Hürde,
weil ja die
gesamte
technische
Struktur
des Darknet
darauf angelegt
ist, eben
anonym dort
unterwegs sein
zu können.
Und diese
Hürden sind
nun denkbar
groß
und die werden
dadurch noch
so ein Stück
weit gesteigert,
dass bestimmte
Kommunikationsforen
sich zusätzlich
noch mit
Sicherheitsmechanismen
versuchen,
so ein Stück
weit davor
zu schützen,
dass Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter
von Sicherheitsbehörden
Zugang dazu
zu bekommen.
Täter und Täterinnen
wissen natürlich,
wie man es den
Ermittlungsbehörden
möglichst schwer
macht.
Beispielsweise,
indem sie eine
eigene Sprache
entwickeln,
aber auch,
indem sie das
Wissen anwenden,
was bei Ermittlungen
erlaubt ist
und was eben
nicht.
Da gibt es
zum Beispiel
die sogenannte
Keuschheitsprobe,
wie Fiedler
mir erklärt hat.
Das klingt
etwas,
nach einem
pervertierten
Begriff
ist es auch,
aber es ist so,
dass sich
vielfach diese Foren
vor dem Zugang
von Ermittlern
schützen wollen,
indem sie
also dazu
auffordern,
inkriminiertes
Material hochzuladen.
In dem Wissen,
dass das
Ermittler
nicht dürfen
bei uns.
Wir haben
erst vor
seit einiger
Zeit die
gesetzliche
Möglichkeit
bekommen,
dass wir
komplett
künstlich
generiertes
Material,
auf dem
sexuelle
Gewalthandlungen
an Kindern
zu sehen sind,
dass wir
solches Material
erst mal künstlich
generieren dürfen
und es dann
verwenden dürfen.
Ja, also
Fake-Porn,
wenn man so will,
der aber halt
täuschend
echt aussieht.
Kennst du
dieses Video,
wo statt
Arnold Schwarzenegger
Sylvester Stallone
den Terminator
spielt?
Nee,
und wahrscheinlich
hätte ich den Terminator
auch gar nicht
erkannt und hätte
gedacht,
das ist halt
ein alter
Ami
in einem Film.
Ja,
also auf jeden Fall,
das ging vor ein paar
Jahren mal viral
und das waren so
die Anfänge,
wo Leute mit
Deepfakes
rumprobiert haben.
Also zum Beispiel
das Gesicht von einer Person
auf eine andere Person
gebastelt haben.
Und tatsächlich
kann man sich das
so ähnlich jetzt auch
bei den Darstellungen
von sexualisierter Gewalt
gegen Kinder
vorstellen.
Und um diese zu erstellen,
wird künstliche
Intelligenz genutzt.
Und da gibt es dann
ein Programm,
das halt mit echten
Bildern und Videos
von sexualisierter Gewalt
gegen Kinder
gefüttert
und dann so
programmiert wird,
dass es solche Bilder
nachbauen kann.
Und diese nachgebauten
Bilder werden dann
von dem zweiten Programm,
mit den echten Bildern
verglichen,
um zu prüfen,
wie realistisch denn jetzt
diese falschen Bilder
aussehen.
Und wenn sie noch
nicht realistisch genug sind,
dann wird das erste Programm
nochmal angeworfen
und halt so lang
trainiert,
in Anführungszeichen,
bis das eben
so richtig gute Bilder
hinbekommt,
sodass dann
die Darknet-Community
das nicht sieht,
dass es falsch ist.
das ist eine Art,
aber es gibt ja auch
die Methode,
das so ähnlich
wie bei Animationsfilmen
mit Motion Capture
zu machen.
Die Menschenrechtsorganisation
Terre d'Omne
hat mal vor ein paar Jahren
so einen Lockvogel
konstruiert,
da ging es um
Zwangsprostitution
von Kindern,
von den Philippinen,
die halt vor der Webcam
mit Männern
chatten müssen.
Und dieses computeranimierte
Mädchen,
was sie da erstellt haben,
das haben sie Sweetie genannt.
Und diese Sweetie
hatte dann mit tausenden
von Männern Kontakt
und die dachten dann,
dass sie mit Sweetie
vor der Webcam chatten.
Und das Team
machte dann halt
Aufnahmen von den Männern
und sammelte diese ganzen
Informationen über die.
Und die haben innerhalb
von nur zwei Monaten
haben die tausend Männer
identifizieren können.
Auch was,
was die vorher niemals
hätten machen können.
Also die haben wirklich
auf einen Schlag
ganz viele
ganz viele Namen gehabt
und ganz viele Täter
und Täterinnen gehabt.
Und diese Informationen
haben sie dann halt
an Interpol weitergegeben.
Ja, daran sieht man,
wie effektiv
sowas sein kann.
Und klar ist das
auf jeden Fall
viel aufwendiger,
wenn man das so
am Computer erstellt.
Aber man muss natürlich
auch sagen,
das wird jetzt nicht
jeden Tag hier
in Deutschland gemacht.
Also diese
gefälschten Kinderpornos
werden halt
als letztes Mittel
eingesetzt.
Also wenn die Polizei
keinen anderen Weg findet,
die Foren zu kommen
oder eben TäterInnen
zu überführen,
dann machen die das.
Was die Foren angeht,
da hatte ich mich noch gefragt,
ob durch die digitale
Verbreitung
von
kinderpornografischen
Inhalten halt generell,
ob das auch irgendwie
eine Art
Erleichterung
für die Ermittlungen
gibt.
Also weil man
quasi diese
Vertriebswege
in Anführungsstrichen
vielleicht einfacher
nachvollziehen kann,
als wenn man jetzt
eine VHS-Kassette
durch Deutschland
schickt,
so wie früher.
Und das hat
Sebastian
Philia dazu gesagt.
Also wenn ich
nur einen Moment
darüber nachdenke,
komme ich
relativ schnell
zu der Bewertung,
dass die Digitalisierung
hier
übelste
und zwar
ausnahmslos
schlimme Einflüsse
auf dieses
Klimanitätsphänomen
entfaltet hat.
Und die dominieren
wahnsinnig groß,
weil es nach
nicht nur
meiner Bewertung
zu einer Explosion
der Verbreitung
dieses Materials
geführt hat.
Mit der Möglichkeit,
das auf digitalen
Wege,
auf den unterschiedlichen
Ebenen bis hin
zum Darknet
zu verbreiten.
Wenn Sie da
so eine Kurve
aufmalen,
dann fühlen Sie sich
an die Virusverbreitung
erinnert.
Und das setzt
die Beamten und Beamte
natürlich vor
riesige Probleme,
so Fiedler.
Nicht zuletzt,
weil es halt eben
so schwer ist
nachzuvollziehen,
wer hinter der
Verbreitung steckt
oder wer sich
solche Filme zieht.
Es wäre da
theoretisch schon
möglich,
mehr gegen vorzugehen.
Aber da steht uns
der Umgang mit der
Vorratsdatenspeicherung
gerade im Weg.
Also, dass Anbieter
von Kommunikationsunternehmen
eine Mindestspeicherfrist
einhalten müssen,
innerhalb derer
sie den Behörden
Daten zur Ermittlung
bereitstellen müssten.
Das wäre enorm wichtig,
so Fiedler.
Das ist deswegen
bedeutsam,
weil wir in nicht
seltenen Fällen,
ich rede durchaus mal
so über
vierstellige Fallzahlen,
die aus dem Ausland
zu uns
übermittelt werden.
Der Regelfall ist
seit vielen Jahren,
dass wir aus den
Vereinigten Staaten
oder aus Kanada
Fälle übermittelt
bekommen hierher
und die einzige
Spur, die wir haben,
ist die IP-Adresse.
Und dann haben
wir eine
vierstellige Anzahl,
in denen wir
nichts machen können
mehr, weil wir
hier schlicht und
ergreifend
keine Daten
mehr haben.
Also nur,
um das nochmal
kurz klarzuziehen,
weil wir hier
sozusagen nicht
anlasslos die Daten
speichern dürfen,
kann die Polizei
mindestens
1.000 Fällen
pro Jahr
nicht nachgehen,
weil wir keine
Informationen mehr
darüber haben.
Ja, genau.
Das waren, glaube ich,
in den drei Jahren,
ich glaube, mal in einem
Jahr 4.000,
mal waren 2.000 Fälle.
Also in dieser
Größenordnung
bewegte sich die
Berichterstattung
des Bundeskriminalamtes.
Das wäre
dran,
besonders dramatisch,
wenn wir
die Befürchtung
haben müssten,
dass wir
auf dem
Material
etwas sehen,
was noch
andauert.
Also das ist
sozusagen immer
unsere größte
Priorität.
Material,
bei dem
die Besorgnis
besteht,
dass
die
sexuellen
Gewalthandlungen
an Kindern
noch andauern können.
Sie sehen,
das ist jetzt
nun ein seit
so vielen
Jahren
diskutiertes
Feld,
das häufig
auf einer
sehr abstrakten,
dogmatischen,
politischen Ebene
diskutiert wird.
Meine Bauchschmerzen
sind nur
an ganz anderer
Stelle und es
gibt eben
nicht nur
diese abstrakte
Diskussion,
sondern es
gibt eine
sehr konkrete
Situation und
da lassen
uns derzeit
die politischen
Verantwortungsträger
insoweit
Stück im Stich
und sie lassen
die Opfer
an der Stelle
im Stich,
weil sie uns
keine Alternativen
liefern.
Weil in der
öffentlichen Debatte
wird das ja gar
nicht so klar,
dass man so
Kinder retten
könnte.
Also habe ich
zumindest nie
so wahrgenommen.
Ja,
ich glaube,
das ist nicht
offen genug
diskutiert.
Also weil ich glaube,
das ist aber so ein
verbindendes Element
in der gesamten
Debatte,
warum wir glaube ich
darüber zu
beklagen hatten
und teilweise
immer noch haben,
dass über
dieses Thema
viel zu sehr
diskutiert wird,
weil es besonders
wehtut,
diese Debatte,
weil wir zur
Kenntnis nehmen
müssen,
dass das überall
in der Gesellschaft
verteilt ist,
dass es die
Schwächsten der
Gesellschaft trifft
und dass die
Taten,
über die wir hier
reden,
unvorstellbar brutal
sind.
Ich habe an der
Stelle natürlich auch
verfassungsrechtlich
irgendwie bestimmte
Fragezeichen und
Problemstellungen,
wo richtigerweise die
Freiheitsrechte der
Bürgerinnen und Bürger
hochgehalten werden und auf
der anderen Seite keine
Antwort präsentiert wird,
wie die
Ermittlungsbehörden mit
Situationen umgehen,
wo kleine Kinder und
größere Kinder
penetriert werden,
vergewaltigt werden,
sexuell misshandelt
werden.
Vieler meint,
dass man sich bei den
Debatten über dieses
Thema halt eben bewusst
sein muss, dass man im
Zweifel dann unaufgeklärte
Taten dieser Kategorie
toleriert, obwohl man diese
und weitere Fälle hätte
verhindern können.
Was ähnliches gilt übrigens
auch für den analogen
Bereich.
Auch bei ärztlichen
Untersuchungen könnte man
mehr tun, um sexuellen
Missbrauch oder
Kindesmisshandlung
aufzudecken.
Man muss dazu wissen,
dass eben
Kindesmisshandlung ein
ärztlicher Diagnoseschlüssel
ist.
Und um zu dieser
Diagnose zu kommen,
fehlen den Ärzten
häufig die
Information darüber,
dass das Kind vorher
schon bei einem oder
mehreren anderen Ärzten
mit einer ähnlichen
Story vorgestellt wurde.
Das nennt man
Dr.
Hopping.
Das heißt, die
Täterinnen und Täter,
das sind in diesem Fall eben
wie gesagt häufig die
Erziehungsberechtigten,
gehen dann von einem
Arzt zum anderen,
damit nicht aufkippt,
dass diese
Misshandlungssituation
tatsächlich vorhanden ist.
Und die Idee ist,
der Kinderarzt,
der einen Zweifel hat
bei seiner Diagnosestellung
bezogen auf diese Fragen,
der soll im Prinzip
sehr vereinfacht
gesprochen Vorname,
Nachname,
Geburtsdatum des
Kindes eingeben können
und würde dann erfahren,
ob dieselbe Kind schon mal
bei einem anderen Arzt
in Behandlung gewesen ist
und dann könnte er sich
mit einem anderen Arzt
am Telefon darüber austauschen,
um zu einer Diagnose
zu kommen.
Und jetzt kommt der
entscheidende und kritische
Punkt ohne Einverständnis
der Sorgeberechtigten,
weil sie könnten nur
von der Schweigepflicht
entbinden,
die Täter also in diesem Fall.
Wenn nämlich dann
diese Diagnose
Kindesmisshandlung
gestellt werden könnte,
bestünde dann die Möglichkeit,
tatsächlich für die Ärzte
das Jugendamt zu informieren.
Einiges ist ja schon passiert.
Der Gesetzgeber hat
zusätzlich zum Cybergrooming
jetzt auch noch dieses Jahr
die Versuchsstrafbarkeit
des Cybergroomings eingeführt.
Was war denn da das Problem?
In den Fällen,
wo die Täter glaubten,
dass sie sich an ein,
also wirklich an ein Kind
heranwanzen,
aber in Wahrheit
entweder Erziehungsberechtigte
oder Ermittlerinnen
oder Ermittler
am anderen Ende
der Leitung
vor dem Computer
gesessen haben,
wäre das strafrechtlich
hinten rübergefallen,
weil es aufgrund
der Konstruktion der Norm
dort nicht strafbar
gewesen wäre.
Sowas ähnliches
habe ich, glaube ich,
auch mal als Reporterin gemacht.
Also mich als
sehr junges Mädchen
ausgegeben
und über einen Online-Chat
so einen älteren Mann
kennengelernt,
der mir dann
für Sex
Geld zahlen wollte.
Und ich habe mich
dann mit dem Mann
getroffen
und meine Kollegen
und Kolleginnen
haben dann die Polizei
gerufen
und die konnte
original
halt gar nichts machen.
Wäre das,
wäre so ein Fall
damit jetzt abgedeckt?
Das ist ja exakt
die Variante,
die jetzt dadurch
geschlossen wäre
und die jetzt
Versuchstrafbarkeit
erfüllen würde.
Ja, und die Polizei
soll auch in Zukunft
mehr Möglichkeiten
an die Hand bekommen.
Das hat die Regierung
jetzt entschieden.
Also demnächst
können sie auch
die Telefone und
Handys von Personen
abhören,
die verdächtigt werden,
kinderpornografisches
Material zu kaufen
oder zu besitzen.
Das war vorher
nicht möglich.
Und bei der
Verbreitung
von solchem Material
und auch in schweren
Fällen
sexualisierter Gewalt
darf die Polizei
auch Online-Durchsuchungen
durchführen.
Das heißt,
dass die PCs der Verdächtigen
gehackt werden dürfen,
damit man halt schauen kann,
was die auf ihren
Festplatten haben.
Und auch insgesamt
soll die Strafverfolgung
vereinfacht werden.
Also, dass man Verdächtige
schneller in Untersuchungshaft
nehmen kann,
dass man Gerichtsverfahren
beschleunigt,
wenn halt Kinder
daran beteiligt sind,
weil das für die
wie gesagt eine Tortur ist.
Und damit halt so Fälle
wie die von Niklas
gar nicht mehr vorkommen,
wird auch fest vorgeschrieben,
dass Kinder von den
FamilienrichterInnen
angehört werden müssen.
Also, wenn es darum geht,
die Kinder in den
Familien zu lassen zum Beispiel,
dass man dann,
wenn es um das Kind geht,
auch das Kind mal befragt,
wie es ihm geht
und was das Kind
eigentlich möchte.
Und manchmal,
wie wir wissen,
weiß das Kind selber
nicht, was es möchte.
Und da sollen die
RichterInnen
geschult werden zu erkennen,
wenn Kinder
in Gefahr sind.
Und das ist natürlich gut,
wenn die das dann erkennen,
aber noch besser wäre ja,
das kommt gar nicht erst
zu einer Gefährdung.
Und dafür gibt es
präventive Maßnahmen,
also für die,
die Angst davor haben,
wegen ihrer sexuellen Neigung
Straftaten zu begehen,
gibt es zum Beispiel
dieses Präventionsnetzwerk
Kein Täter werden.
Und das wendet sich explizit
an pädophile Männer,
die ja nie ihrer Neigung
nachgehen können,
ohne nicht gleichzeitig
Täter zu werden.
Die Kosten für die Therapie,
die werden auch
von der Krankenkasse übernommen.
Und da lernen sie dann
zum Beispiel,
heikle Situationen
früher zu erkennen
und ihnen auszuweichen
oder offen mit Vertrauten
über ihre Neigung
zu sprechen.
Und es geht nicht darum,
sie zu heilen,
weil ja Pädophilie,
habe ich ja auch schon mal
erzählt,
keine Krankheit ist,
sondern eine Paraphilie,
also eine sexuelle Neigung.
Und es geht eher darum,
mit ihnen zu arbeiten.
Und ihnen einen Umgang
mit dieser Neigung
zu ermöglichen.
Ja, und was andere
TäterInnen-Typen angeht,
die nicht pädophil sind,
da ist es schwerer,
die sozusagen
vor der Tat zu erkennen,
weil das halt oft Personen sind,
die Macht ausüben wollen.
Wie jetzt auch zum Beispiel
in dem Fall von Volker,
der ja offensichtlich
kein pädophiler Mann war.
Ich meine, bei ihm war es so,
er wollte das eigentlich nicht
und danach wollte er auch
unbedingt sich Hilfe holen.
Aber es ist ja super schwer,
an wen hätte er sich vorher wenden können.
Und oft suchen sich solche Menschen
aber eben irgendwie Systeme
oder Strukturen,
wo Kinder ihnen ausgeliefert sind.
Also das sind zum Beispiel
so geschlossene Institutionen
wie Internate,
wo es dann klare Hierarchien gibt
und keine Kontrolle,
wie das zum Beispiel lange
auch in der Kirche der Fall war.
Und jetzt gibt es dort
und auch in vielen anderen Einrichtungen
Missbrauchsbeauftragte
oder zum Beispiel Psychologinnen
oder Psychologen.
Aber natürlich haben die vorher
lange machen können,
was sie wollen,
weil da keiner von außen
reingeguckt hat
und das auch nicht kontrolliert wird
oder so.
Und das ist halt wichtig,
dass man halt diese festgefahrenen Strukturen
auch immer mal wieder hinterfragt
und auch von außen kontrolliert
und kontrollieren lässt,
damit sowas halt nicht nochmal vorkommt.
Und da sind wir halt auch alle irgendwie
dran, darauf zu achten,
dass das passiert.
Und der erste Schritt irgendwie
in diese Richtung ist ja überhaupt,
über das Thema zu reden.
Und das aber auch am besten
mit den Kindern selbst.
Also wenn nur immer wir das machen,
dann wissen die Betroffenen
immer noch nicht,
wie sie sich irgendwie dagegen wehren können.
Und da sind natürlich Schulen
und Kindergärten gefragt,
dass die da sensibilisieren.
Es gibt so eine Initiative,
die heißt Trau Dich
vom Bundesfamilienministerium.
Und die haben unter anderem
so ein Theaterstück entwickelt,
bei denen Erwachsene
von sexuellen Übergriffen erzählen.
Also wie sich das für Kinder anfühlt
und wie sich TäterInnen verhalten,
um Kindern dann Angst zu machen.
Und so soll halt deutlich gemacht werden,
dass sowas falsch ist
und Erwachsene dafür
auch bestraft werden können.
Ich glaube, das ist an sich
eine geschickte Art,
Kindern das so zu vermitteln,
weil ja viele immer denken,
äh, nee, so ein Thema.
Also ich kann das schon verstehen,
dass es da Hemmungen gibt,
sowas irgendwie in der Schulklasse
anzusprechen zum Beispiel.
Aber statistisch gesehen
muss man einfach mal sehen,
dass in jeder Schulklasse
zwei Kinder sitzen,
denen sowas passiert.
Ja.
und denen muss man halt irgendwie
eine Möglichkeit geben,
da offen drüber reden zu können.
Und deswegen,
wenn unter euch LehrerInnen sind,
die so etwas in ihrer Klasse machen wollen,
in unserer Folgenbeschreibung,
da findet ihr Nebenanlaufstellen
für Betroffene,
auch links zu solchen Angeboten.
Haben deine Eltern denn,
also ich gehe mal davon aus,
dass du in der Schule
sowas nicht hattest.
Nein.
Ja.
Haben denn deine Eltern mit dir
über sexualisierte Gewalt gesprochen,
als du klein warst?
Also auf gar keinen Fall.
Und auch kein anderer Erwachsener, oder?
Nee.
Nee.
Deine?
Nee, mit mir hat auch niemand
darüber gesprochen.
Meine Eltern haben zwar mal versucht,
mich aufzuklären.
alleine versucht, dich aufzuklären.
Ja, genau.
Weil sie haben das halt auch nicht
mit besonders viel Ehrgeiz gemacht.
Ich glaube, das war irgendwie
mit 14 oder so.
Oh mein Gott.
Ja, aber hör dir an,
wie das war.
Das ist mir zu spät.
Zu spät?
Mit 14?
Natürlich.
Also da war bei mir
der Zug schon abgefahren.
Okay, ich nicht.
Ich fand es ganz schlimm.
Aber ich glaube,
ich fände es in jedem Alter,
hätte ich es schlimm gefunden.
Aber so.
Und hör dir jetzt an,
wie das war.
einfach ein Buch
über Pubertät und Sex
unter den Weihnachtsbaum gelegt.
Toll.
Und du dachtest dir so,
das ist das abscheulichste Geschenk,
was ich jemals bekommen habe.
Bitte verbrennt es.
Ja, weil da auch so
Zeichnungen drin waren
und keiner mit mir
darüber geredet hat.
Es war einfach dieses Buch da
und
man denkt sich so,
oh, man macht ein Geschenk auf
und freut sich über irgendwas
und hat dann so ein Buch
in der Hand.
Aber warum ist das gefühlt so peinlich?
Weil halt nie
jemand darüber redet
und es deswegen
so schambehaftet ist.
Also ich kann es ja verstehen,
solche Gespräche
sind irgendwie unangenehm,
weil man auch nicht weiß,
wie man das anstellen soll
und weil auch den Kindern
das unangenehm ist.
Aber es ist halt wichtig,
dass man halt über
Sexualität spricht,
aber auch
ja über Selbstbestimmung
und dass man den Kindern
klar macht,
dass die über ihren Körper
bestimmen können
und dass es halt
nicht okay ist,
dass irgendjemand
die ungefragt anfasst,
auch wenn das
nur nett gemeint ist
und auch,
dass zum Beispiel
es nicht okay ist,
wenn irgendjemand anders
sie fotografiert
oder so
und dass sie das selber
entscheiden dürfen.
So,
und da sind wir ja jetzt
bei meinem Lieblingsthema.
Das mit den Fotos
gilt nämlich nicht nur
für erotische Posen,
sondern für alle Bilder.
weil sich Kriminelle
aus dem Internet,
aus den sozialen Netzwerken
Material holen,
zu dem sie masturbieren.
Auch wenn das jetzt wieder
viele nicht hören möchten.
Und das holen sie sich
von öffentlichen Accounts,
wo Eltern ihre Kinder
ins Netz stellen.
Ich kann wärmstens
die Doku vom BR
Kinderfotos im Netz
gepostet,
geklaut,
missbraucht empfehlen.
Ich finde,
man muss sich das einmal ansehen,
was mit solchen Bildern,
mit ganz harmlosen Bildern
potenziell gemacht wird.
Weil man muss einmal hinsehen
und dann kann man das
immer noch für sich entscheiden.
Beziehungsweise für seine Kinder,
weil die dürfen ja nicht
selbst entscheiden,
ob ihr Gesicht oder ihr Körper
im Internet gezeigt wird.
Und in der Doku
stellen die einen Täter vor,
der Bilder von 6- bis 11-Jährigen
auf Instagram sammelt.
Da kopiert er die
und dann lädt er die
auf eine russische Seite
für eben genau
solche Menschen hoch.
Und weltweit hat der
10.000 Bilder zusammengestellt.
Und die Familien
und die Kinder,
die wissen davon nichts.
Und wir wissen ganz genau,
was diese Menschen damit machen.
Und ich finde es so ätzend,
wenn Eltern sagen,
ja, aber das ist doch krank,
sowas zu denken
und mein Kind läuft ja auch
auf der Straße frei rum,
da kann das ja auch jeder sehen.
Das ist fucking
nicht dasselbe.
Ich wollte,
nachdem ich diese Doku gesehen habe,
selber mal eine Reportage
darüber machen.
Und deswegen war ich auch
selbst mal
auf einer solcher Seite.
und ich habe selten
in meinem beruflichen Leben
so schlucken müssen.
Da gibt es ein typisches
Instagram-Bild,
Familie mit Kleinkind.
Das Kind zieht sich gerade
an der Hose vom Vater hoch
und zwar so in Schrittnähe.
Und da standen Kommentare
wie, besorgt ist dem Papa richtig
und sowas.
Und dann gab es ein Bild
von einem Mädchen
und da wurde auf die Lippen gesumt
und darunter stand geschrieben,
ich würde gerne
ihre kleine Piep, Piep
und dann darin Piep.
Diese Menschen,
die nehmen
egal was
und zweckentfremden das
und sexualisieren es.
Da können die Menschen
noch so schöne Gedanken
beim Posten gehabt haben.
Ach, wie nett hier,
bla, bla, bla.
Da wird einfach
was anderes draus gemacht
und das ist an der Tagesordnung.
Das sagt dieser Andreas Link
von jugendschutz.net
in dieser Doku.
Und der meint es ganz schwer,
das Menschen
bewusst zu machen.
Ja, das glaube ich,
weil ich hatte
in meinem Bekanntenkreis
eine ganze Zeit lang
jemanden,
der seine Kinder
im Netz
ganz offen
zur Schau gestellt hat,
auch noch als andere
in dem Bekanntenkreis
gesagt haben,
dass sie das nicht
richtig finden.
Und die Person
hat erst vor kurzem
damit aufgehört,
zum Glück.
Die Person hat dann
ihren Followern halt geschrieben,
dass sie sich da jetzt
ganz bewusst
für entschieden hat
und dass ihr es
auch sehr leid tut
und sie es am liebsten
rückgängig machen würde,
dass sie ihre Kinder
so lange gezeigt hat.
Und dieses Eingeständnis
finde ich super wichtig
und auch stark,
weil sie ja auch
irgendwie ein Vorbild ist
für eine Menge Mütter,
die sich jetzt
an ihr orientieren.
Und abgesehen davon
finde ich,
dass man das eben
gar nicht oft genug
betonen kann,
dass man halt seine Kinder
nicht zeigen sollte.
Ja,
nur rückgängig machen
kann sie es ja dann
leider trotzdem nicht.
Ich meine,
das ist jetzt natürlich gut,
aber einmal im Netz
ist halt im Netz.
Das stimmt.
Da hat Toja Diebel
übrigens ein cooles Projekt
ins Leben gerufen.
Das heißt,
dein Kind auch nicht.
Und da geht es auch darum,
dass Kinder in den
absurdesten Situationen
ja manchmal
fotografiert werden.
Und die Kernaussage
des Projekts
ist eigentlich,
du willst nicht,
dass man ein Foto
von dir auf dem Topf
ins Netz stellt.
Dein Kind auch nicht.
Ja,
und um das zu veranschaulichen,
haben sie ja dann auch
so Fotos von sich gemacht,
die sehr lustig sind
dann zu sehen.
ja halt in so Stellungen,
in denen normalerweise
so Mami-Blogger
ihre Kinder fotografieren.
Und auch in dieser Folge
soll es zum Schluss
die Rubrik
HörerInnen-Post geben.
Aber diesmal
ganz anders als sonst.
Es geht um eine Nachricht
von Leonie,
so nennen wir sie jetzt mal.
Und sie hat uns erzählt,
dass sie als Kind
sieben Jahre lang
von ihrer Mutter
und ihrem Nachbar
sexuell missbraucht wurde.
Von vier bis elf Jahren.
Und dass unser Podcast
mit dazu beigetragen hat,
dass sie zur Polizei gegangen ist.
Wir sind immer noch
so ein bisschen geflasht darüber
und sehr stolz auf Leonie.
Und deshalb haben wir sie gefragt,
ob sie uns für diese Folge
halt mal erzählen mag,
was ihr geholfen hat,
mit dem Erlebten umzugehen,
in der Hoffnung,
dass man da mit anderen Mut machen kann.
Und Leonie hat uns erzählt,
dass ihr ihre Therapie
sehr geholfen hat.
Also das Sprechen über die Taten.
Und zwar so sehr,
dass sie sich 2018 dafür entschied,
für ein ganzes Jahr
in eine Klinik zu gehen,
um sie eben noch intensiver
mit ihrer Kindheit
und deren Auswirkungen
auf ihr Erwachsenensein
auseinanderzusetzen.
Und dazu schrieb sie uns,
es war die beste Entscheidung,
die ich treffen konnte.
Ich hatte endlich das Gefühl,
nicht mehr allein zu sein.
Ich konnte mir die Zeit nehmen,
die ich brauchte,
um einen Teil
meiner zerbrochenen
Kinderseele zu heilen.
Das Ganze aber auch
rechtlich aufzuarbeiten,
das war lange kein Thema
für Leonie.
Vor allem deshalb,
weil sie halt ihren PeinigerInnen
nicht nochmal begegnen wollte.
Und das hat sich aber dann geändert
nach vielen intensiven Gesprächen
mit ihrem Psychiater,
vielen Sitzungen bei der Opferhilfe
und vielen Stunden Mordlust.
Dazu sagt sie,
seit ich euren Podcast höre,
schreit mein Herz danach,
endlich für Gerechtigkeit zu sorgen,
damit anderen Kindern
durch die Hand meines Nachbarn
und meiner Mutter
nicht dasselbe wie mir
widerfahren muss.
Und letzte Woche hatte ich den Mut
und bin mit meiner Freundin
zur Polizei.
Ich bin bereit dazu.
Für Leonie war es
sehr befreiend,
aufs Revier zu gehen
und auszusagen.
Sie hatte auch das Glück,
dass ihr eine sehr
empathische Polizistin zugeteilt wurde,
die sich viel Zeit nahm für sie
und ihr auch erklärte,
dass sie ihren PeinigerInnen
nicht nochmal gegenüber sitzen müsse.
Weil sie unter dem Opferschutz stehe,
kann vor Gericht ihr Psychiater
anstelle von ihr aussagen.
Und wir haben Leonie dann noch gefragt,
was die anderen Menschen sagen würde,
die Ähnliches erlebt haben wie sie.
Und ihre Antwort war,
ihr seid so unfassbar stark,
denn ihr lebt.
Ihr habt was vom Schlimmsten
und Unfährsten überlebt,
das einem Kind passieren kann.
Und das macht euch
zu noch stärkeren Menschen.
Seid mutig,
denn allein seid ihr nie,
oh Gottes Willen.
Wendet euch an Personen,
denen ihr vertraut
und sucht euch fachliche Hilfe.
Ihr habt es verdient,
gehört zu werden.
Kein Opfer von sexueller Gewalt
ist Schuld an dem,
was passiert ist.
Ich würde euch am liebsten
alle umarmen
und euch sagen,
dass alles gut werden wird.
Ich bin zuversichtlich,
dass ihr euren Weg geht
und euer Glück im Leben findet.
Und mit diesen Worten
wollen wir diese schwere,
aber wichtige Folge abschließen.
Das war ein Podcast von Funk.