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#66 Gewalt gegen männer

Laura, ich habe schlechte Nachrichten.
Was?
Ich möchte einen etwas konfusen Nachrichtenverlauf von mir und einem Hörer mit dir und den HörerInnen teilen.
Im Laufe der Jahre ist das so, müsst ihr wissen, dass man zu einigen HörerInnen, die uns von Anfang an gehört haben, eine Beziehung aufgebaut hat, so ein bisschen.
Oder eher, ich habe sie aufgebaut und Laura vergisst sie dann immer.
Und einer dieser HörerInnen ist Thomas.
Den kenne ich.
Den kennst du, weil der nämlich bei unserem Live-Podcast in München dabei war.
Und zwar damals in der Begleitung einer jungen Dame.
Und die sagte uns nach unserem Auftritt, dass die beiden sich über unseren Podcast, also damals noch über die Facebook-Gruppe, kennengelernt haben.
Und wir haben uns super gefreut, weil das ja das erste Mordlustpaar war.
Oh nein, sind sie jetzt nicht mehr zusammen.
Pass auf.
Thomas schrieb, vielleicht etwas weird.
Meine Freundin hat mich gestern gefragt, ob wir zwei Kinder bekommen und sie dann Paul und Lina nennen wollen.
Meine Antwort war so ungefähr, ja super.
Wenn wir sie dann am Spielplatz rufen, dann brüllen wir mal Paulina, bitte kommt mal her oder wie.
Darauf meinte meine Freundin, dass Paulina auch ein sehr schöner Name sei und dass sie niemanden mit dem Namen kennen würde.
Meine Antwort darauf war, aber das ist nicht die, mit der du beim Live-Podcast in München warst.
Weil die würde uns ja kennen.
Er schreibt, nein, das war Anka.
Sie ist nicht meine Freundin und war es auch nie.
Wir sind einfach nur befreundet.
Ich, völlig schockiert, aber sie hat es so gesagt, als wärt ihr zusammen.
Er, hast du Weinchen getrunken?
Ich, sehr geschickt, diese Frage umgangen.
Das wäre das erste Mordlustbaby gewesen.
Ja, ja, ja, ich erinnere mich, sie hat es verwirrend formuliert.
Tut mir leid, ich kann euch nicht zu einem Mordlustbaby verhelfen.
Meine Antwort macht nichts, es wird andere geben.
Mit Sicherheit.
Also die beiden sind raus und wir müssen jetzt Ersatz suchen.
Also vielleicht gibt es ja andere Paare, die sich über uns kennengelernt haben oder lustige Dating-Geschichten, wie die von meinem Freund Edmund, der ja da nach seiner Liaison plötzlich meine Stimme neben sich im Bett gehört hat.
Was, wer, Edmund?
Das ist doch nur einfach irgendein Name.
Die habe ich doch schon mal erzählt, dass ein Freund von mir ein Date hatte und dann hat er auf einmal, während sie einschlafen wollten, hat er dann auf einmal meine Stimme gehört, weil sie kommentarlos einfach Mordlust angemacht hat.
Und er sich dachte, er hat einen Schlaganfall.
Ja, oder wenn ihr einfach auch jetzt eure Kinder Paul und Lina nennen wollt, weil ihr solch großen Mordlust-Fans seid, ja, schickt uns das rüber.
Da freuen wir uns.
Ja.
Das erste Mordlustbaby.
Und damit herzlich willkommen zu Mordlust, einem True-Crime-Podcast von Funk, von ARD und ZDF.
Wir reden hier über wahre Verbrechen und ihre Hintergründe.
Mein Name ist Paulina Kraser.
Und ich bin Laura Wohlers.
In unserem Podcast erzählen wir uns gegenseitig jeweils einen Fall zu einem bestimmten Oberthema, über das wir dann diskutieren und auch mal mit ExpertInnen darüber sprechen.
Wir reden hier auch mal ein bisschen lockerer miteinander.
Das hat aber nichts damit zu tun, dass uns der Respekt fehlt, sondern das ist für uns so eine Art Comic-Relief, damit wir zwischendurch auch mal aufatmen können.
Das ist aber natürlich nie despektierlich gemeint.
Heute geht es bei uns um Gewalt gegen Männer, denn natürlich hat dieses Thema das verdient, dass darüber mal gesprochen wird.
Auch wenn das so im öffentlichen Diskurs und auch in der Berichterstattung nicht immer so gesehen wird, weil da gibt es ja immer diese klare Rollenverteilung oder oft der Mann als Täter und die Frau als Opfer.
Und ich bin gestern auch noch mal durch unsere Folgen durchgegangen und habe so eine kleine Strichliste gemacht, weil ich wissen wollte, wie das Verhältnis so bei uns ist von männlichen und weiblichen Opfern.
Und?
Und ich kam dann, nee, was denkst du denn?
Also viel mehr weibliche Opfer.
Ja, genau.
Ich hatte das auch im Gefühl, wollte das nochmal ganz genau nachprüfen, aber bei Folge 40 habe ich dann gestoppt, weil da es schon sehr klar war, dass es so ist, dass fast doppelt so viele Opfer weiblich sind als männlich.
Dabei ist das in der Realität genau andersrum.
Da sind Männer nicht nur deutlich häufiger Täter, sondern auch häufiger Opfer.
So wurden laut der polizeilichen Kriminalstatistik im Jahr 2019 486.489 Männer Opfer von Gewalt- und Tötungsdelikten wie Mord, Totschlag, Körperverletzung und so weiter.
Und ihnen gegenüber stehen 333.304 weibliche Opfer.
Und der Abstand zwischen den beiden Geschlechtern ist in Wirklichkeit wahrscheinlich viel größer noch, weil man bei den männlichen Opfern von einem großen Dunkelfeld ausgehen kann.
Männer sind auf jeden Fall bei allen Delikten als Opfer in der Überzahl, mit einer Ausnahme, und zwar den Sexualstraftaten.
Und das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum wir im Podcast halt jetzt dieses Ungleichgewicht haben, weil wir uns ja immer wieder mal mit Verbrechen beschäftigen, die einen sexuellen Hintergrund haben.
Auf jeden Fall können Frauen auch, was das angeht, ziemlich gewalttätig sein.
Und deswegen findet ihr die Trigger-Warnung wie immer in der Folgenbeschreibung.
Die Kleiststraße in Berlin-Schöneberg macht auf der Ecke, auf der wir uns befinden, einen trüben Eindruck.
Berlin ist im Dezember eher schmuddelig grau und hier beleuchten im Gegensatz zum Kurfürstendamm, der ganz in der Nähe ist, keine Lichter aus den Schaufenstern der Luxusgeschäfte die Straße.
Ein großes Mehrfamilienhaus jagt das nächste und viele davon sind grau oder braun.
Nicht besonders schön.
In einem von diesen Häusern wohnt im Jahr 2002 in einer 55-Quadratmeter-Zwei-Zimmer-Wohnung im ersten Stock der 65-jährige Günther.
Ein ganz unauffälliger, leiser, kleiner Mann, um die 1,65 groß, der gebückt geht.
Günther verbringt aber nicht viel Zeit in seiner Wohnung, sondern ist oft im Treppenhaus unterwegs und steht auf der Straße vor dem Haus und guckt etwas verloren in der Gegend rum.
Wenn man ihn am Briefkasten trifft, da ist er oft, dann redet er kaum.
Generell ist er eine eher unterwürfige und karge Erscheinung.
Und er sieht immer etwas zugerichtet aus.
Mal hat er eine aufgeplatzte Lippe oder sein Gesicht ist angeschwollen.
Ein anderes Mal hat er Blutergüsse an den Armen.
Doch auch wenn man den schwächtigen Mann immer nur alleine sieht, ist er das gar nicht.
Mit ihm zusammen in der Wohnung lebt seine Frau Rosa.
Gesehen haben die Nachbarn Rosa schon ewig nicht mehr.
Wenn gar nie.
Aber man hört sie.
Jedes Mal, wenn Günther die Haustür zur Wohnung aufschließt, geht das Geschrei los.
Herr Schmidt von nebenan hört dann, wie Rosa losbrüllt, dass Günther sie zu lange alleine gelassen hat und ihn beschimpft.
Wenn es zu lange laut wird, dann klingelt Herr Schmidt bei Günther und Rosa.
Nie, macht jemand die Tür auf, aber Rosa hört dann wenigstens auf zu schreien.
Im Haus bemitleidet man Günther.
Einmal sieht Herr Schmidt ihn im Hausflur sitzen.
Sicher wieder ausgesperrt worden, denkt Herr Schmidt.
Günther muss nämlich manchmal bei den Nachbarn klingeln, wenn Rosa ihm den Schlüssel abgenommen hat, damit er wenigstens ins Haus reinkommt.
Sie können doch mal auf einen Kaffee rumkommen.
Günther antwortet nicht auf das Angebot.
Im Sommer 2002 schreibt Herr Schmidt Günther dann einen Brief, dass er ihn vorübergehend in einer anderen Wohnung unterbringen könne, wenn Günther das wolle.
Aber auch darauf kommt keine Antwort.
Als Günther Rosa damals kennenlernte, hatte er kaum etwas mit dem Mann gemein, den er heute optisch hergibt.
Als die beiden 1960 heiraten, trägt er eine Poppertolle, sie ein Chiffon-Petticoat.
Mit dieser Hochzeit gibt er nicht nur Rosa ein Versprechen, sondern erfüllt auch eines, das er vorher gegeben hat.
Ein paar Jahre zuvor verstirbt Rosas Vater nämlich an Magenkrebs.
Rosas Mutter hungert sich daraufhin zu Tode.
Als sie im Sterben liegt, ist Günther schon an Rosas Seite und gibt ihrer Mutter sein Wort, Rosa zur Frau zu nehmen und sie niemals im Stich zu lassen.
Rosa hofft in der Ehe, die Stabilität zu finden, die sie als Kind vom Elternhaus nicht bekommen hat.
Denn als ihr Vater in Kriegsgefangenschaft war, kam die Mutter mit der Erziehung nicht zurecht und gab Rosa als Kind in ein Heim.
Weil Rosa unter einer Mittelohrentzündung litt und trotz Not-OP, seitdem kaum etwas hören kann, galt sie dort als behindert und wurde oft geschlagen.
Doch was Rosa in der Ehe mit Günther erhofft hatte zu finden, bekommt sie nicht.
Günther ist als Möbelfahrer selten daheim.
Und zusätzlich nimmt er noch Schwarzarbeit an, damit er, Rosa und die zwei Kinder, die sie kriegen, es einmal besser haben.
Denn Aussichten auf eine Karriere gibt es nicht.
Günther hat keine Ausbildung und kommt aus schlechteren Verhältnissen als Rosa.
Und hier wiederholt sich, was schon Rosas Mutter damals passiert ist.
Rosa kommt allein mit den zwei gemeinsamen Kindern schlecht zurecht und ist überfordert.
Wer nicht hören will, muss fühlen.
So wurde Rosa erzogen und so gibt sie es an ihren Sohn und ihre Tochter weiter.
Auch wenn es im Winter schweinekalt ist, sperrt sie die beiden als Strafe auf dem Balkon aus.
Beispielsweise, wenn sie etwas dreckig gemacht haben, denn Rosa hat einen sehr ausgeprägten Putzfimmel.
Die Kinder suchen dann Schutz bei Günther.
Aber der sieht sich nicht in der Lage, ihnen zu helfen.
Er entschuldigt Rosas Erziehungsmethoden immer damit, dass sie psychisch krank sei.
Vermutlich auch deshalb, weil er sie selbst erleiden muss.
Rosa empfindet ihren Ehemann nämlich als weit unterlegen.
Nicht in der Lage, irgendwas auf die Reihe zu bekommen.
Deswegen will sie auch, dass die Kinder und Günther für alles Rechenschaft ablegen.
Alles will sie wissen.
Immer die Oberhand behalten.
Sie keift, zetert, macht den Alltag für alle unerträglich
und fordert gleichzeitig von ihnen Liebe und Aufmerksamkeit.
Obwohl sie das selbst am allerwenigsten geben kann.
Zehn Jahre nach der Hochzeit lassen sich Günther und Rosa scheiden.
Und Rosa bekommt das alleinige Sorgerecht übertragen.
Aber die beiden trennen sich nicht wirklich.
Nicht mal räumlich.
Alternativen gibt es nämlich nicht.
Aber bei Günther ist es nicht nur das.
Er fühlt sich an seinen Versprechen gebunden, für Rosa zu sorgen.
Und er fühlt sich auch irgendwie abhängig von ihr.
Irgendwann heiraten sie also wieder.
Beides, die Trennung und die zweite Hochzeit, hätten sie sich sparen können.
Denn glücklicher sind sie weder durch das eine noch durch das andere geworden.
Als Rosa die gemeinsame Tochter irgendwann 1977 zum Tanzunterricht bringt,
lernt sie dort Pablo kennen.
Pablo ist Italiener und Rosa hin und weg von ihm.
Die beiden beginnen eine Affäre, die fünf Jahre hält,
obwohl Pablo zwischenzeitlich zurück nach Sizilien geht.
Zweimal im Jahr verlässt Rosa Günther für sechs Wochen, um sich mit Pablo bei seiner Familie zu vergnügen.
Aber sie kann sich nicht überwinden, für ihn dauerhaft nach Italien zu ziehen.
Als die Liebesbeziehung endet, lebt Rosa nur noch vor sich hin.
Sie verkapselt sich, wird menschenscheuer und verlässt immer seltener die gemeinsame Wohnung.
Irgendwann versteckt sie sich sogar vor dem Elektriker im Schlafzimmer, wenn der in die Wohnung kommt.
Und obwohl sie selbst schon längst keinen Fuß mehr freiwillig vor die Tür gesetzt hat,
wirft sie Günther vor, er würde sie nie ausführen oder mal einen Ausflug mit ihr planen.
Längst würde er sich nicht mehr um sie bemühen.
Aber wenn es dann doch mal rausgehen soll, dann will sie am Ende nicht.
Sagt, sie habe Beinschmerzen und Nierenbeschwerden.
Als beide Kinder, sobald sie können, das Elternhaus verlassen, ist Günther Rosas einzige Verbindung zur Außenwelt.
Wertgeschätzt wird ihr Mann trotzdem nicht.
Als Günther dann 1994 in Frührente geht, verliert er mit seinem Arbeitsplatz auch seinen Safe Space.
Den Platz, an dem Rosa keinen Zugriff auf ihn hatte.
Doch jetzt, wo er öfter zu Hause ist, konzentriert sie ihren ganzen Frust auf ihn.
Ihr Sauberkeitswahn wird immer ausgeprägter.
Sie fängt an, die Teppichfransen zu kämmen und wenn Günther über den frisch gesaugten Teppich läuft, dann gibt es Ärger.
Je länger Günther nicht mehr arbeitet, umso weniger darf er.
Wenn Rosa wütend ist, dann macht sie ihm nichts mehr zu essen.
Er sich aber auch nicht.
Dann kriegt er von Rosa über Tage nur Wasser und trockenes Brot, bis Günther nur noch 53 Kilo wiegt.
Oh Gott.
Alles kontrolliert sie.
Sogar die Rente, für die er jahrelang gearbeitet hat.
Sie überwacht das Geld komplett und teilt ein, für was es ausgegeben werden darf.
So muss Günther, wenn er einkaufen geht, immer ein Diktiergerät mitnehmen.
Darauf spricht er im Supermarkt die Preise von den Lebensmitteln, damit sie sich einen Überblick verschaffen kann, wie viel, was kostet.
Und mehr Geld gibt sie ihm dann auch nicht mit.
Günther ist für Rosa schon lange nicht mehr in der Position eines Ehemanns, sondern vielmehr ihr Leibeigener, der bestraft werden muss, wenn er nicht das tut, was von ihm verlangt wird.
Bestraft wird auch mal mit Backpfeifen oder setzt was mit dem Kochlöffel.
Und immer öfter auch mehr.
Das alles erduldet Günther, ohne ein Wort zu sagen.
Er wird nicht laut, er wehrt sich nicht, haut nicht zurück.
Mit den Jahren wird er immer ruhiger, als ob mit jedem Schlag ein bisschen Lebenswille aus ihm weicht.
Genau das Gegenteil von dem, was Rosa eigentlich erreichen will.
Denn sie hofft jedes Mal auf irgendeine Reaktion.
Auf Aufmerksamkeit.
In ihm soll sich endlich etwas regen.
Sie will wahrgenommen werden.
Aber Günther ist in der Lage, ihre Aggressionen endlos lang zu erdulden.
Und das macht Rosa noch rasender.
Denn Rosa findet, dass Günther dafür verantwortlich ist, sie glücklich zu machen.
Und für jedes Glück, das sie nicht empfindet, setzt es was.
Einmal, als Rosa wieder so richtig in Rage ist, da schaltet Günther das Diktiergerät ein, was er sonst immer mit zum Einkaufen nehmen muss.
Darauf zu hören ist nur Rosa.
Du bildest dir ein, wenn du mal ein, zwei Tage ruhig bist, dann jät's wieder, Friede, Freude, Eierkuchen.
So jätet nicht.
Dazu hast du mir zu sehr gequält.
Und mein ganzes Leben lang bin ich von dir verstoßen worden.
Nur eisige Kälte hab ich gefühlt.
Kein bisschen Gefühl und Geborgenheit hast du gezeigt.
Deine äußerlichen Wunden, die sind schnell weg bei dir.
Du verscheißerst mich schon seit Jahren und tust wunderbar, weil du unternehmen willst und machen willst.
Aber in Wirklichkeit weißt du genau, dass du nur rumlungern tust und mir hinhalten tust.
Nicht mal den Dreck unter de Fingernägeln hast du mehr für mich übrig.
Einen vernünftigen Satz bringst du nicht raus.
Dir fällt auch kein Thema ein, weil du nur Dreck planst.
Dit is genau dit selbe, wenn ik dir jedet mal hier die Bene breche.
Und wenn sie wieder verheilt sind, dann fange ik wieder von Neuem an dir se zu brechen.
Benutze endlich mal deinen Verstand.
Irgendwann wirst du deine Knochen nicht mehr bewählen kann.
Und darauf legst du dit genau an.
Boah, was ist das für ein furchtbar, also wie furchtbar ist das bitte?
Wie bescheuert, sowas macht mich so sauer, ne?
Vor allem, wenn sie sagt, für mich hast du nichts übrig, nicht mal den Dreck unter deinen Fingernägeln.
Ja, wenn du den immer schlägst und so behandelst, sorry, aber Günther, lauf.
Hat ja gebrochene Beine, kann ja nicht laufen.
Was Rosa damit meint ist, dass er es durch sein Schweigen darauf anlegt, noch mehr misshandelt zu werden.
Denn je mehr Günther einsteckt, desto härter wird Rosa.
Aber was soll er machen?
Er vergöttert seine Frau trotzdem.
Und er hat es doch versprochen.
Wenn Günther in der Wohnung wie so oft unerwünscht ist, dann sehen ihn die Nachbarn oft entkräftet zu seinem Briefkasten schlendern.
Dort hat er Tabak und Kreuzworträtsel drin versteckt wie in einem Safe.
Die Sachen nimmt er fast täglich mit in den Keller.
Da würde Rosa nie nach ihm suchen.
Sie fürchtet sich zu sehr.
Günther nimmt dann die Hefte und den Tabak und setzt sich in einen Holzverschlag auf eine alte Matratze.
Dort raucht er dann und denkt über mögliche Antworten der Kreuzworträtsel nach.
Ganz in Frieden, ohne Angst.
Ab und an gönnt er sich sogar mal ein Bier bei einem Imbiss um die Ecke.
Dann steht er da alleine und nimmt an seinem Getränk.
Eine Art Mini-Aufstand, von dem Rosa besser aber nichts erfahren darf.
Diese kleinen Vergnügen, die einzigen, die Günther noch hat, kosten aber was.
Und somit hat er am Ende manchmal nicht mehr genug Geld, um die Sachen zu kaufen, die Rosa ihm aufträgt.
Manchmal geht Günther deswegen zum Neullendorfplatz und er bettelt sich da das Geld, was ihm fehlt.
Ein paar Mal wird er dabei von Nachbarn gesehen.
Manchmal steckt er sich kleine Annehmlichkeiten aber auch einfach in die Tasche und versucht so an etwas Freude zu kommen.
Insgesamt vier Mal wird er dabei erwischt und auch verurteilt.
Einmal klaut er Pralinen, ein anderes Mal eine Packung Dauerwelle.
1995 wird er erwischt, wie er Kosmetikartikel im Wert von 66 D-Mark stehlen will.
Bei der polizeilichen Vernehmung sagt er, dass man sich heute sowas ja gar nicht mehr leisten könne und Frauchen immer gesagt hat, dass sie sowas gerne mal hätte.
Als er deswegen vor Gericht zu einer Geldstrafe verurteilt wird, sagt er, dass ihn seine Frau für seine Tat doch schon genug bestraft habe.
Im Jahr 2002 geht Günther zum Kaisers um die Ecke zum Neullendorfplatz.
Dort steckt er sich Lebensmittel für 6,76 Euro ein.
Ein Ladendetektiv bemerkt das und ruft die Polizei.
Als sie eintrifft, wirkt Günther auf sie verängstigt und eingeschüchtert.
Dann fängt er an zu weinen und bittet die BeamtInnen, seinen Diebstahl nicht zur Anzeige zu bringen.
Andernfalls würde seine Frau ihn tot prügeln.
Einer Polizistin erzählt er, dass Rosa ihn mit einem Fleischerhaken verprügelt und zieht seine Kleidung hoch, sodass die Frau seinen gebeugten Rücken sehen kann.
Er ist übersät mit Narben.
Weil Günther seine Ausweispapiere nicht dabei hat, begleiten ihn die PolizistInnen bis nach Hause.
Günther hat wahnsinnige Angst, dass Rosa das mitbekommt.
Als er reingeht, bittet er noch einmal davon abzusehen, ihn dafür anzuzeigen.
Vergeblich.
Und im Zuge dieser Ermittlungen wird von Amts wegen auch gegen Rosa wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt.
Rosa selbst lässt sich zu den Vorwürfen nicht ein.
Als Günther aber deswegen bei der Polizei vorsprechen muss, rudert er zurück.
Er behauptet, er habe das nur gesagt, damit keine Anzeige gegen ihn erstattet werden würde und dass es ihm leidtue, dass er so über seine Frau gesprochen habe.
So schrecklich das sein mag, aber für Günther ist das alles sein Leben.
Und auch wenn es furchtbar und demütigend ist, ist es das Einzige, was er hat.
Selbst bei seinem Sohn winkt Günther ab, als er einmal zu ihm sagt,
Vater, du musst ihr Grenzen setzen.
Auch er bekommt mit, dass Günther immer schlimmer aussieht.
Aber Günther, der seine Frau trotz allem liebt, findet immer wieder Ausreden, warum Rosa so handelt.
Und vielleicht glaubt er sie auch selbst.
An einem Tag im November im selben Jahr steht Günther in der Apotheke an, um ein Medikament für Rosa zu holen.
Plötzlich bricht er einfach unter seinen schmächtigen Beinen zusammen.
Er kann sich kaum aufrichten oder laufen, weil seine Oberschenkel voll mit Blutergüssen sind.
Solche Verletzungen entstehen unter anderem durch Tritte.
Aber auch sein Gesicht ist durch Schramm und blaue Flecke entstellt.
Der Apotheker kennt Günther und bietet ihm an, ihn nach Hause zu begleiten.
Um Gottes Willen, sagt Günther verängstigt und schleppt sich allein fort.
Ein paar Wochen später.
Es ist der zweite Advent 2002.
Andere zünden an diesem Tag eine zweite Kerze an und besinnen sich zusammen mit ihren Familien.
Im ersten Stock des Mehrfamilienhauses in der Kleiststraße sieht es ganz anders aus.
Was hinter dieser Tür vorgeht, ahnt keiner der Nachbarn und Nachbarinnen,
die an diesem Tag an der Wohnungstür vorbei das Treppenhaus hochgehen.
An diesem Abend verliert Rosa endgültig ihre Nerven.
Sie tobt vor Wut.
Diesmal soll Günther ihren ganzen Zorn zu spüren bekommen.
Dazu nimmt sie sich einen Fleischhammer aus der Küche und schlägt damit auf ihren zierlichen Mann ein.
Es ist wie immer.
Günther reagiert auf die Angriffe nicht.
Er wehrt sich auch nicht.
Und damit macht er es noch schlimmer.
Rosa greift zum heißen Bügeleisen.
Das hinterlässt überall die typischen Verbrennungsspuren.
Mehrmals schubst Rosa Günther umher, im Wohnzimmer gegen einen Blumenständer.
Im Flur fällt bei dem Gerangel ein Spiegel von der Wand und zerbricht in tausend Teile.
Überall trifft sie ihn, auch im Gesicht und auch mit spitzen Sachen.
Vermutlich, so genau kann man das später nicht mehr sagen, geht das ganze Martyrium an diesem Abend mehrere Stunden.
Am Ende liegt Günther ausgelaugt auf dem Boden.
Sein Körper schmerzt.
Irgendwann in dieser Nacht schleppt sich der kleine Mann mit letzter Kraft blutend ins Bad.
Rosa sieht erst nachts um vier Uhr nach ihm.
Da ist er schon tot.
Sie zieht ihn aus, wäscht ihn.
Jeden Zentimeter seiner Haut versucht sie vom Blut zu befreien.
Danach zieht sie Günthers Leiche vom Badezimmer ins Schlafzimmer, legt ihn dort auf dem Fußboden ab, zieht ihm einen Schlafanzug und Socken an.
Sie schiebt ein Kopfkissen unter seinen Kopf und deckt ihn mit zwei Decken zu.
Dann beginnt Rosa zu putzen.
Alles muss wieder ordentlich sein, so wie immer.
Sie wirft eine Wäsche an, entsorgt den Fleischhammer und Günthers vollgekotete Unterhose und sein blutverschmiertes Hemd.
Sie fickt die Spiegelscherben auf, versteckt zerbrochene Deko.
Dann nimmt sie sich einen Zettel und schreibt einen Brief, adressiert an ihre Schwester.
Ich zitiere wörtlich.
Günther hat sich die Wunden selber zugerichtet und ich hatte am Freitag Streit gehabt.
Es ging um eine Lapelle.
Der hat am Sonntag sich den Schädel zertrümmert.
Er hatte nichts gegessen, alles immer ausgespuckt und fiel noch über das heiße Bügeleisen.
Da ist total durchgedreht.
Ich kann ohne meinen Günther nicht leben, trotz seiner unschönen Fehler.
Ich brauche ihm, das darf Gott nicht zulassen.
Bitte kümmert dich um eine Grabstelle für ihn.
So steht es da.
Den Brief legt Rosa in den Sekretär.
Am nächsten Tag ruft sie ihre Tochter an.
Sie findet ihren geschundenen Vater im Schlafzimmer liegen und greift zum Telefon.
Als die Polizei eintrifft, finden sie Rosa auf der Couch im Wohnzimmer sitzend.
In der Wohnung riecht es nach Putzmittel.
Rosa gibt an, dass sie und Günther einen Streit hatten, weil er irgendetwas nicht essen wollte.
Daraufhin habe er sich die Verletzung selbst zugefügt.
Sie habe ihn später im Bad gefunden.
Auf Nachfragen reagiert Rosa gereizt und aggressiv.
Die Beamtinnen beschließen, den Hausarzt zu kontaktieren.
Nein, Günther habe keine Erkrankung gehabt und dass ein 65-Jähriger einfach so stirbt, sei sehr unwahrscheinlich, sagt er.
Ihm seien aber im Laufe der Jahre oft Verletzungen an dem Mann aufgefallen.
Einmal habe er sogar eine Stichverletzung am Bauch gehabt.
Auf Nachfrage, ob er misshandelt werde, habe sein Patient immer verneint und behauptet, er wäre von Jugendlichen verprügelt worden.
Oder hätte sich die Verletzung aus Versehen selbst zugefügt.
Rosa wird noch zu Hause belehrt und mit aufs Revier gebracht.
Bei der Durchsuchung finden die Beamtinnen dann den Brief, das Diktiergerät, das Günther immer benutzte, und den Fleischhammer und Günthers Kleidung im Mülleimer.
Der Gerichtsmedizinerin offenbart sich ein furchtbares Bild.
Auf Günthers zierlichem Körper sind die Spuren von unzähligen Verletzungen zu sehen.
Teilweise sieht man die Abdrücke vom Fleischhammer auf seiner Haut.
Überall sind Kratzspuren, Verbrennungen, Schnitte, Blutergüsse und Riss- und Quetschwunden.
Manche Verletzungen sind alt, andere ganz frisch.
Links ist die zweite bis neunte Rippe gebrochen, rechts die zweite bis zehnte Rippe und das Brustbein.
Vermutlich konnte Günther dadurch und durch die Verletzungen an den Atemwegen nur noch schwer atmen.
Am Ende aber hat die Gesamtheit aller Verletzungen seinen Tod verursacht.
Ich bin nicht schuld am Tod meines Mannes, sagt Rosa vor Gericht.
Komplett in schwarz gekleidet, ihr Haar ist rot gefärbt.
An ihrem Ton hört man einen leichten Singsang, ihre Aussprache ist nicht sehr gut, vermutlich wegen ihrer Schwerhörigkeit.
Wir haben uns gegeneinander gebraucht.
Nun, eine Schuld trifft Rosa schon, findet das Gericht.
Auch wenn es davon ausgeht, dass sie ihn nicht absichtlich tötete.
Rosa wird zu neun Jahren Haft wegen Körperverletzung mit Todesfolge verurteilt.
Erniedrigen und quälen, ja, das wollte sie.
Ihn auch in seiner Männlichkeit demütigen.
Denn Rosa hatte nicht nur, wie sonst, auf ihn eingeschlagen,
sondern ihm anschließend auch noch einen Gegenstand in den Po geschoben.
Aber umbringen wollte sie ihn nicht.
So das Gericht.
Sie habe die Misshandlung nicht mit allerletzter Kraft ausgeübt.
Warum sie allerdings diesmal so ausartete, das kann das Gericht nicht abschließend feststellen.
Möglicherweise sei das Ermittlungsverfahren gegen Rosa ein Grund gewesen.
Zum Tatzeitpunkt wussten weder Günther noch Rosa, dass die Ermittlungen gegen sie schon eingestellt wurden.
Damals, 1960, war es wichtig, dass sich ein Mann um seine Frau kümmerte und sie versorgte.
Ansonsten war sie oft mittellos und noch dazu gesellschaftlich nicht angesehen.
Günther gab Rosas Mutter damals das Versprechen, auf sie aufzupassen.
Nach außen mag er schwach ausgesehen haben.
Aber sein Wille, sein Wort zu halten, war stark.
Und daran hielt er auch noch fest, als Rosa sein Leben erst kaum erträglich machte
und es danach aus ihm herausprügelte.
Günther war der erste Mann in Berlin, von dem wir wissen, der von seiner Ehefrau totgeprügelt wurde.
Bis zu dem Zeitpunkt war es sonst immer umgekehrt.
Also, weiß ich nicht.
Das macht mich einfach nur fertig.
Und dass sie dann auch noch nicht dazu steht.
Ich meine, damit wird er nicht Unrecht gehabt haben.
Die hatte auf jeden Fall psychische Probleme.
Ja, es ist auch einfach so traurig, weil er sie ja offenbar sehr geliebt hat.
Also, ich meine, da klaut er halt extra für sie diese Kosmetik und die verprügelt ihn darauf hin.
Und was ich irgendwie besonders abartig finde, ist, dass sie dann am Ende noch diese sexuelle Ebene da mit reingebracht hat.
Ja, ja.
Irgendwie haben das ja offenbar schon viele Leute irgendwie so kommen sehen, beziehungsweise miterlebt, dass das passiert ist.
Aber keiner konnte helfen oder er hat ja auch es immer geleugnet, wenn man ihm helfen wollte.
Ja, das war das Problem.
Weil sonst hatten wir ja schon öfter Fälle, wo Nachbarn nichts gemerkt haben oder wo niemand was gesagt hat.
Da haben halt Leute was gesagt und sie haben ihm auch Hilfe angeboten.
Ja, und sowas kann man sich auch wirklich nicht vorstellen.
Ja, dass das so schlimm ist, denkt man ja dann wahrscheinlich auch nicht.
Genau.
Ich meine, die Rose hat man ja auch nicht gesehen.
Also vielleicht dachten die, die sind da beide in so einer Gewaltbeziehung oder so.
Der Fall von Günther hat damals halt so erstmals die Aufmerksamkeit hier in Berlin zumindest auf ein Thema gelenkt, dem bis dato in der Öffentlichkeit halt kaum Beachtung geschenkt wurde.
Und das ist die partnerschaftliche Gewalt gegen Männer.
Und das sieht man ja schon alleine auch an diesen Begrifflichkeiten, wie weit oder wie nicht weit man damals war.
Weil man ja auch ausschließlich damals von der Täterschaft, also männlich, geredet hat.
Und dementsprechend war sie auch in der Wahrnehmung halt männlich besetzt.
Und mit einer Pilotstudie, im Auftrag gegeben vom Familienministerium aus dem Jahr 2014, gab es dann die Hoffnung, diese falsche Vorstellung aus dem Weg zu räumen und dass Männer auch Opfer sein können.
Die Studie sollte Gewalt gegen Männer erstmals messbar machen, um dann halt Schlussfolgerungen ziehen zu können, wie man den Opfern helfen kann.
Und es ist tatsächlich ja so, vor 20 Jahren konnte man sich das noch gar nicht so richtig vorstellen, wie so ein Mann Gewalt erlebt und vor allem, warum er dann auch noch Opfer bleibt.
Das ist ja auch eine, also kannst du ja einmal erleben und dann, aber halt so wie Günther in dieser Situation dann auch verharrt.
Und der Grund dafür liegt zum einen in unserer Erziehung.
Im besten Fall wird einem, also jetzt jedem, dir und mir auch, ja beigebracht, dass man keine Gewalt anwendet und halt schon gar nicht gegen Schwächere.
Und deswegen wehren sich dann aber halt auch manche Männer nicht, wenn sie selbst Opfer einer gewalttätigen Frau sind.
Und außerdem sehen Männer Frauen manchmal aufgrund ihrer körperlichen Unterlegenheit halt oft nicht als ebenbürtig an und erkennen damit dann aber halt auch nicht die Gefahr, die von ihnen ausgeht.
Und ein anderer Grund ist natürlich auch, so wie im Fall von Günther, die Liebe zur Partnerin und halt irgendwo auch die Sorge vor den Konsequenzen, sich gegen diese Brutalität zu wehren und dann am Ende halt einsam zu sein.
Die Pilotstudie, die arbeitete damals auch heraus, dass Männer sich aufgrund ihres Geschlechts in einer Hinsicht generell unterlegen fühlen.
Das hört sich jetzt vielleicht erstmal merkwürdig an.
Aber diese Angst, seine Kinder in einem Sorgerechtsstreit zu verlieren, war halt zumindest 2004 offenbar auch ein großer Punkt, der Männer davon abgehalten hat, ihre Frauen dann anzuzeigen.
Genauso wie die Sorge vor einem Gegenvorwurf vor Gericht, halt in der Annahme, dass der Frau in so einem Fall eher geglaubt wird als dem Mann.
Man muss mal dazu sagen, dass die absolute Zahl der Männer, die Opfer werden, ja relativ hoch ist, wie du vorhin gesagt hast.
Und das ist ja über 480.000.
Aber nur etwas über 5% davon stehen im Zusammenhang mit den Partnerschaften.
Also zumindest, dass wir aus dem Hellfeld wissen.
Und wenn wir jetzt aber auf die partnerschaftliche Gewalt gucken, da hatten wir 2019 141.792 Opfer, männlich und weiblich.
Und davon ist aber jedes fünfte Opfer männlich, also über 26.800, was ich ganz schön viel finde.
Und bei Mord und Totschlag innerhalb einer Partnerschaft ist es sogar jedes vierte Opfer.
Also das hätte ich nicht gedacht.
Und gleichwohl, also es soll jetzt hier natürlich keine Whataboutism-Folge werden.
Wir wollen jetzt nicht Gewalt gegeneinander aufrechnen oder so.
Nur wird halt partnerschaftliche Gewalt auch viel zu selten, was Männer angeht, öffentlich thematisiert.
Aber Männer werden halt auch nicht nur Opfer körperlicher Gewalt, sondern auch sie sind psychischer Gewalt ausgesetzt.
Und dazu zählt halt sowas wie Beleidigung, Erniedrigung oder Kontrolle und Verbote.
Wir haben ja in Vorbereitung zu dieser Folge auch mit einem Mann gesprochen, der selbst jahrelang psychische Gewalt in Beziehungen erlebt hat.
Wir nennen ihn jetzt mal Robert.
Und Robert hat uns erzählt, dass es halt auch manchmal gar nicht so leicht ist zu erkennen, dass man überhaupt Opfer ist.
Und um das so zu beschreiben, benutzt er das Bild der Badewanne und fragt, ab wann erkennt man denn, dass es zu heiß ist?
Doch erst in dem Moment, wo der Körper signalisiert, dass es zu heiß ist.
Und wahrscheinlich wird man erst beim Herauskommen an der krebsroten Haut sehen, wie heiß es wirklich war.
Und in manchen Fällen wird man erst an den Brandblasen Tage später sehen, dass es so heiß war, dass man sich verbrüht hat.
In dieser Studie damals aus 2004 ging hervor, dass circa jeder fünfte Mann, also circa 19 Prozent, angab, dass seine eifersüchtige Partnerin Kontakte zu anderen unterbindet.
Und fast jeder sechste Mann wird von der Partnerin genau kontrolliert.
Und dazu zählen soziale Kontakte, aber halt eben auch sowas wie, was für Ausgaben sie tätigen oder was für Posts sie bekommen.
Wie siehst du das so mit verboten in Partnerschaften?
Ich kenne das noch von früher, wenn man irgendwie so ein Teenager war.
Da gab es das in unserem Freundeskreis schon, dass tatsächlich verboten wurde, auszugehen ohne den Partner oder die Partnerin.
Also das kenne ich so nicht, aber in unserem Freundeskreis hießen die Freundinnen der Typen oft die Regierung.
Quatsch, das finde ich witzig.
Aber hier 1984 mäßig.
Okay, also ich fand das damals schon total bescheuert, wenn dann eine Freundin zu mir gesagt hat,
ja, mein Freund ist ja am Wochenende nicht in Mönchengladbach und dann kann ich nicht weggehen.
Das fand ich schon damals sehr bescheuert.
Das ist ja irre.
Ja, total, aber weil das so ein paar, also das war so ein bisschen normal auch, ganz komisch.
Aber wenn ich jetzt, also wenn mir jetzt jemand sowas verbieten würde, also ich würde wegrennen oder darüber lachen und dann wegrennen.
Also wenn man schon so, also wenn man schon, also egal was verbietet, nein.
Oder vielleicht in der Wohnung zu rauchen verbieten ist okay, aber...
Nein, aber keiner kann einem was verbieten.
Menschen sind frei.
Du kannst nicht sagen, ich verbiete dir, ich verbiete dir das, kannst du halt nicht machen.
Nee.
So, also man kann ja irgendwie sagen, ich würde mich freuen und dann kann der andere was entscheiden.
Ja, aber auch nicht so mit psychischen Druck Sachen verbieten, weil, also ich habe zum Beispiel eine Freundin, die würde das ja ganz schlimm finden, wenn ihr Freund alleine mal ein paar Tage einen Urlaub machen würde oder einen Ausflug.
Okay, und dann zeigt sie ihm das und deswegen macht er es nicht und dann ist es quasi ja auch sowas wie ein Verbot.
Ja, finde ich, ja, wenn man halt einem emotional dann so unter Druck setzt.
Ja, total.
Ja.
Das finde ich auch schon einschränkend.
Ja, oder wenn man zum Beispiel immer bevor jemand weggeht, also feiern geht oder so einen richtigen Terz macht, dann hat der Typ oder die Frau eben irgendwann auch keinen Bock mehr.
Ja.
Und so kriegt man die dann auch dazu.
Und jetzt, das war ja jetzt nicht nur Verbote, sondern auch Kontrolle, ne?
Und das kennt man ja auch von früher, dass man sich da gegenseitig ins Handy geguckt hat.
Wirklich?
Ja, und es ist ja auch voll der Eingriff in die Privatsphäre und klar kann man den Code wissen von dem Partner, ja, das finde ich vielleicht auch komisch, wenn man jetzt nicht den Code rausgeben will, aber dass man es halt nimmt.
Hä? Wieso? Ich würde doch niemals meinem Partner mal einen Code geben.
Von deinem Handy?
Nein.
Ich weiß doch sogar deinen Code.
Ja, aber du hast auch keinen Grund bei mir da rumzuschnüffeln, ob ich mich noch mit anderen Freundinnen treffe oder so.
Ach so, ja, ich finde es nicht schlimm, wenn man den Code hat, weil man hat ja das Vertrauen, dass der da nicht rangeht oder die, dass der Partner da nicht rangeht.
Aber wenn mich jemand fragen würde, sag mal deinen Code, mein Partner, würde ich sagen nein.
Würde ich sagen nein.
Also bei meinem Fall sind noch viel schlimmere Sachen passiert, als nur ins Handy gucken und der Fall erzählt von vermeintlich vertauschten Rollen und einer Justiz, die offenbar deshalb den Ernst der Lage nicht erkennt.
Alle Namen sind geändert.
2018.
Ich habe jemanden im Wald vergraben, sagt der Mann auf der Polizeistation.
Er möchte sein Gewissen erleichtern, erklärt er den ungläubigen Beamten und Beamtinnen.
Um seine Aussage zu verifizieren, soll er sie zur mutmaßlichen Grabstelle führen.
Und tatsächlich findet sich dort, mitten im Wald, ein männlicher Leichnam unter der Erde.
Auf die Frage, warum er die Leiche hier vergraben habe, erklärt der Mann, dass er von seiner Ex-Frau gebeten wurde, ihr dabei zu helfen.
Getötet habe die ihn aber nicht, fügt er bestimmt hinzu.
Der Mann sei eines natürlichen Todes in der Wohnung seiner Ex gestorben.
Das habe die Frau aber nicht melden wollen, weil sie bereits vorbestraft sei und Sorge vor einer Vorverurteilung habe.
2003. 15 Jahre zuvor.
Henrik ist ein schüchterner und unsicherer Mann.
Wenn man ihn zum ersten Mal trifft, ist es oft schwer, ihn richtig zu verstehen, weil er vor Aufregung nuschelt.
Seine Freunde sagen über ihn, dass er Konflikten immer aus dem Weg geht und lieber zuhört, als selbst zu sprechen.
Mit seinen 38 Jahren hat der Elektriker deshalb auch noch nicht viele Erfahrungen mit Frauen gemacht, noch nie eine Beziehung geführt.
Doch das soll sich jetzt ändern, denn im Internet trifft er auf Monika.
Monika ist attraktiv und jung, gerade einmal 24 Jahre alt.
Sie ist selbstbewusst und weiß genau, was sie will.
Das findet Henrik unheimlich anziehend.
Erst schreiben die beiden nun miteinander, dann treffen sie sich auch im echten Leben.
Und ehe sich Henrik versieht, hat er seine erste richtige Freundin.
Er könnte nicht glücklicher sein, als Monika nach ein paar Monaten auch noch zu ihm in seine Eigentumswohnung zieht.
Sie sprechen sogar schon übers Heiraten.
Henrik ist im siebten Himmel.
Alles ist perfekt.
Doch dann ändert sich das.
Ganz langsam und schleichend.
Plötzlich findet Monika immer neue Dinge, die sie an Henrik auszusetzen hat.
Zuerst ist es die Art, wie er redet.
Dann Verhaltensweisen generell.
Ein Streitpunkt, der immer wieder aufkommt, ist ihr Sexleben.
Denn Monika ist sehr erfahren und hatte schon viele Sexualpartner.
Henrik dagegen nicht.
Er hat vor Monika nicht mal öfter als einmal mit einer und derselben Frau geschlafen.
Und das merkt Monika.
Sie schlägt ihm deshalb vor, andere Leute dazu zu holen, um es im Bett spannender zu machen.
Doch das möchte Henrik nicht.
Wie gesagt, er ist ein sehr schüchterner Mensch.
Und die Vorstellung, mit Fremden Sex zu haben, während seine Freundin dabei ist, macht ihn nervös.
Aber weil Henrik solche Vorschläge verweigert, gibt es noch mehr Streitigkeiten.
Die steigern sich immer weiter, bis Monika Henrik bei einer Auseinandersetzung schließlich zum ersten Mal mit der flachen Hand ins Gesicht schlägt.
Henrik ist geschockt.
Noch nie hatte das irgendjemand mit ihm gemacht.
Monika entschuldigt sich zwar, doch dieses Erlebnis bleibt Henrik im Kopf.
Und es bleibt nicht bei dem einen Mal.
Als es zur zweiten Ohrfalle kommt, wehrt sich Henrik und gibt Monika eine zurück.
Danach entscheidet sich das Paar, eine Therapie zu machen.
Dort sprechen sie auch über eine zukünftige Ehe.
Und Monika erklärt, dass sie glaubt, dass alles besser wird, wenn sie erst einmal verheiratet sind.
Aber Henrik will ihr glauben, denn er liebt sie über alles und so beginnt die Planung für eine baldige Hochzeit.
Ein Punkt auf der To-Do-Liste ist das Vorgespräch mit dem Pfarrer.
Aus Henriks Sicht läuft das gut und ist schnell abgehandelt.
Danach gehen die beiden noch in einem nahegelegenen Lokal etwas essen.
Da steht Monika plötzlich auf und marschiert zur Toilette, wo sie eine ganze Weile bleibt.
Als sie wiederkommt, eröffnet sie Henrik, dass sie von ihm schwanger gewesen sei, doch gerade auf der Toilette eine Fehlgeburt erlitten habe.
Offensichtlich ausgelöst, so sagt sie, durch Henriks Schweigen während des Traugesprächs.
Nicht ihr Ernst.
Dass er dort so abwesend war, habe Monika seelisch fertig gemacht.
Bitte sag, dass er das nicht glaubt.
Henrik kann nicht fassen, was er da hört.
Sie sollten ein Kind bekommen und jetzt ist es tot.
Er fühlt sich furchtbar schuldig.
Er glaubt's.
Aber er kann einfach nichts richtig machen, so scheint es.
Denn immer wieder kommt es zu lauten Auseinandersetzungen, weil Henrik in Monikas Augen irgendetwas falsch gemacht hat.
Diese Streitigkeiten tragen sie auch außerhalb der eigenen vier Wände aus.
Monika ist es nicht peinlich, Henrik auch vor seiner eigenen Familie zur Sau zu machen.
So zum Beispiel auch nicht, als die beiden einmal bei Henriks Bruder zu Besuch sind.
Als es dort zum Streit kommt, schreit Monika, dann fahre ich eben die Kiste kaputt.
Mit Kiste meint sie Henriks neues Auto, in das sie sich setzt und einen Unfall baut.
Henriks Familie ist geschockt, als sie davon hört und macht das auch gegenüber Henrik und Monika deutlich.
Die Konsequenz ist, dass Monika den Kontakt zu Henriks Familie abbricht und ihm kurze Zeit später sagt, dass sie das auch von ihm verlangt.
Mittlerweile ist Henrik Monika verfallen und erfüllt ihr jeden Wunsch.
Auch wenn das für ihn bedeutet, dass er sogar seine Hochzeit ohne die eigene Familie feiert.
Die Flitterwochen verbringen die beiden in Griechenland.
Doch Monikas Aussicht, dass nach der Hochzeit alles besser wird, bewahrheitet sich nicht.
Während ihres Urlaubs rastet sie ständig wegen Kleinigkeiten aus und lässt Henrik als Folge nicht mehr im Bett schlafen.
Die Hälfte des Urlaubs liegt Henrik in der Nacht also auf dem Boden vor dem Bett.
Anstatt dass es besser wird, wird es eigentlich nur noch schlimmer.
Der traurige, vorläufige Höhepunkt ereignet sich Ende Mai 2004.
Bei diesem Streit wird Monika wieder handgreiflich und schlägt Henrik mit der Faust ins Gesicht.
Er blutet und hat starke Schmerzen.
Zusammen fahren sie zum Arzt, müssen davor aber noch an der Tankstelle halten.
Dort entfacht der Streit wieder und Monika schlägt noch einmal auf Henrik ein.
Sie schreit und tobt und legt sich dann einfach neben das Auto auf dem Boden und bewegt sich nicht mehr.
Henrik weiß sich nicht mehr zu helfen.
Er hält einen zufällig vorbeikommenden Streifenwagen an und erklärt den Beamten und Beamtinnen, dass seine Frau ihn geschlagen hat.
Doch die sehen keinen Handlungsbedarf, da es sich ihrer Meinung nach um eine alltägliche Ehestreitigkeit handelt.
Als sie zwar endlich beim Arzt ankommen und Henrik ein Nasenbeinbruch bescheinigt wird, fragt der Mediziner, wie das passiert sei.
Mit leiser Stimme erklärt Henrik, er sei von Fremden verprügelt worden.
Ihm ist die Wahrheit einfach zu unangenehm.
Doch zurück zu Hause ist Henrik nicht der Einzige, der nervlich am Ende ist.
Auch Monika sitzt da wie ein Häufchen Elend.
Sie weint und fängt an, Henrik Vorwürfe zu machen, von wegen er sei schuld daran, dass sie sich zu einem Menschen gewandelt habe, der zu solchen Taten fähig ist.
Du hast mich dazu gemacht, giftet sie ihn an.
Außerdem wirft sie ihm vor, dass er schon eine Person auf dem Gewissen habe, womit sie ihr ungeborenes Kind meint.
Henrik hat Sorge, dass Monika sich in ihrer Verfassung etwas antut, erkennt ihre Narben an den Handgelenken.
Und so nimmt er sie in den Arm und tröstet.
Je mehr Henrik für Monika macht, desto mehr wird er zu ihrem Spielball.
Es kommt dann sogar so weit, dass Monika einen Verhaltenskodex aufstellt.
Laut diesem darf Henrik keinen Blickkontakt mit anderen Frauen haben, während einer Fernsehsendung nicht kommentieren und außerdem nicht ich, sondern immer nur wir sagen.
Oh mein Gott!
Ihm ist es auch verboten, bei einem Streit das Zimmer zu verlassen oder sie danach direkt in den Arm zu nehmen und Baby zu nennen.
Für jede nicht eingehaltene Regel gibt es eine Strafe.
Je nach Schwere der Verfehlung muss Henrik beispielsweise zehn Minuten unter die kalte Dusche, eine Nacht auf dem Boden schlafen oder sich mit einem Ledergürtel verprügeln lassen.
Mit der Zeit kommen immer neue Bestrafungen dazu, die sich weiter steigern.
So fängt Monika an, Henriks Körperhaare, überall an seinem Körper, mit einer Kerze abzubrennen.
Mittlerweile gehört die Gewalt zu Henriks Alltag dazu und er glaubt Monika, wenn sie sich nach diesen Misshandlungen entschuldigt und im gleichen Atemzug ihm die Schuld dafür gibt.
Anfang Dezember 2004 holt Monika dann zum ersten Mal die Heißklebepistole aus dem Schrank, die sie eigentlich bei ihrer Arbeit als Dekoratörin benutzt.
Und das ist der Startschuss für die schlimmsten Wochen seines Lebens.
Damit der Pistole aus der 60 Grad heißer Kleber kommt, schreibt Monika auf Henriks Haut.
Hör auf, ruft er.
Doch Monika entgegnet, es ist ja gleich vorbei.
Oh Gott.
Und als es endlich vorbei ist, liest sie ihm vor, was sie in großen Blockbuchstaben auf seinen Oberschenkel geschrieben hat.
Nie mehr Lügen, nie mehr Verweigern, nie mehr Zweideutigkeiten.
Dann fängt sie wieder an zu weinen und das übliche Prozedere beginnt, bis Monika in Hendriks Arm liegt.
In den darauffolgenden Wochen wird der Heißkleber immer wieder eingesetzt.
Hendrik bekommt ein handheller großes Herz auf den linken Oberarm und den ganzen Rücken vollgeschrieben und wieder drübergeschrieben.
Aber dann, am 31. Dezember, leuchten zwei neue, frische Wörter auf seiner Haut.
Nie wieder, hat Monika geschrieben, als Beweis dafür, dass sie ihn nie wieder mit der Klebepistole foltern will.
Das hat sie geschrieben mit der Klebepistole als Beweis, dass sie ihn nie wieder mit der Klebepistole foltern will?
Mhm.
Diesmal scheint es ihr sehr ernst, denkt Hendrik.
Monika erklärt ihm, dass sie einen Neuanfang will und dass sie dazu aus der Wohnung ausziehen sollten, weil Hendrik mit diesen vier Wänden so viel habe er leiden müssen.
Er sieht es als letzte Chance an und so sucht er nach einer neuen Wohnung für die beiden.
Hendrik träumt von einer normalen Beziehung, wie sie sie am Anfang hatten.
Ohne Regeln, ohne Bestrafungen, ohne Tränen.
Es dauert nicht lange, bis Hendrik eine neue Bleibe gefunden hat.
Am 12. Januar soll es losgehen und dafür fragt er tags zuvor einen Arbeitskollegen, ob der ihm beim Umzug helfen könne.
Monika bekommt das mit und wird stinksauer, denn Hendrik hatte mir helfen statt uns helfen gesagt.
Und das steht unter Strafe.
Sofort entschuldigt Hendrik sich und will Monika in den Arm nehmen, doch sie stößt ihn weg und schlägt ihm ins Gesicht.
Du hast dein Versprechen gebrochen und deshalb werde ich mich auch nicht an meines halten, schreit sie.
Und da legt sich plötzlich ein Schalter in Hendriks Kopf um, denn er weiß, was das bedeutet.
Monika wird wieder die Heißklebepistole rausholen und es wird sich niemals etwas ändern.
Und so, ganz plötzlich, ist seine Entscheidung, sie zu verlassen, gefallen.
Am nächsten Tag ruft er Monika von der Arbeit aus an und sagt, ich werde nicht mehr nach Hause kommen.
Stattdessen fährt Hendrik zur Polizei.
Go Hendrik!
Im Sommer 2006 kommt es zum Prozess.
Monika ist wegen verschiedener Körperverletzungsdelikte angeklagt.
Als die Grausamkeiten vorgelesen werden, ist es für viele Prozessbeobachtende schwierig, das mit der Angeklagten in Einklang zu bringen.
Denn Monika ist klein, zierlich und wirkt alles andere als bösartig oder gar imstande, einem anderen Menschen solche Qualen zu bereiten.
Und sie selbst beteuert auch sehr selbstbewusst ihre Unschuld.
Sie habe Hendrik die Verletzung nicht zugefügt.
Sie seien ihr natürlich auch aufgefallen, weshalb sie ihn darauf angesprochen habe.
Er habe ihr erklärt, dass er sich diese am Arbeitsplatz mit einem Lötkolben zugezogen habe.
Doch als die Verletzung sich häuften und außerdem immer wieder Geld aus der Haushaltskasse fehlte, habe sie Hendrik zur Rede gestellt.
Da habe er schließlich zugegeben, dass er die Neigung habe, Dominas aufzusuchen, um sich bei diesen dann solche Verletzungen zufügen zu lassen.
Er habe Monika gefragt, ob sie das mal machen könne.
Das habe sie aber, Zitat, entschieden abgelehnt, da sie nicht so veranlagt sei.
Als Hendrik sie dann Anfang Januar wieder gefragt habe, ob sie ihm Verletzungen zufügen könne, habe sie sich schließlich von ihm getrennt.
Hendrik habe ihr daraufhin erklärt, sie werde schon sehen, was sie davon habe.
Ganz offensichtlich sei doch, dass sich Hendrik an ihr rächen wolle, weil sie ihm die Verletzungen nicht habe zufügen wollen und ihn deshalb auch noch verlassen habe.
Sie sei nicht die Täterin, sondern das Opfer.
Das Leugnen seiner mittlerweile Ex-Frau macht den Prozess für Hendrik noch anstrengender.
Ihm ist es sowieso schon sehr unangenehm, dass Fremde von seinem Privatleben erfahren und nun wird ihm auch noch unterstellt zu lügen.
Er muss also noch einmal ausführlich aussagen.
Dabei merkt man ihm deutlich an, wie peinlich es ihm ist.
Hendrik spricht stockend, ist teilweise kaum zu verstehen.
Was haben sie denn gemacht, als die Angeklagte ihn mit der Heißklebepistole auf den Rücken geschrieben hat, fragt der Vorsitzende.
Ich habe ins Kissen geweint, nuschelt Hendrik.
Da Monika kein Geständnis abgeben wird, versucht die Staatsanwaltschaft ihre Schuld mit anderen Mitteln zu beweisen.
Dazu werden verschiedene Personen in den Zeugenstand gerufen.
So wird Monika unter anderem von ihrem Chef belastet, der erzählt, dass sie ihm gegenüber erwähnt habe, Hendrik, Zitat, zu sehr gequält zu haben.
Auch eine Kriminaloberkommissarin sagt aus, Monika habe ihr am Telefon erklärt, sie habe ihrem Mann die fraglichen Verletzungen auf dessen eigenen Wunsch hinzugefügt.
Auf jede dieser Aussagen hat Monika eine Antwort.
So habe sie ihrem Chef gegenüber das mit dem Quälen in einem ganz anderen Kontext gemeint und was die Polizistin angeht, müsse diese sie missverstanden haben.
Sowieso weiß Monika alles besser.
So habe sich Hendrik zum Beispiel nicht von seiner Familie entfremdet, weil sie das wollte, sondern weil er ständig bei ihr sein wollte, weil er so eifersüchtig war.
Doch das kann niemand wirklich bezeugen.
Als weiteres Indiz führt die Staatsanwaltschaft die rechtsmedizinischen Ergebnisse an.
Der Sachverständige erklärt, dass es sich bei Hendriks Verletzungen um schwere Verbrennungen zweiten und dritten Grades handelt und dass an Rücken, Oberschenkeln und Armen noch deutlich Sätze und Wörter erkennbar sind.
Da die Verletzungen so schwer sind, hat sich bei Hendrik zudem eine unkontrollierte Narbenwucherung gebildet.
Damit nicht noch mehr Narben entstehen, muss er ununterbrochen einen sogenannten Kompressionsanzug tragen.
Der Rechtsmediziner meint, dass auch wenn man viele kosmetische Operationen durchführen würde, ein Verschwinden der Narben nicht zu erwarten sei.
Eher, dass noch mehr dazukommen.
Dass sich irgendwer freiwillig solche Verletzungen zufügen lässt, kann er sich nicht vorstellen.
Und so etwas hat er bisher auch noch nie erlebt.
Wer letztlich aber Aussage gegen Aussage steht, wird ein Glaubhaftigkeitsgutachten erstellt.
Im Ergebnis erklärt die Sachverständige, dass sie keine Zweifel an den Aussagen von Hendrik hat.
Sie ist sich sicher, dass sie auf tatsächlichen Erlebnissen basieren.
Um herauszufinden, ob Monika schuldfähig war, wird ein psychiatrisches Gutachten erstellt.
So wird bei ihr eine Borderline-Persönlichkeitsstörung diagnostiziert.
Doch diese sei nicht so schwerwiegend, dass sie ihre Steuerungsfähigkeit beeinflussen würde.
Gegen eine Schuldunfähigkeit spreche auch, dass Monika gezielt und planmäßig vorgegangen sei.
Sie habe einen differenzierten Sanktionskatalog gehabt und ihre Bestrafung über einen langen Zeitraum vorgenommen
und dabei immer wieder geschaut, ob ihre Maßnahmen Erfolg hatten.
Da Monika sich aber geweigert hatte, mit dem psychiatrischen Gutachter zu sprechen,
ist es für ihn schwer, die Motivation für ihre Taten zu erklären.
Für ihn könnte möglicherweise sexuelle Frustration der Grund gewesen sein.
Aber sicher sein könne er sich eben nicht.
Hä? Sexuelle Frustration?
Ja, weil das war ja immer so ein Thema, warum die immer Streit hatten.
Aber ich meine, also diese ganzen Quälereien und so, die hatten nie auch nur eine sexuelle Komponente.
Deswegen weiß ich jetzt auch.
Nee, das wäre, also das hätte ich jetzt auch so nicht gedacht, weil dann wäre die ja klar sadistische Anlage gewesen.
Aber wenn man jemanden quält, weil er ich statt wir sagt oder so, das würde ich jetzt mal vermuten,
rührt noch woanders her, als nur nicht befriedigt zu sein sexuell.
Ich glaube, das hat er auch gedacht, aber weil er sozusagen nichts über sie herausfinden konnte, weil sie nicht reden wollte.
Weil das das Einzige, was sie hatten, sozusagen.
Genau.
Am Ende ist der Grund für das Gericht aber auch nicht wichtig.
Die Kammer glaubt Henrik.
Und daher wird Monika wegen zum Teil gefährlicher Körperverletzung zu drei Jahren Haft verurteilt.
Go, Kammer.
Wieso?
Drei Jahre?
Findest du zu wenig?
Ja, aber wenigstens verurteilen sie die.
Ich habe ja jetzt schon damit gerechnet, dass die Henrik nicht glauben.
Nee, aber drei Jahre.
Naja, strafverschärfend wurde berücksichtigt, wie sehr ihre Taten Hendriks Leben beeinflusst haben und in Zukunft beeinflussen werden.
Er wird für immer entstellt sein, was ihn in seiner Lebensgestaltung deutlich einschränken wird.
So wird der ohnehin schon schüchterne Mann sicher nie wieder in ein öffentliches Freibad oder ähnliches gehen,
wenn auf seinem Rücken große Buchstaben stehen.
Auch intime Begegnungen mit Frauen erscheinen für das Gericht so sehr erschwert,
dass Henrik sie wahrscheinlich gar nicht mehr haben wird.
Zumal er in solchen Fällen dann in Erklärungsnot kommen würde.
Er wird auf absehbare Zeit den Ganzkörperanzug tragen müssen und voraussichtlich noch sehr lange in psychologischer Behandlung sein müssen,
um die traumatischen Folgen der Taten zu bewältigen.
Bildern wurde berücksichtigt, dass Monika noch nicht vorbestraft ist und dass die Taten, Zitat,
auf der Basis eines familiären Geschehens geschahen, das beherrscht wurde von der Dominanz der Angeklagten über den ihr absolut untergebenen und unterwürfigen Ehemannes
und damit in einer Situation zusammentreffens zweier von der Charakter- und Wesensstruktur her völlig verschiedener Menschen,
was den Tatsituationen eine gewisse Einmaligkeit verleiht und eine Wiederholung unter anderen Konstellationen als nahezu ausgeschlossen erscheinen lässt.
Also, Monika bekommt auch deshalb, nur in Anführungsstrichen, drei Jahre Haft,
weil das Gericht es für sehr unwahrscheinlich hält, dass Monika diese Taten noch einmal wiederholen wird.
Nachdem der Mann die Polizisten und Polizistinnen zu der Stelle geführt hat, wo die Leiche vergraben wurde,
wird er erst einmal in Untersuchungshaft genommen.
Denn die Story, er habe den Mann nur vergraben, weil seine Ex-Frau ihn darum gebeten habe,
klingt für die Polizei ziemlich unglaubwürdig.
Um sich ein klareres Bild zu machen, wird diese Ex-Frau ebenfalls auf die Wache gebeten.
Ihr Name ist Monika, vorbestraft wegen Körperverletzung an ihrem ersten Ehemann.
Mit ihrem zweiten Ehemann, Peter, soll sie jetzt also einen Mann im Wald vergraben haben.
Bei der Befragung wird klar, dass der Tote ihr vierter Ehemann war.
Hä? Also mit ihrem zweiten Ehemann hat sie den vierten vergraben.
Das heißt, ist sie wieder mit dem zweiten zusammen oder ist das auch ihr Ex-Mann?
Nee, die war zu dem Zeitpunkt, als sie den vergraben haben, mit dem Ehemann Nummer vier zusammen.
Die hat aber trotzdem noch immer Kontakt zu ihrem zweiten Ehemann.
Ja, aha. Moment, sie kann ja nicht mit dem Ehemann Nummer vier zusammen gewesen sein,
weil den hat sie ja vergraben.
Also eine aktive Beziehung war das dann auch nicht mehr.
Nein, nein. Nein, aber sie war mit dem verheiratet, als er gestorben ist und dann hat sie ihren Ex-Ex-Ehemann angerufen, ob er nicht da mal helfen könne.
Okay.
Monika beteuert, dass Manfred, so der Name von Ehemann Nummer vier, eines natürlichen Todes gestorben sei.
Doch Manfred war erst 47 Jahre alt, als er starb, weshalb die Kripo den Fall übernimmt.
Als Ehemann Nummer zwei, Peter, dazu noch einmal vernommen wird, fallen frische Verletzungen auf, worauf er gebeten wird, sich einmal frei zu machen.
Da wird deutlich, seine Haut ist übersät mit Verbrennungsnarben.
Auf die Frage, wie er sich die zugezogen habe, erklärt Peter, sie seien von einer defekten Heizdecke.
Die Polizisten und Polizistinnen glauben ihm nicht, woraufhin ein Rechtsmediziner sich die Verletzungen noch einmal genauer anschaut.
Er schlussfolgert, dass diese nicht von einer Heizdecke kommen könnten und man sich solche Verletzungen auch nicht selber zufügen könne.
Schließlich geht Peter an, dass seine Ex-Frau für diese Narben verantwortlich sei.
Sie habe ihn in der Ehe sieben Jahre lang gedemütigt, gequält und geschlagen.
Als Strafe dafür, dass er zum Beispiel die Spezi falsch angemischt habe.
Das ist nicht dein Ernst.
Jeder weiß doch, dass man 60 hat.
Dafür habe es Schläge mit dem Besenstiel gegeben oder eben Verbrennungen.
Aufgrund dieser Aussagen wird daraufhin also nicht nur wegen des Todes von Ehemann Nummer vier,
sondern auch wegen Körperverletzungen an Ehemann Nummer zwei gegen Monika ermittelt.
Doch die Ermittlungen im Todesfall werden relativ schnell wieder eingestellt.
Und zwar, weil ein Fremdverschulden nicht nachzuweisen ist, da die Leiche schon zu stark verwest ist.
Der Fall Peter kommt aber vor Gericht.
Als Monika an den Saal geführt wird, trägt sie einen Regenschirm, der ihr Gesicht verdeckt.
Erst als die Presse sich zurückzieht, spannt sie ihn wieder ein.
Auch in diesem Prozess steht Monika dazu, dass sie niemandem jemals wehtun würde.
Es handelt sich hier ja wohl ganz offensichtlich um ein Komplott ihrer ehemaligen Ehemänner gegen sie.
Die mittlerweile 40-Jährige erklärt, sie habe sich immer auf die falschen Männer eingelassen.
Und warum das so ist, soll ihre Lebensgeschichte erklären.
Monika soll nämlich als Kind von Familienangehörigen und später dann von all ihren Ehemännern missbraucht und misshandelt worden sein.
Peter soll der Schlimmste von allen gewesen sein.
Vor ihm habe sie am meisten Angst.
Peter, der bei diesem Prozess Nebenkläger ist, hat aber offenbar mehr Angst vor Monika als umgekehrt.
Denn er hatte plötzlich angegeben, nicht mehr Aussagen zu wollen, obwohl er Nebenkläger ist.
Das heißt, Monika nicht mehr belasten zu wollen und er hat außerdem verfügt, dass all seine früheren Aussagen nicht mehr verwendet werden dürfen.
Doch auch ohne Peters Beschuldigung hat die Staatsanwaltschaft genügend Indizien vorzuweisen.
Die rechtsmedizinische Untersuchungen und etliche Zeugen und Zeuginnen.
Darunter auch der bisher noch fehlende Ehemann Nummer 3.
Auf den habe ich schon gewartet.
Der von ganz ähnlichen Misshandlungen während seiner Ehe mit Monika erzählt.
In diesem Verfahren erklärt ein psychiatrischer Gutachter, dass Monika einer einer sogenannten schweren seelischen Abartigkeit leide.
Sie sei eine emotional instabile Person mit komplexer Traumafolgestörung.
Diesmal hat Monika mit dem Gutachter gesprochen.
Und er hat ihr zumindestens geglaubt, dass sie in der Kindheit misshandelt wurde.
Diese Störung könne sie aber kontrollieren.
Am Ende dieses Prozesses wird Monika erneut wegen Körperverletzung zu drei Jahren Haft verurteilt.
Die Kammer sieht es für erwiesen an, dass Monika ihre älteren, unterwürfigen und sexuell teilweise unerfahrenen Männer in eine psychische Abhängigkeit gebracht hat, damit diese die Misshandlung erduldeten.
Noch sitzt Monika in Haft.
Und bleibt zu hoffen, dass sie sich in Freiheit nicht wieder auf die Suche nach ihrem nächsten Ehemann macht.
Wie unfair, dass sie all diesen Männern, die ihr ja offenbar echt nicht so viel entgegenzusetzen hatten, permanent das Gefühl gegeben hat, dass sie nichts richtig machen können.
Ja, voll. Und die haben bestimmt auch alle wie Hendrik einfach nur gehofft, dass sie irgendwann wieder eine normale Beziehung mit der führen können.
Was mich an diesem Fall auch noch irritiert hat, war, wie man teilweise im Gericht und in der Presse mit den Opfern umgegangen ist.
Die wurden nämlich während des Prozesses immer wieder gefragt, also offenbar mit einem Unterton, wieso haben sie sich denn nicht gewehrt?
Sie sind doch viel stärker und größer als die Angeklagte.
Alle Männer, die da waren, waren auch viel größer als sie.
Und in einem Podcast habe ich den empörten Kommentar gehört, sowas kann man doch nicht mit sich machen lassen.
Oh, super. Ganz toll. Herzlichen Glückwunsch.
Ja, aber tatsächlich habe ich auch in meinem Freundeskreis so ein bisschen oder in dem Umfeld, wenn ich von dem Fall erzählt habe, diesen Reflex gemerkt, dem Mann zumindest eine Mitschuld zu geben.
So nach dem Motto, er hätte sich ja wehren können.
Diesen Mechanismus kennen wir ja schon als Victim Blaming und das betraf bisher in unseren Folgen meistens Frauen.
Und ich finde aber auch, dass dieses Victim Blaming in diesem Fall sich irgendwie in einem Strafmaß wiederfindet.
Drei Jahre, zweimal, zweimal drei Jahre für jahrelange psychische und physische Qualen.
Was glaubst du denn, wenn das, also, wenn das jetzt andersrum wäre?
Das weiß ich halt eben nicht. Ich weiß nicht, ob es tatsächlich andersrum anders gewesen wäre.
Ich habe mit einem Prozessbeteiligten, dessen Name nicht genannt werden soll, gesprochen dazu.
Und er hat mich auf diese Frage erst mal gebracht. Er meinte so, stellen Sie sich mal vor, das wäre andersrum gewesen.
Weil er ist sich sicher und er ist auf jeden Fall erfahren in diesem Feld, dass es eine doppelt so hohe Strafe gewesen wäre für einen Mann.
Ja, und das finde ich halt wirklich extrem unfair.
Ja, naja, ja, also wahrscheinlich, weil man halt im Kopf hat, dieses Wehrenkönnen bezieht sich immer auf sich körperlich wehren können.
Und da sieht man eine Frau halt natürlich eher so als unterwürfig, wenn der sowas angetan wird, dann hat man die vor sich, wie die irgendwie fixiert wird oder was weiß ich, oder Angst hat wegzulaufen.
Aber nur, weil Männer in der Lage sind, das körperlich zu tun, heißt das ja nicht, dass die nicht durch ganz viele andere Sachen daran gehindert werden.
Wir kennen Mauern im Kopf, die aufgebaut werden von manipulierenden Personen.
Und wie du gesagt hast, die hatten Angst vor der.
Also die wird die alle sicherlich nicht nett gebeten haben, sich mal da hinzusetzen, um mal die Heißklebepistole zu benutzen.
Ja, und alle drei Ehemänner haben halt auch ausgesagt, dass sie bei ihr geblieben sind, weil sie sie tatsächlich geliebt haben und weil sie Angst hatten, dass sie sonst geht.
Also man sieht da ja ganz deutlich, dass sie es irgendwie halt geschafft hat, wie das Gericht ja auch gesagt hat, die Männer in eine psychische Abhängigkeit zu bringen.
Ja, und das ist halt so fies, weil das siehst du nicht, das kannst du kaum nachweisen und deswegen kannst du es dann eventuell auch nicht so richtig berücksichtigen oder ein Strafmaß dafür verhängen.
Nochmal eine Frage zu diesem vierten Ehemann.
Also sie gibt an, der ist eines natürlichen Todes in der gemeinsamen Wohnung gestorben.
Ja, und dabei war der Herr erst 47, wie ich gesagt habe.
Und die Familie des Toten ist auch sehr unglücklich damit, dass die Ermittlungen eingestellt wurden.
Nun hat die Polizei halt gesagt, die Obduktion hat ergeben, dass man das halt nicht nachweisen kann, weil er zu verwest war.
Aber die Familie kämpft jetzt auch darum, dass die Ermittlungen da wieder aufgenommen werden.
Die Schwester hat auch gegenüber der Presse ausgesagt, dass Monika Manfred von der Familie isoliert habe und sich auch als seine Pflegerin ausgegeben habe.
Und die Leute aus der Nachbarschaft, die haben ausgesagt, dass der Manfred immer dünner geworden wäre.
Also vielleicht kommt da ja nochmal was.
Also es ist auf jeden Fall merkwürdig.
Womit ich jetzt auch gar nicht sagen will, dass sie unmittelbar irgendwas getan hat.
Aber Leute fangen ja an, auch sich runterzuhungern, weil es ihnen psychisch so schlecht geht.
Aber wer weiß jetzt schon, was passiert ist.
Es gilt natürlich die Unschutzvermutung.
Ja klar, die Familie wünscht sich aber eben eine Anklage wegen unterlassener Hilfeleistung.
Weil schließlich war er ja in ihrer Wohnung.
Ja, okay.
Klingt nachvollziehbar.
Um nochmal zurückzukommen zu diesen Reaktionen darauf, wenn ein Mann das Opfer wird.
Das hat den Ursprung im Männerbild unserer Gesellschaft.
Und darum geht es jetzt in meinem Aha.
Laut einer Analyse des Soziologen Hans-Joachim Lenz aus dem Jahr 2006 passen männlich und Opfer in unserer kulturellen Wahrnehmung nämlich nicht zusammen.
Das sei ein Paradoxon, denn entweder sei man Mann oder Opfer.
Denn nach Lenz wird in unserem westlichen Zivilisationsmodell die Verletzbarkeit von Frauen und Männern komplett unterschiedlich bewertet.
Und zwar werden da die Frauen als beachtens- und unterstützenswertes Opfer gesehen und Männer als Opfer ignoriert.
Und in diesem Kontext wird die Reaktion auf den Fall Monika dann vielleicht auch etwas verständlicher.
Denn wenn es Männer als Opfer eigentlich gar nicht gibt, dann ist Unverständnis halt eben vorprogrammiert und somit auch Fragen wie, wieso hast du das mit dir machen lassen?
Wieso hast du denn nicht zurückgehauen?
Ja, aber auch dieses Zurückgehauen finde ich ja Beste, weil du dann halt auch ein Frauenschläger bist.
Und das wollen halt viele auch nicht sein.
Und dann wird man auch noch dafür geblamed, dass man Gewalt nicht mit Gewalt bekämpfen will.
Ja.
Diese unterschiedliche Bewertung, die findet sich eigentlich in allen Bereichen unserer Gesellschaft.
Also zum Beispiel dann, wenn Männer in Filmen die Bösen bis aufs Blut bekämpfen und dann Helden werden.
Oder wenn Männer sich um eine Frau schlagen, worüber sich die Frau dann bestenfalls noch freuen oder irgendwie geehrt fühlen soll.
Allerschönstes Gefühl für mich in der Grundschule, als sich zwei kleine Jungs um mich gestritten haben und gerauft haben, habe mich nie wieder so geliebt und begehrt gefühlt.
True Story.
Damals flogen sie also noch auf dich.
Oder diese unterschiedliche Bewertung gibt es auch auf dem Schulhof.
Und zwar dann, wenn Jungs sich da prügeln, bis einer heult und Eltern dann eben dazu nur einfällt, Boys will be Boys.
Weil Jungs das ja schon immer so gemacht haben und das eben ganz normal ist.
Das ist jetzt natürlich alles ein bisschen überzogen, aber sowas kann eben dazu führen, dass Gewalt zwischen und gegen Männer bagatellisiert und damit ja normalisiert wird.
Und dass Gewalt in Teilen tatsächlich schon als normal angesehen wird, hat auch die Pilotstudie aus dem Jahr 2004 gezeigt, von der du eben gesprochen hast.
Da kam nämlich raus, dass Männern oft schon das Bewusstsein darüber fehlt, dass es beispielsweise Unrecht ist, wenn eine Frau ihren Partner schlägt.
Und das Ganze geht so weit, dass laut Studien viele männliche Jugendliche Wert darauf legen, vor Schlägen keine Angst zu haben und es nicht schlimm finden, verletzt zu werden, solange sie sich ehrenhaft behaupten.
Aber was ich hier einmal ganz kurz dazu sagen möchte, die Studien, von denen wir hier euch gerade erzählen, die sind ja zu einer Zeit entstanden, als man erstmals das Thema überhaupt so richtig beachtet hat.
Und seit den Jahren ist auf jeden Fall was passiert.
Und es gibt ja jetzt auch eine Bewegung, wenn sie auch klein ist, aber natürlich geht die auch eher im Schneckentempo voran.
Ja, und diese Idee vom unverletzbaren Mann, die ist halt auch eben schon vor Ewigkeiten eben in patriarchalischen Gesellschaften entstanden.
Weil damals hatten Männer eben alle die Macht und alles drehte sich um Unterwerfung, Aneignung, Dominanz und Status.
Und wenn man da als Mann diese Attribute, die halt mit dieser traditionellen Männerrolle verbunden waren, wie zum Beispiel stark oder wehrhaft,
Wenn man die nicht hatte, dann galt man eben als Verlierer oder Schwächling.
Und das halt halt eben noch zum Teil heute nach.
Und deshalb gibt es halt Menschen, die den Opfern von Monika eine Mitschuld geben, auch wenn sie es nicht so offen sagen würden,
sondern das so in ihrer Art einfach, wie sie reagieren, zeigen.
Es ist auch manchmal alleine dieses, mir wäre das nicht passiert.
Das ist auch schlimm.
Du bist halt auch nicht in der Situation und du bist vielleicht auch psychisch ganz anders aufgestellt als diese Männer.
Ich finde, also es ist ja generell eigentlich so, dass Gewalt von Frauen gegen Männer auch immer gar nicht so ernst genommen wird.
Also ich spreche da jetzt auch gar nicht so unbedingt von diesem Ausmaß, wie unsere Väter jetzt gezeigt haben.
Aber halt generell, es ist immer noch völlig legitim, dass Frauen, Männer sogar in einigen Fernsehsendungen aufgrund des unrühmlichen Verhaltens des Mannes,
sagen wir mal, eine Backpfeife verpassen.
Stell dir das mal andersrum vor, das würde nicht gehen. Warum geht es dann andersrum? Warum geht es so?
Und es gab sogar mal dieses Aufklärungsvideo vom Bundesverkehrsministerium von wegen Handy am Steuer, da sollte so vorgewarnt werden.
Und dann ist da in diesem Video eine Fahrerin ausgestiegen, zu dem Mann im Wagen neben ihr gelaufen und der war halt gerade am Handy und sie haut ihm volle Lotte eins ins Gesicht und griffst dann.
Und das alles mit so einem lustigen Musikteppich auch noch drunter. Sollte halt witzig sein.
Ja, aber dieses Witzig, das ist halt auch so oft in Fernsehserien. Wenn da die Frau den Mann schlägt, dann ist das immer Comedy. Dann wird immer gelacht.
Ja, und da verweise ich an dieser Stelle doch gerne nochmal auf unsere Femizid-Folge Nummer 45.
Da haben wir nämlich von dem Schauspieler Terry Crews erzählt und der wurde Opfer eines sexuellen Übergriffs und wurde danach halt von Kollegen wie 50 Cent dafür verspottet.
Und das könnt ihr in dieser Folge ab einer Stunde 15 nochmal nachhören.
Und diese Wahrnehmung, dass es halt alles nur super lustig ist, ist halt auch ein Grund, warum man bei Gewalt gegen Männern von einer sehr hohen Dunkelzahl ausgeht.
Weil sich viele Männer schämen, eine Anzeige zu erstatten.
Und das ist vor allem bei sexueller Gewalt so.
Weil solche Gewaltübergriffe halt eben sehr stark tabuisiert sind.
Ähnliches gilt für die partnerschaftliche Gewalt, die du eben angesprochen hast.
Und die Scham zuzugeben, in Anführungsstrichen, dass man von seiner Partnerin misshandelt wird, ist halt umso stärker, desto schlimmer die Gewalt ist.
Und das ja, das steigert sich dann halt immer weiter.
Und das Gefühl von diesen Männern der Hilflosigkeit, das wächst natürlich auch immer weiter.
Und das war das ja auch bei dem zweiten und dritten Ehemann von Monika.
Die beiden hätten die Körperverletzung niemals angezeigt, wenn das ja nicht zufällig rausgekommen wäre.
Peter hat ja sogar noch eine ganze Zeit versucht, das zu leugnen und auf die defekte Heizdecke zu schieben.
Oft ist aber auch der Punkt, dass es halt in der Gesellschaft generell ignoriert wird, dieses Thema.
Das dann dafür zuführt, dass man weniger eine Anzeige stellt.
Weil darüber eben nicht so viel gesprochen wird, fühlen sich die Betroffenen halt alleine oder denken, die sind irgendwie die Einzigen, denen das passiert.
Und das führt natürlich dazu, dass sie sich noch weniger trauen, darüber zu reden.
Ja, und viele denken halt auch einfach oft, dass ihnen nicht geglaubt wird.
So, wenn ein Mann zur Polizei geht und sagt, meine Frau hat mich geschlagen.
Also ich habe schon von einigen Fällen hier immer mal in der Recherche gehört, wo dann halt argwöhnisch geguckt wurde.
Und das ist jetzt noch nett ausgedrückt, ja.
Ja, und das haben wir jetzt zum Beispiel auch bei Henrik gesehen.
Der hat die Polizei angehalten mit einer blutigen Nase und die haben das nicht ernst genommen.
Und das ist ja nicht nur bei der Polizei so, sondern das gilt auch für medizinische Berufe.
Also, dass es da die Sorge gibt, dass den Betroffenen halt nicht geglaubt wird.
Und nach Angaben der britischen Hilfsorganisation Mankind Initiative sprechen Betroffene allerdings auch häufig nur deshalb nicht über häusliche Gewalt, weil sie nicht wissen, an wen sie sich mit ihren Problemen wenden sollen.
Ja, weil es halt auch einfach viel zu wenig Anlaufstellen gibt.
So, das sieht man ja allein daran, wie wenig Einrichtungen wir in Deutschland haben für Männer.
Also es gibt rund 400 Frauenhäuser mit so 6.400 Plätzen.
Und das an sich, also versteht mich nicht falsch, das an sich ist schon zu wenig.
Aber es gibt nur neun Männereinrichtungen mit weniger als 30 Plätzen.
Und das geht ja allein rechnerisch eigentlich schon nicht auf, wenn jedes fünfte Opfer von Partnerschaftgewalt männlich ist.
Ich meine, klar, die Nachfrage scheint ja offenbar leider auch nicht so hoch zu sein bei den Betroffenen.
Aber, also ich finde, das zeigt total, wie viel da passieren muss.
Und ich meine, wir sind 2021, wir sind aufgeklärt und das darf es eigentlich nicht geben.
Also neun, also natürlich, also es gibt ja mehr als neun Bundesländer.
Das heißt, in manchen Bundesländern gibt es gar keine.
Okay, die Nachfrage ist nicht hoch genug, aber wenn ich weiß, hier gibt es auch keins, dann melde ich mich halt auch nicht.
Und die Nachfrage ist ja, glaube ich, auch deswegen nicht so hoch, also nicht so hoch wie bei Frauen, meinte ich jetzt damit, weil den Betroffenen einfach nicht genug signalisiert wird, ihr bekommt hier Hilfe, es ist völlig in Ordnung, sowas passiert.
Wir sind eine Gesellschaft, aber mal abgesehen von der partnerschaftlichen Gewalt gibt es ja auch noch viele andere Bereiche, in denen halt eben Männer Opfer von Gewalt werden können.
Sonst wäre diese Zahl ja nicht so hoch, die ich am Anfang gesagt habe.
Und besonders gefährdet sind die Männer beispielsweise in ihrer Kindheit oder Jugend.
In dieser Pilotstudie gab jeder fünfte Mann an, in dieser Zeit Opfer sexualisierter Gewalt geworden zu sein.
Und wir kennen ja auch aus unserem Podcast die Fälle aus der katholischen Kirche oder zum Beispiel der Domspatzen.
Das sind halt eben alles Institutionen, in denen weitgehend geschlossene Systeme geherrscht haben und so natürlich das Risiko für sexuelle Gewalt an Jungen hochgehalten wurde.
Aber halt auch abseits von diesen Institutionen erfahren Jungen Gewalt.
So haben drei von fünf Befragten angegeben, dass sie als Kinder bzw. Jugendliche geschlagen, georferkt, getreten oder verprügelt wurden.
Und genauso viele erzählen von Beleidigungen und Demütigungen.
Naja, das liegt halt auch daran, dass das halt damals noch eine normale Erziehungsmethode war.
Und auch als das galt, also als mein Vater Kind war, da wurde die Mehrzahl der Kinder durch Fäuste teilweise erzogen.
Und das kann man sich ja heute gar nicht mehr vorstellen, dass es mal eine Zeit gab, als das nicht verboten war.
Ja, aber natürlich sind da drin auch Erfahrungen auf dem Schulhof und unter anderem unter gleich alten Kindern und Jugendlichen.
Kannst du dich noch daran erinnern, wie das bei dir war in der Schule oder als du Kind oder Jugendliche warst, wie das da mit der Gewalt war?
Gab es da einen deutlichen Unterschied zwischen Jungs und Mädchen?
Ja, auf jeden Fall.
Also gerade so in meiner Jugend, ich komme ja aus einem Umfeld, das hört sich jetzt immer so an,
als wäre ich sonst wo aufgewachsen, aber es ist einfach so, wo das komplett normal war,
dass ich am Wochenende auch mal gebeult wurde, wie wir gesagt haben, wenn man mit dem Freundeskreis unterwegs war.
Komplett normal.
Also jetzt nicht jedes Wochenende, aber es war einfach, ne?
Aber es war schon immer so, wenn da ein Freundeskreis stand und da und dann hast du schon die Blicke gesehen von den beiden Eifertieren,
dann wusstest du schon, jetzt geht's wieder los, ja?
Und ich erinnere mich, ich hatte einmal ein Date in einem Restaurant und da waren aber auch noch andere Freunde dabei.
Und auf der anderen Seite im Raum, da saßen Freunde meines gerade frisch getrennten Ex-Freundes sozusagen.
Alles heftige Typen.
Und dann gab's da halt auch schon diese Blicke, wo du weißt, jetzt gibt's Stress.
Und als wir rausgingen, da haben die dann erst so mit so Schneebellen auf uns geworfen und zur Einordnung, wir reden hier so von 17-Jährigen, ja?
Und danach ist dann einer von denen ohne Grund mit Anlauf, und ich werde dieses Bild niemals vergessen, auf uns zugerannt, hochgesprungen
und im Sprung hat er dann halt die Beine ausgestreckt, also halt mein Date in den Rücken gekickt.
Oh Gott.
Und für die Freundin von diesem Anführer der Gruppe war das ganz normal.
Die hat halt nur die ganze Zeit gerufen, Dennis, jetzt hör mal auf, Dennis.
So, und wir waren so völlig außer uns, weil wir das doch als ziemlich bedrohlich empfanden.
Naja, ein Jahr später bin ich dann mit dem Typen zusammengekommen, der mein Date damals in den Rücken gekickt hat, aber egal.
Nicht dein.
Doch, es ist wirklich wahr.
Es ist wirklich wahr.
Aber die beiden waren auch nachher befreundet, mein Date und der, also wir waren nachher ein Freund.
Okay, aber ist denn irgendwas Schlimmes passiert bei diesem Rücken-Kick?
Nee, aber die, also ich hab die halt die ganze Zeit rangeln sehen und auf einmal waren die Jungs weg.
So, und dann, weißt du, du hast ja dann auch Sorge, dann ist deine Begleitung weg und dann kommen die, die Bösen irgendwann zurück.
Und du bist denn da als Frau, also ich mit meiner Freundin, also ich weiß jetzt nicht mehr, ob die irgendwelche Verletzungen davon getragen haben, wenn, dann waren die jetzt nicht so schwerwiegend, ja.
Aber ich find's einfach seltsam, dass das halt damals so normal war, dass man aufeinander losgegangen ist.
Und der Grund war, dass ich die Ex-Freundin von einem Freund von denen war, der nicht mal dabei war.
Also das ist halt so dumm.
Ja, und das ist ja gerade dieses, was du meinst mit dem normal, genau.
Und da wette ich ja, dass da niemals jemand auch nur auf die Idee gekommen wäre, die andere Person anzuzeigen.
Ja, never ever.
Never, ja.
Also bei mir war das nicht so.
Nein, aber gerade bei dir hätte ich das gedacht.
Du hast ja sehr viel mehr Gewalt-Erfahrung gehabt, dachte ich.
Aber deswegen war ich ja auch so bei diesem Courtney-Bauer-Fall, also die, die mir ins Gesicht geschlagen hat, so schockiert.
Weil ich das halt nicht kannte.
Also auch nicht gegen Männer oder gegen Jungen.
Nee, also ich hab auch noch nie eine Schlägerei gesehen von Leuten, die ich kannte.
Ich musste ja auch Aussagen vor Gericht einmal, weil ein Freund von mir so derbe auf die Fresse gekriegt hat.
Ja, also nein.
Beulen, Beulen am Wochenende gab's für uns nicht.
Aber was mir eingefallen ist, ist, und auch auf unserer Schule gab's jetzt nicht so Leute, vor denen man Angst hatte,
weil die einen möglicherweise verprügeln könnten oder so, wie man das so in Highschool-Filmen hat.
Aber wir hatten so eine Mädchengang, die waren drei Mädels.
Und vor denen hatte man echt Angst, weil die hatten auch oft ihre Hockeyschläger dabei.
Das ist nicht dein Ernst.
Doch, und sind auch auf Leute losgegangen.
Nein, mit den Hockeyschlägern.
Aber es waren Mädchen, ne?
Ja, das mit den Mädchen kenne ich natürlich auch.
Ich wurde auch mal richtig in einem Restaurant abgefangen und gegen die Wand geschubst und so von so einer Mädchengang.
Ja.
Grüß da gehen raus an Mandy.
Das muss umgekehrt aus.
Aber mit dieser Mandy habe ich mal nicht erst wieder geschrieben.
Ich mag die auch.
Mit denen mag man sich jetzt, ne?
Aber insgeheim hat man auch einfach immer noch das Gefühl, dass sie einem aufs Maul hauen können.
Deswegen mag man die jetzt.
Deswegen ist man sicher, wenn man mit denen so oft tut.
Ich kann das nicht glauben, dass die mit den Hockeyschlägern auf Leute losgegangen sind.
Das ist doch eigentlich nicht so ein gutes Werkzeug.
Aber das war das, was die dabei hatten, weil die danach zum Hockeytraining gegangen sind.
Das war die einzige Waffe, die verfügbar war.
Weißt du, wie ich mich sehe?
Jetzt komme ich wieder mit meinem Sailor-Mund-Scheiß, ne?
Aber meine Lieblings-Sailor-Kriegerin war ja Sailor Saturn.
Und ich sehe die halt richtig, wie die halt nicht diese Sense in der Hand hat, sondern das zum Hockeyschläger.
So richtig kriegerisch stelle ich mir die vor.
Ja, aber es ist ja halt auch so, dass diese Plätze oder diese Situation, wo man Gewalt ausgesetzt wird,
das endet jetzt auch nicht mit dem Jugendalter oder wenn man raus ist aus dem Hockeyclub,
sondern das geht in manchen Institutionen ja auch noch weiter, weil die so ein geeignetes Klima für Gewalt schaffen.
Und das erleben einige auch beim Wehrdienst, 2017 zum Beispiel, nachdem der Spiegel herausfand,
dass in einer Ausbildungskaserne in Pullendorf offenbar seit Jahren Misshandlung, Mobbing und sexuelle Nötigung an der Tagesordnung standen.
Da war dann von abstoßenden Gewaltritualen die Rede und von sexuell-sadistischen Praktiken bei der Ausbildung von KampfsanitäterInnen.
Und bei solchen Einrichtungen ist natürlich nicht nur die Scham an sich ein Punkt,
sondern dann halt auch als Verräter dargestellt zu werden in so einer Truppe.
Ja, und das mit diesem Korbsgeist, den die ja dann quasi haben, das findet sich zum Beispiel auch in Gefängnissen.
Und das ist ja auch ein Ort, das wissen wir, nicht nur aus irgendwelchen Filmen.
Da werden Männer auch ganz oft Opfer von Gewalt und auch oft von sexualisierter Gewalt.
Als letztes Jahr zum Beispiel gab es da einen Fall vor dem Landgericht Gera,
bei dem ein Mann seinen Zellennachbar über zwei Wochen immer wieder vergewaltigt haben soll.
Das Gericht fand allerdings nicht genügend Beweise gegen den Angeklagten und sprach ihn frei.
Und solche Prozesse kommen selten vor, denn zur Anzeige werden Gewalttaten im Gefängnis eben halt fast nie gebracht.
Manuel Matzke, Bundessprecher der Deutschen Gefangenengewerkschaft, sieht den Grund in einer Mauer des Schweigens.
Gegenüber Deutschlandfunk Nova erklärt er, dass solche Fälle einerseits nicht bekannt werden,
weil die Justizvollzugsanstalten kein Interesse daran hätten, sowas nach außen dringen zu lassen,
da ja dann auch die Verantwortung des Systems infrage gestellt werden könnte.
Aber auch eben wegen dieser Scham als nicht männlich genug dazustehen oder eben als Verräter.
Ja, und natürlich sind auch Männer besonders gefährdet, die zu Minderheiten angehören.
Also wenn sie zum Beispiel homosexuell sind, halt vor allem in sozialen Kontexten,
in denen dieses Bild der traditionellen Männlichkeit vorherrschend ist,
wie halt eben auch in der Bundeswehr.
Und da stößt dann natürlich Homosexualität immer noch teilweise auf Ablehnung.
Und in manchen Kreisen gilt so eine Abwehr von queeren Menschen generell teilweise sogar halt als Ausweis von Männlichkeit.
Also uns war das hier jetzt auch wichtig zu zeigen, dass es nicht nur um partnerschaftliche Gewalt geht in dieser Folge.
Und für alle, die betroffen sind, es gibt zwar nicht so viele Anlaufstellen, aber es gibt ein paar.
Und eine davon ist das Hilfetelefon.
Das gibt es seit April letzten Jahres.
Und das ist für Männer, die gewaltbetroffen sind oder waren, egal welcher Art.
Björn Süffke ist Männertherapeut und war überrascht über die Nachfrage bei diesem Männertelefon.
In der Woche gibt es da so um die 120 Anfragen und das sind nur die telefonischen.
Wir haben ein Riesenproblem, Männer, die Hilfe, die sie natürlich genauso brauchen wie Frauen.
Wir sind nicht gesünder als die Frauen, auch psychisch nicht.
Ja, ihnen angedeihen zu lassen.
Das wissen wir als Männerberatungsstelle seit vielen Jahren und reagieren da entsprechend drauf.
Und auch bei diesem Hilfetelefon war für uns eben ganz, ganz entscheidend, dass wir eben diese niedrigschwellige, anonyme Anlaufstelle sind.
Wir wissen, dass sich Männer viel häufiger auch über Mail, über Internet, kann ich also nachts, ja, wenn mich keiner sehen kann, schreibe ich vielleicht mal eine Mail oder rufe an.
Das sind Zugangswege, die für Männer noch ein bisschen leichter sind und deswegen war es uns ganz wichtig, diese niedrigschwellige Anlaufstelle zu schaffen.
Und wie man sieht, ja, das wird dann auch entsprechend genutzt.
Björn Süffke ist schon seit 20 Jahren in der Männerberatung tätig, hat aber durch das Hilfetelefon nochmal ganz andere Facetten von Gewalt gegen Männer erlebt.
Also bis hin zu Männern, die zwangsverheiratet werden sollen und sich von der Familie lossagen und dann mit Privatdetektiven wieder aufgespürt werden sollen, also sie geradezu verfolgt werden.
Was ich schon öfter hatte, das ist nicht so ein Einerfall sogar, aber was ich schon öfter hatte und was mich vom Ausmaß dann doch, ja, noch überrascht oder schockiert hat, ist, wie bei manchen Männern, die, ja, da müssen wir es wirklich Unterdrückung nennen.
Die Unterdrückung durch die Partnerin wirklich eine, eine fast umfassende ist, wo jemand wirklich, ja, man muss sagen, strukturell unterdrückt wird, manipuliert wird, den ganzen Tag überwacht wird, wo er, wenn er zur Arbeit, der einzige Kontakt zur Außenwelt, die Arbeit ist und wenn er zur Arbeit fährt, das Handy anlassen muss, damit dauerhaft die Partnerin hört, was er tut.
Also solche Formen von rundum Unterdrückung, da können Sie sich vorstellen, sind Schläge, um Gottes Willen, auch das will ich jetzt wieder nicht kleinreden, sind aber Schläge, die da auch vorkommen, für diese Männer oft noch das geringste Problem, sondern dieses Kontrollieren der sozialen Kontakten oder völliges Verhindern von sozialen Kontakten, von übersprechen können.
Für Süffke ist ganz klar ein Problem das Männerbild, das vorherrscht und dass ein Mann alleine mit seinen Problemen klarkommen muss, also diese Annahme und auch die Lösung dafür alleine finden muss, um das Bild auch vor sich selbst zu wahren.
Dass es für Männer so unheimlich schwer ist, es mit einer positiven männlichen Identität zu verbinden, dass man Opfer geworden ist.
Etwas, was mit der eigenen Identität sozusagen gar nichts zu tun hat, sondern einfach, oder nicht in erster Linie zu tun hat, sondern einfach auch, ja, Unglück war Pech, die Straftat, die Grenzüberschreitung eines anderen.
Und das müssen sie sich wirklich als unglaublich, innerpsychisch unglaublich schwierig vorstellen, sich davon zu emanzipieren und dann vor sich selber, das ist der entscheidende Punkt, vor sich selber einzugestehen, ja, so ist das Leben.
Das Leben bedeutet auch Abhängigkeit, wir sind soziale Wesen und bedeutet, dass man auch Opfer werden kann im Leben.
Und hat nichts mit einer nicht vorhandenen männlichen Identität zu tun.
Das ist ein ganz, ganz entscheidender Punkt, weil sie dürfen überhaupt nicht unterschätzen, wie wichtig Geschlechtsidentität für unsere Identität ist.
Das mag man bemängeln, ich bemängele das auch.
Ich fände es schön, wenn Geschlecht nicht so eine wichtige Rolle bei der persönlichen Identität spielen würde, weil da ganz viele Einschränkungen und Leid mit einhergeht.
Aber nur weil ich das nicht mehr möchte, ändert es sich nicht von heute auf morgen.
Es ist für uns Menschen so.
Und wenn man ihnen da dann ein Kernstück ihrer Identität, also in dem Fall die Geschlechtsidentität, raubt, ich bin jetzt mal dramatisch,
dann ist das ein Riesenproblem.
Und deswegen versuchen Männer, die Opfer geworden sind, häufig da sehr stark daran festzuhalten.
Das hat auch nichts mit Dummheit oder Ignoranz zu tun, sondern eben wirklich mit Erziehung, wenn man so will, mit dem, wie wir aufgewachsen sind.
Dass das Thema so lange nicht besprochen wurde, sieht Süfke auch darin begründet, dass teilweise dieses Argument kam,
ja, in der Partnerschaft, da passiert das ja andersrum viel häufiger, aber auch, weil Gewalt an Männern von Männern bei vielen halt gar kein Thema ist.
Ja, ich glaube, ein wesentlicher Aspekt ist der, dass es ganz häufig auch vor diesem Gender-Diskurs sozusagen betrachtet wird.
Also, dass auf eine merkwürdige Art und Weise Gewalt vielleicht auch nur dann ein Thema ist, wenn sie von einem Geschlecht auf das andere übergeht.
Also, wenn Männer sozusagen Frauen verprügeln, misshandeln, sexuell missbrauchen, dann ist das ein Thema,
was dann eben von der Frauenbewegung völlig zu Recht und guter Weise natürlich für uns alle, auch für uns Männer, behandelt wurde.
Aber dieser riesige Bereich der Gewalt zwischen Männern auch, also wo Männer, andere Männer,
so, das hat so ein bisschen, was ich sage jetzt mal, sehr flapsig, wo gesagt wird, naja, da sind sie die Täter,
da sind die Opfer, da lassen sie sich prügeln, sind ja selber schuld sozusagen.
Also, so ein bisschen so eine Mitleidslosigkeit.
Aber das ist natürlich ein Großteil von Gewalt, den auch Männer erleben.
Wenn ihr in irgendeiner Form oder Menschen, die ihr kennt, Gewalt erlebt haben, ob in der Kindheit oder auf der Straße, in der Firma oder in der Partnerschaft,
dann könnt ihr euch beim Hilfetelefon Gewalt an Männern wenden oder halt die Nummer dann weitergeben.
Telefonisch könnt ihr die unter 0800 123 99 00 erreichen oder auch per Mail an beratung at männerhilfetelefon.de, Männer mit A-E.
Und mehr dazu findet ihr noch in unserer Folgenbeschreibung.
Dieses Hilfetelefon ist ein wichtiges Instrument, um den Betroffenen zu helfen.
Und im Internet gibt es auch andere Hilfsangebote, aber wie das Beispiel dieser Männerhäuser zeigt, ist es noch nicht so wirklich genug.
Und das hat eben damit zu tun, dass das Thema noch nicht wirklich in der Gesellschaft angekommen ist.
Und solange das so bleibt, wird sich aber auch nichts ändern, so Björn Süfke.
Die Politik reagiert auf das, was, das soll sie auch, was das Demokratie, was das Volk haben will, was das Volk sich wünscht.
Wenn die Menschen sich, auf Deutsch gesagt, nicht für männliche Opfer interessieren,
wenn es kein Mitgefühl gibt für männliche Opfer von Gewalt, dann wird es auch keine politischen Initiativen geben,
beziehungsweise die werden nicht die nötige Unterstützung erhalten.
Aber es muss eine kritische Masse erreicht sein, damit ein Thema sozusagen nicht mehr links liegen gelassen werden kann.
Das wissen wir vom Umweltschutz jetzt und so weiter.
Was wir also für die Betroffenen tun können, ist mehr über das Thema zu reden, aufzuklären,
damit es überhaupt erstmal in das öffentliche Bewusstsein kommt.
Und wir haben jetzt bei der Vorbereitung auf diese Folge auch so ein bisschen ja bei uns gemerkt,
dass das so noch ein bisschen mitschwingt, dass man dieses Männerbild auch noch so manchmal hat oder in manchen Aspekten im Leben.
Ja, und ich mache halt bei mir dann immer diese Umkehrung.
Wie wäre es andersrum?
Ja, andersrum würde ich es ganz schön krass finden, wenn es jetzt um Gewalt von Frauen an Männern geht.
Und wenn das der Reflex ist, dann muss man halt dann aber natürlich sagen, das macht keinen Unterschied.
Genau.
Und nur wenn man das macht und darüber nachdenkt, dann kann eben Mitgefühl für diese Opfer entstehen.
Und dann interessiert man sich auch für das Thema.
Und das muss halt passieren, damit dieser Mythos von der Unverletzbarkeit von Jungen und Männern dann auch irgendwann komplett aus unserer Gesellschaft gestrichen werden kann.
Das ist nämlich Bullshit und auch gefährlich.
Ja, das ist doch ein gutes Schlusswort zu dem Thema.
Apropos gefährlich.
Liebe HörerInnen, das, was ihr jetzt gerade hört, das habe ich vor unserer Aufnahme aufgezeichnet.
Ich war bei der Vorbereitung meinesfalls nämlich sehr emotional.
Und deswegen habe ich gedacht, gönne ich mir jetzt mal am Ende hier einen kleinen Lacher.
Ich habe nämlich mit noch jemandem geschrieben, einer Hörerin.
Und die hat mir einen Link geschickt zu so magischen Schmetterlingen.
Das sind solche aus Papier, die man an einem Gummi aufziehen kann und dann fliegen die los.
Vielen Dank für diesen netten Hinweis.
Denn wie vielleicht einige von euch sich noch erinnern werden, hat Laura in der Entomologie-Folge gesagt, dass sie Schmetterlinge total eklig findet.
Und jetzt kriegt die Laura gleich ein sehr nettes Geschenk von mir.
Eine Kiste, aus der ihr viele magische Schmetterlinge entgegenfliegen werden.
Ich habe noch was für dich.
Deswegen, ich filme das jetzt mit, damit alle HörerInnen nachher auch in den Genuss deiner Freude kommen.
Okay.
Ich habe dir nämlich etwas mitgebracht.
Und zwar ist das hier drin.
Und da ist ein Gewicht drin, das spielt nicht mit.
Ja, das Gewicht, wenn du es aufmachst, einfach rausnehmen und enjoyen.
Und Gewicht rausnehmen.
Oh mein Gott!
Nein!
Es hört jetzt auf, aber?
Es ist jetzt vorbei.
Okay.
Warum?
Es ist ja nur eklig.
Nein!
Es hat weitergemacht.
Es hört auf.
Es hat mir eine Hörerin zugeschickt, die offenbar genauso viel Freude daran hat.
Der denkt sich sowas aus.
Oh, das war nicht schön.
Hast du dich gefreut?
Ich dachte, Schmetterlinge sind doch deine Lieblingstiere.
Nee, darfst du mitnehmen nach Hause.
Ich muss jetzt ehrlich gesagt sagen, dass ich habe mich nicht gefreut darüber, über diese Schmetterlinge.
Aber tatsächlich hat das etwas in mir ausgelöst.
Irgendwas hat es auf jeden Fall ausgelöst.
Ich war ja auch führig.
Und das passiert ja nicht so häufig mehr dieser Tage.
Und deswegen Dankeschön, Paulina.
Und Dankeschön auch an die Hörerinnen, die sich darauf gebracht haben.
Ich tue, was ich kann für dich.
Das war ein Podcast von FUNK.