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#67 Glaub mir!

Paulina, mir ist aufgefallen, dass du immer noch keinen neuen Instagram-Namen hast.
Ja, ich habe es aufgegeben.
Warum?
Mir fällt nichts ein.
Ich habe das Gefühl, das ist genauso eine schwere Geburt wie bei dem Namen unserer Firma, als wir danach gesucht haben.
Ja, es ist fast noch ein bisschen schwieriger jetzt, aber ...
Ja, ihr müsst wissen, Paulina und ich hatten etliche Namen, die wir gut fanden und ein paar weiß ich auch noch.
Nee, eigentlich haben wir nur Scheiß-Namen gehabt.
Nee, ich fand die schon lustig auch.
Ganz okay fand ich Crime Time.
Das kam von uns.
Ja, dann gab es noch Once Upon a Crime.
Aber man muss sich auch immer so ein GmbH dahinter vorstellen, finde ich, das hört sich damit an.
Ja, oder Imperium.
Dann hatten wir noch Wine and Crime GmbH.
Ja, das hört sich nach einem Vorschlag an, den ich gemacht habe.
Ja.
Ansonsten hatten wir ja eigentlich das Kreativcenter Freundin Tatjana damit beauftragt, mit der Namenssuche.
Die macht nämlich beruflich hauptsächlich auch Schlagzeilen schreiben.
Und die hatten wir dann gefragt und ihre Vorschläge waren ja noch Crime Me A River.
Das finde ich so witzig.
Oder was sie auch noch hatte, war Smooth Criminals.
Ah.
Ich habe mich ja ganz vergessen.
Richtig gut.
Findest du?
Wie witzig.
Also, es ist auch ein bisschen drüber.
Ich glaube, das war auch mein Kommentar zu den Vorschlägen.
Es wurde ja dann nicht der Vorschlag, den Tatjana gemacht hat, sondern ihr sehr unkreativer Freund Michael.
Ach, der hat unseren Namen sich ausgedacht.
Ja.
Okay.
Ja, und letztendlich haben wir dann eben Partner in Crime genommen.
Okay, der ist ein bisschen langweiliger, aber der passt halt auch irgendwie besser.
Zu uns, zu unserer Freundschaft auch.
Ja.
Und zu unserem Thema halt auch.
Weil wir auch schon viele kriminelle Dinge gedreht haben.
Ja.
Einige.
Also, uns haben jetzt quasi andere den Namen gegeben.
Und vielleicht sollten wir auch mal die da draußen fragen, ob die dir bei deinem Instagram-Namen helfen können.
Oh ja.
Dazu können wir ja mal die Tage was auf Instagram posten bei Mordluster Podcast.
Bitte schreibt uns keine Nachrichten mit irgendwas ist krasser als, ja.
So will ich auf gar keinen Fall lesen.
Unsere ZuhörerInnen sind ja auch irgendwie unsere Partner in Crime, die wir herzlich willkommen heißen zu Mordlust, einem Funk-Podcast von ARD und ZDF.
Wir reden hier über wahre Verbrechen und ihre Hintergründe.
Mein Name ist Paulina Kraser.
Und ich bin Laura Wohlers.
In jeder Folge gibt es ein bestimmtes Oberthema, zu dem wir zwei wahre Pfeile nacherzählen, das Thema diskutieren und auch mit Experten und Expertinnen darüber sprechen.
Wir reden hier auch mal ein bisschen lockerer miteinander.
Das hat aber nichts damit zu tun, dass uns die Ernsthaftigkeit hier fehlt, sondern das ist für uns so eine Art Comic-Relief, damit wir zwischendurch auch mal aufatmen können.
Das ist aber natürlich nie respektierlich gemeint.
Das heutige Thema ist Glaubhaftigkeit.
Ich möchte jetzt gerne testen, ob du sagen kannst, was glaubhaft ist, wenn ich dir was erzähle.
Und deswegen sage ich dir jetzt zwei Wahrheiten und eine Lüge.
Und du musst rausfinden, was die Lüge ist.
Es ist ein bisschen schwierig gewesen, weil den guten Shit kennst du ja schon von mir und den schlimmen auch.
Ich habe einmal als Teenie einer Freundin vorgegaukelt, in meinem Körper wäre jetzt nicht mehr ich, sondern ein Alien.
Und habe das dann so lange durchgezogen, bis sie es geglaubt hat und angefangen hat zu weinen.
Ich habe hier zu Hause eine Briefmarke, die um die 150 Euro wert sein soll.
Und die habe ich vom Bruder meines Opas geschenkt bekommen.
Aber ich bin erstens, Laura guckt sich gerade um, wo kann die Briefmarke sein?
Aber ich bin erstens zu faul, sie zu verkaufen.
Und ich habe auch Sorge, von Briefmarken-Nerds abgezogen zu werden, weil ich das ja am Ende nicht beurteilen kann.
Und ich bin einmal aus dem Unterricht geflogen, weil unser Lehrer uns aufgetragen hat, 15 Minuten gar nichts zu sagen.
Und dann hat er mir eine Frage gestellt und ich habe geantwortet und er hat mich dann rausgeschmissen.
Was ist das denn für ein Lehrer?
Was ist das denn für ein Spiel?
Okay, also.
Ich denke mir irgendwie, dass man sich das mit dem Alien eigentlich nicht ausdenken kann.
Außer du hast das mal irgendwo gehört.
Aber eigentlich würde ich sagen, das stimmt.
Zwei Wahrheiten und eine Lüge.
Das mit dem Lehrer ist irgendwie auch zu blöd, um sich das aufzudenken.
Weil das mit der Briefmarke könnte auch stimmen.
Aber hätte ich das schon mal gehört von dir vielleicht?
Nee, wahrscheinlich stimmt das nicht mit dem Alien.
Das hättest du mir schon mal erzählt, weil das so lustig ist.
Okay, ich habe mich jetzt darauf geeinigt.
Du hast dich mit dir selbst darauf geeinigt?
Okay.
Also, das mit dem Alien ist falsch, sagst du.
Das ist die Lüge.
Ja.
Nee, das war wahr.
Geil.
Ich habe es einfach mega lang durchgezogen.
Ja, Kind waren wir da nicht mehr, aber ja.
Wann hast du es ihr dann?
Sie war sehr leicht, glaube ich, als sie angefangen hat zu heulen.
Ja, da habe ich noch schön weitergemacht.
Nee, die Briefmarke.
Aber stimmt, jetzt, wo du es sagst, es ist ein bisschen zu einfach gewesen, das mit der Briefmarke.
Ich hätte mir was Abgefuckteres ausdenken müssen.
Ja, worauf man nicht kommt, genau.
Also, Laura hat jetzt gedacht, die Briefmarke, das wäre eine glaubhafte Aussage.
Manche Leute hätten jetzt auch gesagt, das wäre eine glaubwürdige Aussage.
Aber in der Literatur ist das so, da bezieht sich die Glaubwürdigkeit eher auf Zeugen oder Zeuginnen
und ist also eher personengebunden.
Und die Glaubhaftigkeit, die bezieht sich auf Aussagen.
Also, eine Aussage kann demnach nicht glaubwürdig, sondern nur glaubhaft sein.
Eine glaubwürdige Person kann also eine unglaubhafte Aussage tätigen
und eine unglaubwürdige Person kann eine glaubhafte Aussage tätigen.
Das mit der Glaubwürdigkeit ist aber so ein Ding.
Es ist ja halt eben nicht so, dass jemand unter allen Bedingungen immer die Wahrheit sagt
oder jemand unter jeglichen Bedingungen immer lügt.
Also, jemand kann eine Tendenz haben, sehr viel zu lügen, so wie die Laura.
Und kann dann aber jetzt im speziellen Fall trotzdem die Wahrheit sagen.
Und andersrum kann ein Mensch, der eigentlich eine ehrliche Haut ist,
dann auch mal lügen, wenn er beispielsweise halt ein Motiv dazu hat.
Und deswegen fällt die Glaubwürdigkeit nicht so sehr ins Gewicht vor Gericht,
wie die Glaubhaftigkeit einer Aussage.
Ich erzähle euch jetzt von einem Fall, bei dem den Beteiligten viel Leid erspart worden wäre,
wenn alle die Wahrheit gesagt hätten.
Um diese Menschen zu schützen, wurden ihre Namen geändert.
Und die Triggerwarnung findet ihr wie immer in der Folgenbeschreibung.
Es ist Sommer 2017 und für die, die sich nicht mehr so genau daran erinnern können, wie das damals war,
2017 sitzt man tagsüber draußen in Cafés und Restaurants
und geht abends in vollen, heißen und stickigen Clubs feiern.
Zumindest, wenn man so alt ist wie die Personen, um die es hier heute geht.
Die Stadt, in der das Ganze spielt, zählt ungefähr 100.000 EinwohnerInnen.
Und wie das für solche Städte üblich ist, gibt es in der dortigen Feierszene sogenannte Local Heroes.
Also Personen, die jeder und jede, zumindest vom Sehen oder Hörensagen kennt.
Und so einer spielt in meiner Geschichte die Hauptrolle.
Wir nennen ihn Dennis.
Und Dennis ist in dieser Stadt eben bekannt wie ein bunter Hund.
Denn er ist jedes Wochenende Party machen,
immer in denselben Läden unterwegs und kennt Hinz und Kunz.
Dennis ist für einen Mann relativ klein, aber muskulös.
Ein richtiger Pumper.
Der 19-Jährige ist aber kein Proll, eigentlich das Gegenteil.
Ruhig und freundlich zurückhaltend.
Wenn es aber um Frauen geht, ist er definitiv kein Kind von Traurigkeit.
An einem Morgen in diesem Sommer findet Dennis einen Brief in der Post.
Außer Rechnungen flattert er eigentlich selten etwas hinein, weshalb er sich wundert.
Und diese Verwunderung wächst, als er den Absender entdeckt.
Er ist von der Polizei.
Dennis reißt den Brief auf und liest gebannt, was an ihn adressiert ist.
Als oben auf dem Dokument steht polizeiliche Vorladung und weiter unten Vergewaltigung.
Dennis Herz rutscht ihm in die Hose und in seinem Kopf schießen die Gedanken wie Pfeile.
Das muss ein Scherz sein oder eine Verwechslung oder ein Missverständnis.
Als er den ersten Schock überwunden hat, liest er weiter.
Die sogenannte Ereigniszeit dieser Vergewaltigung soll der 5. Februar dieses Jahres gewesen sein.
Was hatte er da gemacht?
Wo war er da gewesen?
fragt er sich.
Um sich zu vergewissern, durchsucht Dennis sein Handy und sein PC nach Anhaltspunkten.
Und nach und nach kommen immer mehr Erinnerungen an diesen Abend an die Oberfläche zurück.
Es ist Samstagabend und wie so oft geht Dennis mit seinem Kumpel Chris feiern.
In einem seiner Stammclubs stehen die beiden an der Theke, als sie auf eine Gruppe junger Frauen treffen.
Man kennt sich und kommt ins Gespräch.
Dann wird der ein oder andere Longdrink gekippt und es geht auf die Tanzfläche.
Dabei kommt eine der Frauen Dennis immer näher.
Es ist die 18-jährige Annabelle, mit der Dennis anfängt zu tanzen.
Aber jetzt nicht so, wie wir das vielleicht kennen, wenn wir tanzen gehen.
Du meinst, sie macht nicht den Christina Aguilera Dirty Move und geht so in die Hocke?
Genau, also sie tanzen jetzt nicht so von vorne oder von hinten an.
Ja.
Sondern die beiden tanzen tatsächlich Standard.
Aha.
Und irgendwann ziehen sie sich in eine Ecke des Clubs zurück, in der ein kleines Sofa steht.
Annabelle und Dennis kommen sich immer näher, bis sich ihre Lippen schließlich berühren.
Eine ganze Zeit lang wird ungestört rumgeknutscht, bis Chris um kurz nach 0 Uhr dazwischen funkt.
Er will nach Hause.
Chris ist wieder einmal der Fahrer und hat offenbar genug für heute.
Kommst du mit?
Fragte deshalb seinen Freund Dennis, der daraufhin zu Annabelle hinüberschielt.
Fünf Minuten später sitzen die drei im Auto.
Vorne Chris und Dennis, hinten Annabelle.
Chris lässt die zwei vor Dennis' Wohnung raus und ihm ist klar, was jetzt gleich passieren wird.
Sie tanzen Dirty von Christina Aguilera?
Fast.
Sie sind Dirty.
Auf jeden Fall.
Versuchen sie das.
Und da setzen sich Annabelle und Dennis aufs Bett und machen genau da weiter, wo sie im Club aufgehört hatten.
Sie küssen sich, fassen sich an und ziehen sich gegenseitig aus.
Doch kurz bevor es richtig losgeht.
Doch kurz bevor es richtig losgeht, geht nichts mehr.
Dennis hatte zwar schon öfter One-Night-Stands, doch diesmal will es irgendwie nicht so richtig funktionieren.
Dabei ist er gar nicht betrunken.
Eine peinliche Stille erfüllt das Schlafzimmer.
Die zwei versuchen es nochmal, doch es hat keinen Sinn.
Nach ein paar Minuten Stille fragt Annabelle, ob sie nach Hause gefahren werden könne.
Und weil Dennis kein eigenes Auto hat, schreibt er Chris, der um die Ecke wohnt.
Und der ist tatsächlich noch wach und lässt sich breitschlagen, Annabelle nach Hause zu bringen.
Schon nett.
Das war alles, was in Dennis' Erinnerung am 5. Februar passiert ist.
Da hatte keine Vergewaltigung stattgefunden.
Es hatte ja nicht mal Sex stattgefunden.
Dennis versteht die Welt nicht mehr.
Ihm ist klar, dass er das jetzt richtig stellen muss und auch will.
Ohne auch nur einen Gedanken an einen juristischen Beistand zu verschwenden, nimmt er den Termin der polizeilichen Vorladung wahr.
Auf der Polizeistation erzählt Dennis den Beamten und Beamtinnen dann in allen Einzelheiten vom besagten Abend.
Auf die Frage, warum sich Annabelle so etwas ausdenken sollte, hatte er aber keine wirkliche Antwort.
Denn es gab ihrerseits keine Anzeichen darauf, dass sie irgendwie sauer auf ihn war oder ähnliches.
Die beiden hatten nach dem Abend sogar noch ein paar Mal hin und her geschrieben und sich auch zweimal in einem Club gesehen und zur Begrüßung umarmt.
Vielleicht war sie wütend oder eingeschnappt, weil er dann nicht mehr geantwortet hatte, wirft Dennis in den Raum.
Er wollte ihr nämlich dann irgendwann nicht mehr Hallo sagen, weil ihm die ganze Sache peinlich war.
Außerdem ist Annabelle auch nicht so Dennis' Typ und er hatte halt einfach kein Interesse mehr daran, weiter mit ihr Kontakt zu haben.
Und dann ist die Befragung durch die Polizei auch schon vorbei.
Dennis ist erleichtert, alles aufgeklärt zu haben.
Für ihn ist die Sache damit gegessen.
Und so scheint es auch.
Denn Dennis hört ein Jahr lang nichts mehr von den Behörden.
Bis wieder ein Brief in seinem Briefkasten landet.
Es ist eine Anklage wegen Vergewaltigung.
Dennis glaubt nicht, was er da liest.
Und mit jedem weiteren Wort steigt in ihm Panik auf.
Man hat ihm offensichtlich nicht geglaubt, was er der Polizei erzählt hat.
Jetzt braucht er Hilfe.
In die Google-Suchleiste tippt Dennis Anwalt, Vergewaltigung und seine Stadt ein.
Und relativ weit oben ploppt die Internetpräsenz der Kanzlei von Dr. Jonas Hennig auf.
Den kennen wir ja schon.
Das ist der Strafverteidiger, der uns relativ am Anfang vom Podcast mal im übertragenen Sinne mit nach Schackendorf genommen hat.
Und der spezialisiert ist auf Sexualverbrechen.
Dennis ruft also in Hennigs Kanzlei an und vereinbart einen Termin.
Es dauert nicht lang, da sitzt er ihm gegenüber.
Dieser erste Termin ist schnell vorbei.
Hennig will von Dennis nur den Brief sehen und kurz erklärt bekommen, worum es eigentlich geht.
Seine Sicht der Dinge darf Dennis nicht erzählen.
Das soll er erst beim nächsten Treffen machen.
Denn Hennig wolle jetzt erst einmal die Akten anfordern und sich selbst ein Bild machen.
Und so fährt Dennis nach weniger als einer Stunde wieder zurück nach Hause.
Mittlerweile hat es sich in der Stadt herumgesprochen, dass Dennis Annabelle vergewaltigt haben soll.
Der Dennis, den gefühlt jeder Mensch hier kennt und dem man so etwas eigentlich nicht zutrauen würde.
Dennis ist verzweifelt.
Er will einfach nur, dass dieser Albtraum schnell ein Ende hat.
Doch von seinem Anwalt gibt es keine guten Nachrichten.
Hennig hatte eine Nichteröffnung des Prozesses beantragt, weil er der Meinung ist, dass die Aussage von Annabelle unglaubhaft ist.
Doch das Gericht sieht das genauso wie die ErmittlerInnen anders und hat den Antrag abgelehnt.
Das heißt, es kommt zum Prozess und damit zu nur noch mehr Aufmerksamkeit.
Dennis möchte dort gerne noch einmal aussagen.
Allen zeigen, was wirklich in dieser Februarnacht von Samstag auf Sonntag passiert ist.
Doch sein Anwalt ist dagegen.
Jonas Hennig rät in der Regel all seinen Mandanten und Mandantinnen zu schweigen.
Und zu Dennis sagt er, dass seine Chancen höher stehen, wenn er pauschal bestreitet und eben im Übrigen schweigt.
Dennis soll ihm sein Ziel vorgeben, aber Hennig will die Strategie selbst wählen.
Der 19-Jährige hat kein gutes Gefühl dabei.
Und so betritt er Ende April 2019 zum ersten Mal in seinem Leben einen Gerichtssaal.
Dort sitzt ihm die Person gegenüber, wegen der er hier ist und die in der halben Stadt herum erzählt, dass er ein Vergewaltiger sei.
Dennis ist sauer auf Annabelle, aber er lässt es sich nicht anmerken.
Bleibt ganz ruhig, so wie immer.
Jetzt gerade will er einfach nur dieses Verfahren hinter sich bringen.
Das Verfahren wegen einer brutalen Vergewaltigung, die er am 5. Februar 2017 in seiner eigenen Wohnung begangen haben soll.
Nachdem die Anklage verlesen wurde, erklärt Jonas Hennig, dass sein Mandant von seinem Schweigerecht Gebrauch macht.
Und dann wird Annabelle in den Zeugenstand gerufen und die Anwesenden kehren zusammen mit ihr zurück zur besagten Nacht.
Das hier ist ihre Version der Geschichte.
Es ist Samstagabend und wie so oft geht Annabelle mit ihren Freundinnen feiern.
An der Bar eines Clubs treffen sie Dennis und Chris.
Es wird gequatscht und dann getanzt, aber nicht geknutscht, so wie es Dennis erzählt.
Und als Annabelle um 0 Uhr nach Hause möchte, bieten ihr die Männer an, sie heimzubringen.
Annabelle willigt ein und steigt in Chris' Auto.
Auf dem Weg beschließen sie und Dennis dann doch noch etwas bei ihm zu trinken.
Chris setzt die beiden also bei Dennis ab und sie gehen hoch in seine Wohnung.
Dort setzt sich Dennis direkt aufs Bett.
Komm her und küss mich, sagt er fordernd zu Annabelle.
Doch sie will nicht und erklärt Dennis, dass sie das alles nicht machen kann, weil eine Freundin von ihr auf ihn steht.
Dennis aber hört ihr nicht zu und lässt sie auch nicht mehr aus der Wohnung.
Er steht auf, zieht Annabelle zu sich und schubst sie aufs Bett.
Sie liegt auf dem Rücken, als Dennis sich über sie beugt und ihre Arme auf die Matratze drückt.
Dabei zieht er zuerst sich und dann Annabelle gewaltsam aus, bis sie beide ganz nackt sind.
Dann vergewaltigt er sie.
Dabei hat Annabelle große Panik.
Sie schreit und ruft nach ihrer Mutter.
Nachdem sich Dennis schließlich aus ihr zurückgezogen hat, will Annabelle nur noch nach Hause.
Chris wird angerufen und Annabelle heimgefahren.
Am Montagmorgen fällt Annabelle bei der Arbeit ein Glas auf den Boden und zerspringt.
Dabei realisiert sie, dass sie Samstagnacht vergewaltigt wurde.
Sofort vertraut sie sich einer Kollegin an, die mit ihr zusammen zur Frauenärztin fährt.
Der Medizinerin schildert Annabelle, dass sie Samstag, Zitat,
ungewollt und ungeschützten Geschlechtsverkehr hatte.
Doch anstatt einfühlsam darauf einzugehen, meckert die Frauenärztin sie an, was ihr denn einfallen würde, nicht die Pille zu nehmen.
Danach traut sich Annabelle niemandem mehr, etwas von der Vergewaltigung zu erzählen.
Erst sechs Wochen später geht sie zur Polizei und erstattet doch noch Anzeige gegen Dennis.
Dort macht sie allerdings einige Angaben, die nicht so richtig zu der Aussage passen, die sie jetzt gerade vor Gericht gemacht hat.
So hatte sie da unter anderem angegeben, Dennis und sie hätten gar nicht miteinander getanzt und sich nur kurz Hallo gesagt.
Dem haben aber mittlerweile verschiedene Zeugen und Zeuginnen widersprochen,
die gesehen haben, wie Dennis und Annabelle nicht nur miteinander Standard getanzt haben,
sondern sich in einer Ecke im Club auch abgeknutscht haben.
In Annabelles Vernehmung unterscheidet sich auch das Geschehen in Dennis' Wohnung.
Da habe er sich zwar auch zunächst aufs Bett gesetzt, aber die ganze Zeit versucht, sie zu küssen.
Daraufhin habe sich Annabelle breitbeinig auf seinen Schoß gesetzt
und auch da habe er immer weiter versucht, sie zu küssen.
Dennis habe sich dann erstmal komplett nackt ausgezogen und sie dann aufs Bett gedrückt.
Auf diese Unstimmigkeiten angesprochen, erklärt Annabelle, dass sie sich an vieles nicht mehr erinnern könne.
Seit der Nacht im Februar sind ja jetzt auch schon mehr als zwei Jahre vergangen.
Und diese Erinnerungslücken werden auch immer wieder in ihren Formulierungen sichtbar,
die durchzogen sind mit
Vielleicht, ich weiß nicht und
Soweit ich mich erinnere.
Die Schilderungen aus Annabelles Sicht sind übrigens nicht gekürzt.
Ihre Aussagen sind sehr kurz und detailarm.
Sowohl die jetzt vor Gericht als auch die bei der Polizei im März 2017.
Sie stockt auch immer wieder und weint viel.
Auf Nachfragen kann sie häufig keine Antwort geben.
Auch zum Beispiel nicht darauf, wie Dennis versucht haben will, sie zu küssen,
während er auf dem Bett saß und sie, die einen Kopf größer ist, vor dem Bett stand.
Oder wie Dennis es geschafft habe, sie und sich selbst komplett nackt auszuziehen,
während er ihre beiden Arme auf die Matratze gedrückt hat.
Schließlich habe sie unter anderem auch ein BH mit Häkchen am Rücken angehabt.
Sie hat auch keine Antwort darauf, zu welchem Zeitpunkt und auf welche Art und Weise sie versucht
haben will, aus der Wohnung zu kommen.
Auf die Frage, woran sie denn gemerkt habe, dass sie nicht aus der Wohnung gekommen sei,
erklärt sie, vielleicht habe ich versucht, zur Tür zu gehen und er hat mir den Weg versperrt.
Daraufhin fragt der Richter sie, worauf stützt sich diese Vermutung?
Und Annabelle antwortet, ich weiß nicht, ich habe da Erinnerungslücken.
Die mittlerweile 20-Jährige kann sich zudem nicht mehr an die Freundin erinnern,
die auf Dennis gestanden haben soll.
Obwohl sie dieser Freundin nach eigenen Angaben nach der Tat geschrieben
und ihr später ausführlich von der Vergewaltigung erzählt haben will.
Auch den Namen der Arbeitskollegin, der sie als erstes von der Vergewaltigung erzählt haben will
und mit der sie zur Frauenärztin gefahren sei, weiß Annabelle nicht mehr.
Was die Frauenärztin angeht, die kann leider auch nichts zu dem Vorfall sagen,
denn Annabelle hat sie nicht von ihrer Schweigepflicht entbunden.
Aber die Details fehlen in Annabelles Schilderung nur bei dem Kerngeschehen.
Ein vieles, was für die Tat unverfänglich ist, kann sie sich gut erinnern und auch lebhaft davon erzählen.
So kann sie beispielsweise genau beschreiben, was sie an diesem Tag getragen hat,
an Uhrzeiten und Treffpunkte, an Namen von Personen, an Gespräche
und sogar an die Einrichtung in Dennis' Wohnung.
Auch die Rückfahrt hat sie noch genau vor Augen, wo sie im Auto saß,
wo sie abgesetzt wurde und an welcher Seite des Autos sie ausgestiegen ist.
Wenn es aber dann zum Beispiel darum geht, was im Auto auf der Hinfahrt zu Dennis' Wohnung besprochen wurde,
sind ihre Erinnerungen wieder bruchstückhaft.
Laut ihren Angaben sollte sie ja eigentlich nach Hause gefahren werden,
was allerdings einer Aussage ihrer Freundin widerspricht.
Die erzählt der Polizei nämlich, dass ausgemacht war, dass die beiden zusammen nach Hause spazieren,
weil sie nicht weit voneinander entfernt wohnen.
Und dieser Freundin hatte Annabelle kurz nach der angeblichen Tat eine Sprachnachricht geschickt,
wonach bei ihr alles gut sei und sie gerade von Chris nach Haus gefahren werde.
Man merkt Annabelle im Laufe der Aussage an, dass sie immer unsicherer wird.
Sie erzählt schließlich von psychischen Problemen, die sie seit ihrem Teenageralter plagen,
von Antidepressiva, einer schlechten Beziehung zu ihrem Vater und von Schlafproblemen.
Wie ein Häufchen Elend sitzt sie da im Zeugenstand.
Doch man merkt, dass der Richter ihr nicht wirklich glaubt, zumindest was den Tatabend angeht.
Er fragt immer wieder nach, möchte es sich ganz genau erklären lassen.
Und nach mehr als drei Stunden sagt er zu ihr, überlegen Sie sich bitte, ob Sie weiter aussagen wollen.
Eine Falschaussage vor Gericht ist strafbar.
Er wird Annabelle noch mehrmals auf die Strafbarkeit hinweisen, doch sie steht zu ihren Aussagen.
Als es schließlich keine Fragen mehr gibt, weder vom Richter noch von Hennig, ist die Beweisaufnahme abgeschlossen.
Und so folgen die Plädoyers.
In dem von Jonas Hennig sagt er klar heraus, die Zeugin hat gelogen.
Doch er gibt ihr einen Vertrauensvorschuss, spricht von der Möglichkeit, dass Annabelle dies unbewusst gemacht haben könnte.
Dass sie sich selbst glauben machen wollte, von Dennis vergewaltigt worden zu sein.
Und dann fordert Hennig den Freispruch.
Der Staatsanwalt schließt sich an.
Bei der Urteilsverkündung macht es der Richter kurz.
Von dem mit Anklage der Staatsanwaltschaft gegen ihn erhobenen Vorwurf ist der Angeklagte frei zu sprechen,
weil die ihm zur Last gelegte Tat nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme aus tatsächlichen Gründen nicht festgestellt worden ist.
Denn für die Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin spreche nichts.
Gegen die Glaubhaftigkeit ihrer Aussage hingegen eine Fülle von Argumenten.
Eine Begründung gibt der Richter für seine Entscheidung nicht, verweist lediglich auf die Plädoyers.
Doch dieser Fall hat den Richter offenbar nachträglich beschäftigt.
Mehr als man sich nach diesem Urteilsspruch jetzt vielleicht vorstellt.
Denn kurz nach dem Verfahren geht bei der Staatsanwaltschaft eine Strafanzeige ein.
Und zwar gegen Annabelle.
Wegen des Verdachts der falschen Verdächtigung und der falschen uneidlichen Aussage.
Anzeigensteller ist der Richter.
Er hat sich also in seiner Freizeit hingesetzt und alles aufgeschrieben,
was seiner Ansicht nach belegt, dass Annabelle bewusst gelogen hat.
Dann macht er doch nicht in seiner Freizeit.
Doch, das ist, das macht man normalerweise nicht als Richter.
Ja und wer macht denn das sonst?
Na Dennis.
Der erstellt dann Anzeige, beziehungsweise Jonas Hennig für ihn dann.
Als mögliches Motiv gibt er an, Annabelle könne gekränkt gewesen sein,
weil sich Dennis nicht mehr gemeldet hatte.
Oder sie könne sich geschämt und befürchtet haben,
Dennis würde anderen von dem sexuellen Kontakt erzählen.
Ein weiteres Motiv könne auch in ihrer Psyche begründet sein.
Möglich, so schreibt der Richter, ist, dass sie sich als Opfer einer Straftat
Verständnis für ihren aus anderen Gründen psychisch angeschlagenen Zustand,
mehr Aufmerksamkeit, Fürsorge und Beistand versprochen hat.
Doch letztendlich ist das Motiv auch nicht wichtig.
Wichtig ist dem Richter, dass Annabelle für ihre Aussagen verantwortlich gemacht wird,
dafür, was sie Dennis angetan hat.
Dennis sieht das nicht so.
Er hat kein Interesse an einer Strafanzeige.
Er ist zwar auch nach dem Prozess noch sauer auf Annabelle,
aber will die Sache jetzt endlich abschließen.
Für ihn ist dieser klare Freispruch eine Rehabilitation.
Dennis ist froh, dass ihm die Menschen jetzt glauben, zumindest die meisten.
Auch wenn der Vergewaltigungsvorwurf noch Jahre an ihm kleben wird,
ist er kein Mensch, der auf Rache sind.
Doch auch wenn die Sache jetzt abgeschlossen ist,
beeinflusst sie ihn in seinem Verhalten, ob er will oder nicht.
Denn wenn er heute feiern geht und eine Frau kennenlernt,
nimmt er diese nicht mehr so leicht mit nach Hause.
Und das hat er Annabelle zu verdanken, einem Menschen, den er nicht mal richtig kannte.
Und für die der Prozess und die ganze Geschichte am Ende eine Zerreißprobe war,
die sie nicht bestanden hat.
Letzten Endes wäre es, wie anfangs gesagt, für alle Beteiligten besser gewesen,
man hätte die Wahrheit gesagt.
Ich finde das so wahnsinnig schwierig, das einzuordnen, weil man halt ja gar keine Ahnung hat, warum sie das gemacht hat.
Mir tut es halt wahnsinnig leid für Dennis, der ja auch nie wissen wird, warum.
Und ich meine, du kannst, wenn es jetzt nicht so ausgegangen wäre, wie es jetzt ausgegangen ist,
kannst du ja ganze Existenzen so zerstören.
Genau.
Ich habe ja für die Recherche mit Jonas Hennig darüber geredet und er hat gesagt,
das hätte man sich halt auch alles sparen können, weil wenn die Vernehmungsbeamten und Beamtinnen
schon am Anfang richtig viel nachgefragt hätten, was eigentlich ihre Aufgabe ist,
dann hätten sie so Strukturbrüche vielleicht schon rausfinden können oder halt sehen können,
dass sie das nicht erklären kann, warum was passiert ist sozusagen oder wie was passiert ist,
weil das war ja auch so ihr Problem.
Und oft ist es so, sagt Jonas Hennig, sollte es eigentlich so sein, dass man auch nochmal die Zeuge nochmal kommen lässt,
ein bisschen später und nochmal befragt und gucken, ob es dann schon Unregelmäßigkeiten gibt.
Und diese ganze Vernehmung war super kurz und als Hennig die gelesen hat, hat er sich gedacht,
das kann ja gar nicht sein, da sieht man ja jetzt schon, dass das hier irgendwie nicht,
nicht mit rechten Dingen zugeht oder nicht genug ist und hat ja dann diese Nichteröffnung beantragt
und auch begründet und so weiter.
Wir brauchen hier gar keinen Prozess zu machen, so nach dem Motto.
Aber der Richter, da meinte Jonas Hennig dann halt auch so, das ist halt eine Arbeit für den Richter,
der müsste das dann halt alles durchlesen und der müsste dann auch begründen,
warum er dann keine Eröffnung macht sozusagen.
Ja, aber der Prozess ist doch im Zweifel viel mehr Arbeit.
Ja, eigentlich schon.
Also ich hätte ja noch gesagt, dass Vernehmungsbeamte und Beamtinnen dahingehend
vielleicht nicht so geschult sind, dass sie das raushören können,
aber spätestens doch bei der Zeugen- und Zeuginnenbefragung,
die halt alle was anderes gesagt haben als Annabelle,
hätte das ja irgendwie mal aufploppen müssen vielleicht.
Ja, ich meine, wenn ich Dennis wäre, wäre ich halt stinksauer und hätte auf jeden Fall
eine Strafanzeige gemacht und wäre da hinterher gewesen.
Aber ich meine, man steckt ja auch nicht drin und vielleicht ist es auch besser,
wenn man es einfach ruhen lässt.
Ich würde dir empfehlen, mal unsere Vergebungsfolge anzuhören.
Da findest du eventuell Antworten auf deine Fragen.
Also der Richter, der ist sich ja quasi sicher, dass Annabelle vorsätzlich gelogen hat
und obwohl er ihr das halt immer wieder gesagt hat, dass das halt strafbar ist, so eine Aussage.
Und um solche Aussagen und ihre Folgen geht es jetzt in meinem Aha.
Erstmal gilt vor Gericht, dass man die Wahrheit sagen muss.
Die einzige Person, die dazu nicht verpflichtet ist, ist die Person, die auf der Anklagebank sitzt.
Also der oder die Angeklagte muss sich ja nicht selbst belasten und kann halt selbst entscheiden,
wer oder sie sich verteidigt.
Also ob man jetzt zum Beispiel wie Dennis vom Schweigerecht Gebrauch macht,
ob man die Wahrheit sagt oder eben zur eigenen Verteidigung lügt.
Und das ist dann eben auch okay und man braucht keine Angst haben,
wegen Falschaussage belangt zu werden.
Wozu ich irgendwie eine Meinung habe und deswegen würde ich dich auch fragen,
findest du das eigentlich fair, dass man da lügen darf?
Also so genau steht es da ja nicht.
Es steht ja nirgendwo geschrieben, dass du lügen darfst,
sondern es wird halt einfach nicht unter Strafe gestellt, wenn du lügst.
Aber ja, klar, also niemand soll sich selbst belasten.
Und auch als eine unschuldige Person gibt es ja manchmal Gründe,
etwas nicht zu sagen oder etwas falsch anzugeben, um sich halt besser zu verteidigen.
Ja, aber wenn das dann rauskommt, ist das für dich, wird das ja natürlich,
natürlich ist das nicht strafbar, aber es wird natürlich eher ja noch schlechter für dich dann aussehen,
als vorher, wenn du lügst.
Also für mich ist das so ein bisschen unlogisch, weil klar, man soll sich nicht selbst belasten,
aber dann kann man auch einfach schweigen.
Weil dann gibt es nicht das Risiko, wenn du was Falsches sagst, dass es aufliegt
und dann, dass dir vielleicht dann noch weniger geglaubt wird.
Naja gut, aber dann könnte man ja im Umkehrschluss meinen, ah, okay, diese Person schweigt jetzt,
dann könnte das ja womöglich heißen, dass.
Das darfst du ja auch nicht machen.
Nee, aber das ist doch jetzt auch schon so, dass man einfach schweigen kann.
Aber sonst würde es, ja genau, aber sonst würde es ja bedeuten, wenn ein Angeklagter oder
eine Angeklagte etwas sagt, ne, dann würde es, wenn es unter Strafe gestellt werden würde,
vielleicht eher dahindeuten, dass wenn die Person was sagt, dass es dann der Wahrheit entsprechen
muss.
Weil die ja dann auch noch dafür eine höhere Strafe kriegt oder wie am Ende.
Und dass man dann denken würde, alle, die schweigen, sind schuldig sozusagen.
Ja, im Umkehrschluss.
Wie gesagt, es ergibt jetzt nicht so Sinn für mich, warum das so sein sollte.
Es gibt ja Gründe dafür.
Ja, aber für mich sind die jetzt nicht so logisch, weil zum Beispiel die Zeugen, also bei denen
ist es bei den Zeugen und Zeuginnen ja auf jeden Fall unter Strafe gestellt.
Wenn die vor Gericht lügen, dann können sie eben wegen falscher, uneidlicher Aussage bis
zu fünf Jahre in Haft.
Und noch höhere Strafen gibt es, wenn sie eben unter Eid ausgesagt haben.
Aber dieses unter Eid aussagen, das passiert in der Regel nur, wenn das Gericht es für
nötig hält, weil diese Aussage entweder ausschlaggebend ist für den Ausgang des Verfahrens
oder weil das Gericht glaubt, dass es sonst halt nicht an die Wahrheit kommt.
Aber man kann auch selber sagen, dass man unter Eid aussagen möchte, um seiner Aussage
so mehr Gewicht zu verleihen.
Ja, aber das finde ich auch so, also das finde ich auch interessant, weil, also wenn ich
jetzt aussage und sage, ich habe das und das gesehen und dann glaubt man mir nicht
so doll, als wenn ich dann sage, aber ich würde es auch unter Eid aussagen.
Weißt du, was ich kenne?
Ja, ich weiß ja nicht, ob sie dir dann nicht so doll glauben, aber ich würde zum Beispiel
nie unter Eid aussagen, weil wenn sie mir dann nicht glauben, dann habe ich ja nachher
noch ein Strafverfahren an der Backe.
Ja.
Nur weil sie mir nicht glauben und weil ich das, also weil es nicht anders beweisbar
ist.
Ja.
Und wenn man dann so ein Eid abgibt, dann macht man das immer nach demselben Prinzip.
Und da sage ich jetzt zum Beispiel als Richterin, sie, Paulina Kraser, schwören, dass sie nach
bestem Wissen die reine Wahrheit gesagt und nicht verschwiegen haben.
Ich schwöre.
Genau, das würdest du dann als Zeugin sagen.
Und so eine Aussage unter Eid darf aber nicht jeder machen.
Dafür muss man nämlich über 18 sein und auch eine Vorstellung von der Begeutung so eines
Eides haben.
Also für manche Menschen mit psychischer Erkrankung kommt das dann nicht in Frage.
Ganz einfach, um sie zu schützen.
Außerdem dürfen Personen, die wegen Datenhehlerei, Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei
verdächtigt sind oder bereits deshalb verurteilt wurden, auch nicht unter Eid aussagen.
Was mich so ein bisschen gewundert hat, weil heißt es dann, diese Menschen sind weniger
glaubwürdig, weil sie halt solche Arten von Strafen gemacht haben und dass man dann
irgendwie sagt, das lassen wir jetzt.
Die brauchen wir gar nicht zu vereidigen, weil das Risiko ist so groß, dass sie lügen und
wir wollen nicht auch noch ein Strafverfahren.
Wir haben sowieso schon viel zu tun.
Auf jeden Fall werden Personen, die unter Eid falsch aussagen, zu einer Freiheitsstrafe
von mindestens einem Jahr verurteilt.
So zum Beispiel passiert 2006 in Gummersbach, weil ein Mann zugunsten seines Freundes gelogen
hatte und zwar drei Jahre zuvor in einem Prozess wegen Körperverletzung und da ging es um
so eine Disco-Schlägerei, bei der, Namen geändert, Lukas Kai mit einem Glas angegriffen und
ihn damit auf einem Auge fast blind gemacht hat.
Im Prozess hatte Lukas' Freund Dominik erzählt, Lukas habe Kai das Glas aus Not
Notwehr ins Gesicht gehauen, nachdem Kai Lukas gewürgt hatte.
Doch später hatte Lukas zugegeben, dass er Kai ohne Provokation, ohne Würgen angegriffen
hatte.
Dumm für Dominik.
Und da er die Aussage sogar unter Eid gegeben hatte, bekam er das
Also wie dämlich kann man sich absprechen, ja?
Also, ja.
Naja, das war bestimmt dann auch noch Lukas' Idee, dass sein Freund Dominik unter Eid aussagen
muss.
Das wäre übel.
Dann wäre das jetzt nicht mehr mein Freund, wenn ich Dominik wäre.
Nee.
Also, weil der hat eben jetzt wegen meinen Eid anderthalb Jahre auf Bewährung bekommen.
Ich habe in einem Interview mit der Zeit gelesen, dass Axel Wendler, der ist Richter am Oberlandesgericht
Stuttgart, erzählt hat, dass in 99 Prozent der Fälle der Lügner oder die Lügnerin auch
noch unter Eid bei den Lügen bleibt.
Okay, also das schreckt die dann nicht ab.
Die ziehen durch.
Okay.
Also in dem Fall jetzt hier mit Kai und so war das ja jetzt, um jemanden zu schützen, ne?
Aber das passiert ja auch manchmal, um jemanden zu schaden.
So war das ja zum Beispiel bei meinem Fall aus Folge 57, bei der diese Lehrerin ihren Kollegen,
Horst Arnold, der Vergewaltigung beschuldigt und ihn damit ja sogar ins Gefängnis gebracht
hatte.
Und bei so krassen Folgen von einer Falschaussage wird die Person dann auch oft nicht nur wegen
Falschaussage verurteilt, sondern zum Beispiel wie im Fall von dieser Lehrer.
wegen schwerer Freiheitsberaubung.
Oder bei Annabelle ist es jetzt auch nicht nur Falschaussage, sondern auch wegen falscher
Verdächtigung.
Finde ich eigentlich interessant, dass sie wegen schwerer Freiheitsberaubung angezeigt
wird, obwohl sie ja nicht die Person ist, die Horst Arnold wegsperrt, ne?
Ja, in mittelbarer Täterschaft war das ja.
Genau, sie hat die Behörden benutzt als ausführenden Täter sozusagen.
In meinem Fall heute geht es unter anderem sehr stark darum, was die Gefühlsregungen einem
verraten sollen.
Ich habe fast alle Namen geändert.
Haben Sie damit etwas zu tun?
fragt der Vorsitzende in Richtung Angeklagte.
Nein, der hat ja auch keinem etwas getan, sagt die Frau im korallfarbenen Pullover und streit
dabei eine Kälte aus, die vom ganzen Saal wahrgenommen wird.
Ich bin warmherzig und Gefühle habe ich auch, sagt die Frau mit Nachdruck.
Aber die Art, wie sie das sagt, vermittelt eigentlich das Gegenteil.
Ich bin eine gute Mutter.
Ihr Sohn Max, der Nebenkläger ist, sieht das nicht so.
Ines ist angeklagt, weil sie Max' Bruder, ihren ersten Sohn Julian, im Alter von vier
Jahren ermordet haben soll.
Oh Gott.
Julian war mein Ein und Alles, beteuert sie.
Doch glauben will das eigentlich niemand.
26 Jahre zuvor.
Es ist ein feuchter Tag im August 1981, als das Paar bei der Kriminalpolizei eintritt.
Es ist kurz vor halb sieben Uhr abends.
Die Frau hatte schon um 15 Uhr angerufen und gesagt, dass sie ihren Jungen vermisst.
Die KollegInnen vom Polizeirevier wollten aber offenbar noch warten, bevor sie den Suchtrupp losschicken.
Die 22-jährige Mutter berichtet, dass sie ihren Sohn seit ca. 14 Uhr vermisst.
Ihr dreijähriger Sohn Max und ihr vierjähriger Sohn Julian hätten draußen vor dem Haus gespielt,
als Max reinkam, weil er auf Toilette musste.
Er habe gesagt, dass Julian plötzlich weg sei.
Dann habe sie mit Max die Gegend abgesucht und bei den Nachbarn geklingelt, ob Julian dort sei.
Nachdem die beiden bei der Kriminalpolizei alle Angaben gemacht haben, will die Mutter zu Hause warten,
während der Vater, die Nachbarn und Nachbarinnen und die Polizei nach Julian Ausschau halten.
Zahlreich scheren sie in ganz Oldenburg aus, um den Kleinen zu finden.
Der Polizei fällt auf, dass Ines, dafür, dass ihr Kind verschwunden ist, merkwürdig gelassen wirkt.
So, als würde es sich gar nicht um ihr Kind handeln, das da von der halben Stadt gesucht wird.
Am nächsten Tag gegen Mittag wird Julian von Polizeihunden gefunden.
Sein lebloser Körper liegt am Ende einer Grasschneise am Bahnhofsdamm.
Dort, wo man eigentlich am Vortag auch gesucht hatte.
Der Kleine trägt eine gelbe Regenjacke, die Ines ihm zum Spielen angezogen hatte.
Um den Hals ist eine Nylonstrumpfhose verknotet.
Als die Polizei das Ines mitteilt, bekommen sie eine ganz andere Reaktion, als sie erwartet haben.
Ines bringt ihnen so viel Gleichgültigkeit entgegen, dass es sie erschreckt.
Keine Träne verliert sie, wie man es von einer trauernden Mutter eigentlich erwarten würde.
Es dauert nicht lang, da geraten Ines und ihr Mann ins Visier der ErmittlerInnen.
Die Polizei findet heraus, dass Julian nicht das leibliche Kind von Ines' Mann war.
Außerdem haben Zeugen und Zeuginnen aus Ines' Umkreis behauptet, dass Julian seiner Mutter lästig war,
weil er ihrem heilen Familienleben im Weg stand.
Noch dazu soll er nicht einfach gewesen sein.
An der Tatwaffe, also der Strumpfhose, findet man zudem Faserspuren aus Ines' Wohnung.
Das allein ist zwar noch kein eindeutiges Indiz, aber an einer Strickjacke von Ines macht man noch einen interessanten Fund.
Kletten.
Solche, die es vor allem an dem Bahndamm gibt.
Also dort, wo Julians Leiche gefunden wurde.
Der Fall wäre schnell aufgeklärt worden.
Doch dann kommt das Ergebnis des Gerichtsmediziners rein.
Der ermittelte Todeszeitpunkt beläuft sich auf 18 bis 20 Uhr.
In dem Zeitfenster waren Ines und ihr Mann bei der Kripo.
Die beiden kommen also nicht mehr in Betracht.
Und weil es keine anderen Verdächtigen gibt, werden die Ermittlungen eingestellt.
Niemand kann klären, warum der kleine Julian sterben musste.
Man hatte schon längst nicht mehr damit gerechnet, dass das Verbrechen noch aufgeklärt wird.
Da flattert im Januar 2007, also 26 Jahre nach der Tat, der Polizei einen Brief ins Haus.
Darin schildert eine Frau, dass sie 1981 Zeugin eines grausamen Mordes am Bahndamm in Oldenburg geworden sei.
Im Alter von neun Jahren habe sie durch ein Gebüsch beobachtet, wie eine Frau ihren Jungen erwürgt habe.
Ihr ganzes Leben, so schreibt die Absenderin, trage sie diese Last schon mit sich herum.
Bisher habe sie aus Angst nie darüber sprechen können.
Aus Angst vor der Täterin.
Ihrer Tante.
Die Absenderin ist Hanna F., Ines angeheiratete Nichte.
Die Polizei findet heraus, dass es das beschriebene Tötungsdelikt tatsächlich gegeben hat
und die Beschuldigte, Ines M., damals unter Verdacht stand.
Ines ist mittlerweile 48 Jahre alt und hat noch zwei weitere Kinder bekommen.
Damals ist sie mit ihrem Mann aus Oldenburg weggezogen.
Dann haben sie sich scheiden lassen.
Die Staatsanwaltschaft ist sich sicher, dass sie Ines diesmal überführen kann.
Dieser entscheidende Hinweis hat ihnen vor 26 Jahren gefehlt.
Am 9. Juli 2007 wird Ines festgenommen.
Der Staatsanwalt ist dabei, als Ines in die Haftanstalt gefahren wird.
Er will mit ihr reden, sie befragen, doch ohne Erfolg.
Ines zuckt nur mit den Schultern, wirkt teilnahmslos.
Später wird der Staatsanwalt sagen, dass sie sich nicht einmal an den Todestag ihres Sohnes erinnert.
Doch warum hat eine erwachsene Frau wie Hannah in all den Jahren nie den Mut finden können, von der Tat zu erzählen?
Um das zu beantworten, wird ein Experte beauftragt.
Auch, um die Wahrhaftigkeit der Erinnerung zu prüfen.
Immerhin ist das Ereignis mehr als ein Vierteljahrhundert her und die Zeugin damals eine Neunjährige gewesen.
Doch der beauftragte Gutachter Max Steller, Professor am Institut für Psychiatrie in der Berliner Charité, kann Hannah nicht in ihrer Wohnung aufsuchen.
Die Adresse, wo sie sich aufhält, ist eine andere.
Die 35-Jährige befindet sich in einer psychiatrischen Klinik in Bremen.
Sie hat sich selbst dort eingewiesen.
Ein Blick auf ihre verwundeten Arme genügt, um zu wissen, warum.
Sie sei diese Tat nie losgeworden, erzählt sie dem Gutachter.
Das alles habe sie komplett aus der Bahn geworfen.
Nach der Tat habe es mit Albträumen und Angstzuständen angefangen.
Als sie älter wurde, wurde es nicht besser.
Sie ist dreimal geschieden, hat drei Kinder, das jüngste ist drei Jahre alt.
Keines davon lebt bei ihr.
Sie hat das Sorgerecht für alle verloren.
Ständig ist sie umgezogen, brauchte Geld, saß schließlich wegen Betrugs im Gefängnis ein.
Dort, am Tiefpunkt angelangt, habe sie eingesehen, dass sie endlich Hilfe braucht und nicht mehr weglaufen kann.
Und dann hat sie einen Stift in die Hand genommen und den Brief an die Polizei geschrieben.
Hannah weint das ganze Gespräch über.
Professor Steller sieht ihr an, dass es ihr schwerfällt, darüber zu reden.
Es sei auch schon der zweite Versuch.
2004 habe sie sich einer Gefängnispsychologin geöffnet und ihre Beobachtung auf 80 Seiten aufgeschrieben.
Daraus ist aber nie etwas geworden.
Diesmal soll es anders sein.
Und so beginnt Hannah von ihrer Erinnerung zu erzählen, davon, wie sie den 19. August 1981 erlebt hat.
Den Nachmittag verbrachte sie bei ihrer Tante und den beiden Jungs zu Hause.
Später sind sie gemeinsam einkaufen gegangen.
An der Kasse gab es dann Theater, weil der vierjährige Julian unbedingt ein Überraschungsei haben wollte.
Ines wurde total sauer deswegen und hat ihn angeschrieben.
Du wirst schon sehen, was du davon hast.
Als sie wieder zu Hause angekommen waren, schickte ihre Tante sie dann weg, weil sie noch etwas erledigen musste.
Hannah wollte mitkommen, aber ihre Tante ließ sie nicht.
Ines hat Julian dann auf den Kindersetz ihres Fahrrad gesetzt und ist weggefahren.
Hannah hat aber nicht auf ihre Tante gehört.
Sie wollte nicht nach Hause und ist den beiden mit ihrem roten Kinderrad hinterhergefahren.
Ines hat das bemerkt und Hannah ermahnt, dass sie umdrehen soll.
Hannah erzählt, sie hat dann kurz gewartet und ist ihnen dann trotzdem unauffällig hinterhergefahren.
Richtung Bahndamm.
Weil Hannah mit ihrem kurzen Bein aber nicht so schnell hinterherkam, nahm sie eine Abkürzung.
Durch das Einkaufszentrum, während ihre Tante auf der Straße drumherum fuhr.
Sie erinnert sich, wie sie durch die sich gerade öffnenden Glastüren gefahren ist.
Ein Mann hat sie angeranzt, weil man dort drinnen ja nicht fahren durfte.
Danach hat sie gesehen, wie Ines mit Julian den Bahndamm hochgefahren ist.
Hannah hat ihr Rad an einer Bushaltestelle davor abgestellt und ist den beiden zu Fuß den Schotterweg hochgefolgt.
Sie hat sich zwar versteckt, aber Julian hat sie erspäht.
Sie erinnert sich noch, wie er da mit seiner gelben Regenjacke im Kindersitz saß,
ein rotes Spielzeugauto in der Hand hielt und ihr zugewunken hat.
Dann hat ihre Tante Julian gepackt, ihn geschlagen, vom Sitz gezerrt und ihm eine Strumpfhose um den Hals gewickelt.
Hannah hat von ihrem Versteck aus hauptsächlich den Rücken ihrer Tante gesehen,
konnte aber auch beobachten, wie Julian sich irgendwann dahinter nicht mehr bewegte.
Hannah ist in Panik geraten und schnell den Damm runtergelaufen.
Die Äste unter ihren Füßen haben dabei geknackt.
Das muss ihre Tante wohl bemerkt haben.
Jedenfalls hat sie sie entdeckt.
Hannah hat sich ihr Rad gegriffen und ist so schnell es ging davon gefahren, völlig planlos.
Von hinten hat sie ihre Tante rufen hören, alte Krücke, bleibe stehen.
Die Tante hat sie mit dem Rad verfolgt und ist sie immer wieder dicht aufgefahren.
Eingeholt hat sie Hannah dann aber erst bei einer Kreuzung und ihr dort den Weg abgeschnitten.
Das wird dir sowieso keiner glauben.
Wenn du was sagst, wird es dir genauso ergehen.
Du weißt jetzt ja, wie das geht, hat ihre Tante gedroht.
Dann ist Hannah nach Hause gefahren.
Sie ist so verängstigt gewesen, dass sie ihr Fahrrad einfach vor die Haustür geworfen hat.
Dafür hat sie später noch Ärger von ihrem Vater bekommen.
In dieser Nacht hat Ines gegen ihre Fensterscheibe im Kinderzimmer geklopft und sie noch einmal gewarnt.
Wehe, du sagst etwas.
Oh Gott.
Seitdem lebt Hannah in ständiger Furcht vor ihrer Tante.
Auch wenn sie schon längst weggezogen war und die beiden keinen Kontakt mehr hatten.
Dieses Erlebnis habe Hannah nachhaltig verstört, sagt sie.
Deswegen sei sie heute dort, wo sie ist.
Offenbar hat sich dieser Tag mit all seinen furchtbaren Einzelheiten in ihr Gedächtnis eingebrannt.
Und so schmerzhaft das auch sein mag, aber Hannah muss ihn im Zuge des Explorationstermins noch einmal durchleben.
Sie muss zurück an den Ort, an dem all das passiert ist.
Begleitet von der Polizei geht sie noch einmal den Weg ab.
Sie zeigt auf die Bushaltestelle, wo sie ihr Fahrrad dagegen gelehnt hat.
Hier neben dem Schotterweg.
Sie kann sich noch genau an das Haar erinnern, sagt sie.
Und dort oben auf dem Bahndamm, da hat Julian ihr noch zugewunken, bevor er erdrosselt wurde.
Plötzlich kommt ihr eine Erinnerung.
Ja genau, da drüben stand ein Junge, sagt Hannah.
Eine Beamtin guckt in die Richtung, in die Hannah deutet.
Damals.
Damals stand da ein Junge.
Er habe kurze Haare gehabt und sei um die elf bis 13 Jahre alt gewesen, sagt Hannah.
Das mag ein kleines, aber wichtiges Detail sein.
Denn diesen Jungen, an den Hannah sich erinnert, den gab es.
Er hatte schon 1981 ausgesagt, dass er eine Frau mit einem Kind auf dem Kindersitz den Schotterweg habe hochfahren sehen.
Ein Mädchen erwähnt er damals zwar nicht.
Aber dass die beiden unabhängig voneinander die Frau mit dem Kind auf dem Fahrrad bestätigen, ist nahezu ein Volltreffer.
Noch dazu deckt das neu beauftragte Gutachten der Gerichtsmedizin Fehler bei der Todeszeitpunktberechnung von damals auf.
Wie sich herausstellt, wurde damals offenbar keine Temperatur am Leichnam genommen, was ja heute eine Grundlage für die Berechnung des Zeitraums ist.
Demnach hätte Julian auch weitaus früher getötet worden sein können, als zwischen 18 und 20 Uhr.
Ines kommt also auch theoretisch wieder in Betracht.
Umso überraschender ist es da, dass die HaftrichterInnen sie bis zur Verhandlung trotzdem wieder auf freien Fuß lassen.
Es bestünde keine Fluchtgefahr.
Als Hannah ihre Mutter anruft, um ihr das zu erzählen, kann die nicht glauben, was sie da hört.
Mama, die Frau M. ist auf freien Fuß. Jetzt bin ich dran. Ich habe solche Angst.
Von Anfang an war Hannahs Mutter sich sicher, dass ihre Schwägerin Julian getötet hat.
Jetzt, nach all den Jahren, ergibt das alles plötzlich einen Sinn.
Warum ihre Tochter auf einmal nachts immer wach wurde und sie sich in das elterliche Schlafzimmer schlich.
Warum ihr Leben sich auf einmal drehte und ihre Tochter nicht mehr auf die Beine kam.
Hannah fährt jetzt nicht mehr wie sonst am Wochenende von der Klinik nach Hause.
Nicht, solange Ines frei und Hannah die Hauptbelastungszeugin ist.
Ines trägt einen korallfarbenen Pullover mit V-Ausschnitt.
Ihr krauses Haar ist kurz geschnitten, nur im Nacken etwas länger.
Um ihren Hals baumt eine silberne Kette mit einem Anhänger.
Neben ihr sitzt ihre Anwältin.
Haben Sie etwas damit zu tun? fragt der Vorsitzende Richter.
Nein, der hat ja auch keinem etwas getan.
War doch gut aufgenommen in der Familie.
Die Antwort finde ich jetzt persönlich etwas merkwürdig.
Also, dass man seine Unschuld damit begründet, dass der Sohn, der eigene Sohn, gut in der Familie aufgenommen wurde.
Sie wirkt kühl, hat die Mundwinkel meist etwas nach unten gezogen.
Sie macht sich permanent Notizen oder blättert in den Akten.
Die Anklage ist überzeugt davon, dass Ines ihren Sohn heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen getötet hat.
Und damit steht sie nicht allein da.
Ines gegenüber sitzt ihr Sohn Max, der jüngere Bruder von Julian.
Öffentlich äußert er sich zwar nicht, lässt aber über seinen Anwalt verlauten,
dass er menschlich gesehen wenig vernünftige Zweifel an der Schuld seiner Mutter habe.
Auch seine anderen beiden Geschwister stehen nicht hinter ihrer Mutter.
Das überrascht selbst das Gericht.
Und doch können die Prozessbeobachtenden irgendwie verstehen, warum.
Die Presse beschreibt Ines als eisig und gefühlsarm.
Ob Ines früher öfter am Bahndamm gewesen sei, will das Gericht wissen.
Nein, eigentlich nie, antwortet sie.
Doch diese Aussage beißt sich mit der, die sie 81 gegeben hat.
Da hat Ines, so geht es aus den Unterlagen hervor,
nämlich sehr wohl gesagt, dass sie dort öfter spazieren ginge
und erklärte damit auch die Kletten an ihrer Strickjacke.
Gerne hätte das Gericht noch einmal die Strumpfhose untersucht,
um der Frage nachzugehen, ob die Teppichfasern aus Ines Wohnung
tatsächlich, wie damals angenommen,
von Julians Jacke hätten darauf kommen können.
Das geht aber leider nicht mehr,
weil die Tatwaffe verschwunden ist.
Ne, schön.
Also merkwürdig, dass immer mal wieder so Gegenstände oder Beweismittel verschwinden.
Ja, das verstehe ich nicht.
Ja, also sicherlich ja nicht absichtlich, also kann ich mir nicht vorstellen absichtlich,
weil warum?
In diesem Fall wird vermutet, weil die Polizei einmal umgezogen ist,
dass da Teile aus der Asservatenkammer verloren gegangen sind.
Na, du sagst das so, als würdest du das jemanden...
Nee, nee, nee, ich glaube jetzt nicht, dass jemand von der Polizei das mitgenommen hat, um jemanden zu decken.
Hätte das vermuten lassen können.
Und ich glaube auch nicht, dass sich jemand gedacht hat, schöne Strumpfhose, die nehme ich mal mit nach Hause.
Aber das ist einfach organisatorisch, da dann offenbar ja nicht so gut gelaufen ist.
Weil wie kann man also so verlieren?
Das ist ja so, also entweder verliert man alles, was in dieser Asservatenkammer ist,
oder fällt die dann aus der Box einfach raus.
Also was ich mir ja auch noch denken könnte, ist, irgendwann muss das Zeug doch mal weg.
Und vielleicht hatte man sich 81 ja noch nicht so die Gedanken darüber gemacht, dass das mal wichtig sein könnte.
Vielleicht hat man es dann deswegen weggeschmissen.
Die Praktikantin oder so.
Naja, auf jeden Fall...
Schuld sind immer die Praktikanten.
Immer.
Auf jeden Fall kommentieren Max und seinen Rechtsanwalt die Ermittlungsarbeiten als Spurenvernichtungskommando.
Hanna betritt den Saal.
Sichtlich verängstigt meidet sie jeden Blickkontakt zu Ines.
Bevor sie zu erzählen beginnt, holt sie tief Luft.
Danach erzählt sie von der Zeit, als sie als Kind öfter bei Ines und ihrem Mann zu Besuch waren.
Sie sagt, dass Ines Julian immer grob behandelt habe.
Sie berichtet von einer Situation, als Julian bei Ines zu Hause oben an der Treppe gestanden und Ines ihm mit der flachen Hand einen Schubs gegeben habe.
Hanna sagt, sie könne sich noch genau daran erinnern.
Sie habe noch vor Augen, wie sie den Kleinen versucht habe aufzufangen, damit er mit dem Kopf nicht aufschlägt.
Ein anderes Mal habe Ines Reinigungsmittel in Julians Milch geschüttet.
Als sie das Zimmer verlassen habe, habe Hanna die Milch dann schnell weggeschüttet.
Alle Anwesenden brauchen sehr viel Geduld mit Hanna.
Erst recht, als sie vom Tattag zu erzählen beginnt.
Sie bekommt teilweise kaum Luft, weil sie so sehr weinen muss.
Das Gericht hat einige Fragen zu der Schilderung.
Warum Hanna beispielsweise das Fahrrad an der Haltestelle abgestellt habe, sie aber ja nicht wissen können, was dann da oben danach passieren wird.
Hanna hat darauf keine Antwort.
Was ist dann passiert? fragt der Vorsitzende.
Hanna laufen die Tränen übers Gesicht.
Ihre Stimme hat keine Kraft mehr.
Es ist so, dass sie da hochgelaufen ist.
Sie hat was rausgenommen.
Strumpf, Strumpfhose.
Kann es nicht sagen.
Wo hat sie das rausgenommen, will der Richter wissen.
Plastiktüte, Tasche, Korb.
Kann es nicht sagen.
Hannas Schluchzen durchbohrt den Saal.
Wie weit waren sie entfernt?
Weiß nicht.
20, 30, 40 Meter.
Warum ist Hanna ihrer Tante eigentlich gefolgt?
Weiß sie nicht mehr.
Oft muss der Vorsitzende ihr mit Zitaten aus den Vernehmungsprotokollen helfen.
Hannas Schilderung wirft einige Fragen auf.
1981 ist man davon ausgegangen, dass der Fundort nicht der Tatort war.
Deswegen, weil einige der freiwilligen SucherInnen damals auch am Bahndamm gesucht haben.
Einer von ihnen sagt auch heute vor Gericht aus.
Er hat damals als Jugendlicher geholfen und konnte sich noch genau daran erinnern, dort am Damm geschaut zu haben.
Am Tag, als die Leiche dort gefunden wurde, wurde ihm nämlich seiner Meinung nach völlig zu Unrecht vorgeworfen, nicht ordentlich gesucht zu haben.
Ist der Fundort also doch gleichzeitig auch Tatort und stimmt die Aussage des Zeugen, muss Ines nach der Verfolgungsjagd wieder zurückgekehrt sein und Julian erst versteckt und danach dann wieder dort platziert haben.
Je weiter der Prozess fortschreitet, desto mehr Fragen tun sich auf.
Besonders als der Mann auf dem Zeugenstuhl Platz nimmt, der damals der Junge war, den Hanna vor dem Bahndamm gesehen haben will.
Wieder berichtet er, dass er eine Frau mit einem Jungen auf dem Fahrrad den Schotterweg hat hochfahren sehen.
Der Junge habe eine Regenjacke getragen.
Er sei den beiden dann nachgelaufen, bis zum Damm rauf.
Dann seien Mutter und Kind links in einer Kurve aus seinem Sichtfeld verschwunden.
Ein Mädchen mit einem Fahrrad habe er damals nicht gesehen.
Er hätte sie aber sehen müssen.
Wie ist das möglich?
Ist Ines, nachdem sie schon aus dem Sichtfeld des Jungen war, wieder zurückgefahren und ist dann am Bahndamm angekommen, als Hanna ihr Versteck gerade zu Fuß erreicht hatte?
Nein, so war es nicht.
Wie ist es dann möglich, dass die beiden Aussagen nicht zusammenpassen?
Es ist möglich, weil Hanna sich an diesem Tag gar nicht erinnert.
Zumindest nicht so, wie sie es schildert.
Das wird deutlich, als der Vorsitzende Richter ein Fax vorlesen möchte, das er am Vorabend von den Verkehrsbetrieben Oldenburg bekommen hat.
Die teilen nach einer Anfrage des Gerichts mit, dass die Bushaltestelle, an der Hanna ihr rotes Kinderrad angelehnt haben will, erst im Jahr 1984 errichtet wurde.
Drei Jahre nach der Tat.
Die Bushaltestelle sei dort hingesetzt worden, damit die Buslinie 12 eine Haltestelle nahe des Einkaufszentrums habe.
Und dieses Einkaufszentrum, durch das Hanna hindurchgefahren sein will, hatte erst 1983 Richtfest.
Es existierte also noch nicht, als Hanna dort durchgefahren sein will.
Die RichterInnen sind etwas perplex.
Diese Tatsache hat mich doch relativ überrascht, sagt der Vorsitzende und fügt mahnend hinzu, dass so ein einfacher Sachverhalt schon im Zuge der Ermittlungen hätte auffallen müssen.
Ines Verteidigerin bittet das Gericht daraufhin, sich nochmal genauer mit der Glaubwürdigkeit der Zeugin Hanna auseinanderzusetzen.
Zwar habe der Gutachter gesagt, dass er eine Erfindung des Sachverhalts ohne Aktenkenntnis für in hohem Maße unwahrscheinlich halte.
Aber es sei doch ganz offensichtlich, dass die Zeugin immer in den entscheidenden Momenten als Retterin von Julian herbeigeeilt sei.
Eine Neunjährige.
Hanna wolle ganz offensichtlich Anerkennung und habe damit offene Türen bei der Polizei eingerannt,
die diesen Fall unbedingt geklärt wissen wollte.
Tatsächlich kommt heraus, dass auch die Psychologin, der Hanna 2004 im Gefängnis von der Tat erzählt haben will, nichts davon weiß.
Hätte sie sowas erzählt bekommen, wäre sie überdies zur Meldung verpflichtet gewesen.
Auch die angeblich geschriebenen 80 Seiten existieren nicht oder sind zumindest nicht auffindbar.
Bei genauerer Betrachtung gibt es viele Ungereimtheiten in Hannas Erzählungen.
Wieso hätte eine erwachsene Frau wie Ines, die Hanna angeblich mit dem Fahrrad ja immer wieder auf den Fersen gewesen sei,
sie dann erst bei einer Kreuzung zwei Kilometer weiter gestellt haben sollen?
Von welcher Treppe soll Ines Julian damals zu Hause geschubst haben?
Die Familie hat im Erdgeschoss gelebt.
Doch Hanna bleibt bei ihrer Version.
Wenn sie sie auch bei jeder neuen Ermittlungserkenntnis leicht ändert,
dann habe das Einkaufszentrum vielleicht doch noch nicht so gestanden wie heute,
aber das Grundgerüst habe es schon gegeben.
Der Gutachter ist selbst überrascht von dieser Wendung,
denn er hatte Hanna als glaubwürdige Zeugin eingestuft.
Wenn solche entscheidenden Details aber wie das Einkaufszentrum eine irreale Produktion sei,
dann wäre Hannas gesamte Aussage unbrauchbar.
Dennoch ist er der Ansicht, dass Hanna nicht absichtlich lügt.
Seiner Meinung nach handelt es sich hier um eine sogenannte Scheinerinnerung.
Dazu gleich in meinem AHA mehr.
Hanna ist also selbst davon überzeugt, das Geschilderte wirklich erlebt zu haben.
Noch dazu gibt er dem Gericht mit, dass bei Menschen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung,
wie sie Hanna hat, häufiger manipulative Kompetenzen zu erkennen sind.
Es sei nicht ungewöhnlich, dass sie immer eine Erklärung parat haben.
Auch das hatte die Kammer im Prozess oft genug beobachten können.
Aber Hanna hätte eben eigentlich keine tragbare Motivation, sich das alles auszudenken.
Wahrscheinlich, so der Gutachter, wird Hanna sich so lange mit dem Mord an ihrem Cousin beschäftigt haben,
bis sie irgendwann darin die Ursache für ihre missliche Lebenssituation gefunden habe.
Und darin sei sie bestärkt worden durch ihre Familie.
Besonders durch ihre Mutter, die schon immer davon überzeugt war, dass Ines Julian getötet hat.
Hanna mit ihrer labilen Psyche sei anfällig für so eine Art von Fremdsuggestion.
Eine Sache bleibt aber mysteriös.
Der Junge.
Wieso konnte sich Hanna an ihn erinnern?
Ich muss ihn mit der Beurteilung allein lassen, sagt der Gutachter.
Das Landgericht kann Ines für die Tat mit den neuen Erkenntnissen nicht verantwortlich machen und spricht sie am 22. Februar 2008 aus Mangel an Beweisen frei.
Selbst die Staatsanwaltschaft und Nebenklage plädieren am Ende auf Freispruch.
Im Zweifel für die Angeklagte.
An Hanna gerichtet sagt der Richter, dass mit ihrer Erinnerung eindeutig etwas nicht stimmt.
So jedenfalls stimmt es nicht.
Dass sie sich an den Jungen erinnere, könne auch darin begründet sein, dass jemand aus der Familie damals von ihm erfuhr und Hanna diese Information dann in ihre Scheinerinnerung eingearbeitet hat.
Im Grunde können wir alle nicht mit diesem Verfahren zufrieden sein.
Denn wir sind der Wahrheit nicht näher gekommen, sagt der Richter und spricht von einem bitteren Beigeschmack.
Denn Ines' Gefühlskälte ist selbst im Urteilsspruch nochmal Thema.
Ich hätte nicht so ruhig bleiben können, sagt der Vorsitzende und meint das in Bezug auf Ines' Kinder, die keinen Hehl daraus gemacht hatten, dass sie glaubten, ihre Mutter war es.
Aber ein Beweiszeichen sei das nun mal nicht.
Professor Steller hatte außerdem darauf hingewiesen, dass auch Mütter, die ihre Kinder töten, darunter leiden.
Dass Ines also keine Emotionen zeige, spreche ich nicht unbedingt dafür, dass sie die Tat begangen habe, sondern zeige einfach ihre Persönlichkeit.
Nur als der Richter sagt, dass Ines freigesprochen ist, rollt ihr eine Träne übers Gesicht.
Das erste und einzige Mal.
Ich habe da auch dran gedacht, als du das erzählt hast, dass sie so gefühlskalt war.
Aber sie war ja zum Beispiel auch gefühlskalt, als sie festgenommen wurde, weißt du.
Und dann habe ich so gedacht, ja, vielleicht ist sie halt auch einfach so.
Aber das mit der Träne ist natürlich dann jetzt auch wieder so ein bisschen so.
Naja, gut.
Aber keine einzige Träne, wenn man halt hört, dass der Sohn tot ist.
Natürlich kann man auch geschockt sein.
Ja, genau.
Also da möchte ich wirklich, das finde ich auch eine Frechheit, dass sie das damals schon so als verdächtig irgendwie damit eingestuft haben.
Weil als eine sehr liebe Person von mir gestorben ist, habe ich erst mal danach einen Urlaub geplant.
Und von einem Freund von mir, als er gehört hat, dass sein Vater gestorben ist, ist der zum Fußballtraining gegangen.
Ja.
Du schaltest ja manchmal einfach irgendwie auf Autopilot und machst dann ganz irrationale Dinge, finde ich.
Das habe ich jetzt bisher so erlebt.
Einfach nur, damit du halt nicht zusammenbrichst unter diesem Schock.
Ja, genau.
Jeder reagiert anders und man kann nicht sagen, wenn du so reagierst, dann zeigt das das und das.
Das geht halt nicht.
Ich frage mich halt auch so, mit diesem Jungen.
Es ist so merkwürdig.
Also natürlich kann es so sein, dass es irgendwie an sie gekommen ist.
Ja, das finde ich sogar gar nicht so unwahrscheinlich.
Dass es an sie gekommen ist.
Ja, also.
Aber vielleicht hat sie ihn auch gesehen.
Und vielleicht war sie ja auch da in der Nähe.
Aber hat das andere dazu gedichtet oder so.
Aber es ist wirklich so unbefriedigend.
Und das Schlimmste ist ja eigentlich, dass Julian wahrscheinlich jetzt nie Gerechtigkeit widerfahren wird.
Ja.
Und also wie gesagt, es gibt genug Personen, die daran glauben, Ines hätte es getan.
Und sie wurde ja jetzt auch nicht wegen nachweislicher Unschuld freigesprochen.
Ja.
Aber so geht es dann natürlich nicht.
In meinem Fall stand ja auch im Raum, dass Annabelle sich die Vergewaltigung möglicherweise eingeredet hat.
Und in meinem Gespräch mit Jonas Hennig hat er mir auch nochmal bestätigt, dass er sich das bei ihr halt gut vorstellen könne.
Und dass er auch schon ein paar Mal erlebt hat, dass Zeugen und Zeuginnen, die psychisch labil waren und irgendwie Aufmerksamkeit wollten, dass die halt in ihren Köpfen unbewusst sowas irgendwie fabriziert hatten.
Und mit Jonas Hennig machen wir übrigens die Tage noch ein kleines Interview bei Instagram.
Dazu, wie er in seinen Fällen versucht, die Glaubhaftigkeit von Aussagen zu prüfen.
Und wo können die das finden?
Bei Mordlust, der Podcast.
Wie schon gesagt, hat Hannah in ihrer Erinnerung offenbar eine Erklärung für ihr seelisches Leid gesucht.
Und das hat ja hier auch ganz wunderbar geklappt, weil eh fast das gesamte Familienumfeld von Ines Schuld überzeugt war.
Das kann durch Suggestionen passieren und zwar auch bei fragwürdigen PsychologInnen oder, bevor es dafür ein öffentliches Bewusstsein gab, auch bei Ausgebildeten.
Wir haben hier ja auch schon mal Fälle besprochen, bei denen Menschen, die gerade in Therapie sind, sich dann plötzlich daran erinnern, als Kind missbraucht worden zu sein.
Ähnlich wie bei den Wormser Prozessen, bei denen damals 25 Personen beschuldigt wurden, Teil eines Kinderporno-Rings zu sein.
Alle wurden am Ende freigesprochen.
Und ich nehme gerade das Beispiel hier, weil Professor Steller aus meinem Fall hier unter anderem auch Gutachter war und das aufgedeckt hat, dass die Aussagen der Kinder durch grob fehlerhafte und suggestive Befragungsmethoden entstanden sind.
Also kurze Lanze für den Brechen, weil er ist eigentlich wirklich ein sehr angesehener Gutachter.
Die Rechtspsychologin Julia Shaw hat in einem Experiment gezeigt, dass man sich nicht nur einreden kann, Opfer gewesen zu sein, sondern auch Täter oder Täterinnen.
Ihre ProbandInnen glaubten zunächst, sie sollen bei einem Experiment verschüttete Erinnerungen ausgraben.
Das lief dann so ab.
Shaw forderte in einem Fall eine junge Frau auf, sich an irgendein Ereignis aus der Kindheit zu erinnern.
Und dann erzählte Shaw von einem Vorfall, der nicht stattgefunden hat.
Dass es damals einen großen Streit gab bei den Eltern und die die Polizei rufen mussten.
Und daran kann sich die Frau am Anfang noch gar nicht erinnern.
Durch verschiedene Taktiken aber setzt Shaw dann die ProbandInnen unter Druck.
Und sie sagt dann zum Beispiel, sie sollen sich entspannen und darüber nachdenken, wie es gewesen sein könnte.
Und wenn das dann nicht fruchtet, dann gibt Shaw vor, dass diese Technik eigentlich bei allen funktioniert, wenn man sich nur genug Mühe geben würde.
Und dann setzt sie aber auch noch so leicht zu visualisierende Reize, also wie es war ein Tag im Herbst oder so.
Und schon in der ersten Sitzung wird diese eine Frau dann unsicher.
Und in weiteren verfestigt sich dann durch dieses ständige Wiederholen diese angebliche Erinnerung, bis man dann der Meinung ist, das hat es wirklich gegeben.
Und so gestanden am Ende 70 der 100 ProbandInnen eine Straftat, die sie nie begangen haben.
Das ist so krass.
Besonders schwierig ist es auch bei Vernehmungen. Dazu haben wir in Folge 15 mal was gemacht.
Da kam es in Deutschland ja auch schon mal dazu, dass eine ganze Familie den Mord an dem Vater gestanden hat, obwohl sie damit gar nichts zu tun hatten.
Und Kinder oder Menschen, die geistig eingeschränkt sind, sind besonders bei Vernehmungen leicht zu beeinflussen.
Wenn dann halt eine Beamtin sagt, du bist ja heute hier, um darüber zu berichten, dass dein Papa dich auf dem Campingplatz angefasst hat.
Wo hat er dich denn genau angefasst?
Da neigen halt solche Menschen dazu, den BeamtInnen gefallen zu wollen.
Und dann geben sie denen vielleicht auch etwas, was die vermeintlich hören wollen.
Ja, und bei so Vernehmungen, da kann aber auch das Problem beim Zeugen oder bei der Zeugin liegen.
Im Spiegel habe ich gelesen, dass es da bei der Polizei diesen Begriff des Knallzeugen gibt.
Und das ist ein Fußgänger oder eine Fußgängerin, die einen Knall hört, sich umdreht und dann zwei ineinander verkeilte Autos sieht.
Und bei der Person entsteht dann im Kopf quasi die passende Vorstellung zu diesem Tathergang.
Und wenn die dann befragt wird, dann ist diese Person davon überzeugt, den Zusammenstoß mit eigenen Augen gesehen zu haben.
Interessant.
Weil das Gehirn quasi diese Erinnerung so komplettiert.
Ja.
Und so Lücken dann einfach selbst ausfüllt.
Genau.
So eine Suggestion, die ruft aber nicht immer komplette Scheinerinnerungen hervor, die gar nicht stattgefunden haben, sondern kann auch einfach Falschinformationseffekte mit sich ziehen.
Also zum Beispiel, wenn ich hier von der Situation erzähle, bei der mein damals zukünftiger Freund meinem Ex-Date in den Rücken getreten hat.
Und meine Freundin, wenn ich mit ihr über diese Situation rede, würde dann zu mir sagen, ja, ich weiß das noch ganz genau, du hattest da diesen roten Mantel an.
Und ich sage, ach echt, das wusste ich gar nicht mehr, dann kann es halt gut sein, dass ich den roten Mantel dann zukünftig mit in meine Erinnerung einbaue.
Wahrscheinlich werde ich das jetzt im Kopf auch eh tun, weil ich jetzt das einmal gesagt habe.
Ja, ich sehe das auch schon vor mir.
Du bist irgendwann dabei gewesen.
Irgendwann glaubst du, du warst die Freundin damit.
Ja.
Übrigens sind die Falschaussagen, die halt solchen Scheinerinnerungen zugrunde liegen, nicht strafbar.
Weil die haben das ja nicht extra gemacht.
Aber das muss man natürlich dann auch erstmal beweisen, dass das eben alles unterbewusst passiert ist.
Und das ist ja in vielen Fällen nicht so einfach.
Bei unseren beiden Fällen ging es ja jetzt vor allem um die Glaubhaftigkeit der Aussagen.
Und die waren wichtig für das Urteil.
Früher war das aber noch so, dass die Aussagen von einem Zeugen oder einer Zeugin erst dann einem Urteil zugrunde gelegt werden durften,
wenn der Richter sich davon überzeugt hat, dass die Aussage des Zeugen glaubhaft und der Zeuge persönlich glaubwürdig ist.
Das heißt also, nicht nur die Aussage musste glaubhaftig sein, sondern auch der Mensch, der sie getätigt hat, musste an sich glaubwürdig sein.
Und das waren früher ein paar Personen offenbar grundsätzlich nicht.
Man war zum Beispiel der Meinung, dass Gastwirte, Kaffeehausbesitzer und Kutscher, ja, alles bewusst jetzt nicht gegendert,
generell eher lügen als Personen anderer Berufsstände.
Und warum nur Männer?
Weil Frauen immer die Wahrheit sagen, nehme ich an.
Nee.
Also ja.
Aber eigentlich nee.
Weil Frauen früher an den Herd mussten und es gab keine Kaffeehausbesitzerinnen.
Was noch so angenommen wurde, war, dass Prostituierte noch eher die Unwahrheit sagen als Kriminelle.
Heute wissen wir, dass das alles Quatsch ist.
Und seit einer Grundsatzentscheidung des BGH von 1999 ist das zumindest auch festgeschrieben.
Aber auch heute noch spielt die allgemeine Glaubwürdigkeit vor Gericht eine Rolle.
Denn die Zeugen und Zeuginnen sollen zum Beispiel zu Umständen befragt werden,
die ihre, Zitat, Glaubwürdigkeit in der vorliegenden Sache betreffen.
Also das heißt, die werden dann vom Richter oder von der Richterin dazu befragt,
zum Beispiel, welche Beziehungen sie zu dem Angeklagten oder der Angeklagten haben.
Also es macht dann schon einen Unterschied, ob jetzt die Zeugin die Ex-Ehefrau des Angeklagten ist,
mit der er sich gerade außerhalb des Verfahrens über das Sorgerecht der Kinder streitet.
Also sowas hat jetzt dann ja nichts mit ihrer Aussage an sich zu tun,
spielt aber trotzdem in die Beurteilung mit rein.
Es geht auch zum Beispiel um Vorstrafen oder darum, wie es einem gesundheitlich geht,
weil problematisch können manchmal Aussagen sein von Menschen mit psychischer Erkrankung oder Störungen,
wie zum Beispiel der histrionischen Persönlichkeitsstörung.
Das war halt auch diese Störung, die die Zeugin im Fall von dem Lehrer Arnold hatte.
Und auch wenn es heute keine Menschen mehr gibt, denen man jetzt generell misstraut,
gibt es doch solche, denen man eher glaubt.
Und das sind zum Beispiel Polizisten und Polizistinnen.
Grundhilfe ist, dass sie aufgrund ihrer Berufserfahrung eine bessere Beobachtungsfähigkeit haben sollen.
Wo ich mir auch gedacht habe, Ornithologen und Ornithologinnen haben ja auch eine gute Beobachtungsfähigkeit.
Die werden nicht privilegiert.
Was sind das nochmal?
Die Vogelbeobachtenden.
Ja, so wie die Stormwatcher, von denen du mal erzählt hast.
Die Spotter.
Die Stormspotter, die professionell aus dem Fenster gucken.
Genau.
Nach Wetter.
Nee, aber jetzt mal im Ernst.
Das sollte man in dem einen oder anderen Prozess dann vielleicht nochmal überdenken.
Ja.
Opferzeugen und Zeuginnen zählen laut BGH übrigens auch zu den privilegierten Zeugen und Zeuginnen.
Also wenn du jetzt Opfer bist oder angebliches Opfer und ich die Angeklagte
und deine Geschichte dann genauso glaubhaft ist wie meine und halt Aussage gegen Aussage nur steht,
dann wird er dir als Opfer geglaubt.
Das finde ich erstmal gut für mich.
Aber ansonsten finde ich es ein bisschen fraglich.
Meistens bist du ja Täterin.
Wie, was?
Ja, aber ansonsten finde ich, also das, weil ich meine, wer bringt denn den Angeklagte oder
die Angeklagte in die Position des Angeklagten oder der Angeklagten, das Opfer?
Also das finde ich schon irgendwie seltsam.
Ja, aber auf der anderen Seite fragt man sich ja immer schon mal als allererstes, wieso sollte
das Opfer halt lügen?
Ja, na guck dir unsere beiden Fälle an, weiß man nicht.
Ja, aber das ist ja jetzt auch.
Ja, ich würde sagen, es sind keine Einzelfälle, aber es ist ja jetzt auch nicht der Große.
Ja, es passiert nicht so oft, aber es kann ja nicht das Argument für eine Regel dann sein.
In Deutschland werden dazu ja in einigen Fällen vor Gericht Glaubhaftigkeitsgutachten erstellt,
gerade wenn es eben um diese Konstellation Aussage gegen Aussage geht und es auch keine weiteren
Zeugen oder Zeuginnen gibt.
Aber halt eben auch nicht immer, denn die Beurteilung der Zeugentüchtigkeit und der Glaubhaftigkeit
ihrer Angaben, die ist eigentlich Sache der RichterInnen.
Genau, aber es gibt Besonderheiten, bei denen das Gericht so ein Glaubhaftigkeitsgutachten
erstellen sollte, eben dann, wenn es Zweifel daran gibt, dass das Gericht das selber nicht
hinkriegt.
Zum Beispiel dann, wenn die Tat halt schon sehr lange zurückliegt, weil da sollte man nämlich
diese Erinnerungsfähigkeit genau prüfen.
Ja, das war ja bei meinem Fall mit den 26 Jahren auch ein ausschlaggebender Grund.
Ja, ein anderer Grund für so eine Analyse wäre, wenn der Zeug oder die Zeugin eine psychische
Krankheit hat.
Mal ganz kurz, weil wir jetzt in dieser Folge zwei Fälle mit Menschen mit psychischen Problemen
hatten, die eine Falschaussage gemacht haben.
Manche kriegen die Transferleistung nicht so ganz hin zu verstehen, dass wir damit jetzt nicht
unterstellen, dass Menschen mit psychischen Erkrankungen immer falsch aussagen oder unterstellen
würden, dass sie da irgendwie mehr Motivation hätten, falsch auszusagen, als Menschen, die
das nicht haben.
Aber hier ging es eben jetzt natürlich auch um Fälle, bei denen ein Glaubhaftigkeitsgutachten
mindestens möglich gewesen wäre.
Und das ergibt sich schon halt allein aus den Besonderheiten heraus, bei denen man das machen
muss.
Der BGH hatte 2002 nämlich ein Urteil kassiert, bei dem sich ein Gericht zur Beurteilung der
Glaubhaftigkeit auf die behandelnden Psychologen und Psychiaterinnen der Zeugin berufen
hat.
Aber deren Aufgabe ist ja nicht, den Wahrheitsgehalt ihrer PatientInnen zu prüfen, sondern die müssen
sich ja auf die Behandlung konzentrieren.
Und da hätte halt eben ein Glaubhaftigkeitsgutachten erstellt werden müssen.
Ja, und sowas sollte man in der Regel auch machen, wenn die Zeugen und Zeuginnen sehr jung
sind.
Also vor allem bei Sexualdelikten an Kindern und Jugendlichen.
Weil da wird dann zum Beispiel geprüft, ob die Kinder schon mal sexuelle Erfahrungen hatten
oder aufgeklärt wurden.
Weil wenn nicht und sie dann trotzdem sexuelle Handlungen detailliert beschreiben können, dann
spricht das natürlich für den Wahrheitsgehalt.
Aber auch bei Menschen, die bei ihrer Aussage unter Alkohol oder Drogen standen oder davon
abhängig sind oder sich ständig in Widersprüche verstricken, da sollte das Gericht schon
mal so ein Gutachten in Erwägung ziehen.
Wir haben mit Professorin Renate Vollbert, rechtspsychologische Gutachterin, über ihre
Arbeit bei Gericht gesprochen, wie die so abläuft.
Wenn wir beauftragt werden vom Gericht, dann bekommen wir in der Regel mit dem Auftrag auch
die gesamten Akten übersandt.
Und dass wir auf der Basis der Akten uns schon mal ein Bild von der Angelegenheit machen
können und auch davon, was jetzt hier für Hypothesen relevant sind in dem vorliegenden Fall,
was eigentlich die relevante Fragestellung ist.
So, und dann laden wir die zu begutachtenden Zeugen ein und führen eine eigene Untersuchung
mit denen durch.
Also das ist im Wesentlichen ein Gespräch, wo es natürlich um die Anklagevorwürfe geht
oder die Tatvorwürfe geht, wo es aber auch um allgemeine biografische Entwicklung geht,
sodass das Ganze auch nochmal eingebettet wird.
Dieses Gespräch ist natürlich freiwillig.
Also wenn die Person das nicht machen will, dann wird das schwieriger, weil sich Professorin
Vollbert und ihre KollegInnen dann nur auf die Akten beziehen müssen.
Und wenn da die vorherigen polizeilichen Vernehmungen nicht wortwörtlich, sondern zusammengefasst
aufgeführt sind, ist das schwierig, die Aussagequalität zu begutachten.
Die schaut man sich dann übrigens auch immer vor dem Hintergrund der Person und den individuellen
Kompetenzen an, sagt Vollbert.
Also Beispiel, natürlich kann man von einem sprachgewandten Erwachsenen mehr erwarten als
von einem entwicklungsverzögertem Kind.
Aber es werden auch individuelle Erfahrungen berücksichtigt, die einem vielleicht helfen
könnten, eine falsche Aussage zu konstruieren.
Denn es geht ja darum zu schauen, liegt dem eine Erinnerung zugrunde oder nicht.
Und wenn jetzt schon mal so eine Ähnliche, etwas Ähnliches passiert ist, dann wäre da eine
Möglichkeit, dass da eine Erinnerung zugrunde liegt, die aber was anderes betrifft, aber
die es leichter machen würde, was zu konstruieren.
So, dann machen wir auf der Basis ein schriftliches Gutachten, vorläufiges schriftliches
Gutachten und dann kommt es zu einer Hauptverhandlung, wo wir auch Fragen stellen können, um noch
Informationen zu sammeln, die für unser abschließendes Gutachten wichtig sind.
Und dann müssen wir in der Hauptverhandlung unser Gutachten mündlich erstatten und das ist
auch das, was zählt, nicht das schriftliche Gutachten, sondern das mündliche Gutachten.
Im Grunde gibt es zwei verschiedene Szenarien.
Ist die Aussage erlebnisbasiert oder erfunden?
Oder ist sie erlebnisbasiert oder handelt es sich um eine Scheinerinnerung?
Vollbart hat uns übrigens erzählt, dass man nicht nach Merkmalen für Täuschung sucht, sondern
nach Merkmalen für Erinnerung, weil es gar keine wirklich klaren Täuschungsmerkmale
gibt.
Außer jemand macht halt, wie du eben schon gesagt hast, ständig widersprüchliche Angaben
oder so.
Aber bleiben wir mal bei erlebnisbasiert oder erfunden.
Da kann man Hinweise für Lügen schon in so kleinen Details erkennen.
Die Überlegung ist, dass es eine schwierige Leistung ist, eine einigermaßen komplexe Aussage
zu erfinden, ohne dass die auf einem tatsächlichen Erlebnishintergrund basiert und dass sich deswegen
die Qualität der Aussage unterscheidet.
Ein wichtiger Punkt ist auch, wenn es sich um ein tatsächliches Erlebnis handelt, dann
ist hier eine tatsächliche Erinnerung im Hintergrund.
Und diese Erinnerung kann jedenfalls ganz unterschiedliche Qualitäten enthalten von Informationen.
Über das Geschehen, aber auch über Randdetails, über kontextuelle Einbindungen, sensorische
Eindrücke.
Wenn jemand etwas erfindet, muss er sich natürlich auch auf etwas beziehen.
Und der bezieht sich meistens auf so eine Art Schema, also so ein Script von so einer Situation,
über die er spricht.
Und so ein Schema oder ein Script zeichnet sich ja dadurch aus, dass es so durchschnittliche
Informationen von dieser Klasse von Ereignissen enthält.
Das heißt, diese Informationen sind andere.
Die sind nicht so vielfältig, wie wenn es ein tatsächliches Erlebnis ist und sie sind
auch ein bisschen Stereotyper.
Und der dritte Aspekt dabei ist dann auch noch, dass Menschen, die absichtlich etwas Falsches
berichten und ja wissen, dass es falsch ist, dass die versuchen, aber einen glaubwürdigen
Eindruck zu hinterlassen und deswegen auch versuchen, eine Aussage zu machen, in der keine Informationen
vorkommen, von denen sie glauben, dass jemand anders die als Hinweis für eine Täuschung
hält.
Also zum Beispiel Äußerungen, dass man sich jetzt selber schlecht erinnert oder dass das
ganz unwahrscheinlich ist, dass sowas passiert ist.
Das würde ein lügender Zeuge vermutlich eher nicht einbauen.
Wenn man aber etwas tatsächlich erlebt hat und man fängt an, das zu erzählen und will
das detailliert erzählen, dann fällt einem häufig auf, oh, das ist komisch, jetzt erinnere
ich das gar nicht so genau, quasi Kommentare zu den eigenen Erinnerungsprozessen.
Bei wahr versus Scheinerinnerungen geht man anders vor.
Da will der Zeuge oder die Zeugin ja auch nichts absichtlich verbergen und dementsprechend
bemüht sie oder er sich halt eben auch nicht besonders einen glaubhaften Eindruck zu machen.
Wir schauen uns insofern den Weg an.
Wann hat jemand was zum ersten Mal erinnert?
Was waren das für Bedingungen?
War jemand schon vorher überzeugt, dass was passiert ist, bevor er sich überhaupt erinnern konnte?
Und sind diese Erinnerungen dann erst im Laufe der Zeit entstanden?
Und hat es zwischendurch mal so eine Phase gegeben, wo man sich gar nicht erinnern konnte?
Also solche Dinge, die etwas zu tun haben mit der Aussage Entstehung und der Aussage Geschichte.
Und wenn wir in der Aussage Geschichte sehr suggestive Bedingungen finden,
dann können wir am Ende nicht mehr sagen, also dann haben wir am Ende auch keine Möglichkeit mehr zu sagen,
zu unterscheiden, ob das vielleicht trotzdem erlebnisbasiert ist oder auf diesen suggestiven Bedingungen basiert.
Was wir jetzt besprochen haben, das hat sich ja jetzt viel auf diese Aussagequalität bezogen.
Das ist aber nur eine der drei Säulen eines Gutachtens.
Dazu kommt dann noch die Aussagefähigkeit, also eben die Kompetenz der Person,
aber auch die Diagnose, ob psychopathologische Besonderheiten vorliegen.
Das spielt in der Praxis, so vor Ort, aber eher eine untergeordnete Rolle,
weil die meisten schon grundsätzlich in der Lage sind, Aussagen zu machen und Ereignisse zu speichern und eben wiederzugeben.
Ja, und außerdem hat man bei dieser Analyse der Glaubwürdigkeit oft was von der sogenannten Nullhypothese.
1999 hat der Bundesgerichtshof nämlich festgelegt, dass man immer erstmal davon ausgehen muss,
dass der Zeuge oder die Zeugin die Unwahrheit sagt.
Das ist eigentlich ein Begriff aus der Statistik, also diese Nullhypothese.
Und die sagt, dass die verworfen wird, wenn sie mit den erhobenen Fakten nicht mehr in Übereinstimmung stehen kann.
Also auf Deutsch, Laura erzählt mir was und ich gehe natürlich erstmal davon aus, dass es unwahr ist.
Wie immer.
Bis ich dann durch meine Erkenntnisse aus dem Gespräch mit ihr sagen kann, dass es doch stimmt.
Und das ist auch was, was unsere Expertin sagt.
Man sucht nach Anzeichen dafür, dass die Geschichte stimmt und nicht andersrum, nach Täuschungsmerkmalen.
Und das ist aber auch nur eine methodische Prüfung, an diese Aussage heranzugehen.
Also es heißt eben nicht, dass die GutachterInnen den ZeugInnen tatsächlich erstmal als Lügner oder Lügnerin ansehen.
Das machen die im Ergebnis sowieso nicht.
Also es heißt dann halt eher so, von der Aussagequalität her ist es eher nicht erlebnisbasiert oder eher erlebnisbasiert und nicht die Zeugin lügt.
Also es ist jetzt keine Eins- oder Null-Entscheidung und das Gericht ist natürlich da auch nicht dran gebunden an diese Beurteilung.
Genau und die Entscheidung liegt am Ende immer bei den RichterInnen.
Und in den meisten Prozessen gibt es ja so ein Gutachten nicht.
Das heißt in der Regel müssen die alleine entscheiden, ob eine Aussage glaubhaft ist oder nicht.
Dazu steht in einem BGH-Urteil von 1986, vom Richter wird erwartet, dass er über die Ausübung seines Amts erforderliche Menschenkenntnis und Fähigkeit verfügt, Aussagen auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen.
Und ein bisschen expliziter erklärt der BGH später, dass das Gericht in Aussage gegen Aussagefällen, Zitat, eine Beweiswürdigung unter Berücksichtigung der Aussagepsychologischen Glaubwürdigkeitskriterien vornehmen muss.
Das Ding ist nur, im Jurastudium lernt man sowas nicht.
Also da gibt es jetzt kein Fach, das Aussagepsychologie oder Glaubhaftigkeitsanalyse heißt.
Man bekommt das, wenn überhaupt, nur mal so am Rande mit, wenn man jetzt seine Referendariatsstation am Gericht hat.
Aber wenn RichterInnen darüber in ihrer Ausbildung nichts lernen, wie können sie ohne Gutachten dann sagen, ob jemand die Wahrheit sagt, habe ich mich gefragt.
Laut Dr. Günter Prechte, der ist Richter in München, würden seine Kollegen und Kolleginnen das meist nach der geheimen Beweisregel machen,
wonach jedem Zeugen und jeder Zeugin grundsätzlich zu glauben ist, sofern nicht gewichtige Anhaltspunkte dagegen sprechen.
Begründet würde dann zum Beispiel damit, dass die Zeugin einen glaubwürdigen Eindruck gemacht hat oder eben keine Anhaltspunkte erkennbar sind, die gegen deren Glaubwürdigkeit sprechen.
Und tatsächlich ist es ja so, dass dieser persönliche Eindruck dann eben oft das einzige Werkzeug ist zur Wahrheitsfindung.
Da gibt es dann Urteilsbegründungen, in denen steht, dass einem Zeugen nicht geglaubt wird, weil er halt nervös war und den Blick vermieden hat und irgendwie auf dem Stuhl hin und her gerutscht hat.
Das ist ja eine Nummer.
Ja, und im Fall von dem Lehrer Horst Arnold, da wurde der Zeugin übrigens mit dieser Begründung geglaubt.
Zitat, die Zeugin war während der Vernehmung nicht in der Lage, den Angeklagten anzusehen und begann bei der Schilderung der eigentlichen Tat häufig zu weinen,
was nach der festen Überzeugung der Kammer aufgrund des persönlichen Eindrucks von der Zeugin in der Hauptverhandlung nicht geschauspielert war.
Ja, natürlich hat sie geweint, weil sie da gerade schlechte Sachen gemacht hat und den nämlich falsch beschuldigt hat.
Ja.
Es gibt halt auch gut Schauspielerinnen, ja, und Schauspieler.
Ja, das fällt natürlich schwer, aber um solche Menschen zu durchschauen, es gibt ja schon Fortbildung dafür.
Also ich habe von diesem Richter am Oberlandesgericht Stuttgart gelesen, der halt extra so Fortbildung für Juristen und Juristinnen macht.
Und der macht mit denen immer so Rollenspiele.
Und da sagt er dann, ihr verabredet euch jetzt zu einer Falschaussage, dann sprechen die sich ab und danach nimmt er die Einzelnen in die Zange.
Weil man muss ja auch mal sagen, passiert ja auch öfter, dass so eine Aussage nicht nur an einer Person hängt.
Auf jeden Fall, wenn mehrere da involviert sind, dann ist das halt viel schwieriger, so einer Befragung standzuhalten.
Und der Richter Axel Wendler, so heißt der, der erzählt in einem Zeitartikel, dass es halt relativ einfach ist, so ein Lügenkonstrukt dann zu durchschauen,
weil er in der Befragung immer vor und zurück mit den Fragen springt.
Also er fragt dann speziell nach Dingen, die vor oder nach der Tat passiert sind.
Und oft sind das dann halt so kleine, banale Details, die in Absprachen halt auch vergessen werden.
Und er sagt, dass man als Lügner oder Lügnerin halt immer diesen Überblick behalten möchte.
Und deswegen vermeidet man halt auch so Komplikationen, weil das immer so ein Tor für Nachfragen ist.
Wir wissen ja jetzt auch schon ein bisschen was über Glaubhaftigkeitsmerkmale.
Also vielleicht genauso viel wie einige RichterInnen.
Und deshalb können wir es jetzt auch mal selber versuchen.
Also ich erzähle dir jetzt eine Geschichte, die entweder so stattgefunden hat oder nicht.
Okay.
Ich weiß auf jeden Fall, wenn es nicht so stattgefunden hat.
Ich darf Nachfragen stellen?
Du sollst Nachfragen stellen und auch hinterfragen, alles was ich sage, quasi testen, ob das Sinn macht oder nicht.
Okay.
Also ich möchte kurz für euch als Info dazu sagen, dass wenn es darum geht, sich Geschichten auszudenken, ist Laura nicht so gut.
Würde ich mal sagen.
Obwohl sie natürlich eine sehr erfahrene Lügnerin ist.
Aber so ganze Geschichten zu kreieren, ist schon schwierig.
Ja.
Okay.
Ja, ich bin gespannt.
Okay.
Also, ich habe ja mal in Japan gewohnt.
Und da gab es in unserer Nachbarschaft eine Frau, die haben alle nur die Katzenfrau genannt.
Weil, wenn die über die Straße gelaufen ist, sind hier immer mehrere Katzen gefolgt oder um sie rumgelaufen.
Und vor der hatten wir Kinder alle Angst, weil die halt irgendwie gruselig war und auch so ein bisschen verwahrlost aussah und auch immer alleine war.
Eines Tages haben mein Bruder und ich dann eine streunende Katze in der Nachbarschaft gesehen, die eingefangen und in unserer Garage gehalten.
Und nach zwei, drei Tagen kam die Katzenfrau auf der Straße auf uns zu und hat gefragt, ob wir eine Katze gesehen hätten.
Naja, auf jeden Fall war die dann gar nicht mehr so gruselig, als sie mit uns geredet hat.
Und wir haben uns auch mit der irgendwie angefreundet darüber.
Und ab dato waren wir dann immer mal wieder bei dieser Katzenfrau zu Besuch.
Und die hatte sicher irgendwie elf Katzen oder so.
Und mein Bruder und ich haben da dann einfach getrillt und die Katzen gestreichelt.
Das war die Geschichte.
Okay.
Wie alt war diese Frau?
Die war, also ich meine, ich war ja sieben.
Für mich war sie ja sehr alt.
Aber als Siebenjährige sind die Leute ja auch alt, wenn sie schon über 40 sind.
Sogar über 20.
Aber ich würde jetzt mal sagen so 50.
Und irgendwie erinnert sie mich auch so ein bisschen an die Taubenfrau von Kevin allein in New York.
Wie viele Katzen sind über die Straße damals so dahinterher gelaufen?
Also das kann ich nicht mehr genau sagen, wie viele Katzen.
Aber die war auf jeden Fall mit Katzen unterwegs, weil wir sie ja schon Katzenfrau genannt haben.
Bevor wir bei der jemals zu Hause waren und Katzen da gesehen haben.
Ihr hattet in Japan eine Garage, ja?
Es gab eine Garage in dem Haus.
In dem Haus oder ist nur eure Garage gewesen?
Nee, es waren mehrere, da waren mehrere Garagen.
Und also auch mehrere Autos standen in dieser Garage.
Es war nicht nur unsere Garage.
Aber warum habt ihr die denn da gehalten?
Weil die hätte ja jederzeit abhauen können.
Ja, hätte die auch.
Wie lange war die Katze denn da drin?
Ja, das weiß ich nicht mehr.
Was habt ihr da denn zu essen gegeben?
Weiß ich auch nicht mehr.
Ich weiß ja auch nicht mehr.
Was haben denn deine Eltern gesagt?
Ja, die durften das ja nicht erfahren.
Deswegen haben wir die ja da gehalten.
Auf welcher Sprache habt ihr denn mit der Frau gesprochen?
Das weiß ich nämlich auch nicht mehr.
Weil wir konnten kein Japanisch, wir konnten kein Englisch.
Und wie groß die Wahrscheinlichkeit diese Frau Deutsch konnte?
Gute Frage.
Also, ähm, fühle ich mich wie in so einer Vernehmung.
Habe ich was getan?
Ich habe eine Katze geklaut.
Weißt du, welche Farbe die Katze hatte?
Nee, aber ich glaube schwarz.
Hattest du ein schlechtes Gewissen dabei?
Also, ich hatte ja dann Angst, dass sie dann weiß, oder dass es dann eine Katze von ihr war und wir die halt geklaut haben.
Weil ich kann mich auch nicht mehr daran erinnern, wie diese Katze dann wieder aus der Garage rausgekommen ist und so.
Vielleicht ist sie ja da drin gestorben.
Nein.
Nein, natürlich nicht, weil die Geschichte ist nicht wahr.
Also, was ist, also möchtest du noch Nachfragen stellen oder nicht?
Und du musst dann auch begründen, warum du was denkst.
Ja, also erstmal bin ich ja, du bist ja jetzt geschult durch unsere Folge.
Und du weißt ja jetzt, dass es gut ist zu sagen, das weiß ich nicht mehr so genau, das weiß ich nicht mehr so genau.
Aber ich, ja, okay.
Ja, das stimmt.
Aber, ja, also, nee, ich glaube das nicht.
Also, das größte Ding für mich ist diese Sprache.
Ja.
Das habe ich erstmal, also, um es jetzt erstmal klar zu machen, es ist nicht gelogen.
Und das mit der Sprache hatte ich erst mit drin, dass ich dir, dass ich quasi erzähle, die ist auf der Straße zu uns gekommen, hat uns gefragt, bla bla bla.
Und ich denke mir so, wie hat sie das gemacht?
Aber ich habe sie extra nicht eingebaut, weil ich dann eben dachte, dass du das hinterfragst.
Und das ist ja eigentlich schon, das macht diese Geschichte ja tatsächlich ein bisschen unglaubwürdig, weil.
Bisschen?
Ja, aber ich meine, wir können ja den Julian Wohlers nochmal fragen, aber, ja, das war so.
Also, mein Gutachten sagt ganz klar Scheinerinnerung, weil das kann so nicht gewesen sein.
Ich werde das aber nochmal mit meinem Bruder besprechen und werde den mal fragen, ob er noch weiß, welche Sprache die gesprochen hat.
Du, ich habe doch noch diesen einen Einspieler von deinem Bruder von der Live-Tour, wo du auch so eine unglaubliche Familiengeschichte erzählt hast.
Und ich denke, seine Einordnung ist universell gültig für viele deiner Geschichten.
Und eigentlich muss ich zugeben, dass es absolut erstunken der Logen ist.
Okay, naja, ich muss ja sagen, ich habe jetzt ja auch nur begrenzte Möglichkeiten ja gehabt, ne.
In den USA wäre das so ein bisschen anders gewesen.
Da hätte ich dich vielleicht noch an einen Lügendetektor angeschlossen.
Einen sogenannten Lügendetektor, möchte man sagen.
Weil eigentlich sind das Polygraphen, die den Blutdruck, Puls und Atmung messen und halt keine Lügen detektieren.
Und in der Regel werden mit diesem Gerät Kontrollfragentests gemacht.
Das heißt, ich stelle tatbezogene Fragen, wie haben Sie, Laura Wohlers, Paulina Kraser getötet?
Und dann werden Vergleichsfragen gestellt.
Und das sind Fragen über Dinge, die nicht die Tat betreffen, mit denen man sich aber auch eventuell belasten könnte.
Wie zum Beispiel?
Ja, bei dir könnte das sowas sein wie, haben Sie jemals fälschlicherweise von der Omi gegrüßt?
Oder warum hatte Frau Kraser Ihnen den Spitznamen Klaura gegeben?
Oder haben Sie jemals eine Katze entführt?
Also alles Sachen, womit du dich auch eventuell strafrechtlich belasten könntest.
Und die Annahme ist dann, dass eine unschuldige Laura Wohlers körperlich mehr auf diese Kontrollfragen reagieren würde.
Und aber nicht auf die tatbezogenen Fragen, weil du mich dann ja nicht getötet hast, wenn du unschuldig bist.
Und zu meiner Überraschung hat Professor Vollbert mir aber gesagt, dass das erstmal kein totaler Quatsch ist.
Also man könne unter bestimmten Bedingungen tatsächlich mit solchen Geräten zu guten Ergebnissen kommen, wenn bestimmte Prämissen des Kontrolltests erfüllt sind.
Aber ob diese Prämissen erfüllt sind, das lasse sich im Test nicht so beobachten.
Und dann kann man halt eben zu ganz anderen Ergebnissen kommen.
Und deswegen ist dieses Verfahren bei uns in Deutschland auch nicht zugelassen.
Das hat der BGH vor über 20 Jahren so entschieden.
Zumindest darf es keine Beweiskraft haben.
Das heißt aber nicht, dass der Einsatz verboten ist.
Und so kam es 2013 in Sachsen mindestens 13 Mal zu einem Einsatz des Tests.
Das hat da super geholfen.
Bei den meisten Fällen, da ging es dann um Sorgerechtsstreits.
Okay.
Und Mutter klagt beispielsweise Vater an wegen Misshandlung oder Missbrauch.
Lügendetektor ergibt.
Beide lügen nicht.
Nimmt das Gericht dann halt zur Kenntnis.
Darf es aber halt dann auch nicht ins Urteil mit einfließen lassen.
Sowieso nicht.
Ja und in den USA, da hatten 2018 23 Staaten den Polygraphentest als Beweismittel in einem Prozess zugelassen.
Und viele dieser Staaten erfordern aber die Zustimmung beider Parteien.
Also man darf jetzt auch nicht sagen, sie hier angeklagt, da machen sie jetzt mal den Test.
Und es ist aber auch nicht so in den USA das Allheilmittel.
Also wie gesagt, nicht alle Staaten machen das vor Gericht, wobei das in der Strafverfolgung noch ein bisschen anders aussieht.
Also die Polizei könnte das dann anwenden.
Ah, okay.
Also laut Frau Vollbert ist das nicht totaler Quatsch.
Und deswegen würde ich dem Ganzen auch gerne mal eine Chance geben.
Dafür habe ich eine Lügendetektor-App untergeladen, die wir jetzt an dir testen.
Interesting.
Also die funktioniert so, dass du da was reinsprichst, deine Aussage.
Und das nimmt dann halt so deine Stimme auf und ob du dann aufgeregt bist oder so.
Und dann musst du noch deinen Zeigefinger und deinen Mittelfinger danach auf das Handy legen.
Und das wird dann quasi abgesensort.
Also so Körperfunktion.
Ich würde das jetzt einfach mal testen.
Und ganz kurz gibt es vorher so eine Vorbereitung, weil bei diesem Kontrollfragentest, finde ich ganz spannend,
da ist das nämlich so, man kriegt so verschiedene Zahlen und man muss sich eine merken.
Und die muss man dann aufschreiben.
Und dann fragt, du würdest dir die 26 aufschreiben und dann frage ich eins, du sagst nein, zwei, nein.
Und das machen wir bis 30.
Und auch bei der 26 sagst du nein.
Und am Ende, also theoretisch müsste ich dann schon an dem Testergebnis sehen, nämlich, welche deine Zahl ist.
Also wo es ausgeschlagen hat.
Weil bei der 26 wäre das ja die Lüge gewesen.
Ah, okay.
Ja, das Problem ist ja hier, dass du immer nur die Aussage reinsprechen kannst.
Und das wäre dann in dem Fall einfach nur nein.
Du würdest dann immer nein sagen.
Na, oder einfach, dass die vorher sagen, sprich mal eine Lüge rein und sprich mal eine Wahrheit rein.
Genau, so würde ich das jetzt testen.
Ja, ach so.
Weil ich ja jetzt weiß, dass du mal einer Freundin erzählt hast, dass ein Alien dich übernommen hätte.
Mein Körper als Schiff genutzt hat es.
Okay, ich finde, dann musst du jetzt einmal da auf Start drücken und das dann einmal da reinsprechen.
Mein Körper wurde von einem Alien als Schiff benutzt.
Länger halten.
So ein Bullshit.
Bitte lass es drauf drücken.
Mach ich doch.
Aber die wissen ja schon, dass das jetzt eine Lüge war.
Was sagt?
Dann hat das schon mal nicht geklappt.
Vielleicht habe ich auch einfach sehr viel von dir gelernt und bin einfach sehr gut geworden im Lügen.
Dass du sogar so ein ausgebautes, schlaues System einfach, wie nennt sich das, austricksen kannst.
Ja, dann bringt das jetzt auch nichts, das weiter zu spielen.
Dieses Schedule werden wir nicht empfehlen.
War trotzdem schön.
Ich möchte jetzt gern zum Schluss nochmal auf das gewünschte Mordlust-Baby zurückkommen.
Wir hatten ja gefragt, ob, ja, wenn Thomas und Anka das halt schon nicht liefern können, ob jemand anderes vielleicht schon in den Startlöchern steht, also über Mordlust kennengelernt hat und vielleicht bald Nachkommen produziert.
Doch da hat sich ja nicht so richtig jemand gefunden.
Also Anka hat uns zwar noch ein bisschen Hoffnung gemacht, weil die hat ja jetzt einen neuen Freund, der Mordlust auch super findet.
Wie einen neuen Freund, Thomas war doch nie ihr Freund.
Ich weiß.
Aber sie hat ja so geschrieben, sodass das nicht mit denen geklappt hat.
Deswegen, naja.
Oh.
Ja.
Neue Entwicklungen.
Ich weiß nicht, ob ihr das sagen dürft.
Das müssen wir nochmal fragen.
Also was hat sie da hingeschrieben?
Öffentlich?
Das meint sie doch denn scherzhaft.
Okay.
Oder wir lösen jetzt hier gerade eine Beziehungskrise bei Thomas und seiner wirklichen Freundin aus.
Und auch bei Anka und ihrem Freund.
Naja, auf jeden Fall die Hörerin, also eine Hörerin von uns, die heißt Vanessa, die hat uns auch so ein bisschen Hoffnung gemacht, weil die ist über Mordlust wieder mit ihrem Ex zusammengekommen.
Wirklich?
Mhm. Aber ansonsten hat sich ja diese Kommentarspalte überraschend schnell zu so einer Art Zeitungsanzeige entwickelt.
Ja, Singles.
Ne?
Da wird, ja.
Ja, Fahrradparty auf Mordlust, der Podcast.
Voll.
Also da werden Single-Frauen zwischen 25 und 35 in der Nähe von Stuttgart gesucht und Typen aus Hamburg oder aus dem Münsterland zwischen 26 und 33.
Und dann wurde dieser Schrei nach einem Mordlust-Tinder eben laut.
Und unser Hörer Sören hat dazu auch gleich den passenden Slogan geliefert, bis das der Tut uns scheidet.
Geil!
Können wir damit Geld verdienen?
Also, bis wir jetzt mit dieser Dating-App rauskommen, würde ich allen jetzt nochmal, auch die kein Instagram haben oder die noch nicht unter diesen Post geguckt haben, weil sie auch was anderes erwartet haben, raten, da nochmal runterzugucken, wenn man irgendwie jetzt gerade nach der großen Liebe sucht oder auch nur nach jemandem, mit dem man Mordlust hören kann, weil das gibt's da auch.
Das ist das Bild, wo Laura und ich so ein bisschen angetrunken aussehen und Weingläser in der Hand haben.
Genau.
Und vielleicht gibt es dann ja für uns auch noch die Hoffnung, dass bald mal ein Baby mit dem Namen Paul oder mit Lina das Licht der Welt erblickt.
Das war ein Podcast von FUNK.