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#70 Auftrag: mord

Mordlust
Paulina, hast du schon mal was von Wikifeed gehört?
Nee, hat das was mit Vicky dem Wikinger oder mit Wikipedia zu tun?
Ja, so mit Wikipedia.
Und zwar bin ich auf diese Seite heute durch den Cyberkriminologen Dr. Thomas Gabriel Rüdiger gestoßen,
der ja auch schon mal bei uns zu Gast war.
Der hat nämlich auf seiner Instagram-Seite geschrieben, dass sich eine österreichische Crime-Podcasterin an ihn gewandt hat,
weil Fotos von ihren Füßen auf Wikifeed aufgetaucht sind.
Ach, Feed im Sinne von Fuß. Ich dachte, Feed wie ein Insta-Feed.
Also quasi ein Wikipedia von Füßen.
Toll.
Und zwar vor allem von Frauen.
Das kommt ja überraschend.
Wusste ich gar nicht, dass Frauen bei Männern gar nicht so den Fußfetisch haben.
Ich dachte, die finden das auch so toll, die knubbeligen Hobbit-Füße anzustarren.
Da gibt es auch eine Sektion mit Männerfüßen.
Auf jeden Fall gibt es da halt von allen möglichen Personen aus dem öffentlichen Leben die Füße.
Und die werden dann halt auch bewertet mit Noten und auch immer mal wieder so in so einen sexuellen Kontext gestellt.
Natürlich, das ist ja rein sexuell.
Da steht dann sowas wie, absolutely hot those toes.
Und dann so Herz-Smileys und Kuss-Smileys.
Oder dein Füßchen einfach zum Anbeißen.
Und weil du das gerade gesagt hast mit den Hobbit-Füßen, also da findet man auch solche.
Also wenn die Füße dann nicht so als schön empfunden werden, dann wird das oft als Beschreibung genutzt.
Dass das Hobbit-Füße sind.
Ja!
Ja, okay.
Also ich habe ja Erdnuss-Füße.
Das ist ja das Allerwitzigste.
Wusstest du das noch nicht?
Nee.
So nennt man das in unserer Kraser-Familie.
Weil die haben alle irgendwie so einen Knubbel.
Also gerade sozusagen der Zeige-Zeh.
Und die sehen halt aus wie Erdnüsse.
Also oben ein bisschen dicker, dann wird es dünner und dann wieder dick.
Und ich muss sagen, auf meinem linken Fuß habe ich sogar eher ein Erdnuss-Flip-Zeh, weil der sogar so ein bisschen zur Seite gebogen ist.
Ah, okay.
Wahrscheinlich ist das der Grund, warum ich unter deinem Namen halt noch nichts gefunden habe.
Ich habe ja echt gar nichts gegen den Fetisch an sich.
Nur jetzt gab es bei mir auch eine Zeit lang, wo ich halt viel offene Schuhe im Fernsehen getragen habe.
Und ich fand es echt nervig, dass so krasse Fuß-Fetis in meiner DMs geslidet sind.
Also es kann ja echt jeder ausleben, aber halt nicht mit meinen Erdnüsschen.
Nee, das stimmt auch.
Also das geht auch nicht.
Und auch nicht, dass man irgendwie die Fotos von den Profilen nimmt und die dann einfach ungefragt auf dieser Wiki-Feed-Seite hochlädt.
Und dann halt für sexuelle Bedürfnisse zweckentfremdet.
Ja, und das Eklige daran ist halt auch, dass man sich so hilflos fühlt.
Also jemand benutzt irgendeinen Teil von dir für etwas, zu dem man ja nie Ja gesagt hat.
Ich finde das einfach krass übergriffig.
Ja.
Ich hatte tatsächlich einmal, da war ich auch sehr irritiert.
Fussel hat ja manchmal diesen, ganz selten diesen Spieldrang.
Mhm.
Den zieht der ja auch so an Socken.
Und das war halt im Winter und ich hatte zwei so dicke Wollsocken übereinander an.
Und das sah halt aus, als hätte ich Klumpfüße gehabt.
Und der Fussel hat dann da immer so an der Socke drangezogen.
Und ich habe davon ein Video gemacht, weil ich das so witzig fand.
Und das habe ich auf Instagram gepostet.
Also ich hätte mir wirklich kaum etwas Unerotischeres vorstellen können.
Und darauf hat dann jemand geschrieben, oh geil, der Hund soll die den Socken ausziehen und den Fuß nackt machen.
Also eine ganz unschuldige Situation und auf einmal wird der Köterich Darsteller in irgendeinem Erotikfilm im Kopf dieser Person.
Okay, und was hatte die Podcasterin jetzt eigentlich gemacht?
Ja, die hat das offenbar irgendwie bei der Seite gemeldet oder so, weil ich habe ihre Seite mit ihrer Fußbewertung und ihren Fotos dann auch nicht mehr gefunden.
Mhm.
Also man beschäftigt sich ja als Crime-Podcasterin mit so allerlei Abgründen, aber auf sowas bereitet einen es jetzt auch nicht wirklich vor.
Nee.
Und damit herzlich willkommen zu Mordlust, einem True-Crime-Podcast von FUNK, von ARD und ZDF.
Wir reden hier über wahre Verbrechen, ihre Hintergründe und unsere Füße.
Mein Name ist Paulina Kraser.
Und ich bin Laura Wohlers.
In jeder Folge gibt es ein bestimmtes Oberthema, zu dem wir zwei wahre Fälle nacherzählen, darüber diskutieren und auch mit Experten und Expertinnen sprechen.
Wie ihr gehört habt, reden wir hier auch mal zwischendurch ein bisschen über andere Themen.
Das heißt aber nicht, dass uns die Ernsthaftigkeit für das Thema Verbrechen fehlt.
Das ist einfach für uns immer so eine Art Comic-Relief, damit wir zwischendurch auch mal durchatmen können.
Das ist aber natürlich nie despektierlich gemeint.
Heute geht es um den Auftragsmord.
Und der bezeichnet die Tötung eines Menschen durch eine oder mehrere Personen, die wiederum von einer oder mehreren Personen, einer Organisation oder einem Staat dazu beauftragt wurde.
Und dafür bekommen die Täter in Geld oder irgendeine andere Art von Belohnung.
Also wenn Fussel mich jetzt fragt, ob ich den Schäferhund von dem an für 100 Euro abmuckse und ich das mache, dann handelt es sich dabei um einen Auftragsmord.
Müssen wir kurz dazu sagen, dass es rein richtig gesehen jetzt tatsächlich dann kein Mord wäre, weil es sich um eine Sache handelt.
Nicht, dass die Leute, die diesen Gag mit Fussel nicht kennen, denken, das ist dann wirklich ein Mord.
Also das ist hier ein Sinnbild und das ist, weil Fussel den Schäferhund von dem an hasst.
Also wäre der Schäferhund von dem an ein Mensch, dann wäre es ein Auftragsmord.
Und wahrscheinlich müsste Fussel auch ein Mensch sein.
Ja, ich glaube, ansonsten würde man dich eher irgendwo einweisen.
Der Hund hat mir aber den Auftrag dafür gegeben.
Ja, es ist schon ein Sinnbild, aber für uns ist Fussel halt auch keine Sache, sondern ein Mensch.
Ein menschliches Wesen.
Und für manche sogar ein Anheizer in seinen sexuellen Fantasien.
Ja, und der Begriff Auftragsmord ist aber kein juristischer, weil wegen der Bezahlung aber in der Regel das Mordmerkmal, der Habgier erfüllt ist, handelt es sich tatsächlich meistens um den Tatbestand des Mordes.
Und von so einer Geschichte erzähle ich euch jetzt.
Und sie erzählt von einem Mann, der das Schicksal von vielen Menschen besiegelt hat, darunter auch drei Frauen, die ihm eigentlich da standen.
Es ist das Jahr 1974 in Hamburg.
Wenn man abends zur Disco geht, wie Werner an diesem Tag im Herbst, dann tönen Waterloo von ABBA und I Shot the Sheriff von Eric Clapton aus den Musikboxen.
Die Männer haben etwas längeres Haar, tragen meist Schnauzer und Frauen wollten damals keine Bubble Buds, sondern Föhnfrisuren.
Hätte Werner Pinsner sich an diesem Abend nicht dafür entschieden, ins Big Ben im Stadtteil Bambeck zu gehen, dann wäre das Leben einer Frau sicherlich ganz anders verlaufen.
Aber als Werner und Juttas Blick sich an diesem Abend kreuzen, ist ihr zukünftiger Weg besiegelt.
Jutta ist eine zierliche Frau, die nicht nach Abenteuer und weiter Welt oder Erfolg aussieht.
Sie ist behütet aufgewachsen, arbeitet als Bürokraft in einer Bank und ist sehr zurückhaltend.
Werner ist genau wie Jutta 27 Jahre alt und anders als sie.
Viel direkter, viel weniger ängstlich, viel dominanter und er will viel mehr von der Welt als seine Auserwählte.
Werner hat was, das Jutta anzieht.
Und eine Frau und eine kleine Tochter.
Deswegen können die beiden sich am Anfang nicht so häufig sehen.
Die Affäre ist etwas Verbotenes, etwas, das eigentlich so gar nicht zu Jutta passt.
Deswegen nennt sie Werner manchmal ihr Abenteuer.
Was eigentlich gelogen ist, denn Werner ist für sie viel mehr als das.
Sie lässt sich von ihm leiten, beherrschen.
Er ist ihr Kopf.
Werner sagt, wo es lang geht und Jutta macht.
Und so macht Werner Jutta schon bald nicht nur von sich abhängig, sondern auch von den Drogen, die er ihr gibt.
Auch er selbst ist oft drauf.
Werner hat keinen Schulabschluss, hat schon als Kurier, Seemann, Fliesenleger und Schlachter gearbeitet, aber schnell gemerkt, dass bürgerliche Arbeit nicht wirklich was für ihn ist.
Warum soll man für etwas lange arbeiten, wenn man es sich auch einfach nehmen kann.
Doch mit kleineren Diebstählen lässt sich nicht wirklich etwas aufbauen.
Und so kommen Werner und zwei Freunde schon bald auf die Idee, ihr kriminelles Business größer aufzuziehen und einen Supermarkt zu überfallen.
Gut geplant ist der Raub nicht.
Der Geschäftsführer des Ladens wird bei dem Coop erschossen.
Oh.
Die drei können zwar mit 1500 D-Mark fliehen, werden aber nur wenige Wochen später verhaftet.
Werner wird zu zehn Jahren Freiheitsstrafe verurteilt und das noch frische Liebesglück von ihm und Jutta scheint erstmal pausiert.
Doch im Gegensatz zu Werners Ehefrau ist Jutta gewillt, ihrer Liebe auch hinter Gittern treu zu bleiben.
Während Werners Ehe geschieden wird, wird das Band zu Jutta immer stärker.
1976, zwei Jahre nachdem sie sich in der Disco getroffen haben, heiraten die beiden in der JVA Fools Büttel, besser bekannt als Santa Fu.
In den Jahren, die Werner in Haft sitzt, kommt er mit diversen Drogen in Kontakt, aber auch mit den Leuten, die damit dealen.
Typen mit Connections zum Hamburger Rotlichtmilieu.
Die draußen in ihrer Welt ansehen, genießen und Geschäfte abseits der bürgerlichen Karrierewelt machen.
Die dicke Autos fahren, brollige Uhren tragen und hübsche Frauen um sich haben.
Werner guckt etwas neidisch auf diese Welt, von der er nicht Teil ist.
Diesen Lebensstil könnte er sich für sich selbst und seine Jutta auch vorstellen.
Außerdem könnte er seiner Tochter so mal was bieten.
Bei einem seiner Freigänge, als er schon neun Jahre einsitzt, beteiligt er sich deswegen an einem Raubüberfall von seinem Mitinsassen Blau.
Blau will einen ADAC-Geldtransporter überfallen und findet, Werner ist der Richtige, um ihm unter die Arm zu greifen.
Die Waffe, die Werner mitnimmt, hat er sich im Knast von anderen Inhaftierten besorgt.
Nach dem Überfall legt er sie in sein eigenes Schließfach, das sich zwar außerhalb des eigentlichen Gefängnisses befindet,
aber halt auch irgendwie immer noch dazugehört, und nicht kontrolliert wird und geht dann wieder zurück in seine Zelle.
Im Milieu erzählt man sich von dem Überfall der Inhaftierten.
Die Dreistigkeit, so ein Ding noch während der Haftzeit zu drehen, macht die Runde.
Bis hin zu einem Mann, der Werners Schicksals Bekanntschaft wird,
Der ihn erst reich macht und dann ins Verderben stürzt.
Wir haben mittlerweile die 80er und das Rotlichtmilieu auf dem Hamburger Kiez verändert sich in seiner Grundsubstanz.
Noch bis vor kurzem hat man hier mit Sex das große Geld gemacht.
Doch das neuartige Virus AIDS geht um die Welt und sorgt für Unsicherheit und versaut das Geschäft.
Das Geld, um das sich die Zuhälterbanden bisher eh schon gestritten hatten, wird weniger
und die Gebiete auf der Reeperbahn härter umkämpft.
Vorher hatten vor allem zwei Kartelle das Sagen und im Rotlicht viel Geld gemacht.
Jetzt allerdings ist die sogenannte Chicago-Bande auf dem Vormarsch.
Die heißt so, weil ihr Hauptquartier im ehemaligen Eiskaffee Chicago ist.
Darüber ist natürlich ein Bordell.
Diese Jungs sind gerade in das neue, jetzt viel lukrativere Kokaingeschäft eingestiegen.
Und mit dem Wechsel der Haupteinnahmequelle auf dem Kiez ändert sich auch der Ton der Banden untereinander.
Die Chicagos gelten als besonders gefährlich.
Eine der Hauptfiguren ist der Wiener Peter, der gern Pelzmäntel trägt.
Der kommt zwar aus Österreich, aber eben nicht aus Wien, aber auf dem Kiez ist das egal.
Als der Wiener Peter Anfang der 70er in das Geschäft einstieg, war er gerade mal 22 Jahre alt und ungewöhnlich ambitioniert, eine Kiezgröße zu werden.
Im Gegensatz zu vielen seiner Konkurrenten verbringt er seine Zeit nicht damit, sich etliche Muskeln anzutrainieren.
Er ist eher von schmaler Statur, was aber nicht heißt, dass es ihm an Durchsetzungskraft fehlt.
Die Chicago-Bande genießt ihren erbarmungslosen Ruf vor allem seinetwegen.
Bevor er auf den Kiez kam, hatte man Streitigkeiten untereinander mit Zahlungen oder Boxkämpfen gelöst, nicht aber mit Waffengewalt.
Der Wiener Peter hält nichts von den alten Geflogenheiten.
Und so erkämpft er sich mit Gewalt und Geschick innerhalb weniger Jahre eine ganze Etage im Palais d'Amour, was ihm viel Geld bringt.
Auf der Reeperbahn sagt man sich, vom Wiener Peter trennt man sich nicht, vom Wiener wird man getrennt.
Als 1981 sein Geschäftspartner, der Chinesen Fritz, mit dem er...
Was sind das für Namen?
Also der Chinesen Fritz teilt sich mit dem Wiener Peter, die einen Namen des Palais d'Amour.
Und der Chinesen Fritz wird aber im Lokal zur Ritze vom Barhocker geschossen.
Man ist zwar darüber geschockt, aber eigentlich eher weniger überrascht, dass das passiert ist.
Denn auch wenn letztlich nie geklärt werden kann, wer den Chinesen Fritz getötet hat, ist der Tod vom Geschäftspartner kein Verlust für die Chicagos.
Als der Wiener Peter vom Überfall des Geldtransporters hört, den Werner aus der Haft heraus begangen hat, ist er angetan.
Genau so jemanden braucht er.
Jemand, der skrupellos ist.
Jemanden wie Werner Pinzner.
Als Werner und sein Partner Blau bei einem weiteren Freigang im Palais d'Amour einkehren, bekommen sie dort gleich ein verlockendes Angebot.
Ein Zuhälter aus Kiel erpresst seine Ex-Frau, eine Bekannte vom Wiener.
Die hatte mal als Prostituierte gearbeitet, ist aber mittlerweile mit einem leitenden Beamten liiert.
Und da der nichts von ihrer Vergangenheit weiß, nutzt ihr Ex das jetzt als Druckmittel gegen sie.
Noch dazu streckt der Kieler Zuhälter seine Fühler auch gerade nach Revieren hier in Hamburg aus.
Der Wiener Peter will, dass dem Kieler jemand einen Denkzettel verpasst.
Man könne ihm doch mal einen Finger abschneiden.
Werner Pinzner hört sich das aufmerksam an, verneint dann aber.
Mit solchen Kleinigkeiten will er sich nicht abgeben.
Ich gehe hoch und knall den weg, sagt er.
Und schon sitzt er am nächsten Tag mit Blau im Auto auf dem Weg nach Kiel.
Werner trägt einen Blaumann aus einer Werkstatt, der ihn nach Elektrika aussehen lässt.
Die beiden klingeln, der Kieler Zuhälter öffnet die Tür.
Werner schiebt sich sofort in die Wohnung, hält ihm die Waffe entgegen und schießt.
Danach fahren er und Blau wieder zurück nach Hamburg und kehren abends ins Gefängnis zurück.
Vier Tage später wird Werner aus der Haft entlassen und beginnt seine Karriere auf der Reeperbahn.
Der Wiener Peter ist beeindruckt von Werners Kaltbildlichkeit.
Unter seinesgleichen prallt er jetzt mit seiner neuen Errungenschaft.
Das ist mein Killer vom Dienst.
Von dem Lohn, 20.000 D-Mark, kauft Werner Koks für sich und Jutta.
Er braucht es auch zum Arbeiten.
Die weiße Dame, wie man das Pulver damals nennt, macht ihn hemmungsloser.
Die weiße Dame ist auch der Grund für den nächsten Auftrag vom Wiener.
Einer seiner Geschäftspartner, der Bayern-Peter, ist ihr zu sehr verfallen, weshalb er seine Aufgaben im Bordell vernachlässigt.
Der Wiener Peter verliert deswegen Geld und will ihn loswerden.
Werner Pinzner lockt den Bayern-Peter daraufhin in eine Falle und täuscht ein Drogengeschäft vor.
Er erschießt ihn von der Rückbank des Autos.
Werner hat nicht gezögert, diesen Auftrag anzunehmen, denn immerhin hat der Wiener Peter ihn für die Beseitigung dieses Sicherheitsrisikos Beteiligungen an einem Bordell in Aussicht gestellt.
Die Polizei hat keine Ahnung, wer hinter diesen Taten steckt.
Mal ganz abgesehen davon, dass die beiden Taten örtlich nicht zusammenhängen, gibt es auch sonst nichts, was auf Werner hindeutet.
Wenn Werner polizeilich auffällt, dann nur wegen Drogendelikten.
Und dafür gibt es auf dem Kiez eine gute Anlaufstelle.
Anwältin Maria Keck.
Die Keck hat allerlei Mandanten, die es mit dem Gesetz nicht so genau halten.
Vor allem Drogenhändler sind darunter.
Dass Maria Keck es beruflich in das Milieu verschlagen hat, ist etwas erstaunlich, da auch sie aus ganz anderen familiären Verhältnissen kommt.
Ihre Eltern sind bei der Neuapostolischen Kirche gewesen, der Vater war sogar Prediger und erzog seine Kinder sehr streng.
Vieles, was andere Kinder durften, durfte die kleine Maria nicht.
Später wird sie sagen, dass sie zu ihrer Mutter kein gutes Verhältnis hatte und ihre erste Beziehung erst mit 23 führte, nachdem ihr Vater verstorben war.
Dass auch sie sich vom Rotlicht angezogen fühlt, lässt auf einen harten Cut mit ihrer Vergangenheit schließen.
Als eine der wenigen Frauen im Business sticht sie heraus, kriegt auf diese Weise Anerkennung.
Doch privat sieht es bei ihr ganz anders aus.
In der Ehe ist Keck nicht glücklich.
Ihr Mann ist an einer paranoiden Psychose erkrankt, ist aggressiv und Keck erduldet all das.
Er duldet das Männerbild, das ihr vorgelebt wird, in dem Frauen gehorchen müssen.
Und ist gleichzeitig angetan von Werner Pinsners Machismus.
Und zumindest in dieser Hinsicht ist sie gar nicht so weit weg von Werners Frau Jutta.
Die lebt zwar mittlerweile mit Werner und seiner Tochter zusammen in einer Zwei-Zimmer-Wohnung in Hamburg, wird von ihm aber nicht sonderlich gut behandelt.
Die Beziehung hinterfragt sie trotzdem nicht.
Sie fügt sich, macht alles, was er will.
Sie nennt ihn Gott und blickt zu ihm auf.
Doch auch wenn Werner bei Jutta und seiner Anwältin hoch im Kurs steht, weiß er doch, dass er auf dem Kiez eigentlich nichts zu sagen und keinen Einfluss hat.
Er denkt, er müsse sich mehr Respekt verschaffen.
Das Geld reicht zwar für eine Rolex, aber er hat noch lang nicht den Protzstatus seines Auftraggebers erreicht.
Im November 1984 wartet auf Werner der nächste Auftrag.
Schon wieder macht ein Geschäftspartner dem Wiener Peter Probleme.
Der Lackschuh-Dieter mit dem extravaganten Schuhfimmel beliefert inzwischen auch die Drogenszene in München mit Stoff.
Ein viel zu großer Teil davon landet allerdings in seiner eigenen Nase.
Noch dazu betreibt er zusammen mit dem Wiener Peter ein Bordell, für das er sich für 100.000 Mark auszahlen lassen will,
um seinen eigenen Drogendeals im Süden Deutschlands mehr nachzugehen.
Als Werner Pinsner und ein Komplize den Lackschuh-Dieter für ein Drogengeschäft in einem Wald in Süddeutschland locken,
schöpft der Lackschuh keinen Verdacht.
Auch ihn schaltet Werner durch einen Schuss mit seiner Waffe aus.
Doch mit der Tat an dem Hamburger Zuhälter in Süddeutschland beginnt die Kriminalpolizei langsam die Puzzleteile zusammenzusetzen.
Werner hat für seine Taten immer dieselbe Waffe benutzt.
Ein Kaliber 38.
Keine seltene Waffe.
Doch Werners Projektile haben alle einen leichten Rechtsdrall und werden deswegen beim Abfeuern mit einer Einkerbung markiert.
Dass der Wiener einen neuen Handlanger hat, der für ihn die Drecksarbeit erledigt, spricht sich auch im Kiez rum und verschafft dem Wiener immer mehr Respekt.
Das gefällt seinem Konkurrenten Waldemar Dammer, der ebenfalls Bordelle betreibt, offenbar gar nicht.
So entschließt er sich, dem Wiener Peter einen Denkzettel zu verpassen und hetzt zwei seiner Schläger auf den Wiener.
Die beiden Schränke überraschen den Wiener Peter in seinem eigenen Bordell Palais d'Amour auf kaltem Fuß und schlagen ihn dort zusammen.
Vor Zeugen und Zeuginnen.
Zwar sind die Verletzungen des Wieners nicht lebensbedrohlich, doch sein Ego scheint unwiderruflich angekratzt.
Und so schickt der Wiener Peter wieder seinen Killer vom Dienst los.
Diesmal auf Waldemar Dammer und seine Schläger, um die Demütigung zu rächen.
Ein paar Tage später spazieren also Werner und ein Komplize für 60.000 Mark in Dammers Haus und erschießen den überraschten Waldemar hinter seinem Schreibtisch.
Waldemars Schläger sind zwar nicht dort, aber sein Geldeintreiber, der nun anstelle der beiden herhalten muss.
Nach der Tat an einer weiteren Kiezgröße brodelt es.
Die Polizei gründet eine Sonderkommission.
Insgesamt gilt es, sieben Verbrechen aufzuklären, darunter auch die fünf Tötungsdelikte.
Als Täter vermuten sie jemanden im Umfeld des Wiener Peters und speziell Werner steht im Verdacht.
Im Herbst 85 wird er das erste Mal polizeilich vernommen.
Sie sind ihm ganz dicht auf den Fersen, aber um Werner verhaften zu können, fehlen ihnen noch Beweise.
Doch die Luft um Werner wird nicht nur wegen der Polizei dünner.
Auf dem Kiez lebt man gefährlich, wenn man zu viel weiß.
Und der Wiener Peter hat sich mit seinen Aufträgen erpressbar gemacht.
Noch dazu hält er seine Versprechen gegenüber Werner nicht, ihn an seinen Geschäften zu beteiligen.
Sollte die Polizei ihn kriegen, wäre Werner eh ein zu großes Risiko.
Und so entwickelt der Wiener Peter einen Plan, um Werner loszuwerden.
Doch bevor der Wiener Peter sich um seinen besten Mann kümmern kann, kommt die Polizei ihm schon zuvor.
Als sie den Boss eines Straßenstrichs hochnehmen, handelt der mit der Polizei einen Deal aus.
Er will als Kronzeuge gegen Werner Pinsner aussagen, um sich dadurch Vorteile zu sichern.
Jetzt haben sie genug für einen Haftbefehl gegen Werner Pinsner.
Es ist Dienstag im April 1986, als Jutta gerade die gemeinsame Wohnung verlässt, um etwas aus der Apotheke zu holen.
Unten in der Straße knallt es plötzlich.
Jemand hat Werners Auto angefahren.
Doch Werner bekommt davon gar nichts mit.
Als jemand an seiner Tür klingelt, öffnet Werner mit nur einem Handtuch bekleidet.
Der fremde Mann gibt vor, ihn über den Schaden informieren zu wollen.
Der fremde Mann hat den Unfall absichtlich verursacht.
Er ist Polizist.
Und gerade als er merkt, dass Werner nicht bewaffnet ist, packt er ihn und nimmt ihn in den Schwitzkasten.
Die Beamten buxieren Pinsner halbnackt aus der Wohnung.
Kurz bevor man ihn ins Auto setzt, entsteht ein Foto, das in die Rotlichthistorie eingeht und die Medienwelt aufscheucht.
Werner mit nacktem Oberkörper steht vor dem Auto, guckt aufgeschreckt in die Kamera, um ihn herum die Polizisten, die ihn festhalten.
Eine Bombengeschichte.
Das wittert auch Werners Anwältin Maria Keck.
Diese Story könnte hohe Einnahmen bedeuten.
Sie trifft sich mit einem Journalisten.
Für 15.000 Mark bekommt dieser exklusive Bilder und Informationen zugespielt, die er dann an den Stern verkaufen kann.
Für Maria Keck selbst ist die medienwirksame Verhaftung ihres Mandanten eher ein Segen.
Musste die Anwältin doch bisher eher kleine Delikte verteidigen, sieht sie jetzt ihre Chance, in einem spektakulären Mordverfahren zu glänzen und damit noch größere Fische an Land zu ziehen.
Und auch die Polizei erhofft sich einiges von Werner.
Sie haben nämlich nicht nur den mutmaßlichen Serienmörder geschnappt, sondern auch eine Quelle für massenweise Insiderinformationen.
Hat man erst einmal einen von ihnen, dann sind sie oft redefreudig, um sich selbst Vorteile zu sichern.
Die Chance, damit gleich mehrere Strippenzieher hochgehen zu lassen, scheint zum Greifen nahe.
Deswegen muss jetzt auf eines sehr viel Wert gelegt werden.
Auf Werner Pinsners Schutz.
Im Milieu hat sich nämlich rumgesprochen, dass auf Werner ein Kopfgeld von 300.000 Mark ausgesetzt sein soll.
Werner ist der wichtigste Zeuge gegen seinen eigenen Arbeitgeber.
Bereits bei der ersten Vernehmung prallt Werner mit seinen Taten.
Er erzählt davon, dass er die Menschen nicht als Menschen, sondern als Sachen angesehen hat.
Von Flensburg bis nach München hätte er getötet.
Und er lässt dabei immer wieder durchsickern, dass es sich vielleicht doch um mehr Tötungsdelikte als die fünf gehandelt haben könnte, die man ihm vorwirft.
Hier ein Gesprächsprotokoll aus der Vernehmung.
Vernehmung.
Nun wissen Sie ja selbst, dass nicht nur in der Öffentlichkeit die Zahl 8 immer wieder strapaziert wird.
Werner.
Ja, 8, 12 sogar, ne?
Die Zeitungen überbieten sich.
Vernehmung.
Ja, die Zeitungen überbieten sich.
Aber ich sag auch mal bewusst die Zahl 8, weil Sie die Zahl ja auch genannt haben.
Werner.
Ja, also wenn man davon ausgeht, dann sind das mehr als 8, ne?
Vernehmung.
Also ich geh jetzt mal von verendeten Tötungsdelikten aus.
Werner.
Da hab ich ja erst 5 gesagt, ne?
Aber Aufträge waren's ja mehr.
Aber das war mir alles so egal, wer da jetzt kommt und wer.
Ich kann mich mit so einem Blödsinn nicht verrückt machen lassen.
Wenn ich mich da lange noch mit beschäftigt hätte, Strategien zu entwickeln.
Ich stand ja auch unter Zeitdruck.
Und wenn du lange überlegst, dann machst du das lieber nicht.
Denn die Angst kommt bei mir ja auch.
Ich bin ja nicht der eiskalte Killer, den ihr da denkt, vor euch zu haben.
Oder die in der Bild-Zeitung steht.
Ich hab auch Angstgefühle.
Wenn ich darüber nachgedacht hätte, dass der Nachbar mich sieht, dann hätte ich mir
ein Bad angeklebt.
Dann hätte ich nur im Dunkeln gemacht, ne?
Ich wollte die Scheiße aber erledigt haben, ne?
Das war mein Geld.
Damit wollte ich Geld verdienen.
Werner will damit Folgendes bezwecken.
Er erhofft sich ein gewisses Entgegenkommen dafür, dass er den BeamtInnen immer wieder
neue Informationen zur Aussicht stellt.
Wenn ich Jutta nochmal 24 Stunden sehen darf, verrate ich euch alles, verspricht er.
Außerdem soll Jutta auch bei allen Vernehmungen von Werner dabei sein dürfen.
Teilweise geht die Polizei auf diese Forderungen sogar ein.
Und so sitzt Jutta oft mit dabei, wenn Werner mit seinen Taten prallt.
Jutta wirkt dabei eher eingeschüchtert und zurückhaltend.
Es ist aber die einzige Möglichkeit, wie die beiden noch Zeit miteinander verbringen können.
Im Gefängnis darf sie ihren Werner nicht sehen.
Ganz im Gegensatz zu seiner Anwältin Maria Keck.
Und das sorgt für Spannung unter den Damen.
Aus Briefen von Jutta, die Maria Keck selbst Werner ins Gefängnis schmuggelt, wird später
klar, dass Jutta eifersüchtig auf die Anwältin ist.
Trotzdem wendet sich Jutta, wenn sie mal nicht mehr weiter weiß, an Maria.
So erzählt sie ihr einmal, dass sie überlegt, sich das Leben zu nehmen.
Aber das redet die Anwältin ihr aus.
Sie hat andere Pläne und dazu braucht sie Jutta.
Über 70 Mal besucht die Anwältin Werner in seiner Zelle.
Und manchmal wird sie von Beamten dabei beobachtet, wie sie sich aus ihren Terminen mit gerötetem
Gesicht verabschiedet.
Im Gefängnis sagt man den beiden eine Affäre nach.
Dabei schmuggelt Keck nicht nur die Briefe, sondern auch Koks in den Knast und bespricht mit
Werner Interviews und überlegt sich, wie man die Geschichte größtmöglich vermarkten
kann.
Die beiden überlegen auch, welcher Schauspieler Werner in einer möglichen Verfilmung seines
Lebens spielen würde.
Werner ist für Götz-George.
Am 29.
Juli 1986 soll Werner ein letztes Mal vernommen werden.
Werner hatte den ermittelnden Beamten versprochen, Informationen zu einem weiteren Mordpreis
zu geben.
Doch eigentlich hat er gar nicht vor, der Polizei noch weiter in die Karten zu spielen.
Auf dem Schreibtisch sind Getränke und Snacks angerichtet.
Anwesend bei der Vernehmung sind zwei Polizisten, eine Protokollführerin und der ermittelnde Staatsanwalt
Wolfgang Bistri.
Die Polizei ist das Katz- und Mausspiel von Werner langsam leid.
Sie fürchten von Werner an der Nase herumgeführt zu werden, indem sie ihm mit Gefälligkeiten entgegenkommen.
Verwaltungsvoll blickt der Staatsanwalt in Richtung Werner und sagt, dann schießen Sie mal los.
Und das war gar nicht so gemeint, wie Werner es dann umgesetzt hat.
Werner springt auf und hat plötzlich eine Waffe in der Hand.
Das ist eine Geiselnahme, schreit er.
Der eine Polizist springt auf.
Werner ranzt ihn an, dass er sich wieder hinsetzen soll.
In dem Moment, als sich der Polizist wieder hinsetzt, drückt Werner ab.
Die Kugel durchschießt Staatsanwalt Bistri.
In dem Moment stürzen beide Polizisten aus der Tür.
Werner schießt ihn hinterher, trifft aber nicht.
Die Protokollführerin kriecht unter den Schreibtisch.
Mit einem anderen verbarrikadieren die Anwältin Keck und Jutta das Zimmer.
Werner greift zum Hörer und ruft seine mittlerweile 14-jährige Tochter an.
Ich liebe dich, spricht er in den Hörer.
Nachdem er auflegt, nimmt er seine Uhr ab, überreicht sie Maria Keck.
Sie soll die Uhr seiner Tochter geben, wenn das alles hier vorbei ist.
Dann fällt Jutta auf die Knie, als würde sie vor ihrem Gott beten wollen.
Die Protokollführerin blickt Werner entgeistert an, will wegschauen.
Aber dann sagt er, und du guckst zu.
Dann drückt er ab.
Danach erschießt Werner sich selbst.
Seine Gnadenlosigkeit macht auch vor ihm selbst keinen Halt.
Rückblick
Werner weiß, dass er einen Großteil seines Lebens ab nun im Gefängnis einsetzen muss.
Das kommt für ihn nicht in Frage.
Doch selbst wenn er fliehen könnte, statt Gefangenschaft würde draußen nur der Tod auf ihn warten.
Also beschließen er und seine Anwältin einen ikonenwürdigen Abgang.
Dennoch dazu Anwältin Keck danach in den Fokus des Mediengeschehens rücken wird.
Dieser Abgang ist auch der Grund, warum Keck Jutta davon abhält, sich selbst zu suizidieren.
Das würde den Plan kaputt machen.
Aus den Briefen, die Keck Werner ins Gefängnis schmuggelt, geht hervor, dass Jutta oft nicht so richtig mitkommt bei den Dingen, die die beiden aushacken.
Sei mir nicht böse, ich blick manchmal nicht durch.
Mein Kopf und meine nicht vorhandene Intelligenz, ich verstehe es nicht.
Manchmal hat sie Angst vor dem, was kommt.
Aber die Angst, ohne ihren Werner auf dieser Welt leben zu müssen, ist noch größer.
Vor der letzten Vernehmung hatte Maria Keck die Waffe an Jutta gegeben und die hatte sie in einem Geschirrhandtuch eingewickelt, in ihren Slip gesteckt und so auf die Wache geschmuggelt.
Vor dem Treffen mit Werner plaudert die Anwältin mit dem Staatsanwalt.
Die beiden haben zusammen studiert.
Auf der Toilette packt Jutta währenddessen die Waffe dann in die Tasche und schleust sie so unbemerkt ins Vernehmungszimmer am Staatsanwalt vorbei, als der den beiden Damen gerade die Tür aufhält.
Wie genau Werner die Waffe dann in die Hand bekommt, kann man am Ende nicht genau sagen.
Nach der Tat muss sich die Hamburger Justiz gewaltige Vorwürfe anhören.
Es geht um zu lasche Gefängnisregeln und Sicherheitsvorkehrungen und darum, dass die Polizei sich so lange von Werner Pinzler an der Nase hat herumführen lassen.
Die Justizsenatorin und der Innensenator müssen daraufhin ihre Ämter niederlegen.
Beide sind SPD-zugehörig.
Bei der Wahl im November, drei Monate nach dem Tod vom Staatsanwalt, verliert die SPD, obwohl die Umfragen vor der Tat eigentlich einen sicheren Sieg versprachen.
Von der glamourösen Karriere als Anwältin der Unterwelt, die Keck sich ausgemalt hat, bleibt am Ende nicht viel.
Nachdem bekannt wird, dass sie sowohl Drogen für Werner in den Knast geschmuggelt hat, als auch die Waffe besorgt hat, wird sie verhaftet.
Sie behauptet zwar, dass sie nur von einem erweiterten Suizid mit Jutta gewusst habe, warum die Waffe, die sie Werner besorgt hatte, aber mit fünf Kugeln geladen war.
Diese Frage bleibt unbeantwortet.
Außerdem lassen auch die Briefe von Werner und Jutta, die man bei ihm in der Zelle findet, auf ihr Mitwissen schließen.
Fünf Jahre nach der Tat wird Keck im zweiten Verfahren wegen Beihilfe zum Mord zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt und bekommt fünf Jahre Berufsverbot.
Im Prozess attestiert der psychiatrische Sachverständige Keck depressive Züge.
Sie habe sich aufgrund ihrer eigenen Vergangenheit und Ehe stark mit Juttas hilfloser Rolle identifizieren können.
Durch Kecks Leben haben sich immer herrschsüchtige und dominante Männer gezogen, denen sie nichts entgegensetzen konnte.
Offenbar hatte sie ihre Arbeit im Milieu selbst als Befreiungsakt ihrer Kindheit wahrgenommen, traf dort aber dann auf denselben Typ Mann.
Nach ihrer verbüßten Haftstrafe arbeitet sie dann wieder als Anwältin.
Deswegen habe ich ihren Namen auch geändert, genauso wie den vom Komplizen Blau.
Werners Tochter stirbt im Jahr 2003.
Sie war als Prostituierte tätig, drogensüchtig und erst 32 Jahre alt.
Eine Frage.
Jutta hat von dem genauen Plan nicht gewusst oder schon?
Doch, doch, die wusste das.
Die hat es nur manchmal zwischendurch nicht so richtig verstanden, offenbar.
Und sie hatte auch manchmal Zweifel.
Also in einem Brief stand auch so was, er soll doch bitte verstehen können, dass sie Angst davor hat.
Aber sie hat das schon gewusst, ja, ja.
Da weiß man ja gar nicht, was man sagen soll dem, den Staat, also warum musste der jetzt noch den Staatsanwalt umbringen und Jutta?
Also wenn er sich suizidieren will, ist das ja okay, aber er muss ja nicht noch andere Leute mit in den Tod reißen.
Ich finde das, ja, ich finde das zeigt so richtig für mich einfach, dass er so krass narzisstisch ist in allem, was er tut.
Ja, das Wort narzisstisch habe ich oft gelesen bei der Recherche.
Ich glaube tatsächlich auch, dass Jutta das so gewollt hat, weil sie sich nach den Infos, die ich habe, wirklich auch nicht als eigenständige Person gesehen hat.
Und der Staatsanwalt war halt einfach nur, um euch allen zu zeigen, ihr könnt mich mal.
Und das ist halt irgendwie wirklich noch eine Schippe obendrauf, ja.
Also er hat sich ja auch suizidiert, um dem Rotlichtmilieu den Ficker zu zeigen, von wegen, nicht ihr werdet mein Leben beenden.
Und aber gleichzeitig auch noch dem Staat, von wegen, euch nehme ich auch noch mit.
Ja, und halt der Polizei, weil er denen bei deren Ermittlungen ja wahrscheinlich auch nicht noch mehr helfen wollte.
Ja, weil das muss man auch wirklich dazu sagen, also man hat auch wirklich noch lange Zeit gedacht und denkt man auch noch heute, dass er mehr als die fünf Männer getötet hat.
Plus dann das, was auf dem Präsidium passierte.
Ja, und wie dreist muss man eigentlich sein, während eines Freigangs Menschen zu töten?
Also da muss man ja irgendwie schon einen ganz besonderen Charakter haben.
Nee, Laura, aber da hast du, glaube ich, auch nicht richtig zugehört, weil der hat doch gesagt, der war nicht der Eifkalti-Killer, den die da dachten, Vorsicht zu haben.
Der hat auch Angstgefühle.
Übrigens, Werner Pinzner wurde ja nie verurteilt für die Taten, die ich hier heute geschildert habe.
Er hat sie aber in den Vernehmungen gestanden und 1989 werden der Wiener Peter und noch zwei weitere Komplizen zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt.
Und in diesem Verfahren spricht das Gericht den Wiener Peter unter anderem wegen Anstiftung zum Mord schuldig.
Und dabei wird dann aber auch die Täterschaft von Werner Pinzner festgestellt.
Das ist also auch der Grund, warum ich das heute hier alles so als Tatsachen erzählen kann.
Und um diesen Straftatbestand geht es jetzt in meinem Aha, also die Anstiftung.
Ein Paragraf, der sehr kurz ist, deswegen kann ich den jetzt mal ganz vorlesen.
Das heißt also, weil ich jemand anderen die Drecksarbeit erledigen lasse und nicht selbst den Abzug drücke,
werde ich jetzt nicht automatisch weniger bestraft, als wenn ich die Tat selbst begangen hätte.
Die Anstiftung ist eine Teilnahmeform, genau wie die Beihilfe.
Und ich habe mich jetzt aber gefragt, wir hatten in Folge 15 mal, weiß nicht, ob ihr euch da alle noch dran erinnern könnt,
über die mittelbare Täterschaft gesprochen.
Und da hat Laura nämlich vom Katzenkönigfall erzählt.
Und in diesem Fall hat jemand als mittelbarer Täter fungiert,
weil die Person die Straftat durch eine andere Person begangen hat.
Also man benutzt da eine andere Person als Werkzeug.
Und da habe ich jetzt gedacht, das hört sich ja fast ähnlich an,
dann ist es nicht irgendwie dasselbe, wie wenn man jemanden mit einem Mord beauftragt.
Wenn ich aber die Tat durch eine andere Person begehe,
dann weiß ich von allen wichtigen Tatumständen und habe mir eine unterlegene Person ausgesucht,
um diese quasi auszunutzen für meine Tat.
Also ein bisschen kann man sich das so vorstellen,
als hat man so eine reale Marionette, die man bedient und die dann die Tat für einen ausführt.
Im Katzenkönigfall war das jetzt so, dass dem, der die Tat ausgeführt hat,
eingeredet wurde, dass es einen Katzenkönig gibt und dem müssen Opfer gebracht werden.
Und deswegen muss eine gewisse Person getötet werden, sonst sterben ganz, ganz viele andere Menschen.
Und die Menschen, die ihm das eingeredet haben,
die wollten diese Person aber eigentlich aus einem anderen Grund töten.
Und der mittelbare Täter und die mittelbare Täterin haben der ausführenden Person
dann auch noch ein Messer gegeben und der Person geraten, wie sie es machen soll.
Also eigentlich war es deren Tat.
Und ihre Willens- und Wissensherrschaft, so heißt das,
hat die Tathandlungsherrschaft der Marionette überlagert.
Die beiden im Hintergrund sind also selbst auch Täter und Täterin.
Und das ist bei der Anstiftung nicht so.
Der Anstifter nimmt nur Teil an der Tat und veranlasst dadurch eine fremde Tat.
Also man unterscheidet hier zwischen Täterschaft, wie beim Katzenkönigfall,
und der Teilnahme, wie bei dem Fall, von dem ich gerade erzählt habe.
Weil der Anstifter ist quasi eine Randfigur, muss aber den Tatentschluss hervorrufen,
wie der Wiener Peter halt bei Werner Pinsner eben.
Aber das war es dann eigentlich auch.
Also viel mehr Tatbeitrag gibt es auch nicht.
Man kann aber auch ein Kind, eine psychisch kranke Person oder eine volltrunkene Person anstiften,
sowas zu tun.
Also es muss nicht immer ein Profikiller sein.
Weil ob die Tatausführende Person schuldfähig ist, das ist erstmal egal,
weil jede der beteiligten Personen wird ohne Rücksicht auf die Schuld der anderen Person
nach ihrer eigenen Schuld bestraft.
In der Rechtslehre, da diskutiert man, ob folgender Fall auch eine Anstiftung ist.
Ich verursache eine verlockende Situation für Laura.
Also wir beide kennen uns jetzt nicht und ich platziere 1.000 Euro auf deinem Nachhauseweg,
in der Hoffnung, dass du das Geld dann nimmst und behältst.
Und dann würdest du dich nämlich der Fundunterschlagung strafbar machen.
Was meinst du?
Meinst du, das wäre eine Anstiftung oder nicht?
Also für mich ist es keine Anstiftung, weil es sozusagen ja keine Absprachen gegeben hat.
Also so würde ich das einschätzen.
Ja, das ist tatsächlich auch genau die Begründung des BGH.
Also ungefähr, weil der sagt, dass das alleine nicht ausreicht,
weil eine Art Kommunikation oder ein geistiger Kontakt zwischen Haupttäter oder Haupttäterin
und teilnehmender Person stattfinden muss.
Und ich meine, das ist ja auch eine ganz andere Fallkonstellation als jetzt ein Auftragsmord.
Weil ich dich ja in diesem Fall nur zu was anstifte, damit du dich strafbar machst.
Ja, und das wäre ganz schön gemein.
Ja, wird aber sicherlich ziehen bei dir.
Kann ich nicht ausschließen.
In meinem Fall gab es definitiv Absprachen und geistigen Kontakt.
Und die Geschichte zeigt, dass man sich seine Verwandtschaft zwar nicht aussuchen,
sich aber immer eine neue Familie aufbauen kann.
Fast alle Namen sind geändert.
Außer der Name der Hauptperson.
Und nun heißt sie genauso wie die Täterin aus meinem Fall aus letzter Folge.
Bitte nicht verwechseln.
Mit verquollenen Augen kommt Yvonne an diesem Donnerstag früher von der Arbeit nach Hause.
Wie jeden Sommer machen ihr die Pollen zu schaffen.
Die Antihistamin-Tablette schon intus freut sich die 27-Jährige auf die gekühlten Kamillenteebeutel,
die bereits seit heute Morgen im Kühlschrank auf sie warten.
Auf dem Weg in die Küche fällt ihr das Blinken ihres Anrufsbeantworters auf.
Sie drückt den Knopf.
Donnerstag, 6. Juni 2002, 10.18 Uhr, tönt die Computerstimme und dann hört Yvonne die ihres Vaters.
Yvonne, hier ist Papa. Ruf mich bitte sofort an, wenn du nach Hause kommst.
Sofort, ja?
In seiner Stimme liegt eine geradezu irritierende Ernsthaftigkeit,
weshalb Yvonne sofort die Handynummer ihres Vaters wählt.
Doch da springt nur die Mailbox an.
Deshalb versucht es Yvonne auf der Nummer ihres ehemaligen Zuhauses.
Dort nimmt Anna ab, die Freundin ihres Vaters.
Yvonne, Schatz, bitte setz dich erstmal, sagt sie aufgeregt.
Yvonne bleibt stehen.
Dann setzt Anna mit bebender Stimme fort.
Deine Mutter Andrea, man hat, sie haben, deine Mutter getötet.
Man hat sie umgebracht.
Yvonne erstarrt.
Was Anna danach noch sagt, nimmt sie nicht mehr wahr.
Die Umgebung um sie herum fängt an sich zu drehen, ihr Körper zu zittern.
Und dann ist alles schwarz.
Zur selben Zeit, 300 Kilometer entfernt in einem Vorort von Kassel,
nimmt die Soko Andrea ihre Arbeit auf.
Hier war am Morgen die Polizei gerufen worden,
nachdem im Flur eines Mehrfamilienhauses eine Frau tot aufgefunden wurde.
Das 46-jährige Opfer hatte noch um Hilfe geschrien, sodass ihr Nachbar aus seiner Wohnung kam und den Täter auf frischer Tat ertappte.
Doch als der Mann den Nachbarn entdeckte, warf er ein Messer nach ihm und verschwand.
Der Beschreibung nach ist der Angreifer zwischen 1,70 und 1,75 groß, mit dunklen Haaren.
Die Soko findet aber nicht nur die Tatwaffe, sondern unweit des Tatorts entfernt, außerdem die blutverschmierte Kleidung des Täters.
Und in einer der Hosentaschen einen ausgedruckten Fahrplan, der einen Weg von Düsseldorf bis zum nahegelegenen Bahnhof nachzeichnet.
»Haben Sie einen Bezug zu Düsseldorf?«, fragt der Polizist Yvonne am Telefon.
»Ja, dort leben meine Verwandten.«
Yvonne sollte den Polizisten gegen 18 Uhr anrufen, wurde ihr gesagt.
Doch viel erfährt sie in diesem Gespräch nicht.
Der Mann verspricht aber, sich bei Neuigkeiten direkt zu melden.
Die nächsten Tage sitzt Yvonne also wie auf heißen Kohlen,
hat ihr Handy immer ganz nah bei sich, um keinen Anruf der Polizei zu verpassen.
Doch neue Informationen bekommt sie nicht.
Dafür eine Einladung zur Vernehmung.
Eine Woche nach dem Tod ihrer Mutter sitzt Yvonne auf dem Polizeirevier.
Dort zeigt man ihr ein Phantombild des Täters, doch sie erkennt den Mann nicht.
Als nächstes folgen viele Fragen.
Unter anderem zu ihrer finanziellen Situation, die Yvonne unangenehm ist.
Die 27-Jährige hat vor kurzem Privatinsolvenz anmelden müssen.
Sie hatte vor Jahren für ihren Ex-Verlobten bei seiner Unternehmensgründung für einen Kredit gebürgt
und steht jetzt durch die Pleite dieser Firma vor ihrem finanziellen Ruin.
Bei einer zweiten Vernehmung ein paar Tage später geht es erneut um Yvonnes Insolvenz und da platzt ihr der Kragen.
Wieso geht es denn hier die ganze Zeit um mein Geld?
Sollte nicht der Mörder meiner Mutter gesucht werden?
Das sei richtig, aber aus dem Familienumfeld sei der Hinweis gekommen, dass Yvonne in finanziellen Schwierigkeiten stecke und das sei schließlich ein Motiv.
Immerhin habe sie eine Erbschaft zu erwarten, mit der voraussichtlich ein großer Teil ihrer finanziellen Sorgen getilgt werden könnte.
So der Beamte, der ihr gegenüber sitzt.
Also das ist ja krass, wie deine finanzielle Lage auf einmal zu einem Motiv werden kann.
Also wie die sich da gefühlt haben muss.
Ja, total. Die war auch sprachlos. Sie hat ja in dem Moment gedacht, sie wird hier als Verdächtige dann vernommen.
Während nach Yvonne auch andere Familienmitglieder befragt werden, untersucht man die Klamotten des Täters im Labor.
Dort findet sich nicht nur auf dem ausgedruckten Fahrplan ein Fingerabdruck, sondern auf einem Tuch auch DNA-Spuren.
Als die Informationen in die polizeiliche Datenbank eingespeist werden, dauert es nicht lang, bis ein Name ausgespuckt wird.
Henrik Kunz. Ein junger Mann, der bisher nur mit kleineren Delikten aufgefallen war.
Als die Polizei Anfang Juli in seiner Einzimmerwohnung steht, riecht es nach Urin.
Überall liegen Zigarettenkippen, Flaschen und Klamotten herum.
Henrik haust hier mehr, als dass er wohnt.
Der 21-Jährige hat keine Arbeit, sitzt die meiste Zeit vor der Playstation und kifft.
Wegen einer frühkindlichen Hirnschädigung leidet er unter Koordinationsstörungen.
Und weil seinem Vater die Behinderung peinlich war, hat er Henrik als Kind geschlagen.
Oh.
Als die PolizistInnen ihn mitnehmen wollen, gesteht der junge Mann sofort.
Und ein paar Stunden später werden zwei weitere Männer festgenommen.
Darunter Yvonnes Vater Klaus.
Klaus, das ist Yvonnes Held.
Das war schon immer so.
Als sie noch zu Hause wohnt und ihre Mutter mit ihr schimpft, ist es ihr Vater, der zu ihr hält.
Es gibt quasi zwei Teams in Yvonnes Familie.
Ihre Mutter und ihre kleine Schwester auf der einen Seite und Yvonne und ihr Vater auf der anderen.
Zu ihrer Mutter hat sie kein gutes Verhältnis, als sie aufwächst.
Denn sie plagt immer das Gefühl, dass ihre Schwester bevorzugt wird.
Als sie ihre Mutter mit neun Jahren einmal fragt, ob sie ein Wunschkind war, fängt die an zu lachen.
Sie erzählt Yvonne, dass sie eher aus Versehen gezeugt wurde.
Und weil das eben damals so war, haben ihre Eltern schnell noch geheiratet, bevor sie auf die Welt kamen.
Dieses Bild passt irgendwie zur Ehe ihrer Eltern, denkt Yvonne damals.
Denn nach außen spielen sie die perfekte und glückliche Vorstadtfamilie.
Doch hinter den Kulissen gibt es oft Knarsch.
Als Yvonne 15 ist, fängt Vater Klaus sogar eine Affäre mit der Nachbarin Anna an.
Da bröckelt das Bild vom perfekten Vater zum ersten Mal ein wenig.
Auch wenn Yvonne verstehen kann, dass ihr Vater sich eine andere Frau sucht.
Von ihrer Mutter wiegt er genauso wenig Liebe und Aufmerksamkeit wie sie selbst.
Mit 18 Jahren sieht Yvonne dann aus und sieht ihre Eltern ab dem Zeitpunkt nur noch bei Geburtstagen oder zu besonderen Anlässen,
wie zum Beispiel der Geburt ihrer jüngsten Schwester 1994.
Offenbar haben sich Klaus und Andrea wieder zusammengerauft.
Doch während Yvonne dann mit Mitte 20 ihre ersten eigenen großen Probleme hat
und in schweren finanziellen Schwierigkeiten steckt, läuft die Ehe ihrer Eltern letztendlich doch gegen die Wand.
Klaus lässt die Affäre mit Anna wieder aufleben,
Andrea kriegt das raus und wendet sich an einen Scheidungsanwalt.
Und damit beginnt der Rosenkrieg.
Yvonne bekommt insofern etwas davon mit,
als dass ihr Vater ihr immer wieder von den Streitereien erzählt und Andrea für alles die Schuld gibt.
Das Wichtigste sei ihm, das Sorgerecht für die jüngste, mittlerweile siebenjährige Tochter, zu bekommen, erzählt der Yvonne.
Deshalb bittet er sie, ein paar Vorkommnisse aus ihrer Kindheit aufzuschreiben,
an die sie sich erinnert, anhand derer man erkennt, dass Andrea ihr eine gefühlskalte Mutter war.
Yvonne will sich eigentlich nicht einmischen,
aber als Klaus sie immer wieder danach fragt, schreibt sie ihm letztendlich doch ein paar Szenen auf.
Darunter die mit der Frage nach dem Wunschkind.
Im laufenden Scheidungsverfahren wird Andrea das Aufenthaltsbestimmungsrecht der jüngsten Tochter zugesprochen
und so ziehen die beiden im Spätsommer 2001 in eine kleine Wohnung,
zwei Querstraßen vom Elternhaus entfernt.
Weil sich Yvonne bei der Scheidungsschlacht nicht auf die Seite ihrer Mutter schlägt,
ist Andrea von ihr enttäuscht.
Als Yvonne sie dann zu ihrem 46. Geburtstag anruft, eskaliert die Situation.
Andrea fragt sie, ob es stimme,
dass sie für ihren Vater Erinnerungen aus ihrer Kindheit aufschreibt und Yvonne bejaht.
Daraufhin ist Andrea aufgebracht.
Du bist für mich erledigt, du brauchst dich nicht mehr melden,
motzt sie in den Hörer und legt auf.
Dass ihr eigener Vater dafür sorgen wird, dass dies das letzte Mal war,
dass Yvonne die Stimme ihrer Mutter hört, weiß sie nicht.
Und das wird sie auch lange nicht glauben können.
Doch den Plan für Andreas Tod schmiedet Klaus bereits ein paar Monate nach diesem Telefonat.
Und im März 2002 weiht er die erste Person ein.
Auf einer Grillparty spricht er Mario an, den Freund seiner Nichte.
Mario ist seit ca. anderthalb Jahren Teil der Familie, aber auch irgendwie nicht.
Denn er wird nicht so richtig anerkannt.
Das hat mit seinen Geschichten zu tun.
Denn Mario erzählt, er sei jahrelang beim Militär gewesen,
habe sich zu Fuß von Afghanistan bis Lettland durchgeschlagen,
besesse eine Spedition und Immobilien und vieles mehr.
Nachweislich stimmt davon allerdings nichts.
Und das wissen die Familienmitglieder von Klaus.
Seinem Ruf hat auch nicht unbedingt geholfen,
dass er sich am Anfang allen als Tim vorgestellt hatte
und Monate später seinen Namen in Mario änderte.
Seiner Erklärung nach, weil er früher als Geheimagent gearbeitet hat
und sich nun schützen müsse.
Trotz alledem nimmt Klaus den 28-Jährigen bei diesem Grillfest zur Seite
und fragt ihn gerade heraus, ob er jemanden wüsste, der sich mit Mord auskenne.
Ja, also schon alleine wegen dieses beeindruckenden Lebenslaufes
ist ja zu sehen, dass das ein Mann vom Fach ist.
Ja, klar.
Alle in der Familie wissen von Klaus' Scheidungskrieg
und Mario ahnt schon, worauf das hinausläuft.
Klaus erklärt ihm, dass er nicht wolle, dass Andrea ihm das Kind wegnimmt.
Mario fühlt sich geschmeichelt, dass Klaus gerade ihn um Rat fragt
und verspricht, sich nach einer passenden Person umzuhören.
Allerdings kennt Mario nicht wirklich jemanden,
der zu so etwas imstande wäre
und hofft insgeheim, dass Klaus sich nicht noch einmal deshalb bei ihm melden würde.
Doch einen Monat später bekommt er von ihm 500 Euro
als sogenannte Anschubfinanzierung.
Bei erfolgreicher Suche könne er das Geld behalten,
erklärt ihm Klaus gönnerhaft.
Das Ganze müsse allerdings bis zum 20. Juni passieren,
denn danach sei die Scheidung durch
und dann würde das alles keinen Sinn mehr machen.
Klaus scheint einen Auftragsmord ernster zu nehmen,
als Mario gedacht hat.
Und nun ist er am Zug.
Ende Mai trifft er zufällig auf seinen alten Freund Hendrik,
der in Mario schon immer so etwas wie einen großen Bruder gesehen hat.
Er bewundert ihn und seine Geschichten von Militär und Geheimdienst,
die er ihm allesamt abkauft.
Und das weiß Mario.
Und so fragt er den 21-Jährigen,
ob er vielleicht jemanden kenne,
der sich etwas Geld nebenbei verdienen wolle.
Hendrik sagt,
Ja, ich.
Mario glaubt zwar nicht,
dass Hendrik der Richtige für den Job ist,
erzählt ihm aber trotzdem, worum es geht.
Ein Freund von Mario habe Schwierigkeiten mit seiner Ehefrau.
Die fordere zu viel Geld
und wolle das Sorgerecht für die Tochter.
Deshalb müsse die weg.
Das kann ich doch machen, sagt Hendrik.
Mario überlegt.
Bisher hat er niemanden gefunden,
dem er einen Mord zutrauen würde.
Und der 20. Juni rückt immer näher.
Und so entschließt sich Mario, Hendrik,
den Auftrag zu erteilen.
Als damit also ein potenzieller Täter gefunden ist,
trifft sich Mario mit Klaus,
um über Geld zu verhandeln.
Mit Hendrik hatte er das Thema noch gar nicht besprochen,
ist sich aber sicher,
dass so ein Auftragsmord nicht gerade günstig ist.
Gegenüber Klaus erklärt er,
man müsste dafür schon mit 10.000 bis 15.000 Euro rechnen.
Tatsächlich ist Klaus das zu teuer.
Ihm ist der Job nur 1.500 Euro wert.
Und Mario soll sehen, dass das trotzdem klappt.
Dann drückt er ihm einen Umschlag mit Geld in die Hand
und verabschiedet sich.
Und Hendrik, dem es eh nicht wirklich um das Geld geht,
sondern mehr um die Anerkennung seines Freundes,
willigt ein.
In den darauffolgenden Tagen
fährt Mario mit Hendrik den Weg zu Andrea ab,
erklärt ihm, was er beim Angriff anziehen
und dass er erst zur Tat schreiten soll,
wenn das Kind nicht mehr zu Hause ist.
Töten soll er die Frau mit einem Stich ins Herz.
Hendrik hört aufmerksam zu.
Er glaubt, Mario kenne sich aus,
schließlich sei er bei einer Spezialeinheit
des Militärs gewesen.
Am 5. Juni macht sich Hendrik dann abends auf den Weg.
Stunden später kommt er in dem kleinen Kasseler Vorort an.
Etwas zu früh,
weshalb er sich gegenüber des Hauses positioniert
und eine Zigarette raucht.
Bis endlich ein Kind aus der Tür kommt.
Kurz danach klingelt Hendrik genau an dieser Tür.
Als eine Frau öffnet,
die aussieht wie die auf dem Foto,
das ihm gezeigt wurde,
sticht Hendrik sofort zu.
Er zielt aufs Herz,
so wie es ihm gesagt wurde,
doch er trifft nicht.
Andrea taumelt nach hinten,
hält sich am Treppengeländer fest
und schreit um Hilfe.
Doch Hendrik sticht weiter zu,
bis er von einem Mann gestört wird,
der aus einer der Wohnungen kommt.
Als Hendrik zu Hause ist,
ruft er Mario an und bestätigt ihm die Tatausführung.
Alles hatte geklappt.
Dass er so gut wie alle Beweise am Tatort hat liegen lassen,
erwähnt er vor seinem Auftraggeber und Freund nicht.
Einen Tag später bekommt Hendrik von Mario die versprochenen 1000 Euro.
Damit begleicht Hendrik seine Schulden bei zwei Drogendealern,
die ihm bereits Schläge angedroht haben
und für den Rest kauft er sich ein gebrauchtes Mofa.
Während Hendrik das Geld auf einen Schlag ausgibt,
das er für den Mord an Andrea bekommen hat,
muss sich Yvonne von ihrer Mutter verabschieden.
Dabei erkennt sie sie gar nicht wieder.
Denn ihre Haare sind glatt und nicht wie sonst gelockt.
Offenbar waren sie so voller Blut gewesen,
dass man sie hatte waschen müssen, denkt Yvonne.
Und ihre Mutter trägt eine Bluse mit einem Kragen,
der so hoch ist,
dass sie ihren Hals komplett verdeckt.
Sicher, um die schweren Verletzungen zu kaschieren.
Yvonne spricht ein leises Gebet für sie und sich
und bittet Andrea für die Erinnerungsschilderung
im Scheidungsprozess um Vergebung.
Es ist der verzweifelte Versuch,
ihren Frieden mit ihrer Mutter zu schließen.
Als Yvonne Wochen später hört,
ihr Vater soll schuld am Tod ihrer Mutter sein,
glaubt sie an ein Missverständnis.
Sie kann sich nicht vorstellen,
dass er zu so etwas fähig sein soll.
Yvonne entscheidet sich aber dafür,
den Kontakt zu ihrem Vater vorerst abzubrechen
und auf den Prozess und dessen Ausgang zu warten.
Ihr ist klar,
dass das der einzige Weg für sie ist,
diesen zu überstehen.
Die Verhandlung beginnt im Juni 2003,
gut ein Jahr nach der Tat,
vor dem Landgericht Kassel.
Dort wird ihrem Vater Anstiftung zum Mord vorgeworfen.
Neben Klaus stehen auch Henrik und Mario vor Gericht,
wegen Mordes und ebenfalls Anstiftung zum Mord.
Gleich am ersten Prozesstag
legt Henrik ein voll umfassendes Geständnis ab.
Auch Mario war in den polizeilichen Vernehmungen geständig,
weshalb sein Verteidiger nun erklärt,
dass alle von ihm im Vorfeld gemachten Aussagen
im Verfahren genutzt werden dürfen.
Doch der, der hinter alledem steht,
leugnet alles.
Um das Gericht trotzdem von Klaus Schulz zu überzeugen,
werden verschiedene Zeugen und Zeuginnen geladen.
So sagen der Nachbar von Andrea und der Notarzt aus,
dass Klaus gelassen war,
als er seine blutüberströmte Frau am Boden hat liegen sehen.
Zitat, so als habe ihn das gar nicht berührt.
Auch Yvonne's jüngere Schwester sagt gegen ihren Vater aus.
Sie erzählt von lauten Streitereien und sogar von Handgreiflichkeiten.
Als Yvonne schließlich im Zeugenstand sitzt, wird sie vom Richter gefragt,
ob sie sich vorstellen könne, dass ihr Vater den Mord beauftragt hat.
Nein, ich kann mir nicht vorstellen, dass er den Mord in Auftrag gegeben hat,
antwortet sie wahrheitsgemäß.
Sie kann und will es sich aber auch nicht vorstellen.
Weil Yvonne während des Prozesses so hin- und hergerissen ist,
sucht sie sich Hilfe bei einem Psychotherapeuten.
Die Gespräche helfen ihr.
Auch damit, mit den immer schwerwiegenderen Hinweisen umzugehen,
die auf die Täterschaft ihres Vaters deuten.
Zum Beispiel, dass Klaus systematisch Geld zur Seite geschafft hat,
damit die Unterhaltszahlungen an Andrea und die jüngste Tochter geringer eingestuft werden.
So bröckelt das Bild ihres Vaters immer weiter.
Und trotzdem ist das Urteil für Yvonne ein Schlag ins Gesicht.
Alle drei werden schuldig gesprochen.
Henrik bekommt lebenslang für den halbdürkischen Mord an Andrea.
Mario bekommt neun Jahre und sechs Monate.
Und Klaus zwölf Jahre für Anstiftung zum Totschlag.
Aber nicht nur Yvonne ist geschockt.
Auch der Staatsanwalt.
Allerdings aus anderen Gründen.
Er sieht das Urteil nämlich als falsch an.
Für ihn hat sich Klaus der Anstiftung zum Mord schuldig gemacht
und nicht der zum Totschlag.
Deshalb geht er in die Revision.
Und es dauert nicht lange, bis der Fall neu aufgerollt werden muss,
denn der BGH kritisiert das Urteil scharf und hebt es auf.
Es legen weitreichende und umfassende Rechtsfehler vor.
Für Yvonne bedeutet das ein gefühlt nie endender Albtraum.
Natürlich will sie, dass ihr Vater die gerechte Strafe bekommt.
Doch für sie heißt der neue Prozess erneutes Aussagen,
erneute Beschäftigung mit der Vergangenheit.
Damit, dass sie am 6. Juni 2002 nicht nur ihre Mutter,
sondern auch ihren Vater verlor.
Im Juli 2005 muss sie ihm dann im Gerichtssaal wieder gegenüberstehen
und im Zeugenstand Platz nehmen.
Ihre Aussage jetzt besteht zu einem großen Teil daraus,
dass ihr Auszüge ihrer Aussagen aus der letzten Verhandlung vorgelesen werden
und sie gefragt wird, ob sie das noch immer so bestätigen würde.
Ja, sagt Yvonne, auf jede Frage.
Außer bei der Einschätzung zum Verhalten ihrer Eltern während des Scheidungsverfahrens.
Hier relativiert sie ihre Stellungnahme.
Als der Richter sie fragt,
sie sagten damals, ihre Mutter habe im Scheidungsverfahren alle Kompromisse abgelehnt.
Würden sie diese Äußerung heute ebenso machen?
antwortet Yvonne.
Wissen Sie, alle Informationen, die ich über die Scheidung meiner Eltern bekam,
stammten von meinem Vater.
Zu meiner Mutter hatte ich den Kontakt bereits ein Jahr zuvor abgebrochen
und ich lebte damals schon seit knapp 10 Jahren nicht mehr zu Hause,
sondern mein eigenes Leben 300 Kilometer entfernt.
Da ich meinem Vater vertraute, ging ich davon aus,
er würde mir in diesen Dingen die Wahrheit sagen,
wenn wir uns bei Telefonaten oder dem Osterbesuch 2002 über die Scheidung unterhielten.
Heute ist mir klar, dass ich an sich alles nur aus der Ferne beobachtet habe
und blind dem glaubte, was mir mein Vater berichtete.
Ich war zu keinem Zeitpunkt in das Geschehen integriert.
Daher kann ich dazu nichts weiter sagen.
Sechs Wochen später will ihr Vater allerdings plötzlich etwas sagen.
Denn er gesteht.
Hintergrund ist ein Deal,
auf den sich Staatsanwaltschaft und Verteidigung geeinigt haben.
Es hieß, sollte Klaus sich geständig zeigen,
würde er zwar wegen Anstiftung zum Mord zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt,
die Staatsanwaltschaft würde allerdings auf die besondere Schwere der Schuld verzichten.
Und so wird Klaus im August 2005 zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt.
Kurz nach dem Urteil kriegt Yvonne eine Nachricht vom Verteidiger ihres Vaters.
Klaus würde ihr ausrichten, er habe allein aus taktischen Gründen gestanden.
Er habe sich überreden lassen, um früher wieder aus dem Gefängnis zu kommen.
Selbstverständlich sei er immer noch unschuldig.
Als Yvonne das hört, kann sie nur laut lachen.
So lächerlich, so unglaublich absurd ist das Ganze.
Denkt ihr Vater wirklich, sie würde ihm das glauben?
Einen Mord gestehen, obwohl man es nicht war?
Mit dieser Aktion ist der Held aus ihrer Kindheit unwiderruflich gestorben.
Ihr Vater hatte einen Auftragsmörder engagiert, um ihre Mutter zu töten und das jetzt zugegeben.
Für Yvonne ist dieses zweite Urteil der Schlussstrich, das Ende ihrer Familie.
Doch für sie selbst bedeutet dies auch ein Neuanfang.
Denn Yvonne kämpft um ihre Zukunft.
Sie stottert ihre Raten ab, kann 2006 ihre eigene Heilpraktikerpraxis aufmachen
und schreibt ein Buch, in dem sie ihre Erfahrungen verarbeitet.
Sie lernt ihren heutigen Mann kennen und bekommt mit ihm einen Sohn.
Zusammen mit den beiden, ihren Schwiegereltern und zwei Hunden,
lebt Yvonne heute in einem Haus in Bayern.
Sie hat sich eine neue Familie aufgebaut und ihre alte hinter sich gelassen.
Was mir hier ganz besonders nahe geht, ist, dass die beiden einfach so auseinandergegangen sind.
Also Yvonne und ihre Mutter.
Also ich meine, gut, das war nicht so, die haben sich gestritten und dann ist jemand aus dem Haus
und dann ist die Person nicht mehr da gewesen.
Aber es ist halt trotzdem, du rechnest ja nicht mit sowas.
Nee, und was ich so schlimm finde, ist, dass sie an diesem Tag halt beide Elternteile verloren hat.
Ich meine, das zerstört ja auch dein ganzes Bild von dem, was du vorher von deiner Familie eigentlich hattest.
Auch wenn das jetzt bei denen keine Bilderbuchfamilie irgendwie am Ende mehr war, aber trotzdem.
Ja.
Viele Infos habe ich übrigens aus dem Buch mit dem Gesicht zur Sonne von Yvonne Holthaus.
Und darin spricht sie noch viel ausführlicher über diese Geschichte.
Im Fall von Klaus hat es ja eine Revision gegeben, weil man mit dem Anstiftung zum Totschlagurteil
nicht zufrieden war.
Warum man als Auftraggeber oder Auftraggeberin aber auch nur wegen Anstiftung zum Totschlag verurteilt werden kann,
auch wenn es sich bei der Tat um einen Mord gehandelt hat, das erkläre ich jetzt immer im Aha.
Bei Taten, wie wir sie heute in der Folge haben, sind ja immer mehrere Menschen beteiligt.
Und da muss sich das Gericht dann diese Person auch einzeln anschauen.
Zwar hängt eine Anstiftung von einer Haupttat ab, trotzdem gilt die Rechtskraftwirkung eines
Urteils nur für die Person, gegen die es ergangen ist.
Also das heißt, dass das Gericht bei der Beurteilung des Verhaltens des Anstifters beziehungsweise
der Anstifterin nicht an das Urteil gegen den Haupttäter beziehungsweise die Haupttäterin
gebunden ist.
Und so hat das auch das Landgericht Kassel gemacht.
Also sie haben sich bei Klaus dann nochmal Hendricks Tat angeschaut und gefragt, war das
Mord?
Und sie kamen wieder zu dem Schluss, ja, denn die Tat war heimtückisch begangen worden.
Das Mordmerkmal der Habgier konnten sie nicht feststellen, weil dieses Merkmal für
Hendricks nicht im Vordergrund stand.
Und da haben wir ja letzte Folge gelernt, dass das der Fall sein muss.
Und dann hat sich das Gericht noch gefragt, hat Klaus von dem tatbezogenen Mordmerkmal
der Heimtücke gewusst?
Also wusste er, dass Hendricks die Tat heimtückisch begehen wollte?
Und da kam sie zu der Antwort, nein, da Klaus Hendricks keine Anweisung erteilt hatte.
Die beiden hatten auch nie direkten Kontakt.
Also nur Anstiftung zum Totschlag.
Denn so ist die Rechtsprechung, wenn der Anstifter oder die Anstifterin das Mordmerkmal
des Täters oder der Täterin nicht kennt, dann ist er oder sie auch nicht wegen Anstiftung
zum Mord zu verurteilen.
Der BGH sagt in diesem Fall aber, dass man sich ja gar nicht sicher sein kann, dass Klaus
nicht wusste, dass Hendricks den Mord heimtückisch begehen würde.
Nur weil er keine genauen Anweisungen gegeben hat, heißt das ja nicht, dass er sicher wusste,
dass Andrea nicht heimtückisch ermordet werden würde.
Deshalb hat der BGH das Urteil ja auch zurückgewiesen.
Eine andere Kammer hat das nochmal überprüft und dann entschieden, Klaus hatte quasi von der
Heimtücke gewusst, beziehungsweise diese billigend in Kauf genommen.
Wäre es aber jetzt beispielsweise so gewesen, dass Klaus Hendricks gesagt hätte, bitte die
Andrea nicht leiden lassen, einen Schuss in den Kopf genügt und Hendricks hätte Andrea
dann aber auf grausamste Art und Weise getötet, dann wäre Hendricks wegen grausamen Mordes
verurteilt worden, Klaus aber nur wegen Anstiftung zum Totschlag.
Wenn Hendricks Andrea jetzt aus Habgier getötet hätte und Klaus davon gewusst hätte, dann
würden nach dem BGH auch beide wegen Mordes beziehungsweise Anstiftung zum Mord verurteilt
werden, auch wenn Klaus selbst die Tat gar nicht aus Habgier in Auftrag gegeben hätte.
Also geht da das täterbezogene Mordmerkmal quasi vom Haupttäter beziehungsweise Haupttäterin
auf den Anstifter beziehungsweise die Anstifterin über.
In diesem Fall, also bei diesen täterbezogenen Mordmerkmalen ist es aber so, dass die Strafe
durch Paragraf 49 gemildert wird.
Was ich bei diesen ganzen Konstellationen interessant fand, ist, wenn Hendricks jetzt gar kein Mordmerkmal
aufweisen würde und Klaus aber ein täterbezogenes, wie beispielsweise die Habgier, dann würde
Klaus genauso wie Hendricks nur in Anführungsstrichen wegen Totschlags beziehungsweise Anstiftung zum
Totschlag verurteilt werden.
Also wir können festhalten, es kann sein, dass die Tat an sich ein Mord war und der Anstifter
beziehungsweise die Anstifterin trotzdem nur wegen Anstiftung zum Totschlag verurteilt
wird.
Aber wenn die Tat an sich ein Totschlag war, kann es nie eine Anstiftung zum Mord gewesen
sein, auch wenn der Anstifter beziehungsweise die Anstifterin täterbezogene Mordmerkmale
aufweist.
Das heißt für mich, dass wenn ich jetzt jemanden töten möchte, um an das Geld zu
kommen, theoretisch ja besser beraten bin, einen Auftragskiller anzuheuern, weil ich
dann zumindest noch die Möglichkeit hätte, mit einer Anstiftung zum Totschlag davon zu
kommen, als wenn ich mir selbst die Hände schmutzig mache.
Du machst dir aber schon auch die Hände schmutzig.
Auch wenn ich nur die Anstifterin bin, meinst du?
Ja.
Wie wir ja in meinem AHA gelernt haben.
Ja.
Ja, das stimmt.
Aber das ist sowieso auch sehr theoretisch hier, denn in den meisten Fällen ist der
Auftragsmord, wie ich ja am Anfang gesagt habe, tatsächlich ein Mord, weil die Täter
in das Geld deswegen tun, also das Mordmerkmal der Habgier vorhanden ist und der Auftraggeber
oder die Auftraggeber das eigentlich auch weiß und so in der Regel beide wegen Mordes
beziehungsweise Anstiftung zum Mord verurteilt werden.
Also wir haben hier im Podcast ja vielleicht ein, zwei Mal von Auftragsmorden bisher berichtet.
Also es kommt halt auch nicht so oft vor.
Aber wie oft?
Dazu gibt es halt keine wirklich belastenden Zahlen.
Nach einer Analyse des Australian Institute of Criminology gab es zwischen 1989 und 2002
nur, in Anführungsstrichen, 69 vollendete Auftragsmorde in Australien.
ForscherInnen vom Kriminologischen Institut der Universität Birmingham kamen zu dem Ergebnis,
dass in 39 Jahren gerade einmal 35 Tötungsdelikte auf Auftragsmorde zurückzuführen waren.
Und aus weiteren Untersuchungen, die jetzt auch alle eher mit Vorsicht zu genießen sind,
weil sie sich halt auf relativ wenig Fälle berufen, geht hervor, dass die meisten Auftragskiller
männlich sind.
Aber die, die die Aufträge geben, sind offenbar zu beiden Teilen ungefähr gleich männlich
und weiblich.
Man könnte jetzt vielleicht auch meinen, dass die Zahl der Auftragstötungen so niedrig
ist, liegt vielleicht daran, dass es so viele professionelle Killer und Killerinnen gibt
und die Polizei, die dann halt danach nicht ausfindig machen kann oder so, weil sie halt
einfach wissen, wie sie ihren Beruf auszuüben haben und Spuren verwischen.
Aber so viele eiskalte Profi-Killer und Killerinnen gibt es dann offenbar doch nicht oder zumindest
sind nicht so viele bekannt.
Es gibt aber offenbar auch vier verschiedene Typen von AuftragsmörderInnen, zumindest laut des
Forscherteams der Uni Birmingham, das du eben erwähnt hast.
Da gibt es laut den WissenschaftlerInnen einmal den Novizen.
Das sind ErsttäterInnen, die halt zum ersten und meistens auch zum letzten Mal im Auftrag
von jemanden töten.
Und die haben kriminelle Energie und auch schon so ein paar Dinger gedreht.
Aber nur weil sie ErsttäterInnen sind, heißt es nicht, dass sie inkompetent sind.
In dieser Studie von denen gab es zum Beispiel einen 15-Jährigen, den die ForscherInnen in diese
Gruppe einordnen, der für 200 Pfund einen Menschen getötet hatte.
Und bei dem Fall war sich die Polizei sicher, dass es sich um einen Profi-Killer handelte.
Und nur weil der Junge vor seinen Freunden mit der Tat prahlte, konnte er am Ende überführt
werden.
Und neben solchen Novizen gibt es noch die Dilettanten.
Die sind in der Regel um einiges älter und haben kein Vorstrafenregister und deshalb auch
seltener Zugang zu Feuerwaffen.
Dieser Typ tötet also meist mit dem Messer oder den bloßen Händen.
Und er tötet, weil er in einer persönlichen Krise steckt.
Also zum Beispiel aus Geldnot.
So richtige kriminelle Energie fehlt dem aber, weshalb der Dilettant die Taten halt auch oft
am Ende nicht durchzieht.
Da gab es nämlich zum Beispiel einen Fall, wo der Auftragsmörder in die Wohnung des Opfers
einbrach, aber dann da mit dieser Person ins Gespräch kam und sich halt dann gegen den
Job entschied.
Ja, es kann echt nicht schaden, immer ein paar interessante Smalltalk-Themen auf Lager
zu haben.
Ja, zumindest wenn so ein Dilettant auf einmal vor einem steht und auf einem gehetzt wurde.
Der Geselle, so nennen es die Wissenschaftlerin, ist dagegen ein erfahrener Auftragsmörder, der
gut in der kriminellen Welt vernetzt ist.
Dadurch kommt er dann halt eben an alle möglichen Waffen, aber wird halt auch oft verraten, wenn
andere irgendwie in Schwierigkeiten kommen und man sich selber irgendwie retten will.
Wer nicht geschnappt wird, ist der sogenannte Meister.
Und das sind halt die AuftragsmörderInnen, die wir aus Film und Fernsehen kennen.
Also Profis, die laut den WissenschaftlerInnen in der Armee oder einer paramilitärischen Gruppe
das Töten gelernt haben und in der Regel dann auch für den Job anreisen und danach wieder
verschwinden.
Also ich würde jetzt Werner auch nicht so als Meister einschätzen, sondern eher in
diese Gruppe der Gesellen, ne?
Ja, auf jeden Fall.
Und Hendrik war auf jeden Fall ein Dilettant.
Ja.
Meistens handelt es sich tatsächlich aber um Novizen oder Dilettanten.
Denn in der Regel kommen die TäterInnen aus dem erweiterten Bekanntenkreis.
Schließlich hat nicht jeder Kontakt zu Profikillern.
Wie Laura ja schon gesagt hat, ist das Mordmotiv für die ausführende Person in der Regel das
Geld, weswegen sie sich halt meistens wegen Mordes aus Habgier schuldig machen.
Und bei den Auftraggebenden sind die Motive aber breiter gefächert.
In der australischen Untersuchung, von der ich eben geredet habe, von 163 Auftragsmorden
oder versuchten Auftragsmorden kam heraus, dass fast 20 Prozent auf die, wie sie es nennen,
Auflösung einer Beziehung zurückzuführen waren.
Also ich stelle mir darunter jetzt vor, entweder man ist gekränkt, irgendwelche Tötungen wegen
eines gebrochenen Herzens zum Beispiel oder eben Streitigkeiten wegen des Sorgerechts.
Ja, und das zweithäufigste bekannte Motiv ist Geld.
Also dass durch das Töten einer Person beispielsweise eine Lebensversicherung ausgezahlt wurde oder
ein Erbe.
Und bei dieser Art von Auftragsmord sind die Zahlungen in der Regel höher, als wenn es
jetzt zum Beispiel um Liebe geht.
Was ja auch irgendwie Sinn macht, denn die AnstifterInnen bekommen ja Geld, wenn die Tat
ausgeführt wird.
Und je mehr Geld da in Aussicht steht, desto mehr ist der Tod ihnen dann auch wert.
Normalerweise.
Ein Fall aus Deutschland zeigt, dass es auch AnstifterInnen gibt, die nichts zahlen wollen.
2017 entscheidet sich Rainer dazu, seine Ehefrau Anna umbringen zu lassen, um die Lebensversicherung
zu kassieren.
Er engagiert dafür aber kein Profi, sondern bringt seine Affäre Julia dazu, die Tat für
ihn durchzuziehen.
Und zwar, indem er ihr Lügen erzählt, wie zum Beispiel, dass seine Frau den gemeinsamen
Sohn schlägt, dass sie das ganze Geld ausgibt und so weiter.
Und aus Liebe zu Rainer will Julia ihm dann den Gefallen tun.
Und so schleicht sie sich im November 2017 in das Haus des Ehepaars und versteckt sich
im Keller.
Den Schlüssel hatte Rainer ihr kurz vorher übergeben, als er zur Arbeit fuhr.
Kurz Zeit später verlässt auch Anna, also die Ehefrau, das Haus, um den Sohn in die Schule
zu fahren.
Als sie wiederkommt, legt sie sich nochmal hin.
Und da kommt plötzlich Julia in ihr Schlafzimmer und attackiert sie mit einem Messer.
Anna versucht, die Angreiferin in ein Gespräch zu verwickeln, doch Julia stößt zu.
Schwer verletzt kann sich Anna dann auf den Balkon schleppen und um Hilfe schreien.
Oh Gott.
Julia kriegt Angst und flüchtet.
Und dieser Versuch war nicht der erste.
Julia hatte zum Beispiel zwölf Tage am Stück auf einem Parkdeck eines Kaufhauses auf Anna
gelauert, doch sich nie getraut.
Quatsch.
Zwölf Tage.
Bei einer Kreuzfahrt, die das Ehepaar machte, hatte Rainer Julia heimlich mitgenommen.
Nein.
Doch.
Aber auch hier traute sie sich nicht, der Ehefrau ihres Freundes näher zu kommen.
Das ist so gruselig, dass sowas alles hinter deinem Rücken passieren kann, ohne dass du das
mitkriegst.
Ja.
Und das Krasse ist, also Julia stellt sich dann irgendwann den Behörden von alleine und dann
stehen die beide vor Gericht.
Und Anna hat ihrem Mann die ganze Zeit über geglaubt, er habe nichts mit der Tat zu tun,
bis er im Gerichtssaal dann plötzlich gestand und sie daraufhin in Ohnmacht fällt.
Wie furchtbar.
Oh mein Gott.
Also da würde ich auch in Ohnmacht fallen.
Ja, die Richterin hat gesagt, das alles war wie ein schlechter Tatort.
Verrückt.
Ja.
Ja, und dieser Mann, also der Rainer, wollte der Julia auch halt nichts abgeben von dem Geld
oder so.
Auch das noch.
Auch das noch.
Ja.
Richtig böse.
Wie wir im Fall des Wiener Peters gesehen haben, hat ja auch der nicht nur aus finanziellem Interesse
töten lassen.
Mindestens einen der Morde hatte er in Auftrag gegeben, weil sein Konkurrent ihn ja verprügeln
ließt.
Also Rache.
Und tatsächlich soll das angekratzte Ego aber nur in 10% der Fälle für Aufträge verantwortlich
sein.
Und solche Delikte kommen dann auch eher in so kriminellen Organisationen vor, wie bei der
Mafia oder bei irgendwelchen Motorradclubs, wo es halt auch sehr viel um diese Ehrverletzungen
geht.
Ja, oder um zum Beispiel jemanden zum Schweigen zu bringen oder, keine Ahnung, den verfeindeten
Gangboss aus dem Weg zu schaffen.
Aber in diesen Kreisen, also organisierter Kriminalität, da schreckt man ja eh nicht so leicht vor so einem
Mord zurück, wie vielleicht woanders.
Da gibt es auch Gangs, die haben ihre eigenen Auftragsmörder.
In den 30er und 40er Jahren wurde sogar eigens für die US-amerikanische Mafia die sogenannte
Murder Inc.
gegründet, also tatsächlich wie so eine Firma, dessen einziger Zweck war, Morde für
die Mafia auszuführen.
Und wenn bei der Mafia oder halt innerhalb solcher Gangs Menschen von Auftragsmördern getötet
werden, dann sorgt das gar nicht so für so viel Presse.
Das ist halt anders, wenn zum Beispiel eine Regierung dahinter stecken soll.
Die Geschichte des Geheimagenten Sergei Skripal, die haben wir ja auch schon mal erzählt und das
ist halt so ein Fall.
Aber 2019 soll auch in Berlin ein politischer Auftragsmord stattgefunden haben.
Und zwar glaubt man, dass die russische Regierung den Mord an dem Georgier Selimchan
Changushvili in Auftrag gegeben hat.
Das Motiv des Kremls laut Bundesanwaltschaft.
Der Georgier war Gegner des russischen Zentralstaats und der prorussischen Regierung in Georgien.
Und dieser Mann wurde eben dann im August 2019 mitten in Berlin von einem Fahrrad aus erschossen.
Und weil sowas in Deutschland halt nicht so gern gesehen wird, gab es dann Ärger für Russland.
Nicht so gern.
Macht das nicht hier auf unserem, auf unserem Grund.
Und deswegen haben sie direkt mal zwei russische Diplomaten ausgewiesen.
Russland streitet bis heute den Auftragsmord ab und wies dann selbst zwei deutsche Diplomaten aus Moskau aus.
Lieb ich, wie erwachsen diese politischen Auseinandersetzungen immer geführt werden.
Finde ich auch.
Einfach immer alle Botschafter weg.
So, aber seit Oktober 2020 läuft der Prozess gegen Changushvillis mutmaßlichen Auftragsmörder hier in Berlin.
Also ich bin gespannt, ob das tatsächlich am Ende dabei rauskommt, dass die russische Regierung dahinter steckt.
Ob man das dann am Ende auch wirklich so sagen kann.
Wir haben ja schon mal halt, als wir über unschuldige Menschen im Gefängnis geredet haben, über den Wert eines Lebens gesprochen.
Zumindest über den Wert eines Tages bei uns.
Weißt du noch, wie war denn nochmal unser Wert?
Das war auf jeden Fall...
75.
Auf 75 Euro wurde es jetzt erhöht.
Nein, unser Wert.
Ach so.
Der war sehr viel höher.
Haben wir uns nicht so geäußert aus Gründen.
Okay, aber jetzt würde ich gerne mal von dir wissen, wie viel Wert dein ganzes Leben ist in Euro.
Das ist die dümmste Frage, die ich je gehört habe.
Weil wie viel soll ich denn sagen, wäre mein Leben wert?
Weil das würde ja bedeuten, du für eine Million nimm einfach mein Leben.
Was habe ich denn dann davon, von der Million?
Nee, du sollst es halt einfach einschätzen.
Wie viel dein Leben wert ist.
Aber für wen denn?
Für dich.
Weil bei...
Nein, ja, für mich...
Für mich ist mein Leben mein Leben wert.
Es gibt nichts Höheres.
Was zum Teufel?
Nicht, dass du dann...
Nicht, dass du dann eine Million Euro bekommst und dafür ich dein Leben.
Und du dann nicht mehr lebst.
Sondern einfach, wie du es einschätzen würdest, in Euro.
Weil du kannst ja auch einen Tag einschätzen.
Also kannst du auch ein Leben einschätzen.
Nee, also wirklich.
Einen Tag kann ich geben und dann lebe ich trotzdem noch weiter.
Und dann sage ich, oh, dass ich jetzt diesen Tag so einen anstrengenden Tag hatte.
Ich will dir doch gar nicht das Geld...
Ich will dir doch gar nicht das Geld dafür geben.
Nee, man kann schon ein Menschenleben, könnte man theoretisch einfach irgendwas sagen.
Du kannst ja auch sagen...
Ja, dann sag doch.
Ja, sag doch deins.
Ich habe gar nicht...
Die Frage ist...
Warum wohl nicht?
Eine Zillionen Euro.
Eine Oktrilliarden.
Okay, aber ich muss dir jetzt sagen, es gibt tatsächlich Berechnungen zum Wert eines statistischen Menschenlebens.
So heißt das nämlich in der Ökonomie.
Und da wird der Wert eines Lebens im Rahmen einer Kosten-Nutzen-Analyse in der Sicherheitsplanung,
also halt bei der Planung von Sicherheitsmaßnahmen am Arbeitsplatz berechnet, ja.
Was natürlich ethisch fragwürdig ist.
Das ist ganz dreckig.
Das gibt's, weil wenn man jetzt sagen würde, ein Menschenleben ist unendlich viel Euro wert,
dann könnte man ja theoretisch auch unendlich viel Euro für die Sicherheitsmaßnahmen ausgeben.
Deswegen, also das ist so der Gedanke dahinter.
Ich sag dir jetzt, wie viel bei einer deutschen Studie 2004 rauskam, ja.
Da kam ein Wert von 1,72 Millionen Euro für einen Mann.
Nein.
Und 1,42 Millionen für eine Frau.
Nein.
Das ist nicht.
Doch.
Also wo leben wir denn?
Ich weiß es nicht.
Das ist doch nicht deren Ernst.
Und welche Begründung war das?
Weniger Körpermasse.
Also mich wundert das jetzt echt, ja.
Weil, also mal abgesehen davon, dass wir Frauen statistisch gesehen ja auch länger leben.
Oder vielleicht ist ja auch das das Ding.
Weil wir dem Staat im Grunde mehr Geld kosten, weil wir länger leben.
Plus, verdienen wir durchschnittlich ja auch noch etwas weniger.
Ja.
Also vielleicht liegt es daran.
Hm.
Gut, ich habe jetzt nicht genau halt herausgefunden, mit welchen Zahlen sie dann am Ende das wirklich ausrechnen.
Wenn wir das noch rausfinden, reichen wir das nach.
Naja, auf jeden Fall, worauf ich eigentlich hinaus wollte.
Ich bin fassungslos.
Also, ich wollte darauf hinaus, dass niemand so viel Geld für ein Leben bei AuftragsmörderInnen bezahlt.
Ja, aber also wo ist jetzt hier der Zusammenhang zwischen ein Menschenleben ist statistisch gesehen so und so viel wert?
Und die Zahl brauchen wir zur Berechnung von Sicherheitsmaßnahmen zu wie viel kostet ein Auftragsmord?
Ja, also ich wollte zeigen, hier in Deutschland ist ein Menschenleben irgendwie eine Million Euro wert.
Aber so ein Leben auszulöschen ist halt viel, viel günstiger.
Ach so.
Weil eigentlich würde ich ja sagen, müsste der Täter oder die Täterin für sich ja anders rechnen.
Also ist das Geld, was ich für den Auftragsmord bekomme, die lebenslange Haftstrafe wert, die ich ja wahrscheinlich dann dafür kriege.
Ja, ja, und auch da muss ich sagen, wird nicht sonderlich wirtschaftlich gedacht, weil der durchschnittliche Auftragsmord, jetzt hier in Großbritannien, der kostet zumindest nur 17.494 Euro umgerechnet.
Ich tippe jetzt in meinen Rechner, sagen wir mal 17.500, ja, geteilt durch die lebenslange Haftstrafe in Deutschland, warte, komme ich auf 2,53 Euro am Tag.
Das ist nicht sonderlich lukrativ.
Nee, und man muss ja bedenken, das ist jetzt auch nur der Durchschnitt gewesen.
Manche haben das auch für nur 230 Euro gemacht, aber andere halt auch eben nur für 115.000 Euro.
Und in dieser ausführlicheren australischen Studie, da kam man auf einen niedrigeren Wert.
Da zahlten Auftraggeber in umgerechnet durchschnittlich 10.500 Euro.
Und offenbar unterscheiden sich die Preise auch online und offline extrem.
In diesem Business ist es online in der Regel teurer.
Laut einer aktuellen Studie der Michigan State University liegen da die Preise zwischen mehr als 4.000 und 100.000 Euro.
Und ich gehe jetzt davon aus, dass es daran liegt, dass man halt normalerweise, haben wir ja gelernt, in seinem Umfeld nach einem Täter oder einer Täterin sucht.
Und dass da dann halt nicht so viel gefordert wird, also so ein Freundschaftspreis sozusagen.
Hast du diesen Artikel gelesen von der Person, die viermal weitergereichten Auftragsmord überlebt hat?
Was? Viermal weitergereicht?
Also Person A hat Person B damit beauftragt, Person C umzubringen.
Ja.
Und hat gesagt, ich gebe dir dafür 250.000 Euro.
Und dann hat Person B aber gedacht so, ja, ich nehme mal das Geld, aber mache ich jetzt nicht selber.
Und hat Person D damit beauftragt.
Person D hat aber auch gesagt, ja, ja, ich nehme das Geld, mache ich aber nicht selber.
Und die haben das dann immer halbiert sozusagen.
Ah ja, okay.
Bis man irgendwann bei H angekommen war, gefühlt.
Und dann gab es halt viel zu wenig Geld mehr dafür.
Und dann hat der gesagt, hey, also dafür mache ich das nicht.
Und dann hat der dem Opfer Bescheid gesagt.
Und dann haben die aber sogar noch ein Foto gemacht und das so dargestellt, als würde der jetzt geknebelt und gefoltert werden.
Und danach ist der dann aber also das eigentliche Opfer zur Polizei gegangen.
Voll gut.
Also in diesem Fall ist am Ende sehr wenig Geld dabei rumgekommen.
Und das hat ja dann am Ende die Person dazu veranlasst, zu sagen, ich mache das jetzt auch nicht mehr.
Ja, ist ja richtig so.
Eine absurde Sache muss ich dir noch erzählen.
In dieser Studie aus Michigan, da wurden auch 20 Anzeigen aus dem Darknet und vier aus dem normalen Stichprobenartig angeschaut und analysiert.
Und da stand folgendes.
Haben sie Probleme mit harter Konkurrenz, den Nachbarn, ihrer Schwiegermutter oder dem Diktator ihres Heimatlandes?
Haben Steuerbehörden und Schuldner es auf sie abgesehen?
Ja.
Gibt es unangenehme Zeugen, die sie nachts wachhalten?
Oder ist eine dringend benötigte Erbschaft noch außer Reichweite?
Unsere Beauftragung löst fast jedes Problem, wo es auftritt.
Finde ich vielversprechend.
Unsere Killer sind immer bereit, an Orte zu reisen, an denen es keine Killer gibt.
Wir haben derzeit 48 Auftragskiller auf Abruf.
Daher würden wir ihnen den verfügbaren und günstigsten Auftragskiller je nach ihrem Standort zuweisen.
So, und dann haben die auch herausgefunden, was die Auftragskiller benötigen, um den Auftrag durchzuführen.
Und da gibt es so insgesamt neun Angaben, die gemacht werden müssen für so einen Ablauf.
Und ein paar verstehe ich so, Land und Stadt der Bestellung, Geschlecht, Alter, ungefähre Größe und Gewicht des Opfers, Körperbau.
Sozialer Status, also was die Person arbeitet, ob sie ein Geschäft hat, ist eine öffentlich bekannte Person.
Gibt es einen Sicherheitsdienst oder Begleitung und fährt die Person immer mit dem Auto oder geht sie zu Fuß?
So, und dann lebt die Person in einem Hochhaus oder im Privatbereich, ist das Territorium geschützt oder nicht?
Wenn es ein Hochhaus ist, gibt es einen Hausmeister.
Was wollen die denn mit dem Hausmeister?
Ja, der kann ja als unangenehme Zeuge dann fungieren.
Ja, aber das können die ganzen Nachbarn ja auch.
Was fragen Sie den denn? Wozu ist der wichtig?
Ich finde, das hört sich alles nicht so vertrauenswürdig an.
Wie heißt dieser Anbieter?
Das möchte ich nicht, dass die Leute danach googeln.
Aber vielleicht können die Leute uns sagen, wozu man den Hausmeister braucht.
Ja, das muss irgendeine Funktion haben.
Apropos Funktion, jetzt mal weg von den Auftragsmorden.
Wir haben auch eine und die war mir so vorher noch gar nicht bewusst.
Und zwar hatten wir Post und da hat uns eine Hörerin geschrieben, dass sie mit uns, also eigentlich nur so mit uns so richtig durch Corona kommt,
weil sie weiß, dass sie so alle zwei Wochen mal komplett in eine andere Welt abtauchen kann.
So viel auch übrigens zu den Gründen, warum man eigentlich True Crime hört.
Offenbar, um die Pandemie unbeschadet zu überstehen, damit man auch mal ein paar neue Reize bekommt,
damit man nicht irgendwann völlig gaga im Kopf wird.
Sonst hält man nachher noch ein Croissant auf einem Baum, irgendwann für ein gefährliches Tier.
Hä? Das hat sie geschrieben?
Nein, nein, nein, nein, das ist neulich passiert.
Da hat doch eine Frau in Krakau ein Croissant auf einem Baum gesehen.
Also sie hat gedacht...
Das hat sie gehört, hä?
Das war vor zwei Wochen.
Und dann dachte ich mir so, oh Gott, jetzt hat sich die Pandemie wirklich auf die Psyche der kompletten Bevölkerung gelegt.
Da dachte die Frau, das wäre ein gefährliches Tier und dann kamen da auch Leute und die Polizei und dann war das ein Croissant.
Wieso war das Croissant auf einem Baum?
Okay, aber jetzt zu der Hörerin und unserer Funktion.
Das ist ja schön, aber ich weiß jetzt nicht, ob True Crime und Verbrechen und Tod und alles, ob das unbedingt halt das Richtige ist, um eine Pandemie zu überstehen.
Aber wenn das für sie passt, dann bin ich gerne diese Funktion.
Hast du irgendwas, was dir neue Reize gibt gerade im Leben?
Also zum Glück, also ich war kurz vor, ich kann jetzt gar nicht mehr.
Kurz vor Croissant.
Ja, genau.
Aber das fühlen wahrscheinlich viele gerade.
Aber jetzt hat ja hier in London zumindest, stand jetzt gerade, Geschäfte wieder offen und sogar auch die Außengastronomie.
Das heißt, ich kann endlich wieder rausgehen und mir irgendwas bestellen und mich einfach draußen aufhalten und ganz viele Leute sehen und somit auch ganz viele Reize bekommen.
Deswegen geht's gerade bei mir.
Du lebst wirklich gerade in einer ganz anderen Welt als ich, ne?
Also ich hab mir, weil ich ja auch so ein Problem mit dem Kochen hab, jetzt Essen auf Rädern bestellt, weil ich das nicht mehr sehen kann, was ich mir immer mache.
Also jetzt nicht das von den Omas und Opas, sondern eher so für Fancy Berliner, aber hat mir auch nicht gefallen.
Ich hab überlegt, ob ich mir wirklich mal diese Seniorenkost bestelle.
Das schon so vorgekaut ist, damit man es auch...
Ich hoffe nicht für die Omas und Opas, dass es wirklich vorgekaut ist, aber ja, ich hab das ja bei meiner Oma damals miterlebt.
Ich fand das gar nicht so schlecht.
Wenn die das nicht wollte, hab ich den Brei immer gegessen.
Also ich fühle das total mit dem, dass man einfach mal wieder was anderes haben will.
Und ich muss sagen, als ich eben mir Trüffelpommes bestellen wollte und auf dieser Karte stand Truffel Chips, ja?
Und meine Freundin und ich so, boah, geil, weil wir darauf richtig Lust hatten.
Dann haben wir das bestellt und dann kam, fünf Minuten später, so ein ganz kleines Gläschen mit Chips.
Also wie deutsche Leute Chips kennen.
Und das hat, also es waren dann keine Pommes, sondern halt normale Chips und das hat sieben Pfund fünfzig gekostet.
Und es war wirklich so, also ganz klein, wo man eigentlich so eine Packung normalerweise für 30 Cent kaufen kann, weil es auch nur so eine kleine ist.
Es war es irgendwie trotzdem wert und toll, es einfach nicht zu Hause zu essen, sondern in diesem Laden draußen, in diesem Restaurant.
Und deswegen war es dann am Ende auch gar nicht so schlimm.
Also ich würde auch siebenfünfzig bezahlen, wenn ich mich irgendwo hinsetzen kann, um Trüffel Chips zu essen.
Ich bin an dem Punkt, muss ich sagen.
Ja, aber ich würde sagen, du geh raus und leb da dein Leben, was ich auch hatte vor zwei Jahren.
Und ich quäle hier meinen Körper weiter mit einseitiger Ernährung.
Ciao, ich muss weg.
Tschüss.
Das war ein Podcast von Funk.