00:00:00
Wir haben nach der letzten Folge, abgesehen von dem vielen, vielen, wirklich eigentlich fast durchweg positiven Feedback, vielen Dank dafür, auch einige Nachrichten bekommen mit dem Inhalt, den Fall, den habt ihr doch schon mal gemacht.
00:00:26
Wenn es irgendwann mal so weit sein sollte, dass wir Fälle unwissentlich doppelt machen, dann muss das hier alles beendet werden.
00:00:34
Denn wie ihr mitbekommen habt, gibt es, seitdem wir angefangen haben, immer mehr True-Crime-Podcasts, die sich mit den Fällen natürlich alle gegenseitig kannibalisieren.
00:00:45
Und die Lösung wäre jetzt, nur ein, zwei Crime-Podcasts mit deutschen Fällen hören und ansonsten halt nur so internationale.
00:00:54
Oder ihr müsst die Fälle halt leider doppelt hören, das geht auch.
00:00:57
Weil so viel Mord und Totschlag, wie es True-Crime-Podcasts gibt, gibt es dann doch nicht.
00:01:05
Aber ich höre auch gerne mal einen Fall in zwei verschiedenen Podcasts, weil es gibt ja ganz viele Arten und Möglichkeiten, wie man sowas erzählen kann.
00:01:14
Und ja, und manchmal hat halt der eine Podcast andere Informationen oder halt irgendwie eine andere Sichtweise oder Blickrichtung.
00:01:22
Ja, aber du möchtest auch immer schon vorher wissen, was in der Sendung passiert, die du dir dann später nochmal angucken möchtest.
00:01:35
Und ich gucke mir etwas ja nicht mehr an, wenn ich weiß, wie es ausgeht.
00:01:39
Oder würde es mir im Zweifel dann ja wahrscheinlich auch nicht anhören.
00:01:42
Ach so, wegen Spoiler.
00:01:44
Vielleicht wäre es aber auch eine Lösung, wenn die Gerichte nicht mehr nur das Urteil sprechen, sondern verkünden dann auch gleich, an welchem Podcast der Fall geht.
00:01:55
Ja, das finde ich auch gut.
00:01:57
Und damit herzlich willkommen zu Mordlust, einem True-Crime-Podcast von Funk, von ARD und ZDF.
00:02:02
Wir reden hier über wahre Verbrechen und ihre Hintergründe.
00:02:04
Mein Name ist Paulina Kraser.
00:02:06
Und ich bin Laura Wohlers.
00:02:08
In jeder Folge gibt es ein bestimmtes Oberthema, zu dem wir zwei wahre Fälle nacherzählen, über die diskutieren und auch mit Experten und Expertinnen sprechen.
00:02:16
Wir reden hier auch mal ein bisschen lockerer miteinander und wahrscheinlich besonders in der heutigen Folge.
00:02:22
Das hat aber was damit zu tun, dass das Thema so schlimm ist, dass wir uns zwischendurch mal ein bisschen wieder abholen müssen und mal durchatmen müssen.
00:02:30
Das ist aber natürlich nicht respektierlich gemeint.
00:02:32
Du hast es ja eben schon mal mit einem Wort gesagt.
00:02:34
Es geht um Kannibalismus, aber eben nicht um den der Podcasts, sondern halt um den richtigen.
00:02:41
Also dem Verzehr von Menschenfleisch durch Menschen.
00:02:45
Aber der Begriff Kannibalismus, der wird unabhängig davon verwendet, ob man jetzt vor dem Verspeisen getötet wird oder schon tot ist.
00:02:53
In unseren Geschichten heute ist dem so, aber das muss nicht so sein.
00:02:58
Und Kannibalismus bei Menschen gibt es schon ziemlich lange und auch aus ganz verschiedenen Gründen, auf die wir später nochmal zurückkommen.
00:03:07
Archeologische Funde sollen beweisen, dass das schon vor mehr als 800.000 Jahren so war, dass man da Menschenfleisch gegessen hat.
00:03:15
Also ich kann mir das immer gar nicht vorstellen, dass es Menschen so lange gibt.
00:03:19
Also dass es unsere Spezies schon zwei Millionen Jahre geben soll, das kann ich gar nicht glauben.
00:03:24
Also vor allem nicht, wenn ich so unseren Ist-Zustand ansehe, da würde ich eher denken, das ist noch der Prototyp.
00:03:30
Ja, und schade eigentlich, wenn man bedenkt, dass es uns auch gar nicht mehr so lange geben wird.
00:03:35
Also Potenzial nicht ausgeschöpft, würde ich mal sagen.
00:03:40
Okay, also und vor 800.000 Jahren, da hat man sich noch regelmäßig gegessen, oder was?
00:03:45
Man weiß natürlich nicht genau, ob das so war.
00:03:47
Also vor 800.000 Jahren, ich meine, wie soll man das heute beweisen?
00:03:52
Aber bei diesen Funden ist das halt so, also diese Funde von Knochen oder so, von Menschen,
00:03:58
das wird ja dann auch von diesen Archäologen und Archäologinnen interpretiert.
00:04:02
Also sicher ist es jetzt auch nicht.
00:04:04
Aber was sicher ist, ist, dass es halt immer diese Vorstellung schon gab,
00:04:08
dass es halt irgendwo, ganz weit weg natürlich, menschenfressende Völker gab.
00:04:14
Und das war auch schon im Mittelalter so eine Angst von Menschen.
00:04:17
Kann ich total verstehen.
00:04:19
Finde ich auch eine beängstigende Vorstellung sowas.
00:04:22
Ich mag auch Zombie-Filme gar nicht.
00:04:24
Aber also, auch wenn es das schon vor hunderttausenden von Jahren gegeben hat,
00:04:28
gibt es das Wort Kannibale, beziehungsweise Kannibalismus noch nicht so lang.
00:04:33
Das hat Christoph Kolumbus erst im 15. Jahrhundert mit nach Europa gebracht.
00:04:37
Der war nämlich auf einer von seinen Entdeckungsreisen vor der westindischen Insel Hispaniola geankert
00:04:43
und hat da in sein Logbuch geschrieben, dass die EinwohnerInnen ihm erzählt haben,
00:04:48
dass sie in ständiger Angst vor den Kannibar leben.
00:04:52
Hat er auch geschrieben, die EinwohnerInnen.
00:04:55
Ja, der war ganz vorne mit dabei bei der Geschlechtergleichheit.
00:05:01
Und diese Kannibar, die sollten nämlich angeblich einäugig sein,
00:05:06
Hundsgesichter haben und halt Menschen fressen.
00:05:09
Ach, du meine Mutter.
00:05:11
Und die waren eben die EinwohnerInnen der Nachbarinsel.
00:05:14
Eigentlich hießen die gar nicht Kannibar, sondern Karibar.
00:05:19
Und einäugig und Menschen fressend waren die auch nicht.
00:05:23
Aber trotzdem wird ja heute ein Menschen fleischessender Mensch Kannibale genannt.
00:05:31
Der Ethnologe Jörg Helbing von der Uni Luzern erklärt gegenüber dem Fokus,
00:05:35
dass diese Vorstellung vom menschenfressenden Wilden
00:05:38
damals von den europäischen Kolonialmächten sozusagen als Vorwand genommen wurde,
00:05:43
um halt die einheimische Bevölkerung zu unterwerfen und ihr Land auszubeuten.
00:05:47
Wieso sagt denn jemand, hier ganz weit weg oder auf der Nachbarinsel
00:05:53
gibt es Menschenfresser, um die zu unterwerfen?
00:05:56
Da sagen die doch ja und?
00:05:58
Nee, das insgesamt, das ist einfach nicht jetzt durch,
00:06:01
diese einen, die dann gesagt haben, die anderen,
00:06:03
sondern insgesamt dieses Bild vom menschenfressenden Wilden wurde sozusagen von den Europäern
00:06:08
einfach so halt eingeführt, um die halt, weißt du?
00:06:13
Ach, die haben gesagt, die, die unterworfen werden sollen,
00:06:17
das sind die menschenfressenden Wilden oder was?
00:06:20
Okay, aber das hat ja nichts mehr mit diesen Einäugigen zu tun.
00:06:22
Weil man sieht ja, dass die nicht einäugig sind.
00:06:26
Ja, genau, das hat nichts mehr mit denen zu tun.
00:06:30
Ja, und also auch heute sind die Menschen, über die wir sprechen,
00:06:34
keine Wilden oder Monster oder irgendwas,
00:06:37
auch wenn die Presse sie immer wieder gerne als solche darstellt.
00:06:40
Zumindest einige Formate, ne?
00:06:44
Und diese ganze Folge enthält Trigger.
00:06:46
Zum einen zum Thema Essen.
00:06:48
Und in meinem Fall auch zur sexualisierten Gewalt.
00:06:51
Also es wird auf jeden Fall abgründig, muss man echt sagen.
00:06:54
Und so ist das auch in der Geschichte jetzt.
00:06:57
Fast alle Namen sind geändert.
00:07:00
Wir sind in Hannover am 11. November 2013,
00:07:05
als am Nachmittag ein Mann auf der Polizeidienststelle erscheint.
00:07:09
Er berichtet, dass sein Geschäftspartner Marian Koslowski
00:07:13
jetzt schon seit ein paar Tagen zu mehreren Meetings nicht erschienen sei.
00:07:17
Er habe auch einige Male schon auf seinem Handy probiert anzurufen,
00:07:21
aber auch das sei ausgeschaltet.
00:07:22
Auch Marians Familie wisse nicht, wo er ist.
00:07:26
Deswegen wolle der Mann jetzt eine Vermisstenanzeige aufgeben.
00:07:29
Er habe ein ungutes Gefühl.
00:07:31
Guido, so der Name des Geschäftspartners,
00:07:35
und Marian haben zusammen eine Firma gegründet,
00:07:37
die sich um die Arbeitsvermittlung für osteuropäische FernfahrerInnen
00:07:41
an Speditionen kümmert und selbst auch transportiert.
00:07:43
Der Vermisste, Marian, ist 59 Jahre alt
00:07:47
und engagiert sich außerdem in der Kommunalpolitik der CDU.
00:07:50
Er ist verheiratet, lebt von seiner Frau aber getrennt,
00:07:53
hat eine Tochter im Teenager-Alter und eine Freundin.
00:07:56
Weil auch ihr letzter Kontakt zu Marian schon Tage her ist,
00:08:00
nimmt die Polizei die Vermisstenanzeige auf.
00:08:02
Gesucht wird nach einem freundlich ausschauenden Mann mit grauem Haar und Bart.
00:08:08
Bekannt ist nur, dass Marian zu einem Geschäftstermin nach Berlin wollte.
00:08:11
Von dort hat er seiner Freundin via Skype noch eine Nachricht geschickt.
00:08:15
Ich rufe dich morgen an.
00:08:16
Ich hab dich lieb.
00:08:17
Dort kann auch sein Telefon das letzte Mal verortet werden,
00:08:21
bevor sich dann jede Spur verliert.
00:08:22
Weil von Marian auch in den Tagen danach kein Lebenszeichen kommt,
00:08:26
beschließt die Polizei, sich Zugang zu seiner Wohnung zu verschaffen.
00:08:30
Zunächst gibt es dort nichts Auffälliges oder Anhaltspunkte,
00:08:33
die darauf hindeuten, wo er sein könnte.
00:08:36
Bis die BeamtInnen sich die gelöschten Dateien auf seinem PC genauer ansehen.
00:08:42
Darunter sind einige Mails von Anfang Oktober,
00:08:45
die darauf schließen lassen, dass sich Marian mit einem anderen Mann verabredet hat.
00:08:49
Die Mails fangen normal an, enden aber mit Dingen,
00:08:52
die sich keiner der ErmittlerInnen hätte vorstellen können.
00:08:55
Hallo, ich freue mich, dich zu sehen.
00:08:58
Ich komme aus dem Raum Hannover und bin praktisch jederzeit bereit.
00:09:01
Wann möchtest du mich?
00:09:03
Ich stelle mir das so vor, dass du das Datum bestimmst.
00:09:06
Es kann auch morgen oder an diesem Wochenende stattfinden.
00:09:09
Dann treffen wir uns irgendwo am neutralen Punkt,
00:09:12
von dem du mich abholst.
00:09:14
Am selben Tag, am Abend,
00:09:15
hänge ich dann schon in der Form der zwei Schweinehälften und kühle aus.
00:09:19
Deine Vorstellung?
00:09:22
Und der Betreff dieser E-Mail lautet
00:09:28
Die Antwort darauf?
00:09:30
Ja, das klingt gut.
00:09:32
Du kannst dich schon mal ab dem 20.10. drauf einstellen.
00:09:35
Ist das ein Scherz oder ernst gemeint?
00:09:40
Wer ist die Person, mit der sich Marian diese E-Mails hin und her geschickt hat?
00:09:44
Und wo ist Marian?
00:09:46
Es dauert nicht lange, da bekommt die Polizei weitere Hinweise.
00:09:51
Olga, die Freundin von Marian, berichtet,
00:09:53
dass Marian schon seitdem er Kind war,
00:09:55
ein Gedanke nicht losgelassen habe.
00:09:58
Wenn Marian früher von seiner Mutter gebadet wurde,
00:10:00
habe er sich vorgestellt, in einem Kochtopf zu sitzen.
00:10:04
Außerdem habe sich Marian oft in einem Forum rumgetrieben.
00:10:07
Eine Art Kannibalismus-Seite.
00:10:09
Dass das etwas mit seinem Verschwinden zu tun haben könnte,
00:10:13
daran hatte sie bisher aber nicht gedacht.
00:10:15
Die ErmittlerInnen sehen sich das Forum genauer an
00:10:18
und tauchen ein in die Abgründe,
00:10:20
mit denen sie vorher noch nie in Berührung kamen.
00:10:22
Der Slogan der Seite ist
00:10:25
Die Nummer 1 für exotisches Fleisch.
00:10:28
Die ErmittlerInnen finden heraus,
00:10:30
Marian hatte kurz vor seinem Verschwinden
00:10:32
über die Webseite Kontakt mit einem User namens Caligula31.
00:10:36
Caligula war ein römischer Kaiser,
00:10:39
ein grausamer Tyrann,
00:10:41
der mit seinem Cäsarenwahn Schrecken verbreitete.
00:10:44
Allerdings ist unter dem Benutzernamen
00:10:47
eine falsche Wohnadresse hinterlegt.
00:10:49
Doch den Benutzernamen Caligula31
00:10:51
gibt es noch einmal,
00:10:53
auf einer Plattform für Homosexuelle.
00:10:55
Dort ist der Klarname Udo
00:10:57
und andere Adressdaten hinterlegt,
00:10:59
die es tatsächlich gibt
00:11:01
und ins Gimlitz-Tal führen.
00:11:02
Einem kleinen, abgelegenen Ort,
00:11:05
rund 50 Kilometer von Dresden entfernt,
00:11:07
nicht weit von der tschechischen Grenze.
00:11:09
Unter dieser Adresse lässt sich eine alte Pension finden.
00:11:13
Das Gebäude war zu DDR-Zeiten ein Ferienheim
00:11:16
und liegt in einem abgelegenen Waldstück.
00:11:18
Auf der Webseite sieht das Gebäude
00:11:20
fast ein wenig romantisch aus.
00:11:22
Die untere Hälfte des Hauses
00:11:24
ist mit weißer Farbe bestrichen,
00:11:25
die obere mit schwarzen Ziegeln versehen.
00:11:28
6000 Quadratmeter
00:11:30
werden auf der Webseite angepriesen
00:11:32
Wir haben das Haus mit viel eigenem Schweiß
00:11:36
gemütlicher gemacht.
00:11:37
Es bleibt und soll bleiben
00:11:39
ein Haus des einfachen Lebens,
00:11:42
der Erholung in absoluter Ruhe.
00:11:44
Zimmer gibt es schon ab 20 Euro die Nacht.
00:11:47
Doch momentan ist die Pension
00:11:49
wegen Renovierung geschlossen.
00:11:51
Die Polizei in Hannover nimmt Kontakt
00:11:53
zu den KollegInnen in Sachsen auf.
00:11:55
Die sollen sich die Pension mal genauer ansehen.
00:11:57
Inhaber sind zwei Männer.
00:12:00
Einer mit dem Namen Udo.
00:12:02
Und als das Team aus Dresden
00:12:04
die beiden genauer unter die Lupe nimmt,
00:12:06
fällt einem Beamten auf,
00:12:11
Der Mann, den er wiedererkennt,
00:12:16
Udo Peters arbeitet beim Landeskriminalamt
00:12:19
und ist Sachverständiger für Handschriftanalysen.
00:12:22
Er gilt als absoluter Experte auf seinem Gebiet.
00:12:25
Seit 33 Jahren ist der Ende-50-Jährige
00:12:28
schon bei der Polizei
00:12:29
und gilt als angesehener Kollege.
00:12:31
Privat weiß man von ihm,
00:12:33
dass Udo früher mit einer LKA-Kollegin verheiratet war,
00:12:37
mit der er zwei Kinder hat.
00:12:38
Die beiden trennten sich,
00:12:39
weil Udo mit Männern fremd ging.
00:12:41
Seit 2003 lebt Udo
00:12:43
in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft
00:12:46
mit dem er die Pension gemeinsam betreibt.
00:12:49
Udo hat einen ovalen Kopf
00:12:52
mit wenig kurzgeschorenem weißen Haar,
00:12:55
große Ohren und blaue Augen.
00:12:56
Er, so findet das Team heraus,
00:12:59
lockt sich Anfang 2013
00:13:01
das erste Mal ins Kannibalenforum ein.
00:13:03
Marianne ist schon viel länger dabei.
00:13:06
Im Gegensatz zu vielen anderen Mitgliedern
00:13:08
setzt Udo in seiner Profilbeschreibung
00:13:11
den Haken bei Real Life.
00:13:12
Heißt, Udo will nicht nur Fantasien austauschen,
00:13:16
er will weitergehen.
00:13:18
Er will sie umsetzen.
00:13:19
Die meisten im Forum geben klar an,
00:13:22
welche Rolle sie in ihrer Vorstellung einnehmen.
00:13:24
Entweder sind sie die,
00:13:26
die in ihren sexuellen Fantasien
00:13:28
verspeist werden wollen,
00:13:30
also die sogenannten Long Pigs.
00:13:31
Oder sie sind die Köche,
00:13:34
die sogenannten Chefs.
00:13:35
Udo oder auch Caligula
00:13:37
ist klar als Chef in den Foren unterwegs.
00:13:40
Das sagt schon allein das Bild,
00:13:42
was er einigen seiner potenziellen Gesprächspartner
00:13:44
von sich sendet.
00:13:47
nur mit Socken und Sandalen
00:13:48
steht er vor einem Skelett.
00:13:50
In der rechten Hand hat er ein Beil.
00:13:52
Aus Caligulas Forum-Historie lässt sich ableiten,
00:13:56
dass Udo zeitweise frustriert darüber ist,
00:13:58
dass er zwar mit einigen schreibt,
00:14:00
sie aber nicht bereit für ein Treffen sind
00:14:02
oder ihn sitzen lassen.
00:14:03
Mit einem anderen User scheint es aber später zu passen.
00:14:07
Möchte mich lebend grillen lassen,
00:14:10
ob auf dem Rost oder am Spieß ist mir egal,
00:14:13
schreibt Marc, 31 Jahre alt
00:14:16
und fährt für seine Fantasie
00:14:17
extra die 550 Kilometer nach Sachsen zu Udo.
00:14:20
Udo sackt ihn am Bahnhof ein
00:14:22
und hält bei nächster Gelegenheit
00:14:24
mit ihm auf einer Landstraße.
00:14:25
Im Auto werden dann die ersten Vorbereitungen getroffen.
00:14:29
Marc lässt sich von Udo in Öl und Kräuter einreiben
00:14:32
und in Folie einwickeln.
00:14:34
Fünf Stunden liegt er in der Marinade.
00:14:38
In der Pension wird Marc dann entharrt.
00:14:42
Doch zum abschließenden Akt kommt es am Ende nicht.
00:14:44
Marc bleibt zwar einige Tage bei Udo,
00:14:46
die beiden haben auch Sex.
00:14:48
Aber Udo empfindet Marc mit seinen 31 Jahren
00:14:51
als zu jung, um gegessen zu werden.
00:14:53
Dann, so lässt es sich rekonstruieren,
00:14:56
treffen Udo und Marianne Anfang Oktober 2013
00:14:59
online aufeinander.
00:15:01
In den Nachrichten, die sie sich schreiben,
00:15:03
lassen sie ihrer Fantasie freien Lauf
00:15:05
und heizen sich gegenseitig
00:15:06
mit Kannibalismusfantasien auf.
00:15:08
Die beiden schreiben darüber,
00:15:10
dass Udo Marianne, nachdem er ihn getötet hat,
00:15:13
zu Wurst verarbeiten will.
00:15:14
Drei Wochen haben die beiden Kontakt,
00:15:16
dann verabreden sie sich zum Treffen.
00:15:18
Aus den Chats kann man klar rauslesen,
00:15:21
Marianne freut sich sehr auf das Treffen.
00:15:24
Während ein Team mit Spürhunden
00:15:27
zum Pensionsgelände fährt,
00:15:28
macht sich ein anderes auf zum LKA,
00:15:30
dort, wo Udo arbeitet.
00:15:32
Dass hier BeamtInnen ein- und ausgehen,
00:15:35
Dass sie aber kommen, um einen Kollegen festzunehmen,
00:15:38
das passiert sonst nie.
00:15:39
Udo wird in das Büro seines Vorgesetzten zitiert.
00:15:42
Doch dort wartet nicht nur sein Chef,
00:15:45
sondern auch ein Kriminaloberkommissar aus Hannover.
00:15:47
Matthias Hilse konfrontiert Udo mit dem,
00:15:49
was er und sein Team bisher über ihn in Erfahrung bringen konnten.
00:15:52
Udo zeigt sich ziemlich unbeeindruckt von den Vorwürfen,
00:15:56
behauptet Marianne nicht zu kennen und schweigt sich aus.
00:15:59
Doch als Matthias Hilse es mit Nachdruck versucht
00:16:02
und ihm Chatverläufe vorlegt, arbeitet es in Udo.
00:16:06
Dann gibt er zu.
00:16:07
Ja, er hatte Kontakt zu Marian.
00:16:09
Dieser wollte getötet werden.
00:16:12
Kurze Zeit nachdem Marian bei ihm angekommen sei,
00:16:15
habe er ihm diesen Wunsch erfüllt.
00:16:17
Er habe ihm die Kehle durchgeschnitten.
00:16:19
Sexuelle Motive,
00:16:21
oder dass es sich hier gar um Kannibalismus gehandelt habe,
00:16:24
streitet Udo ab.
00:16:25
Er habe nur noch die Leiche versucht zu beseitigen,
00:16:28
um den Verdacht nicht auf sich zu ziehen.
00:16:31
Dazu habe er sie in mehrere Stücke geschnitten
00:16:33
und auf dem Grundstück der Pension vergraben.
00:16:35
Als Udo von der Tat erzählt,
00:16:38
kommt es den Vernehmenden so vor,
00:16:40
als sei er irgendwie erleichtert.
00:16:42
Als würde eine Last von ihm fallen.
00:16:45
Das Team aus Hannover will wissen,
00:16:48
wo Udo die Leichenteile vergraben hat.
00:16:51
Zusammen mit dem Dresdner Team
00:16:52
fahren sie also zur Pension ins Gimlitz-Tal,
00:16:55
um von Udo die Stellen gezeigt zu bekommen.
00:16:58
Als sich auf dem Landeskriminalamt herumspricht,
00:17:01
warum ihr Kollege im Zimmer des Vorgesetzten war,
00:17:03
kann man es gar nicht glauben.
00:17:06
Der war doch immer so nett,
00:17:08
immer so gut drauf,
00:17:09
immer hilfsbereit,
00:17:12
Jemand, der eher devot auftrat,
00:17:15
nicht als Gewaltherrscher.
00:17:17
Einige waren dabei,
00:17:18
als sich Udo und sein Lebensgefährte schworen,
00:17:20
sich für immer zu lieben
00:17:21
und kannten ihn auch privat.
00:17:23
Sowas hätte man ihm nie zugetraut.
00:17:28
Eine weiße Decke aus Schnee
00:17:30
liegt über dem Dach der Pension
00:17:32
und den angrenzenden Gebäuden.
00:17:33
Und wenn man nicht wüsste,
00:17:35
dass hier etwas Furchtbares passiert ist,
00:17:37
dann würde man denken,
00:17:38
was für ein schönes Bild,
00:17:40
wie sich der Wald
00:17:41
hinter dem ehemaligen Ferienheim auftut.
00:17:43
Doch jetzt mit dem Wissen,
00:17:45
was sich hier zugetragen haben könnte,
00:17:48
wirkt dieser Ort einfach nur schaurig.
00:17:51
Udo zeigt den Ermittlenden genau,
00:17:53
wo er draußen die Leichenteile vergraben hat
00:17:55
und führt sie ins Innere der Pension.
00:17:57
Die mehr als 55 Zimmer
00:18:00
und die verwinkelten Korridore
00:18:01
machen das Gebäude zum große Kabinett.
00:18:04
In einem der Räume
00:18:05
finden sie eine Art Behandlungszimmer
00:18:07
mit gynäkologischem Stuhl
00:18:09
und ärztlichem Werkzeug.
00:18:11
Was auch immer hier drin stattgefunden hat,
00:18:14
professionelle Untersuchungen waren es nicht.
00:18:18
Im Keller finden die BeamtInnen
00:18:20
eine Art Folterkammer.
00:18:21
Ein Raum ausgestattet mit einem Käfig,
00:18:24
dass ein Mensch in gebeugter Haltung reinpasst.
00:18:27
Daran ist ein Vorhang angebracht.
00:18:29
Rechts daneben steht das Biologie-Skelett,
00:18:32
mit dem sich Udo auf seinen Fotos
00:18:33
hat ablichten lassen.
00:18:34
Ansonsten findet sich viel Zeug,
00:18:37
was sich zweifellos der SM-Szene zuordnen lässt.
00:18:40
Eine Beinspreize,
00:18:42
Folterutensilien,
00:18:43
aber auch eine Axt
00:18:45
und eine elektrische Seilwinde.
00:18:48
14 Tage dauert es,
00:18:49
bis die BeamtInnen
00:18:50
das komplette Grundstück umgedreht
00:18:52
und mehr als 50 Leichenteile ausgebuddelt haben.
00:18:56
Bei den Nachbarn hat sich schon längst rumgesprochen,
00:18:59
was hier bei dem netten schwulen Paar passiert ist.
00:19:02
Niemand hätte sowas gedacht.
00:19:04
Udos Lebensgefährte tut den Nachbarn leid.
00:19:07
Der ist immer so nett,
00:19:08
leitet einen Förder- und Naturverein,
00:19:10
in dem sich auch Udo engagiert hat.
00:19:12
Weil er als Notar an einem anderen Ort ansässig ist,
00:19:15
kommt er immer nur am Wochenende nach Hause zu Udo.
00:19:18
Offenbar hatte er gar nicht gewusst,
00:19:20
was sein Partner macht, wenn er verreist ist.
00:19:22
Die ErmittlerInnen stellen die komplette Pension auf den Kopf,
00:19:26
um Beweismaterial zu sichern.
00:19:28
Dabei fällt ihnen eine Videokamera in die Hände,
00:19:31
auf der erst vor kurzem Material gelöscht wurde.
00:19:34
Den SpezialistInnen gelingt es aber,
00:19:37
die gelöschten Sequenzen wieder herzustellen.
00:19:39
Danach lässt sich erahnen, warum Udo nicht wollte,
00:19:43
dass die Aufnahmen jemals jemand zu sehen bekommt.
00:19:45
Sollten die PolizistInnen bis hierher gedacht haben,
00:19:49
sie hätten das Schlimmste des Falls schon hinter sich gebracht,
00:19:52
werden sie jetzt eines Besseren belehrt.
00:19:54
Auf einer Sequenz kündigt Udo an,
00:19:57
was man in den Folgenden zu sehen bekommt.
00:19:59
Die Kamera hat er dazu auf ein Stativ gestellt.
00:20:02
Er trägt nur einen Bademantel.
00:20:04
In den ersten 20 Sekunden schildert er,
00:20:07
was er mit Marian vorhat und spricht über ihn,
00:20:10
als wäre er eine Mahlzeit.
00:20:11
In den darauf folgenden Szenen sieht man Udo und Marian
00:20:14
kurz vor und nach der Tat.
00:20:16
In einer anderen Einstellung sieht man
00:20:19
einen abgetrennten Penis und Hoden.
00:20:21
Das Einzige, was man dem Video nicht entnehmen kann,
00:20:25
ist, wie Marian stirbt.
00:20:28
In den entscheidenden Minuten war die Kamera nicht eingeschaltet.
00:20:31
Doch trotzdem erzählen diese Szenen eine andere Geschichte,
00:20:36
als die vom Kehl-Schnitt,
00:20:38
die Udo der Polizei weismachen wollte.
00:20:40
Der hat mittlerweile anwaltliche Unterstützung
00:20:43
und seine Aussage auch schon wieder zurückgerufen.
00:20:45
Jetzt will er Marian nicht mehr auf seinen Wunsch hin getötet haben,
00:20:50
was möglicherweise in einer Anklage
00:20:52
wegen Tötung auf Verlangen geendet hätte.
00:20:54
Stattdessen behauptet er jetzt,
00:20:56
Marian hätte sich selbst erhängt.
00:20:58
Er habe ihm lediglich die Schlinge um den Hals gelegt
00:21:01
und danach den Raum verlassen.
00:21:02
Als er zurückkam, wäre Marian schon tot gewesen.
00:21:06
Dass er vorher etwas anderes ausgesagt hat,
00:21:09
das schiebt er auf den erheblichen Druck,
00:21:11
den die Polizei angeblich auf ihn ausgeübt hat.
00:21:14
Marians Freundin Olga kann nicht fassen,
00:21:17
was sie über ihren Lebensgefährten hört
00:21:19
und glaubt nicht, dass das stimmt, was Udo behauptet.
00:21:21
Marian sei sehr lebensfroh gewesen
00:21:24
und hätte niemals sterben wollen.
00:21:26
Doch klar ist auch, dass Marian seine Angehörigen
00:21:29
und die Ermittlungsbehörden
00:21:30
absichtlich in die Irre führte,
00:21:32
indem er seinen Mailverlauf löschte,
00:21:34
Termine in Berlin vorschob, die es nicht gab
00:21:36
und dort erst das Ticket nach Dresden buchte,
00:21:39
damit man seinen Ankunftsort nicht nachvollziehen konnte
00:21:42
und dann auch noch sein Handy ausschaltete.
00:21:45
Auch wenn seine Freundin nichts von einem konkreten Todeswunsch wusste,
00:21:49
so schrieb Marian doch relativ ausführlich darüber mit Udo.
00:21:53
Der muss sich nun vor dem Dresdner Landgericht
00:21:56
wegen Mordes verantworten.
00:21:57
Den Eindruck, dass es für ihn jetzt hier um alles geht,
00:22:01
macht er nicht auf die Beobachtenden.
00:22:03
Sein Gesicht verdeckt er nicht,
00:22:05
er grinst nett in die Kamera
00:22:06
und fragt die JournalistInnen, wo er noch hingucken soll.
00:22:10
Die Staatsanwaltschaft sieht zwei Mordmerkmale erfüllt,
00:22:15
Befriedigung des Geschlechtstriebs
00:22:17
und um eine andere Straftat zu ermöglichen,
00:22:20
und zwar die Störung der Totenruhe.
00:22:22
Weil Udo immer noch bestreitet,
00:22:25
Körperteile von Marian gegessen zu haben,
00:22:27
steht nichts von Kannibalismus in der Anklageschrift.
00:22:30
Die Ermittlungen gaben darauf einfach zu wenig Hinweise.
00:22:33
Obwohl man Marians Genitalien bei den Grabungen
00:22:36
nicht erkennbar gefunden hatte,
00:22:38
konnte die Gerichtsmedizin auch nicht zweifelsfrei ausschließen,
00:22:42
dass sie sich nicht doch unter den gefundenen Leichenteilen befanden.
00:22:45
Udo behauptet, sein Interesse an Penis und Ruden
00:22:49
wäre rein medizinischer Art gewesen.
00:22:51
Marian starb auf jeden Fall nicht durch einen Kehlschnitt,
00:22:56
so die Rechtsmedizin,
00:22:57
und nach Rekonstruktion mit einem 3D-Scan
00:23:00
sind sich die ExpertInnen des Gerichts einig,
00:23:02
dass sich Marian nicht selbst in die Position hätte bringen können,
00:23:06
die man auf den Videoaufnahmen sehen kann.
00:23:08
Udos Verteidigung sieht das anders.
00:23:11
Sie fordert einen Freispruch und meint,
00:23:13
dass Marians Füße die ganze Zeit auf dem Boden geblieben sind.
00:23:16
Bei seiner Größe hätte er nur die Knie durchstrecken müssen,
00:23:19
um sich zu retten.
00:23:21
Am 15. Verhandlungstag sagt der psychiatrische Gutachter aus,
00:23:25
der insgesamt 15 Stunden mit Udo gesprochen hat.
00:23:28
Udos Sexualität sei nicht zwanghaft oder krankhaft,
00:23:32
immerhin habe er auch ganz normale homosexuelle Kontakte gepflegt.
00:23:36
Allerdings seien seine Experimente immer exzessiver geworden,
00:23:39
auch bei sich selbst.
00:23:41
Auf dem gynäkologischen Stuhl fügte er sich Verletzungen zu,
00:23:45
spielte quasi an sich selbst Doktor.
00:23:47
Udo habe dem Gutachter berichtet,
00:23:50
dass er Marian schon auf der Autobahnfahrt gesagt habe,
00:23:52
dass er ihn nicht töten könne.
00:23:54
Das hätte Marian total enttäuscht.
00:23:57
Er habe gebettelt, dass er es dann ja selbst machen könne,
00:24:00
wenn Udo versprechen würde, ihn später zu essen.
00:24:02
Udo hätte dann aus Mitleid zugestimmt
00:24:05
und Marian wäre so glücklich darüber gewesen,
00:24:08
dass seine Augen, Zitat,
00:24:09
geleuchtet haben wie bei einem Kind,
00:24:11
das sich auf Weihnachten freut.
00:24:13
Interessant ist auch, was er zu dem Video zu sagen hat.
00:24:18
Im Gespräch mit Udo hätte dieser nämlich behauptet,
00:24:20
das Video habe er für eine ihm unbekannte Frau in Berlin angefertigt.
00:24:24
Marian hätte Udo darum gebeten, das Video zu machen
00:24:28
und ihm Namen und Anschrift der Dame gegeben,
00:24:30
an die das Video danach gesendet werden sollte.
00:24:33
Diese Aussage überrascht die Anwesenden,
00:24:36
denn davon war vorher nie die Rede.
00:24:39
Allerdings könne man hier schon fast von einem klugen Schachzug reden,
00:24:43
ob der Inhalt jetzt stimmt oder nicht.
00:24:46
Denn ob Udo das Video nur für sich
00:24:49
oder für eine unbekannte Frau angefertigt hat,
00:24:52
wäre juristisch gesehen ein großer Unterschied.
00:24:54
Wir erinnern uns nochmal an den Fall des Kannibalen von Rotenburg,
00:24:58
von dem Laura in Folge 2 erzählt hat.
00:25:00
Ein Fall, der natürlich auch im besagten Forum
00:25:03
ausführlich diskutiert wurde
00:25:05
und von dem Udo und Marian ganz sicher schon gehört hatten.
00:25:08
Marian hatte auf jeden Fall seiner Ex von Malvis vorgeschwärmt,
00:25:12
sie könne heute aber nicht sagen,
00:25:14
ob er tatsächlich versuchte, Kontakt zu ihm aufzunehmen.
00:25:16
Beim Kannibalen von Rotenburg war es nämlich so,
00:25:19
dass das Gericht in erster Instanz keine Mordmerkmale festgestellt hatte
00:25:23
und ihn dann deswegen auch nur wegen Totschlags verurteilte.
00:25:27
In zweiter Instanz wurde Armin Malvis aber wegen Mordes zur Befriedigung des Geschlechtstriebs schuldig gesprochen,
00:25:34
weil das Mordmerkmal auch dann erfüllt sei,
00:25:36
wenn er sich nachträglich an den Videos, die er von der Tat gemacht hat, ergötzt
00:25:41
und gar nicht während der Tat sexuell erregt ist.
00:25:44
Also wenn man das Video erstellt, um sich dann später zu befriedigen,
00:25:47
reicht das in diesem Fall, um das Mordmerkmal zu erfüllen.
00:25:50
Und das wäre natürlich auch im Fall von Udo ein entscheidendes Detail.
00:25:55
Denn hätte er die Videos nicht für sich selbst gemacht,
00:25:58
könnte man ihm das Mordmerkmal ja nicht so einfach unterstellen.
00:26:02
Das Gericht glaubt Udo seine Geschichte aber nicht
00:26:06
und wertet sie als Schutzbehauptung.
00:26:08
Deswegen verurteilt es Udo 2015 wegen Mordes und Störung der Totenruhe.
00:26:13
Die Vorsitzende Richterin sagt, dass Udo Marian ganz sicher erhängt hat
00:26:18
und für eine Tötung auf Verlangen hätten sich die beiden zu wenig gekannt.
00:26:21
Marians Todeswunsch sei für Udo nicht handlungsleitend gewesen.
00:26:25
Allerdings umgeht das Gericht das zwingend notwendige Strafmaß.
00:26:30
Wie wir wissen, steht auf Mord die lebenslange Haftstrafe.
00:26:33
Das Landgericht findet das in dem Fall aber unverhältnismäßig,
00:26:37
weil Marian, wie man ja durch die Chatverläufe weiß, sterben wollte.
00:26:42
Also wendet es die sogenannte Rechtsfolgenlösung an.
00:26:45
Mit der kann man die lebenslange Freiheitsstrafe ausnahmsweise mildern,
00:26:49
wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen, die das Ausmaß der Schuld verringern.
00:26:54
Das hatten wir zum Beispiel schon mal bei dem Haustyrannenfall,
00:26:57
als das Gericht der Frau, die ihren Peiniger im Schlaf tötete,
00:27:01
das Heimtückemerkmal nicht absprechen konnte,
00:27:03
sie aber halt nicht lebenslang hinter Gittern schicken wollte.
00:27:07
Das war zwar am Ende nicht das endgültige Urteil,
00:27:09
aber da haben wir schon mal davon gehört.
00:27:11
Das Gericht kann bei Udo das Strafmaß deshalb dann auch auf achteinhalb Jahre senken.
00:27:18
Ja gut, aber dass Marian wirklich sterben wollte,
00:27:22
oder ob das halt irgendwie in den Nachrichten auch irgendwie seine Fantasie war,
00:27:27
das weiß man ja gar nicht mit Sicherheit.
00:27:29
Ich finde hier kann man Udo nicht wirklich auf eine Stufe mit einer Frau stellen,
00:27:34
die jetzt ihr Leben lang Gewalt erfahren hat und sich dann letztendlich gewährt hat.
00:27:39
Also das Gericht hat das ja schon als Tatsache gewertet,
00:27:42
dass Marian sterben wollte, aber ich sehe das auch so wie du.
00:27:46
Und das Urteil, das bleibt so aber auch nicht stehen.
00:27:48
Die Staatsanwaltschaft, aber auch Udo und Verteidigung gehen in Revision.
00:27:52
Der BGH schickt das Urteil zur Neuverhandlung ans Landgericht zurück.
00:27:56
Doch auch diese Kammer sieht eine Strafmilderung als zwingend geboten
00:28:01
und erhöht das Strafmaß nur um einen Monat.
00:28:04
Erst nach der zweiten Revision ist es endgültig entschieden.
00:28:07
Die Rechtsfolgenlösung soll in Fällen eingesetzt werden,
00:28:11
in denen sich Täter oder Täterinnen in einer notstandsnahen,
00:28:15
ausweglos erscheinenden Situation befand.
00:28:17
Und das war hier definitiv nicht so.
00:28:20
Udo hatte Marian getötet, um seinen Geschlechtstrieb zu befriedigen.
00:28:28
Und so bleibt für ihn abschließend nur die lebenslange Freiheitsstrafe,
00:28:32
so wie es unsere Gesetze beim Mord ja auch vorsehen.
00:28:35
Udo hatte laut Gericht nicht die Wahrheit gesagt
00:28:39
und so auch nicht zur Wahrheitsfindung beigetragen.
00:28:42
Aber einer Aussage von ihm kann man ihren Wahrheitsgehalt nicht absprechen.
00:28:47
Am Ende des Videos, das er aufgenommen hatte, sagt er,
00:28:50
dass ich mal so tief sinke, hätte ich nie gedacht.
00:28:54
Offenbar hat er sich in diesem Moment selbst erkannt.
00:29:00
Also ich habe irgendwie ein Déjà-vu ins Jahr 2018,
00:29:05
als ich den Fall vom Kannibalen von Rothenburg gemacht habe,
00:29:10
weil mich das sehr an diesen Armin Meilwes-Fall erinnert.
00:29:14
Es hat mich damals schon so aufgeregt, dass es diese Begründung gab,
00:29:21
von wegen Tötung auf Verlangen oder halt ich hatte Mitleid und habe ihm den Wunsch erfüllt.
00:29:28
Und ich finde das irgendwie ziemlich vermessen, jetzt auch im Fall von Udo,
00:29:32
der sich da als Metzgermeister präsentiert im Internet, das dann zu sagen.
00:29:38
Total. Aber das hat das Gericht ja am Ende zum Glück auch erkannt.
00:29:42
Also von wegen, hallo, das war für dich nicht handlungsleidend.
00:29:46
Das war nicht, warum du es getan hast.
00:29:48
Du hattest nicht so viel Mitleid mit dem.
00:29:50
Das war nicht selbstlos.
00:29:52
Du hast es zu deinem eigenen Vorteil gemacht.
00:29:55
Genau. Und Tötung auf Verlangen.
00:29:57
Also das war ja zum Beispiel in der Sterbehilfe-Folge bei meinem Fall.
00:30:01
Da wurde die Mutter, die ihren schwerstbehinderten Sohn getötet hat,
00:30:05
wegen Tötung auf Verlangen verurteilt.
00:30:08
Der das ja wollte.
00:30:10
Und sie wollte sich ja auch selbst töten.
00:30:12
Ja, ja, total. Das kann ich.
00:30:13
Also das ist, ne, das ist.
00:30:16
Mitleid, das ist Empathie.
00:30:19
Und davon hat man hier recht wenig.
00:30:23
Also nur noch mal, ne, die Einwilligung einer Tötung heißt nicht automatisch,
00:30:27
dass das dann Tötung auf Verlangen ist.
00:30:29
Auch nicht, wenn man das behauptet.
00:30:31
Und das heißt schon gar nicht, dass die TäterInnen dann straffrei da rausgehen.
00:30:35
Das kann aber interessant sein bei der Strafzumessung,
00:30:38
dass es dann beispielsweise in einem minderschweren Fall von Totschlag endet.
00:30:43
Und das war bei dem Udo zum Beispiel so, also dem war das schon wichtig,
00:30:46
dass sein Opfer das auch wollte.
00:30:48
Der hätte jetzt nicht einfach gewaltsam sich irgendjemand angegriffen.
00:30:52
Aber, ja, hat jetzt hier halt keinen Unterschied gemacht.
00:30:56
Er wurde ja auch in letzter Instanz wegen Störung der Totenruhe verurteilt.
00:31:00
Und das ist ein Schuldspruch, der bei einem Kannibalismusfall ja nahe liegt.
00:31:05
Denn, darum geht es jetzt in meinem Aha, Paragraf 168 StGB sagt uns in Absatz 1,
00:31:12
wer unbefugt aus dem Gewahrsam des Berechtigten den Körper oder Teile des Körpers eines verstorbenen Menschen eine tote Leibesfrucht.
00:31:22
Oh Gott, was ist das überhaupt, tote Leibesfrucht?
00:31:29
Also, was du in dir trägst noch.
00:31:33
Teile einer solchen oder die Asche eines verstorbenen Menschen wegnimmt oder wer daran beschimpfenden Unfug verübt,
00:31:42
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
00:31:47
Geldstrafe finde ich ziemlich wenig, aber egal.
00:31:49
Und was ist beschimpfender Unfug?
00:31:51
Der liegt vor, wenn man beispielsweise den Körper verhöhnt, herabsetzt oder eine besonders der Bemiss- oder Verachtung ihm gegenüber zum Ausdruck bringt.
00:32:00
Was darunter zum Beispiel nicht fällt, ist jetzt das Zerstückeln einer Leiche, damit man sie besser entsorgen kann.
00:32:06
Kann es aber sein, wenn es um das Schlachten an sich geht.
00:32:09
Finde ich eigentlich auch komisch, dass das nicht darunter fällt.
00:32:14
Aber ich weiß nicht, ich finde das schon was anderes, als wenn das jetzt, wenn er das zerschneidet, um sich selber damit aufzugeilen,
00:32:21
als wenn jemand das zerschneidet, weil er das dann in den Koffer packen will, den er dann verschwinden lässt.
00:32:27
So von der Motivation.
00:32:29
Aber auch das finde ich furchtbar.
00:32:31
Und auch da würde ich sagen, da hast du die Totenruhe aber gestört.
00:32:34
Ja, zumindest wenn man bedenkt, was noch als Störung der Totenruhe gilt, weil als es in meiner Familie letztens darum ging, eine Urne umzubetten,
00:32:44
da mussten wir quasi schwerwiegende Gründe dafür angeben, also warum die Urne jetzt von einem zum anderen Friedhof überstellt werden soll,
00:32:53
weil das sonst auch unter Umständen als Störung der Totenruhe gilt.
00:32:57
Ja, und genau so steht das auch im Paragrafen, also dass man die Asche eben nicht wegnehmen darf.
00:33:04
Also das fällt darunter, was allerdings davon ausgenommen ist, sind so Beisetzungsrieten oder hatten wir auch schon mal die Ausstellung von Körperteilen in Körperwelten.
00:33:15
Was aber darunter fällt, sind sexuelle Handlungen, dass regelrechte Schlachten und Essen, also halt eben auch Kannibalismus,
00:33:22
weil es den Menschen auf eine Stufe mit einem Nutztier stelle.
00:33:25
Und dass der oder die Getötete das wollte, das ändert auch daran nichts, also weil es um das Pietätsempfinden der Allgemeinheit geht und das muss geschützt werden.
00:33:35
Ja, und der Kannibalismus kann dann darunter fallen, der ist nämlich kein eigener Straftatbestand.
00:33:41
Also verurteilt wird man ja dann aber trotzdem, da man sich halt in der Regel, ja, der Beschaffungskriminalität, sag ich jetzt mal, schuldig macht.
00:33:50
Also weil im Grunde der, der gegessen wird und auch gegessen werden will, der wird sich kaum suizidieren und danach dann noch selber die Teile zersägen, um gegessen werden zu können.
00:34:00
Deswegen muss der andere immer kriminell werden, sozusagen.
00:34:03
Genau, und weil es halt Kannibalismus auch nicht so häufig gibt, sieht der Gesetzgeber da halt dann auch keinen Bedarf, was daran zu ändern.
00:34:10
Und deswegen darf man theoretisch ja dann auch Menschenfleisch in Deutschland essen.
00:34:15
Ja, also theoretisch schon. Also wenn Laura sich jetzt einen Finger abschneidet und ihn mir gibt, dann darf ich darauf rumkauen.
00:34:23
Rein theoretisch. Bringt aber nicht so viel, weil Menschen sind nämlich gar nicht so nahhaft.
00:34:27
Ja, aber wir wissen jetzt ja auch schon aus deinem Fall, dass es zumindest den Kannibalen, von denen wir heute sprechen, nicht so richtig um diese Nahrungsaufnahme geht, sondern um andere Sachen.
00:34:41
Wahrlich ist der Mensch der König der Tiere, denn seine Grausamkeit übertrifft die ihrige.
00:34:47
Leonardo da Vinci.
00:34:49
In meinem Fall geht es um den grausamen Mord an Teenagern.
00:34:53
Und obwohl Paulina das eben schon mal gesagt hat, seid ihr jetzt hiermit auch gewarnt.
00:34:58
Alle Namen habe ich geändert.
00:35:04
Kristallklar und kalt strömt das Wasser durch den kleinen Bachlauf.
00:35:09
Neben den Plätschern hört man so gut wie nichts an diesem frühen Sonntagmorgen.
00:35:13
Bis der laute Ruf einer Mutter nach ihrem Kind die Stille des Waldes durchbricht.
00:35:19
Niklas war am Abend nicht nach Hause gekommen, nachdem er einen Freund zum Bahnhof gebracht hatte.
00:35:25
Mit seinen Inline-Skates wollte der 13-Jährige danach eigentlich direkt zurückkommen, doch bis heute früh ist er nicht wieder aufgetaucht.
00:35:32
Seine Mutter hatte sofort die Polizei verständigt, die auch nach ihm sucht, doch hier im Wald ist sie jetzt ganz allein.
00:35:39
Und da entdeckt sie in dem kleinen Bach schließlich Niklas Inline-Skates, achtlos hingeworfen.
00:35:46
Sie folgt dem matschigen Weg am Wasser vorbei und nach ein paar Metern bleibt sie wie angewurzelt stehen.
00:35:52
Sie hatte ihn gefunden.
00:35:55
Als die PolizistInnen eintreffen, bietet sich ihnen ein Bild des Grauens.
00:35:59
Vor ihnen liegt nicht nur die Leiche von Niklas, sondern ein paar Meter entfernt noch die eines unbekannten Mädchens.
00:36:06
Die zwei Teenager sind teilweise entkleidet und mit Blut beschmiert.
00:36:10
Beide weisen Würgemale und Stichverletzungen auf.
00:36:13
Bei den Mädchen sind zudem deutliche Bisswunden an Hals und Füßen zu erkennen.
00:36:18
Sofort machen sich die BeamtInnen an die Arbeit.
00:36:21
Ein Doppelmord an Teenagern ist für die Polizei in dem 3400-Seelen-Dorf Bodenfelde bei Göttingen eine noch nie dagewesene Herausforderung.
00:36:29
Eine 23-köpfige Mordkommission wird gebildet und schnell weiß die, um wen es sich bei dem zweiten Opfer handelt.
00:36:36
Der Name ist Christina.
00:36:39
Die 14-Jährige war auch nicht mehr nach Hause gekommen.
00:36:41
Schon seit Montag nicht.
00:36:42
Besonders tragisch ist, dass es vom Fundort ihrer Leiche zur elterlichen Wohnung weniger als 100 Meter sind.
00:36:49
Obwohl die Kinder auf dieselbe Schule gingen, kannten sie sich nicht.
00:36:53
Daher rätselt die Polizei, wo haben sich ihre Wege gekreuzt und wie sind sie ihrem Mörder oder ihrer Mörderin begegnet.
00:37:01
Um das herauszufinden, werden nicht nur AnwohnerInnen und andere mögliche ZeugInnen befragt, auch das Internet wird durchforstet.
00:37:08
Und es dauert nur einen Tag, da stößt ein Kripo-Beamter auf einen verdächtigen Facebook-Post, der am Dienstag der letzten Woche veröffentlicht wurde.
00:37:16
»Hab gestern Mädchen geschlachtet. Jeden Tag eins, bis sie mich erwischen«, steht da geschrieben.
00:37:24
Einen Tag später war ein weiterer Post gefolgt, mit den Worten »Alles Absturz«.
00:37:28
Der Nutzer wird umgehend ausfindig gemacht, vorläufig festgenommen und seine Wohnung durchsucht.
00:37:34
Dort findet man neben vielen leeren Dosen, dreckigem Geschirr und Müll, blutverschmierte Kleidung.
00:37:41
Und auf dem Handy des Verdächtigen ein Video.
00:37:44
Dreieinhalb Minuten lang sieht man, wie jemand die Leiche von Christina filmt.
00:37:48
Man sieht, wie die Person langsam um sie herum geht und hört, wie sie widerliche Kommentare von sich gibt.
00:37:54
Wie sie Christinas Leiche mit einem Messer verletzt und am Ende ganz schnell und laut atmet.
00:38:00
Der Mann, der auf dem Video zu hören ist, heißt Pascal.
00:38:04
Er ist 26 Jahre alt, arbeitslos, vorbestraft.
00:38:08
Obwohl er noch so jung ist, bestand sein bisheriges Leben aus einer einzigen Abwärtsspirale.
00:38:14
Schon als Kleinkind gibt es Probleme.
00:38:17
Seine Mutter, psychisch krank, kommt mit Pascal nicht klar, ist überfordert.
00:38:21
Wenn sie nicht weiter weiß, schreit sie ihn an und schlägt um sich.
00:38:24
Liebe und Aufmerksamkeit kann sie ihrem Sohn nicht geben.
00:38:28
Als Pascal schließlich in den Kindergarten kommt, spielt er nicht mit anderen.
00:38:32
Und wenn ihm doch mal jemand zu nahe kommt, wird er aggressiv.
00:38:35
Mit fünf wird er aus dem Kindergarten geschmissen, weil seine Eltern ihn zu oft nicht hinbrachten.
00:38:40
Pascal kommt in die Vorschule und wird ein Jahr später regulär eingeschult.
00:38:44
Doch kann da nicht mithalten, weshalb er ein Jahr später wieder von vorne anfangen muss.
00:38:48
Zu Hause fliegen während seiner Schulzeit die Fetzen.
00:38:51
Seine Eltern streiten immer häufiger.
00:38:53
Nicht selten artet die Auseinandersetzung in Gewalt aus.
00:38:56
Als sie sich trennen, kommt Pascal zu seinem Vater und seiner Großmutter.
00:38:59
Doch mit dem Alter werden auch die Probleme größer.
00:39:03
Mittlerweile auf der Förderschule trinkt Pascal Alkohol und bedroht und schlägt seine Oma.
00:39:08
Einmal bringt er auch ein Messer mit in die Schule.
00:39:11
Mit 14 muss er unter anderem deshalb ins Heim und ambulant in einer Kinder- und Jugendpsychiatrie behandelt werden.
00:39:17
Seine Eltern versprechen ihm, dass es nur für ein Jahr ist.
00:39:20
Doch es stellt sich keine Besserung ein.
00:39:22
Pascal erlebt seinen ersten Vollrausch und sein erstes High von Cannabis.
00:39:27
Auch die erste Anzeige wegen Diebstahls landet auf seinem Vorstrafenregister.
00:39:31
Als dann nach etwa einem Jahr im Heim klar ist, dass er nicht mehr nach Hause kommen soll,
00:39:36
versucht er alles, um rausgeschmissen zu werden.
00:39:38
Er schlägt jüngere Kinder, nimmt ihnen ihr Taschengeld weg und haut immer wieder ab.
00:39:43
Und sein Plan geht auf.
00:39:45
Die Heimleitung schmeißt ihn raus und er kommt zurück zu seinem Vater,
00:39:49
der selbst schnell mit dem Teenager überfordert ist.
00:39:52
Pascal fliegt wegen ständigen Fehlens von der Schule,
00:39:55
wird aufgrund weiterer Probleme von Heim zu Heim gereicht.
00:39:59
Nie ist er irgendwo längere Zeit.
00:40:01
Einmal schlägt er ein Mädchen grün und blau,
00:40:04
weil es herumerzählt haben soll, dass Pascal schwul sei.
00:40:07
Für diese Tat muss er sich vor dem Amtsgericht Uelzen verantworten.
00:40:10
Ein Psychiater diagnostiziert ihm im Rahmen der Verhandlungen eine psychologische Störung.
00:40:15
Pascal könne sich nicht kontrollieren,
00:40:17
habe eine abgesenkte Frustrationstoleranz
00:40:20
und wisse nicht, wie er Konflikte lösen solle.
00:40:23
Aufgrund dieser Einschätzung wird ihm ein Erziehungsbeistand zur Seite gestellt.
00:40:27
Der Betreuer hilft ihm, eine Wohnung und eine Ausbildung zu finden,
00:40:31
die er aber bereits nach zwei Monaten hinschmeißt.
00:40:33
An dieser Zeit nimmt Pascal immer mehr Drogen,
00:40:36
Ecstasy, Kokain, Amphetamine, aber auch Schlafmittel.
00:40:40
Nach einem halben Jahr wird sein Betreuer abgezogen.
00:40:43
Begründung, Pascal sei nicht geeignet für diese Art von Hilfe.
00:40:47
Es dauert dann nicht lange, bis er wieder straffällig wird.
00:40:50
Diebstahl, Sachbeschädigungen, Fahren ohne Erlaubnis.
00:40:53
Zum ersten Mal geht es für Pascal daraufhin in eine Zelle,
00:40:57
aber nur für kurze Zeit.
00:40:58
Freizeitarrest nennt sich die Maßnahme für jugendliche StraftäterInnen,
00:41:03
bei der sie einmalig von Samstag bis Montag in Haft sitzen müssen.
00:41:08
Das scheint Pascal jedoch nicht zu beeindrucken,
00:41:10
denn kurze Zeit später läuft alles weiter wie zuvor.
00:41:13
Um seinen Lebens- und Drogenunterhalt zu zahlen,
00:41:16
fängt Pascal auch an zu dealen.
00:41:18
Irgendwann wird er dann aus seiner Wohnung geworfen
00:41:20
und muss in einer obdachlosen Unterkunft leben.
00:41:23
Das geht eine ganze Zeit so.
00:41:25
2007 muss er sich dann erneut vor Gericht verantworten
00:41:29
und kommt für zwei Jahre in eine Entzugsklinik.
00:41:32
Doch schon kurz nach der Entlassung wird er wieder rückfällig.
00:41:35
Sein Leben gerät in alte Bahnen.
00:41:38
Drei Jahre später sitzt er zu Hause, trinkt, kifft,
00:41:42
schaut Horrorfilme oder sitzt vor dem PC.
00:41:44
Im Jahr 2010 hat er zu seiner Familie keinen Kontakt.
00:41:48
Freundschaften pflegt er nicht
00:41:50
und eine feste Partnerschaft hatte er noch nie.
00:41:52
Das, worauf er steht, kann er mit legalen Mitteln nicht bekommen.
00:41:58
Trotzdem nimmt er Kontakt zu ihnen auf im Internet.
00:42:02
Auf Facebook knuddelt es oder himmlisch plaudern,
00:42:06
gibt er sich als 13-Jähriger aus und lässt sich Bilder von Füßen oder Bäuchen schicken.
00:42:10
Hat inzwischen einen ganzen Ordner voll.
00:42:13
Hm, ich habe früher so Bravo-Ausschnitte von Legolas gesammelt oder Dillblätter.
00:42:20
Ja, das war auch eher so in meinen Ordnern dran.
00:42:22
Weil Pascal immer wieder seine Bewährungsauflagen verletzt,
00:42:27
wird für den 1. Oktober 2010 ein Anhörungstermin angesetzt.
00:42:31
Dort verspricht der mittlerweile 26-Jährige,
00:42:34
dass er nicht mehr trinken, nicht mehr straffällig
00:42:36
und alle zukünftigen Termine einhalten werde.
00:42:39
Doch schon den 1. verpasst er.
00:42:41
Am 10. November schreibt dann der Leiter der Führungsaufsichtstelle
00:42:44
einen Brief an die Strafvollstreckungskammer.
00:42:46
Pascals Bewährung sollte dringend aufgehoben werden.
00:42:50
Daraufhin wird für den 25. November ein neuer Anhörungstermin anberaumt,
00:42:55
doch zu dem kommt es nicht mehr.
00:42:58
Stattdessen folgt der Absturz, von dem Pascal auf Facebook schreibt.
00:43:04
Während am 23. November mehr als 600 Menschen
00:43:07
bei einem Gedenkgottesdienst um Christina und Niklas trauern,
00:43:10
schreibt Pascal in Untersuchungshaft einen Brief.
00:43:15
Sein Endgeständnis, das mit folgenden Worten beginnt.
00:43:20
Sehr geehrte Damen und Herren,
00:43:22
nach langem Hin und Her überlegen habe ich mich entschlossen,
00:43:25
ein Schriftstück zu verfassen,
00:43:27
in dem ich detailliert über die Tatgeschehnisse
00:43:29
des 15. und 20. November berichten möchte.
00:43:33
Falls Sie sich fragen, warum ich jetzt erst darüber berichte,
00:43:36
bei den Geschehnissen handelt es sich um Tatabläufe,
00:43:38
über die ich mich schäme
00:43:40
und daher nicht in der Lage war,
00:43:41
darüber in den Vernehmungen vor den Polizei- und Justizbeamten zu sprechen.
00:43:45
Und insbesondere möchte ich,
00:43:47
dass die Angehörigen des Mädchens und des Jungen
00:43:49
die Wahrheit wissen, wie und warum die Taten passiert sind.
00:43:53
Und das wünschen sich auch viele andere Menschen in Bodenfelde.
00:43:57
Daher ist der Ansturm groß,
00:43:59
als im April 2011 der Prozess vor dem Göttinger Landgericht startet.
00:44:03
Als Pascal in den Saal geführt wird,
00:44:05
versteckt er sein Gesicht noch hinter einem Aktendeckel.
00:44:08
Erst nachdem die Fotografinnen sich gesetzt haben,
00:44:11
nimmt er ihn herunter.
00:44:12
Er wirkt unscheinbar und tüchtern.
00:44:15
Umso extremer wird der Kontrast,
00:44:18
als der Staatsanwalt verliest,
00:44:19
was dem 26-Jährigen vorgeworfen wird.
00:44:22
Heimtückischer und grausamer Doppelmord
00:44:24
zur Befriedigung des Geschlechtstriebs.
00:44:27
Als danach Pascals Geständnis von seinem Anwalt vorgelesen werden soll,
00:44:31
wird es im Gerichtssaal ganz still.
00:44:33
Pascal erzählt darin, wie er am Montag, den 15. November,
00:44:37
schon früh anfängt, Bier zu trinken und durch die Stadt zu streuen,
00:44:41
ohne ein wirkliches Ziel vor Augen zu haben.
00:44:44
Wie er dann irgendwann am Bahnhof in einem Wartehäuschen ankommt
00:44:47
und sich zwei Schülerinnen neben ihn setzen.
00:44:49
Er spricht die beiden an und erfährt,
00:44:52
dass das eine Mädchen elf und das andere 13 ist.
00:44:55
Die Jüngere gefällt ihm.
00:44:57
So sehr, dass er seinen Arm um sie legt
00:45:00
und versucht unter ihr Oberteil zu fassen.
00:45:03
Doch als der Zug einfährt, steigen die zwei Mädchen ein.
00:45:05
Sexuell erregt, bleibt Pascal allein zurück im Wartehäuschen.
00:45:09
Als sein Bier leer ist, macht er sich wieder auf zum Supermarkt.
00:45:13
Mit neuem Proviant läuft er dann weiter ziellos durch Bodenfelde.
00:45:17
In einer kleinen Gartenanlage in einem Waldstück
00:45:20
entdeckt er schließlich ein anderes Mädchen.
00:45:22
Er schätzt sie auf 12 oder 13 Jahre.
00:45:24
Pascal überkommt der Gedanke, das Kind in seine Gewalt zu bringen,
00:45:28
um es zum Geschlechtsverkehr zu zwingen.
00:45:31
Doch als er jemanden im angrenzenden Garten bemerkt,
00:45:33
entscheidet er sich dagegen.
00:45:35
Frustriert geht er zurück zum Bahnhof,
00:45:38
kann aber nicht aufhören, an die Mädchen zu denken.
00:45:40
Immer noch sexuell erregt,
00:45:43
macht er sich gegen Abend wieder zu Fuß zurück in das Waldstück,
00:45:46
in dem er das Mädchen am Nachmittag gesehen hatte.
00:45:48
Und als er durch die mittlerweile dunklen Wege streift,
00:45:51
sieht er plötzlich eine Gestalt vor sich.
00:45:53
Je näher er kommt, desto klarer wird es ihm.
00:45:56
Pascal hatte seine Beute gefunden.
00:46:00
Die 14-jährige Christina.
00:46:01
Er spricht sie an, fragt sie nach dem Weg und nähert sich ihr dabei.
00:46:06
Dann legt er ganz schnell seinen Arm um ihren Hals,
00:46:09
droht ihr, sie solle keinen Mucks machen.
00:46:11
Er führt sie so zu einem unbefestigten, matschigen Weg,
00:46:14
an dessen Ende ein kleiner Erdwall liegt.
00:46:16
Als er dort versucht, seine Hand in ihre Hose zu stecken,
00:46:20
schreit Christina laut auf.
00:46:21
Pascal, der Angst hat, entdeckt zu werden,
00:46:24
umfasst Christinas Hals mit beiden Händen und drückt zu.
00:46:27
Bei diesen Worten lauschen die Anwesenden mit weit aufgerissenen Augen.
00:46:33
Einige Prozessbeobachtende verlassen bei den detaillierten und grausamen Tatbeschreibungen,
00:46:38
die ich jetzt aus meiner Erzählung herauslasse, sogar den Saal.
00:46:42
Doch Pascals Verteidiger lässt sich nicht stören und liest weiter aus dem Endgeständnis seines Mandanten vor.
00:46:48
Als Christina sich schließlich nicht mehr bewegt, läuft ihr Blut aus der Nase.
00:46:53
Pascal reagiert intuitiv.
00:46:56
Er leckt das Blut von ihrer Wange.
00:46:58
Und in dem Moment verändert sich etwas.
00:47:02
Der Geschmack des Blutes überwältigt Pascal.
00:47:05
Ich wollte nur noch trinken und essen.
00:47:07
Dieser Geschmack hat schon fast süchtig gemacht, schreibt er.
00:47:11
Oh nein, wie in so einem Blutrausch.
00:47:13
So beugt er sich über Christina und beißt sie.
00:47:18
Erst als er Geräusche aus dem angrenzenden Waldstück hört,
00:47:22
lässt er von ihr ab und verschwindet in der Dunkelheit.
00:47:26
Zwei Tage nach der Tat geht Pascal dann noch einmal zum Tatort,
00:47:29
wo die Leiche hinter dem kleinen Erdwall versteckt liegt und filmt.
00:47:33
Das Video, was die Polizei bei ihm gefunden hat, entsteht.
00:47:37
Das Ganze erregt ihn so sehr,
00:47:39
dass er sich während des Filmens selbst zum Höhepunkt bringt.
00:47:42
Fassungslos und angewidert sitzen die Menschen im Saal,
00:47:46
die das Geständnis mit anhören müssen.
00:47:48
Darunter auch Christinas Mutter, die Pascal durchdringend anschaut.
00:47:52
Niklas' Eltern hingegen sind nicht erschienen.
00:47:55
Ihr Anwalt hatte ihn davon abgeraten,
00:47:57
weil der Prozess ihre Fortschritte in der Psychotherapie gefährden könnte.
00:48:01
Als der Verteidiger zum Vorlesen der zweiten Tat kommt,
00:48:05
versteht man gut, warum.
00:48:06
Drei Tage nach der Tat macht sich Pascal wieder auf den Weg zum Leichnam,
00:48:11
in der Hoffnung, sich erneut sexuell befriedigen zu können.
00:48:13
Doch weil auf Christinas Bauch eine Spinne sitzt,
00:48:17
ist Pascal angewidert und lässt von seinem Vorhaben ab.
00:48:20
Ja, das finden wir jetzt eklig, oder was?
00:48:22
Ja, das habe ich mir auch gedacht.
00:48:24
Frustriert geht er zum Bahnhof,
00:48:27
kauft sich ein Bier und streunt dann wieder ziellos durch Bodenfelde.
00:48:30
In der Nähe des Waldes sieht er dann vermeintlich ein Mädchen auf Inlinern.
00:48:35
Was er zu dem Zeitpunkt nicht weiß, ist, dass es sich dabei um den 13-jährigen Niklas handelt.
00:48:40
Pascal verwechselt ihn mit einem Mädchen, weil Niklas zierlich ist und seine Haare lang trägt.
00:48:46
In dem Moment fasst Pascal den Entschluss, noch einmal eine Tat zu begehen.
00:48:49
Er will nochmal töten, seinen Kannibalismus noch einmal ausleben, um sich sexuell zu befriedigen.
00:48:56
Und so fragt er auch Niklas nach dem Weg und legt dann den Arm um seinen Hals.
00:49:01
Er zerrt ihn mit sich zu der Stelle, an der Christinas Leiche liegt.
00:49:04
Erst als er Niklas befiehlt, sich auszuziehen, erkennt er, dass es sich nicht um ein Mädchen handelt.
00:49:10
Und sofort ist Pascals Erregung verflogen.
00:49:13
Jetzt geht es nicht mehr um seine Befriedigung, sondern nur noch darum, den Jungen zum Schweigen zu bringen.
00:49:18
Denn der dürfe nichts verraten und die Polizei schon gar nicht zu dieser Stelle hier im Wald bringen.
00:49:23
Pascal reagiert und erwirkt den Jungen, genauso wie Christina.
00:49:28
Danach sticht er noch mehrfach auf ihn ein.
00:49:31
Als das Geständnis endlich vollständig verlesen ist, ist auch die Aufnahmefähigkeit der Anwesenden ausgereizt.
00:49:38
Der erste Prozesstag endet mit ungläubigem Entsetzen.
00:49:43
In den folgenden Tagen soll ein Gutachter erklären, wie Pascal zu solchen Taten fähig sein konnte.
00:49:48
Und die Erklärung ist eine sogenannte kombinierte Persönlichkeitsstörung.
00:49:53
Das heißt, Pascal leidet gleich an mehreren Störungen, darunter an der dissozialen, der emotional instabilen und der Schizoiden.
00:50:01
Pascal sei herzlos unbeteiligt gegenüber Gefühlen anderer, verantwortungslos und nicht imstande, langfristige Beziehungen aufrecht zu erhalten.
00:50:09
Pascal habe durch diese Störung eine sehr geringe Frustrationstoleranz und eine niedrige Schwelle für aggressives und auch gewalttätiges Verhalten.
00:50:18
Diese Eigenschaften hätten sich bei ihm bereits in der Kindheit entwickelt und sich im Laufe seines Lebens gefestigt.
00:50:23
Regelverstöße und Provokationen seien zu seinem Lebensstil geworden und zu dem einzigen Mittel Aufmerksamkeit oder Zuwendung zu bekommen.
00:50:31
Die Ausprägung seiner Störung sei so schwer, dass sie geeignet sei, die Kriterien einer schweren, anderen seelischen Abartigkeit zu erfüllen.
00:50:38
Denn sie beeinträchtige sein Leben so stark, dass er noch nie habe eigenständig leben können.
00:50:44
Neben dieser Störung der Persönlichkeit sei bei Pascal außerdem eine Alkoholabhängigkeit und eine sogenannte multiple Störung der Sexualpräferenz zu beobachten.
00:50:55
Sadistische, Vampiristische, Kannibalistische, Pädophile und Nekrophile Strömungen würden in ihr zusammenfließen.
00:51:02
Wow, best of everything.
00:51:05
Seine sexuelle Motivation beziehe sich aber bei Pascal nur auf Mädchen und Frauen.
00:51:11
Bei Niklas habe er keine Erregung verspürt, nachdem er erkannte, dass er ein Junge war.
00:51:16
So kommt der Gutachter zu dem Schluss, dass bei Pascal während der Tötung von Niklas
00:51:21
weder eine Beeinträchtigung der Einsicht noch der Steuerungsfähigkeit vorgelegen habe,
00:51:25
weil Pascal im Moment des Entschluss der Tötung überlegt gehandelt habe.
00:51:30
Er wollte einfach nur einen Zeugen aus dem Weg schaffen.
00:51:33
Bei der Tötung von Christina sei das hingegen ganz anders gewesen.
00:51:37
Da sei Pascals Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert gewesen,
00:51:41
und zwar aufgrund der schweren Persönlichkeitsstörung im Zusammenspiel mit der gestörten Sexualpräferenz.
00:51:46
Das bedeutet, dass Pascals Persönlichkeitsstörung bei dieser Tat eine große Rolle spielte.
00:51:52
Er selbst kann sich das alles nicht erklären.
00:51:55
Er habe da so tief drin gesteckt, nicht mehr darüber nachgedacht.
00:51:59
In seinem Schlusswort sagt er, ich weiß auch nicht, was mich geritten hat.
00:52:03
Das Urteil gegen ihn wird schließlich Ende Juni 2011 gesprochen.
00:52:07
Bevor der Richter es verliest, macht er deutlich, dass er es nicht dulde,
00:52:11
sollte jemand bei der Verkündung der Strafe jubeln.
00:52:13
Er weiß, dass das Strafmaß für viele eine Genugtuung sein wird.
00:52:17
Denn er verurteilt Pascal zu einer lebenslangen Haftstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung.
00:52:22
Außerdem ordnet er die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an.
00:52:26
Weil er sich der Einschätzung des Gutachters anschließt,
00:52:29
bekommt Pascal für den Mord an Christina wegen verminderter Schuldfähigkeit 13 Jahre und 10 Monate,
00:52:34
für den an Niklas die lebenslange Haft.
00:52:38
Bei der zweiten Tat habe das Mordmerkmal der Verdeckung einer anderen Straftat dominiert.
00:52:42
Es sei nicht um die Befriedigung des Geschlechtstriebs gegangen wie bei Christina.
00:52:46
Der Richter erklärt, dass die Kammer davon ausgeht, dass Pascal eine Gefahr für die Allgemeinheit ist,
00:52:51
dass er weiterhin schwerwiegende Straftaten begehen wird, sollte er wieder in Freiheit kommen.
00:52:56
Gut möglich, dass Pascal sein Leben lang eingesperrt bleiben wird.
00:53:00
Damit hat er zum ersten Mal einen Platz, an dem er länger als bloß ein paar Jahre bleibt.
00:53:08
Also man muss schon wirklich sagen, dass wir uns mit dieser Folge ganz tief in die seelischen Verirrungen von Menschen begeben.
00:53:20
Also wirklich sowas.
00:53:23
Also auf mich wirkt das natürlich einfach widerwärtig, was er da gemacht hat.
00:53:27
Also ich will das gar nicht in so superlativen Beschreiben, aber mir fällt dazu nichts anderes ein.
00:53:33
Also das ist wirklich eines der widerwärtigsten Dinge, die ich gehört habe hier in unserem Podcast.
00:53:40
Ja und du kannst dir ja vorstellen, wie ich da am Abend vor dem Urteil gesessen habe und gedacht habe, also ich meine, da war das ja dann noch viel detaillierter und viel länger alles beschrieben und das hat mir so ein komisches Gefühl gegeben.
00:53:56
Also es war richtig schlimm.
00:53:59
Ich konnte auch, also wir schreiben ja über ein paar Tage so die Fälle und man isst ja in der Zeit dann auch manchmal, während man schreibt, weil das ja ziemlich lange dauert und den ganzen Tag, ne?
00:54:11
Ey, und als ich da in meinen Apfel dann teilweise gebissen habe, dachte ich so, nein danke.
00:54:18
Ja, aber wie schlimm muss das sein, wenn du es geil findest, jemanden zu essen?
00:54:23
Also die suchen sich das ja nicht aus und natürlich suchen sie sich das aus, das dann auszuleben.
00:54:30
Klar, das ist was anderes, aber wann du das überhaupt schon hast, wie furchtbar.
00:54:35
Wie schlimm für die Eltern, die sich das vor Gericht anhören mussten, ne?
00:54:41
Das waren halt in dem Fall dann auch beides Zufallsopfer, ne?
00:54:44
Also die, die ihm halt dann da gerade leider in die Arme gelaufen sind.
00:54:49
Und das, was er war, das ist ja das, wovor man immer Angst hat, dass, ne?
00:54:56
Also, dass einem so jemand abends über den Weg läuft.
00:55:00
Das ist doch eine Horrorfilmvorstellung.
00:55:02
Was mich so ein bisschen verwundert hat bei meinem Fall war, dass das Gericht keine Störung der Totenruhe festgestellt hat.
00:55:14
Und zwar mit der Begründung, dass die Taten von Pascal nicht dazu dienten, der Getöteten seine Verachtung zu zeigen.
00:55:22
Zitat, sie erfolgten vielmehr, um den Geschlechtstrieb des Angeklagten zu befriedigen.
00:55:27
Ja, aber da geht's doch nicht nur drum.
00:55:29
Also, es geht ja nicht nur um ihn, sondern darum, was die Allgemeinheit für vertretbar hält.
00:55:34
Ja, und da sagt das Gericht aber auch, dass das hier nicht, sag ich mal, schlimm genug ist.
00:55:40
Und da beziehen sie sich auf den Armin-Maiwes-Fall, bei dem der BGH gesagt hatte, dass es hinsichtlich dieses Pietätsgefühls der Allgemeinheit darauf ankomme, ob der Täter oder die Täterin den Menschen seine Verachtung bezeugen und die Menschenwürde missachten wolle.
00:55:55
Und bei Maiwes war das dann so, also, dass er eben vor laufender Kamera geschlachtet hat, um dann sich danach nochmal daran sexuell zu befriedigen.
00:56:05
Da war das halt eine menschenunwürdige Behandlung.
00:56:08
Aber hier bei Pascal hat das Gericht gesagt, die Grenzen zu diesem beschimpfenden Unfug wären halt noch nicht überschritten.
00:56:20
Finde ich irgendwie auch merkwürdig.
00:56:23
Wenn es um TäterInnen geht, die ihre Opfer töten, um sie zu essen oder es zumindest versuchen, wie in meinem Fall, dann kann diesem Verhalten eine seelische Störung zugrunde liegen.
00:56:35
Und dann soll ein psychiatrisches Gutachten darüber Auskunft geben, ob die so schwerwiegend ist, dass der Täter oder die Täterin möglicherweise sogar schuldunfähig war bei der Tat.
00:56:45
Und da kommt dann § 20 Strafgesetzbuch ins Spiel.
00:56:49
Da heißt es, ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser zu handeln.
00:57:05
Bis vor kurzem stand da übrigens statt Intelligenzminderung noch das Wort Schwachsinn und statt der schweren anderen seelischen Störung stand da schwere andere seelische Abartigkeit.
00:57:15
Ach, und das haben Sie jetzt geändert?
00:57:18
Ja, seit dem 01.01.2021 ist das geändert.
00:57:21
Ja, aus offensichtlichen Gründen, weil diese Begriffe ja klar diskriminierend und entmenschlichend sind.
00:57:29
Also Abartigkeit ist auch so ein Wort, das so sehr an die Nazi-Zeit erinnert.
00:57:37
Ja, und im Fall von Pascal sprach das Gericht ja noch von einer seelischen Abartigkeit, weil das 2010 halt einfach noch so hieß.
00:57:44
Und in meinem Aha geht es jetzt darum, was das eigentlich ist, eine schwere andere seelische Störung.
00:57:50
Dies abzuheben von den anderen Störungen, die im Gesetzestext stehen, also von der krankhaften seelischen Störung, die organische Ursachen hat, also wie zum Beispiel Epilepsie oder eine Psychose.
00:58:01
Und auch von der tiefgreifenden Bewusstseinsstörung, wenn man zum Beispiel unter Hypnose oder jetzt beim Schlafwandeln jemanden tötet.
00:58:09
Die schwere andere seelische Störung wird dann so als Auffangtatbestand bezeichnet, weil darunter alles fällt, das irgendwie vom, in Anführungsstrichen, normalen seelischen Zustand abweicht und nicht auf organischen Defekten beruht.
00:58:22
Das kann dann beispielsweise eine schwere Persönlichkeitsstörung sein, so wie im Fall von Pascal, oder aber auch eine schwere Abhängigkeit von Drogen, wenn die schon so dazu führt, dass man sich stark verändert.
00:58:34
Aber eben auch eine Störung der Sexualpräferenz, wie beim Kannibalismus.
00:58:38
Wenn das sehr ausgeprägt ist, der Kannibalismus, dann kann das auch als seelische Störung gelten.
00:58:44
Bei Pascal war das trotz dieser ganzen Strömungen von Kannibalismus, Vampirismus, Necrophilie, Pädophilie, war das offenbar nicht ausgeprägt genug.
00:58:54
Und das muss halt vor Gericht dann natürlich immer individuell bewertet werden und kann dann zu einer Schuldunfähigkeit oder einer verminderten Schuldfähigkeit nach § 21 führen.
00:59:05
Womit die TäterInnen dann ja eine andere Strafe bekommen, wie das auch bei Pascal war.
00:59:09
Aber so muss das ja nicht immer sein.
00:59:11
Also ich weiß, viele denken halt, dass KannibalistInnen nicht zurechnungsfähig sind, so im Sinne von, die wissen ja gar nicht, was die da tun.
00:59:20
Aber wie uns der Fall von Udo jetzt ja eigentlich gezeigt hat, können TäterInnen aussteuerungs- und einsichtsfähig sein.
00:59:27
Also auch Armin Meiwes zum Beispiel war nicht psychiatrisch krank.
00:59:32
Also da hat man gesagt, er war in sexualmedizinischer Hinsicht krank.
00:59:36
Das sagt Christoph Ahlers, Paar- und Sexualtherapeut der Taz in einem Interview.
00:59:41
Also er hatte eine Präferenzstörung, so wie die Pädophilie und davon seien hauptsächlich Männer betroffen.
00:59:47
Unser Kollege Samuel vom Y-Kollektiv hat sich in einer Reportage über Kannibalismus mit einem Mann unterhalten, der seinen Fuß verkaufen will, weil er den Gedanken so erregend findet, dass der gegessen wird.
01:00:01
Und als Samuel ihn fragt, woher das kommt, kann er das auch gar nicht wirklich beantworten und sagt, dass er sich wünschen würde zu wissen, woher das kommt.
01:00:10
Aber er denkt auch nicht, dass irgendwer da wirklich mal eine Antwort zu finden wird.
01:00:14
Ja, aber es ist eh selten, dass es irgendwie so einen bestimmten Auslöser gibt.
01:00:21
Aber was vielen Kannibalen, die es schon so gab und die erforscht wurden, gemein ist, ist, dass sie eine schlimme Kindheit hatten.
01:00:30
Und dass sich dieses sexuelle Interesse für Menschenfleisch auch schon früh ausgebildet hat bei den KriminologInnen und PsychologInnen, die gehen davon aus, dass halt traumatische Erlebnisse in der Kindheit zu solchen Präferenzstörungen führen können.
01:00:44
Und das muss dann auch nicht ein Ereignis sein, wie jetzt zum Beispiel ein sexueller Missbrauch, sondern das können zum Beispiel auch ganz viele kleine Verletzungen sein, wie jetzt zum Beispiel Vernachlässigung durch die Eltern, die dann so eine Basis für die Ausbildung von solchen Störungen irgendwie begünstigen oder bereithalten.
01:01:07
Samuel sagt am Ende des Gesprächs übrigens, dass er dem Kannibalen, mit dem er sich unterhält, gerne einen Kontakt weiterleiten würde, wenn er jemanden findet, der ihn psychologisch unterstützen kann.
01:01:19
Und darauf sagt der Mann dann, dass er sich bitte auch melden soll, wenn er jemanden findet, der ihm den Fuß abkauft.
01:01:27
Ja, da meldet er sich sicher nicht, der Samuel.
01:01:30
Nee, hat er auch gesagt, dass er das nicht macht.
01:01:32
Ja, aber das ist natürlich so der Gipfel des Kannibalismus, wenn man es halt auf der sexuellen Ebene sieht.
01:01:41
Viele treffen sich ja in diesen Foren auch nur, um diese Rollenspiele zu vertiefen und sich dann halt vorzustellen, Chef oder Longpick zu sein.
01:01:50
Und die gehen dann beim Sex vielleicht auch weiter, aber halt nicht diesen finalen Schritt.
01:01:55
Ja, und das ist dann halt erstmal einfach eine sexuelle Vorliebe.
01:01:58
Menschen haben die absurdesten Fantasien, Menschen haben Vergewaltigungsfantasien und wollen dann selbstverständlich trotzdem nicht wirklich vergewaltigt werden.
01:02:06
Genau, aber diese Foren, auch wenn sie jetzt nur für die Fantasie genutzt werden, die muss man ja mit Vorsicht genießen, weil es kann ja immer irgendwas im Leben dieser Beteiligten passieren, dass sie dann doch zu diesem finalen Schritt fähig sind.
01:02:22
Ja, genau das. Aber auch, dass diese Foren Kannibalismus ja irgendwie normalisieren, weil die anderen haben das dann ja auch, diese Vorliebe.
01:02:32
Und deswegen ist das, anstatt sich da irgendwie mit den Leuten zu unterhalten und nur mit denen über dieses Problem in Anführungsstrichen zu reden, was ja viele gar nicht als das wahrnehmen, ist es dann halt auch einfach besser, sich mit einem Psychologen oder mit einer Psychologin zu unterhalten.
01:02:49
Genau, immer lieber professionelle Hilfe holen bei solchen Fantasien.
01:02:54
Dieses Forum, in dem Udo und Marian aktiv waren, das gibt es nicht mehr, also ich habe es ja zumindest nicht gefunden, aber ich habe noch einen Beitrag gefunden, den ich ganz, ja, absurd amüsant fand.
01:03:08
In einem anderen Forum?
01:03:09
Nee, von dem Forum.
01:03:13
Und zwar so ein Screenshot. Und da schreibt ein Nutzer, dieses Forum gehört sofort geschlossen. Auch mir wollte man am liebsten ans Leder, weil ich etwas sportlich aussehe. Also.
01:03:26
Hä, aber er hat sich doch darum getrieben. Ich meine, wenn das heißt.
01:03:29
Nee, das war, nachdem der bekannt wurde, der Fall, sind da ja offenbar auch so JournalistInnen und so hin, ne?
01:03:36
Nur weil man jetzt eine vermeintlich gute Konfektionsgröße hat, heißt das ja nicht, dass da gleich an einem rumgenagt wird.
01:03:45
Ja, das Gegenteil, würde ich sagen.
01:03:47
Es gibt ja noch andere Gründe, Menschenfleisch zu essen, also neben dem Motiv jetzt dadurch irgendwie sexuell befriedigt zu werden.
01:03:57
Zum Beispiel aus einer Notsituation heraus, in Folge 73 hattest du mir ja von diesem Fall auf diesem Boot erzählt, wo die Männer dann den Jüngsten getötet haben und gegessen haben, um zu überleben.
01:04:10
Und das war ja auch eine Notsituation und als du das erzählt hast, da muss ich direkt an diesen Fall denken von dieser Rugby-Mannschaft aus Uruguay.
01:04:20
Das ist auch richtig schlimm.
01:04:22
Da ist 1972 eine Mannschaft aus Uruguay mit dem Flugzeug zu einem Freundschaftsspiel nach Chile geflogen und auf dem Weg dahin ist die Maschine in den Anden abgestürzt.
01:04:32
Von den 45 PassagierInnen haben aber 33, was total krass ist, diesen Absturz überlebt.
01:04:40
Weil das Flugzeug quasi nicht zerschellt ist, sondern es ist auf so einer, ja, wie so einer Schnee-Dings gelandet und dann ist es so runtergerutscht.
01:04:49
Also deswegen haben da halt einige überlebt, aber in der ersten Nacht sind schon fünf davon erfroren, weil es da eben bis zu minus 40 Grad kalt wurde.
01:05:00
Ja, und die Restlichen haben dann bei dem Wrack ausgeharrt und halt auf ihre Rettung gewartet.
01:05:04
Aber am achten Tag haben die dann über so ein kleines Radio, was diesen Absturz auch irgendwie überlebt hat, gehört, dass die Suche nach ihnen eingestellt wurde.
01:05:14
Wie schlimm ist das?
01:05:15
Das ist nur schlimm.
01:05:17
Und dann hatten die natürlich auch kein Essen und gar nichts.
01:05:20
Und als sie dann kurz vorm Verhungern waren, haben sie sich halt dann entschieden, das Fleisch der Toten zu essen.
01:05:25
Und das fiel denen richtig schwer, auch weil das ja auch Freunde von denen waren, die da gestorben sind.
01:05:31
Und die da ja auch moralische Bedenken hatten.
01:05:34
Und erst 72 Tage später wurden 16, die noch überlebt haben, gerettet, weil zwei von ihnen zehn Tage durch den Schnee gewandert sind, um Hilfe zu holen.
01:05:44
Und die schickten nur zwei von ihnen los.
01:05:46
Das finde ich aber auch ein bisschen gewagt.
01:05:48
Naja, das waren die einzigen zwei, die noch irgendwelche Kräfte übrig hatten.
01:05:53
Ah, okay, krass.
01:05:55
Und die Männer wollten dann der Öffentlichkeit auch erstmal nichts von dem Kannibalismus sagen, weil denen das natürlich ja sau unangenehm war.
01:06:04
Ja, das wäre ja auch gar nicht aufgefallen.
01:06:06
Also wenn die Hälfte fehlt und es da so ein paar Bissspuren gibt.
01:06:12
Es ist dann leider rausgekommen sowieso.
01:06:14
Und die Männer haben aber dann versucht, der Presse klarzumachen, dass sie das Menschenfleisch halt nicht gegessen haben, um satt zu werden, sondern um zu überleben.
01:06:22
Aber das war halt schon so kontrovers diskutiert.
01:06:25
Ja, also ich als kleines Knirzenkind in der Grundschule hätte dem zugestimmt, hätte supportet.
01:06:32
Ich habe ja hier neulich schon erzählt, dass mich das sehr gewundert hat, dass Leute, die Hunger haben, nicht einfach die Totenverwandten essen.
01:06:38
Es gibt noch andere Situationen, wo Menschenfleisch gegessen wird.
01:06:42
Also nicht immer nur so in so Notsituationen, sondern es wurde auch eine Zeit lang als eine Art Medizinprodukt gesehen.
01:06:48
Im alten Rom zum Beispiel.
01:06:50
Da hat man gedacht, Gladiatorenblut würde Epilepsie heilen.
01:06:55
Und bis ins 18. Jahrhundert hat man in Europa teilweise Gicht und Arthrose mit Salben aus Menschenfleisch behandelt.
01:07:01
Ja, aber es gibt ja auch heute Menschen, die sich zum Beispiel die Plazenta ins Gesicht schmieren.
01:07:08
Das ist ja auch was Neues.
01:07:10
Ja, oder im Tiefkühlfach lagern.
01:07:13
Aber auch essen?
01:07:15
Ja, ist ja eklig auch ein bisschen.
01:07:20
Ich finde das auch, also du, ich verständnis ja für fast alles, aber da muss ich auch sagen, mach das, aber erzählt mir da bitte nichts von.
01:07:30
Was es auch heute noch gibt, ist der rituelle Kannibalismus und zwar bei den Korabai, hoffentlich spreche ich das richtig aus, einem Stamm aus West-Neuguinea.
01:07:41
Also zumindest soll dies in Teilen bis 2006 noch so gewesen sein, als der australische Journalist Paul Raffaelli als erster Weißer halt diese Gruppe besuchte.
01:07:51
Und da ist es so, wenn jemand auf mysteriöse Weise stirbt, dass die Mitglieder dieses Stammes dann glauben, dass daran ein Hexenmeister aus dem Reich der Toten schuld ist.
01:08:02
Was heißt auf mysteriöse Weise sterben?
01:08:06
Ja, also wenn er jetzt nicht vom Baum runterfällt oder irgendwie mit einem Speer getötet wird, also wenn für die nicht direkt klar ist, woran er gestorben ist, weil die natürlich auch nicht viel über Krankheiten wissen oder jetzt dann unbedingt wissen, woher die Symptome kommen.
01:08:22
Und die glauben dann halt, dass dieser Hexenmeister die Person von innen aufgegessen hat und nach der Logik des Stammes steckt dieser Hexenmeister dann auch nach dem Tod in der Leiche.
01:08:34
Und um sich an dem zu rächen, weil das ist deren Rechtssystem, wird dann die Leiche gegessen, also Kannibalismus dann betrieben.
01:08:41
Also das finde ich aber gar nicht logisch, weil wenn was verflucht ist, dann will ich das ja nicht in meinem Organismus aufnehmen.
01:08:48
Ja, das ist so und Kinder unter 13 dürfen das auch nicht, weil die natürlich auch, die sehen das schon, dass das gefährlich ist.
01:08:58
Aber das ist deren Art, ihr Urteil zu sprechen.
01:09:01
Ich war relativ überrascht darüber, dass noch bis vor 70 Jahren auch noch ein anderes Volk seine verstorbenen Angehörigen gegessen hat und damit auch nur aufgehört hat, weil es offiziell verboten wurde.
01:09:15
Und bei so einer Art von rituellem Kannibalismus geht es halt oft darum, den Toten die letzte Ehre zu erweisen.
01:09:21
Also da geht es nicht um den Hexenmeister, sondern da ist das so, wir erweisen dir die Ehre.
01:09:26
Und weil sie die dann in sich aufnehmen möchten, um sie dort sicher zu bestatten.
01:09:32
Ja, und wenn man mal überlegt, dann ist das auch gar nicht so fern von unserer Kultur.
01:09:36
Weil jetzt zum Beispiel im katholischen Gottesdienst, da beruht der Verzehr vom Fleisch und Blut Jesu, also diesem Brot und dem Wein, den man da kriegt, ja auch auf der Vorstellung, sich Jesus damit einzuverleiben.
01:09:49
Und wer das auch gesagt hat, dass er ja einen liebenswerten Menschen sozusagen in sich aufnehmen will, war übrigens Armin Meiwes, der das auch als Motiv angegeben hatte.
01:10:02
Würden mir andere Sachen einfallen, um einen liebenswerten Menschen, der tot ist, irgendwie dem die Ehre zu erweisen und gut in Erinnerung zu behalten.
01:10:16
Ja, was ich mich so bei der Recherche gefragt habe, ist, also da stellt man sich ja schon die Frage irgendwie, wie Menschenfleisch schmeckt.
01:10:24
Oder hast du dir die nicht gestellt?
01:10:26
Also ich weiß ja nicht mal, wie richtiges Fleisch schmeckt, weil das jetzt mittlerweile 21 Jahre her ist, dass ich das das letzte Mal gegessen habe.
01:10:34
Deswegen, ja, aber ich stelle es mir trotzdem so ein bisschen fad vor, ehrlicherweise.
01:10:39
Ja, und diese Frage haben sich 2011 auch die Produzenten einer niederländischen Fernsehshow gestellt.
01:10:46
Versuchskaninchen hieß die Show.
01:10:48
Und da haben sich die beiden Moderatoren von einem Chirurgen kleine Fleischstücke rausoperieren lassen,
01:10:56
um die dann von einem Koch in dieser Show braten zu lassen und dann gegenseitig halt zu essen.
01:11:03
Also der eine wird das Fleisch von dem anderen und umgezogen.
01:11:07
Das ist ja wohl, nee, die Niederländer.
01:11:11
Was haben die in ihrem Fernsehen, dass das erlaubt ist?
01:11:15
Ja, ich habe mir das dann auch bei YouTube angeschaut und es ist echt nur so ein ganz kleines Stück, also mini.
01:11:21
Aber die sagen, es schmeckt nicht so lecker.
01:11:25
Die haben es schon runtergeschluckt, aber halt.
01:11:27
Und musste man das von dem jeweils anderen essen oder musste man sein eigenes essen?
01:11:32
Nee, von dem jeweils anderen.
01:11:33
Und würdest du lieber dein eigenes probieren oder lieber meins?
01:11:37
Ja, weiß ich auch nicht. Das habe ich mich auch gefragt.
01:11:40
Ich glaube, ich würde lieber meins probieren.
01:11:41
Ich glaube, ich würde es eklig finden von jemand anderem.
01:11:44
Mein eigenes würde ich okay finden.
01:11:47
Ja, ich finde das auch von mir eklig.
01:11:49
Ja, aber würde ich nicht so schlimm finden.
01:11:52
Was ich noch verrückt fand, war, dass der Sender, auf dem das ausgestrahlt wurde, öffentlich-rechtlich war.
01:11:59
Also die durften das auch eigentlich nicht machen.
01:12:05
Also es ist jetzt nicht legal, zumindestens nicht, dass der Arzt das Fleisch von denen entnommen hat.
01:12:14
Weil das darf man eigentlich nur mit einer hinreichenden medizinischen Begründung.
01:12:19
Aber weil die Produktionsfirma natürlich die Identität des Arztes zurückgehalten hat, gab es dann keine juristischen Konsequenzen.
01:12:28
Und ich weiß nicht, ob du das nicht mitbekommen hast, aber Anfang dieses Jahres wollten ja Joko und Klaas Micky Beisenherz dazu bekommen, ein Stück seines eigenen Körpers zu machen.
01:12:40
Ja, weil das Duell um die Welt. Und der hatte aber dankend abgelehnt.
01:12:46
Ach nein, das habe ich nicht gesehen.
01:12:48
Ach und da wollte der Micky sich nicht selber essen.
01:12:52
Aber die Zuschauer und Zuschauerinnen, die waren auch richtig sauer. Also jetzt nicht auf Micky, sondern auf Joko, der das halt vorgeschlagen hat.
01:13:00
Ja, das wäre witzig, wenn sie sauer auf Micky gewesen wären, dass er richtig selbst gegessen hat.
01:13:05
Das feiges Ding.
01:13:09
Hätte ich auch so gemacht.
01:13:11
Weil Micky so oft in seinem Podcast davon spricht, wie lecker er Oktopus findet, hätte ich das eigentlich besser gefunden dann auch, wenn man das Stück Micky an einen Kraken verfüttert hätte.
01:13:21
Das wäre doch mal ein schöner Lebenskreislauf gewesen.
01:13:25
Ja, das wäre auf jeden Fall besser für Micky gewesen, als Menschenfleisch zu essen, weil das kann gefährlich werden.
01:13:31
Und zwar dann, wenn der Gegessene zum Beispiel giftige Proteine in sich trägt, sogenannte Prionen.
01:13:38
Dann kann nämlich bei dem, der das Fleisch gegessen hat, die sogenannte Kuru-Krankheit ausbrechen.
01:13:45
Ja, das sagen ja auch einige verwirrte VerschwörungstheoretikerInnen Hillary Clinton nach, weil die ja angeblich kleine Kinder essen soll.
01:13:55
Das war wirklich einer der seltsamsten Abenden in meinem Leben, als mir ein Falafel-Ladenbesitzer in Berlin das weismachen wollte, dass Hillary immer zittert wegen Kuru.
01:14:07
Ja, das ist ja genau so ein Symptom aber von dieser Krankheit, die auch tödlich ist, dass man so zittert.
01:14:14
Aber ein Symptom ist auch, wenn das schon länger, wenn du diese Krankheit schon länger hast, ist ein unnatürliches Lachen, weshalb die Krankheit auch Lachkrankheit heißt.
01:14:25
Und damit lachen sich also die Kannibalen oder Kannibalinnen zu Tod letztendlich.
01:14:32
Wow, okay, und damit verabschieden wir uns diese Abzogenfolge.
01:14:37
Nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein, wir müssen noch etwas sagen.
01:14:41
Nein, wir sind jetzt auch auf YouTube.
01:14:43
Und zwar mit unserem True-Crime-Kanal Schuld und Sühne.
01:14:47
Schaut da gerne mal vorbei.
01:14:49
Da gibt es uns jetzt auch zum Angucken, falls man das möchte.
01:14:52
Den Link findet ihr in den Shownotes.
01:14:59
Das war ein Podcast von FUNK.