Zurück zur Startseite

#78 Du gehörst mir!

Ich lebe ja jetzt schon seit einigen Wochen in einem Land, das weitestgehend so tut, als würde Corona nicht existieren, ne?
Du lebst in unserer aller Wunschvorstellung.
Und ich war ja sogar schon auf dem Dancefloor.
Das ist so, das ist so absurd.
Eng an eng mit fremden Menschen.
Ungetestet.
Ungetestet, man muss da auch nicht beim Eingang zeigen, ob man jetzt geimpft ist oder nicht.
Das finde ich gar nicht gut, das finde ich wirklich nicht schön.
Ne, also mein Körper hat auch Reaktionen gemacht am Anfang, Würgereiz.
Ne, aber so ein ganz komisches Gefühl im ganzen Körper.
Ich glaube, das ist normal, wenn man eineinhalb Jahre das nicht mehr hatte, in einer Menschenmenge zu stehen.
Und eigentlich im normalen Leben würde ich mich auch nie mitten auf einem Dancefloor stellen.
Man ist ja eher an der Seite oder man sucht sich am besten noch ein Podest, wo man drauf tanzt.
Hat man das nicht früher gemacht.
Aber ich muss zugeben, es hat dann schon mega viel Spaß gemacht.
Und es war, ja, irgendwie hatte auch jeder gute Laune gefühlt und es war cool.
Aber dieses Öffnen der Clubs und dieses Feiern in Innenräumen, das hat interessante Blüten getragen, würde ich mal sagen.
Weil jetzt, als wir am Wochenende überlegt haben, wo wir hingehen, ging es darum, eine Bar oder einen Club zu finden, wo die Leute ein bisschen älter sind.
Also es ist jetzt nicht mehr so, man geht jetzt in den coolsten und hippsten Club, sondern irgendwo hin, wo die Personen in einem Alter sind, wo sie schon beide Impfungen bekommen haben.
Also man will jetzt nicht in einem Raum mit den ganzen 18-, 19-Jährigen sein.
Die sind nämlich hier noch nicht geimpft.
Das möchte man aber doch generell nicht.
Gut.
Naja, aber die sind oft da, wo es cool ist.
Ja, also ja, das schon.
Aber mir persönlich jetzt auch zu energetisch und lebensfroh.
Da ziehe ich nicht mehr mit.
Okay, also für dich wäre das eh kein Problem.
Was, in einem Altersheim meinen Abend zu verbringen?
Nee.
Genau.
Ich habe mir nur gedacht, weiß nicht, wie das jetzt noch so in Zukunft weitergeht.
Und wenn die Corona-Politik so läuft, dann wird halt einfach diese Angst vor jungen Menschen dann noch verstärkt, die du schon eh hast.
Also ich möchte ja niemanden diskriminieren.
Ich habe Angst vor allen Menschen oder Unbehagen, sagen wir.
Ja, aber irgendwann haben wir dann auch alle Angst vor Kindergartenkindern, wenn die die einzigen Ungeimpften sind.
Meinst du, in Zukunft reden wir hier also nicht mehr nur über Fälle, in denen das Messer die Waffe war, sondern man mit Kindergartenkindern nach Menschen geschmissen hat?
Und damit herzlich willkommen zu Mordlust, einem True-Crime-Podcast von Funk, von ARD und ZDF.
Wir reden hier über wahre Verbrechen und ihre Hintergründe.
Mein Name ist Paulina Kraser.
Und ich bin Laura Wohlers.
In jeder Folge gibt es ein bestimmtes Oberthema, zu dem wir zwei wahre Fälle nacherzählen, darüber diskutieren und auch mit Experten und Expertinnen sprechen.
Wenn wir miteinander reden, dann manchmal auch ein bisschen auf eine lockere Art.
Das hat aber nichts damit zu tun, dass uns die Ernsthaftigkeit dem Thema gegenüber fehlt, sondern das ist für uns immer so eine Art Comic-Relief, damit wir zwischendurch auch mal durchatmen können.
Das ist aber natürlich nicht despektierlich gemeint.
Heute geht es bei uns um die Eifersucht.
Genau, also wir sprechen über diesen fiesen und ekligen Schmerz, den wir alle kennen, den ich zum Beispiel sehr hart gespürt habe, als meine damalige Schulfreundin mich aus der Bahn angerufen hat, auf dem Rückweg von der Klassenfahrt und mir da erzählt hat, dass meine erste große Liebe mit der blonden, hübschen aus der A rumgeknutscht hat.
Nee.
Frech, ne?
Ja, also das wäre laut Dichter Wilhelm Busch der sogenannte Liebesneid.
Und der entsteht halt immer dann, wenn jemand Verlustängste hat oder gekränkt ist, weil eben eine andere Person, in dem Fall die hübsche Blonde, mehr Aufmerksamkeit oder Liebe bekommen hat, als ich in dem Moment.
Das, was ich da gefühlt habe, das war die sogenannte reaktive Eifersucht.
Also, weil sich meine Eifersucht auf ein tatsächliches Ereignis bezogen hat und damit war sie auch begründet und ich denke in dem Fall auch irgendwie nachvollziehbar.
Und dann gibt es noch die besitzergreifende Eifersucht.
Die ist ganz übel, weil die eine Person die andere quasi schon im Vorfeld so einschränkt, dass es gar nicht erst zu brenzlichen Situationen kommen kann.
Also hier so nach dem Motto, mein Freund oder meine Freundin darf jetzt ohne mich nicht feiern gehen.
An sowas kann ich mich auch noch erinnern.
Das war dann zwar nicht so ein offizielles Verbot von den Typen, aber das Signal war schon klar so in die Richtung, ja, würde ich jetzt schon ziemlich doof finden, wenn du ohne mich weggehen würdest.
Und dann haben die Mädels das auch nicht gemacht.
Und das war aber nur bei den Typen so, die das zu den Mädels gesagt haben, weil ich glaube, ich hatte das ja mal erzählt, in meinem Freundeskreis hießen die Freundinnen ja die Regierung.
Und wenn die Regierung das verboten hat, dann gab es das nicht.
Ach so, ja, nee, tatsächlich war das andersrum bei mir.
Ich finde es okay, wenn man so über die Vergangenheit redet, aber wenn das heute noch so wäre, dann wäre das jetzt irgendwie ein Problem.
Und dann gibt es noch die argwöhnisch-ängstliche Eifersucht.
Und dazu haben wir uns heute eine Expertin auf dem Gebiet eingeladen.
Laura Roland.
Was meinst du?
Heinz, du erzählst doch nochmal die Geschichte mit dem Jackenständer.
Ja, stimmt.
Das würde wahrscheinlich zu dieser argwöhnisch-ängstlichen Eifersucht passen.
Also als ich damals aus Versehen die Jeansjacke meiner Kollegin mit nach Hause genommen habe, die dann an den Haken gehängt habe und dann aber eine Stunde später das alles wieder vergessen hatte.
Und sie dann wieder gesehen habe und dachte, wem gehört diese Jacke?
Und dann war ich mir sicher, die muss der Affäre meines Freundes gehören.
Der ja in dem Moment nicht zu Hause war.
Und die Affäre ja offenbar auch nicht.
Und es gab ja ansonsten auch keinen einzigen Hinweis auf eine Untreue oder irgendwas.
Es war einfach nur diese Jacke und dann meine irrationale Angst.
Also für wie eifersüchtig hältst du dich?
Weil du hast im Laufe unserer Beziehung oft gesagt, dass du eine eifersüchtige Person bist.
Aber abgesehen von dieser wirklich absurden Jeansjackengeschichte und einmal eine Sache, da ging es um irgendwas in einem Club, habe ich dich nie eifersüchtig erlebt.
Ja.
Aber dafür ist diese eine Sache schon sehr extrem.
Also ja, ich weiß, dass ich das immer sage, aber ich würde eigentlich heute, wenn ich richtig drüber nachdenke, sagen, ich bin eigentlich nur noch im Traum eifersüchtig.
Laura träumt ganz oft von schlimmen Fremdgeh-Sachen.
Ja, aber da passieren dann auch Sachen, die sind immer begründet.
Also da sind dann nicht so Jeansjacken-Aktionen, sondern da ist dann auch begründet.
Aber früher war ich auch tagsüber eifersüchtig.
Also im wachen Zustand, genau.
Und in früheren Beziehungen.
Und da bin ich dann auch mal nachts nochmal aufgestanden, wenn ich dann gehört habe, dass mein Freund feiern geht.
Um da auch dann wirklich aufzupassen, dass da nichts passiert.
Hä, was heißt, du bist nachts aufgestanden?
Ja, also.
Zum Kühlschrank, oder was?
Nein, nein, nein.
So.
Also ich lag schon im Bett, fertig gemacht, ready for sleep.
Und dann kriege ich halt von irgendwem SMS oder so, dass der jetzt noch feiern ist.
Und dann.
Von deinen Spitzeln?
Nicht von ihm selbst.
Über eine Freundin von deinen Spitzeln.
Sagen wir einfach mal, über eine Freundin.
Ja.
Sagen wir mal über mein Netzwerk.
Und dann.
Ja, klar.
Nee.
Dann habe ich mich angezogen, fertig gemacht.
Habe so getan, als wäre ich ja eh wach gewesen und eigentlich ready to go.
Und bin dann ernsthaft nochmal los.
Nur, aber aus Angst, aus Eifersucht, dass da irgendwas passiert.
Ach du hier, mein Freund.
Wusste ich gar nicht.
So ein Zufall.
Oder wie?
Ja, ich glaube, zu ihm habe ich halt gesagt, dass ich eh Bock hatte oder wollte oder mit
halt den Mädels, ne, schon geschrieben hätte.
Aber das war der, also das war die Motivation.
Das weiß ich noch ganz genau, wie ich mich gefühlt habe und wie ich das so gespürt habe, dass
ich da jetzt hin muss.
Das war richtig schlimm.
Ja, also ich glaube, keine Eifersucht würde mich aus dem Bett kriegen.
Dann würde ich eher Schluss machen aus Faulheit.
Ja.
Aber ich würde da nicht hingehen und das kontrollieren.
Ja, also das, also heute würde ich das ja auch auf keinen Fall mehr machen.
Aber ich glaube, so zu so einem gewissen Grad ist das als Teenager auch vielleicht normal.
Ja.
Ja, weil man da halt auch noch nicht so das Selbstbewusstsein hat.
Genau, also meiner Meinung nach gibt es zwei Gründe für Eifersucht.
Entweder du bist aus gutem Grund eifersüchtig, dann ist die Liebe aber falsch aufgehoben
oder dir mangelt es halt an Selbstwert oder Selbstliebe.
Ja.
Und davon haben halt viele Teenager noch nicht so viel.
Also ich mag eigentlich so eine Altersüberheblichkeit gar nicht, so von wegen, mir ist jetzt eine Welt
offen und alle, die irgendwie jünger sind, die wissen das alle nicht so.
Aber bei mir persönlich ist das schon echt so, je älter ich werde, desto weniger Selbstzweifel
habe ich, desto weniger beschäftige ich mich irgendwie mit anderen.
Ja.
Ja, und deswegen kenne ich das auch nur aus meiner Vergangenheit.
Aber bei uns im Freundeskreis damals war das auch Pflicht, eifersüchtig zu sein.
Also das ging gar nicht ohne.
Ja.
Ja, und im Nachhinein hat sich bei mir herausgestellt, dass meine Eifersucht doch auch begründet war.
Also ja, habe ich das vielleicht dann doch gespürt?
Ja, dann war die Liebe falsch aufgehoben.
Ja.
Und weil Eifersucht so ein starkes und negatives Gefühl ist, ist es eben auch nicht selten ein Tatmotiv.
Und von so einem Fall erzähle ich euch jetzt.
Fast alle Namen sind geändert.
Es ist ein warmer, wolkenloser Sommertag.
Ende August 2007.
Auf dem Neckar schwimmen kleine blaue Schlauchboote.
Wenn man nicht wüsste, dass die Männer, die in ihnen sitzen, auf der Suche nach Leichenteilen sind, könnte man meinen, es handele sich um einen netten Betriebsausflug.
Neun Tage zuvor, ganz in der Nähe.
Die Tür schwingt auf und Yvan ist zurück vom Handballtraining.
Wie jeden Dienstagabend.
Doch zu Hause wird der 19-Jährige nicht wie sonst von seinen Eltern empfangen.
Denn die sind außer Landes.
Sturmfrei für Yvan und seine zwei kleineren Geschwister.
Die Eltern Pierre und Fabienne machen gerade Kurzurlaub bei der Verwandtschaft in Frankreich.
In ihrer eigentlichen Heimat.
1990 waren die beiden mit Yvan aus dem französischen Elsass ins baden-württembergische Remstal gekommen.
Da war Yvan gerade einmal drei Jahre alt.
Doch obwohl er jetzt schon so lange in Deutschland lebt, fühlt er sich trotzdem immer auch noch als Franzose.
Deshalb hat er sich auch dafür entschieden, seinen Abschluss an einem deutsch-französischen Gymnasium zu absolvieren.
Er hat sogar einen französischen Akzent, wenn er deutsch spricht.
Wie das so oft der Fall ist, kommt das bei Mädchen gut an.
Sowieso hat Yvan einen Schlag bei Frauen.
1,85 groß, schlank, sportlich, braune Augen, braune Haare.
Immer ein charmantes Lächeln auf den Lippen, obwohl auf Fotos eher ein breites Grinsen oder eine Grimasse sein ovales Gesicht ziert.
Und auf Yvan kann man sich immer verlassen.
Da ist sich sein Freundeskreis einig.
Auch an diesem Abend des 21. August 2007.
Eine Bekannte aus der Gegend hatte ihn am Nachmittag angerufen und ihn gebeten, ihr bei etwas zu helfen.
Was das genau war, soll später nie geklärt werden.
Doch um diesem Mädchen einen Gefallen zu tun, hat sich Yvan an diesem Abend früher von seinen Handballkollegen losgeeist.
Als es dann jetzt gegen halb zehn klingelt und er auf dem Weg zur Haustür ist, steht seine Schwester vor ihm.
Weil Yvan sie oft nach ihrer Meinung zu seinen Outfits fragt, kommt es bei ihr wie aus der Pistole geschossen.
So kannst du gehen. Draußen ist es sowieso dunkel und dann sieht dich keiner.
Mit lässigem Kapuzenpulli, Jeansjacke, Turnschuhen und einer Baseballcap verschwindet Yvan in der Dunkelheit.
Vor dem Haus steht ein Mädchen, das er nur flüchtig kennt.
Die 16-Jährige führt ihn einen Feldweg entlang, bis die beiden auf einer Streuobstwiese ankommen, auf der zwei Gestalten warten.
Als sie näher kommen, erkennt Yvan, dass es zwei Männer in seinem Alter sind, die er nicht kennt.
Einer fragt ihn nach Feuer.
Und das nächste, was er spürt, ist ein harter Schlag gegen seinen Kopf.
Weil Yvan nicht nach Hause kommt, machen sich seine Geschwister Sorgen.
Sie rufen ihre Eltern an, die sofort zurück nach Deutschland kommen.
Pierre und Fabienne gehen zur Polizei und geben eine Vermisstenmeldung auf.
Doch die BeamtInnen können Yvan nirgends finden.
Sechs Tage nach seinem Verschwinden ruft ein Hausmeister bei der Polizei an.
Die MieterInnen eines Mehrfamilienhauses im Stuttgarter Osten hatten sich über einen fiesen Geruch beschwert.
Als der Hausmeister sich dem Sutterer nähert, wählt er umgehend die 110.
Und die gerufenen PolizistInnen wissen auch genau warum, als sie vor der Kellerwohnung stehen.
Der Verwesungsgeruch ist ganz deutlich wahrzunehmen.
Als sie die Tür aufbrechen, ertönt Musik.
Das Radio läuft.
Ansonsten ist es in der kleinen Wohnung aber still.
Die BeamtInnen durchsuchen jeden Raum, doch niemand ist zu Hause.
Stattdessen finden sie überall Zement und Putzlappen.
Im Wohnzimmer liegt ein blutverschmiertes Beil und in der Badewanne der untere Teil einer großen grünen Altpapiertonne.
Den ErmittlerInnen ist sofort klar, hier ist etwas Schreckliches passiert.
Die Soko Zement wird gegründet und die Mieterin der Wohnung ausfindig gemacht.
Die erzählt, dass sie in den letzten Tagen gar nicht in der Stadt war und ihre Wohnung derweil Bekannten überlassen hat.
Und nach einiger Überzeugungsarbeit gibt sie schließlich auch die Namen dieser heraus.
Yunus, Anton, Jan und Jasmin.
Kurz darauf steht die Kripo vor der Tür von Yvans Familie.
Sie bräuchten ein paar Sachen von ihm für einen DNA-Abgleich, heißt es.
Zwei Schiedsrichterpfeifen, eine Baseballcap und zwei Zigarettenkippen werden in kleine Plastiktüten gepackt und mitgenommen.
Tags darauf stehen sie wieder vor der Tür, diesmal in Begleitung eines Seelsorgers.
Pierre und Fabienne wissen, was das bedeutet.
Yvon ist tot.
Und es dauert nicht lange, bis seine Leichenteile aus dem Neckar gefischt werden.
In fünf mit Zement gefüllten Blumenkübeln.
Den Torso findet man in einem Waldstück ganz in der Nähe.
Fabienne und Pierre können das alles gar nicht glauben.
Und mit dem Gefühl der Fassungslosigkeit kommt der Drang nach der Antwort auf das Warum.
Um diese Frage zu beantworten, müssen wir noch einmal ein halbes Jahr zurück in der Zeit.
In den Februar 2007.
Da lernen sich Jasmin und Yunus kennen.
Jasmin ist 16 Jahre alt.
Ein lautes, lustiges und überdrehtes Mädchen.
Sie ist wohlbehütet aufgewachsen und absolviert gerade nach ihrem erfolgreichen Hauptschulabschluss
ein Berufsvorbereitungsjahr.
Yunus hingegen sitzt seit seinem Abschluss vor zwei Jahren zu Hause rum und macht nichts.
Der Polizei ist ja bereits bekannt.
2005 hatte er einen Mitschüler verprügelt und kurz danach einem Mädchen ein Snuff-Video geschickt
und dazu geschrieben, dasselbe mache ich mit dir.
Ein was Video?
Ein Snuff-Video.
Weißt du, was das ist?
Wo jemand in echt getötet wird.
Das kann so böse sein.
Doch als er im Frühjahr 2007 Jasmin kennenlernt, wird erstmal alles anders.
Für den schmächtigen Yunus ist es Liebe auf den ersten Blick.
In den nächsten Wochen chauffiert er sie stolz in seinem geliebten Mercedes durch die Gegend
und beschenkt sie mit Sachen aus dem Ein-Euro-Laden seines Vaters.
Wow.
Also jetzt nichts gegen die Ein-Euro-Geschenke.
Es hört sich nur so an, als wäre er die Teenie-Form eines Sugar-Daddies.
Ja.
Doch aus der Verliebtheit wird schnell eine Art Besessenheit.
Yunus will Jasmin kontrollieren.
Erst darf sie nicht mehr mit ihren Freundinnen ausgehen.
Dann muss sie alle paar Wochen ihre SIM-Karte ändern, damit kein Mann außer Yunus ihre Nummer hat.
Und das erreicht er eher, indem man die immer ändert.
Also er hat ihr immer neue gekauft, damit sie immer neue Nummern hatte.
Damit kein anderer die Nummern hatte.
Oh mein Gott.
Immer wieder kommt es zum Streit.
Besonders problematisch findet Yunus, dass Jasmin vor ihm schon Kontakt zu anderen Jungs hatte.
Als herauskommt, dass sie keine Jungfrau mehr ist, geht er an die Decke.
Er rennt zu seinem Kumpel Anton und erzählt ihm, dass er diesen Gedanken nicht ertragen könne.
Er hasse die Typen, die seine Freundin beschmutzt hätten.
Och.
Um herauszufinden, gegen wen sich sein Hass genau zu richten hat, fordert Yunus Jasmin auf,
ihm eine Liste aller Männer zu geben, mit denen sie schon mal was hatte.
Nach mehrmaliger Aufforderung händigt sie ihm schließlich ein Blatt mit sieben Namen aus.
Doch auch danach hört der Terror nicht auf.
Anfang August kommt es wieder einmal zu einem großen Streit.
Die zwei zoffen sich so sehr, dass Jasmin aus der Wohnung stürmt.
Als sie weg ist und Yunus glaubt, dass nun endgültig Schluss ist, kündigt er seinen Suizid an.
Dann wartet er, bis Jasmin wieder zurückkommt.
Sie kann ihn von seinem Vorhaben abhalten und am Ende des Abends sind die beiden wieder ein Paar.
Nach dem Vorfall richtet Yunus seinen Hass wieder voll und ganz auf die Männer,
die seiner Prinzessin, wie er Jasmin nennt, schon einmal zu nah gekommen sind.
Er holt die Liste hervor und liest ganz oben den Namen Tom.
Yunus weiß, wo der junge Mann wohnt und macht sich auf den Weg.
Doch als er an der Haustür klingelt, macht ihm niemand auf.
Toms Glück.
Der zweite auf der Liste heißt Frederik.
Er öffnet die Tür und sobald Yunus ihn erblickt, schlägt er ihm ohne Vorwarnung ins Gesicht.
Frederik geht gerade zu Boden, als seine Mutter im Türrahmen erscheint und Yunus damit in die Flucht schlägt.
Beim dritten Namen will Yunus sicher gehen, dass nichts schief geht und überlegt sich eine neue Strategie.
Dafür bittet er Jasmin, den jungen Mann am Abend des 21. August auf eine abgelegene Wiese zu locken, auf der er und Verstärkung warten würden.
Als es am Dienstagabend soweit ist, stehen Yunus und sein Freund Anton bereit.
Um kurz nach halb zehn sehen sie Jasmin und eine Gestalt auf sie zukommen.
Es ist Yvon.
Als sie nah genug dran sind, fragt einer der beiden Yvon nach Feuer.
Und während der dadurch abgelenkt ist, holt Yunus mit seinem Baseballschläger aus.
Oh Gott.
Er trifft Yvon am Kopf.
Der geht zu Boden.
Doch anstatt jetzt aufzuhören, holt Yunus immer wieder aus.
Auch Anton kommt dazu und fängt an, auf den am Boden liegenden einzutreten.
Völlig enthemmt entlädt sich die Gewalt der beiden auf den jungen Mann, den sie gar nicht kennen und der sich nicht wehren kann.
Zwischendurch rennt Yunus immer wieder zu Jasmin, die weinend daneben steht.
Er versichert ihr ihre Liebe, umarmt und küsst sie.
Siehst du, was ich alles mache? Siehst du, wie ich dich liebe? fragt er sie.
Nach einer gewissen Zeit bemerkt Anton, dass Yvon nicht mehr atmet und die beiden hören auf, ihn zu malträtieren.
Nach der Gewaltorgie bringen Yunus und Anton Yvons Leiche in eine Lagerhalle, in der Yunus' Vater einen Raum gemietet hat.
Dort lassen sie sie erstmal liegen und kehren zurück in ihren Alltag.
In den Tagen darauf wird ihr Kumpel Jan eingeweiht.
Mit ihm beraten sie darüber, wie man die Leiche am besten verschwinden lässt.
Jan schlägt vor, sie zu zerstückeln und einzuzementieren.
Das habe er in einem Mafia-Film gesehen.
Die anderen sind einverstanden.
Und so besorgen sie sich im Baumarkt einen Hammer, einen Beil und einen Trennschleifer.
Damit zerteilen sie Yvons Leiche in 14 Teile.
Das Einzementieren passiert in einer Wohnung von Jans Freundin im Osten Stuttgarts.
Dazu nutzen sie fünf Blumenkübel und eine Altpapiertonne.
Doch die Tonne ist mit dem Zement letztendlich zu schwer, um sie zu transportieren, weshalb sie die wieder aufflexen müssen und Yvons Tor so doch nicht einzementieren.
Den legen sie stattdessen in einem Waldstück ab.
Die Blumenkübel versenken sie im Neckar.
Und das alles nur, weil Yvon mutmaßlich schon einmal etwas mit Jasmin gehabt haben soll.
Voll der Othello.
Als nach dem Leichenfund Details aus den Ermittlungen an die Öffentlichkeit geraten, ist die Gemeinde geschockt.
Zu Yvons Gedenkgottesdienst am 12. September strömen hunderte Menschen.
Es sind so viele, dass die Herz-Jesu-Kirche sie nicht alle aufnehmen kann und viele vor dem Gotteshaus teilnehmen müssen.
Es ist ein schmerzhafter Abschied für alle.
Yvon hinterlässt eine deutliche Lücke in seiner Familie und in seinem großen Freundeskreis.
Einer seiner Handballerkollegen hält eine Rede.
Die Gegner am 21. August kannten keine Regeln.
Diese Regeln, die uns Gott als die Zehn Gebote mitgegeben hat, um ein Zusammenleben in der Gemeinschaft friedlich zu gestalten,
haben deine Gegner feige, hinterhältig und in unverzeihlicher Weise bewusst missachtet.
Sie haben nicht wie beim fairen Wettkampf die gleiche Mannzahl aufgeboten, keinen Schiedsrichter bestellt und dir keine Chance eingeräumt, dieses Feld vorzeitig zu verlassen.
Lieber Yvon, sei gewiss, wir hätten dich zu gerne von diesem Platz geholt und wären wie im Handballspiel für dich eingestanden, wenn wir hätten können.
Unser Trost ist letztlich, dass Gott als oberster Schiedsrichter dich bereits zum Sieger erklärt hat und diejenigen richten wird, die seine Regeln missachteten.
Ich finde das schon echt hart, oder?
Ja, ich auch.
Ja.
Ich muss auch sagen, dass ich das noch nie so erlebt habe in einem Fall, wie sehr Menschen den Yvon vermissen und geliebt haben.
Also, was ich alles gelesen habe, der muss so gemocht worden sein irgendwie, weil, ja, man findet halt so viel im Internet, was die Freunde und Freundinnen für ihn gemacht haben und über ihn geschrieben haben und, ja, total traurig.
Ja, das merkt man auch an diesen Worten.
Ja, und die können das alles gar nicht glauben. Für die ist das so fern, ne?
Ja.
Als die emotionale Trauerfeier zu Ende ist, Yvonnes Eltern aus der Kirchenbank treten und Richtung Ausgang gehen, bildet sich um sie herum eine große Menschentraube.
Pierre und Fabienne sind stark für die Gemeinde.
Pierre legt seine Hand auf die Schulter einer mit Tränen ringenden Schülerin und schließt danach tröstend einen Freund seines toten Sohnes in die Arme.
Die Menschen, die sich heute zu Ehren Yvonnes hier versammelt haben, geben ihnen Kraft.
Doch etwas halt nach bei Pierre und Fabienne.
Etwas, das die Pfarrerin in einer der Fürbitten gesagt hat, in der sie sich auf die Täter und die Täterin bezog.
Wir bitten dich, dass sie die Last für diese grausame Tat tragen und sie nicht abstreiten oder kleinreden, lass sie vor.
Doch genau das passiert.
Yunus will nicht mit den ErmittlerInnen sprechen.
Er ist aggressiv und beschimpft sie stattdessen.
Auch die Gefühlskälte, die den BeamtInnen bei den Vernehmungen entgegenschlägt, ist schwer zu ertragen.
Keine Spur von Reue oder Einsicht.
Was in Piers und Fabiennes Augen ebenfalls dafür spricht, dass die Haupttäter die Last für ihre Tat nicht tragen werden,
ist, dass Yunus und Anton mit ihren 18 Jahren von Gutachtern als jugendlich eingestuft werden.
Denn das bedeutet, dass sie eine maximale Strafe von 10 Jahren erwartet.
Für Yvans Eltern und seinen Freundeskreis ist das schwer zu akzeptieren.
Deshalb wird eine Initiative gegründet, die sich für eine Reform des Jugendstrafrechts einsetzt.
Die Mitglieder fordern bei solch extrem brutalen Taten eine Verurteilung von Heranwachsenden als Erwachsene.
Tausende Unterschriften sammeln sie dafür.
Und als im Februar 2008 der Prozess beginnt, stehen sie in bedruckten schwarzen T-Shirts mit Yvans Namen und dem Satz
Gewalt hilft niemals weiter vor dem Stuttgarter Landgericht, um für ihre Forderungen zu demonstrieren.
Neben ihnen sind hunderte andere Menschen gekommen, die beim Zementmordprozess dabei sein wollen.
Schließlich ist es eines der brutalsten Verbrechen, das je vor einem deutschen Jugendgericht verhandelt wurde.
Kurz bevor es losgeht, sind im größten Saal des Gerichts alle 150 Plätze besetzt.
Fabienne und Pierre, sie sind als Nebenkläger und Nebenklägerin gekommen.
Die beiden werden heute das erste Mal auf die mutmaßlichen MörderInnen ihres Sohnes treffen.
Auf diesen Moment haben sie sich intensiv mit ihrer Therapeutin vorbereitet und sich fest vorgenommen, tapfer zu sein.
Yvon hatte die jungen Männer allenfalls nur sehr kurz gesehen.
Fabienne sieht es nun als ihre Pflicht an, ihnen für ihren Sohn in die Augen zu schauen.
Doch das gestaltet sich nicht so einfach.
Die vier Angeklagten, die ihnen gegenüber sitzen, halten ihre Köpfe gesenkt.
Yunus versteckt sein Gesicht unter einer großen Kapuze.
Angeklagt sind er, Anton und Jasmin, wegen gemeinschaftlichem heimtückischen Mordes aus niedrigen Beweggründen.
Aus Eilversucht soll Yunus den Plan gefasst haben, Yvon umzubringen.
Und die anderen haben ihm dabei geholfen.
Jan wird nur Strafvereitelung vorgeworfen, weil er bei der Tat nicht dabei war, sondern lediglich bei der Beseitigung der Leiche.
Während Yunus' Verteidiger erklärt, sein Mandant werde kein Wort sagen, erzählt Anton danach wie ein Wasserfall.
Mit seiner detailreichen Schilderung bringt er Pierre und Fabienne fast zum Bein.
Als die Aussage endlich ein Ende genommen hat, verlassen Yvons Eltern mit Tränen in den Augen den Gerichtssaal.
In den darauffolgenden Prozestagen geht es viel um die Vergangenheit der Angeklagten, um die schwierigen Familienverhältnisse, in denen zumindest die jungen Männer aufgewachsen sind.
Und es wird versucht zu erklären, warum es zur Tat kam.
Dafür wird ein psychiatrischer Gutachter geladen, der sich intensiv mit Yunus beschäftigt hat.
Er diagnostiziert bei ihm eine narzisstisch-dissoziale Persönlichkeitsstörung.
Yunus sei nicht empathiefähig, depressiv und aggressiv.
Er habe zudem eine wahnhaft erscheinende Fixierung auf die Beziehung mit Jasmin.
Sein eifersüchtiges Verhalten liege eindeutig jenseits des normal erklärbaren Funktionierens und lasse auf eine schwere seelische Störung schließen.
Während des gesamten Prozesses fühlen sich Pierre und Fabienne wie in einer Theatervorführung.
Alles scheint völlig ritualisiert.
Auftritt Täter, Auftritt Verteidiger, alles so, als wäre es schon zum tausendsten Mal inszeniert worden.
Die Rolle gibt es nicht wirklich.
Sie und Yvonne, der die Hauptperson in dieser Tragödie war, bekommen keinen Text, verschwinden hinter dem Vorhang.
Der Haupttäter nimmt anstelle von Yvonne die Rolle des Opfers ein.
Zumindest ist so ihr Eindruck.
Der kranke Yunus, der von seinem Wahn geleitet wurde.
Doch Pierre und Fabienne versuchen der Wut nicht die Oberhand zu lassen.
Sie wollen an ihren Werten festhalten, sie der Entwertung der Menschenwürde entgegenhalten.
Kurz vor den Plädoyers am Ende der Verhandlungen darf Pierre doch noch etwas sagen.
Und in dem Moment, in dem er ansetzt, wird es im ganzen Saal still.
Auftritt Pierre
Als Yvonne noch da war, war es wie eine Sonne.
Man spürte seine Präsenz, seine Wärme jederzeit.
Diese Sonne, diese Wärme sind nicht mehr da.
Pierre stockt und sammelt sich.
In seiner Jugend hat er viel geschafft.
Er reicht mit richtigen Werten, um ein Erwachsener zu werden.
Aber sein Herz ist so geblieben, wie das Herz seiner Kindheit.
Rein und aufgeschlossen.
Er fehlt uns schrecklich.
Für uns wird der Schmerz bis zum Ende unseres Lebens sein.
Und das Gefängnis dieser Schmerzen haben wir lebenslang bekommen.
Wir haben Vertrauen in die deutsche Justiz, dass sie das richtige Urteil finden wird.
Und das fällt nach fünf Prozesstagen.
Yunus, Anton und Jasmin werden wegen Mordes verurteilt.
Nicht nur, weil die Tat heimtückisch begangen wurde, weil Yvonne sich keines Angriffs versehen hatte,
Sondern auch wegen des Motivs.
Wegen des niedrigen Beweggrundes der Eifersucht.
Und weil es Yunus kranker Eifersuchtswahn gewesen sein soll, der ihn dazu gebracht habe,
wird er als vermindert schuldfähig eingestuft.
Das heißt, er kommt zunächst in den Maßregelvollzug.
Danach zehn Jahre in Haft.
Sein Kumpel Anton erhält ebenfalls zehn Jahre.
Und Jasmin, die Yvonne an den Tatort lockte, bekommt neun.
Jan muss wegen Strafvereitelung drei Jahre und drei Monate ins Gefängnis.
In seiner Urteilsbegründung macht der vorsitzende Richter seinem Entsetzen Luft.
Er habe Monster auf der Anklagebank erwartet.
Umso schlimmer sei seine Erkenntnis, dass es sich stattdessen um vier junge Menschen handele,
die über das Geschehen berichteten, als wäre es ein Erlebnis auf einem Schulausflug.
Besonders tragisch an der ganzen Geschichte ist,
dass es einen Grund für Yunus' Eifersucht auf Yvonne in Wirklichkeit nie gegeben hat.
Das wurde im Laufe des Prozesses deutlich.
Denn dass Jasmin und Yvonne jemals etwas miteinander hatten,
konnte niemand bestätigen.
Die Ermittlungsbehörden konnten keinen Hinweis darauf finden,
dass die beiden sich überhaupt mal getroffen,
geschweige denn geküsst oder mehr hatten.
Warum Jasmin Yvons Namen trotzdem auf die Liste schrieb,
konnte nicht geklärt werden.
Und obwohl Yunus' Tat anscheinend auf einer Lüge beruhte,
hören Pierre und Fabienne auch am Ende des Prozesses keine Entschuldigung.
An der Stelle, an der Yvonne getötet wurde,
erinnert heute ein Kreuz und ein Ahornbaum an ihn.
Fabienne und Pierre wollten keinen Gedenkstein.
Sie wollten etwas, das wachsen kann, anstelle ihres Sohnes.
Jedes Jahr am 21. August treffen sie sich hier mit seinen Freundinnen und Freunden.
Auch noch zehn Jahre nach seinem Tod.
Es ist ein warmer, fast wolkenloser Sommertag, Ende August 2017.
Viele junge Menschen stehen auf einer saftig-grünen Streuobstwiese.
Sie lassen weiße und schwarze Ballons steigen, an denen ein Foto hängt.
Und wenn man nicht wüsste, dass auf dem Bild ein junger Mann zu sehen ist,
der genau hier vor zehn Jahren brutal ermordet wurde,
könnte man meinen, es handele sich um eine schöne Abschlussfeier.
Ich verstehe Ihre Rolle absolut nicht bei dieser ganzen Geschichte.
Hat sie gewusst, was da passiert?
Also Ihre Verteidigung hat gesagt, sie hätte gedacht,
dass Yvonne nur verprügelt werden soll.
Was ja schon schlimm genug ist.
Ja, und das Gericht hat ihr das auch nicht geglaubt.
Und ich meine, sie stand ja auch die ganze Zeit während der Tat daneben
und hat nicht eingegriffen und hat nichts gesagt.
Und das Schlimme ist auch ja vor allen Dingen dieses Dahinlocken.
Und deswegen auch, wenn sie keinen Finger gerührt hat, hat sie ja neun Jahre bekommen.
Also ja, zu Recht.
Ja, finde ich auch richtig.
Wenn sie jetzt Opfer von Gewalt in der Beziehung gewesen wäre,
wäre es natürlich für mich ein bisschen was anderes gewesen.
Aber ich denke, das hätte das Gericht dann auch berücksichtigt.
Und so scheint es ja dann nicht gewesen zu sein.
Sonst hätte sie nicht neun von zehn Jahren gekriegt.
Also sie hat berichtet, dass er sie in Streits auch mal geschlagen hat.
Das hat sie schon berichtet.
Aber es gibt keinen Grund, warum sie ihn dahin locken sollte.
Naja, wenn er sie bedroht hätte.
Okay.
Aber das hat sie nicht gesagt.
Und ich verstehe vor allem auch nicht, warum sie diese Liste gemacht hat.
Warum sie ihn darauf geschrieben hat.
Ja.
Und was war der Plan?
Die ganze Liste abzuarbeiten noch bis zu sieben oder wie?
Ja.
Oh Gott, also.
Ja.
Aber du merkst ja auch schon im Vorfeld, als sie diesen Streit hatten und er dann angedroht
hat, sich zu suizidieren, was da quasi bei ihm los war im Kopf.
Und dann noch das mit dem, wie sie die Leiche da beseitigt haben.
Und weißt du, das ist auch wirklich nicht mal eben, ne?
Das ist ja, also das Zerstückeln schon mal und dann noch Einzementieren.
Und also das ist ja, wie kann man das überhaupt machen?
Das frage ich mich auch.
Was muss man da für ein Mensch sein?
Fragst du dich das zum ersten Mal in unserer Podcast-Geschichte eigentlich?
Oder nur jetzt?
Nur jetzt.
Also, Jonas war nur zwei Jahre in der forensischen Psychiatrie, bis er dann ins Gefängnis überstellt
wurde.
Und zwar mit der Begründung, dass er untherapierbar ist.
Und das hat auch damit zu tun, dass sich die PsychiaterInnen bei ihm unsicher sind, ob tatsächlich
eine wahnhafte Störung vorliegt oder nicht.
Also, ob Jonas krankhaft eifersüchtig ist oder einfach nur ein sehr eifersüchtiger Mensch
mit Persönlichkeitsstörung.
In meinem Aha soll es jetzt darum gehen, wann die Eifersucht noch normal ist und wann sie
in den Wahn abdriftet.
Wann ist es denn deiner Meinung nach, normal eifersüchtig zu sein?
Gar nicht.
Aber wenn es einen Grund gibt?
Nein, es ist immer massiv schlimm.
Das kann man sich nur erlauben, finde ich, in einer ganz gefestigten Beziehung, wenn es
ein Missverständnis gab und so eine Unsicherheit entsteht.
Ansonsten gar nicht.
Ja, oder wenn die Person fremdgegangen ist, dann natürlich schon.
Genau, aber dann ist es ja, also dann ist es für mich normal, dass da eine Eifersucht entsteht.
Aber dann muss halt die Beziehung beendet werden.
Deswegen, es gibt für mich kein Normal.
Wenn Eifersucht da ist, dann entweder ist es ein Missverständnis, es stimmt was mit dir
nicht oder mit der Beziehung.
Okay.
Ja, verstehe ich.
Weil in einer Beziehung hat das ja, wenn es unbegründet ist, immer was mit einem Besitzanspruch
zu tun und das finde ich ganz ekelhaft.
Weil man nach dem Motto, er darf jetzt nicht mit anderen schreiben, weil er nur meins ist,
mir schreiben.
Ja, genau, ja.
Das hat was im Sinne von, das gehört, also er oder sie oder wer auch immer und all die
Liebe und Zuneigung, das gehört alles mir und das darf niemand anders haben.
Ja.
Also deswegen finde ich es immer schlimm.
Okay, aber ich würde jetzt mal sagen, wenn man jetzt mal guckt, normal ist ja eh immer
schwierig in Anführungsstrichen und wahnhaft.
würde ich sagen, normal ist es vielleicht eifersüchtig zu sein, wenn es irgendwelche Hinweise darauf
gibt, dass der Partner oder die Partnerin fremd gehen könnte.
Also zum Beispiel, weil eine Jeansjacke.
Nein, zum Beispiel, weil dein Freund immer sein Handy mit auf die Toilette nimmt oder überall,
wo er hingeht.
Ja, da hatte ich doch mal so einen Kandidaten.
Das war jetzt nicht mein Freund.
Aber das hat sich nachher als totales Mehr-Ex-Ding herausgestellt.
Und da war meine fehlende Eifersucht dann vielleicht auch nicht gut.
Aber der hat immer sein Handy mit auf die...
Immer.
Überall hin.
Immer.
Und auch wenn das vorher nicht in der Hosentasche war, dann war es spätestens in der Hosentasche,
als er auf die Toilette gegangen ist.
Also können wir uns darauf einigen, dass, ja, wenn jemand mit dem Handy überall mit hin
nimmt, dann könnte das ein Grund zur Eifersucht sein.
Ja, und in diesem Fall ist das ganze Spiel auch aufgeflogen, weil es der Person einen
Morgen so schlecht ging, dass der Spucki musste.
Und das Handy nicht mitnehmen konnte, weil sie ja schnell musste.
Das Handy nicht mitgenommen, weil es...
Und das war das einzige Mal.
Und eine von seinen Bekannten hat in diesem Moment die Chance gewittert und hat gedacht,
jetzt gucke ich da mal rauf.
Und dann hat sie eine Nachricht gesehen von wegen, morgen geht es ja mit uns beiden in
den Urlaub und freue mich schon ganz dolle.
Ja, krass.
Das ist ein Anzeichen.
Offenbar.
Aber normal ist eine gewisse Eifersucht zum Beispiel auch, wenn du jetzt in deinen vorherigen
Beziehungen immer hintergangen wurdest und deshalb auch in der aktuellen Beziehung dann
misstrauischer bist.
Oder wenn du in deiner Kindheit irgendwelche Erfahrungen gemacht hast, die dich dahingehend
geprägt haben.
Also zum Beispiel, weil dein Vater oder deine Mutter immer fremdgegangen sind.
Meistens kommt Eifersucht aber durch das geringe Selbstwertgefühl, das hast du eben ja
schon gesagt.
Also wenn man selber meint, man ist nichts wert, dann kann man sich auch schwer vorstellen,
dass der Partner oder die Partnerin einen wirklich liebt.
Und dann ist es einfacher, sich vorzustellen, dass diese Person nach anderen Ausschau hält.
Und diese Inhalte der Eifersucht, die entspringen ja, wenn sie unbegründet sind, einfach nur der
Fantasie.
Also wie bei mir jetzt mit der Jeansjacke.
Und deshalb ist die Abgrenzung zwischen normaler und wahnhafter Eifersucht nicht immer so
einfach, weil beide halt manchmal nur im Kopf passieren.
Bei der normalen gibt es aber immer einen Anker in der Realität.
Also wenn Fussel jetzt auf einmal total zutraulich bei mir ist und sich immer, wenn ich komme,
total doll freut und dir das dann einen kleinen Schmerz im Herzen gibt, dann ist das normal.
Wir reden hier von einer realen Situation.
Ja, das ist auch normal.
Wenn Fussel mich aber mit dem Arsch nicht anguckt und du trotzdem super eifersüchtig bist, weil
du dieses mit dem Arsch nicht angucken irgendwie als Beweis dafür siehst, dass Fussel und ich
halt sehr gut tarnen, dass wir heimlich schmusen, dann driftet die Eifersucht schon in den Wahn
ab.
Laura hat neulich hier geschlafen und Fussel hat sie nachts versucht, mit seinen kleinen Beinchen
aus dem Bett zu kicken.
Also auch wenn er sich freut, dich zu sehen, da mache ich mir keine Sorge.
Nee, der Wahn ist bei dir noch nicht ausgebrochen.
Aber bei Betroffenen, bei denen das so ist, die haben dann die Überzeugung, betrogen zu
werden, obwohl es keine Anzeichen für eine Untreue gibt.
Und das Interessante an diesem Wahn ist, dass der Inhalt der Wahnideen von Außenstehenden
zu einem gewissen Grad nachvollziehbar ist.
Im Gegensatz zu Wahnideen von Menschen mit paranoider Schizophrenie zum Beispiel.
Also zu einem gewissen Grad kann man ja nachvollziehen, warum Yunus Jasmin ihre SIM-Karten
wegnimmt, weil er ja nicht will, dass sie mit anderen Jungen schreibt.
Man kann aber zum Beispiel nicht nachvollziehen, wie Adrian aus der Paranoia-Folge 77 darauf
kommt, dass Airbus ihm für seine Erfindung mehrere Millionen Euro schulde.
Betroffene stehen dann ständig unter Anspannung, die auch zu Schlafstörungen oder sogar psychosomatischen
Beschwerden wie Magenschmerzen führen können.
Aber halt auch zu Kontrollverlust und Gewaltausbrüchen, die dann im schlimmsten Fall halt in Mord oder
Totschlag enden.
Wir hatten ja auch schon öfter mal so Fälle, bei denen sich während einer Beziehung so eine
krankhafte Eifersucht entwickelt hat, die dann nach der Beendigung dieser Beziehung, weil
das alles so schlimm wurde, dann zum Stalking übergegangen ist.
Ja, und meist ist der Eifersuchtswahn auf eine psychische Störung zurückzuführen, wie Schizophrenie,
eine Persönlichkeitsstörung oder auch Alkoholabhängigkeit.
Aus Folge 50 wissen wir ja, dass Menschen mit narzisstischer Persönlichkeitsstörung, die
hat ja auch Yunus, große Probleme mit dem Selbstwert haben und deshalb sehr misstrauisch
und eifersüchtig in Beziehungen sind.
Wie andere Wahnerkrankungen kann auch der Eifersuchtswahn aber mit Medikamenten und Therapie behandelt
werden, also wenn die Personen denn offen dafür sind.
Und bei Yunus war es dann nun entweder so, dass er nicht offen dafür war, weil er, keine
Ahnung, sich als Narzisst nicht eingestehen kann, dass er Hilfe braucht oder weil eben keine
wahnhafte Erkrankung vorlag.
Also bei meinem Fall geht es jetzt nicht um eine wahnhafte Eifersucht, aber sehr wohl um eine
Eifersucht, die tragisch endete.
Mit Absatzschuhen und stark zugeschnürter Taille stöckelt die Blondine mit gewähltem Pixie-Cut
die Wendeltreppe herunter.
Ein alter Bekannter steht vor ihr.
Ach, du bist wieder da.
Da staunst du, was?
Aber Lissi staunt mich, bedient lieber weiter die Pensionsgäste und lässt ihrem Besuch nicht
die Aufmerksamkeit zukommen, die er gern hätte.
Hat sich aber ganz schön verändert hier die alte Bruchbude.
Du hast dich aber auch verändert, was?
Sagt der Mann und lässt dabei seinen Blick über Lissis Kurven wandern.
Ja, ich bin nicht mehr Kellnerin.
Ich habe das Geschäft übernommen.
Der Besuch will in Lissis Pension schlafen und die alte Freundin in einen Flirt verwickeln.
Ich finde schön, dass ich hier bin und vor allem, dass du hier bist, flüstert er ihr ins Ohr.
Lissi gibt sich weiter kühl.
Und dass du Schulden bei mir hast, das weißt du auch.
Ach, das zahl ich doch sofort und in den nächsten Tagen.
Nicht in den nächsten Tagen.
Gleich.
Das Bild dieser Szene flimmert 1959 in Schwarz-Weiß zur Premiere über die Leinwand des Barke-Kinos in Hamburg.
Die Anwesenden schauen gebannt dabei zu, wie die verführerische Pensionsbesitzerin Lissi mit ihrem Aussehen kokettiert und Scharen von Männern den Kopf verdreht.
Staute inszenierte eine amüsante Komödie mit schauspielerischer Glanzleistung, schreibt die Stuttgarter Zeitung in ihrer Kritik über Rosen für den Staatsanwalt.
Und Lissi Flemming bzw. Ingrid van Bergen, die Lissi verkörpert, erlangt durch den Erfolg des Films ihren Durchbruch und steigt auf in die Königsklasse der deutschen Schauspielszene.
Und das mit nur 28 Jahren.
Bisher spielte Ingrid hauptsächlich auf Theaterbühnen.
Durch diesen Film ist sie jetzt aber auch einem breiten Publikum bekannt.
Und Ingrid bleibt im Gedächtnis.
Ihre rauchige Stimme und ihr herausfordernder Blick sind so unverwechselbar, dass sie schon bald zu den bekanntesten deutschen Schauspielerinnen zählt.
Nach Rosen für den Staatsanwalt folgen etliche Filmproduktionen, auch international.
Ingrid steigt in den Kreis der Münchner High Society auf.
In die Schickeria, die man auch unter dem Namen Bussi-Bussi-Gesellschaft kennt, weil sich die feinen Damen zur Begrüßung rechts und links Küsschen andeuten.
In den Kreis, in dem Ingrid jetzt verkehrt, wird man nur aufgenommen, wenn man bekannt ist, Geld oder Einfluss hat.
Mitglieder fahren dann mit dicken Autos zu den Bällen vor und stöckeln in extravaganten Outfits über das Partyparkett.
Was an dem Abend passiert ist und wer mit wem gesehen wurde, steht dann am nächsten Tag in den Boulevard-Medien.
Die Männer, mit denen Ingrid dort gesehen wird, wechseln oft.
Ingrid kommt gut bei den Männern an, doch so richtig gut tut ihr keiner.
Keine Beziehung hält langfristig.
Über die Jahre ihrer Karriere gelangt Ingrid immer wieder an die Falschen.
Bekommt zwei Kinder von zwei unterschiedlichen Männern, heiratet dreimal und lässt sich dreimal scheiden.
Wonach sich Ingrid sehr sehnt, ist Halt.
Doch den findet sie nicht.
Ihr letzter Partner hat Ingrid am Ende der Beziehung, als er halbnackt und betrunken war, sogar gesagt, dass er ja wohl kein Altenheim heiraten würde, womit er Ingrid meinte, und scharf auf Sex mit ihrer Tochter sei.
What?
Wie alt war denn die Ingrid da?
Das weiß ich nicht.
Aber ist sie da jetzt 60 oder ist sie da jetzt 40?
Nee, eher Ende 30.
Okay.
Wow.
Und damit hat Ingrid eins mal wieder unmissverständlich nahegelegt bekommen.
Frauen hätten nur wenige gute Jahre und danach seien sie uninteressant.
Da kann Ingrid auch deshalb nicht einfach drüber stehen, weil ihr in ihrem Beruf ähnliches signalisiert wird.
Aus der Rolle der sexy Verführerin altert man irgendwann raus.
Aber Ingrid ist in den Augen vieler Produzenten, eben nur das.
Die Männer, die Ingrid hat, tun sich auch mit ihrer Ambivalenz schwer.
Ingrid ist verletzlich und sucht jemanden zum Anlehnen, während sie zeitgleich versucht, ihre Partner zu beherrschen.
Und das mit immer mehr Nachdruck, denn Ingrid will unbedingt eine stabile Beziehung.
Doch weil sie die nicht findet, fühlt sie sich oft irgendwie allein, wenn sie abends in die 180 Quadratmeter Villa heimkommt,
die sie für 2500 Mark im Monat in Starnberg, wo viele Reiche und Prominente wohnen, gemietet hat.
Gegen Einsamkeit hilft eben auch kein Kamin oder Swimmingpool.
Ihr Pferd kann die Einsamkeit aber manchmal vertreiben.
Als Ingrid an einem Tag auf ihrem Hengst T. Kiero auf dem Reiterhof ihre Runden dreht,
hat sie sich gerade geschworen, jetzt mit Anfang 40, zu keinem Mann T. Kiero mehr zu sagen.
Nur noch sie und ihre Töchter, die mittlerweile schon Teenager sind.
Plötzlich fährt ein Jaguar auf dem Reiterhof vor.
Ein Mann steigt aus.
Ingrid fällt gleich auf, dass er toll aussieht.
Er fixiert sie, läuft in ihre Richtung und beobachtet Ingrid eine Weile beim Reiten, bevor er sie anspricht.
Mein Name ist Knaz.
Ingrid reagiert ähnlich schroff wie ihre Rolle Lissi.
Ihr Scheibenwischer läuft noch,
antwortet sie und deutet auf seine Windschutzscheibe.
Klaus Knaz ist zwölf Jahre jünger als Ingrid.
Erfolgreicher Immobilienmakler und ein absoluter Charmeur.
Ingrid verfällt ihm sofort.
Ihr Versprechen keine Männer mehr.
An sich selbst ist nach dem ersten Treffen nur noch Schnee von gestern.
Klaus ist anders als andere Männer, die Ingrid vorher hatte.
Ein Mann von Welt, frankophil, gebildet, bewegt sich ohne Probleme auf jedem Parkett.
Und leider noch verheiratet.
Aber getrennt lebend.
Und er versteht sich gut mit seiner Ex.
Er hat zwei Mädchen, genau wie Ingrid.
Es dauert nicht lange, bis Klaus zu Ingrid in die Villa zieht.
Endlich, denkt sie, ist da jemand, der sie hält.
Der mit ihr auf einer Ebene ist.
Auch mit seiner Nochfrau versteht sie sich.
Die kommt ab und an mal mit den Kindern in die Villa zu Besuch.
Das Ganze hat ein wenig den Anstrich einer modernen Patchwork-Familie.
Klaus macht sich ganz wunderbar an Ingrids Seite.
Sieht toll aus auf den Fotos, die von den beiden geknipst werden und am nächsten Tag in der Klatschpresse landen.
Durch seinen Charme kommt er auch bei Ingrids Schickimicki-Bekanntschaft gut an.
Manchmal ein bisschen zu gut.
Klaus ist nämlich ein richtiger Frauenmagnet und das gefällt Ingrid gar nicht.
Sie wird schnell eifersüchtig.
Was auch damit zu tun hat, dass sie große Angst hat, Klaus wieder zu verlieren.
Es dauert eine Weile, bis Ingrid blüht, dass sie nicht die einzige Person mit schauspielerischen Glanzleistungen in diesem Paar ist.
Klaus fährt zwar ein dickes Auto und macht auf dicke Hose mit dickem Portemonnaie,
doch eigentlich hat er gar kein eigenes Geld.
Auch der Jaguar gehört nicht ihm.
Den Charme, den er hat, hat er oft eingesetzt, um sich von Frauen, die älter sind als er, aushalten zu lassen.
Einmal, da dreht Ingrid gerade für einen Film, kommt Klaus ans Set und sagt, dass er dringend Geld brauche.
Ingrid gibt ihm daraufhin ihre Gage.
Nur ist Ingrid auch nicht die einzige Frau, mit der er diese Nummer abzieht.
Wenn Klaus mal wieder nachts, viel später als angekündigt oder eben gar nicht, nach Hause kommt, hat er immer eine Ausrede parat.
Und Ingrid glaubt ihm, obwohl sie eigentlich weiß, was Sache ist.
Sie spielt Klaus vor, ihm zu glauben und auf sich selbst.
Irgendwie muss man ja vor sich selbst rechtfertigen, dass man so mit sich umgehen lässt.
Doch Klaus' Seitensprünge bleiben auch in der Schickeria nicht unbemerkt.
Vor allem, weil einige seiner Frauen selbst dort verkehren.
Es gibt Getuschel, unter anderem über Klaus und eine Dame namens Lou Sachs.
Ingrid fühlt sich unendlich gedemütigt.
Das ist ein Gefühl, das Ingrid gar nicht haben kann.
Grund dafür ist auch ein Ereignis aus ihrer Kindheit.
Ingrid war zehn, als sie ihren Vater sieht, wie er eine jüngere Kollegin umarmt und küsst.
Ihre Mutter ist zu dem Zeitpunkt hochschwanger.
Abends, als ihre Eltern denken, die Kinder würden schon schlafen, sieht Ingrid ihre Eltern wegen des Betrugs streiten.
Ihre Mutter steht nackt in der Küche und weint.
Der Vater besänftigt die Mutter.
Danach hat sie Sex mit ihrem untrollen Mann.
Ingrid ist geschockt.
Nicht vom Sex der Eltern, sondern vom Verhalten ihrer Mutter.
Dass sie sich trotz dieses Verrats so leicht um den Finger wickeln lässt.
Ingrid empfindet ihre Mutter in diesem Moment als gedemütigt und ihren Vater als dominanten Gewinner.
Jetzt, als erwachsene Frau, findet Ingrid sich in ähnlichen Situationen wieder.
Sie wiederholt das Verhaltensmuster ihrer Mutter.
Sie will sogar, dass Klaus sich endlich scheiden lässt und sie zur Frau nimmt.
Sie will Sicherheit, obwohl ihre drei gescheiterten Ehen ihr eigentlich schon hätten zeigen müssen,
dass ein unterschriebenes Blatt Papier kein bisschen Sicherheit in der Liebe verspricht.
Doch ihr darf dieser Part im Leben nicht auch noch wegbrechen, glaubt sie.
Auch in der Schauspielerei läuft es nicht mehr so gut.
Die lukrativen Rollen bleiben aus und Ingrid will auch mal was anderes spielen als Bardamen und Prostituierte.
Keine Rollen mehr, die sich nur durch ihre Beziehung zu Männern rechtfertigen.
Damals war das Frauenbild eben noch so.
Die Frau stand an der Seite ihres Mannes und nicht umgekehrt.
Meistens hatten die Frauen Sorge, dass sie verlassen werden.
Und so lebt es auch Ingrid.
Dabei verliert sie nach und nach ihre innere Stabilität.
Sie und Klaus streiten oft.
Dann bezeichnet er sie als klimakterische Kuh.
Was als?
Klimakterisch, also dass sie in den Wechseljahren ist.
Och, immer mit diesem Alter, das ist ja so schlimm.
Ja.
Und vor allem, weil es auch so eine Sorge vor ihr war, ja.
Ja.
Und deswegen trifft sie das halt auch ganz besonders.
Und eben auch, weil der Vater die Mutter ja auch mit einer Jüngeren betrogen hat.
Und weil sie sich beruflich in einer Welt bewegt, in der die Jugend gefeiert und die Alten irgendwann unbedeutend werden.
Und dann glaubt Ingrid Klaus seine Lügen wieder, wenn er sie beschwichtigt und sagt, dass er nur sie liebt und es keine andere gibt.
Es ist kalt in München.
Der Schnee bedeckt die Dächer in diesem Februar wie Puderzucker.
Ingrid und Klaus haben sich vorgenommen, sich wieder zusammen zu raufen und sind tagsüber in der Stadt unterwegs.
Essen zum Mittag im Dallmeyer-Restaurant Garnelen auf Toast in Curryraben.
Zwischen den beiden läuft es harmonisch.
Klaus muss noch etwas in der Stadt erledigen, während Ingrid zu Hause schon mal den Kamin und die Sauna anheizen soll.
Das bedeutet bei den beiden, dass es heute Abend noch Sex geben wird.
Ingrid bereitet den romantischen Abend vor, wirft sich in Schale und wartet, bis die Kinder im Bett sind und die Uhr halb neun zeigt.
Doch es wird immer später und Klaus kommt nicht.
Das macht Ingrid nervös.
Die Gedanken in ihrem Kopf beginnen zu kreisen.
Ist er mit einer anderen zusammen?
Lässt er sie sitzen?
Sie versucht sich zu beruhigen, sich einzureden, dass er sich einfach nur verspätet.
Um die Zeit zu überbrücken, schenkt Ingrid sich ein Glas Rotwein ein.
Und dann noch eins.
Erst um halb elf meldet sich Klaus per Telefon.
Er habe spontan noch Geschäftskollegen getroffen und sei mit ihnen noch auf einen Absacker im Traderwix im Bayerischen Hof.
Er würde sich beeilen und in 20 Minuten losfahren.
Doch auch das ist wieder nur eine Lüge.
Und Ingrid weiß es ist, sie fühlt sich gedemütigt, sitzen gelassen.
Eine halbe Stunde nach dem letzten Anruf telefoniert sie ihm dann hinterher und wählt die Nummer vom Traderwix.
Nein, Klaus habe man an diesem Abend hier nicht gesehen.
Also ist er doch bei einer anderen Frau, denkt sich Ingrid.
Und der Schmerz macht sich breit.
In ihrer ganzen Verzweiflung nimmt sie eine Valium und spürt die mit noch mehr Alkohol runter.
Als der Wein leer ist, nimmt sie Gin.
Dann klingelt das Telefon.
Es ist mittlerweile halb zwölf.
Ingrid nimmt den Hörer ab.
Klaus.
Er sagt, er habe sich neu verliebt und werde sich jetzt endgültig trennen.
Ingrid zerfällt innerlich.
Sie will ohne Klaus nicht mehr leben.
Dieser Gedanke wird immer größer und auch immer ernster.
Einige Minuten später nimmt Ingrid wieder den Hörer in die Hand und ruft Klaus Mutter an.
Sie solle sich um Ingrids Kinder kümmern.
Klaus Mutter versteht nicht so richtig, was Ingrid ihr damit sagen will.
Dann legt Ingrid auf und schreibt einen Brief an ihre Töchter.
Meine geliebten Kinder, ich liebe euch über alles auf der Welt.
Verzeiht mir, aber ich kann nicht mehr für euch da sein.
Eure Mami.
Alkohol, Valium und Schmerz vernebeln die Sicht.
Ingrid schaut sich gemeinsame Fotos von ihr und Klaus an und wirft die in den Kamin,
den sie eigentlich angezündet hatte, um die Liebesnacht einzuleuten.
Dann klingelt wieder das Telefon.
Am anderen Ende meldet sich eine Christine.
Sie möchte Klaus sprechen.
Spätestens jetzt hat das ganze Szenario den Anstrich eines schlechten Liebesdramas.
Ingrid kennt die Frau nicht und schüttelt ihr dennoch ihr Herz aus, berichtet davon, wie schlecht Klaus zu ihr ist und bittet die Fremde nach Starnberg zu ihr zu kommen.
Sie würde den Abend sonst nicht durchstehen.
So verlassen fühlt sie sich.
Plötzlich hört Ingrid, dass die Tür geht.
Klaus kommt.
Ingrid legt den Hörer beiseite, hängt aber nicht auf.
Die Frau am anderen Ende, die sich Christine nennt, aber eigentlich anders heißt, hört mit, was jetzt passiert.
Ingrid geht wütend auf Klaus los, wirft ihn vor, mit einer anderen Frau unterwegs gewesen zu sein.
Und das stimmt auch.
Klaus war mit Lo Sachs unterwegs.
Die beiden waren zu Abendessen und er fuhr sie danach nach Hause.
Lo Sachs ist für Ingrid, wie wir wissen, ein rotes Tuch.
Sie hat sich eingeredet, dass sie gegen Sachs und ihr Geld nicht ankommen kann.
Zwischen Klaus und Ingrid entwickelt sich ein Streit.
Klaus sagt, er sei nur gekommen, um seine Sachen zu holen und schiebt sich an Ingrid vorbei ins Schlafzimmer.
Die beiden werden laut und werfen sich Dinge an den Kopf.
Alles unter den Ohren von Christine, die noch immer auf der anderen Seite des Telefons zuhört.
Auch sie hat ein Interesse daran zu erfahren, was Klaus Ingrid so auftischt.
Denn, so stellt sich später heraus, auch sie ist seinem unehrlichen Charme erlegen.
Dann, plötzlich, um 1.24 Uhr, hört Christine durch den Hörer einen Schuss.
Wenig später geht jemand zum Telefon und legt den Hörer auf.
Dann wird die Verbindung getrennt.
Im Hause von Bergen werden Ingrids Kinder unsanft aus dem Schlaf gerissen.
Die beiden Töchter schlafen im Erdgeschoss der Villa.
Das Telefon klingelt schon wieder.
Klaus' Mutter hatte schon die ganze Zeit versucht anzurufen, kam aber nicht durch, weil die Leitung belegt war.
Jetzt endlich hebt jemand das Telefon ab.
Es ist Klaus.
Als Klaus wenige Minuten zuvor seine Sachen packen will, kommt es zwischen Ingrid und ihm zu einem Handgemenge.
Dabei greift sich Ingrid Klaus' Waffe, die er immer auf einer Ablage im Schlafzimmer deponiert hat.
In ihrer Verzweiflung fuchtet sie damit herum und drückt ab.
Sie zieht aber weder auf sich selbst noch auf Klaus, sondern einfach irgendwo hin, sodass die Kugel am Ende in der Fensterscheibe landet.
Beide nehmen die Rangelei nicht ernst.
Doch sie ist der letzte Warnschuss, dass diese Beziehung keinem von beiden mehr gut tut.
Klaus' Mutter ist aufgeregt am Telefon.
Sie hat sich nach Ingrids Anruf Sorgen gemacht, dass diese sich etwas antun könne.
Klaus versucht, seine Mutter am Telefon zu beruhigen, kündigt an, gleich rumzukommen und heute bei ihr zu übernachten.
Mitten im Gespräch hört die Mutter Klaus plötzlich überrascht sagen,
macht doch keinen Blödsinn.
Und dann fällt wieder ein Schuss.
Und nochmal einer.
Klaus, der vor dem Schlafzimmer im Flur steht und seine Mutter am Telefon hat, lässt den Hörer fallen
und versucht, sich die Treppe runterzuschleppen und in Sicherheit zu bringen.
Er reißt die Tür der Villa auf, sackt vor der Fußmatte zusammen und fällt mit seinem Gesicht in den Schnee.
Ingrids älteste Tochter Andrea kommt aus dem Haus gerannt und versucht dem leblosen Geliebten ihrer Mutter erste Hilfe zu leisten.
Ingrid nimmt den Telefonhörer auf, sagt, ich habe ihn erschossen und legt auf.
Danach ruft sie den Notarzt.
Doch als der kommt, ist es schon zu spät.
Klaus stirbt um 1.58 Uhr mit 33 Jahren an den Folgen der Verletzungen.
Klaus Mutter hat am Telefon mit angehört, wie ihr Sohn von seiner Geliebten erschossen wurde,
weil die ihre eigene Eifersucht nicht mehr aushielt.
Ingrid empfängt die Polizei, nur mit einem langen roten Bademantel bekleidet.
Sind Sie Ingrid van Bergen? fragt einer der Polizisten.
Ja, antwortet Ingrid.
Was ist denn passiert?
Darauf gibt Ingrid keine Antwort.
Als die Polizisten Ingrid abführen und zum Auto bringen, gehen sie die Treppe des Hauses herunter, Richtung Ausgang.
Unten am Fuß der Treppe macht Ingrid plötzlich Halt.
Neben ihr steht ein ca. 60 cm großer Porzellanhund.
Sie packt ihn am Kopf, hebt ihn nach oben und lässt ihn fallen.
Die Scherben zerschellen vor ihren Füßen.
Das war unser Wachhund, sagt sie an die Beamten gerichtet.
Und du hast nicht aufgepasst, wirft sie den Scherben vor.
Eine theatralische Abschlussszene für einen dramatischen Abend.
Dann fällt Ingrid in dem Polizeiauto davon.
Der Grund, warum Ingrid keine Antwort darauf gibt, was passiert ist, ist, dass sie sich nur bruchstückhaft erinnert.
Zumindest behauptet sie das.
Das meiste sei in einem tiefen, schwarzen Loch verschwunden, aus dem sie die Änderungen nicht herausziehen könne.
In ihrem Gedächtnis seien nur Standfotos zu sehen.
Ingrid sieht Klaus' Gesicht, dann fühlt sie einen Rückschlag im rechten Arm und dann läuft sie die Treppe nach unten, raus vor die Tür und da liegt Klaus.
Ingrid dreht ihn um, hört ihn röcheln und läuft zum Telefon.
Mehr ist da nicht in der Erinnerung.
Verwunderlich ist das auch nicht wirklich, denn Ingrid hatte zum Tatzeitpunkt um die 1,9 Promille.
Dazu kommt noch die Valium, die sie genommen hat und die emotionale Erregung.
Dass sie sich nur standbildhaft erinnern kann, glaubt man ihr und bescheinigt ihr daraufhin sogar eine verminderte Steuerungsfähigkeit.
Die Anklage lautet auf Totschlag.
Bis zum Prozess gegen Ingrid vergeht kaum ein Tag, an dem nicht über sie, der berühmten Schauspielerin, die ihren Geliebten tötete, geschrieben wird.
Alles, was man weiß oder auch eben nicht weiß, sondern nur vermutet, wird ausgeschlachtet.
Die Schickeria ist für die Klatschpresse jetzt noch interessanter.
Kann man dort doch jetzt allerhand dunkle Geheimnisse ans Tageslicht bringen.
Es geht um Affären, Betrügereien und bezahlten Sex.
Die, die wir nicht vorher mit Ingrid noch Bussi-Bussi gemacht haben, wenden sich nun ab.
Mit so etwas will man hier nichts zu tun haben.
Bereits in der Nacht zum ersten Prozestag am 20. Juli 1977 versammeln sich die ersten Schaulustigen vor dem Münchner Justizpalast, um ganz sicher zu sein, dass sie im Gerichtssaal einen Platz ergattern können.
Bis die Sonne aufgeht, warten sie, während sich hinter ihnen eine immer größere Traube an Menschen versammelt.
Sie sind zurechtgemacht, haben sich die guten Kleider übergeschmissen.
Fast so, als würde man zu einer Theateraufführung von Ingrid van Bergen gehen.
Und nicht zu ihrem Prozess.
Um neun Uhr wird Ingrid vorgefahren und durch einen Seiteneingang in das Gericht geschleust.
Sie trägt eine Gretchenfrisur, die sie etwas unschuldig wirken lässt und ein schwarzes Outfit.
In den Nahaufnahmen der Fernsehkameras sieht man einen kühlen Blick unter den dünn gezupften Augenbrauen, aus denen die Presse versucht, etwas herauszulesen.
Ingrid wird gefasst.
Sie wird eingekreist von den Medienleuten.
Das Blitzlicht der Kameras schlägt ihr ins Gesicht.
Ingrid ist es zwar gewohnt, allerdings aus anderen Gründen.
Wenn Ingrid von ReporterInnen etwas gefragt wird, spricht sie druckreif, wie es später heißt.
Manche vermuten, sie habe sich die Worte zurechtgelegt und sie einstudiert, wie sie es mit Drehbüchern machte.
Vielleicht ist es aber auch einfach, nur Ingrids Art, sich auszudrücken.
In so einer Ausnahmesituation mit dem Wissen, dass alle ganz genau zuhören, was sie sagt.
Neben ihr auf der Anklagebank sitzt einer der bekanntesten Verteidiger seiner Zeit, Rolf Bossi.
Ein Anwalt, der durch die Bekanntheit seiner Mandanten und Mandantinnen selbst zum Star wurde.
Als der Prozess beginnt, ist Totenstille im Saal.
Eine Anspannung.
Jeder will wissen, was jetzt passiert.
Ingrid schildert mit bebender Stimme, dass Klaus sie oft enttäuscht und finanziell ausgenutzt habe.
Außerdem erzählt sie, dass er ihr untreu gewesen sei.
Für Bossi ist Klaus untreue Verteidigungsstrategie.
Deswegen sind einige Frauen geladen, mit denen Klaus eine Affäre hatte.
Viele aus der Schickeria.
Ein Promi-Auflauf, wie man ihn sonst nur aus dem Borchers kennt.
Auch Lo Sachs, mit der Klaus am Tatabend im Restaurant essen war, muss aussagen.
Auch über sie hat sich die Klatschpresse zuvor Wund geschrieben.
Das Essen sei rein geschäftlich gewesen, beteuert Lo Sachs.
Dagegen hält eine andere Frau, die vorgibt, mehr zu wissen.
Florentine Zahmetzer, die Frau, die sich am Telefon als Christine vorgestellt und den ersten Schuss mit angehört hatte.
Frau Zahmetzer gibt an, dass man im Hause Sachs beschlossen habe, nichts zu der Affäre der beiden öffentlich zu sagen.
Aber die beiden hätten eine Beziehung zueinander gehabt, die entgegen der Aussage von Frau Sachs eben nicht nur geschäftlich gewesen sei.
Warum Frau Zahmetzer die Richtigstellung so wichtig ist, findet man heute nicht mehr heraus.
Aber auch sie hatte eine Affäre mit Klaus.
Durch den Prozess ist auch diese öffentlich geworden, weshalb sich ihr Mann jetzt von ihr scheiden lassen will.
All diese shady Geschichten bringt eine Schlagzeile nach der anderen.
Und es stürzen sich nicht nur Boulevardmedien auf jedes noch so intime Detail.
Es ist egal, was die Zeitungen schreiben, in jedem Artikel geht es um einen sexuellen Unterton.
Auch in Artikeln von der Zeit von damals liest man überraschenderweise, welcher Mann Ingrid erstmals wirklich befriedigte und bei wem sie es nicht wurde.
Oh Gott.
Das alles ist möglich, weil sich das Gericht weigert, bei noch so intimen Details die Öffentlichkeit auszuschließen.
So entstehen auch mehrere Artikel über die Einschätzung des Gynäkologen.
Der erklärt, dass sich Ingrid zur Tatzeit in den Wechseljahren befand und dass diese bei Frauen eine schwierige psychische Verfassung begünstigen können.
Gerichtsreporterin Gisela Friedrichsen ist etwas irritiert von dieser Strategie.
Es hört sich ein wenig so an, als könne man sich als Frau mit Mitte 40 emotional gar nicht mehr unter Kontrolle halten.
Das ist ja eh schon so schwer als Frau, ne?
Also.
Naja, das ist 1977.
Es ist eine seltsame Szene, wie das rein männliche Gutachterteam den fünf männlichen Richtern erklärt, wie sich Ingrid zur Tatnacht gefühlt haben soll.
Eine Frau, die sich laut Experten übrigens verhalten habe wie ein Mann.
Auch Ingrid sieht das so.
Damals haben sich die Aufgaben und Verhaltensweisen von Frauen und Männern ja noch viel stärker voneinander unterschieden.
Und Ingrid, die beschreibt ihre Kindheit so.
Ich war wie ein Junge. Ein Junge hat die Führung.
Und das habe sich auch in ihr Erwachsenenleben übertragen.
Und deswegen ist man der Meinung, dass Ingrid sich wie ein Mann in einer Männergesellschaft bewegt habe.
Und tatsächlich ist nicht so ganz von der Hand zu weisen, dass sie in sich selbst eher Attribute des vermeintlich starken Geschlechts trägt.
Immerhin war die Tat, die Ingrid beging, eine, die viel häufiger von Männern verübt wird als von Frauen.
Ingrid wurde von Klaus gedemütigt und konnte den Gedanken, ihn an eine andere zu verlieren, trotzdem nicht ertragen.
Der psychologische Gutachter sagt, Ingrid sei empfindsam bis hin zur Selbstaufgabe.
Deswegen muss Ingrid in der Untersuchungshaft auch stark überwacht werden.
Die Suizidgefahr ist zu hoch.
Und so hätte es eben auch gut sein können, dass Ingrids Ausweglosigkeit gar nicht in Klaus' Tod, sondern in ihrem eigenen geendet hätte.
Dass sie sich mit den Briefen wirklich von den Kindern verabschieden wollte, glaubt man ihr am Ende.
Auch wenn die Sympathien im Verfahren nicht auf Ingrids Seite sind, auf Klaus sind sie auch nicht.
Er steht nach dem Prozess in einem ziemlich schlechten Licht da.
Als Hochstapler, als großmannsüchtiger Playboy, der nicht treu sein konnte und so gut wie nie die Wahrheit sagte.
Den Leuten, die Ingrid unterstellen, sie würde hier vor Gericht eine Show abliefern und etwas Einstudiertes wiedergeben, denen entgegnet Gisela Friedrichsen später.
Wenn sie etwas einstudiert hätte, dann hätte sie auch Reue einstudieren müssen.
Aber die kam bei ihr gar nicht vor.
Sie ist die leidtragende Betrogene gewesen.
Es ging nicht wirklich um den getöteten Vater von zwei kleinen Kindern.
Sie hat nicht mal so getan, als würde es ihr leid tun.
Es klatscht Beifall, als die Staatsanwaltschaft zehn Jahre Haft fordert.
Dieselbe Reaktion, nur von anderen, gibt es bei der Forderung von Anwalt Bossi.
Fünf Jahre für minderschweren Totschlag.
Der vorsitzende Richter verbittet sich den Applaus.
Auch wenn viele das nicht einsehen mögen, wir sind hier nicht im Theater, meint er.
Ingrid kommt beim Urteil ein neuer Umstand zugute.
Zwei Jahre vor ihrem Prozess gab es eine Neuerung im Justizsystem.
Seitdem müssen nämlich auch seelische Ausnahmezustände in dem Urteil berücksichtigt werden.
Ingrid wird deshalb eine verminderte Schuldfähigkeit zugeschrieben.
Sie muss sieben Jahre in Haft.
Das Unrecht der Tat habe sie zwar eingesehen, war aber wegen ihres Zustands nicht mehr in der Lage, richtig zu handeln.
Außerdem wird ihr zugute gehalten, dass Klaus eine Mitverantwortung an der Zuspitzung des Konflikts getragen haben soll und sie geständig war.
Fünf Jahre sitzt sie am Ende im Gefängnis.
Ingrid griff aus schmerzlicher Eifersucht zur Waffe.
Früher war sie eine Königin des Schauspiels und wurde privat trotzdem erniedrigt.
Viele Jahre später ist es andersrum.
2009 zieht Ingrid van Bergen ins Dschungelcamp ein, lässt sich erniedrigen und wird daraufhin zur Königin gekrönt.
Eine deutsche Adlige, die ihren Geliebten erschoss und die Untertanen jubeln ihr zu.
Ein plakativeres Beispiel für Resozialisierung gibt es nicht.
Ich kenne sie ja nur als Dschungelkandidatin und Königin und muss sagen, dass ich sie irgendwie mochte.
Ich weiß nicht, wie das bei dir war.
Das ist wirklich richtig übel.
Der Dichter Pablo Neruda hat ja mal gesagt, es gibt keine guten Mörder, aber so im Nachhinein, das alles ist ja jetzt auch lange her, also es fällt einem wirklich schwer, den Fall nicht auch so ein bisschen leicht zu nehmen.
Und das ist halt ganz übel eigentlich.
Ja, ich habe das, als du dann erzählt hast, wie sie da alleine zu Hause war und offenbar ja so einsam war, dass sie einer fremden Person erzählt hat von ihrem Leid und sie gebeten hat, vorbeizukommen.
Das tat mir richtig leid und dann habe ich die ganze Zeit gedacht, weil ich ja weiß, was dann noch kommen wird, wie das gewesen wäre, wenn die Geschlechterrollen vertauscht wären und wie sehr mein Mitleid dann auch da gewesen wäre.
Und dann habe ich die ganze Zeit gedacht, ja, ich glaube, wäre nicht so gewesen.
Aber als es dann wirklich zu der Tötung kam, dachte ich mir so, nee, nee, so das kannst du einfach nicht machen, egal wie schlecht es dir geht.
Nein. Und deswegen finde ich auch sieben Jahre und dann ja am Ende fünf nicht genug eigentlich.
Fünf Jahre für ein Menschenleben.
Also unter den Umständen mit der verminderten Schuldfähigkeit finde ich das irgendwie okay.
Aber ich frage mich schon auch, ob viele es nicht anders bewerten würden, wenn Ingrid ein Mann gewesen wäre.
Und das ist ja so übel, weil Feminismus ist ja keine Einbahnstraße.
Du musst es ja auf beiden Seiten scheiße finden und das sollte auch so sein.
Ich finde übrigens auch bedenkenswert, was das Gericht gesagt hat und zwar, dass Klaus an dem, was passiert ist, dass es sich so zugespitzt hat, ja auch eine Mitverantwortung gehabt hatte.
Ja.
Also ich meine, er ist fremdgegangen, aber ich frage mich immer, wie sehr trägt man denn eine Mitverantwortung dafür?
Nee.
Nur weil man sich moralisch nicht richtig verhält. Das finde ich irgendwie falsch, da von einer Mitverantwortung zu sprechen.
Ja, ich auch, total. Er hat ja auch gesagt, so, ich habe mich verliebt, ich trenne mich jetzt.
Ja gut, das hat er dann gesagt nach fünf Jahren, nachdem er...
Finde ich aber irgendwie auch ein Victim-Blaming dann. Und nicht ein Grund, um sie weniger zu bestrafen.
Vielleicht findet man sie ja auch so sympathisch, weil man die Baustellen, die sie hatte, so gut nachvollziehen kann, weil die einem selber irgendwann im Leben mal begegnen.
Also einmal dieses, sie hat einen Mann, der untreu war, weil in ihrem Fall jetzt permanent, ne. Und zum anderen hatte sie die Sorge, nicht mehr so jung, hübsch und begehrenswert zu sein, wie ihre Konkurrentinnen. Und das war bei ihr ja sowohl in der Liebe, als auch in ihrem Job so, der Schauspielerei.
Ja.
Der Schweizer Schriftsteller Max Frisch hat mal gesagt, Eifersucht ist die Angst vor dem Vergleich. Und darum geht jetzt mein Aha so ein bisschen. Vergleichst du dich viel mit anderen Frauen?
Hm. Nee, eigentlich nicht. Weil ich mir auch, also mich jetzt fragen würde, mit wem ich mich so vergleichen sollte. Nee, aber zum Beispiel bei der, weißt du, bei der, also mit, ne, bei ihr, sie vergleicht sich halt mit anderen Schauspielerinnen, ungefähr in ihrem Alter.
Ach so, weil es hört sich eben so ein bisschen an, mit wem soll ich mich denn vergleichen? Also ich bin unvergleichbar. Also erstmal, hier komme ich, hier oben, und dann kommt erstmal lange gar nichts.
Deswegen kann ich mich leider auch gar nicht so mit anderen.
Nee, nee, das meinte ich jetzt nicht. Aber eher so, keine Ahnung, ich kann es bei ihr nachvollziehen, weil sie wahrscheinlich direkte Konkurrenz hatte in ihrer Arbeit, aber auch, ja offenbar, bei ihrem Mann, ne, welche Frauen da so um ihn herumgeschlichen sind.
Die waren ja offenbar auch alle aus dieser Szene und so. Wieso machst du das?
Nee, also würde ich jetzt erstmal, glaube ich, guten Gewissens sagen, nein, aber früher natürlich auch viel mehr.
Ja.
Ne, also früher, als man eifersüchtiger war und so, da halt viel mehr.
Und da hatte man aber auch in der Schule ja gefühlt schon 100 andere Mädels ungefähr in einem, in meinem Alter dann, mit dem man sich vergleichen konnte und mit dem man sich in ganz vielen Sachen vergleichen konnte.
Nämlich, wie gut ist die Person in der Schule? Wie gut kann die Sport? Wie viel Geld haben die Eltern? Welche Markenklamotten kann die anhaben?
Wie viel Geld haben die Eltern? Oh mein Gott, das ist so fern von meiner Realitätsjugend.
Nee, aber so war das auf unserer Schule, weißt du, weil die Leute, die, wo die Eltern Geld hatten, da konnten die Kinder natürlich die Markenklamotten anziehen und die waren dann automatisch natürlich beliebter.
Ja, ja.
Also ich erinnere mich tatsächlich eigentlich immer nur so an, wer war die Hübscheste und wer nicht.
Und dann gab es auch so Rankings und man selbst wusste schon so, ich habe Picke und ästliche Frisur, so.
Und wenn die mich nicht hoch bewerten, wie soll ich dann bitte denken, dass ich super bin, so wie ich bin?
Aber das Schöne ist ja wieder dieses, ne, im Alter weiß man halt alles besser.
Und ich meine, ich weiß nicht, ob du weißt, was die hübsche Blonde aus der A heute macht, ne?
Allerdings.
Ja, siehst du, und was bringt es einem?
Haben die Schönsten der Schule jetzt ein geileres Leben?
I doubt it.
Vermeintlich, muss man ja auch mal dazu sagen.
Ja, ich hoffe einfach, dass dieses Bild sich auch irgendwann jetzt mal ändert und dass man einfach Individualität abfeiert und nicht irgendwelche Beauty-Standards.
Ich muss aber erschreckenderweise feststellen, dass das auch in unserem Alter, also immer noch bei einigen, sehr verankert ist, diese Denkweise.
Ja, ich habe neulich mit jemandem Instagram-Stories von Journalistinnen und Influencerinnen angeguckt.
Und die Frau, die mit mir zusammen das angeguckt hat, sagt dann plötzlich so wie aus dem Nichts, ja, aber die ist auch gar nicht so schön.
Und dann, also das hat so ein bisschen gebraucht, bis das so bei mir so gesagt ist.
Und dann dachte ich so, also du musst dich ja echt hart bedroht fühlen durch den Bildschirm von dieser dir fremden Frau.
Und dann denke ich mir, bei manchen ist das einfach immer noch so.
Und ich habe mich in der letzten Zeit dann auch so ein bisschen damit beschäftigt, warum Frauen andere Frauen so viel bewerten.
Und empfehle wärmstens das Buch Women Don't Owe You Pretty von Florence Gibbon.
Und da geht es so ein bisschen darum, dass wir gelernt haben, in Wettstreit mit anderen Frauen zu stehen.
Und die Erklärung der Autorin ist, dass wir in einer männlich herrschenden Gesellschaft den männlichen Blick übernommen haben.
Und da meine ich jetzt nicht nur Frauen, sondern auch Männer haben diesen Blick übernommen.
Und uns selbst und andere Menschen, die sich als Frauen identifizieren, damit auch aus deren Sicht bewerten.
Und sowas aus Köpfen rauszubekommen, das braucht ja richtig viel Zeit und Aufklärung.
Psychologin Dr. Sandra Konrad erklärt in einem Interview mit Jetzt,
im Moment leben wir immer noch in einer Welt, in der der männliche Blick wichtiger ist als der weibliche Wille.
Weibliche Schönheit, sagt sie, war schon immer eine der wenigen Möglichkeiten,
dass eine Frau sich mächtig fühlen kann und darf, ohne dass Männer sich dadurch bedroht fühlen.
Und im Gegensatz zu Männern, so steht es im Artikel,
die sind Frauen evolutionsbedingt weniger auf Konfrontationskurs, um ihre Gebärmutter zu schützen
und würden Feindseligkeit daher mit versteckter Aggression und sozialem Ausschluss dann zum Ausdruck bringen.
Irgendwann in dieser Podcast-Historie habe ich, glaube ich, auch schon mal erzählt,
dass es offenbar Unterschiede gibt, wenn Männer eifersüchtig sind und wenn Frauen eifersüchtig sind,
zumindest in den Hirnregionen, weil bei den Männern, da wird vor allem die Amygdala und der Hypothalamus
ist aktiv, wenn sie eifersüchtig werden.
Und die beiden Regionen, die sind unter anderem für Aggressivität und Sexualverhalten und Angstgefühle zuständig.
Und deswegen fürchten Männer auch eher, dass ihre Partnerin sie sexuell betrügt.
Und Frauen hingegen sind eher eifersüchtig, wenn Männer emotional untreu sind,
was vor allem durch Neuronen in der oberen Temporalfurche gesteuert wird.
Und ich sage das jetzt ungegendert, weil das eben nur für eine Mann-Frau-Konstellation gelten soll
und das auch nur bei heterosexuellen Paaren.
Und bei Homosexuellen sieht das etwas anders aus.
Und warum es diese Unterschiede Mann-Frau gibt,
dazu gibt es verschiedene sehr gewagte evolutionsbiologische Theorien.
Die spare ich mir jetzt hier, weil das sowieso alles so ein bisschen fragwürdig ist.
Aber ich werde Artikel in die Folgenbeschreibung packen.
Ein Glück.
Dass Eifersucht zu Verbrechen führen kann, das haben wir ja jetzt an unseren beiden Fällen gesehen.
Und tatsächlich zählt die Eifersucht zu den häufigsten Tatmotiven bei Tötungen innerhalb von Beziehungen.
Das sind dann meist romantische Beziehungen.
Aber bei der Recherche habe ich auch zwei Fälle gefunden,
in denen sich Geschwister aus Eifersucht getötet haben.
Und erst im Februar dieses Jahres soll ein 14-Jähriger einen 13-Jährigen in Baden-Württemberg aus dem Motiv erstochen haben.
Dieser ist übrigens jetzt des Mordes angeklagt.
Ein 14-Jähriger.
Oh.
Ja.
Wenn die Eifersucht einen dazu bringt, jemanden zu töten, dann wird es ja auch juristisch wichtig,
weil je nachdem, wie die Eifersucht aussieht, kann sie das Strafmaß beeinflussen
und den Unterschied zwischen Totschlag und Mord ausmachen.
Was bei dem Motiv eine Rolle spielt, hat uns die Strafrechtsanwältin Inga Stremlau erzählt.
Wenn man juristisch an die Sache herangeht, muss man sich halt eben die gesamten objektiven Umstände angucken
und sich fragen, wie ist es zu der Tat gekommen.
Also das ganze Tatvorgeschehen, der Tatablauf, das Tatnachgeschehen.
Man muss sich die Persönlichkeit des Täters angucken.
Man muss wissen, was hat er eventuell für Vorerkrankungen, was kommen vielleicht noch für Persönlichkeitsmerkmale hinzu.
Und dann, wenn man all das festgestellt hat, muss man sich eben fragen, steht das jetzt auf der Stufe eines niedrigen Beweggrundes?
Ist das also überhaupt, wenn ich mir diese Gesamtsituation angucke, menschlich nicht nachvollziehbar?
Oder kann ich sagen, okay, in dieser konkreten Situation hatte dieser konkrete Mensch für sich selber aus seiner Sicht keine andere Möglichkeit, als so zu handeln?
Stichwort niedriger Beweggrund.
Eifersucht kann nämlich als niedriger Beweggrund gewertet und somit zum Mordmerkmal werden.
Und ihr wisst, Beweggründe sind dann niedrig, wenn sie nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen und deshalb besonders verachtenswert sind.
Eifersucht wird aber erst dann zum niedrigen Beweggrund, wenn die Gründe für die Eifersucht ihrerseits auf niedrigen Beweggründen beruhen.
Und das ist meist der Fall, wenn die Gefühle keinen nachvollziehbaren Grund haben.
Wichtig ist aber, dass dem Täter oder der Täterin diese Gründe, also warum er jetzt eifersüchtig ist, dass sie dem bewusst sind und er sich noch gedanklich beherrschen kann.
Außerdem muss die Eifersucht im Vordergrund stehen, damit sie als Mordmerkmal gewertet werden kann.
Bei Yunus war das ganz klar der Fall.
Der war eifersüchtig auf Yvon, weil der irgendwann mal was mit Jasmin gehabt haben soll.
Davon abgesehen, dass die beiden offenbar nie etwas miteinander hatten, hatte sich Yvon aber ja auch nicht an Jasmin rangemacht oder die Beziehung der beiden in irgendeiner Weise bedroht.
Also es gab keinen nachvollziehbaren Grund für diese Eifersucht oder diese Art von Eifersucht.
Ein Fall, der zeigt, wann ein Versuch nicht als niedriger Beweggrund gilt, kommt aus dem Jahr 2010.
Die beiden beteiligen ja nicht jetzt Adam und Eva.
Und Adam und Eva sind so ein Ehepaar, das sich immer wieder streitet.
Zwar nie mit Handgreiflichkeiten, aber schon so oft, dass Eva immer mal wieder zu ihren Eltern zieht.
Nach einem Streit im Sommer 2010 fängt sie dann ein Verhältnis mit einem Bekannten von Adam an und zieht in eine eigene Wohnung.
In den Wochen nach diesem Umzug kommt es aber immer wieder zu Versöhnungen und erneuerten Trennungen.
In dieser Zeit trifft auch Adam in den Trennungsphasen eine andere Frau.
Nachdem Eva im Oktober kurz wieder in die gemeinsame Wohnung eingezogen ist, sagt sie Adam, wer ihr neuer Freund ist und dass sie diesen liebe.
Eva macht also endgültig Schluss und zieht wieder aus.
Daraufhin versucht Adam, sie zu kontaktieren.
Eva will aber nicht.
Und so fängt Adam an, sie zu stalken, beobachtet, wie Eva mit ihrem neuen Freund und der gemeinsamen Tochter einen Abend verbringt
und ein anderes Mal, wie es vermeintlich zu Sex kommt.
Nach dieser zweiten Beobachtung schläft Adam schlecht und entscheidet am nächsten Morgen noch einmal mit Eva reden zu wollen.
Beim Verlassen seines Hauses nimmt er schwarze Lederhandschuhe und ein Küchenmesser mit.
Um Eva zu töten, sollte das Gespräch nicht in seinem Sinne verlaufen.
Und wer hätte es gedacht?
Genau dazu kommt es.
Adam überrascht Eva.
Es kommt zu einem Streit und Adam ersticht Eva.
Am Ende des Prozesses wird Adam zu zehn Jahren Haft wegen Totschlags verurteilt
und das Urteil wird auch vom BGH bestätigt.
Der sieht nämlich keine niedrigen Beweggründe gegeben.
Die Richterinnen sehen zwar, dass Adam unter anderem aus Eifersucht getötet hat,
aber die Gründe für seine Eifersucht würden nicht auf niedriger Gesinnung beruhen.
Da Eva einen neuen Mann an ihrer Seite hatte, habe Adam begründeten Anlass zur Eifersucht gehabt
und Angst, ganz von Eva verlassen zu werden.
Er sei außerdem enttäuscht und verzweifelt über das Ende seiner bisherigen Lebensverhältnisse
und auch das Verhalten seiner Tochter, weil die ja mit dem neuen Partner und der Mutter zu Abend gegessen hatte.
In gewisser Weise könne man laut des BGH diese Mischung aus Eifersucht, Enttäuschung, Verzweiflung,
narzisstisch geprägter Wut, aber auch Verlustangst nachvollziehen.
Und deshalb lege kein Mordmerkmal vor.
Ja, und darüber haben wir in der Femizid-Folge 45 ja auch schon mal gesprochen.
Weil auch bei Femiziden verurteilen die Gerichte aus diesem Grund halt oft nicht auf Mord aus niedrigen Beweggründen.
Der BGH hatte 2008 nämlich erklärt, wenn Gefühle der Verzweiflung und der inneren Ausweglosigkeit Auslöser für die Tötung einer Ex-Partnerin sind,
liegt das Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe nicht zwingend vor.
Und dieses Mordmerkmal und damit eben auch die Verurteilung zum Mord, das wird dann infrage gestellt, wenn die Trennung vom Tatopfer ausgeht
und der Angeklagte oder die Angeklagte sich durch die Tat dessen beraubt, was er oder sie eigentlich nicht verlieren will.
Und das macht mich wieder wirklich sauer, weil das genauso ist wie beim Klaus, von wegen er hätte da eine Mitverantwortung getragen.
Wir reden uns so oft über Victim-Blaming auf und unsere Gerichte sagen sogar,
dass sich die Person, die eine andere umbringt, nicht wegen Mordes schuldig macht,
wenn ihr Partner oder ihre Partnerin sich aus einer toxischen, schädlichen Beziehung befreien will.
Das ist schon schwierig zu verdauen.
Ja, aber findest du es jetzt nicht richtig, dass hier so unterschieden wird
und jetzt Fälle wie der von Yunus juristisch anders bewertet werden als jetzt der von Adam und Eva?
Das finde ich schwierig zu beantworten, weil Yunus ja so richtig krankhaft war
und damit dann ja auch erstmal in die forensische Psychiatrie eingewiesen wurde.
Deswegen, das finde ich, ist jetzt noch ein bisschen was anderes.
Und was wäre, wenn er jetzt, wenn er jetzt nicht vermindert schuldfähig eingestuft worden wäre?
Aber begeht man so eine Tat mit diesen Umständen und so wie er sie begangen hat, auf einer gesunden Basis?
Also ich sehe das schon, dass man da einen Unterschied machen muss, weil ja die Motivlage komplett anders ist, ne?
Weil man, weil gefühlt Yunus gar keinen Grund hat, nicht gefühlt.
Er hat einfach keinen Grund, Yvon umzubringen.
Und deswegen finde ich das richtig, dass da auf Mord entschieden wird und das Strafmaß höher ist.
Ich finde es aber schwierig, dass man nur, weil man nachvollziehen kann, irgendwie, warum jemand seine Ex-Frau tötet.
Und zwar mal, weil man es halt nicht ertragen kann, dass jemand anderes sie dann hat.
Da finde ich das dann auch schwierig, wenn man da elf Jahre verhängt, weil man dann höchstwahrscheinlich oder zumindest nach sieben Jahren wieder raus kann.
Weißt du, ich finde, nur weil man das nachvollziehen kann, den Grund zur Tat, finde ich nicht, dass so ein großer Gap zwischen dem Strafmaß gerechtfertigt ist.
Ja, und vor allem, ich weiß nicht, ich meine, wir sind Menschen und keine Tiere.
Ja.
Wir sollten uns unter Kontrolle haben, was sowas angeht.
Weißt du, und deswegen denke ich mir immer so, ja, nachvollziehen kann man ja eine Gefühlsregung in einer gewissen Weise, aber doch nicht das Endprodukt dessen, was dann bei den TäterInnen daraus geworden ist.
Ja.
Apropos Tiere.
Ähm, der Fussel, ne?
Ja.
Also, glaubst ja nicht, dass der so frei ist von Eifersucht.
Nee?
Mhm.
Wieso?
Wie zeigt sich das?
Na, wenn ich nicht alleine bin, dann hat der mich auf einmal viel lieber als sonst.
Dann will der auch schmusen.
Vor allem, genau, vor allem, wenn du männlichen Besuch hast, dann wird der ja so.
Wenn ich da bin, ist der gar nicht so.
Ja, genau das wollte ich ja damit ausdrücken.
Zu dir pflege ich ein bisschen eine andere Beziehung als das, was ich meine.
Aber der ist halt nicht so aggressiv eifersüchtig, sondern der ist dann einfach sehr kuschelbedürftig dann.
Der will dann einfach auch.
Das finde ich irgendwie okay.
Ja, das ist süß.
Wenn sich das so äußert.
Ja.
Aber dann denke ich manchmal so, also hat der denn so ein bisschen Angst?
Dass der dann zu kurz kommt.
Weil das ist ja auch der Grund, warum Geschwisterpaare Eifersucht gegeneinander entwickeln.
Weil früher diese fehlende Aufmerksamkeit der Eltern auch fehlender Schutz bedeuten konnte.
Zum Beispiel vom Säbel, dass man dann halt nicht genug Nahrung bekam.
Ja, und ich habe gelesen, dass Einzelkinder deshalb weniger eifersüchtig sein sollen, weil sie das als Kind nicht so früh kennenlernen, dieses sich streiten oder buhlen um die Liebe der Mutter oder des Vaters, sondern diese exklusiv für sich haben und lernen.
Das ist ja auch immer noch ein bisschen mehr.
Und das ist ja auch immer noch ein bisschen mehr.
Und das ist ja auch immer noch ein bisschen mehr.
Und das ist ja auch immer noch ein bisschen mehr.
Und das ist ja auch immer noch ein bisschen mehr.
Und das ist ja auch immer noch ein bisschen mehr.
Und das ist ja auch immer noch ein bisschen mehr.
Und das ist ja auch immer noch ein bisschen mehr.
Und das ist ja auch immer noch ein bisschen mehr.
Auf jeden Fall funktioniert das ja oft wie eine Art Alarmsystem.
Also von wegen Achtung, Beziehung ist in Gefahr oder irgendwas anderes, was ich gerne habe, was ich brauche, vermeintlich.
Handeln Sie jetzt, ja.
Ja, und dieser fiese Schmerz zeigt einem ja auch, mir ist die Beziehung wichtig und ich sollte irgendwie alles dafür tun, dass es nicht zur Trennung kommt.
So, und deswegen benutzen die manche ja auch als Mittel, um ihre Beziehung halt wieder aufzufrischen und den Partner oder die Partnerin halt absichtlich so zu signalisieren, streng dich mal bitte an.
Und das ist halt so meine Beobachtung schon ein, zwei Mal gewesen, dass manche versuchen, daraus dann so Aufmerksamkeit zu ziehen, die sie dann sonst nicht bekommen.
Und weil diese Eifersucht ja dann diese Aufmerksamkeit bietet, finde ich, wird die dann auch manchmal so ein bisschen romantisiert.
Also, dass man Eifersucht manchmal als Liebesbeweis missversteht.
Und ich finde das auch erschreckend, ich habe nämlich eine Umfrage gefunden, sehr seriös von irgendeinem Datingportal aus 2014 und daraus ging hervor, dass 72 Prozent der Befragten finden, dass Eifersucht in einer Beziehung ruhig gezeigt werden darf.
Nee.
Und sieben Prozent halten das dann auch wirklich für einen Liebesbeweis.
Also, ich bin ganz dagegen, dass man das zeigen soll, weil das für mich eher ein Anzeichen für Schwäche ist und somit für Unattraktivität, wenn das aus dem Nichts kommt.
Genau, wenn es aus dem Nichts kommt.
Wenn es dann halt mal passiert, wie ich meinte, mit Missverständnissen, dann kann ja zeigen darf auch bedeuten, von wegen du darfst Schwäche zeigen und mir das dann auch sagen.
Das fände ich dann okay.
Aber so dieses so selbstverständliche Eifersucht ist in Ordnung für mich irgendwie nicht so gut.
Ja, aber offenbar sind wir da in der Mindermeinung.
Wer auch das alles genauso sieht, ist die Zürcher Autorin Birgit Schmidt.
Die sagt nämlich, Eifersucht ist der Beweis für starke Liebe und sie ist der Meinung, dass nur die Personen das Schönste der Liebe erfahren, die die Hölle der Eifersucht kennen.
Oh mein Gott, nein, nein, Liebe und Hölle ist schon mal ganz übel zusammen zu nennen.
Und sie sagt, dass abwesende Eifersucht ein Zeichen von Gleichgültigkeit sein könnte.
Diese Frau ist eine Red Flag.
Also, nein.
Für sie ist übrigens, du gehörst mir, eine schöne Liebeserklärung.
Nein, das ist die Art zu denken von Menschen, die meinen, andere Menschen gehören ihnen, sind Besitztümer und die können über die verfügen und bestimmen.
Ja.
Man kann ja sagen, du gehörst zu mir.
Ja, das ist doch eine schöne Liebeserklärung.
Das ist gesund.
Ja, und schön.
Naja, und ich muss auch dagegenhalten, dass man, man kann auch jemanden echt mögen und auch wenn jeder Grund zur Eifersucht bestünde, dass man dann trotzdem nicht eifersüchtig sein muss, sondern dass man dann halt einfach irgendwie das Weite sucht oder so, ja.
Lang ist es her, da fand ich mal jemanden gut und du kennst die Geschichte, glaube ich schon.
Der hat nicht in Berlin gewohnt und der kam dann aber in Berlin zu Besuch und ich dachte, wir treffen uns mal wieder und der war aber mit einer Freundin unterwegs.
Und da sagte der zu mir, na lass doch zu dritt dran treffen und an den See.
Okay.
Und ich habe mich voll gefreut, weil ich dachte, ey, der stellt mich seinen Freunden vor, ist ja cool.
stellt sich raus, dass die Freundin, die er dabei hatte, die Frau ist, die er seinen Freunden vorstellen wollte, nämlich mir.
Und das habe ich dann aber nicht sofort gerafft, weil wir waren dann halt auch erst mal am See und danach noch Pizza essen und ich habe aber die ganze Zeit versucht,
so diese Spannung zwischen den beiden zu ignorieren oder zu ergründen und war auch echt null eifersüchtig, einfach nur hart verwirrt und fand es irgendwie ein bisschen strange.
Und dann, ähm, nach dem Essen abends war er dann aber auf Klo und dann habe ich halt sie, habe ich sie gefragt, in welchem Hotel die denn schlafen und dann sagte sie im Provokateur.
Und du so, ah ja.
Ja.
Das ist halt so ein High-Class-Affären-Hotel, so ein bisschen angepufft, aber mit Stil.
Ja.
Und dann bin ich halt schnell nach Hause und, ähm, habe das weitergesucht.
Aber eifersüchtig war ich trotzdem nicht, obwohl das ja richtig die beknackte Situation für mich war.
Stimmt.
Und schon gar nicht wäre ich auf sie eifersüchtig gewesen.
Also ich hätte das dann, hätte meinen Ärger auch nicht auf diese Frau übertragen, weil das, dazu neigt man ja auch oft, das dann auf die dritte Person zu projizieren.
Dabei müsste ich ja sauer auf diesen Typen sein.
Ja.
Aber stimmt, also, dass du da nicht eifersüchtig warst, ist interessant.
Also man muss es nicht sein.
Es muss nicht sein.
Und es ist auch kein Liebesbeweis.
Nee.
Und damit schließen wir ab mit der Eifersucht.
Das war ein Podcast von FUNK.