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#94 Liebesschwindel

Wir nehmen diese Folge ein paar Tage nach meinem Geburtstag auf und ich habe dieses
Jahr ein sehr seltsames Geschenk bekommen.
Nicht von mir, weil von mir kommt ja ein Wäschesack.
Genau, das Geschenk, von dem ich gerade spreche und auf das ich gerade starre, ist für
mich jetzt nicht so nützlich wie ein Wäschesack, aber dafür ist es sehr skurril.
Ich kann leider nicht sagen, was es ist, weil das ist mir ein bisschen zu heikel und es fühlt
sich auch ein bisschen komisch an, sowas zu besitzen.
Also meine Freundin Tee hat sich gesagt, sie schenkt mir etwas von einem Fall, den wir hier
mal behandelt haben.
Also ein Gegenstand, der auch etwas mit dem Fall zu tun hat.
Aber nicht sowas wie so eine Trophäe von einem Täter oder sowas?
Nee, ich nenne jetzt mal ein paar Beispiele, damit du eine Vorstellung hast, was es sein könnte.
Also davon ist es nicht, aber es könnte sowas sein wie zum Beispiel der Salzstreuer vom
Kannibalen von Rothenburg oder der Oberarztausweis von Gerd Postel.
Aber hat Tee das dann quasi bei sowas wie Ebay oder sowas ersteigert oder wie?
Nein, nein und dazu darf ich glaube ich keine genaueren Angaben machen, aber die offizielle
Version ist, es lag auf der Straße.
Zumindest hätte es sich jeder in dem Moment holen können, ja?
Naja.
Holen können.
Nee, also es ist nicht wirklich gestohlen.
Auf jeden Fall habe ich mir gedacht, es gibt bestimmt irgendwelche kranken Menschen, die sowas hobbymäßig
machen.
So wie Dark Tourism, nur dass die sich halt Gegenstände von Tatorten oder MörderInnen einsammeln oder
so.
Ja.
Und tatsächlich gibt es dafür sogar einen Namen und zwar Murderbillier.
Und das ist also das Sammeln von Gegenständen, die mit Tatorten oder TäterInnen zu tun
haben.
Also sowas wie eine Haarsträhne von einem Täter oder einer Täterin, aber auch Bilder, die die
gemalt haben.
Und es gibt einen Mann, der heißt Eric Holler und der hat mit dem Nightstalker, das ist ein
Serienmörder und Vergewaltiger aus den USA, Kontakt über Briefe gehabt, als der Nightstalker
schon im Gefängnis saß.
Und der Nightstalker hat Holler dann irgendwann so Bilder geschickt, die er gemalt hat, die
Holler dann wiederum auf Ebay verkauft hat.
Und das lief so gut, dass der dann auch andere Serienmörder anschrieb, die ihm dann Sachen
schicken sollten.
Und damit hat er dann einen ganzen Online-Shop aufgemacht.
Der existiert auch immer noch, da war ich gerade drauf.
Und da kann man halt so einen handgeschriebenen Brief von Charles Manson für 850 Dollar kaufen.
Oh mein Gott.
Aber warte mal, kriegt denn der Täter oder die Täterin auch dann was davon ab?
Oder ist das dann alles nur für diesen Typen, der das einsammelt?
Das weiß ich nicht.
Ich glaube, das ist ja auch, also das ist ja deren Deal.
Ich denke mal, dass die wahrscheinlich dann auch schon ein bisschen Geld kriegen.
Aber wer gibt dafür Geld aus und sammelt solche Sachen?
Also kommt ja darauf an, was ja eine Haarsträhne finde ich jetzt auch echt übel.
Aber wenn man jetzt, keine Ahnung, ein Bild schön findet, das Charles Manson gemalt hat, finde ich
jetzt auch ziemlich, also würde ich jetzt mir auch nicht aufhängen zu Hause.
Aber das kann ich noch eher verstehen als eine Haarsträhne oder sowas.
Nachher auch noch Zehennägel oder irgendwas, weißt du?
Okay, aber jetzt zum Beispiel den Salzstreuer vom Kannibalen von Rothenburg.
Was?
Ob ich mir das aufstellen würde oder ob ich das schlimm finde?
Ja, wie du das findest.
Ich finde es sehr merkwürdig.
Ich würde die Person, die sich das kauft, mit anderen Augen sehen.
Weil warum sollte man sowas zu Hause haben?
Warum?
Ja.
Du hast ja sowas zu Hause.
Ich sehe dich jetzt mit anderen Augen.
Genau, aber ich habe es ja jetzt geschenkt bekommen.
Ich bin mir auch noch unschlüssig, wie ich mich moralisch so fühlen soll.
Weg damit.
Meine Freundin Tee wusste es auch nicht.
Also wir saßen dann beide davor und haben uns gedacht auf so einer moralisch-verwerflich-Skala.
Wie schlimm ist das jetzt, dass wir jetzt das angucken oder haben?
Ja.
Aber jetzt ist es ja eh schon zu spät.
Und wo wird es jetzt stehen in deiner Wohnung?
Ich werde es an einen Platz packen, wo man es nicht sieht.
Also man sieht bei unserer Diskussion schon, in Deutschland ist man, was Crime angeht, ja viel vorsichtiger.
Weil im amerikanischen Raum ist diese Nachfrage ja da.
Und damit machen Leute Geld.
Und das ist hier nicht so.
Was manchmal auch ganz gut ist, dass wir hier so ein bisschen mehr verklemmt sind vielleicht.
Ja, und dass man hier TäterInnen nicht so glorifiziert.
Weil das macht man, indem man irgendwas für 850 Dollar, also so den Preis anhebt für irgendwas, was einen Mörder gemacht hat oder gehört hat oder sowas.
Womit wir zum nächsten Thema kommen.
Ihr könnt auch etwas in einem Online-Shop kaufen, was mit Crime zu tun hat.
Allerdings reden wir da jetzt von unserem Merch, denn das können wir jetzt endlich im Podcast verkünden.
Es wird Merch geben, weil viele von euch uns geschrieben haben, dass sie für die Tour gerne noch was kaufen wollen würden, damit sie da quasi in unserer Uniform auftauchen können.
Genau.
Und wir waren ziemlich fleißig.
Diesmal gibt es nämlich eine Tasse mit unserem Mordlust-Logo und mit nicht respektierlich gemeint drauf.
Eine Gurkenkäppi und endlich auch T-Shirts mit Mordlust drauf.
Müssten wir an dieser Stelle nochmal sagen, weshalb eine Gurke oder meinst du, die Leute wissen, weshalb sie sich eine Käppi mit einer Gurke kaufen sollen?
Will nicht jeder eine Käppi mit einer Gurke drauf, auch ohne Grund?
Das ist richtig, aber wichtig ist, dass ihr die auch immer von der Straße sammelt, damit niemand drüber stolpert und ihr euch nachher irgendwie einer Tötung schuldig macht.
Außerdem gibt es auch noch Shirts mit Garant in auf Lebenszeit.
Das ist eines von euren Designs, die ihr uns auf Instagram zugeschickt hattet als Vorschläge.
Das hat nämlich die liebe Alice uns vorgeschlagen.
Und weiterhin gibt es natürlich auch noch unsere nicht-despektierlich gemeint Shirts.
Und das alles könnt ihr ab jetzt, wenn ihr diese Folge am Veröffentlichungstag, dem 27. April 2022, hört, bis Sonntag, den 1. Mai um 23.59 Uhr vorbestellen.
Und zwar über partner-in-crime.tskr.eu.
Den packen wir euch natürlich auch in die Folgenbeschreibung und auch bei uns auf Instagram, Mordlust, der Podcast in die Bio.
Wir begrenzen die Stückzahl diesmal nicht.
Das Limit ist quasi der Bestand, der Produktionsfirma und halt der Zeitraum.
Und damit herzlich willkommen bei Mordlust, einem Podcast der Partner in Crime.
Wir reden hier über wahre Verbrechen und ihre Hintergründe.
Mein Name ist Paulina Kraser.
Und ich bin Laura Wohlers.
In jeder Folge gibt es ein bestimmtes Oberthema, zu dem wir zwei wahre Kriminalfälle nacherzählen,
darüber diskutieren und auch mit Menschen mit Expertise sprechen.
Wir reden hier auch ein bisschen lockerer mal miteinander.
Das hat aber nichts damit zu tun, dass uns die Ernsthaftigkeit fehlt.
Das ist für uns einfach immer so eine Art Comic Relief, damit wir zwischendurch auch mal aufatmen können.
Das ist aber natürlich nicht despektierlich gemeint.
Heute geht es bei uns um Love Scamming.
Das ist ein Verbrechen, bei dem die TäterInnen die Gefühle ihrer Opfer ausnutzen, um ihnen das Geld aus der Tasche zu ziehen.
Also eigentlich sowas wie moderne Heiratsschwinder, die ihre Opfer halt online suchen.
Also ich habe bisher, glaube ich, noch nie mit einem Liebesbetrüger jetzt online zu tun gehabt.
Nach der Recherche zu der Folge kann man die ja manchmal an so ein paar Dingen erkennen.
Aber mir ist aufgefallen, dass ich vielleicht mal selbst sowas wie eine Liebesbetrügerin war.
Und zwar kennst du doch diesen Chat Yippie.
Der war sowas wie Knuddels.
Yippie?
Ja, das hieß Yippie.de oder so.
Yippie?
Yippie.
Yappie?
Nein, nee, das hieß Yippie.
Nee, das kenne ich nicht.
Naja, auf jeden Fall muss ich zugeben, ich habe mich da schon manchmal als jemand anderes ausgegeben.
Weil ich halt, ich war meistens älter, als ich selber war.
Ich hatte eine große Oberweite, also auch eine größere, als ich dann damals hatte.
Und ich hieß auch nicht Laura.
Sondern?
Ich hatte immer andere Namen, halt Jessica oder so.
Also ich habe nie die Menschen dazu gebracht, mir Geld zu schicken oder so.
Also ich habe, wenn dann versucht, irgendwie die Handy oder Festnetznummer von einer anderen Person zu bekommen, um dann halt zu telefonieren.
Das war so meine Masche.
Und was aber, deine Masche.
Und was hättest du dir dann erbeutet Aufmerksamkeit oder wie?
Ja, genau.
Ich habe dann schon auch mal mit denen telefoniert.
Und wie alt waren die dann?
Wenn die auch, so wie ich, gelogen haben, dann kann ich das ja gar nicht sagen.
Aber was sie geschrieben haben, war immer so, schon so 20 oder so.
Aber das habe ich ja auch geschrieben, dass ich 20 bin.
Ich habe auch mal mit einer Freundin, erinnere ich mich noch ganz genau, dass wir so vorm Computer saßen und auch irgendwo gechattet haben.
Und da war irgendein halt, also es war halt schon ein Mann.
Ja, ich weiß jetzt auch nicht, wie alt der war, aber auf jeden Fall über 20, weit über 20.
Und dann hat er uns so gefragt, wie seht ihr aus?
Und das haben wir natürlich auch, haben natürlich auch behauptet, wir haben Brüste, wo wir keine hatten.
Und was, da erinnere ich mich noch ganz genau dran, dass wir uns dann beschrieben haben, so die eine blond und die andere brünett mit blonden Strähnchen.
Wo man sich ja auch so denkt, wen soll das denn jetzt aus der Reserve locken?
Und wie man sowas dann auch noch provoziert hat, da als Minderjährige womöglich an so einen pädophilen Straftäter zu geraten, am besten noch.
Die sich ja damals tatsächlich viel bei Knuddels rumgetrieben haben.
Ja, es ist nämlich manchmal nicht die Person dahinter, für die sie sich ausgibt.
Zitat von Jessica, 20 Jahre alt, dickbusig.
In dem Fall, den ich jetzt erzähle, geht es zumindest um deutlich mehr als nur darum, eine Telefonnummer vom Gegenüber zu bekommen.
Die Geschichte erzählt von einem gebrochenen Herzen und der verzweifelten Suche nach den HerzensbrecherInnen.
Einige Namen habe ich geändert.
Hey, ich finde dich sympathisch. Würdest du meine Freundschaftsanfrage annehmen?
Das ist die Nachricht, die Vishnias Leben für immer verändern wird.
Doch als sie im März 2018 den Facebook-Messenger öffnet, weiß sie davon natürlich noch nichts.
Die 43-Jährige ist erst einmal nur neugierig, will wissen, wer hinter der Person steckt, die sie kennenlernen möchte.
Vishnia klickt also auf Annehmen, um sich das Profil genauer anzusehen.
Von diesem grinst ihr verschmitzt Susanne Maria Gilgen entgegen.
Mit großen grünen Augen, die hinter einer Brille hervorstechen und einer schwarzen Lockenmine in deutlichem Kontrast zu ihrer hellen Haut.
Hinter ihr ragt im Titelbild eine Hand in den Fokus, die ein rotes Getränk hält und unter ihr steht der Satz
Women only, no man allowed.
Vishnia, die von Familie und Freundinnen immer nur Vishi genannt wird, ist direkt sehr angetan.
Denn Susanne ist genau ihr Typfrau.
Dunkelhaarig, vollbusig und trotz ihrer ebenfalls 43 Lebensjahre sehr jung geblieben.
Das ist Vishnia auch, also letzteres.
Vom Aussehen her ist sie eher das Gegenteil von Susanne Maria Gilgen.
Ein buschikoser Typ mit kurzen blonden Haaren und hellblauen Augen.
Vishnia schreibt Susanne also zurück und schnell kommt es zu einer angeregten Unterhaltung im Chat.
Susanne erzählt, dass sie in New York wohnt, aber deutsche Wurzeln hat und deshalb ganz gut Deutsch spricht.
Dass sie in Amerika mit Oldtimern handelt, die sie regelmäßig nach Liverpool schicken lässt und auch oft nach Europa begleitet.
Vishnia hingegen berichtet von ihrem Job als Floristin in Ravensburg, welchem sie seit mittlerweile 18 Jahren nachgeht und bei dem sie noch nie auch nur einen einzigen Tag gefehlt hat.
Schnell wird es aber auch persönlicher.
So schreibt Susanne, dass sie gerade erst aus einer Beziehung kommt, in der sie mehrfach betrogen wurde und dass es ihr daher gerade nicht sonderlich gut geht.
Vishnia versteht ihren Schmerz.
Auch sie hatte sich erst vor drei Monaten von ihrer Partnerin Lilli getrennt,
nachdem diese ihr nach 16 Jahren Beziehung gebeichtet hatte, mit einem Mann fremdgegangen und nun schwanger zu sein.
Ah ja.
Für Vishnia ist da eine Welt zusammengebrochen.
Niemals hätte sie das von ihrer Freundin erwartet.
Schon gar nicht in einer Zeit, in der Vishnia sowieso schon genug private Probleme plagen.
Im September erst war ihr Vater in Kroatien verstorben, der ihr nicht nur einen Haufen Schulden vererbt, sondern auch ihre Mutter allein zurückgelassen hat.
Um von da an für ihre Pflege zu bezahlen, musste Vishnia einen Kredit aufnehmen, den sie noch über Jahre wird abstottern müssen.
All das vertraut Vishnia Susanne jetzt im Facebook-Messenger an.
Die beiden schreiben an diesem ersten Tag noch bis spät in die Nacht und als Vishnia todmüde ins Bett fällt, schläft sie seit langem mal wieder mit einem Lächeln auf den Lippen ein.
Drei Tage und etliche Facebook-Nachrichten später fragt Susanne, ob die beiden auf WhatsApp wechseln wollen.
Gesagt, getan.
Ab jetzt geht es fast im Sekundentakt weiter und schnell bekommt Vishnia das Gefühl, Susanne schon ewig zu kennen.
Sie erfährt, dass Susannes Eltern beide bereits verstorben sind und sie zu ihrer Schwester keinen Kontakt mehr hat.
Von ihrer einzigen Freundin Elena und entfernteren Verwandten aus Deutschland.
Susanne hört im Gegenzug von Vishnia, dass diese 1991 mit ihrer kleinen Schwester und ihrer Oma vor dem Bürgerkrieg im damaligen Jugoslawien nach Deutschland geflohen war.
Da war Vishnia erst 16 Jahre alt.
Ihre Eltern konnten damals nicht mit, ihr Vater war Soldat, ihre Mutter Krankenschwester.
Für Vishnia war in Deutschland alles neu und aufregend, aber auch beängstigend.
Doch sie biss sich durch, besuchte den Deutschunterricht und fing schließlich die Lehre zur Floristin an.
Ihre kleine Schwester konnte sich mit der neuen Heimat nicht so gut anfreunden.
Sie hatte zu großes Heimweh und war drei Jahre nach der Flucht zurück zu ihren Eltern nach Kroatien gegangen.
Genau wie die Oma.
Nur Vishnia blieb und richtete sich in Ravensburg ihr Leben ein.
Sie fand ihre erste Freundin, mit der sie zehn Jahre zusammen war, und dann Lilly, die sie 16 Jahre begleitete.
Jetzt, im Frühjahr 2018, ist Vishnia das erste Mal so richtig allein.
Obwohl es sich seit ein paar Wochen nicht mehr so anfühlt.
Nicht mehr, seitdem Susanne in ihr Leben getreten war.
Denn jetzt ereilt sie jeden Morgen eine liebevolle Nachricht.
Guten Morgen, Schatz. Wie geht es dir? Ich denke an dich.
Mittags kommt, denkst du auch dran zu essen und abends die Gute-Nacht-Wünsche.
Zwischendurch schickt Susanne auch Fotos von ihrem Essen, von den Oldtimern oder auch von sich selbst,
wie sie verträumt im Bett liegt, in einer Umkleide einen neuen Bikini anprobiert
oder halbnackt nur in einem Handtuch bekleidet vor dem Spiegel steht.
Dazu erhält Vishnia Liebesbekundungen wie
Du weißt, ich will dich oder 50 Kusssmilies auf einmal.
Das alles fühlt sich für Vishnia fast zu schön an, um wahr zu sein, endlich wieder jemanden zu haben, der sich so sehr für einen interessiert.
Und dann dauert es auch nicht lange, da schreibt Susanne ihr zum ersten Mal, dass sie sie liebt.
Vishnias Herz hüpft, als sie das liest, denn auch sie fühlt, dass da mehr ist.
Nach zwei Monaten intensiven Schreibens fragt Vishnia Susanne, ob sie auch mal mit Video telefonieren wollen.
Susanne sagt, dass ihr Deutsch nicht gut genug ist, um zu telefonieren.
Schreiben ist okay, aber sprechen fällt ihr schwer, tippt sie.
Vishnia, der es mit der englischen Sprache ähnlich geht, kann ihre neue Freundin verstehen.
Es kommt trotzdem in nächster Zeit zu zwei kurzen Telefonaten, allerdings ohne Video.
Bei diesen Gesprächen unterhalten sich die beiden auf Englisch miteinander.
Dabei fällt Vishnia auf, dass Susannes Englisch auch nur gebrochen ist.
Das wundert sie ein wenig, hatte Susanne doch gesagt, sie sei in den USA aufgewachsen.
Aber Vishnia schiebt die leisen Zweifel beiseite.
Schließlich lebt sie ja auch schon sehr lange in Deutschland und kann auch kein perfektes Deutsch.
Außerdem ist die Hoffnung lauter als der Zweifel.
Denn Susanne spricht bereits von einer gemeinsamen Zukunft der beiden.
Und das ist genau das, was sich Vishnia so sehr wünscht.
Der Ort für das erste Treffen steht auch schon fest.
Liverpool.
Denn Susanne wird bald eine neue Ladung Oldtimer über den großen Teich schicken
und den alten Autos hinterher nach Europa reisen.
Vishnia kann es gar nicht abwarten.
Doch kurz bevor es losgehen soll, meldet sich Susanne mit einer schlechten Nachricht.
Es gibt Probleme bei dem Transport der Autos.
Alles wird teurer als gedacht und Susanne kann die Kosten nicht decken.
Sie fragt Vishnia, ob sie ihr vielleicht 5000 US-Dollar leihen könnte, um den Transport über die Bühne zu bringen.
Vishnia ist perplex.
5000 Dollar sind sehr viel Geld für sie.
Doch nachdem Susanne sie mehrmals darum bittet, knickt sie ein.
Ob sie das Geld via Western Union schicken könne, fragt Susanne.
Der Anbieter, bei dem man nicht mal ein Konto braucht, um Geld in die ganze Welt zu schicken, ist Vishnia aber zu unsicher.
Wenn, dann möchte sie die 5000 Dollar auf Susannes Konto überweisen.
Das geht aber nicht, erklärt Susanne.
Denn alles, was gerade auf ihrem privaten Konto eingeht, wird sofort gefendet, weil sie noch Schulden hat.
Vishnia könnte das Geld aber auf das Konto ihrer Anwältin schicken.
Damit ist Vishnia einverstanden.
Und so überweist sie am 14. Mai 5000 Dollar auf ein Konto einer gewissen Rebecca Williams.
Als Betreff schreibt Vishnia dazu, geliehen an Freundin.
Als sie Susanne dann ein paar Tage später fragt, ob das Geld angekommen ist, der Schock.
Das Geld ist nicht da.
Sofort ruft Vishnia bei ihrer Bank an, doch da kann man ihr nicht weiterhelfen.
Das Geld sei abgegangen, nun im Ausland und nicht mehr zurückzuholen.
Susanne schafft es trotzdem irgendwie, die Autos nach Liverpool zu verschicken und selbst hinterher zu fliegen.
Zumindest schreibt sie Vishnia, dass sie jetzt in England ist und ihr Treffen immer näher rückt.
Doch das Geld bräuchte sie trotzdem noch dringend, da der Verkauf der Autos sonst in Gefahr gerät.
Nochmal 5000, wie soll sie das machen, fragt sich Vishnia.
Die einzige Möglichkeit, die sie sieht, ist, ihren alten VW-Bus zu verkaufen.
Und das tut sie schließlich.
Bevor sie das Geld aber erneut sendet, spricht sie eine Bedingung aus.
Sie überweist nur an Susanne selbst.
Denn mittlerweile ist Vishnia misstrauisch geworden.
Sie möchte ihrer Freundin glauben, aber nachdem sie nun schon so viel Geld verloren hat, braucht sie diese Sicherheit.
Am Ende schickt sie einer Susanne Maria Gilgen via Moneygram, was ein ähnlicher Anbieter wie Western Union ist, 5000 Dollar nach England.
Diesmal wird das Geld abgeholt, darüber erhält Vishnia eine Nachricht.
Und kurz darauf folgen überschwängliche Danksagungen.
Du bist das Beste, was mir je passiert ist.
Und noch nie hat mir jemand so geholfen.
Susanne schreibt sogar von Seelenverwandtschaft und verspricht sich auf jeden Fall zu revanchieren und das Geld, wenn nötig, mit Zinsen zurückzuzahlen.
Doch es dauert nicht lange, da fragt Susanne wieder nach Geld.
Und zwar für die Miete der kleinen Ferienwohnung in England, in der sie jetzt für ein paar Wochen wohnen wird.
1400 Euro verlangt ihr Mieter für den ersten Monat.
Vishnia zögert und fordert erst einmal einen Screenshot von Susannes Flugticket, um sicherzugehen, dass sie auch wirklich geflogen ist.
Zwei Minuten später ist sie da, die Buchungsbestätigung von KLM, für einen Flug für Susanne Maria Gilgen von New York nach Liverpool am 24. Mai 2018.
Direkt danach schreibt Susanne
Oh, es ist schade, dass du mir nicht vertraust. Du brichst mir das Herz.
Aber Vishnia ist jetzt überzeugt und überweist 1400 Euro via Moneygram an einen gewissen Tim Black, der laut Susanne ihr neuer Vermieter ist.
Nachdem auch das Geld angekommen ist, schreibt Susanne, dass Vishnia jetzt ihre Flüge buchen soll und schickt gleich ihre Adresse mit.
Weil an Vishnia trotzdem immer noch leise Zweifel nagen, will sie, bevor sie die Reise antritt, erst einmal checken, ob Susanne wirklich in dieser Wohnung anzutreffen ist.
Dazu versendet Vishnia über den Blumenhandel, bei dem sie arbeitet, einen großen Strauß.
Ein paar Tage später schickt Susanne ein Foto davon und dazu die Nachricht, ich habe deine frischen Blumenbaby.
Vishnia ist erleichtert und freut sich jetzt auf den kommenden Urlaub in Großbritannien, bis zwei Tage später eine neue Bitte ihre Vorfreude trübt.
Die Autos stecken im Zoll fest, schreibt Susanne. Fast 4000 Euro bräuchte sie, um sie da rauszukriegen und verkaufen zu können.
Doch diesmal kann Vishnia nicht helfen, hat sie ihrer neuen Freundin doch schon ihr ganzes Vermögen überlassen.
Aber Susanne hört nicht auf zu bitten und schreibt, du wirst es von mir zurückbekommen, das verspreche ich dir.
Ich muss nur in der Lage sein, den Rest des Geldes aufzubringen, um die Autos zum Verkaufsplatz zu bringen.
Am Ende kann Vishnia durch ihren aufgenommenen Kredit das Geld doch noch bezahlen.
Fast 4000 Euro gehen diesmal via MoneyGram an eine Firma namens Koba Sun, die angeblich zum Zoll gehört.
Vishnia kommt das mit dem Geld mittlerweile mehr als komisch vor und das sagt sie auch Susanne.
Doch die versichert ihr ihre Liebe und dass sie ihr vertrauen könne.
Dein Herz ist das, was ich nicht verletzen möchte und alles wird gut, schreibt sie.
Daran will Vishnia glauben, aber als Susanne ihr, kurz bevor sie sich auf den Weg nach England machen will, erklärt,
dass sie jetzt kurzfristig wieder zurück in die USA muss, da es Probleme in der Firma gibt, läuft bei Vishnia das Fass über.
Als ihr klar wird, dass es nicht zum Treffen kommt und sie mehr als 15.000 Euro in die halbe Welt überwiesen hatte,
zerspringt ihr Herz in tausend Teile.
Der kleine Zweifel, der ihr von Anfang an ins Ohr geflüstert hatte, dass alles zu schön ist, um wahr zu sein,
gewinnt Überhand und Vishnia schreibt, jetzt weiß ich, dass du ein Fake bist.
Und in diesem Moment beginnt Vishnias Verwandlung von einer Frau mit rosa-roter Brille auf der Nase
zu einer Privatdetektivin, die alles dafür tun wird, die Person hinter Susanne Maria Gilgen ausfindig zu machen.
Jeden Tag nach der Arbeit setzt sie sich an ihren PC und sucht nach Hinweisen.
Ihre Trauer über die verlorene Liebe wandelt sie um in Durchhaltevermögen.
Irgendwann stößt sie in einer Facebook-Gruppe für homosexuelle Frauen auf ein Profil, das ihr sehr bekannt vorkommt.
Es sind dieselben Fotos, dieselben Informationen, nur der Name ist ein anderer.
Diesmal heißt die schöne Brünette Stephane Hood.
Mit Screenshots von diesem Profil und solchen ihrer Nachrichten von Susanne, den Überweisungen und Fotos
macht sich Vishnia Anfang Juli auf zur Polizei.
Doch die Reaktion des Beamten, dem sie ihre Geschichte erzählt, ist nicht die, auf die Vishnia gehofft hatte.
Anstatt Verständnis zu zeigen, fragt er sie, wieso eine, Zitat, junge, hübsche Frau auf so etwas hereinfallen könne.
Sie habe es doch gar nicht nötig, im Internet nach Partnerinnen zu suchen.
Vishnia fühlt sich nicht ernst genommen.
Trotzdem gibt sie all ihre ausgedruckten Beweise ab und erstattet Anzeige wegen Internetbetrugs.
Nur ein paar Tage später flattert ein Brief der Staatsanwaltschaft Ravensburg in Vishnias Briefkasten.
Eine kleine Hoffnung wird durch Enttäuschung abgelöst, denn das Schreiben ist kurz und knapp.
Das Ermittlungsverfahren wurde eingestellt, weil der Täter bisher nicht ermittelt werden konnte, steht dort.
Vishnia ist also auf sich allein gestellt.
Und so wächst die Idee, nach England zu fliegen und Susanne auf eigene Faust zu suchen.
Als sie im November genügend Geld beisammen hat, um sich Flugtickets zu kaufen, geht es los.
In England angekommen, macht sich Vishnia sofort auf den Weg zu der Adresse, an die sie die Blumen geschickt hatte.
Denn da hatte definitiv entweder Susanne, in Anführungszeichen, die Lieferung angenommen oder jemand, der zu ihr Kontakt hat.
Doch als sie schließlich vor der Tür des Hauses steht und sturm klingelt, macht ihr niemand auf.
Auch auf ihr Rufen nach Susanne reagiert keiner.
Als irgendwann ein Mann vor dem Gebäude erscheint, fragt Vishnia ihn, ob er die Frau von dem Foto kenne, das sie ihm vor die Nase hält.
Nein, antwortet der Mann. Er habe diese Frau noch nie in seinem Leben gesehen.
Enttäuscht fährt Vishnia mit dem Bus zurück nach London.
Auch dort versucht sie ihr Glück bei der Polizei, aber man erklärt ihr, dass sie erst einen Antrag in Deutschland stellen müsste, um hier Ermittlungen anregen zu können.
Unverrichteter Dinge verlässt Vishnia England also wieder.
In Deutschland angekommen, meldet sie sich bei der Staatsanwaltschaft wegen des Antrags.
Ein Rechtshilfeersuchen nach Großbritannien läuft schon, da es sich in derartigen Fällen erfahrungsgemäß um Fantasienamen handelt,
aller Wahrscheinlichkeit nach ins Leere.
Ist die schriftliche Antwort, die Vishnia ein paar Tage später erreicht.
Vishnia kriegt aber noch eine Nachricht, die sie wütend macht.
Auf diesem Kanal hatten sie bisher keinen Kontakt gehabt, aber Vishnia war aufgefallen, dass Susanne vor drei Tagen ihre Nummer und ihr Facebook-Profil gelöscht hatte,
nachdem sie ihr geschrieben hatte, dass sie nach England fliegen wird, um sie zu suchen.
Okay, wenn du mich so sehr liebst, dann zeig dich jetzt vor der Kamera, schreibt Vishnia trotzig zurück.
Darauf erstmal Funkstille.
Und dann geht die Kamera an und vor Vishnia sitzt eine junge schwarze Frau mit dunklen Augen und langen schwarzen Haaren.
Vishnia weiß nicht, wie sie reagieren soll und fängt an zu lachen.
Dann klappt sie den Laptop zu.
Das muss sie erstmal verkraften.
Wie passt das alles zusammen?
Susanne hatte ihr doch Fotos von sich geschickt und auf denen sah sie ganz anders aus als die Frau, die sich gerade für Susanne ausgegeben hatte.
Nachdem Vishnia den ersten Schock verdaut hat, schreibt sie der jungen Frau bei Hangouts, um herauszufinden, ob diese Person tatsächlich die ist, mit der sie die letzten Monate geschrieben hatte.
Ihr Gegenüber antwortet ihr, diesmal allerdings auf Englisch, dass sie in Nigeria wohnt und die Fotos für das Facebook-Profil von Susanne Maria Gilgen von einer Frau namens Alessia geklaut hatte.
Vishnia glaubt ihr nicht.
Welche Person macht solche intimen Fotos öffentlich zugänglich?
Sie hakt gezielt nach.
Was haben wir als letztes geschrieben?
Ich habe den Chat nicht mehr, kommt als Antwort.
Und was hast du geschrieben, wie du es mir besorgen willst?
Auf diese Frage schreibt die junge Frau etwas ganz anderes, als zuvor Susanne bei WhatsApp geschrieben hatte.
Schlau.
Vishnia ist sich sicher, dass es sich um eine andere Person handeln muss, die jetzt mit ihr schreibt und dass mehrere Menschen hinter dem Betrug stecken, dem sie aufgesessen ist.
Aber wer sind diese Leute?
Vishnia sieht sich noch einmal alle Fotos an, die Susanne ihr geschickt hatte, um Antworten zu finden.
An einem bleibt ihr Blick kleben.
Es ist ein Foto aus einem Krankenhausbett, auf welchem Susanne ein Klinik-Armband trägt, auf dem eigentlich ihr Name stehen müsste.
Doch mit bloßem Auge ist der nicht zu erkennen.
Vishnia ruft einen Freund an, der Fotograf ist.
Sie sendet ihm das Bild, das er mithilfe eines seiner Programme vergrößert.
Und tatsächlich kann er ihr schon kurze Zeit später einen Namen nennen.
Alessia Brikowski.
Alessia war auch der Name, den die junge schwarze Frau genannt hatte bezüglich der Fotos.
Vishnia war also auf der richtigen Spur.
Sie gibt den Namen bei Google ein und findet eine Frau mit genau diesem Namen, die allerdings nicht in New York, sondern in Wien lebt.
Wieder durchforstet Vishnia die Fotos, die sie geschickt bekommen hat und findet eins, das angeblich in einem Restaurant in England aufgenommen wurde.
Darauf zu sehen, eine Pizza und ein Almdudler.
Bingo.
Vishnia ist sich sicher, die richtige Alessia ausfindig gemacht zu haben.
In einem Online-Telefonbuch sucht sie nach der Adresse und findet nicht nur die, sondern auch eine Telefonnummer.
Am Wochenende darauf kann sie ihren Kumpel Alex überreden, mit ihr nach Wien zu fahren.
Als sie fast sieben Stunden später vor besagter Adresse stehen, öffnet ihnen aber niemand die Tür.
Da tippt Vishnia die Nummer aus dem Internet in ihr Handy.
Es tutet ein paar Mal, dann hebt tatsächlich jemand ab.
Es ist Susanne, die, mit der sie zweimal telefoniert hatte.
Das meint Vishnia an der Stimme und dem gebrochenen Deutsch zu erkennen.
Doch Alessia Brikowski gibt an, Vishnia nicht zu kennen und nicht zu wissen, was sie von ihr wolle.
Sie erklärt, dass jemand ihre Identität geklaut haben müsse und dass sie jetzt sofort zur Polizei gehe.
Vishnia fragt, zu welcher Polizei? Dann komme ich auch.
Eine halbe Stunde später sitzen beide Frauen und Alex zusammen auf der Wache.
Alessia erstattet Anzeige wegen Identitätsdiebstahls und Vishnia erzählt den BeamtInnen von dem Betrug.
Also die Vishy, die sitzt jetzt mit der Frau auf der Wache, von der sie jetzt wochenlang geglaubt hat, mit der eine Beziehung zu führen.
Ja, und sie glaubt aber immer noch, dass das auch wirklich die Person ist, die ihr geschrieben hat.
Nur mit einem anderen Namen.
Sie glaubt nicht, dass das ein Identitätsdiebstahl ist?
Genau.
Oder was?
Ja, das glaubt sie nicht, weil sie eben meint, dass sie die Stimme erkannt hat.
Ja.
Mhm.
Genau.
Seltsam.
Auch hier sagt man Vishy dasselbe wie in London.
Sie müsse in Deutschland einen Antrag stellen.
Weil Vishnia Alessia aber eben nicht wirklich glaubt, dass sie nichts mit dem Scam zu tun hat, fragt sie sie, ob sie zu dritt noch einen Kaffee trinken gehen wollen.
Alessia willicht ein.
Die ganze Zeit über tut Vishnia so, als würde sie Alessia abnehmen, nichts zu wissen.
Irgendwann fragt sie, kannst du dir vorstellen, dass irgendwer, den du kennst, deine Fotos geklaut hat?
Alessia überlegt.
Ihr würde nur ihre Freundin Elena einfallen, denn die sei mit einem Nigerianer namens Tim Black verheiratet und man wisse ja, dass in Nigeria viele Scammer unterwegs seien.
Zwei Namen, die Vishnias Kopf zum Schrillen bringen.
Denn beide hatte Susanne ihr gegenüber erwähnt.
Elena war ihre einzige Freundin, von der hatte sie sogar Fotos geschickt und Tim Black hieß doch der angebliche Vermieter aus England.
Vishnia ist baff.
Sie will mehr wissen und Alessia zeigt ihr Fotos von Elena und der Familie von Tim Black aus Nigeria.
Auf einem der Bilder glaubt Vishnia, die schwarze Frau aus dem Hangouts Call wiederzuerkennen.
Wer ist das? fragt sie und Alessia erklärt ihr, dass das Lisa, die Nichte von Tim Black sei.
In Vishnias Kopf fügt sich eine Theorie zusammen.
Sie glaubt, erst mit Alessia geschrieben zu haben, die mit Tim Black, Lisa und Elena unter einer Decke steckt.
Als Vishnia ihr auf die Spur gekommen ist, hat Lisa in Nigeria übernommen, um ihr weiszumachen, dass sie es war, mit der sie die ganze Zeit geschrieben hat, damit sie aufhört, nach ihr zu suchen.
Da man nicht damit rechne, dass Vishnia nach Afrika kommt.
Also ich weiß nicht. Ich weiß ja jetzt nicht, wie es ausgeht. Aber wäre das so schlau, der Vishy die Namen zu nennen, das würde die anderen ja erst recht verdächtig machen und sie dann auch auf eine Fährte führen.
Weil jetzt hat Vishy ja eine Spur und auch einen Kontaktpunkt zu Tim Black und Lisa hieß die, ne?
Und vorher waren das ja nur Namen, die sie einmal gehört hatte und von denen man auch gar nicht wusste, ob die dann nicht erfunden waren. Davon hätte sie ja ausgehen können.
Und in dem Moment, wo Vishy aber die Fotos sieht, weiß sie ja, dass die Personen echt sind und der Weg über diese Alessia zu denen führen muss.
Und wenn Alessia da wirklich mit drin stecken sollte, dann fände ich das irgendwie keinen schlauen Move.
Das habe ich mir auch gedacht. Aber dann auf der anderen Seite habe ich gedacht, wieso geht die überhaupt mit der Kaffee trinken?
Weil stell dir mal vor, du bist diese Person und irgendjemand random mäßiges findet dich wie so ein Stalker, weißt du?
Und dann gehst du auch noch mit der Kaffee trinken und die haben danach auch noch geschrieben und so. Auch sehr nett miteinander, ja.
Gut, aber wenn du wirklich das Opfer bist eines Identitätsdiebstahls, dann bist du natürlich auch erstmal wahrscheinlich emotional irgendwie aufgewühlt.
Und wenn es dann noch ein Opfer gibt, das auch damit betrogen wurde, dann kann ich mir schon vorstellen, dass man in so einer Zweisamkeit sich irgendwie kurz gegenseitig auffangen möchte.
Mit all diesen neuen Informationen im Gepäck fährt Vishy ja zurück nach Deutschland und sucht sich eine Anwältin, die die Hinweise an die Staatsanwaltschaft Ravensburg übergibt.
Doch elf Tage später wird Vishy ja mitgeteilt, dass ihre Informationen keine Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen enthalten.
Das finde ich ja doll. Da gibt's doch eine Spur.
Ja, also ich check's auch nicht, aber nach deren Ansicht ja offenbar nicht. Warum, haben sie aber auch nicht erklärt.
Daraufhin rät ihre Anwältin ihr, in Wien eine Anzeige gegen Alessia zu stellen.
Entgegen der Aussagen der lokalen Behörden sei dies nämlich auch ohne Antrag aus Deutschland möglich.
Und so fährt Vishy ja im Februar 2019 noch einmal in die österreichische Hauptstadt.
Doch schon drei Monate später gibt es auch von dort schlechte Nachrichten.
Die Anzeige gegen Alessia wurde fallen gelassen.
Ihr konnte nicht nachgewiesen werden, dass sie diejenige war, die das Geld von Vishy ja erhalten hat.
Doch Vishy ja gibt nicht auf. Sie recherchiert weiter zu der jungen Frau, die ihr bei Google Hangouts geschrieben hatte und von der sie jetzt sicher ist, dass sie Lisa heißt.
Mithilfe eines Bekannten aus Bregenz, der ebenfalls aus Nigeria kommt, schafft sie irgendwann Kontakt zu den nigerianischen Behörden aufzunehmen, die sich überraschend kooperativ zeigen.
Die Möglichkeit, nach Afrika zu reisen, um auch dort eine Anzeige zu stellen, wird immer realer.
Vishy ja, die mit der ganzen Situation deshalb langsam überfordert ist, meldet sich im Sommer 2019 schließlich bei Uschi Chorn von SOS Selbsthilfe Liebesbetrug.
Uschi war vor ein paar Jahren selbst Opfer eines Scammers geworden und hatte sich seitdem auf die Fahne geschrieben, anderen Betroffenen zu helfen.
Vishy ja hatte sie in einem RTL-Beitrag gesehen und ihr daraufhin geschrieben.
Als Uschi ihre Hilfe zusichert, fragt Vishy ja, ob sie sich auch vorstellen könnte, sie nach Nigeria zu begleiten.
Uschi, die selbst mehrere Jahre in Ghana gelebt und auch schon mal in Nigeria war, will Vishy ja bei der Aktion nicht alleine lassen und sagt zu.
In den nächsten Monaten müssen die zwei Frauen einige Hürden überspringen, bis sie schließlich alle Impfungen, Visa und das nötige Geld beisammen haben, um ihre Mission in die Tat umzusetzen.
Am 28. Dezember 2020 ist es endlich soweit.
Vishy ja und Uschi steigen in den Flieger Richtung Nigeria.
In Benin-Stadt angekommen, treffen sie im Hotel auf eine Polizistin mit dem Namen Joy, mit der sie vor ihrer Reise Kontakt hatten und die Lisa mithilfe von Facebook und Screenshots, die Vishy ja bei Hangouts gemacht hatte, hatte ausfindig machen können.
Also die, mit der sie dann auch das erste Mal den Videocall hatte.
Joy erklärt den beiden Frauen, dass sie am nächsten Tag alle zusammen zu dem Schönheitssalon fahren würden, in dem Lisa arbeitet, um sie zu konfrontieren.
Vishy ja und Uschi sind einverstanden.
Am nächsten Morgen holt Joy sie schon um 8 Uhr ab und fährt mit ihnen zur Polizeiwache.
Dort stehen noch zwei weitere Autos voller Beamtinnen in Zivil.
Gegen 10 Uhr fahren sie dann von dort aus im Konvoi los.
In dem Van, in dem Vishy ja und Uschi sitzen, werden sie von Joy, einer weiteren Polizistin und einem Fahrer begleitet.
Als sie schließlich vor einem kleinen Salon anhalten und die Polizistin in den Van verlassen, weist der Fahrer Vishy ja und Uschi an, ihren Kopf unten zu halten.
Erst als die Tür des Autos wieder aufgeht, darf sich Vishy ja wieder gerade hinsetzen.
Und vor ihr steht eine junge, schwarze Frau.
Do you know me? fragt Vishy ja sie.
Yes, Madam, antwortet die.
Für Vishy ja der Beweis, dass sie Lisa, die Frau aus dem Hangouts Call, vor sich haben.
Als nächstes geht's zur Polizeistation, in der Vishy ja die Anzeige stellt.
Danach wird Lisa von einem Beamten befragt, außerdem ihr Handy durchsucht.
Während dieser Vernehmung sitzen Vishy ja und Uschi im selben Raum.
Sie sehen, wie Lisa immer wieder anfängt zu weinen, nachdem der Polizist sie anbrüllt.
Und sie hören, wie Lisa am Ende zugibt, mitgemacht zu haben.
Sie habe Vishy ja unter falschem Namen geschrieben, aber von dem Geld habe sie nichts bekommen.
Das sei an Alessia und Elena gegangen.
Ah, also doch an die Frau, die vorher noch gesagt hat, dass man ihre Identität geklaut hätte.
Und an die angeblich beste Freundin von diesem Susanne-Scan.
Genau.
Vishy ja erklärt dem Polizisten, nachdem Lisa weggebracht wurde, dass sie diese Informationen unbedingt schriftlich brauche, um sie in Wien bei der Staatsanwaltschaft einzureichen.
Vishy ja wird versprochen, dass sie noch am Abend ein Protokoll ins Hotel geliefert bekommt.
Dort angekommen, fallen Vishy ja und Uschi geschafft ins Bett.
Der Tag war lang, anstrengend und nervenaufreibend.
Doch Vishy ja hat jetzt das Gefühl, endlich genug in der Hand zu haben, um auch die anderen Scammer ranzukriegen.
Da klingelt ihr Handy.
Eine unbekannte Nummer ruft an.
Ein Mann meldet sich und stellt sich als Lisas Onkel vor.
Tim Black.
Er sei nicht mehr mit Elena zusammen, habe Wien verlassen und jetzt eine neue Familie in Toronto.
Vishy ja, die mittlerweile dazugelernt hat, fordert den Mann, der Deutsch mit ihr spricht, auf, die Kamera anzumachen.
Uschi, die direkt neben Vishy ja sitzt, zückt ihr Handy und filmt alles mit.
Auf ihrem Display sieht Vishy ja einen schwarzen Mann, der sie mit verheulten Augen anstarrt und plötzlich anfängt zu flehen.
Vishy ja solle die Anzeige gegen seine Nichte Lisa zurücknehmen.
Er verspreche ihr auch, dass sie ihr ganzes Geld wiederkriegt und noch mehr für die ganzen Auslagen.
Dafür müsse er aber erst mit Alessia und Elena sprechen.
Doch das steht für Vishy ja nicht zur Debatte.
Sie lässt sich nicht wieder zu irgendetwas überreden und legt auf.
Nach fünf langen Tagen unter der Sonne Afrikas machen sich Vishy ja und Uschi schließlich auf die Heimreise ins kalte Deutschland.
Im Gepäck das Protokoll der Polizei.
Zurück zu Hause sucht sich Vishy ja einen Anwalt in Wien, der im Frühjahr 2021 erneut eine Strafanzeige gegen Alessia stellt,
diesmal inklusive aller Informationen aus Nigeria.
Doch bis heute, mehr als einem Jahr später, gibt es immer noch keine Anklage.
Normalerweise haben wir am Ende unserer Fälle ein Urteil, das die Geschichte abschließt.
Bei Scamming gibt es das leider selten.
Darüber ist Vishy ja maßlos enttäuscht.
Sie fühlt sich ein zweites Mal betrogen.
Von den Behörden in Deutschland, Österreich und England.
Das Geld hat sie schon lange abgeschrieben.
Ihr geht es darum, dass diese Leute nicht weiter betrügen können.
Nicht weiter mit den Gefühlen anderer Menschen spielen und sie ausnehmen.
Das ist Vishy ja am wichtigsten.
Und deshalb will sie weiterkämpfen.
Ihr nächstes Ziel ist, nach Toronto zu fliegen und dort Anzeige gegen Tim Black zu stellen.
Mithilfe eines Privatdetektivs hat sie bereits seine Adresse ausfindig machen können.
Denn sie will nicht aufgeben, bis die Menschen, die ihr das Herz gebrochen haben, vor Gericht stehen.
Okay, und bis heute weiß man nicht, ob Alessia, also die Frau, die auf den Fotos zu sehen war, da mit drin hängt.
Nee, das weiß man nicht.
Aber dieser Tim Black und die Lisa, die sie da in Nigeria überführt hat, die beschuldigen die ja, dass sie mit drin hängt.
Genau, aber also die österreichischen Behörden haben ja das Ermittlungsverfahren eingestellt.
Also sie haben sie ja offenbar, so sollte es zumindest sein, untersucht und geguckt, ob es da was zu finden gibt, irgendwelche Beweise.
Und sie haben es ja eingestellt.
Eingestellt heißt ja tatsächlich nicht, dass sie es nicht ist, sondern einfach nur, dass man keine Beweise vorbringen konnte, die dann eine Verurteilung wahrscheinlich machen.
Genau, und was ich eh mal erwähnen möchte, ist, dass ich jetzt ja dann eben auch nicht mit einem Urteil arbeiten konnte und nur Vizinas Seite der Geschichte habe.
Also ich habe vier Stunden mit ihr telefoniert und habe auch etliche Screenshots und Dokumente gesehen.
Ich habe noch mit Uschi telefoniert, aber wie gesagt, es hat eben noch kein Gericht irgendwie ein Urteil gesprochen.
Und deshalb habe ich jetzt auch andere Namen verwendet, als die, die Vision ja mir gegenüber genannt hat.
Ich musste so ein bisschen zucken, als du erzählt hast, dass dieser Scam zu der Vishi dann gesagt hat, hast du heute gegessen?
Weil ich neulich auf Instagram so ein Meme gesehen habe, wo so stand, we all want that, did you eat kinder love?
Was ich natürlich gar nicht verstanden habe, weil wenn ich eines nicht vergesse, dann ist es zu essen.
Aber ich weiß schon, was die meinen.
Also, dass wenn man sich das so wünscht, dass jemand auf einen aufpasst und einem Geborgenheit gibt und sich um einen sorgt und dann halt genau das ausgenutzt wird, weil es offenbar ja viele Menschen gibt, die sich danach sehen und das nicht haben.
Was ja auch schon eine Traurigkeit an sich ist.
Ansonsten wäre dieser Markt ja gar nicht so groß.
Und ansonsten hätten die Scammer auch gar nicht so viel Erfolg, wenn es nicht so viele Menschen geben würde, die sich einsam fühlen.
Und bei Vishi war das halt genau dieser Moment, nachdem sie halt betrogen wurde von einer Person, die ihr so nahe war.
Und dann halt jemand kommt, der sich so sehr für sie interessiert, weil es halt immer diese Fragen gab und diese Nachrichten.
Und ja, also sie hat mir dann auch am Telefon erzählt, dass es halt wirklich so toll war und dass sie so ein schönes Gefühl hatte in dieser Zeit.
Und ich habe auch ehrlich gesagt stark das Gefühl bekommen, dass sie nicht mit der Geschichte abschließen kann, wenn das nicht vor Gericht verhandelt wird.
Und da geht es wirklich schlecht.
Also sie hat mir erzählt, dass sie nicht mehr schlafen kann.
Sie hat auch angefangen zu weinen am Telefon.
Sie hat gesagt, ihr fällt es super schwer, jemanden Fremden in ihr Leben zu lassen.
Und kann sich gar nicht richtig vorstellen, dass sie irgendwann mal wieder eine ernsthafte Liebesbeziehung eingehen kann.
Also das ist hart.
Und ich denke, das ist auch das, was man immer im Hintergedanken behalten muss, dass das für die meisten Opfer ist dieser finanzielle Verlust gar nicht das Schlimmste,
sondern das, was du mit Geld gar nicht wieder gut machen könntest.
Ja, dass die einfach emotional gebrochen sind danach und auch von sich selber gar nicht glauben können, dass sie auf sowas reingefallen sind, in Anführungsstrichen.
Was ich bei Visi ja auch so, ich meine, die hatte ja schon so einen kleinen Verdacht und hat dann ja auch noch immer diese Nachweise gefordert.
Aber es sieht halt gerade nicht so aus, als ob es da wie in einem Ermittlungsverfahren irgendwie weitergeht.
Und deswegen, wir Visi ja das eben in die eigene Hand nehmen und hat mich gebeten, ihre GoFundMe-Page auch zu erwähnen.
Was ich auch bei der Recherche jetzt gemerkt habe, ist, dass es eben ja oft nicht dazu kommt, dass man diesen Abschluss findet.
Dass man irgendwie vor Gericht am Ende steht und die Person auch dafür zahlen muss sozusagen.
Und Visi möchte das halt ebenso gerne und sie hat mich darum gebeten, dass ich ihre Spendenseite bei GoFundMe erwähne.
Darüber versucht sie halt Geld zu sammeln, um sich und Uschi ein Flugticket nach Toronto zu kaufen.
Und den packe ich euch dann in die Shownotes.
Ja, das ist halt eben auch das Problem.
Ich hatte das in einem Spiegelartikel gelesen, dass so eine alte Scammer-Regel sein soll.
Fuck them hard because you can only fuck them once.
Und ja, viele bleiben ja auch einfach komplett mittelos zurück und können sich dann halt auch im Zweifel nicht leisten, eine Strafverfolgung voranzutreiben oder halt selbst zu recherchieren.
Der Betrug, den Virginia erlebt hat, ist tatsächlich so ein richtiges Paradebeispiel eigentlich für Love Scamming, wie man das von TäterInnen aus Westafrika kennt.
Bei denen handelt es sich in der Regel um junge Menschen aus Nigeria oder Ghana, die in kleineren Gruppen zusammenarbeiten.
Also die schließen sich dann entweder halt digital zusammen.
Teilweise gibt es aber auch so provisorische Büros, wo dann ein PC neben dem anderen steht, wie in so einem Callcenter,
von wo aus die dann, ja, im Schichtwechsel ihre Opfer suchen und voll Spam.
Und dabei gehen die eigentlich immer in einer ähnlichen Art und Weise vor.
Erstellen erstmal Profile auf kostenlosen Datingseiten oder eben bei Social Media, laden da Fotos hoch,
meist von irgendwelchen privaten Profilen von fremden Menschen oder aber auch von relativ unbekannten SchauspielerInnen oder PornodarstellerInnen,
weil die gibt es ja dann auch halbnackig.
Ja, und dann kann man ja auch immer noch ein bisschen weitergehen und über die Schiene dann auch noch versuchen, jemanden zu kriegen.
Ja, und die schreiben halt dann so verschiedene potenzielle Opfer an.
Und wenn sich dann jemand zurückmeldet, dann spulen die eine Art Drehbuch ab.
Im Internet habe ich so ein Dokument gefunden mit dem Titel Nigeria Scammers Playbook.
Und das sind 23 Seiten voller vorgefertigter Textbausteine, mit denen die dort arbeiten.
Das fängt dann an mit Ways of Saying Hi, wo dann eben ganz viele Möglichkeiten aufgelistet sind, wie man das Opfer anschreiben kann.
Dann, wie man sich selber vorstellen sollte.
Das sind dann so ganze Paragrafen fertig zu Biografien, wo drin steht, dass man schon drei ernsthafte Beziehungen hatte,
die dann auch so on detail beschrieben werden.
Also auch mit Namen und Alter und Beruf von den PartnerInnen, die man dann hatte.
Also und ist es denn so, ich stelle mir das so vor, die haben so ein Online-System.
Und wenn die sich für eine Geschichte entscheiden, von diesen Bausteinen, dann kriegen sie ein Kästchen an.
Und danach verschwinden in den darauffolgenden Kästchen die anderen Optionen, sodass man immer diese stringente Geschichte dann weitererzählt.
Das wäre auf jeden Fall sehr schlau, das so zu machen.
Ich glaube, so technisch sind die da noch nicht so weit.
Zumindest stehen da eben ganz viele verschiedene Vorstellungen, wie man sich eben da zu geben hat.
Okay, dann habe ich das jetzt gerade erfunden.
Und das Geld, was die Scammer dann zahlen für meine Erfindung, das stecken wir dann in die Strafverfolgung.
Okay.
Was ich aber besonders witzig noch in diesem Playbook fand, war, dass da auch unter anderem ein Sextraum ganz genau beschrieben wird,
den dann eben der Scammer hat von dem Opfer oder mit dem Opfer zusammen sozusagen.
Also nur so grob?
Ja, halt, was so in dem Traum halt passiert ist, wo man sich so angefasst hat und was dann so passiert ist.
Und da gab es halt auch noch andere interessante Sachen, zum Beispiel Ausreden, warum man nicht telefonieren kann.
Da gab es dann auch eben verschiedene Möglichkeiten.
Auf jeden Fall stellen sich die afrikanischen Scammer in der Regel als US-AmerikanerInnen oder BritInnen vor, immer aber als Weiße.
Bei Männern sind die vom Beruf oft Ingenieure, Architekten oder eben Soldaten.
Bei Frauen, ÄrztInnen oder Geschäftsfrauen aller Art, wie es ja auch Susanne mit ihrem Oldtimer-Handel da war.
In jedem Fall ist die Person erfolgreich in dem, was sie tut und meistens wurde sie in ihrer letzten Beziehung betrogen.
Nachdem dann so ein bisschen hin und her geschrieben wurde, versuchen die Scammer dann so schnell wie möglich eigentlich immer die Plattform zu wechseln.
Also zum Beispiel auf WhatsApp, weil Profile bei Social Media eben einfacher vom Anbieter gelöscht werden können.
Und weil sie ja dann auch noch mehr Daten über dich haben.
Also wenn sie die Telefonnummer haben und dich anrufen können und terrorisieren können im Zweifel.
Das ist ja schon ein Unterschied, ob dir jemand auf einer Plattform wie, weiß nicht, Instagram nachts schreibt und sagt, der will irgendwas von dir oder auf WhatsApp.
Genau und so können die halt über die verschiedenen Plattformen und Kanäle richtig viel schreiben und so eine richtige emotionale Beziehung aufbauen.
So wie das bei Vision ja dann eben auch geklappt hat.
Und dann verlässt die Person in der Regel das Land und meistens geht es dann nicht nach Europa, sondern nach Westafrika.
Entweder geschäftlich oder privat.
Nach diesem Ortswechsel passiert dann oft irgendwas Schlimmes, wie ein Unfall oder dass die Pässe geklaut wurden oder dass man irgendwie unschuldig in Haft kommt.
Das passiert halt in Afrika, weil das erstens glaubhafter ist, weil es zu den Vorurteilen der EuropäerInnen passt und zweitens, weil es die Opfer davon abhält, auf eigene Faust nach den Personen zu suchen.
Und die Summen, nach denen gefragt wird, die sind am Anfang noch relativ niedrig, also zum Beispiel für ein Handy, damit man halt weiter in Kontakt bleiben kann oder ein Flugticket, um die Person auch zu sich zu holen.
Wenn die Scammer aber merken, dass da eine gewisse Zahlungsbereitschaft besteht, dann fragen die natürlich nach größeren Summen, zum Beispiel für die Bezahlung eines Krankenhausaufenthalts.
Und das Geld wird dann wie bei Vichy am liebsten via Western Union oder halt MoneyGram geschickt.
Also über solche Anbieter, wo man halt wirklich hingeht, das Geld bar hinlegt und im anderen Land, wo man es halt eben hinschickt, jemand einfach kommen kann und sich das auszahlen lassen kann.
Und man muss da eigentlich einen Ausweis vorzeigen, wenn man es abholt.
Aber wie genau schauen die dann dahin, ist halt auch eben die Frage.
Und mittlerweile haben auch viele Scammer schon Bankkonten in anderen Ländern, was das natürlich alles glaubwürdiger macht.
Und bei Vichys Scammern ist ja offenbar auch ein Konto in den USA vorhanden.
Dann auch noch auf einem ganz anderen Namen und zwar von dieser Anwältin Rebecca Williams.
Und oft treten dann halt im Laufe des Scams noch weitere Menschen auf, die die Geschichte bestätigen, halt wie ein Anwalt oder eine Ärztin.
Und das ist dann entweder der gleiche Scammer oder ein Kollege aus derselben Gruppe.
Und angeführt werden diese Banden oft von Männern, die halt schon länger im Business sind und andere anlernen.
Und da gibt es nämlich dann so richtige Love-Scamming-Schulen in Nigeria.
Und auch ExpertInnen für alles Mögliche.
Also zum Beispiel für Photoshop, die dann halt besonders gut sind, andere Menschen in Krankenhausbetten zu legen oder so.
Oder diejenigen, die besonders gut Pässe fälschen können.
Aber es ist halt auch so, dass die sich jetzt zum Beispiel auch so Sprachverzerrungs-Apps holen.
Und dann kann halt irgendwie auf einmal ein Mann wie eine Frau am Telefon klingen.
Oder halt sogar mit Deepfakes arbeiten, wodurch dann sogar auch Video-Anrufe möglich sind.
Und da habe ich jetzt gerade auf Instagram gestern ein Video von unserem Experten, den wir hier nachher noch in der Folge hören werden, Thomas Gabriel Rüdiger gesehen.
Und der hat ein Video gepostet von einer Frau.
Und ich dachte erst so, also ich habe es einfach so ratlos kurz angestarrt, weil ich dachte, okay, was soll mir dieses Video jetzt zeigen?
Und dann veränderte sich dieses Video zurück und er war diese Frau.
Und er hat einmal gezeigt, wie er aussehen würde als Frau.
Was halt dann, weiß ich nicht, also eine 40-Jährige ist.
Und dann hat er gezeigt, wie er mit dieser App diese Frau auch noch jünger macht.
Und es war halt wirklich so, ja, das wird sie jetzt nicht unbedingt erkennen.
Also vor allem nicht er als Frau in seinem Alter.
Das hast du wirklich gedacht, das ist eine normale Person.
Ich finde es total beeindruckend, dass Wischi und auch noch andere Betroffene das schaffen, diese Wut und diesen Hass, den die ja auch entwickeln, dann umzuwandeln und das dann als Energie nutzen, um diese TäterInnen zu verfolgen.
Ja, das fand ich auch richtig krass.
Und das sieht man so auch bei meinem Fall, für den ich übrigens mit einer Person gesprochen habe und die hört ihr gleich relativ am Anfang an.
Jetzt hatte sie sich extra ihre Haare geglättet und gerade dann fängt es an zu regnen.
Ganz toll.
Hannah ist auf dem Weg in Switz-Carlton am Potsdamer Platz in Berlin für ein Date mit einem Typen, den sie auf Tinder gematcht hatte.
Aufmerksam war sie auf Simon wegen seines Profils geworden.
Das war nämlich so ganz anders als alles, was sie bisher gesehen hatte.
Das sah alles so surreal aus.
Also ein Mann auf einem Rollfeld, ein Mann in irgendeinem teuren Auto mit irgendwelchen Frauen.
Also irgendwie einfach so nicht greifbar, nicht realistisch.
So was sieht man nicht auf Tinder.
Und ich war einfach nur neugierig.
Simon hatte sie schon recht kurz, nachdem sie das erste Mal geschrieben hatten, angerufen und dann oft Bilder und Standorte von sich verschickt.
Ungefragt.
Das fand sie ein bisschen seltsam.
Einen Monat haben die beiden online Kontakt, als Hannah Silvester ins Jahr 2018 mit ihren Freundinnen in Amsterdam feiert und plötzlich eine Nachricht von Simon kommt.
Und er hat dann geschrieben so, ja, willst du nicht mit deinen Freunden nach Wien kommen?
Ich fahre ja hier, komm, ich schicke dir ein Privatjet und dann lernen wir uns hier kennen.
Und das fand ich, also erstens wahnsinnig deplatziert, weil ich habe mich gefühlt wie so ein Stück Ware, was irgendwie von A nach B geschifft wird.
Und ich hatte natürlich auch Sicherheitsbedenken.
Und dann habe ich das erst mal abgelehnt und meinte dann so, na gut, wenn du irgendwann in Berlin bist, sag Bescheid, vielleicht können wir uns dann treffen.
Und genau das hatte er jetzt gemacht.
Zusammen mit einem Bodyguard und einem Geschäftspartner steht er vor ihr.
Braune Haare, dunkler Teint und generell ziemlich auffällig.
Und ich weiß noch, wie ich mir dachte, Mann hat der einen extravaganten Kleidungsstil.
Irgendwie so eine Mischung, die ich niemals so kombinieren würde.
Irgendwie knallrot mit blau.
Bunt irgendwie.
Und er hatte auch seine Brille, hatte getönte Gläser.
Das war irgendwie alles ein sehr schräges Erscheinungsbild.
Und der ist ganz schön klein.
Kleiner als ich mir gedacht habe.
Ich dachte, der ist irgendwie so 1,85 oder so.
Nee, ist er nicht.
Ich würde sagen, war so 1,68, 65.
Hannah ist also einen Kopf größer als ihr Date.
Die beiden nehmen Drinks in einem Vorzimmer vom Hotelrestaurant zu sich.
Simon erzählt viel von seiner Arbeit.
Sein Geschäftspartner sei ein Erbe des Modehauses Guess.
Er selbst mache in Diamanten.
Sehr erfolgreich, wie er immer wieder durchblicken lässt.
Das Gespräch läuft nicht gut.
Hannah fühlt sich zunehmend unwohl.
Also es war nicht so ein Day, wo man sich so dachte, boah, ich möchte so unglaublich viel Zeit mit diesen Menschen verbringen.
Also das war irgendwie sehr schleppend.
Er hat sehr viel von sich erzählt.
Ja, sehr selbstzentriert, wenig Rückfragen und hat mir Videos gezeigt aus seiner Wohnung, aus seinem Loft, irgendwie in Tel Aviv, wo er lebt, um seine Sicherheitskameras.
Weil er hat ja so Angst um seine Sicherheit.
Und was ist mir noch aufgefallen?
Er hat mir seine App gezeigt, wie er Privatjets bucht.
Interessant.
Ja, und ich weiß auch, ich habe ja nicht danach gefragt.
Also das ist so das Letzte, was ich machen würde.
Irgendwie mich hinsetzen und sagen, sag mal, suche Simon so unter uns.
Wie läuft denn das mit den Privatjets?
So definitiv nicht.
Als sich der Abend schon langsam dem Ende neigt und Hannah gehen will, überredet Simon sie noch auf eine Zigarre in der Lounge.
Und da wird er plötzlich ganz anders, geht total auf Angriff und macht Hannah Komplimente, die sie ganz seltsam findet.
Dann diese ganzen Komplimente, so am Ende des Abends, das war einfach alles eigenartig.
Und dann wusste ich, okay, das will ich irgendwie alles nicht, das ist mir suspekt.
Und dann hat er irgendwie auch irgendwann so seine Hand auf meinen Oberschenkel gelegt und war so, ja, willst du nicht irgendwie hier die Nacht verbringen mit mir?
Ich hatte nicht das Verlangen, das irgendwas zu erwidern oder irgendwie einen Schritt auf ihn zuzugehen oder zu flirten, weil das entwickelt sich nicht in diese Richtung.
Und ich glaube auch, das war so ein bisschen auch sein Problem mit mir an der Stelle, dass ich nicht auf das angesprungen bin, was er mir gezeigt hat.
Also dieses Glanz und Prunk und dieses Jetten, das hat mir einfach alles nichts gegeben.
Und ich fand auch seine Flirtversuche nicht anziehend.
Hannah hatte Simon vorher am Abend erzählt, dass sie mit ihrer aktuellen Jobsituation unglücklich sei.
Bevor sie sich verabschiedet, fordert er sie noch auf, ihm ihren Lebenslauf zuzusenden.
Er kenne Gott und die Welt und würde ihr da weiterhelfen.
Hannah bedankt sich und verlässt das Witz-Carlton.
Dass sie nicht sonderlich empfänglich für Protzereien ist und ihr diese Art von Komplimenten nicht schmeichelt,
wird sie am Ende vor einem großen Desaster bewahrt haben.
Aber das weiß sie jetzt noch nicht.
Januar 2018, London, Four Seasons.
Cecilia ist aufgeregt.
Es ist ein Sonntagmorgen und sie ist ein bisschen zu früh dran.
Erst gestern hatte die 29-jährige gebürtige Norwegerin nach rechts geswiped und ihr heutiges Date gematcht.
Simons Tinder und sein Insta-Profil hatten ihr gleich gefallen.
Privatjets, schnelle Autos, Partys in fernen Ländern, maßgeschneiderte Anzüge.
Der 28-Jährige lebt offenbar auf der sonnigen Seite des Lebens.
Nach 1024 Matches und 7 Jahren Tinder-Erfahrung hat sie die Hoffnung auf Mr. Right noch nicht aufgegeben und letztendlich hatte sie das auch hierher geführt.
Das und dass sie in London eh noch nicht so viele Leute kennt.
Sie ist gerade erst hierher gezogen.
Dass dieses Kaffee-Date in so einer noblen Umgebung stattfindet, macht sie ein wenig nervöser als sonst.
Und das wird auch nicht besser, als Simon plötzlich vor ihr steht.
Er sieht wirklich genau so aus wie auf den Bildern.
Und hat dazu noch eine wahnsinnige Anziehungskraft.
Dieser Mann ist nicht wie viele andere, denkt Cecilia.
Endlich mal ein Date, für das sich der Weg auch wirklich gelohnt hat.
Es funkt sofort.
Von der ersten Sekunde fühlt sich das gar nicht wie ein Date mit einem Fremden an, sondern wie mit jemandem, den sie schon ewig kennt.
Die beiden reden über Gott und die Welt.
Simon erzählt, dass er der Sohn vom sogenannten Diamantenkönig Lev Lev Vyfe sei.
Die Lev Vyfe-Familie ist eine der reichsten in Israel und ist im Besitz von etlichen Diamantenminen und handelt auch mit den Edelsteinen.
Ganz neu ist das Cecilia nicht.
Als Tinder-Expertin hatte sie ihr Date natürlich vorher gegoogelt und so auch erfahren, dass Simons CEO der Firma LLD Diamonds ist.
Simon erzählt außerdem von seiner zweijährigen Tochter, die ihn gerade mit seiner Ex-Partnerin in London besucht.
Seine Geschäfte treiben ihn rund um die Welt.
Und so hat er zumindest die Möglichkeit, sein Kind mal zu sehen.
Heute geht es schon gleich weiter nach Sofia, Begarien.
Cecilia hatte sowas schon vermutet.
Weil sie sich sicher war, dass dieses Date nicht lang andauern würde, hatte sie ihren Laptop gleich mitgenommen, um danach ihre Masterarbeit weiterschreiben zu können.
Doch Simon hat nicht vor, das Date zu beenden und fragt, ob sie nicht mitkommen will.
Sie würden in seinem Privatjet fliegen.
Die Frage muss Cecilia erst mal sacken lassen.
Die ganze Zeit schon hatte sie sich bemüht, cool zu bleiben, aber jetzt meint sie ein wenig die Beherrschung über ihre Gesichtszüge zu verlieren.
Damit hatte sie überhaupt nicht gerechnet.
Aber wie oft bekommt man so eine Chance?
Es wäre doch irgendwie doof, diese nicht zu nutzen.
Außerdem mag sie Simon und will nicht, dass das Date schon zu Ende ist.
Also stimmt sie zu.
Ein Rolls Royce mit Chauffeur fährt sie noch kurz nach Hause, damit sie ein paar Sachen packen kann.
Danach geht es weiter zum Militärflughafen.
Cecilia kann nicht fassen, dass ihr das gerade passiert.
Ihr ganzes Leben hatte sie schon von einem Märchenprinzen geträumt, der sie mit in eine andere Welt nimmt.
Und jetzt entführt sie tatsächlich einen Diamantentrins in einem Privatjet nach Sofia, während Champagner und Kaviar serviert werden.
Neben Cecilia und Simon sitzen in den gemütlichen, cremefarbenen Ledersesseln noch Simons Geschäftspartner Avishai,
Sein Bodyguard Peter, der alleine schon wegen seines zwei Meter großen Äußeren die richtige Besetzung für diesen Job zu sein scheint,
eine Assistentin und Simons Ex-Freundin mit der gemeinsamen Tochter.
Wie weird ist das denn bitte, dass da die Ex und die Tochter dabei sind?
Also das ist doch für alle Anwesenden müsste das doch eigentlich strange sein.
Ja, Cecilia findet das erst auch strange, aber sie sieht darin auch ein bisschen eine Chance,
weil sie halt denkt, okay, dann kann ich halt die Ex-Freundin so ein bisschen ausfragen über Simon.
Okay.
Und die schwärmt in den höchsten Tönen von ihm, dass er sie und ihre gemeinsame Tochter unterstützen würde, ein guter Mensch sei.
Wenn selbst die Ex das über Simon sagt, muss er wirklich toll sein.
Übernachtet wird in einem prunkvollen Hotel.
Als Simon und Cecilia alleine im Aufzug sind, nutzt er die Gelegenheit, zieht sie zu sich heran und küsst sie.
Es ist ein leidenschaftlicher Kuss, dem sich Cecilia ganz hingibt.
Die beiden verbringen auch die Nacht zusammen, liegen sich in den Armen und machen sich verletzlich.
Simon erzählt Cecilia auch von den Schattenseiten, die sein Business mit sich bringt.
Er scheint schon sehr viel Vertrauen zu ihr gefunden zu haben, denkt Cecilia.
Und dann schläft sie nach einem traumhaften Tag ein.
Am nächsten Tag klopft die Realität an die Tür.
Simons Handy klingelt ununterbrochen.
Das Geschäft ruft.
Es sei besser, wenn Cecilia zurück nach London fliegen würde.
Es ist ein bisschen, als hätte jemand gerade dann, als das Märchen Fahrt aufnimmt, auf Pause gedrückt.
Nach gestern hatte Cecilia mehr gewollt und ist jetzt enttäuscht.
Zurück im verregneten London treibt sie die Sorge um, dass er sich jetzt nicht mehr melden wird.
Dass es doch nur was Einmaliges war.
Doch dann eine Nachricht von Simon, die ihre Sorgen verschwinden lässt.
Er vermisse sie schon.
Cecilia ist überglücklich.
Sie hatte sich also nicht in ihm getäuscht.
In den darauffolgenden Tagen meldet sich Simon oft.
Immer, wenn es die Geschäfte zulassen, sendet er ihr Herzen, überhäuft sie mit Komplimenten,
schickt ihr seine Standorte, Fotos und Videos, sagt ihr, dass er sie gerne wieder in seine Arme schließen möchte.
Zu ihrem 30. Geburtstag sendet er ihr 100 rote Rosen.
Das alles weckt bei Cecilia das Bedürfnis nach mehr.
Dass die beiden so oft telefonieren und FaceTime hilft ihr ein wenig darüber hinweg, dass sie sich physisch nicht so häufig sehen können.
Und wenn sie sich sehen, dann nie für lange.
Manchmal, wenn Cecilia bei Simon in Amsterdam ist, dann ruft natürlich auch dort die Arbeit.
Cecilia hört dann durch die Tür, wie Simon und sein Geschäftspartner Avishai auf Englisch und Hebräisch irgendwelche Deals diskutieren.
Wenig später sitzt Simon schon wieder im Flieger irgendwo hin.
Einmal allerdings, als Cecilia für ein Seminar nach Oslo geschickt wird, sendet er ihr unvermittelt seinen Standort zu.
Überraschung, er ist nur ein paar Kilometer entfernt und nur gekommen, um sie zu sehen.
Cecilia fühlt sich so besonders mit ihm.
Doch ganz ohne Hintergedanken ist Simon nicht nach Oslo gekommen.
Er möchte Nägel mit Köpfen machen und fragt sie, ob sie offiziell mit ihm zusammen sein will.
Natürlich will sie.
Genau davon hatte sie die ganze Zeit geträumt.
Er könne sich eine Zukunft mit ihr vorstellen.
Er möchte Kinder mit ihr, sagt er.
Das geht runter wie Öl.
Cecilia ist es egal, dass sie sich erst seit zwei Monaten daten.
Wichtig ist, wie es sich anfühlt.
Wenn du es weißt, dann weißt du es.
Um ein festes Fundament für ein Zusammenleben zu schaffen,
schlägt Simon vor, schon bald gemeinsam ein Apartment in London zu beziehen.
Cecilia solle sich auf die Suche nach einem machen und stellt ihr dafür einen Rahmen von 15.000 Euro im Monat zur Verfügung.
Während Simon also weiter um die Welt jettet, tingelt Cecilia von Besichtigung zu Besichtigung.
Es ist kurz vor drei Uhr nachts im April, als sich Cecilias Handy bemerkbar macht.
Es ist Simon.
Cecilia öffnet WhatsApp und bekommt ein Video angezeigt.
Darauf zu sehen ist Simon zusammen mit seinem Bodyguard Peter.
Die beiden sitzen in einem Krankenwagen und Peter rinnt Blut über seine kurzgeschorenen Haare.
Simon schreibt, dass Peter verletzt wurde.
Cecilia kann das nicht einordnen.
Was ist passiert?
Auf dem Video sieht es so aus, als sei Peter irgendwie orientierungslos.
Er wird von einer Frau, offenbar eine Rettungssanitäterin oder Notärztin, nach seinem Namen befragt.
Simon erzählt, dass sie es eigentlich auf ihn abgesehen hatten und Peter ihn zum Glück schützen konnte.
Simon hatte Cecilia schon vorher erzählt, dass sein Beruf auch zwielichtige Menschen anziehen würde.
Dass gerade, wenn große Deals anstünden, er oft von Widersachern bedroht wird.
Einmal habe er bereits leere Patronenhülsen und ein Grabgesteck zugeschickt bekommen.
Die Fotos hatte er Cecilia gezeigt.
Damals sagte er Cecilia, dass sie all dies wissen sollte, bevor sie sich auf die Beziehung mit ihm einlasse.
Natürlich hatte Cecilia ihm gesagt, dass sie auch in schwierigen Momenten an seiner Seite stehen würde.
Zu dieser Zeit wusste sie noch nicht, dass die Bedrohung schon bald so konkret sein würde.
Gerade, so hatte es Simon erzählt, stünde er vor dem Abschluss so eines großen Deals.
70 Millionen Dollar.
Und der hatte offenbar seine Feinde auf den Plan gerufen.
Simon sagt Cecilia, sie solle wieder schlafen gehen.
Es werde schon bald gut werden, verspricht er.
Gegen Mittag am nächsten Morgen sendet Simon eine Sprachnachricht.
Er klingt besorgt.
Es gibt ein Problem.
Weil seine Feinde offenbar seinen Aufenthaltsort anhand seiner Kreditkartenabrechnung nachvollziehen können,
habe ihm sein Sicherheitsteam verboten, seine Karte weiterhin zu benutzen.
Die brauche er aber, um weiter arbeiten zu können.
Sie würde ihm wirklich einen Riesengefallen tun, wenn er ihre Karte für eine Zeit lang benutzen könne.
In nächster Zeit nutzt Simon also Cecilias Kreditkarte und überzieht die innerhalb von wenigen Tagen bis zum Limit.
Da sie kurzfristig keine Lösung für das Problem finden können, bittet Simon Cecilia, 25.000 Euro in Bar nach Amsterdam zu bringen.
Es sei wichtig.
Der Deal, vor dem er stünde, dürfe jetzt nicht platzen.
Nur hat Cecilia gar nicht so viel Geld.
Aber Simon ist es ernst.
Er brauche das Geld jetzt sofort.
Also nimmt Cecilia einen Kredit auf, hebt das Geld in Bar ab und bringt es Simon nach Amsterdam.
Nach den letzten Tagen, in denen Cecilia ständig Sorge um ihren Freund hatte, tut es ihr gut, dass er sie jetzt endlich in die Arme nimmt.
Da ist sie wieder.
Die Sicherheit, die sie gerade jetzt so braucht.
Denn auch sie hat mittlerweile Angst.
Simon rät ihr, ihr Instagram-Profil auf Privat zu stellen.
Nicht, dass seine Feinde noch über sie an seinen Aufenthaltsort kommen.
Später am Abend klingelt das Handy.
Es ist Peter.
Simon schaltet auf Lautsprecher.
Es gäbe ein Sicherheitsproblem.
Simon müsse Amsterdam sofort verlassen.
Er müsse jetzt zum Flughafen und dürfe nicht erfahren, wo sein Security-Team ihn hinbringe.
Cecilia versucht, Simons Gesicht zu lesen.
Sorge, Anspannung, Angst erkennt sie dort.
Die Situation setzt ihm offenbar schwer zu.
Die gemeinsame Zeit findet also wieder ein abruptes Ende.
Und Cecilia bleibt verängstigt zurück.
Die 25.000 Euro sind schnell aufgebraucht.
Damit Cecilia ihr Kreditlimit weiter erhöhen kann, stellt Simon ihr einen Gehaltsnachweis von LLD Diamonds aus,
der ihr bescheinigt, dass sie 95.000 Euro im Monat verdient.
Cecilia fühlt sich mit der ganzen Sache nicht wohl.
Um sie zu beruhigen, sendet Simon ihr außerdem einen Nachweis darüber, dass sich 250.000 Euro auf dem Weg zu ihrem Konto befinden.
Das ist weit über dem Betrag, den Cecilia sich von der Bank geliehen hatte.
Tatsächlich beruhigt sie das.
Doch das wird es nicht.
Nachdem Simon wegen Sicherheitsbedenken seines Security-Teams eine gemeinsame Reise nach Oslo absagt,
auf der er Cecilias Familie kennenlernen sollte, ist sie bitter enttäuscht.
Wenn erst der Deal abgeschlossen ist, ist alles vorbei, entschuldigt sich Simon und bittet erneut um Geld.
Die 250.000 Euro sind bisher nicht bei Cecilia eingetroffen.
Die Bank soll LLD Diamonds anrufen, die werden bestätigen, dass das Geld auf dem Weg ist, sagt Simon dann immer.
Tatsächlich erzählt eine Mitarbeiterin der Bank Cecilia, dass so hohe Summen nicht eingelöst werden können.
Also verzögert sich das Ganze.
Doch diese Zeit hat Simon nicht.
Cecilia nimmt also noch einen Kredit auf und noch einen und noch einen,
damit Simon für sich und sein Team weiter Flüge, Hotels und Sicherheitsmaßnahmen bezahlen kann.
Wenn sie Einwände hat oder Ängste äußert, macht Simon ihr ein schlechtes Gewissen,
indem er ihr sagt, dass er seine Sicherheitsleute nicht bezahlen könne, wenn sie ihm nicht helfe.
Das zieht bei Cecilia.
Auf keinen Fall will sie dafür verantwortlich sein, dass Simon etwas passiert.
Außerdem will sie ihn nicht noch mehr belasten.
Sie sieht, wie die ganze Situation sich auf ihn auswirkt.
Wenn das Geld nicht rechtzeitig kommt, wird er ungeduldig, ruft sie etliche Male an.
Als ob er nicht mehr ganz bei sich wäre.
Als Cecilia das nächste Mal nach Amsterdam kommt, übergibt Simon ihr einen neuen Scheck.
Diesmal im Wert von 500.000 Euro.
Aber irgendwas ist anders.
Simon ist irgendwie kalt, als wäre zwischen den beiden etwas zerbrochen.
Ihr süßer, lieber Freund hat sich in einen distanzierten Eisklotz verwandelt.
Zurück in London will Cecilia mit dem neuen Scheck das große Loch in ihrem Konto stopfen.
Bisher hatte sie bei neun verschiedenen Kreditinstituten über 250.000 Euro aufgenommen.
Doch der Scheck geht wieder nicht durch.
Panisch ruft Cecilia bei ihrer Bank an.
Wir werden ihn nicht einlösen, sagt die Frau, aber nicht wieso.
Cecilia bekommt keine Luft mehr.
Es ist, als würde ihr jemand die Kehle zuschnüren.
Simon gibt sich am Telefon ahnungslos.
Er habe das Geld gesendet.
Die Bank solle einfach bei LLD Diamonds anrufen.
Dabei klingt er, als wäre er irgendein Fremder.
Als hätte er gar nichts mehr damit zu tun.
Dann legen die beiden auf.
Cecilia weiß nicht, was sie jetzt machen soll.
Sie hat so viele Gläubiger und die Bank noch dazu wegen ihres Jobs belogen.
Sie steckt ganz tief in der Scheiße.
Also ruft sie die Bank wieder an und vereinbart einen Termin, bei dem sie alles gestehen will.
Zwei Tage später sitzen zwei Mitarbeiter von American Express vor ihr, denen sie die ganze Wahrheit unterbreitet.
Sie erzählt von ihrem Freund, von den Drohungen und von den Schecks, die nicht durchgehen.
Ob sie mal ein Foto von ihrem Freund zeigen könne, fragt einer der Männer.
Cecilia, etwas verwirrt, klickt kurz auf ihrem Handy rum und zeigt ihnen Simon.
Nach einem kurzen Blick darauf sind sich die beiden Männer einig, dass das der Kerl sei.
Simon, so sagen sie, sei bei ihnen schon als professioneller Hochstapler bekannt,
der seinen Lebensunterhalt damit verdiene, Frauen hinters Licht zu führen.
Er sei kein Millionär, kein Sohn der Levi-Familie und nichts an ihm sei echt.
Er heiße zwar mittlerweile wirklich Simon Levi, das sei aber nur eine seiner Identitäten.
Alles, was Cecilia dachte zu lieben, existiert also gar nicht.
Von der einen auf die andere Sekunde hatte sich ihr Märchenprinz in den Bösewicht verwandelt
und mit 250.000 Euro Schulden auf dem Konto war kein Happy End in Sicht.
Er würde ihr das Geld niemals zurückzahlen.
Cecilia steht vor den Scherben ihrer Existenz,
neben der in tausend Einzelteile ihr zerbrochenes Herz liegt.
Wann kriege ich das Geld?
schreibt Cecilia ein paar Tage später aus ihrem Elternhaus in Oslo.
Ich arbeite daran, lügt er.
Danach blockiert Cecilia ihn.
Doch das lässt sich Simon nicht gefallen.
Das Telefon von Cecilias Mutter klingelt.
Statt Cecilia antwortet der Anrufbeantworter.
Wieder ist Simons Stimme kalt und unnahbar.
Er möchte ihr einen Rat geben, sagt er.
Sie solle sich vorsehen, was sie unternimmt.
Auf jede Aktion folge eine Reaktion.
Wer ist dieser Mensch?
fragt sich Cecilia.
Hatte sie die letzten Monate in einer Blase gelebt?
Cecilia hat furchtbare Angst.
Außerdem plagen sie Suizidgedanken wegen der Schuldensituation.
Sie meldet ihren Fall bei der Polizei in England und Norwegen.
Doch beide nehmen offenbar weder Simons Drohung noch seine Masche ernst, mit der er ihr Geld geklaut hat.
Beziehungsweise sie dazu gebracht hat, ihm das Geld freiwillig zu geben.
Natürlich unter völlig erlogenen Umständen.
Und offenbar hatte er das schon öfter gemacht.
Ansonsten wäre er ihrer Bank nicht schon bekannt gewesen.
Cecilia erfährt von American Express, dass Simons richtiger Name Shimon Hayud sei.
Obwohl es derselbe Mann ist, nachdem Cecilia googelt, spuckt die Suchmaschine diesmal ganz andere Ergebnisse zu ihm raus.
Von einer finnischen Seite erfährt sie, dass Simon dort 2015 zwei Jahre in Haft saß, weil er drei Frauen um Geld betrugen hatte.
Nur nach und nach kann Cecilia das Bild, was sie von Simon hatte, durch das ersetzen, was er wirklich zu sein scheint.
Es ist schwierig.
Irgendwo liebt sie den Simon, den sie dachte zu kennen, ja noch.
Doch gleichzeitig entwickelt sie eine riesige Wut.
Wahrscheinlich war er gerade dabei, sich das nächste Opfer zu suchen, wenn er es nicht schon längst gefunden hatte.
Er würde weitermachen, wenn ihn niemand aufhalte.
Da die Polizei Cecilia keine Unterstützung in Aussicht gestellt hatte, entscheidet sie sich, die Sache selbst in die Hand zu nehmen und wendet sich an VG, Norwegens größte Zeitung.
Die JournalistInnen dort sind sehr interessiert an der Story, können sie aber nicht bringen, ohne nicht vorher Beweise in Form von Cecilias Chatverläufen zu sehen.
Das ist ihr furchtbar unangenehm.
Aber ihr Schamgefühl darf hier jetzt nicht im Weg stehen.
Monate sitzt ein Team aus JournalistInnen daran herauszufinden, wer Simon Levife wirklich ist.
Ihre Spurensuche führt sie nach Tel Aviv, da, wo Simon aufgewachsen ist, in einer ultraorthodoxen jüdischen Gemeinde, in einer armen Gegend.
Seine Eltern wohnen, wie das Team herausfindet, noch heute dort.
Tatsächlich trifft es vor Ort auch auf Simons richtige Mutter, die sich über ihren Sohn ärgert.
Offenbar hatte er der Familie schon oft Probleme bereitet.
Die ist in der Gemeinde sehr angesehen.
Simons richtiger Vater ist Rabbiner.
Seitdem Simon 18 sei, habe seine Mutter ihn nicht mehr gesehen, sagt sie.
Ob das stimmt, ist fraglich.
Tatsächlich ist nämlich auch Simons richtiger Vater 2017 auffällig geworden, weil er gemeinsam mit Simon einen Rabbi in New York mit einer ähnlichen Masche hinters Licht führen wollte.
Der Rabbi sollte im Grunde durch seine Wohltätigkeitsorganisation Geld waschen und auf das Konto vom Sohn der Levife-Familie überweisen.
Weil er das aber nicht gemacht hat, bevor nicht der versprochene Scheck von den Levives überwiesen wurde, geht der Plan nicht auf.
Unter welchen Umständen auch immer Simons richtiger Vater dabei mitgemacht hat, er hat seinen Sohn als jemand anderen ausgegeben, um einen befreundeten Rabbiner hinters Licht zu führen.
Simon selbst wird das erste Mal auffällig im Jahr 2011, als er der Familie, auf dessen Kind er aufpasst, Schecks klaut.
Deswegen wird er damals auch in Israel gesucht, reist aber aus, bevor man ihn verantwortlich machen kann und später unter anderem Namen wieder ein.
2015 wird er in Finnland wegen des Betrugs von drei Frauen zwei Jahre inhaftiert.
Im Laufe der Zeit hatte Simon unter anderem Mordecai Tapaya, Michael Bilton und auch Avraham Levi geheißen.
Ein Name fällt dem VG-Team besonders ins Auge.
Keiner von Simons Aliases, sondern einer, der immer wieder auf Cecilias Kreditkartenabrechnung auftaucht.
Pernilla Schöholm
Pernilla könnte optisch Cecilias Schwester sein.
Auch sie hat langes, hellblondes Haar, eine Stupsnase und ein freundliches Gesicht, das sich versteinert, als sie 2019 eine Nachricht von einem VG-Journalisten auf Facebook bekommt, der sich nach Simon erkundigt.
Pernilla selbst lebt in Stockholm und hatte Simon 2019 auf Tinder kennengelernt.
Nach dem ersten Date war gleich klar, dass aus den beiden kein Paar werden wird, aber seitdem sind die beiden sehr gut befreundet.
Ständig senden sie sich Sprachnachrichten, halten den anderen auf dem Laufenden und reisen zusammen.
Mykonos, Frankreich, Österreich und Rom.
Und auf all diesen Trips ist Simon nicht alleine mit Pernilla, sondern mit seiner Freundin Polina.
Simon bucht die teuersten Suiten und bezahlt den edelsten Champagner.
Und zwar genau in der Zeit, in der Cecilia Simon in Oslo ihren Eltern vorstellen wollte.
Das Treffen, das er aus Sicherheitsgründen absagte.
20.000 Euro hatte er in diesen drei Tagen auf den Kopf geknallt.
Auch Pernilla hatte keine Sekunde an Simons Echtheit gezweifelt und ihm deswegen auch gerne 30.000 Euro geliehen,
nachdem er ihr ein Video von seinem blutverschmierten Bodyguard Peter im Krankenwagen schickte.
Später sendete sie ihm noch einmal 10.000 Euro, die Simon mit einem Scheck von 100.000 Euro ausgleichen wollte.
Doch die sind bis heute noch nicht bei ihr eingegangen.
Und nach dem Gespräch mit dem Journalisten von VG weiß sie, dass sie das auch nicht werden.
In der Zwischenzeit meldet sich Simon bei Pernilla, der ihr anbietet, ihr eine seiner Uhren in München bei ihm abzuholen,
die sie dann verkaufen und so ihre Kosten decken könne.
Und da wird dann plötzlich alle eine Chance.
Nicht nur könne das VG-Team Simon für den Artikel ablichten lassen,
auch die Polizei könne ihn so endlich festsetzen.
Der Plan ist also, dass Pernilla sich nichts anmerken lässt von ihren neuen Erkenntnissen
und sie Simon so in eine Falle lockt.
Auch Cecilia findet das gut.
Für sie ist nichts wichtiger, als dass er nicht noch weitere Frauen mit dieser Masche hinters Licht führt.
Und das wäre nach einer großen Veröffentlichung nicht mehr machbar.
Denn fast jeder würde sein Gesicht erkennen und den Rest würde Google erledigen.
Doch in letzter Minute sagt die Polizei ab.
Am geplanten Tag könne sie Simon nicht festnehmen.
Pernilla und VG entscheiden sich trotzdem zu fliegen, für den Fall, dass die Polizei doch noch eingreifen will.
Ein paar Stunden später sitzt Pernilla mit ihrem ehemals besten Freund und seinem Businesspartner Avi Shai beim Essen im Mandarin Oriental in München.
Pernilla kriegt kaum einen Bisschen runter.
Wer zahlt dieses Essen?
Welche Frau musste dafür einen Kredit aufnehmen?
Bei jeder Lüge, die Simon ihr erzählt, dreht sich ihr der Magen noch mehr um.
Simon übergibt ihr eine seiner Uhren und entschuldigt sich für die Unannehmlichkeiten.
Versteckte Kameras lichten das Trio ab, als es aus dem Hotel kommt, was von Simon nicht unbemerkt bleibt.
Steig ins Auto, schreit Simon Pernilla an, die nicht weiß, ob er Wind davon bekommen hat, dass sie die Fotografen hierher geführt hatte.
Pernilla springt in den Wagen.
Sind das deine Feinde?
Schauspielert Pernilla.
Sie weiß nicht, was er mit ihr machen würde, wenn sie auffliegt.
Ja, antwortet Simon.
Offenbar hatte er es nicht verstanden.
Pernilla will, dass die beiden sie aus dem Auto lassen.
Der Wagen stoppt, Pernilla springt raus und Simon und Avi Shai tauchen unter.
Natürlich ist die Uhr fake, genauso wie ihr ehemaliger Besitzer.
Als Pernilla Tage später Simon am Telefon alles offenbart, versucht der, sie zu überreden, bei seinem Betrug mitzumachen.
Sie verneint.
Simon antwortet dann daraufhin, dass Pernilla ihre letzten Tage zählen könne.
Er habe schon ein Kopfgeld auf sie ausgesetzt.
Danach verlässt Pernilla Schweden für eine Zeit lang.
Der 16. Februar 2019 ist ein Schicksalstag für Cecilia und Pernilla.
Es ist der Tag, an dem die Story über den Tinder-Swindler rauskommt.
Den beiden war es wichtig, dass der Artikel auf Englisch veröffentlicht wird.
Denn sie sind sich sicher, dass Simon noch in viel mehr Ländern als Norwegen, Finnland und Schweden Frauen in den Ruin getrieben hat.
Über mehrere Seiten erscheint der Printartikel.
Und zusätzlich gibt es ein großes Online-Spezial.
Extra im Hochkantformat, damit die Lesenden sich durch Simons Masche klicken können.
Die Reaktionen sind zahlreich und heftig.
So naiv und golddigger steht in den Kommentaren.
Das ist hart für die beiden, die Simon nur helfen wollten, sich aus seiner Situation zu befreien.
Aber zumindest haben sie jetzt das erreicht, was sie wollten.
Sein demaskiertes Gesicht ist jetzt überall.
Auch auf Aileen's Telefon.
Die hatte gerade erst ihren Freund in Prag besucht und sitzt jetzt im Flieger zurück nach Amsterdam,
als plötzlich genau dessen Gesicht auf ihrem Bildschirm auftaucht.
Auch sie hatte Simon auf Tinder kennengelernt, hatte aber bisher noch nicht begriffen,
dass sie das Geld, was sie ihm in den letzten Wochen geliehen hatte, nicht zurückbekommen würde.
Genau wie Cecilia war auch sie auf seinen Account, seine Google-Einträge und auf seine Entourage reingefallen.
Die übrigens zumindest teilweise selbst Opfer von Simon geworden ist.
Wie beispielsweise die Mutter seines Kindes.
Sie war eine der Frauen, die ihn 2015 in Finnland hinter Gitter brachten.
2018 sitzt sie dann gemeinsam mit ihm und Cecilia im Flieger nach Sofia.
Von einem Fahrer weiß man mittlerweile, dass er genau wie alle anderen hinters Licht geführt worden war.
Was auch immer diese Menschen dazu bewegt hatte, mitzumachen,
sie hatten dazu beigetragen, dass sich die Frauen sicher fühlten und absolut keinen Verdacht schöpft.
Und genauso war es auch Aileen ergangen, die jetzt im Flugzeug auf ein Abbild ihrer Beziehung mit Simon blickt,
die er offenbar fast genauso mit Cecilia geführt hatte.
Haussuche, Liebesbekundung, selbst die Videos, die er an Aileen und Cecilia geschickt hatte, sind fast identisch.
Er hatte sie nur mehrmals mit anderen Namen zur Begrüßung aufgenommen,
während sein Bodyguard Peter neben ihm saß.
Und auch Aileen kennt das Video von den beiden aus dem Krankenwagen.
Ein perfektes Schneeballsystem.
Das Geld der einen Frau benutzt er, um einer anderen weiß zu machen, wie reich er sei.
Und wahrscheinlich machte er gerade genau das mit den fast 170.000 Euro, die Aileen ihm überwiesen hatte.
Als sie Simon nach der Landung mit dem Artikel konfrontiert,
behauptet der, Cecilia und Penela seien von seinen Feinden beauftragt worden.
Auch Aileen spielt noch eine Zeit lang die Gutgläubige, allerdings nur, um sich zu rächen.
Unter dem Vorwand, die für ihn verkaufen zu wollen, sagt sie alle seine teuren Luxusklamotten ein und verscherbelt die auf Ebay.
Das Geld behält sie selbst.
Ab diesem Zeitpunkt macht auch sie Bekanntschaft mit dem letzten Part von Simons Akt.
Den Drohungen.
Allerdings kann er die bei Aileen nicht lang aufrechterhalten.
Denn wie ein getretener Hund kommt er immer wieder zu ihr zurück.
Frauen als Einnahmequelle zu benutzen, funktioniert seit dem VG-Artikel nämlich nicht mehr.
Und Aileen findet noch eine weitere Möglichkeit, es Simon heimzuzahlen.
Sie weiß, wo er als nächstes hinfliegt und steckt diese Info dem Team von VG.
Im Mai 2019 wird Simon Levife am Flughafen von Athen von Interpol festgenommen.
In sieben Ländern hatten Frauen ihn bei der Polizei gemeldet, weil sie von ihm betrogen worden waren.
Ein paar Monate später wird er nach Israel überführt und dort zu 15 Monaten Haft wegen seiner Taten in den Jahren 2010 und 2011 verurteilt.
Also nicht wegen der Dinge, die er den Frauen angetan hatte.
2019 berichten nach VG auch etliche andere Medien über den Tinder-Swindlam.
Und das ruft ihn über ein Jahr nach dem Date, auch bei Hanna wieder ins Gedächtnis, die gerade ihre Oma im Hospiz besucht.
Meine Oma war eine riesige RTL-Guckerin und immer so diese Nachmittagsprogramme.
Und dann kam irgendwann eben diese RTL-Reportage über ihn und darüber, dass er ihn Frauen betrügt.
Und dann habe ich das so gesehen und war so, ach du meine Güte, ich habe den Typen getroffen.
Und was hast du da gedacht?
Oh, mir war das so peinlich.
War das so peinlich, dass, also ich bin ja Psychologin und ich dachte, dass ich das erkennen kann.
Ich habe so richtig an meinen Fähigkeiten gezweifelt.
Ich dachte mir, okay, wenn mich jemand so belügt, dass ich das sehe, habe ich aber nicht.
Also ich habe ihm das weitestgehend alles geglaubt.
Ich hatte anscheinend nur, mein Bauchgefühl hat mich so ein bisschen davor bewahrt.
Trotzdem war ich enttäuscht und ich fand, ich fand das, ja, unangenehm mir selbst gegenüber.
So, mein Gott, ich bin mit einem blauen Auge eigentlich davongekommen.
Genau, hättest du gedacht, dass offenbar du ja auch ein potenzielles Opfer gewesen wärst von ihm?
Selbstverständlich.
Ich glaube, wenn er mal ein Typ gewesen wäre und er ganz charmant gewesen wäre, dann, klar, hätte ich auch so ein Typ sein können.
Weil im Endeffekt das, was die Damen ja gemacht haben oder die Frauen, die haben ihn eigentlich nur retten wollen.
Die haben ihm Geld gegeben, um etwas Positives zu bewirken und eigentlich sein Leben zu retten.
Und ich glaube, dass ich das, klar, könnte mir genauso gehen können.
Im Nachhinein hat auch Hannah das Gefühl gehabt, dass ihr Date irgendwie nach Drehbuch verlaufen ist.
Bei Hannah der Meinung ist, dass sie genauso sein Opfer hätte werden können, habe ich sie noch gefragt, wie sie den Shitstorm gegen Cecilia und Pernilla erlebt hat.
Ich habe dafür kein Verständnis.
Ich finde, wenn man solche Aussagen tätigt, zeigt das nur, dass man nicht reflektiert ist.
Weil jeder kann in eine Situation geraten, in der man manipuliert wird.
Man kennt es vielleicht aus toxischen Beziehungen, egal ob zwischenmenschlich oder in einer Beziehung selbst.
Man kann sehr einfach in sowas reinrutschen und sich dann hinzustellen als Nichtbeteiligter und mit dem Finger auf Opfer zu zeigen und sagen,
okay, du hast einen Fehler gemacht, ich hätte es besser gemacht, ist für mich, wie gesagt, naiv und unreflektiert.
Am Ende sitzt Simon übrigens nur fünf Monate in Haft.
Im Jahr 2022 erscheint auf Netflix eine Dokumentation über den Tinder-Swindler, die ein noch größeres Publikum auf ihn aufmerksam macht.
Seitdem haben sich immer mehr Frauen gemeldet, die von ihm hinters Licht geführt wurden.
Mindestens einer aus München und einer aus Berlin, der er am Ende ein Foto von ihrer Haustür sendete und dazu schrieb, dass er für nichts mehr garantieren könne.
Bis zu neun Millionen Euro soll er sich mit seiner Masche erschlichen haben.
Und auch nach der Netflix-Doku gelingt es ihm irgendwie noch immer, Frauen um den Finger zu wickeln, die seine Lügen glauben.
In einem seiner TikTok-Videos sitzt ein israelisches Model neben ihm, mit dem er offiziell zusammen ist,
während er alle Vorwürfe der Netflix-Dokumentation dementiert.
Alles klar, Simon. Okay.
Simon verdient sein Geld jetzt offenbar anders.
Er hat eine Managerin aus Hollywood, will demnächst einen Dating-Podcast starten und verschickt für 150 Euro personalisierte Videobotschaften.
So was finde ich irgendwie nicht witzig.
Das ist saugeschmacklos.
Cecilia hatte noch einmal versucht, mit Simon Kontakt aufzunehmen.
Das war im Jahr 2020, nachdem er aus dem Gefängnis entlassen wurde und wieder aktiv auf Instagram war.
Sie hatte sich gewundert, wie er weiterhin sein Luxusleben finanzierte.
Er antwortete,
Deine Lügen haben mich zum Superstar gemacht.
Du bist die Betrügerin.
Viel Glück.
Wow.
Also, ich habe den Tinder-Swindler ja nicht angeschaut und wollte damit ja jetzt auch warten,
weil ich wusste, dass du mir die Geschichte erzählen willst.
Also, ich glaube, dieser Typ, wenn ich dazu eine Doku sehen würde, würde mich einfach nur wahnsinnig wütend machen.
Ach, das hat es mich auch.
Also, man muss auch einfach sagen, das ist ja nur die Spitze des Eisbergs gewesen.
Also, was ich jetzt auch noch alles rausgefunden habe beim Recherchieren, diese Geschichte mit dem Vater
und wie der auch seine damaligen Freunde hinters Licht geführt hat und so.
Man kann halt gar nicht alles erzählen, aber ja, das ist einfach unfassbar,
was der sich alles geleistet hat und was der für ein Mensch ist.
Was mich bei dem Fall wirklich so schockiert hat, ist diese Summe.
Also, erstens, was er alles sich da irgendwie neun Millionen da ergaunert hat,
aber auch, was er aus den einzelnen Frauen quasi rausgezogen hat.
Also, 250.000.
Ich wusste gar nicht, dass man sich so viel von verschiedenen Kreditinstituten leihen kann
und finde es einfach so schrecklich, wenn ich mir das vorstellen würde,
irgendwie mit 30 oder so, so einen Schuldenberg zu haben.
Das ist ja eine ganz andere Größenordnung als jetzt bei Vichy.
Daran siehst du auch, wie gut durchdacht dieses ganze Spiel von ihm war,
dass er für jede Eventualität eine Lösung hatte.
Vielleicht gibt er ja auch gerade deswegen vor, Chef von LLD Diamonds zu sein,
weil er weiß, er kann dann diese Gehaltsnachweise schicken.
Pernilla und Aileen und Cecilia, die haben später dann so eine GoFundMe-Seite gegründet,
wo die halt Spenden jetzt bekommen, damit sie diese Schulden irgendwann tilgen können.
Weil natürlich ist das in einem normalen Leben mit einem normalen Einkommen ja auch gar nicht irgendwie zu bewerkstelligen sonst.
Ja, aber nicht nur diese Diamonds-Firma, sondern ja auch Privatjet, dann irgendwie so einen eigenen Security-Mann und so.
Ja, das riecht ja einfach so krass nach diesem ganz, ganz großen Geld.
Genau, also das war ein durch und durch inszeniertes Theaterstück.
Und das ist natürlich so, dass wenn du siehst, dass dieser Mensch von ganz vielen Personen umgeben ist,
die alle seine Geschichte bestätigen, die ja teilweise selbst geblendet wurden,
dass du dich dann sicherer fühlst.
Du glaubst ja nicht, dass du in dieser Evil-True-Man-Show bist, wie Cecilia das nennt.
Also du glaubst einfach nicht, dass so viele Menschen entweder alle auf jemanden reingefallen sind
oder sein Spiel mitspielen.
Ja, vor allen Dingen auch dieser, was war das, der Geschäftspartner da von ihm,
wo die dann miteinander reden auf Englisch und auf Hebräisch und dann irgendwie über Deals reden.
Das stellst du ja nicht in Frage.
Genau, und man muss natürlich sagen, wir wissen nicht, ob die nicht vielleicht auch Opfer sind oder so.
Bei seinem Bodyguard Peter und bei seinem Geschäftspartner Avishai halte ich das aber für relativ unwahrscheinlich.
Denn er hat Peter auf Lautsprecher geschaltet und der hat behauptet, es gäbe ein Sicherheitsproblem.
Wir wissen ja, dass es diese Feinde nicht gibt.
Also wird er höchstwahrscheinlich irgendwie an diesem Lügenspiel beteiligt gewesen sein.
Und mit Avishai genau dasselbe.
Also wenn der eben über irgendwelche Deals redet, Diamantendeals, die es ja gar nicht gibt.
Es gibt ja LLD Diamonds, aber da ist halt nicht Simon der Geschäftsführer von.
Ja.
Es kommt ja auch niemand darauf, dass ein nichtiges Tinder-Date auf einmal so endet.
Ich möchte an dieser Stelle übrigens nochmal betonen, dass weder Laura noch ich auf irgendeiner Art von Dating-App unterwegs sind.
Ich will in meinem Aha mal so ein bisschen darauf eingehen, was Simon genau gemacht hat, um das Vertrauen von diesen Frauen so schnell zu gewinnen.
Zunächst mal, die Frauen haben alle ja nach einer Art Bindung gesucht und Simon hatte ihnen vorgegaukelt, genau das auch zu suchen.
Und dass er bei seinem Lebensstil quasi so eine Art Anker vermisst, von dem die Frauen dann eben dachten, dass sie genau das für ihn sein könnten.
Und bei Cecilia kam halt noch hinzu, dass sie so eine hoffnungslose Romantikerin ist, wie sie selbst ja von sich sagt.
Und dass sie eben von diesen Märchenprinzen geträumt hat.
Und Simon hat genau das genommen und hat sich dazu gemacht.
Und zwar, indem er eine Manipulationstaktik angewandt hat.
Und zwar das sogenannte Lovebombing.
Heißt, Simon hatte Cecilia mit Aufmerksamkeit, Geschenken, Liebesbekundung und Komplimenten schon nach ganz kurzer Zeit überhäuft.
Und er hat ihr halt auch Guten Morgen, Süße, Gute Nacht geschrieben, ihr unvermittelt Blumen geschickt und ganz viele Superlative angewandt.
Also, dass sie die Hübscheste, die Süßeste und die Beste sei.
Und er hat sich halt schnell ihr gegenüber geöffnet.
Und die Frauen dachten dann so, krass, der vertraut mir ja.
Und der macht sich jetzt hier verwundbar, indem er mir von seinen Feinden oder was auch immer erzählt.
Und Cecilia hat halt genauso reagiert, wie sie sollte.
Sie sollte das als aufrichtige Zuneigung interpretieren.
Und hat dann halt gedacht, wir beide, wir sind besonders, wir haben einfach eine ganz besondere Art von Bindung.
Deswegen hat sich das auch alles so schnell so richtig angefühlt.
Auch weil Cecilia ja nach jemandem gesucht hat, mit dem sie ihre Zukunft verbringen kann.
Und Simon hat dann halt dieses Future-Faking auch relativ schnell hinzugezogen.
Also, dass man jemandem verspricht, dass man heiratet und Kinder kriegt und so.
Obwohl er das ja nie vorhatte.
Und das zieht vor allem ja bei Personen, die abgenervt und enttäuscht sind von so Unverbindlichkeiten.
Weil er genau das Gegenteil macht.
Ja, und diese Unverbindlichkeiten, die findet man ja häufig bei diesen, bei Tinder oder anderen Apps.
Was wir wissen, weil wir sehr viel Erfahrung mit diesen Apps haben.
Was ich von meinen Freundinnen weiß, die auch sehr abgenervt sind davon.
Ja, und das Ziel von diesem Lovebombing ist natürlich, die Opfer emotional abhängig zu machen und so dann Macht und Kontrolle über sie zu gewinnen, um ihnen dann eben schnell das Geld aus der Tasche zu ziehen.
Das nennt man übrigens Milking.
Und das funktioniert dann so, dass sie eben dieses Problem vortäuschen, was meistens sehr dringend ist, um dann eben schnell Unterstützung zu bekommen.
Und wenn es die aber nicht gibt, dann wird eben mit diesem Lovebombing aufgehört.
Das Problem dabei ist, dass die, die sich dann darauf eingelassen haben, halt in der Zeit so eine Art Aufwertung erfahren haben durch dieses Lovebombing.
Also zum Beispiel, weil ihr Selbstwertgefühl dann in der Zeit nicht so überragend war.
Das kann ja auch manchmal nur vorübergehend so sein.
Und das Lovebombing der anderen Personen, das gleicht das dann so ein bisschen aus.
Also heißt, liebt mich die Person, fühle ich mich ganz toll und super und entzieht mir die Person diese Liebe, dann fühle ich mich wie so ein Häufchen Elend.
Und deswegen sind halt eben auch Personen anfälliger für sowas, die gerade nicht so gut aufgestellt sind mit sich selbst.
Ja, und unter solche Personen fallen natürlich auch zum Beispiel einsame Menschen.
Und deswegen werden auch alte Menschen oft Opfer von Scamming, die halt irgendwie ihren Partner oder ihre Partnerin schon länger verloren haben und sowieso nicht so viele Kontakte haben.
Und dafür aber eben ganz viel Zeit vor dem Computer verbringen und sich dann natürlich auch voll freuen, wenn sie da dann von jemandem so eine krasse Aufmerksamkeit bekommen.
Ja, und wer auch sehr schnell anfällig ist, vor allem dafür den BetrügerInnen schnell aus der Patsche helfen zu wollen, sind halt Menschen, die sehr empathisch sind und sehr fürsorglich.
Das sind ja eigentlich voll die tollen Eigenschaften.
Ja.
Aber die können denen halt hier leider echt zum Verhängnis werden.
Cecilia und Pernilla, die hatten sich ja dann getroffen, als dieser Artikel von VG rauskam.
Und die haben sich halt sofort super verstanden, weil die auf dieser Ebene einfach wirklich gut funktioniert haben.
Die sind halt beide einfach super fürsorglich.
Bei den Scammern ist das dann so, die benutzen dieses Aufwertungsgefühl, das sie dir gegeben haben, um es dir nachher wieder zu entziehen, um dich dann so zu kontrollieren.
Denn wenn dieses Lovebombing entzogen wird, fühlen sich viele Betroffene halt schlecht und verhalten sich dann genau so, wie es der Scammer oder die Scammerin will, um das Gefühl zurückzubekommen.
Da erkennen sich bestimmt auch jetzt einige wieder, weil das Lovebombing, das wird halt nicht nur von Lovescammern angewandt, die Geld wollen, sondern auch von anderen Personen, die manipulativ sind.
Die entziehen dann eben auch Liebe und Aufmerksamkeit, einfach nur, damit sich der Partner oder die Partnerin dann so verhält, wie sie das möchten.
Und in dem Moment erkennt man dann eigentlich auch diese Manipulation.
Bei Simon war das ja so, sein wahrer Charakter kam immer dann zum Vorschein, wenn die Opfer kein Geld mehr rausrücken wollten.
Also das davor, dieses Lovebombing und so, das war ja alles gar nicht echt.
Und er wurde halt super sauer, wenn sie kein Geld geschickt haben, hat sie fertig gemacht, ihnen ein schlechtes Gewissen gemacht, nur um dann danach wieder zu diesem fürsorglichen Simon zurückzukommen.
Eine Sache allerdings noch zu dem Lovebombing, was mir ein bisschen wichtig ist, nur weil jemand in Superlativen spricht und dem Partner oder der Partnerin so ein Gefühl gibt, besonders zu sein, heißt das jetzt nicht, dass jemand einen absichtlich manipulieren will.
Also ich glaube zwar, dass wir alle viel mehr manipulieren, als uns eigentlich bewusst ist, aber nicht jeder, der einen am Anfang mit Liebe überhäuft will, was Böses.
Also meine große Liebe hat auch so angefangen und da gab es jetzt am Ende kein böses Erwachen.
Grundsätzlich ist es natürlich genau das, was es so schwierig macht, das Lovebombing als Manipulationstechnik zu erkennen, weil es eben auch Leute gibt, die natürlich einfach so sind und für die das dann was ganz Besonderes in dem Moment ist und die Person ganz besonders und die das halt dann eben halt wirklich genau so empfinden in dem Moment.
Ja, oder generell so Menschen sind, die halt eher so eine Lovelanguage haben, dass die Leuten eben ganz viel Aufmerksamkeit schenken, Blumen schenken und ganz viele liebe Nachrichten schicken oder so.
Ja, aber es gibt ja auch solche und solche Menschen einfach.
Aber ich glaube, was halt wichtig ist, so als erste Regel irgendwie zu haben bei diesem, ja, beim Online-Dating vielleicht, dass man auf jeden Fall niemandem Geld überweist, den man jetzt noch nie gesehen hat.
Auch wenn sich alles wirklich, wirklich gut anfühlt.
Ja, bei Simon ist jetzt halt das Problem, das war ja eine richtige Person, aber in so einem Fall könnte man halt zumindest versuchen, die Person auf diese Verhaltensmuster abzuchecken.
Also eine Red Flag ist einfach, okay, ich habe jetzt ein Problem, ich brauche jetzt ganz dringend Geld, wegen irgendeines Vorfalls oder so.
Ja, sowas ist dann schon irgendwie auffällig, aber die BetrügerInnen passen sich ja auch an und lernen, was sie machen können und was nicht.
Und deshalb kommt Scamming dann doch auch öfter vor, als man denkt.
Leider gibt es in Deutschland jetzt noch keine bundesweiten Zahlen, aber in Sachsen zum Beispiel gab es 2019 fast 300 solcher Strafanzeigen, in Hamburg 84, in Baden-Württemberg 49 und in Sachsen-Anhalt 32.
Allein in Sachsen belief sich der Schaden aber auch schon auf über 3,5 Millionen Euro und ein Jahr später waren es schon über 4 Millionen Euro.
Viel härter trifft es natürlich Länder, in denen Englisch gesprochen wird.
Das ist klar, das hat damit zu tun, dass es für die Scammer halt wegen der Sprache einfacher ist, mit den Opfern zu schreiben.
Da geht der Wirtschaftsverband UK Finance zum Beispiel für Großbritannien für das Jahr 2020 von einem Schaden von umgerechnet 80 Millionen Euro aus.
Und in den USA zählte das FBI für dasselbe Jahr einen Schaden von umgerechnet mehr als 530 Millionen Euro.
Ja, und der Guardian sagt sogar für das darauffolgende Jahr, also für 2021, dass ein Schaden von einer Milliarde US-Dollar in den USA entstanden ist.
Also es ist ein Business, was sich offenbar für die TäterInnen lohnt.
Ja.
Zumal es ja auch ganz viele Taten gibt, von denen wir nichts wissen, weil viele diesen Betrug natürlich gar nicht erst anzeigen, weil ihnen das einfach unfassbar peinlich ist, auf so einen Scam hereingefallen zu sein.
Ja, und das haben wir ja jetzt auch bei unserer Recherche gemerkt, dass es halt nicht einfach ist, jemanden zu finden, dem das passiert ist und der dann darüber sprechen möchte.
Und ja, am Ende war Vichy die Einzige, die sich das sozusagen getraut hat.
Und bei ihr habe ich auch am Telefon gemerkt, wie unangenehm das für sie ist, darüber zu reden, weil sie sich einfach die ganze Zeit gerechtfertigt hat.
Bis ich dann irgendwann gesagt habe, du, du musst dich jetzt hier vor mir nicht rechtfertigen.
Also wenn man verliebt ist, dann ist man halt eben oft blind.
Das ist ja einfach so.
Und es gibt auch Frauen, die bleiben mit ihren gewalttätigen Männern zusammen.
Und das kann man von außen dann eben oft auch nicht verstehen.
Aber es ist halt so, dass man sich nicht da hineinversetzen kann und die sich nicht schlecht fühlen müssen.
Die sind nicht die Täterin.
Ja, und es ist ja tatsächlich so, dass du in dem Moment selber diese Warnzeichen im Nachhinein sagen immer alle, ach, das hätte dir ja dann da auffallen müssen.
Aber in dem Moment selbst siehst du das nicht, weil du gehst ja nicht die ganze Zeit durch die Welt und denkst dir so, ich muss vorsichtig hier sein und was der sagt.
So ist man ja einfach nicht zum Glück, sonst wäre man ja auch nur misstrauisch.
Und die Cecilia hat zum Beispiel auch gesagt, es gab während der Beziehung keine Anzeichen dafür, dass irgendwas davon gelogen ist.
Und mir ging es zum Beispiel einmal so, ich saß einmal mit einem Mann, der was auch immer für mich zu dieser Zeit war, in einem Frühstückscafé.
Und die Kellnerin kam und sagte, ach, ihr ist schon wieder hier.
Und wir waren zwar vorher schon mal da, das war aber ein bisschen länger her.
Und dann habe ich sie so fragend angeguckt und sie meinte, na, ihr wart doch gestern schon da.
Und dann habe ich meine Begleitung angeguckt und wir haben uns alle gegenseitig ganz fragend angeguckt.
Und sie meinte, ja, ihr saßt doch gestern da am Fenster.
Und dann meinte ich so, nee, also hä, nee, nee, nee, wir waren doch dann und dann mal hier und so.
Und dann sagt sie, nein, ihr wart gestern da.
Also wirklich so, und du denkst dir wirklich, du bist irgendwie im falschen Film.
Und dann ist sie irgendwann abgedüst, hat sich noch so umgeblickt und hat noch so die Stirn gerunzelt.
Und meine Begleitung und ich wie so, was ist mit der los?
Also ist sie nicht ganz bei Sinnen oder was, ne?
Ja, stellt sich nachher raus, doch, natürlich war er gestern da gewesen, aber halt nicht mit mir, sondern mit einer anderen Brünetten.
Das ist so krass.
Abgeflogen ist das auch nur, weil mir mal zwei Frauen geschrieben haben, die übrigens im Gegensatz zu mir der Ansicht waren, sie seien mit diesem Menschen in einer Beziehung.
Und die das nur rausgefunden hatten, weil er einmal nicht auf sein Handy geachtet hatte und dann die eine gesehen hat, dass die andere geschrieben hatte, ich freue mich auf den Urlaub mit dir morgen.
Obwohl er eigentlich gesagt hatte, er fährt mit seiner Familie in den Urlaub.
Und aus dieser Situation kenne ich auch diesen Schock, wenn du merkst, der hat gar nicht nur mir diese Bilder und dieses Video geschickt, ne?
Weil tatsächlich war das so, dass er mit jeder von uns irgend so ein Kuscheltier hatte.
Bei mir war es so ein Plastikding, so ein Plastiktier.
Und dann ist der mit diesen Dingern auf den Spielplatz gegangen, hat die auf ein Karussell gesetzt und jeweils ein Video gemacht, das Karussell gedreht mit diesem Kuscheltier drauf oder was auch immer.
Und dann und dann hat er das jeder Einzelnen von uns geschickt.
Also, sorry, aber wie fühlt man sich denn selber, also wie fühlt der Typ sich, wenn er sowas macht, also auf den Spielplatz geht, alle kleinen Tierchen da dabei hat wie so ein Freak und das dann so hintereinander wegfilmt.
Also, weil man ja immer so denkt, ist das jetzt im Affekt passiert?
Nee, der hat da mehrere Videos hintereinander gemacht und kommt er da nicht irgendwie mal auf die Idee oder zu dieser Erkenntnis, was bin ich eigentlich für ein Arschloch?
Ja, was man einfach sagen muss, krasses Organisationstalent, ne?
Also, Lob und Anerkennung dafür zumindest, ne?
Aber natürlich ist das für die Betroffenen auch so, du hast dann dieses böse Erwachen und du musst erst mal die letzten Monate rekonstruieren und quasi alles einmal wegradieren, was du dachtest, was Realität war und dann musst du dir die neu zusammensetzen.
Und das ist natürlich schwierig und natürlich schafft man auch nicht sofort dieses Switchen, also bei mir jetzt schon, weil ich hatte das vorher eh beendet, bevor das rauskam, aber dieses Switchen zu, bis eben war diese Person noch ein Freund von mir oder eben mein Lebensgefährte oder was auch immer und auf einmal ersetze ich das durch eine Person, die ich nicht kenne.
Und das war ja, glaube ich, auch für Cecilia so schmerzhaft irgendwann begreifen zu müssen, ich bin hier auch ja intim geworden mit einer Person, mit der ich gar nicht in einer Beziehung sein wollte.
Ja, stimmt. Also, das ist so gruselig, da kriege ich richtig Gänsehaut.
Ja, aber ich finde, es muss gar nicht so extrem sein wie bei Cecilia jetzt. Schon alleine diese Geschichte, die du da erzählt hast, da fühlt man sich doch einfach auch so, also man hinterfragt, obwohl man das gar nicht sollte oder müsste, sich ja auch irgendwie selber so ein bisschen so nach dem Motto, hä, habe ich jetzt keine Menschenkenntnis mehr oder so, weißt du?
Ja, also, bei meiner Geschichte muss ich auch echt sagen, das war auch eine Person, das hättest du dir weder ansehen können noch vom, das war kein Womanizer oder so, das war eher so ein, so manchmal so ein bisschen dödelig und manchmal hatte man auch das Gefühl, man muss den so ein bisschen an die Hand nehmen und so, weißt du?
Krass.
Und dann wollte der auch mit mir immer in eine Beziehung und ich wollte das halt nicht, ich habe das auch immer offen kommuniziert und dann fragt man sich, warum war dir das denn so wichtig, wenn du doch nebenbei vier andere fühlst?
Ja, für sein nicht vorhandenes Selbstbewusstsein wahrscheinlich.
Mir ist es jetzt nicht unangenehm, darüber zu reden, zum einen, weil ich emotional sowie finanziell ja jetzt keinen Schaden davon getragen habe, aber auch, weil ich einfach weiß, dass ich das gar nicht hätte erkennen können.
Ja, und das ist ja meistens so und deshalb finde ich so ätzend, dass manchmal so getan wird, als wären die Opfer selber schuld.
Ich habe nämlich in einem Fall gelesen, dass die Verteidiger in ihren Plädoyers auch am Ende explizit gesagt haben, dass die Opfer mit schuld sind und einfach zu leichtgläubig waren.
Also so nach dem Motto, die haben das den Betrügern halt auch einfach gemacht.
Ja, ich mache dir das, wenn ich nachts schlafe, auch super leicht, mich zu töten, aber habe ich dann auch eine Schuld daran, dass du es tust?
Also das verwundert mich eh, auch zur Vorbereitung bei dieser Folge, wo ich mit Menschen darüber gesprochen habe, über den Tinder-Swindler, dass doch Leute, die mir sehr nahe stehen, gesagt haben, Selbstschuld, Selbstschuld.
Und dann denke ich mir so, äh, also, und vor allem, wer da wirklich am härtesten geurteilt hat, waren die Männer.
Ja, bei den Frauen ist es eher, hatte ich so das Gefühl, dieses, oh Gott, hoffentlich passiert mir das nicht oder die arme Frau.
Wobei es ja auch häufig Männern passiert, die sich aber wahrscheinlich noch weniger trauen, das öffentlich zu machen oder das irgendwie zur Anzeige zu bringen, weil, weiß man ja, bei Männern ist manchmal das Schamgefühl noch größer.
Ja, und das versteht man auch, wenn andere dann reagieren mit, ja, selber schuld.
Also das war auch die Reaktion, die ich viel bekommen habe bezüglich dieses Themas und dann auch so, wo man sich so fragt, okay, also wieso hat man, also so richtig so auch so ein bisschen wütend, ne, so, wie kann man denn so dumm sein und so, wo ich mir auch so denke, wieso hat man überhaupt so eine krasse Reaktion auf sowas, keine Ahnung.
Ja, ich hatte dann aber schon das Gefühl, dass, wenn man den Menschen dann erklärt, so, ne, wie das halt passieren kann und dass, wenn man nur in einer vulnerablen Position, warum auch immer gerade ist und dann jemand genau da reingeht und das ist ja eine Manipulationstechnik, ja, da kann man sich nicht immer vor schützen, dass man, dass die das dann auch schon verstanden haben, aber dass sie sich irgendwie von alleine nicht dahin bringen,
dass sie sich sozusagen in die Opfer reinversetzen wollen.
Ja, da muss man die ein bisschen an die Hand nehmen, das machen wir sehr gerne. Immer daran denken, das könnte auch der eigenen Mutter passieren, ja.
Ja, diese Vorurteile, die man den Opfern nämlich entgegenbringt, die machen es denen noch schwerer, solche Taten überhaupt anzuzeigen, dass und, dass sie auch oft denken, dass es halt nichts bringt.
Was ja unsere beiden Fälle jetzt auch gezeigt haben, dass das nicht so einfach ist, ne, das irgendwie strafzuverfolgen.
Also zumindest, wenn die Täter in, halt in Ländern wie Nigeria oder Ghana oder so sitzen, ne, weil die ja dann auch gar nicht so wirklich zu ermitteln sind, weil die Polizei ja auch gar nicht weiß, wo sie dann anfangen soll.
Es ist ja alles erlogen.
Plus muss sie dann ja auch noch mit anderen Ländern zusammenarbeiten.
Das ist ja jetzt auch nicht so, dass die deutschen Behörden keine Lust hätten, diese Fälle zu lösen, sondern die stoßen halt manchmal einfach an ihre Grenzen, weil ihnen halt in den anderen Ländern nicht weitergeholfen wird.
Dazu haben wir mit Thomas Gabriel Rüdiger gesprochen, dem Leiter des Instituts für Cyberkriminologie und der bringt das Problem ganz gut auf den Punkt.
Wir haben eigentlich einen globalen, digitalen Raum, wo alle Menschen miteinander kommunizieren, solche Delikte also auch begangen werden können, während du in deinem Land sitzt.
Und wir agieren aber mit nationalem Strafrecht und versuchen dagegen dann vorzugehen, weil wenn wir jetzt gegen den Vorgehen, würden wir ja sagen, nach unserem deutschen Recht ist das das und das.
In dem Land ist das vielleicht was, sagt man ja, Pech ab, wenn du drauf reinfällst.
Vielleicht weiß ich ja nicht mehr, ob das strafbar ist in dem Land.
Was würde ich also mit sagen, solange wir keine internationalen, globalen Regeln haben für einen globalen Raum, ein globales Strafrecht zum Beispiel, wird das immer Probleme geben.
Und selbst wenn man das hätte, müsste man es auch noch durchsetzen.
Bei Simon war das ja auch so, also die Opfer waren alle aus unterschiedlichen Ländern, dann kam Simon aus Israel und dann ist er auch noch ständig hin und her gejettet.
Also wer hätte denn dann sagen können, ja okay, wir übernehmen das jetzt, weil du ja auch das große Ganze eigentlich fassen möchtest.
Am liebsten möchtest du den ja für all seine Taten gesammelt hinter Gitter bringen.
Aber ja, es ist aber tatsächlich so, wenn die Täter in Deutschland sitzen, dann ist die Chance, sie zu fassen, gar nicht mal so schlecht.
Wenn wir individuelle Täter haben, die zum Beispiel in Deutschland über Dating-Plattformen das machen, also keine Ahnung, der 23-Jährige, der sich als Frau ausgibt, um irgendwelchen Männer abzuziehen bei Tinder.
Da ist die Chance nicht gering.
Die Täter kann man durchaus kriegen.
Insgesamt bei vergleichbaren Delikten, wie halt wie gesagt, zum Beispiel Cyber-Grooming, aber auch, hört sich jetzt ein bisschen up to space an, aber auch digitale Hasskriminalität zum Beispiel.
Also Delikte, die im Land begangen werden über Kommunikation, also ähnliche Mechanismen, da haben wir Aufklärungsquoten, die teilweise über 90 Prozent liegen.
Aber in ein paar Fällen von so Netzwerken aus Afrika gibt es auch Kontaktpersonen in Deutschland, die sich dann zum Beispiel als Kurier ausgeben und an die kommt die Polizei dann also auch manchmal ran.
So war das zum Beispiel in dem Fall aus Bayern, bei dem eine Rentnerin aus Starnberg gescammt wurde.
Ihr hatte 2016 ein angeblicher US-Soldat namens Thomas Stabler geschrieben, der im Jemen stationiert war.
Irgendwann schrieb er ihr, dass er sie besuchen und Diamanten im Wert von einer Million Euro mitbringen würde.
Das Problem war dann, dass Stabler auf dem Weg nach Deutschland, und zwar in Antwerpen, wegen fehlerhaften Dokumenten für diesen Diamantentransport festgenommen wurde.
Für seine angebliche Freilassung zahlte die Rentnerin dann am Ende fast 400.000 Euro.
Fast immer hat sie das Geld auf Konten im In- und Ausland überwiesen, aber einmal kam es auch zu einem persönlichen Treffen im Bayerischen Hof in München.
Und da übergab sie zwei Männern, wo sich der eine als Anwalt von Stabler und der andere als Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes ausgegeben hatten, 128.000 Euro in bar.
Und der Frau wurde erst klar, dass sie Opfer eines Scams geworden war, als sie im Oktober 2019 mal Aktenzeichen XY geschaut hat, wo es halt gerade um Love Scamming ging.
Also für sie war es dann so eine richtige Offenbarung und so ein richtiger Schock.
Der ging es tatsächlich so schlecht, dass sie sich das Leben nehmen wollte und auch mehrere Wochen in der Psychiatrie war.
Danach hat sie sich dann zum Glück bei der Polizei gemeldet.
Und weil halt einige Täter aus Deutschland operierten, konnte die Polizei die schnappen und vor Gericht stellen.
Am Ende gab es dann zwei Prozesse, in denen auch noch andere Scams verhandelt wurden und in denen es um einen Insgesamt-Schaden von mehr als einer Million Euro ging.
Die höchste Haftstrafe, die einer der Männer bekam, lag aber nur bei vier Jahren und neun Monaten.
Ich glaube aber auch, dass diese niedrigen Haftstrafen dazu beitragen, dass Leute sich nicht so richtig trauen, das öffentlich zu äußern.
Weil man dann ja auch so ein bisschen das Gefühl hat, das wird gar nicht als so schlimm angesehen.
Also wie gesagt, der Simon, der ist jetzt ja noch gar nicht in Haft deswegen gewesen.
Der war fünf Monate, saß der jetzt letztendlich wegen Urkundenfälschung und Betrugs.
Das ist auch meistens so, dass sie deswegen dann auch verurteilt werden.
Weil dieser Betrug, der setzt sich ja daraus zusammen, dass sie den Leuten einen Grund vorgaukeln, damit sie den Geld geben.
Aber diesen Grund gibt es gar nicht.
Und für diese Art von Straftat gibt es eben höchstens fünf Jahre Haft.
In besonders schweren Fällen kann die Strafe dann auch auf bis zu zehn Jahre erhöht werden.
Dafür muss dann aber nachgewiesen werden, dass die Scammer in der Bande agiert haben.
Oder halt das Vermögen, was verloren wurde, besonders hoch war.
Ja, und das war jetzt bei der Rentnerin aus Starnberg offenbar nicht so einfach.
Weil da wurden nämlich die meisten nicht wegen bandenmäßigen Betrugs verurteilt.
Obwohl man ja weiß, dass sie zusammengearbeitet haben.
Wo ich mich aber frage, wieso sie sie dann nicht trotzdem wegen schweren Betrugs verurteilt haben.
Weil 400.000 Euro sind für mich jetzt schon ein großer Vermögensverlust.
Ja, aber was ich einfach wirklich krass finde, ist, dass so ein Fall wie der von Vischi jetzt zum Beispiel,
am Ende eigentlich genauso vor Gericht behandelt wird, wie wenn ich jetzt online irgendwas verkaufe oder so tue, als würde ich was verkaufen und mir dann das Geld dafür schicken lasse, aber nie Ware ausliefer.
Das ist ja dann auch Betrug.
Und das ist auch höchstens mit fünf Jahren sozusagen belegt.
Dabei ist ja diese Komponente mit dem Betrug in der Liebe, also dass die mit den Gefühlen der Leute spielen, das setzt dem Ganzen ja irgendwie eine krasse Schwere auf.
Also die Leute sind ja danach oft depressiv, können nicht mehr vertrauen oder keine Beziehung mehr eingehen.
Komplett. Das Problem ist natürlich, wie soll ein Gericht die emotionale Belastung in zukünftigen Liebesbeziehungen beurteilen?
Das ist halt einfach schwierig.
Ja, also bei diesem Fall aus München, da habe ich in dem Urteil gelesen, dass sie das schon irgendwie so strafverschärfend gesehen haben.
Also da stand dann zum Beispiel gegen den Angeklagten, sprich, dass die Zeugin durch die Tat ersichtlich bis heute in ihren Grundfesten verunsichert war.
Sie sollte und oder konnte im Zeitpunkt der Einvernahme trotz ausführlicher Belehrung durch die Polizei und klaren Hinweisen der Kammer nicht ausschließen,
dass es den vermeintlichen Gabriel Wartenberg nicht vielleicht doch geben würde.
Also da ging es jetzt, das war jetzt eine andere Person, aber das habe ich öfters gelesen, dass die noch daran festgehalten haben,
trotzdem, trotz der ganzen Beweise, ja um vielleicht nicht zu zerbrechen irgendwie.
Ja, du willst das ja auch nicht wahrhaben.
Und es ist natürlich auch schwierig, wenn da niemand da ist, der dich an die Hand nimmt und dir sagt, guck mal, so war das jetzt und so.
Und vielleicht irgendwie so ein, und irgendwie ein ganz großes Pflaster drauf klebt, dann ist das natürlich schwierig.
Das ist aber auch ganz wichtig, dass Betroffene wissen, dass die nicht alleine sind.
In Deutschland, da gibt es halt zum Beispiel ja diese Uschi Chorn, von der du schon gesprochen hast.
Andere können sich aber auch bei Helga Groth hermelden.
Helga ist selbst mal vor Jahren auf einen Scammer reingefallen und das ist ihr nur aufgefallen,
weil sie aus Versehen seine E-Mail-Adresse nicht in das Adressfeld oben vom Mail-Programm eingegeben hat,
sondern in die Browserzeile kopiert hatte und Google dann mehrere Einträge aufgelistet hat,
in denen Frauen halt von dieser E-Mail-Adresse gewarnt haben.
Und dann war sie total geschockt und dachte sich halt, ich muss was gegen so einen Scammer machen.
Und so entstand dann ihr Forum Roman Scambator, also Liebesbetrug Köder, in dem heute mehr als 4000 Frauen angemeldet sind.
Und was das für Frauen sind, hat Helga Groth her uns in einem Interview erzählt.
Also wenn ich das so betrachte, dann sind es meistens Personen, die da drauf reinfallen, die neu im Internet sind.
Wo zum Beispiel das Kind gesagt hat, ach Oma, komm, ich mach dir mal so eine Facebook-Seite.
Da kannst du deine Handarbeiten über Facebook anbieten oder deine Adventsgrenze und ähnliches.
Und dann bekommt sie eben so eine Anfrage und schon ist Hauptnormals verloren.
Also wirklich die Unerfahrenen im Internet, aber nicht nur.
Auf diesen beruflichen Netzwerken läuft es meistens über die Berufsschiene und kannst du mir vielleicht ein paar Tipps geben.
Und da werden auch Tafelgeschäftsfrauen angeschrieben.
Also wir haben Anwälte, wir haben Polizisten, wir haben Rechtsanwälte, wir haben Kauffrauen, wir haben die ganz normale Hausfrau.
Und jeden Tag kommen da halt so 10 bis 15 neue Frauen, die oft Hilfe suchen.
Die schicken dann Fotos von den Männern, mit denen sie halt eben gerade schreiben, in die Gruppe, um mit Hilfe der anderen herauszufinden, ob es sich bei den Chatpartnern jetzt um Scammer handelt.
Also das kann man sich wirklich vorstellen wie so eine Privatdetekteile mit Archiv, weil auf der Seite findet man ganz viele Scamprofile, die halt schon aufgedeckt wurden.
Von Dr. David Samadhi oder Jim Winkler.
Und wenn man dann auf diesen Namen klickt, dann kommen da auch alle E-Mail-Adressen und WhatsApp-Nummern, die sie diesen Scammern schon zuordnen konnten, um andere zu warnen.
Genau, aber einigen reicht das halt nicht. Viele wollen eben auch Rache oder Genugtuung.
Und deswegen gehen ein paar Frauen auch auf BetrügerInnen-Jagd.
Und diese Frauen, die nennen sich die Teufelin.
Und die versuchen dann eben ScammerInnen dran zu kriegen.
Eine von ihnen heißt Ruth Brandner.
Und die hat so mehrere Fake-Profile, mit denen sie versucht, ScammerInnen aufzudecken.
Und über eines ihrer Profile meldet sich im Mai 2019 ein gewisser Robert, angeblich ein global operierender Bauunternehmer.
Und der schickt Ruth Fotos von sich, von Hotelpools und Flughafenlobbys, halt diese ganze Ich-bin-so-Reich-Nummer.
Und erzählt ihr dann auch schon nach wenigen Tagen, wie verliebt er in sie ist und dass er sie bald heiraten möchte.
Und Ruth fordert dann erstmal ein paar Dokumente von ihm an, eben sowas wie Geburtsurkunde, Meldebescheinigung und so.
Das fälscht er auch alles und schickt ihr das.
Weil für Ruth ist das auch wichtig, ScammerInnen mit solchen Aufgaben zu beschäftigen.
Weil in der Zeit, die auch wenig Zeit haben, noch so viele andere Frauen hinters Licht zu führen.
Und dann schreibt Robert irgendwann, dass er jetzt gerne eine Kiste Geld mit 107 Millionen US-Dollar per Kurier an Ruth schicken würde.
Alles klar.
Dazu müsste er sich aber erst einmal ein paar tausend Dollar Zollgebühren von ihr leihen.
Und da sagt Ruth, ich überweise dir das.
Aber natürlich schickt sie das Geld gar nicht los.
Ruth spielt aber weiterhin vor, dass sie gerne Geld senden möchte, weil sie weiß, dass notfalls eben KomplizInnen oder eben die BetrügerInnen selber kommen, um das Geld abzuholen.
Und das passiert auch.
Robert schickt einen angeblichen Kurier, der dann direkt von der Polizei in Empfang genommen wird.
Ja, mit Hilfe von dieser Strategie hat die Gruppe rund um Helga Groth her laut ihren Angaben dieses Jahr schon drei Täter überführt und insgesamt schon zwischen 60 und 70 Scammer der Polizei übergeben können.
Und ich kann mir das halt richtig gut vorstellen, wie diese Damen, weil ein paar davon habe ich im Internet gefunden, die sind auch alle so über 50, 60.
Und ich muss auch sagen, das Forum sieht auch eher aus wie so aus den 90ern und wie sie dann halt da so hinter ihren PCs sitzen, wie so Geheimagentinnen und dann diese Männer hinters Licht führen.
Und irgendwie finde ich das schön zu wissen, dass es sind ja alles Frauen, die ja betrogen worden sind und dass sie sich da irgendwie so zusammengefunden haben und daraus irgendwie doch noch was Gutes haben entstehen lassen.
Also ich sehe uns da.
Das werden wir nach der Rente.
Wir gehen ja in Frührente.
Ach so, ja.
So bis 50 und dann machen wir das.
Ja, finde ich gut.
So, das ist jetzt eine Folge gewesen, in der es mal keinen Mord und Totschlag gab, ausnahmsweise.
Wie unser Podcast-Kollege Christian Huber von Gefühlte Fakten sagt, in dieser Folge ist nur eins gestorben, Paulina Spur.
Einige werden das Drama vielleicht auf Instagram verfolgt haben.
Das hier ist nämlich die Folge gewesen, in der ein Teil meiner Aufnahme plötzlich weg war.
Deswegen haben wir hier jetzt so ein bisschen rekonstruiert und neu zusammengebaut.
Ja, war interessant zu sehen, was einem alles noch so einfällt, wenn man ein zweites Mal über ein Thema spricht.